Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. von Deepdream ================================================================================ Kapitel 2: Und du bist...? -------------------------- Etwas Böses erhob sich aus den düstersten Schatten inmitten der Dunkelheit. Seine Augen waren schwärzer als die schwärzeste Nacht, seine Berührungen gefroren jeden gestreiften Grashalm und seine Stimme hing in der Luft wie tausend Peitschenschläge. Seit Jahrhunderten hatte er gewartet, gelauert und nun schien es, als wäre es bald soweit seine wahre Macht zu entfesseln. Ja, die Zeichen der Zeit deuteten darauf hin. Die Blätter rauschten auf diese uralte Weise wie sie es seit Jahrhunderten nicht getan hatten, das Wasser plätscherte dumpfer und zugleich weitaus lebhafter als es je zuvor der Fall gewesen war und die Wolken strömten geradezu über den Himmel. Seine Schritte besaßen jetzt schon mehr Kraft als er je für möglich gehalten hätte, seine Muskeln sammelten stetig mehr und mehr Stärke und er wurde täglich unruhiger. Es handelte sich um eine Unruhe, die an seiner Geduld und seinem Nervenkostüm nagte, ein Säuseln in seinen Ohren wie der Wind, das ihm zuraunte auszubrechen. Er sollte alle Ketten sprengen, Vergeltung üben und sich an ihrem ignoranten Unglauben weiden. Ja, dass klang gut. Nur konnte er sich das im Augenblick noch nicht leisten. Nicht, wenn er vorhatte, seinen glorreichen Rachefeldzug auch zu überleben. Märtyrer waren Menschen ohne Zukunftsplanung. Er dagegen war zum einen kein Mensch und hatte andererseits noch große Pläne, weswegen er sich vorübergehend in Geduld üben würde. Aber bald schon würde diese Farce ein Ende haben. Diese erbärmlichen Menschen würden schon in Kürze verstehen, wer er war und dass es eine denkbar dumme Idee gewesen war, sich mit ihm anzulegen. Ja, bald schon wäre es soweit. Bis dahin musste er sich aber noch zurückhalten. Nur noch ein klein wenig. Ein klein wenig. … <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Kapitel 2 – Und du bist…? <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> … Es war ein herrlicher Sonntagvormittag. In den Bäumen zwitscherten die Vögel, brachten das Blattwerk zum Rascheln und flatterten heiter durch die Luft, indes der Wind kraftlos an abgefallenen Blättern zerrte. Ein junger Mann ruhte mit gesenkten Augenlidern neben einem kleinen, aber gepflegten Teich. Auf seinem Gesicht lag die Sonne und in seinen Haaren spielte der laue Wind, der für den Sommer in Nerima so typisch war. Neben der Sonne lag auch ein breites Grinsen auf seinen Lippen, das sich auf diesen sehr wohl zu fühlen schien. Der Zustand währte nicht fort. „Mittagessen!“, frohlockte ein Mädchen aus dem Hausinneren. Ihre Stimme trug ein süßes Versprechen mit sich, reiste durch die Sommerluft und über die Terrasse hinaus zum ruhenden Jungen. Schlagartig war dieser wach. Denn so süß wie ihre Stimme geklungen hatte, so bestialisch war der Gestank, der aus dem Haus nach draußen drang. Über ihm schoss eine Heerschar von Vögeln panisch himmelwärts. „Oh Gott. Das is' ja widerlich! Was stinkt hier so erbärmlich?“ – plötzlich weiteten sich seine Augen - „Kasumi, is' der Insektentod offen?“ Hierzu muss gesagt werden, dass besagter Insektentod eine Idee seines Vaters war. Und wie mit so vielen Ideen seines Vaters, war das auch nicht seine beste gewesen. Sicher, für einen Menschen, dessen einzige gute Tat die Dezimierung der wuchernden Bambusbestände darstellte, musste man ihm diese Erfindung durchaus hoch anrechnen. Sobald man über den Würgereiz kam, den das Gebräu auslöste. Seit geraumer Zeit nämlich war die Mückenpopulation drastisch angestiegen und hatte Nerima in ein Paradies für die summenden Bestien verwandelt. Tatsächlich war es so schlimm, dass