Der Trank der wahren Gefühle von PinkLady18 ================================================================================ Epilog: Kakashis Epilog - Manche Wunden heilen langsam ------------------------------------------------------ Meine lieben Leser! Lange ist es her, dass diese Geschichte ihre Anfänge hatte - und zwar vor fast genau vier Jahren. Und heute endet sie - zumindest für Kakashi. Es ist schon etwas Besonderes, diese lange Fanfiction endlich abzuschließen und ich habe eine ganze Weile dafür gebraucht. Wie ihr seht, ist der Epilog ziemlich lang geworden, aber ich hoffe, damit euren Wünschen und Erwartungen gerecht zu werden. Für mich ist diese Version jetzt endlich gut so wie sie ist. Und wenn sie euch auch gefallen hat, dann würde ich mich sehr über einen abschließenden Kommentar von euch freuen. Ich bedanke mich von Herzen für all die Unterstützung, das Lob, die Anregungen und die Kritiken, all das hat mir sehr dabei geholfen, an meinem Schreibstil zu arbeiten. Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich auf bald! Oh und bitte vergesst nicht, Sasuke bekommt ebenfalls noch ein Kapitel und danach seinen Epilog. Ich freue mich auch für diese Kapitel über Leser und vielleicht möchte die eine oder andere von euch diese ebenfalls noch kommentieren. Was nach DTDWG folgen wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber es wird nicht die letzte Geschichte von mir sein und ich freue mich auf ein Wiedersehen mit euch. :) Und jetzt...auf nach Konoha. Ach ja. Hier wie immer ein paar musikalische Untermalungsempfehlungen: 1) Up in Flames - Coldplay http://www.youtube.com/watch?v=t08dbJ6pVEU 2) When Ginny Kissed Harry http://www.youtube.com/watch?v=VIIB7CntzOo 3) Together We Will Live Forever - The Fountain OST http://www.youtube.com/watch?v=jZW4PCaxGS8 4) Circus Fantasy - Water For Elephants OST http://www.youtube.com/watch?v=yt228fYu-RY * * * Kakashis Epilog – Manche Wunden heilen langsam 1) Up in Flames - Coldplay http://www.youtube.com/watch?v=t08dbJ6pVEU So redselig Kakashi und ich zuvor gewesen waren, auf dem Weg zu seiner Wohnung legte sich ein Schweigen über uns, dass nur hin und wieder von höflichen Floskeln wie „Vorsicht, die Stufe ist locker.“ oder „Danke.“ für das Türaufhalten unterbrochen wurde. Es war eine außergewöhnliche Situation, so viel war sicher, doch ich bereute meine Entscheidung, mit ihm zu gehen, trotzdem nicht. Im Gegenteil, so ungewohnt es auch war, es fühlte sich bei weitem besser an, als in meinem Zimmer Spuren in den Teppich zu laufen. Im Treppenhaus ging kein Licht an, sodass wir nach oben schlichen wie zwei Schatten, still und vorsichtig, bis wir ebenso verhalten vor seiner Tür zum Stehen kamen, während er sie aufschloss. Ich war zuvor schon in Kakashis Wohnung gewesen, selten, aber es schien sich nie besonders viel darin zu verändern. Seine Möblierung war spärlich und zweckmäßig, dafür fanden sich übermäßig viele Bücherregale und Schränke für seine Ausrüstung. Das Wohnzimmer war offen und grenzte direkt an sein Schlafzimmer an. Er schaltete auch hier das Licht nicht an und ich war ihm dankbar dafür, aus welchem Grund auch immer er es nicht tat, sehen konnten wir auf jeden Fall beide genug. Doch die Dunkelheit…machte die Illusion nicht zur Realität, sie ließ alles unter dem Deckmantel der Nacht, unter dem sich die Dinge immer etwas anders abspielen als im offenen Tageslicht. Ich sah zu, wie Kakashi seinen Schlüssel auf die Kommode neben der Tür legte, zusammen mit der längst vergessenen Taschenlampe, dann drehte er sich zu mir um, blickte einmal prüfend an mir auf und ab und nickte schließlich in die Richtung seines Schlafzimmers. Die Erschöpfung saß mir in den Knochen, der Regen, der die Luft merklich abgekühlt hatte, ließ mich frösteln und so protestierte ich nur halbherzig, als er darauf bestand, dass ich das Bett nahm, während er sich, mit einem langen letzten Blick zu mir, daran machte, das Sofa herzurichten. Ich stand eine Weile vor seinem Bett, einem Doppelbett, in diesem ungewohnten Raum, dieser stillen, ruhigen Wohnung, während ich ihn hinter mir die Kissen des Sofas aufschütteln hörte und strich über das kühle Bettlaken, das so ordentlich aussah wie die sauber gelegte Decke. Dann griff ich kurzentschlossen nach dem Kopfkissen von der gegenüberliegenden Seite und ging zurück zu ihm. Er drehte sich fragend zu mir um, entdeckte das Kopfkissen und nahm es mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln entgegen. „Danke.“ Es war so leise, dass ich es mehr von seinen Lippen ablas. Wie so oft musste ich zu ihm aufsehen, weil er so viel größer als ich war, und doch konnte ich mich kaum von diesem Anblick lösen. Nach all dem was ich gesagt hatte? Und trotzdem war er so gut zu mir? Mein Starren schien ihm aufzufallen, sein Lächeln schwächte etwas ab, er hielt meinen Blick, bis ich mich wie aus meinen Gedanken erwacht schüttelte und auswich. Als ich aus dem Augenwinkel zu ihm zurücksah, lächelte er wieder, so als hätte er eine streunende, junge Katze vor sich, die einen erbärmlichen Anblick bot und doch so anhänglich war. Ich runzelte die Stirn – und stockte, als ich seine Hand an meiner Wange spürte, ganz leicht nur und nur als kurzes Streifen – aber sie war da. „Gute Nacht, Sakura.“ Seine Stimme war dunkel und gedämpft. Ich wisperte meine Antwort. „Gute Nacht…Kakashi.“ Seine Bettwäsche roch nach ihm. Ich hüllte mich darin ein, atmete tief ohne darüber nachzudenken und fühlte mich…sicher. Es wurde eine Nacht, in der ich einige so sehr ersehnte Stunden ruhigen Schlaf bekam, sicher vor den Geistern meines alten Zimmers, geborgen durch Kakashis vertraute Gegenwart – die ruhigste und erholsamste seit Wochen. Als ich aufwachte und die Augen öffnete, blickte ich auf eine Decke mit Rissen und atmete einen Geruch ein, der nicht zu meiner Bettwäsche gehörte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich erinnern konnte, wo ich war. Ich warf einen vorsichtigen Blick zur Seite, fand glücklicherweise einen Wecker und stellte fest, dass es zwanzig vor Zehn war. Augenblicklich saß ich aufrecht. Meine Eltern…! „Sachte, Sakura. Ich habe ihnen bereits eine Nachricht geschickt.