Mensch mit Hund von winterspross (Wichtelgeschichte für DINO2011) ================================================================================ Kapitel 1: Teil Eins -------------------- Diese Geschichte entstand für dich, DINO2011. Ich hoffe, ich habe wenigstens irgendwie deinen Geschmack getroffen und du hast Spaß in der Fantasywelt, die ich erschaffen habe. Ich würde mich sehr über irgendeine Art der Rückmeldung freuen! Viel Vergnügen beim Lesen~ TEIL EINS …in dem wir unseren Helden Peter kennenlernen, der eine höchst seltsame Begegnung hat und anschließend zu einem Gespräch von größter Wichtigkeit berufen wird. Langsam aber sicher bereute Peter es, vor zwei Monaten diesen verdammten Job angenommen zu haben. Nicht nur, dass er gleichzeitig sterbenslangweilig und - wenn er seinem Boss glauben konnte - verdammt gefährlich war, nein, die Bezahlung war auch noch schrecklich mies. Müde warf er einen Blick auf die laut tickende Wanduhr, stellte fest, dass kaum Zeit vergangen war, als er das letzte Mal hingesehen hatte und kratzte sich den Kopf. Was für ein Abend. Er musste ein Gähnen unterdrücken, als er sich wieder seinem Buch, ‚Die Geschichte der Öden Lande von 114 bis 255’, widmete. Der Titel war noch trockener als der Inhalt. Was hatten sich seine Vorgesetzten nur dabei gedacht, ihm gerade dieses Buch als Zeitvertreib zu geben? Trotz alledem war Lesen immer noch besser als untätig herumsitzen und die Spinnen an der Decke des Kellers zu zählen – auch wenn diese Aufgabe ganz spannende Ausmaße annehmen konnte, da sich die kleinen Krabbeltiere hier unten in den Katakomben der Bibliothek öfter aus ungeklärter Ursache sprunghaft vermehrten. Ein schneller Blick zur Decke hinauf bestätigte Peter aber, dass heute keine Spinnenparty angesagt war. Leise murrend wandte er sich wieder seiner Lektüre zu. …Als König Odoaker sich mit seinen Heerscharen auf den Weg machte, um die feindlichen Lager anzugreifen, übersah er einen wichtigen Punkt, der ihm später das Leben kosten sollte: Er und seine Berater hatten nicht eingeplant, dass es in der Wüste kein Wasser gab… Ein leises Geräusch riss Peter aus seiner mehr oder weniger spannenden Geschichtewelt. „Kommt jemand?“, murmelte er und legte das Buch weg. Schnell erinnerte er sich auch noch daran, die Füße vom Schreibtisch zu nehmen und eine angemessene Position anzunehmen. Tatsächlich, jemand öffnete die Schwingtür und kam näher. Peter setzte sein autoritärstes Lächeln auf und vergewisserte sich gleichzeitig mit einem schnellen Seitenblick, dass die Waffe geladen und schussbereit deutlich sichtbar neben ihm auf dem Tisch lag. Er hatte sie nicht ganz so platziert, wie es ihm beigebracht worden war, hoffte aber, dass der Herankommende es nicht bemerken würde. „Peter Librarian?“, schnarrte der Besucher und baute sich vor ihm auf. Was war denn das für eine seltsame Frage? Peter trug die Tätowierung seines Vornamens wie jeder andere Erwachsene unter dem linken Auge. Dass er hier unten, weit weg vom Tageslicht und von den Vergnügungen, denen Leute in seinem Alter normalerweise um diese Zeit nachgingen, hockte, musste dem Fremden doch auch zeigen, welchen Beruf er ausübte. Peter musterte ihn. Der Typ war in eine schwarze Kutte gehüllt und sah alles in allem nicht sehr vertrauenerweckend aus. Es war Zeit, ihm zu zeigen, wer hier das Sagen hatte, also starrte er den Eindringling vorschriftsmäßig bösartig an. „Wer will das wissen?“, knurrte er zurück. „Es ist nicht erlaubt, die Räumlichkeiten hinter meinem Schreibtisch zu betreten, also verschwinden Sie!