man nachts mit Schuhgröße 36 zu Bett gehen konnte und am nächsten Morgen aufgrund der Schwellungen die 40 benötigte. Zudem schienen die Mücken eine ganz besondere Vorliebe für Panda entwickelt zu haben. Vielleicht stammte auch daher Genmas untypischer Wunsch der Einwohnerschaft Nerimas zur Hilfe zu eilen? Auf jeden Fall lief es darauf hinaus, dass er sich Tag und Nacht im Dojo einschloss und den Hausfrieden der Tendos mit Hammer- und Schraubgeräuschen störte. Den vereinzelten Schmerzenschrei mit eingerechnet. Sämtliche Versuche in die Trainingshalle zu gelangen, wurden durch einen abscheulichen Geruch im Keim erstickt. Nicht, dass jemand den Versuch mehr als einmal unternahm; und eigentlich auch nur, weil sich der Familienschrein im Dojo befand. Nach drei Tagen dann stolperte Genma Saotome aus dem Inneren hervor. Seine Haut war aschfahl, sein Blick trüb und er hatte sogar ein ganzes Kilo abgenommen! Besorgt hatte ihn die Familie in Empfang genommen. Oder so in der Art hatten sie es vorgehabt, aber der atemberaubende Geruch, der dem korpulenten Mann anhaftete, machte jedes gute Vorhaben zunichte. Dementsprechend flüchtete der fünfköpfige Haushalt, verbarrikadierte sich im Haus und ließ den Teilzeitpanda nicht eher hinein, ehe er sich nicht gründlich im Teich gereinigt hatte. Es genügt zu sagen, dass es mit einmal Waschen nicht getan war. Was noch zu erwähnen verbleibt ist, dass das Mittel funktionierte. Ein Umstand, der gleich zwei Gesetzmäßigkeiten in Nerima ins Wanken brachte. Einerseits war das, dass überhaupt etwas in Nerima funktionierte und andererseits, dass Genma Saotome jemandem half. Kurz wartete der Jugendliche, wickelte sich nervös seinen Zopf um den Zeigefinger und als er nach mehreren Sekunden keine Antwort erhielt, schloss er, dass Kasumi ohnmächtig war. Dass das nicht am Insektentod lag, kapierte er, als ein junges Mädchen auf die Terrasse trat. In ihren Händen hielt sie einen voluminösen Topf, aus dem irgendetwas hervorkriechen wollte. Zumindest verwiesen die drei roten Tentakel darauf, die über den Rand hingen und sich geschäftig umguckten. Wie genau sie das anstellten, war Ranma unklar. Dafür hatte er etwas anderes augenblicklich begriffen und zwar, dass es wieder an der Zeit war. Es gab bestimmte Phasen im Leben eines Kampfsportlers. Man begann mit der Phase des Trainings, in der man seine Sinne schärfte und den Körper stählte, gefolgt von der Phase der Erholung, in der man die verlorenen Kräfte wiederherstellte und letztendlich gelangte man irgendwann zu der Phase des Einsatzes. In dieser Phase war es an der Zeit alles das aufzuwenden, was man gelernt hatte, um die Unschuldigen vor dem Bösen zu beschützen. Wie der Wind huschte Ranma an dem Mädchen vorbei, rauschte trotz der tödlichen Ausdünstungen in die Küche und fand dort eine zusammengesackte Kasumi vor. Eilig warf er sich das bewusstlose Mädchen über die rechte Schulter und stürmte über die Terrasse zurück nach draußen. „Kasumi! Kasumi, wach’ auf. Tu’ uns das nich' an. Lass’ uns nich' allein. Lass’ uns nich' allein mit Akanes Kochversuchen!“ Seine Ansprache wurde von einer Schöpfkelle unterbrochen, die ihn am Hinterkopf traf und ungeschickt über die komatöse, junge Frau fallen ließ. Dass dieser Anblick durchaus fehlinterpretiert werden konnte, wurde sogleich von der Werferin höchstselbst bewiesen. „Ranma! Was tust du mit meiner Schwester?“, raunte die Köchin. „Retten?“ Ein weiteres Küchenutensil traf ihn und warf ihn in den Teich. Wenige Momente später durchstieß ein sehr ansehnliches Mädchen die Wasseroberfläche und beschwerte sich weitaus weniger ansehnlich. „Elender Gorilla, biste übergeschnappt oder sind dir die giftig'n Dämpfe deiner Kreationen zu Kopf gestieg'n?