“ Ich riss den Kopf herum und fand Kakashi, an der Theke in seiner Küchennische, lässig dagegen gelehnt, mit einer Tasse in der Hand. Er war vollkommen angezogen, hergerichtet, als wäre er schon eine ganze Weile wach. Hatte er überhaupt geschlafen? Die Nacht und meine Zimmerflucht, schließlich die Begegnung mit Kakashi, all das kam wieder zurück aber im hellen Tageslicht war es doch weniger einfach zu fassen, als im Dunkeln und so saß ich einen Moment einfach nur sprachlos dort und starrte ihn an. Dann dämmerte mir eine weitere Erkenntnis. Keine Albträume. Ich hatte tatsächlich geschlafen, ohne Unterbrechung. „Dieser Anblick wäre ein Foto wert.“ Seine Stimme klang amüsiert. Ich blinzelte. Und verschluckte fast meine Zunge auf der Suche nach Worten, je mehr ich mir meines vermutlich ziemlich derangierten Aussehens bewusst wurde. Ich zog die Decke etwas höher, nur für den Fall und atmete gleich wieder einen Hauch Kakashi mit ein. Ich ließ sie wieder fallen. Kakashi hob eine Augenbraue. „Meinen Eltern?“ Ich räusperte mich und versuchte möglichst würdevoll meine Haare zu glätten, als wäre das gar keine große Sache, als würde ich ständig halb angezogen in fremden Betten aufwachen, während der Besitzer mich geradezu unverschämt aufmerksam dabei beobachtete. Kakashi stellte seine Tasse auf der Theke ab und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe ihnen von Pakkun sagen lassen, dass wir eine Teambesprechung haben. Hatten, besser gesagt, schon früh heute Morgen.“ „Ich…“ Ich runzelte die Stirn, setzte zu Einwänden an – und klappte den Mund wieder zu. Ein dankbares Lächeln schlich sich auf meinen Lippen und ich ließ die Hände, die mit meinen Haaren gekämpft hatten, unverrichteter Dinge wieder sinken. „…danke.“ Er nickte ein paar Mal mit dem Kopf, ohne mich aus dem Blick zu lassen, freundlich aber ebenso nachdenklich. Dann zuckte er mit einer Schulter. „Kein Problem.“ Ich schielte zu seiner Tasse. „Kann ich…?“ Er folgte meinem Blick und schüttelte bedauernd den Kopf. „Tut mir leid, Sakura. Die habe ich von meinen Nachbarn. Freundliche Leute. Sehr hilfsbereit bei Engpässen im Haushalt.“ Ich pustete mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Er sah weiter unschuldig zurück. Mit einem Seufzen – ich hätte es besser wissen sollen – schlug ich die Bettdecke beiseite und schwang die Beine aus dem Bett. Dabei bemühte ich mich, ihn nicht anzusehen, was jedoch offensichtlich nicht für ihn galt. Ich konnte seine Augen auf mir spüren. Mit mehr Resolutheit als ich tatsächlich fühlte, schlug ich die Decke auf, hielt mich davon ab noch einmal tief einzuatmen und legte sie zusammen, darauf bedacht, es genauso ordentlich hinzubekommen wie sie zuvor gewesen war. Es war nicht die erste Nacht gewesen, in der wir so dicht beieinander geschlafen hatten – Kami, wir hatten durchaus schon im selben Bett gelegen. Und darüber hinaus…ich kämpfte mit aller Macht gegen den Rotschimmer auf meinen Wangen an und zwang mich, an etwas anderes zu denken. Ganz gleich, ob diese Situation nur mir seltsam vorkam…was er mit dieser Geste, mich bei ihm schlafen zu lassen, getan hatte…konnte er wissen, wie dankbar ich ihm dafür war? Ich stand in Gedanken versunken vor dem Bett, längst fertig mit dem Zusammenlegen und versuchte zu realisieren, was es zu bedeuten hatte, dass ich diese eine Nacht ohne Albträume verbracht hatte. Konnte es tatsächlich der reine Raumwechsel sein, der mich davor bewahrt hatte? Oder, was sicher nicht unwahrscheinlich war, Kakashis Anwesenheit? Ich drehte mich abrupt zu ihm um und stieß dabei beinah mit ihm zusammen. Erschrocken wich ich ein paar Schritte zurück und stieß mit den Kniekehlen ans Bett. Kakashi erwiderte meinen entgeisterten Blick mit einem prüfend verengten Auge. „Alles in Ordnung mit dir?“ Ich ließ mich auf das Bett fallen und atmete aus. Dann sah ich mit einem Lächeln wieder auf. „Ja. Tatsächlich. Diese Nacht ohne Albträume hat Wunder gewirkt. Hab vielen Dank.“ Er schwieg einen Moment, ließ sich in einen Sessel neben dem Bett fallen und musterte mich noch immer, offenbar sehr nachdenklich. Nach einer Weile legte ich den Kopf schief. „Kakashi?“ „Wenn der bloße Raumwechsel dir gereicht hat…kannst du wieder hier schlafen. Jederzeit.“ Ich öffnete den Mund wie um etwas zu sagen, nur um ihn dann wortlos wieder zu schließen. Für einen Moment sahen wir einander bloß an, ich vermutlich ziemlich verblüfft, er mit undurchsichtigem, festem Blick. Ich schaute zu Boden. Dieses Angebot war aus dem Nichts gekommen. Wir hatten immer eine freundschaftliche Beziehung gepflegt. Aber nicht so. Nicht mit diesen Gesten. Was würde ich damit auslösen, sollte ich dieses Angebot annehmen? Konnte ich tatsächlich eine so großzügige Geste annehmen, vor allem in Anbetracht unserer verkorksten Geschichte? Und er meinte es ernst, so viel war sicher. Kakashi würde nicht einen Vorschlag wie diesen machen und ihn dann nicht wirklich so meinen. Aber…reichte das, um es legitim zu machen? Ein stechender Schmerz in meiner Wange machte mir bewusst, dass ich besorgt darauf gekaut hatte. Wenn ich ablehnte…? Ich zog diese Antwort in Betracht…und erinnerte ich mich zurück an die letzte Nacht in meinem Zimmer, an die steigende Panik und die dunklen Flecken der Erinnerung, an die Gespenster, die in meinen Vorhängen hingen und über meine Wände huschten. Wie jede einzelne Nacht zuvor. Würde es mir helfen, erneut hierher flüchten zu können, an diesen erinnerungsfreien Ort? Ich war ehrlich zu mir selbst: Daran hatte ich keinen Zweifel. Und so… „Danke…für eine Weile…bis ich eine richtige Lösung gefunden habe…“ Ich sah zu ihm auf. „…würde es helfen.