“ Theatralisch zeigte er auf die mit dicken Balken und schweren Ketten gesicherte Pforte, vor der sein nicht minder schwerer Arbeitsplatz stand. Was sich dahinter befand, wusste er nicht wirklich, wahrscheinlich hatten es seine Vorgesetzten für besser befunden, es ihm nicht zu sagen. Er vermutete unendliche Reichtümer in Form von Büchern hinter dem Tor, doch es war gut gesichert und ließ niemanden in seine direkte Nähe. Bei Berührung sonderte es einen zähen Schleim ab, der langsam die Haut verätzte, so war es ihm erzählt worden. Er hatte nie gewagt, es anzufassen, sicher war sicher. Außerdem sollten bei einem Angriff Wächter informiert und auf den Plan gerufen werden – wer auch immer diese Wächter sein würden. Der Eindringling lächelte. Peter versuchte, den Namen unter den alten grauen Augen zu entziffern, doch er war in fremder Schrift geschrieben, die er nicht lesen konnte. Von woher der wohl kam? Er zog seine Augenbrauen in einer hoffentlich furchteinflößenden Grimasse nach oben. „Sind Sie taub? Verschwinden Sie augenblicklich!“ Seine Stimme brach, als er sich immer mehr in Rage redete. „Aber Peter.“ Ein leises Lachen, das irgendwie unecht klang, ertönte. „Wer wird denn gleich so herumbrüllen? Ich will doch nur einen kleinen Blick auf das werfen, was du hütest.“ Der Fremde warf seine Kapuze mit einer plötzlichen Bewegung zurück. Unter dem Stoff hatte er eine Glatze verborgen, auf der allerhand fremde Worte tätowiert waren. Peters Mundwinkel zuckten, als er das dritte Auge auf der Schläfe des Mannes entdeckte. Er musste grinsen. „Da haben Sie wohl Lehrlingsrabatt beim Tätowierer bekommen, was?“ Der gespielt freundliche Ausdruck in den Augen des Fremden verwandelte sich in brennenden Hass. Anscheinend hatte er sich die Reaktion auf seine prächtig tätowierte Glatze anders vorgestellt. Auch das dritte Auge versuchte Peter nun anzustarren, doch schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Krumm tätowiert, tatsächlich! Peter hatte das Gefühl, mit seinem Kommentar über den Lehrlingsrabatt einen wunden Punkt getroffen zu haben. Er kicherte immer noch, so etwas Lächerliches hatte er noch nie gesehen. Ein drittes Auge, das nicht nur an der falschen Stelle saß, sondern auch noch nicht funktionierte! „Peter Librarian, dieses Lachen war dein Todesurteil!“ Blitzschnell zog der Fremde seine Waffe und drückte ab. Ein lauter Knall ertönte. Peter tauchte nach den Vorschriften für einen Schusswaffenangriff nach links weg – Schüsse gingen meist nach rechts – und entging so dem tödlichen Geschoß. Es krachte ein zweites Mal. Aus Peters Pistole hatte sich ebenfalls ein Schuss gelöst. Die Kugel sauste an dem Fremden vorbei direkt in die Wand, wo es nochmals ordentlich krachte und eine mächtige Staubwolke alles vernebelte, bevor unsägliche Flüche ertönten. „Peter, du Vollidiot! Was hast du dir nur dabei gedacht, die Waffe nicht gerade hinzulegen?! Du bist echt zu dumm zum Scheißen!“ Verwirrt starrten sich der Fremde und Peter an. „Du hast mehr Glück als Verstand, Junge“, zischte der Kapuzenmann und legte ein weiteres Mal an, doch weiter kam er nicht. Ein kleiner schwarzer Pudel schoss aus der Staubwolke, verbiss sich in die Wade des Fremden und riss fröhlich-fetzend an frischem Fleisch herum. Der Fremde schrie gequält auf. Peter konnte nicht anders, er fiel zurück in seinen Bürosessel und starrte verdutzt auf das verstörende Treiben. Wo zum Teufel kam dieser kleine Köter her? Und wie hatte sich ein Schuss lösen können, ohne dass er seinen Teil dazu beigetragen hatte? Von draußen waren Geräusche zu hören. „Peter, alles klar bei dir?“ „Nein, nichts ist klar!“, krächzte der Angesprochene, immer noch starr auf den kleinen kampflustigen Pudel blickend, dem die Tritte des Fremden nichts auszumachen schienen. Wild schüttelte er das Bein, wahrscheinlich in der Hoffnung, das Tier abzuschütteln, gleichzeitig gab er grausige Geräusche von sich. Die Tür wurde aufgestoßen. Zwei bewaffnete Wachbeamte, Carl und Brian Watchman, stürmten herein. „Verdammt“, fluchte der Kapuzenmann mit Blick auf die bedrohlich gepanzerten Männer und schaffte es nun endlich, den blutgeilen Hund abzuschütteln. Schnell murmelte er eine Beschwörung, bevor er sich mit einem gequälten Grinsen in pinkfarbenen Rauch auflöste und seine Häscher verwundert zurückließ. „Was zum Teufel war denn das?