“ Besagter Gorilla stand keine drei Schritte von ihr entfernt, grinste unangenehm, zuckte mit der linken Augenbraue und hielt einen wuchtigen Holzhammer mit beiden Händen umklammert. Nebenbei erwähnt, traten ihre zitternden Fingerknöchel äußerst betont hervor als sie den Hammer niedersausen ließ. Die nächste Stunde verbrachte Ranma in seliger Bewusstlosigkeit und wurde erst durch das Schlagen einer Tür aufgeweckt; und zwar indem die Tür gegen seinen Kopf schlug. „Ouch!“, artikulierte er und sah sich verwirrt um. Wie war er hierhin gekommen? Nabiki zog die Mundwinkel amüsiert hoch, entschied sich keine Fragen zu stellen und schlüpfte stattdessen aus ihren Schuhen, um die Treppe nach oben zu verschwinden. Die mittlere Tendo war nicht ohne weiteres so gewitzt und intelligent geworden - die Übung daheim hatte essentiell dazu beigetragen! Wollte man in diesem Haus ohne größere Krankenhausrechnungen auskommen, so musste man jede Möglichkeit mit einkalkulieren; so unplausibel sie auch scheinen mochte. Aber spätestens wenn man einen hausgroßen Minotaur mit Alschwanz und Kranichflügeln gesehen hatte, so hatte das Wort unglaublich ohnehin seinen Witz verloren. Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verlieren, schlüpfte Nabiki in ihr Zimmer und warf ihre Schultasche aufs Bett. Nicht, dass heute Schule wäre, – es war schließlich Sonntag - aber sie sah nicht den Sinn darin, sich von ihrem eigenen Geld eine neue Tasche anzuschaffen. Außerdem eignete sich ein schlichtes Auftreten, um den Gegenüber zu beeinflussen. Beeinflussen – ja, dass konnte sie bis zur Perfektion. Wenn sie es darauf anlegte, könnte sie auch einen Vogel davon überzeugen, dass er freiwillig in den Suppentopf stieg und bemühte sie sich noch ein wenig mehr, so würzte und legte er sich sogar selbst ein. Zu Recht war sie auf diese Eigenschaft stolz. Eine weitere ihrer Eigenschaften, auf die sie stolz war, war ihr athletischer Körper. Weder trieb sie Kampfsport, noch hielt sie sich bei den Chips zurück und behielt trotzdem ihre schlanke Linie. Lächelnd entledigte sie sich ihrer Schuluniform, entschied sich das Geld später zu zählen und schlüpfte in Tanktop und Shorts. „Jetzt erstmal baden!“, intonierte sie zufrieden und schlenderte aus ihrem Zimmer in den Korridor hinaus, auf direktem Weg zum Bad. Der Furo war wie gewohnt mit heißem Wasser gefüllt. Weißer Dampf stieg davon hoch und erwärmte den Raum auf eine angenehme Temperatur. Der Wasserspiegel selbst war vollkommen ruhig. Immerhin für die nächsten Sekunden. Dann stieß eine Hand aus den Fluten empor und krallte in der Luft. Scheinbar fanden die Finger irgendeinen Halt, auf jeden Fall aber zog sich ein bildhübsches Mädchen über den Rand des Furos hinaus. Ihre Kleider waren fast durchsichtig und folgten dem Schicksal jedes nassen Kleidungsstücks aus Seide – sie lagen sehr sinnlich an. „Gott, mir ist so schlecht“, jammerte das Mädchen, indes sie auf allen Vieren abwartete bis der Schwindel sie verließ. Die kühlen Fliesen beruhigten ihr rasendes Herz und brachten so etwas wie Ruhe zurück in ihre zitternden Glieder. Dass wievielte Mal war das heute? Ihre Gedanken taumelten wie japanische Büroangestellte zu Feierabend durch ihren Kopf und stolperten ungeschickt über jedes Anzeichen von Vernunft. Ryoga war noch nie in einem Freizeitpark gewesen, aber nach ihrem ersten Materientransfer – und denen danach - hatte sie eine gute Ahnung von den Begleitsymptomen. Etwa Kopf-, Bauchschmerzen und Übelkeit. Irgendwoher war die Einsicht gekommen, dass sie mehr mit Wasser tun konnte, als den alten Moses-Trick durchzuführen. Woher sie wusste wer Moses war, wusste sie allerdings selbst nicht. Überhaupt besaß sie mit einem Mal ein beachtlich gesteigertes Wissen. Leider war ihr Orientierungssinn von jeder Verbesserung