“ Er nickte, als ob er damit etwas besiegelte, ließ mich nicht aus den Augen. „Dann bist du immer willkommen.“ Und damit wurden diese Nächte zur Routine. Ich erklärte meinen Eltern, dass es mir vorerst leichter fallen würde, nicht in meinem Zimmer zu schlafen und dass ich bei einem Freund bleiben würde, dass sie sich keine Sorgen machen mussten. Welcher Freund das war und wo…verriet ich ihnen nicht. Je mehr ich über die Wirkung von Kakashis Wohnung nachdachte, desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass sie wie ein sicherer Hafen war, dass dort niemand Rechtfertigungen von mir hören wollte und dass ich dort bleiben konnte, ohne dass ich irgendetwas erklären musste, völlig unvoreingenommen. Diesen Ort wollte ich völlig für mich allein behalten und niemand sonst sollte davon wissen. Warum ich nicht zu Ino ging? Oder zu Naruto? Zu Hinata oder Tenten? Ich hatte natürlich darüber nachgedacht, die lange Woche, die ich Zuhause verbracht hatte, in der Kakashi noch im Krankenhaus und ich noch ziemlich geschwächt gewesen war…aber ich war nicht zu ihnen gegangen. Nicht einmal. Vielleicht war es die Aussicht, Inos gut gemeinte Fürsorge vor allem in der Nacht nicht ertragen zu können, das Mitleid in ihren Augen. Oder der Gedanke, dass Naruto über einige Dinge würde sprechen wollen, die ich nur vergessen wollte. Die Vorstellung, dass überall, zu wem ich auch gehen würde, die Aufmerksamkeit auf mir liegen würde oder auf dem, was meinem Team und mir widerfahren war? Kakashi hatte nichts von alldem getan. Und er gab mir Sicherheit, deren plötzliche überdurchschnittlich hohe Bedeutung ich mir erklären konnte – wenn auch nicht diese Fixierung, dass nur er sie wirklich geben konnte – und von der er vielleicht gar nicht wusste, die jedoch lebensnotwendig geworden war. Die folgenden Tage verbrachte ich damit, Ino und Naruto zu treffen und ein paar alte Freunde, Tenten, Hinata, Lee, die alle gut zu mir waren aber selbst ihren ganz alltäglichen Aufgaben nachzugehen hatten, während ich immer noch darauf wartete, dass Tsunade mich zu sich bestellte und mir die Erlaubnis zum Trainieren und Arbeiten zurückgab. Jede Woche musste ich ihr eine kurze Nachricht zukommen lassen, ob sich irgendetwas verändert hätte, sowohl bei mir als auch…am Fluchmal. Drei Tage nach meiner Entlassung hatte ich einen Termin bei einer Psychologin gehabt, die auf traumatisierte Ninja spezialisiert war, einen gezwungenen Termin wohlgemerkt, den ich wahrnehmen musste, sollte ich jemals wieder arbeiten wollen. Iliama-San war eine nette Frau, keine bekannte Kollegin von mir aber eindeutig kompetent und hatte die üblichen Fragen gestellt, das war alles noch recht einfach gelaufen. Was, wann, wie, wo, wie hast du dich dabei gefühlt? Und dann ging sie tiefer, wollte genauere Beschreibungen haben, bis sie schließlich nur noch mich reden lassen wollte. Und so erfolgreich diese Taktik oft war, dieses Mal funktionierte sie bei mir nicht, wenn ich mich auch bemühte, ihr zumindest ansatzweise die Antworten zu geben, die sie in ihrem Bericht notieren musste. Aber unter ihren klaren, ernsten Augen fühlte ich mich wie seziert und das brachte mich dazu, alle Schutzmauern aufzubauen, die ich hatte. Natürlich verstand ich die Notwendigkeit dieser Prozedere, es war eine gute Methode um die Auswirkungen eines Einsatzes auf die Arbeitsfähigkeit eines Ninja besser einzuschätzen. Zumindest hatte ich es so gelernt. Doch hier ging es um mich. Die wissenschaftliche Seite zu sehen war etwas ganz anderes als gegenüber zu sitzen und die Untersuchung über sich ergehen zu lassen. Ich konnte nachvollziehen, weshalb diese eine Kontrollsitzung unter allen meinen Kollegen so unbeliebt war. Niemand ließ sich gern in der wunden Seele herumstochern. Die 45 Minuten zogen sich hin – und als ich gehen durfte, nickte sie mir freundlich zu, wünschte mir eine gute Erholung, gab mir jedoch keinerlei Anhaltspunkte, was in ihrem Bericht stehen würde. Und doch hatte sich etwas eingebrannt, zwei Sätze, die sie mir mit ruhiger Stimme gesagt hatte. „Du musst mit einem Rückschlag rechnen, Sakura. Selbst ein paar Monate sind nicht viel für die Verarbeitung der Erfahrungen, die du gemacht hast.“ Ich versuchte, nicht so viel darüber nachzudenken. Aber die Erinnerung blieb. Jetzt, beinah zwei Wochen danach, konnte ich jeden Tag zur Ergebnisbesprechung gerufen werden. Diese Besprechung würde entscheiden, wann – und ja, auch ob ich wieder trainieren und arbeiten durfte. Und wenn nicht…würde man mir sagen, welche Maßnahmen getroffen würden, um gegen die Ursachen dafür anzugehen. Nicht jede Nacht bei Kakashi war so gut und ruhig wie die erste. Auch hier lag ich manchmal eine ganze Zeit lang im Bett, wälzte mich von einer Seite auf die andere und glaubte zu wissen, wie Kakashi jede einzelne Bewegung nachdenklich zur Kenntnis nahm, selbst ebenfalls schlaflos. Ich wollte mit ihm tauschen, doch er ließ sich nicht umstimmen, das Bett blieb immer für mich. Und als ich nach der dritten Nacht schließlich vorschlug, er könnte natürlich mit im Bett schlafen, tat er das mit einem Lächeln ab. An einem Abend saß er in seinem geöffneten Fenster, als ob er auf mich gewartet hätte, an einem anderen erwartete mich ein dösender Pakkun, der mir ausrichtete, ich solle mich ganz wie zuhause fühlen, Kakashi würde später wiederkommen. Es war gerade Pakkun, der mir die Augen darüber öffnete, wie unkonventionell wir handelten. Was auch immer das hier war, Kakashi war nicht wie Naruto. Wir hatten eine gänzlich andere Geschichte. Und ich konnte nicht ewig seine Untermieterin sein. Also begann ich nach nahezu einer Woche bei ihm, mir eine eigene Wohnung zu suchen. Ich hätte sicher auch eine Weile zu Verwandten