“, röchelte Peter. Die beiden Wachen konnten nur mit den Schultern zucken. Wenige Meter weiter schüttelte Fenrir Villain sich unwillig, um sich von glitzerndem rosafarbenen Puder zu befreien. Zwei Marktfrauen, schwer mit Obst und Gemüse beladen, lachten beim Vorübergehen und liefen leise kichernd weiter, als er ihnen einen funkelnden Blick zuwarf. Es war kalt geworden. Fenrir wollte die Hände in die warmen Innentaschen seines Mantels stecken, als ihm auffiel, dass er keinen Mantel mehr trug. Er hatte überhaupt nichts mehr an. „Verdammt!“, entfuhr es ihm, als er blitzartig die Hände über seine entblößte Körpermitte legte und sich in eine dunkle Ecke drückte, um nicht gesehen zu werden. Er musste die Formel des Verschwindepulvers unbedingt noch einmal überdenken, bevor es erneut zum Einsatz kam. Während er mit einer Hand eine komplizierte Geste beschrieb, die ihm neue Kleidung auf den frierenden Leib beschwor, murmelte er alle Verwünschungen, die ihm einfielen. Irgendjemand musste für diese schreckliche Demütigung bezahlen, das war klar, doch nur ein Name kam ihm in den Sinn. „Peter Librarian, ich habe noch immer bekommen, was ich wollte. Das zahle ich dir heim!“ __ „Warum immer ich?“, murmelte Peter und starrte wütend auf den Pudel, der neben ihm auf dem Boden lag und hämisch wuffte, ohne ihn anzusehen. „Ich weiß genau, dass du der Grund bist, wieso wir hier sitzen, du schwarzer Teufel!“ Justinus Boss, sein Vorgesetzter, in dessen Büro er sich jetzt befand, war nicht gerade für sein ausgeglichenes Wesen bekannt. Nun konnte Peter nur abwarten, wieso er ihn zu sich bestellt hatte. Er hatte allerdings die Vermutung, dass das Ganze mit dem Eindringling zu tun hatte. Der Stuhl, auf dem er seit fast einer halben Stunde saß, fühlte sich unangenehm hart in seinem Rücken an. Als er versuchte, eine angenehmere Position zu finden, fiel ihm auf, dass Camilla Secretary ihn von ihrem Arbeitplatz abschätzend anstarrte. Sie war eine wunderschöne Frau, doch der Ausdruck in ihren Augen gefiel ihm gar nicht. Er konnte ihn zwar noch nicht ganz deuten, hoffte aber inständig, dass er sich das Mitleid, das er zu entdecken glaubte, nur einbildete. Freundlich lächelte er sie an, doch sie wandte sich schnell wieder ihrer Arbeit zu, ganz so, als hätte er eine ansteckende Krankheit. Verwirrt senkte er den Kopf, doch da war nur der Pudel, diese Missgeburt, die die Wurzel allen Übels war, wie er sich ganz sicher war, also bemühte er sich, auf seine Füße, die in ausgetretenen Stiefeln steckten, zu blicken. Ein Geräusch, das so klang, als würde eine trächtige Katze von einem Mähdrescher überfahren, ertönte. Es knackte und knarrte, dann ertönte eine tiefe, vor Wut leicht zitternde Stimme: „Peter Librarian, du darfst jetzt hereinkommen.“ Justinus Boss war sichtlich schlecht gelaunt. „Du Unglücklicher“, wetterte er. Sein Thron, ein gewaltiger lederner Sessel, ließ ihn noch größer wirken, als er ohnehin schon war. Das weiße, in alle Richtungen wie ein Federkranz abstehende Haar verstärkte den Eindruck seiner gewaltigen Macht noch. „Weißt du überhaupt, was du angerichtet hast?“ „N… Nein, Sir“, flüsterte Peter. Das hellgrüne Plüschsofa, auf dem er saß, schien ihn verschlingen zu wollen. Justinus seufzte genervt und klatschte drei Mal in seine gewaltigen Pranken. Eine kleine Tür links von den beiden öffnete sich. „Sie haben mich gerufen?“, nuschelte ein altes Männlein in seinen weißen Rauschebart. „Ich, Merlin Magician, stehe zu ihren Diensten und werde…“ „Hör auf mit dem Gefasel, alter Mann“, zischte Justinus gefährlich leise. „Tu lieber deine Pflicht, denn dafür bezahle ich dich schließlich!“ Grummelnd beschrieb der Alte eine komplizierte Geste mit der rechten Hand und deutete mit dem krummen Zeigefinger auf den Pudel, der somit in semmelgelben Glitzerstaub gehüllt wurde. „Das wurde ja auch Zeit, Alter“, bellte der Hund. Erschrocken sprang Peter auf. „Diese Zauberbanne sind wirklich lästig. Dieser verdammte Turlin, dieser Hurensohn, ich könnte ihn heute noch für seine gottverfluchten Regeln umbringen! ‚Nur einen Augenblick beim Beschwören darfst du reden. Dann wieder, wenn dir einer der Bruderschaft die Stimme wiedergibt.’ Bla, bla, blaaaa.“ Jetzt, wo er sprechen konnte, schien der Hund gar nicht mehr aufhören zu können. „Hach, seit fast dreihundert Jahren habe ich mit keiner Menschenseele mehr geredet, das hat mir so gefehlt. Zum Glück kann ich das jetzt alles nachholen. Und, er von euch bringt mir ein ordentliches Stück Fleisch, damit ich diesen glücklichen Umstand feiern kann?“ Fröhlich mit dem Schwanz wedelnd setzte er sich hin. „Der Pudel kann sprechen?“, keuchte Peter, der nun endlich seine Stimme wiedergefunden hatte. Verwirrt sank er wieder in das Sofa zurück, das nun eindeutig begonnen hatte, ihn abzuschlecken. „Pudel? Was meint er mit Pudel?“ Das Hündchen sah nun wirklich etwas erstaunt, wenn nicht sogar hysterisch aus. Peters Laune wurde noch schlechter. Sprechende Hunde. Heute war wirklich nicht sein Tag. „Nun“, meldete sich jetzt der Zauberer zu Wort, „das bedeutet, dass du zu einem Schoßhündchen geworden bist.“ Nachdem man den Pudel als Beweis für seine jämmerliche Existenz einen kleinen Spiegel gebracht hatte, hockte der wie ein Häuflein Elend auf der Erde und gab Geräusche von sich, die verdächtig nach erstickten Schluchzern klangen. Das Sofa begann indes, Peters Hemd anzuknabbern. „Erlauben Sie, dass ich aufstehe, Sir?“, fragte Peter. Justinus blickte ihn mehr oder weniger freundlich an, so blieb er doch lieber sitzen und versuchte, das saugende Gefühl zu ignorieren. „Du wirst dich sicher fragen, was das alles soll, nicht wahr?“ Peter nickte langsam. „Es sieht folgendermaßen aus: Dieses Hündchen ist der Wächter des Tores, das du eigentlich hättest bewachen sollen.“ Nun musste Peter trotz allem lächeln. „Aber er ist doch so klein! Es war sicher nur Zufall, dass er diesen Kapuzenheini vertreiben konnte.“ Justinus legte den Kopf schief. „Nun ja, hier liegt ja auch der Hund begraben, wenn ich das so nennen darf.“ Der Pudel knurrte leise. „Eigentlich hätte der Wächter eine andere Gestalt erhalten sollen. Leider erhält er sein etwas… sagen wir, furchteinflößenderes Aussehen nur dann, wenn er von jemandem gerufen wird, der mutig und furchtlos ist. Außerdem sollte derjenige die Regeln einhalten, die ihm auferlegt wurden.“ „Und was hat das mit mir zu tun, Sir?“, fiepte Peter. Langsam dämmerte ihm, dass er die Pistole das nächste Mal vielleicht doch gerade hinlegen sollte. „Was das heißt? Du bist ein gottverdammter Schlappschwanz, das heißt es! In dieser Gestalt bin ich so nutzlos wie eine Kakerlake!“, brüllte der Pudel und stürzte sich auf ihn. Bevor er allerdings die mehr als einladende Wade erreichen konnte, wurde er von einer unsichtbaren Macht zurückgeschleudert. Der Zauberer meldete sich nun auch wieder zu Wort. „Das würde ich lieber lassen. Er ist dein neuer Besitzer. Hat man je von einem Schoßhündchen gehört, dass seinen Besitzer angreift?“ Erst jetzt wurde Peter bewusst, was geschehen war. „Ich will ihn nicht, diesen beißwütigen Köter“, flüsterte er. „Ich will nach Hause.“ Justinus Boss erhob sich nun endlich und kam auf Peter zu. „Tja, mein Lieber, er gehört dir. Du hast ihn gerufen, also bist du sein neuer Meister. Behandle ihn gut, schließlich brauchst du ihn, um deinen Auftrag zu erfüllen: Du wirst den Eindringling Fenrir Villain, den Anführer der Grauwölfe, suchen, finden und ausschalten. Niemand darf von ihm irgendwelche Details über das Tor erfahren. Da der Hund seine wahre Gestalt nicht wiedererlangt hat, ist es an dir, den Bösewicht zu finden und auszuschalten.“ „Wieso ich?“ „Ja genau, wieso er?“, jammerte der Pudel. „Dieser Mensch ist der größte Vollidiot, den ich jemals kennengelernt habe!“ Justinus sah den Hund streng an. „Weil es seine Aufgabe ist, also lerne mit ihm auszukommen.“ Für seinen Bediensteten hatte er nur ein Lächeln übrig: „Peter, da hättest du wohl das Kleingedruckte in deinem Vertrag besser lesen sollen. Und jetzt Abgang, ihr Säcke!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)