verschont geblieben. Dieser hatte seinen teuflischen Charakter nämlich beibehalten - was in ihrem Zustand als Göttin zweiter Klasse irgendwie ironisch war. Erschwerend kam hinzu, dass sie jetzt – woher auch immer – die Fähigkeit besaß durch Wasser zu reisen, was ihr ermöglichte sich nun sogar noch viel kreativer zu verlaufen. So wäre es ihr etwa noch gestern Morgen unmöglich gewesen, aus einer Kloschüssel heraus zu krabbeln. Zugegeben, DARAUF hätte sie echt verzichten können! Und Ranma dieser narzisstische, unfähige, großmaulige… Dieser Idiot hatte doch keinen Schimmer von wahrem Leid wie sie es in den letzten Stunden durchlebt hatte! Niemand konnte es nachvollziehen wie grausam es war in einer Badewanne aufzutauchen, – durchaus wörtlich - die besetzt war. Noch dazu bei einem dickbäuchigen, alten Mann, dem es scheinbar nichts ausmachte, dass ein junges, hübsches Ding sein Bad teilte. Immerhin konnte der Typ nun Zählen lernen. Anfangen konnte er bei seinen fehlenden Zähnen und später konnte er sich auf die Anzahl der gebrochenen Knochen hocharbeiten. Aber jetzt war sie ja da, wo sie hin wollte! Woher Ryoga das wusste? Nun, es gab nicht viele Badezimmer mit drei verschiedenfarbigen Handtüchern, die mit den Namensplaketten Akane, Nabiki und Kasumi benäht waren. Und selbst wenn dem so wäre, so würden ganz sicher nicht unter jedem ausgewaschenen, weißen Ersatzhandtuch ein Paar Hosen und ein schwarzes Boxerhemd verborgen liegen. Planung war eben doch der Schlüssel zum Erfolg, weswegen sie auch immer ein Ersatzpaar Klamotten hier aufbewahrte. Man konnte ja nie wissen, wann man Kleidung benötigte. Dies war ein solcher Fall, denn sie würde keinen Schritt in diesem Aufzug aus der Tür wagen. Außerdem würde sie Ranma als Mann entgegen und in den Hintern treten! Nicht umsonst hatte sie gestern Nacht alle möglichen Mittelchen ausprobiert, um ihre alte Gestalt zurück zu erhalten. Einfallsloserweise war besagtes Mittelchen heißes Wasser. An und für sich wäre das ja ganz toll gewesen, hätte sie sich vor dieser Erkenntnis nicht zwei Stunden lang den Kopf zerbrochen. Na, manchmal übersieht man eben das Offensichtlichste, aber dass würde ihm… eh, ihr kein weiteres Mal passieren! Was sie jetzt brauchte, war also nur etwas heißes Wasser und ihre Ersatzwäsche. Hm, heißes Wasser? „Hey, warte mal!“ Panisch starrte das Mädchen an sich herab und zurück zum Furo. Was war denn jetzt los? Sollte das heiße Wasser sie nicht zurückverwandeln? Apropos, bei dem alten Kerl war doch genau dasselbe passiert, denn einen Jungen hätte er sicherlich nicht so wohlgefällig gemustert. Perverser, alter… Aber zurück zum Thema. Weshalb hatte sie diese Gestalt beibehalten? Heißes Wasser hatte doch auch gestern funktioniert, warum also nicht heute? Und dann tat Ryoga Hibiki etwas, was für ihn… eh, sie sehr uneigen war. Sie dachte nach. Gut, dass ihr hierbei der göttliche Segen zu Hilfe kam und so dauerte es nicht lange, bis ihr Gehirn eine plausible Erklärung ausspuckte. Sie wurde nicht wirklich nass! Es war vielmehr so, als würde das Wasser mit ihr fließen, anstatt an ihr entlang. Genauso wie Wasser selbst auch nicht durch Wasser nass werden konnte. Doch, dass klang logisch. Jetzt musste sie nur noch verstehen, was sie da eigentlich gedacht hatte UND inwiefern ihr diese Erkenntnis bei der Rückverwandelung half. Angestrengt überlegte sie und warf dem Furo nachdenkliche Blicke zu. Vielleicht klappte es ja, wenn sie das warme Wasser bewusst wahrnahm? Dass hieß sie musste den evolutionären Sprung von der Blume, die sich gießen lässt zum Menschen, der sich duscht, vollziehen. Mit einem entschlossen Nicken bekräftigte sie ihre Idee. Aber erstmal brauchte sie ihre Kleidung, ehe sie sich verwandelte. Das Problem war nur, dass das weiße