gehen können, hinaus aus Konoha, aber letztlich wollte ich hier bleiben um zu arbeiten, um meinen Alltag zurückzuerhalten. Mein altes Zimmer war noch immer ein rotes Tuch für mich, tagsüber war ich nur dort, wenn ich etwas brauchte und nachts machte ich einen großen Bogen darum, wie meine Ausflüchte zu Kakashi zeigten. So konnte es nicht weitergehen. Mit Inos Hilfe graste ich deshalb drei Tage lang Wohnungen ab bis ich eine fand, die zu mir passte, nicht zu weit weg von meinen Eltern und meinen Freunden, nicht zu klein und offen und hell. Und eben diese Tage waren auch nötig, um meine Eltern davon zu überzeugen, dass dies die richtige Entscheidung war. Sie konnten nicht verstehen, wie es mir in meiner Situation helfen sollte, allein zu wohnen, baten mir an, das Gästezimmer in mein Zimmer umzuwandeln aber letztlich beugten sie sich meinem Wunsch. Vermutlich tat es auch seinen Beitrag, dass ich erstmals wieder Interesse und Einsatz zeigte, für irgendetwas außer der Forderung, mich wieder zum Training zu lassen. Damit war ich also, 16 Tage nach meiner Krankenhausentlassung, aus meinem Elternhaus ausgezogen und Mieterin meiner ersten eigenen Wohnung. Das Einrichten war tatsächlich eine einnehmende Aufgabe und ich konzentrierte mich viel mehr darauf, als ich es unter gewöhnlichen Umständen vermutlich getan hätte, mit tatkräftiger Hilfe meiner Freunde. Die erste Nacht blieb Ino bei mir und wir holten all das auf, was in den letzten Wochen etwas untergegangen war, sodass wir nicht wirklich dazu kamen, zu schlafen, dafür aber beinahe reden konnten wie früher. Inmitten all der Themen, die wir zu besprechen hatten, kam auch die Idee auf, eine Einweihungsfeier für meine Wohnung zu schmeißen und sie mit einer verspäteten Geburtstagsfeier für Naruto zu verbinden. Sein Geburtstag war genau auf den Tag gefallen, in dem ich nach dem Kampf mit Itachi im Krankenhaus aufgewacht war und niemand war zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen, in irgendeiner Form zu feiern. Er selbst hatte gewiss nicht mehr daran gedacht, dies nachzuholen, Ino und ich waren jedoch der Ansicht, dass uns allen etwas Spaß gut tun würde und so machten wir uns noch am selben Abend an die Planung für das kommende Wochenende. Als ob Tsunade auf diesen Tag, auf diese Entscheidung von mir gewartet hätte…bestellte sie mich am nächsten Vormittag zu sich in den Hokageturm. Es war Anfang November, kalt und neblig und die meisten Blätter waren bereits abgefallen und lagen nass an den Straßenrändern. Ino hatte sich an diesem Donnerstagmorgen ziemlich früh daran gemacht, unseren Plan umzusetzen, alle Leute zu informieren, einzukaufen, und was ihr sonst noch so in den Sinn kam, mir allerdings von Herzen viel Glück gewünscht. Sie war unheimlich optimistisch gewesen, hatte behauptet, ich wäre schon längst auf dem Weg der Besserung und ich wünschte, ich hätte mit derselben Überzeugung davon sprechen können. Dick eingepackte Leute begegneten mir auf den Straßen, gingen ihren Arbeiten nach, versuchten Käufer anzulocken und waren damit nicht selten erfolgreich, weil sie heiße Maronen und Tee anboten, die bei diesem Wetter vielen willkommen waren. Ich war tief in Gedanken versunken, nervös, weil ich unsicher war, was Tsunade zum Ergebnis meiner Untersuchung sagen würde und trotz aller Bemühungen immer noch nicht wieder richtig eingewöhnt, weder im Dorf noch in meiner Wohnung. Ich musste nach vorn schauen, wieder in mein altes Leben zurückfinden. Nichts würde mir dabei mehr helfen, als wieder trainieren zu dürfen, wieder Missionen anzunehmen. Zumindest glaubte ich das. Und an diesen Gedanken klammerte ich mich. Vor Tsunades Tür blieb ich stehen, atmete einmal tief durch. Dann hob ich die Hand und klopfte zweimal an. „Komm rein, Sakura.“ Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und schielte um die Tür, nur halbwegs gewappnet für was auch immer mich dort erwarten würde. Tsunade wirkte wie immer, ernst, hinter ihrem Schreibtisch, mit Dokumenten vor sich, die Eselsohren hatten und manches Mal sogar Sakeflecken. Ihre Hände hatte sie auf der Platte vor sich verschränkt. „Setz dich.“ Ich folgte ihrer Aufforderung, den Blick wachsam auf sie gerichtet, und legte meine Hände in den Schoß. Sie schwieg einen Moment und das ließ mir eindeutig zu viel Raum für Spekulationen. Ich räusperte mich leise. „Also. Bringen wir es hinter uns, Shishou. Was ist bei der Untersuchung herausgekommen?“ Sie beäugte mich ein paar Sekunden lang, sehr gründlich und ich hielt ihren Blick, wenn auch nicht ganz behaglich. Ein kurzes Lächeln spielte um ihre Lippen. „Nun, du hast dich an die Meldungen jede Woche gehalten, soweit ich das sagen kann, nicht heimlich trainiert…du bist umgezogen. Hast deine Freunde getroffen. Du befindest dich auf einem ganz guten Weg, findest du nicht?“ Ich wartete darauf, dass da noch mehr kommen würde, doch sie sah mich nur an, erwartungsvoll. Ich lehnte mich zurück, erkaufte mir Zeit indem ich einen Moment lang meine verschränkten Finger musterte. „Das sagt aber noch nichts über die Einschätzung von Iliama-San aus.“, sagte ich dann, langsam und akzentuiert. Sie nickte knapp und bewegte ihre Hände, abwägend. „Diese Untersuchung ist nicht alles, was wir in Betracht ziehen, wenn es darum geht eine Arbeits- oder Trainingserlaubnis zurückzuerteilen. Iliama hat dich im Allgemeinen nicht viel anders eingeschätzt als ich.“ Ich schaute auf, nicht ganz sicher, wie ich ihren freundlichen und dennoch sachlichen Tonfall interpretieren sollte. Sie blickte zurück, offen aber paradoxerweise immer noch bedeckt. „Wie gut konntest du in den letzten zwei Wochen schlafen, Sakura?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nicht gut. Teilweise gar nicht.“ Was brachte es mir, darüber zu lügen? Tsunade nickte, als hätte sie das erwartet. Und das hatte sie vermutlich auch. „Denkst du, dass es dir helfen würde, mit Iliama oder einer anderen Kollegin noch eine Weile über deine Erlebnisse zu sprechen?“ Und hier war die Frage aller Fragen. Nur, dass es tatsächlich eine Frage war, kein Befehl, war unerwartet. Grundsätzlich konnte sie mir eine Therapie auferlegen, ganz gleich, was ich davon hielt und das würde sie vielleicht auch. Mich danach zu fragen war jedoch nicht bei weitem nicht so förmlich und abweisend, wie es mir zu befehlen. Ich nahm mir ein paar Sekunden um darüber nachzudenken, mich an die Idee zu gewöhnen – und dachte zurück an die Sitzung mit Iliama. Irgendeine unwissentliche Reaktion musste ich von mir gegeben haben, denn Tsunade nickte langsam und lehnte sich nun ihrerseits zurück, immer ohne mich aus dem Blick zu lassen. „Das habe ich mir gedacht.“ „Ich…“ Ihre Augenbrauen hoben sich abwartend. Ich setzte mich aufrechter hin und legte meine Hände auf den Tisch, sah ihr direkt in die Augen. „Ich denke, dass das Training und die Erlaubnis wieder auf Missionen zu gehen mir im Moment am ehesten helfen werden. Damit ich meinen Alltag wiederfinde. Aber ich schließe es nicht aus, auf das Angebot zurückzukommen, wenn das…möglich ist.“ Unvermittelt legte sie eine Hand auf meine. „Natürlich ist es das. Jederzeit. Du sollst die Zeit bekommen, die du brauchst um dich zu erholen. Und wenn es dir hilft wieder all das zu tun, was du auch vorher immer getan hast, soll es so sein. Ich werde dich nicht davon abhalten.“ Die Erleichterung, die in diesem Moment all die Angespanntheit von mir nahm, war überwältigend. Tsunade lächelte wissend, ein bisschen sarkastisch aber immer noch verständnisvoll. „Allerdings.“ Sie zog ihre Hand zurück und legte sie mit der anderen auf der Schreibtischplatte zusammen. „Um zu gewährleisten, dass diese Entscheidung die richtige ist wirst du dich vor deiner Trainingsaufnahme noch einmal komplett durchchecken lassen. Und ich will, dass sich einmal im Monat jemand das Fluchmal ansieht. Das wird ohnehin nicht zu vermeiden sein, um die Forschung dafür voranzutreiben.“ Ich schloss kurz die Augen und zwang sie dann wieder auf. „Es gibt keine neuen Erkenntnisse?“ Sie schüttelte den Kopf, den Blick voller Bedauern. „Es tut mir leid, Sakura. Wir stehen immer noch am Anfang.“ Ich schluckte und schaffte es dann zu nicken. „Wann soll die Untersuchung stattfinden?“ Einige Augenblicke sah sie mich an, als ob sie noch etwas sagen wollte, dann schien sie sich dagegen zu entscheiden und ihre nächsten Worte waren wieder klar und ernst und wirkten doch wie ein Seufzen. „Morgen früh. Komm um zehn vorbei, dann wird sich jemand darum kümmern.“ „Okay.“ Ich machte Anstalten aufzustehen, suchte noch einmal ihren Blick. „Danke. Für die Erlaubnis wieder zu arbeiten. Es hat mir gefehlt, so verrückt das auch klingen mag.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du bist nicht die erste, die mir damit in den Ohren liegt. Kakashi, Sasuke, Naruto…es gibt einen Grund, weshalb ihr alle im selben Team seid.“ Sie ließ den Rest offen und wirkte dabei unheimlich genervt, ließ jedoch in ihrem halben Lächeln durchscheinen, dass es ihr damit nicht besonders ernst war. Als ich die Tür öffnete und noch einmal über meine Schulter sah, blickte sie mir nach, nachdenklich aber in diesem Moment wieder laut und brüsk. „Willkommen zurück an Bord, Haruno.“ Ich verdrehte die Augen und hob eine Hand, dann verließ ich ihr Büro – und lehnte vor Erleichterung ein paar Sekunden an der Tür, bevor ich mich auf den Weg nach Hause machte, um meine Trainingsausrüstung abzuholen. Das Training war wie eine Flasche Wasser für eine Verdurstende, auch wenn ich deutlich abgebaut hatte. Ich hatte Tsunades Erlaubnis bis an meine Grenzen strapaziert und dabei festgestellt, dass ich zurückgefallen war und das ohne eine schlimme Verletzung, allein die Tatsache, dass ich für ein paar Wochen nichts hatte tun dürfen, hatte gereicht um mich zu schwächen. Dennoch war es wohltuend und beruhigend, den umgewöhnten Muskeln vertraute Bewegungen in Erinnerung zu rufen. Es dämmerte bereits, als ich völlig entkräftet nach Hause zurückkehrte und dankbar in mein Bett fiel. Ich hätte besser schlafen sollen, denn je, auch wenn es die erste Nacht allein in meiner Wohnung war. Und so war ich nicht wirklich besorgt, als ich die Augen schloss, ich war erschöpft genug, um nicht lange wach zu legen. Was folgte, waren dennoch Albträume, die mich schweißgebadet und zitternd wieder aufwachen ließen. Die Wohnung roch noch etwas nach Farbe, war noch neu genug um fremd zu wirken, keine alten Geister wirrten darin umher. Ich war nur allein. Und erst dann, aufrecht mit der Decke an die Brust geklammert, meinem Atem das einzige, was die Stille durchbrach, realisierte ich es – die ganze Zeit über war es nicht die fremde Umgebung, nicht Kakashis Wohnung gewesen, die mir halfen, die mich sicher durch die Nacht gebracht hatten – es war Kakashi selbst. Als Samstagabend der erste Gast zur Einweihungs-/Geburtstagsfeier klingelte, versuchte ich gerade vergeblich den Reißverschluss meines dunkelblauen Kleides zu schließen. Mit einem leisen Fluchen sah ich zur Uhr und stellte fest, dass dieser jemand zehn Minuten zu früh hier war. Ich blickte noch einmal über meine Schulter. Der Verschluss war gerade bis zur Hälfte hochgezogen und mehr konnte ich aus diesem Winkel offensichtlich nicht erreichen. Schon gar nicht mit den samtblauen Handschuhen, die mir bis zu den Ellenbogen gingen. Ich hatte sie mir von Ino geliehen, mit der Absicht für diesen einen Abend etwas Ärmelloses zu tragen ohne dabei konsequent, permanent für alle sichtbar das Fluchmal durch die Gegend zu tragen und damit mich oder die anderen unabdingbar an Vergangenes zu erinnern. Und ich hatte eine Weile gebraucht um sie wirklich an ihren Platz zu befördern. Es klingelte erneut. „Ach!