Handtuch – und damit auch die versteckte Hose und das Hemd - fehlte. „Ja wo zum Teu - “, Ryoga verschluckte die letzte Silbe und spähte dümmlich lächelnd zur Decke hoch. Seit ihrem ersten Versuch zu fluchen, wusste sie den Reflex zu unterdrücken – der Elektroschocktherapie per Blitz sei dank. Auch ihren Paradespruch, dass sie wegen einem bestimmten jemand durch die Hölle gegangen wäre, erschien nun irgendwie unpassend. Seufzend rieb sie sich den Hinterkopf und spähte sich im Badezimmer um. Wo konnten ihre Sachen bloß sein? Hatte Kasumi das weiße Handtuch herausgeschmissen und dabei ihre Kleidung entdeckt? Wenn ja, war sie auf ihr Geheimnis gestoßen? Mit stetig wachsender Panik lugte Ryoga zur Tür wie als erwarte sie, dass die tatsächliche Göttin dieses Hauses jeden Moment eintrat. Es vergingen einige Momente bis sich das Pseudomädchen besann und die Angst fortfegte. Selbst wenn Kasumi nun das Bad betreten sollte, so würde sie ihn… eh, sie ja ohnehin nicht erkennen. Also bestand kein Grund zur Aufregung. Wie sah sie neuerdings überhaupt aus? Bis auf den kurzen Blick in den Fluss gestern Nacht hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, etwas über ihr Alter Ego herauszufinden. Neugierig warf Ryoga einen Blick in den Spiegel. Ein süßes Mädchen sah interessiert zurück. Dumm nur, dass Ryoga sich nicht zum Spiegel gedreht hatte, sondern geradewegs zur Tür. Einer Tür, die nun speerangelweit offen stand und auf deren Schwelle Nabiki Tendo unbeeindruckt Kaugummi kaute. „Hehe - also, ich kann das erklären“ - Nabiki zog die rechte Augenbraue hoch - „ - oder vielleicht auch nicht“, beendete die unerfahrene Junggöttin. „Also, ich weiß ja nicht was du denkst, was du hier tust. Aber du bist dir im Klaren, dass das nicht dein Badezimmer ist, oder?“ In Ermangelung einer überzeugenden Antwort nickte Ryoga brav und hoffte auf baldige Erlösung. Falls möglich, nicht durch einen Blitz. „Bist du mit Ranma verlobt?“, wurde das Verhör fortgesetzt. „Mit diesem elenden, dämlichen - “ „Okay, okay. Hab’ verstanden.“ Kühl betrachtete die mittlere Tendo das fremde Mädchen. Feuchte Seidenkleidung, die mehr verriet als verhüllte, rote Wangen und große, unschuldige Augen. „Sicher, dass du keine Verlobte bist?“ „Huh!“, repondierte das Mädchen knapp. „Dann macht es dir doch sicherlich nichts aus, mir das Bad zu überlassen, oder? Denn falls du ihm hier auflauern wolltest, so muss ich dich enttäuschen. Herr Loses-Mundwerk liegt unten im Flur.“ „Oh.“ Tomatenrot schlich Ryoga an Nabiki vorbei, lächelte ihr unsicher zu und schloss die Tür diskret hinter sich. Für einen Augenblick wog das andere Mädchen ab, ob sie hieraus Profit schlagen sollte. Dann blickte sie zu dem einladend köchelnden Furo, zuckte mit den Achseln und schlüpfte aus ihren Klamotten. Es war ja nicht so, als würde Ranma ihr nicht genügend Einkommensquellen bescheren. Derweil schlurfte die Neugöttin dritter Kategorie durch den oberen Flur des Tendo-Anwesens und traute sich kaum aufzusehen. Wie unglaublich peinlich! Warum hatte es nicht doch Kasumi sein können? Dass hätte die Dinge wesentlich vereinfacht, aber nun da Nabiki sie gesehen hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit bis ihre echte Identität aufgeklärt werden würde. Man musste Akanes Schwester nämlich eines zu gute halten, sie hatte Köpfchen. Ein himmlisches Köpfchen und eine überaus dämonische Ader, um es mal im Fachjargon zu sagen. „Kasumi, was gibt’s denn heut’ zu essen?“ Was, woher kam die Stimme und war es Zufall, dass ihr die Stimme so entsetzlich bekannt vorkam? Ryoga verharrte im Schritt und lauschte auf das Geräusch von klappernden Töpfen aus der unteren Etage. „Es gibt Sashimi und dazu Wasabi und für Herrn Saotome und Vater etwas Sake“, erklang die Engelsstimme Kasumis. „Wann gibt’s denn mal wieder Fleisch, immer nur Fisch - “ „Wenn du kein Sashimi möchtest, dann kann ich es auch Herrn Saotome geben. Vielleicht freut er sich ja?