“ Mit einem Seufzen lief ich zur Tür, noch barfuß und öffnete mit einem Augenrollen. „Du bist eindeutig zu…“ Ich stockte mittendrin, als ich sah wer hier zu früh war. „Sasuke.“ Da stand er, ganz in schwarz, mit einem halblangen, ungewohnt eleganten Mantel und ein paar Tropfen im Haar, die sicher vom Nebel draußen stammten. Am Morgen zuvor war ich – trotz oder gerade wegen dieser harten Nacht – wieder zum Trainingsplatz gegangen und hatte dort völlig unerwartet Sasuke angetroffen. Es war nicht unsere erste Begegnung seit dem Vorfall im Krankenhaus gewesen aber die erste, bei der wir völlig allein waren. Unsere Begrüßung war noch etwas vage ausgefallen, die gewöhnliche Frage danach, was der jeweils andere hier tat, war auch schnell abgehakt und dann hatten wir ein paar Momente geschwiegen, einander angesehen und nach Worten gesucht. Bevor ich jedoch dazu kam, hatte er sich bereits entschuldigt und damit das Eis gebrochen, denn ich hatte mir dieselben Vorwürfe wie er gemacht und als wir zu dieser Erkenntnis kamen, wurde alles viel leichter. Natürlich war es dadurch immer noch nicht wie früher aber es reichte, um miteinander zu trainieren und für ein paar Stunden lang den unausgesprochenen Schmerz zu teilen. Ich hatte ihn außerdem zu dieser Feier eingeladen und nun stand er hier vor mir, als erster Gast, überpünktlich und er musterte mich so intensiv, dass ich mich davon abhalten musste, nervös die Arme zu verschränken und von einem Bein auf das andere zu treten. „Schönes Kleid.“ Das unverschämte Glitzern in seinen Augen war so neu wie liebenswert und ich brachte nach mehrmaligem Blinzeln zumindest ein leises Geräusch der Dankbarkeit zustande. Er hatte ein Päckchen in der Hand, das in goldenes Papier gehüllt war und meine Aufmerksamkeit effektiv von ihm ablenkte. „Ich dachte, du könntest vielleicht noch etwas Hilfe gebrauchen.“, sagte er jetzt, nachdem bereits ein paar Sekunden zu viel Schweigen geherrscht hatte und er noch immer vor der Tür stand. Ich räusperte mich. „Ah…ja. Sicher. Komm rein.“ Immer noch verblüfft machte ich einen Schritt zur Seite und hielt ihm die Tür weiter auf. Er folgte meiner Aufforderung, nicht jedoch ohne mir das Päckchen zu reichen, das ich irritiert entgegennahm. Auf meinen fragenden Blick hin hob er den Mundwinkel zu einem leichten Lächeln. „Als höflicher Gast bringt man der Gastgeberin ein Geschenk mit oder nicht?“ Ich blickte zurück auf das goldene Papier und wieder zu ihm. Er zog seinen Mantel aus, völlig unbeeindruckt von meiner Verwirrung. Endlich fand ich meine Stimme wieder. „Danke.“ Er nickte und hängte den Mantel auf. „Vielleicht solltest du es dir erst ansehen und dich dann bedanken.“ Ich schüttelte den Kopf. „Klar, das sollte ich vielleicht. Möchtest du etwas trinken?“ „Gern.“ Immer noch etwas konfus begann ich das Papier zu lösen und machte mich auf in die Küche. Auf halber Strecke hielt mich ein Räuspern zurück. „Sakura?“ Ich drehte mich fragend zu ihm um. „Dein Reißverschluss…“ „Oh!“ Ich griff mir mit der freien Hand auf den Rücken. „Das habe ich völlig vergessen.“ Ich legte das Paket auf die Kommode und schaute wieder zu Sasuke. „Könntest du vielleicht…?“ Einen kurzen Moment verhakten sich unsere Blicke und ich musste mich zwingen nicht auszuweichen oder mehr hinein zu interpretieren als nötig. Dann hob er hilfsbereit beide Hände und ich stellte mich mit dem Rücken vor ihn, nur ein bisschen unbehaglich. Als seine Hände meine Haut berührten, zuckte ich zusammen. „Du bist eiskalt!“ „Das könnte daran liegen, dass draußen Minusgrade herrschen.“, erwiderte er trocken und so einfach entspannte ich mich wieder und lächelte für mich, erleichtert darüber, dass wir vielleicht doch nach und nach wieder kitten konnten, was beschädigt worden war. Ich hörte, wie er seine Hände aneinander rieb und dagegen hauchte und lächelte nun auch über meine Schulter. „Wie zuvorkommend von dir.“ Der Dank dafür war, dass er seine Handflächen vollkommen auf meine Schulterblätter legte und mir damit beinahe ein paar Frostbeulen verpasste. Ich machte einen Satz von ihm weg und rieb aus sicherer Entfernung mit einem vorwurfsvollen Blick fröstelnd meine Oberarme. Dieses dunkelblaue Kleid war trägerlos und endete knapp über den Knien – war damit also nicht gerade besonders warm. Und er machte es kein Stück besser. „Okay, okay.“ Sasuke hob erneut beide Hände, dieses Mal beschwichtigend. Wieder rieb er sie aneinander. „Sie sind jetzt wärmer, komm wieder her.“ Äußerst skeptisch stellte ich mich erneut vor ihn, doch er hielt sein Wort und begann, den Reißverschluss höher zu ziehen. Dummerweise war das auch der Moment, in dem es an der angelehnten Tür klopfte, die wir offenbar nicht richtig hinter uns geschlossen hatten. „Sakura?“ Als ich die Stimme und das Chakra erkannte, war es bereits zu spät um etwas daran zu ändern, wie das hier aussehen musste. Kakashi steckte den Kopf durch die Tür und verharrte dort, sah von Sasuke zu mir. „Hey!“ Ich klang ein bisschen schrill. Kami sei Dank schloss Sasuke den Reißverschluss in diesem Moment vollends und ich konnte etwas Abstand zwischen uns bringen. Von allen Leuten, die heute Abend kommen wollten, kamen ausgerechnet diese zwei so pünktlich, dass es zu solchen unbehaglichen Situationen kam. „Mein Reißverschluss ging nicht…“ Ich ahmte halbherzig das Hochziehen des Verschlusses nach, ehe ich meine Hand sinken ließ, mich aufrichtete und gedämpfter sagte: „Danke, Sasuke.“ Er nickte und deutete zur Küche. „Ich hole selbst etwas zu trinken, okay?“ Ich erwiderte sein Nicken, deutlich weniger motiviert und sah dabei zu, wie er den Flur entlang ging und in der Küche verschwand. Dann huschte mein Blick zurück zur Tür. „Komm rein, Kakashi. Kaum zu glauben, dass du…“ Ich schaute zur Uhr über der Kommode. „…pünktlich bist.