“ „Was? Nein! Bloß nicht!“ Wenn das mal nicht wie Ryogas eingeschworener Rivale klang. Eingebildet und undankbar wie eh und je, aber heute würde er für seine Schandtaten bezahlen! Entsann sie sich nur der unzähligen Mädchen, denen Ranma mit seinem Lächeln den Kopf verdreht hatte – elender Unhold! Diese Schandtat zog eine göttliche Strafe nach sich und Ryoga Hibiki, Göttin zweiter Klasse, dritter Kategorie mit limitiertem Zugriff würde diese vollstrecken. Grinsend schritt Ryoga die Treppe hinunter. Vorfreudig knackte sie die Fingerknöchel, drehte ihre Arme testweise und stellte zufrieden fest, dass sie bereit war Saotome in den Hintern zu treten. Ein herrliches Gefühl. So als hätte sie das Schicksal erhört, stand dieser auch tatsächlich am Treppenabsatz und blickte ungläubig zu ihr empor. Sein übliches, selbstgefälliges Lächeln war wie fortgeweht und er glotzte sie unverwandt an. Oh ja, dass musste die Angst sein. Saotome hatte endlich begriffen, dass es kein Entrinnen vor Ryoga Hibiki gab! Heute würde sie ihn zerschmettern, seine Knochen zu Puder zermahlen und ihn - „ - heiraten?“ Verblüfft sah Ryoga auf und in das frustrierte Gesicht ihres Erzrivalen. „Pardon?“ „Sag’ bloß mit dir bin ich auch noch verlobt? Und jetzt willste, dass ich dich heirate, oder?“ Für einen Augenblick verschlug es ihr alle Worte. Mit welcher Begrüßung sie auch immer gerechnet hatte, ein solcher Empfang kam unerwartet. „Warum sollte ich DICH heiraten wollen?“, keifte sie ungehalten. Peinlich berührt blickte Ranma zur Seite. „Na ja, du bist 'n Mädchen. Und na ja, ein Mädchen eben.“ „A-ha“, entgegnete Ryoga trocken. Ehrlich gestanden war sie platt, ob der Dreistigkeit ihrer Nemesis. Kaum kam ein Mädchen die Treppe herab, so dachte er, dass sie sich seinem Harem anschloss? Keine Chance, viel eher würde sie einen BH tragen! Halt, warte mal! Was meinte er eigentlich mit Mädchen? Fragend spähte sie an sich herab und errötete. Verdammt, dass hatte sie ja völlig vergessen! Kein Wunder, dass er sie nicht erkannte. Erst war ihr Nabiki dazwischengekommen und dann war sie zu gefangen in ihren eigenen Rachevorstellungen gewesen, als dass sie sich mit solchen Nebensächlichkeiten wie ihrem Geschlecht auseinandergesetzt hätte. Jetzt führte das jedoch zu einer recht peinlichen Situation. „Entschuldige mich kurz!“ Verwirrt sah Ranma dem Mädchen hinterher und rieb sich den Rotstich von der Nase. Man konnte ihm vieles vorwerfen. Taktgefühl und Aufmerksamkeit hatte er wirklich nicht mit dem Löffel gefressen und in Fragen der Sexualität bestand sein einziger Beitrag aus dem gelegentlichen Verlegenheitshusten. Doch er war nicht blind und so hatte er das Mädchen einer gründlichen Musterung unterzogen, als sie die Treppe heruntergeschlendert war. Ihre wilde Mähne fiel ihr verspielt in die Stirn, ihre funkelnden Augen stachen unter den dunklen Strähnen hervor und flankierten eine süße Stupsnase. Darunter erblühte ein unschuldiger Mund, der jedem Mann das Herz gestohlen hätte, wären die Lippen auch nur ansatzweise zu einem Lächeln verzerrt gewesen. Dass einzige was ihm komisch vorkam, waren die beiden zitronengelben Dreiecke auf ihren Wangen - aber er hatte schließlich auch eine Verlobte, die sich wie ein Mann kleidete, eine andere, die schon beinahe selbst einer war und eine dritte, die nicht viel von Kleidung hielt. Da konnten ihn die beiden Farbkleckse bei dem fremden Mädchen nicht weiter schocken. Allerdings löste das nicht alle seine Fragen. „Hey, aber wenn sie keine Verlobte ist - wer ist sie dann?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)