“ Er folgte meiner Aufforderung und ließ die Tür ins Schloss fallen, völlig gelassen und äußerlich so ruhig, dass man hätte glauben können, gerade eben hätte er nichts gesehen, was ihn irritiert hatte. Wenn es das denn hatte. Vielleicht hatte er sich auch nur über die offene Tür gewundert. Oder was auch immer. „Sag bloß, du freust dich so sehr darüber, dein Bett wieder für dich zu haben, dass du sicher gehen willst, dass ich auch hier bleibe?“ Ich klappte meinen Mund schnell wieder zu aber gesagt war gesagt und in der Küche konnte man sehr sicher hören, was im Flur beredet wurde. Ich widerstand dem Impuls mir gegen die Stirn zu hauen aber nur gerade so. Kakashi dagegen zog seine Maske herab, die ebenfalls etwas nass glänzte – der Nebel draußen schien zugenommen zu haben – und lächelte vielsagend, wenn auch mit gehobener Augenbraue, die zeigte, dass er natürlich eine mögliche Anspielung bemerkt hatte und sie wortlos kommentierte. Ich schluckte jedwedes Eingehen darauf herunter und nahm mir die Freiheit ihn ebenso zu mustern, wie er mich in diesem Moment. Auch er trug einen langen dunklen Mantel und darunter, wie er gerade mit dem Ausziehen demonstrierte, eines seiner dunklen, langärmeligen Shirts, das enger anlag als sonst. Und nichts dafür tat, seinen Oberkörper zu verstecken. Ich ließ den Blick weiter sinken. Seine Hose war seiner gewöhnlichen Trainingskluft nicht unähnlich, sie hatte jedoch eine ganz andere Wirkung ohne das diverse Equipment, das er sonst darin, darauf oder darum verstaute. Heute trug er nichts davon. Keine Bandagen, keine Kunaitaschen. Und keine Sandalen, stattdessen schwarze Lederschuhe, die ich noch nie an ihm gesehen hatte. Er sah geradezu…ausgehfein aus. Auch wenn sich dieses Wort im Zusammenhang mit Kakashi ausgesprochen fremd anfühlte. Ich hob beide Schultern, ein bisschen hilflos, ein bisschen verblüfft und hoffentlich nicht allzu sichtbar fasziniert. „Tja, was sagt man dazu, diese Feier wird mehr und mehr zu einer Cocktail-Party, fehlt nur noch, dass Ino hier im Ballkleid auftaucht.“ Seine Erwiderung war unerwartet ernst. „Du vergleichst meine Kleiderwahl mit einem Ballkleid?“ Ich runzelte irritiert die Stirn. „Nein. Ich meine…“ Er hob amüsiert die Augenbrauen. Schon wieder. Meine senkten sich. „Sasuke hat mir ein Gastgeber-Geschenk mitgebracht.“ „Das du übrigens immer noch nicht geöffnet hast.“, rief Sasuke aus der Küche herüber. Ich nickte und stemmte die Hände in die Hüften. „Und? Hast du eins für mich?“ Er hatte soeben den Mantel aufgehängt und als er sich jetzt wieder zu mir umdrehte, erhaschte ich einen Hauch seines Geruchs. Würzig, frisch und ein bisschen wie der Wind draußen, was mich automatisch wieder daran erinnerte, wie es gewesen war in seinem Bett zu schlafen und diesen Geruch jede Nacht um mich zu haben. „Sakura? Wenn du sie haben willst, solltest du sie auch nehmen.“ Ein bisschen desorientiert schüttelte ich den Kopf und blickte auf die Flasche, die er mir entgegenhielt. „Wein?“ Ich nahm sie ihm aus den Händen, die unerwarteterweise warm waren, und drehte die Flasche im Licht. „Nicht irgendein Wein, Sakura. Dieser wird dir gefallen, auch wenn du sonst keinen Wein trinkst. Und außerdem ist das so ziemlich das Standardgeschenk auf Einweihungspartys der Erwachsenen. Gewöhn dich daran.“ Ich schaute wieder auf. „Was wäre denn die Alternative gewesen?“ Er steckte beide Hände in die Hosentaschen und lächelte auf diese vielsagende Weise. „Ein Brieföffner.“ „Hey, den hätte ich doch gebrauchen können! Aber gut, bei Geschenken soll man nicht wählerisch sein, oder? Hab vielen Dank, Kakashi.“ Ich deutete einen Knicks an und er senkte, immer noch lächelnd, den Kopf. Dann zog er seine Maske wieder über das Gesicht, was ich mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm, schließlich jedoch mit einem Achselzucken abtat. Ich machte mich auf den Weg zur Küche, Kakashi im Schlepptau. „Sasuke…? Hast du dich verlaufen?“ Er kam uns entgegen, mit zwei gefüllten Gläsern in der Hand und einem kurzen Seitenblick zu Kakashi. „Tut mir leid, mehr konnte ich nicht tragen.“ Kakashi nickte lächelnd, völlig zuvorkommend. „Kein Problem, Sasuke. Dann kann ich die hier…“ Er griff nach der Weinflasche in meiner Hand und hob sie bedeutungsvoll. „…auch gleich wegbringen. Du erlaubst, Sakura?“ Benommen nickte ich wieder einmal. Die Kombination Sasuke und Kakashi hatte in letzter Zeit mehr und mehr Verwirrung angenommen und ich ertappte mich dabei, zu hoffen, dass die anderen sich nicht mehr allzu viel Zeit ließen um hier aufzutauchen. „Sakura?“ Ich drehte mich zurück zu Sasuke und nahm das Glas entgegen, das er mir hinhielt. „Auf deine neue Wohnung.“ „Dankeschön.“ Wir stießen an und ich schüttelte mich bei dem Geschmack seiner Kreation, was er mit einem amüsierten Grinsen zur Kenntnis nahm, dann sah ich mich suchend nach seinem Geschenk um. „Okay, dann lass mal sehen.“ Ich ging zur Kommode und begann damit, das teilweise abgelöste Papier komplett zu entfernen, nicht ohne ein paar Mal dabei aufzusehen und seinen dunklen Blick auf mir ruhend vorzufinden. Dann fiel mir etwas in die Hände. Nur beiläufig nahm ich war, dass Kakashi sich wieder zu uns gesellt hatte und sich in diesem Moment an die Wand lehnte, ein Bier in der Hand. „Wow…ich…danke, Sasuke.“ Es waren Handschuhe, aus weichem Leder, strapazierfähig und beinah so wie meine alten, die irgendwann im Kampf verloren gegangen waren, blutig und unbrauchbar. Zu sehr mit allen Erfahrungen verknüpft. „Ich dachte, jetzt wo du wieder trainieren darfst, kannst du sie gut gebrauchen.“ Ich schaute von den Handschuhen zu ihm, sprachlos, weil er so Recht hatte. Weil er daran gedacht hatte. Ich brachte ein Lächeln und ein Nicken zustande und presste die Lippen aufeinander. „Sie sind perfekt. Hab vielen Dank.“ Ich brauchte ein paar Sekunden um mich zu sammeln, Zeit in der ich die Handschuhe liebevoll auf der Kommode ablegte, das Papier einsammelte und wieder zu beiden hochsah. „Danke. Euch beiden.“ Ich umarmte Sasuke, was er so natürlich erwiderte, als ob zwischen uns nie etwas vorgefallen wäre, das etwas daran geändert hätte und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen, dann löste ich mich von ihm und widerholte die Umarmung bei Kakashi. Der Unterschied hätte nicht größer sein können, während Sasuke seine Arme völlig um mich gelegt hatte, so deutete Kakashi dies nur an, indem er eine Hand auf meinen unteren Rücken legte, die andere hielt die Flasche fest. Und es war nichts gewohntes darin, nichts vertrautes. Verwirrt rückte ich ein Stück von ihm ab und sah in sein eines sichtbares Auge, so undurchsichtig wie sonst nur sehr selten. Kurz hielt er meinen Blick, dann bildeten sich die kleinen Lachfältchen um sein Auge und er trank durch seine Maske aus seiner Flasche. Etwas fehl am Platz verharrte ich ein paar Sekunden auf der Stelle, dann straffte ich die Schultern, lächelte für sie beide und ging in die Küche. „Na dann. Ihr könnt noch ein paar Sachen ins Wohnzimmer tragen, wenn ihr wollt. Ich muss mich noch in diese furchtbaren Schuhe von Ino quälen…“ Glücklicherweise klingelte in diesem Moment eben diese lautstarke Ino, die offenbar in bester Stimmung war. Und zwar kein Ballkleid trug, dafür aber ein grünes, ausgesprochen eng anliegendes Cocktailkleid. In der nächsten halben Stunde vervollständigte sich der Kreis und meine Wohnung musste dem Andrang der ganzen alten Clique standhalten. Schließlich warteten alle gespannt auf Naruto, der eine Stunde später bestellt worden war und als er völlig nichtsahnend hereinkam und diese Truppe vorfand, zusammen mit einer Riesentorte, die Tenten und Hinata irgendwie aufgetrieben und von Neji und Kiba bis in den zweiten Stock schleppen lassen hatten, fielen ihm sprichwörtlich die Augen aus dem Kopf. Ich hatte ihn selten zuvor so glücklich überrascht gesehen und fühlte die doppelte Genugtuung darüber, dass wir diese Feier auf die Beine gestellt hatten. Und es wurde eine Feier, und was für eine. Naruto schien sich auf jeden Fall köstlich zu amüsieren und nicht nur er – ich hatte meine Freunde schon lange nicht mehr, vor allem alle auf einmal, so ausgelassen – und so betrunken erlebt. Und wenn sie nicht so sehr betrunken waren, dann waren sie erleichtert darüber, dass eine beständige Gefahr von uns allen genommen worden war und deshalb so unbeschwert. Naruto forderte Sasuke permanent zu irgendwelchen bescheuerten Wetten heraus und Sasuke hätte an diesem Blödsinn teilgenommen, ganz sicher, wenn er nicht am nächsten Morgen zu einer Einzelmission hätte aufbrechen müssen, die seine erste seit unserem Kampf gegen Itachi sein würde. Er hielt sich also etwas zurück, wenn auch nicht genug um am Tag darauf keinerlei Kater-Symptome zu verspüren. Letztlich machte er sich aber schon um halb eins auf den Weg nach Hause. Kiba nahm dafür umso hilfsbereiter seinen Platz ein und war dementsprechend lange vor Naruto zu nichts mehr zu gebrauchen, weshalb Tenten ihn aufopferungsvoll zusammen mit Neji nach Hause brachte. Es war halb vier, als die letzten gingen und Ino und Naruto, beide völlig weggetreten, sicher in mein Gästezimmer, bzw. aufs Sofa geschafft worden waren. Von Kakashi. Der sich auch bereitwillig geopfert und mir standhaft bei den letzten Aufräumarbeiten geholfen hatte, zu meiner größten Verblüfftheit. Zuletzt blieb nur noch der Abwasch, der sich jedoch sehen lassen konnte, und auch hier erklärte er sich bereit mir zu helfen. Erstaunlicherweise war er es, der abwusch und ich diejenige, die abtrocknete aber ob er das tat, damit ich meine Handschuhe anbehalten konnte oder, weil er es selbst so entschieden hatte, war mir gleich. Die Geste blieb besonders. Vor uns auf der Theke standen zwei Gläser, gefüllt mit dem Wein, den Kakashi mitgebracht hatte. Obwohl er den ganzen Abend und den Rest der Nacht eher verhalten gewesen war und die meiste Zeit eher im Hintergrund, hatte er zuletzt darauf bestanden, noch heute damit anzustoßen, als Brauch zur Einweihung und er hatte mit seiner Vorhersage Recht behalten. Dieser Wein schmeckte mir, vielleicht lag es aber auch daran, dass ich zuvor mehr als genug Sekt und Sake getrunken hatte und meine Geschmacksnerven ohnehin nicht mehr besonders anspruchsvoll waren. Bereits vor einer Weile hatte ich die hochhackigen Sandalen ausgezogen und stand nun barfuß in der Küche, ein Handtuch locker über den Arm geschwungen, das Weinglas in der Hand, während Kakashi, ohne Hitai-ate oder Maske, gelassen und routiniert ein Glas nach dem anderen abwusch, so selbstverständlich als täte er dies jeden Tag. Es hatte etwas Faszinierendes diesem Elite Ninja dabei zuzusehen, wie er etwas so Profanem, etwas so Gewöhnlichem nachging und dabei ebenso viel Talent zeigte wie bei seinen Kämpfen. Es wurde nicht langweilig, ihn dabei zu beobachten, ich ertappte mich bald dabei, Erinnerungen nachzuhängen, die schon eine Weile zurücklagen. Und ich fragte mich, was er vor so vielen Monaten an mir gefunden hatte. Und ob er nur realisiert hatte, dass er sich geirrt hatte, dass er nicht wirklich etwas mit mir hatte anfangen wollen oder ob diese Beziehung, die wir jetzt hatten, durch meine Veränderung verschuldet war. Oder dadurch, dass ich Sasuke geküsst hatte, als ich Kakashi hätte küssen sollen. „Ich weiß es zu schätzen, dass du mich gern im Profil betrachtest aber vergiss dabei die Gläser nicht, Sakura.“ Es war sicherlich dem Alkohol zuzurechnen, dass ich ein Zusammenzucken verhindern und diese Andeutung mit einem Schulterzucken abtun konnte. Ich griff nach einem Glas und begann mit dem Abtrocknen, immer noch mit dem Blick auf ihm. „Die Ehre, dich im Profil, ohne die Maske, betrachten zu können, kommt nicht vielen zuteil. Ich nutze nur meine Privilegien.“ Er sah kurz von seiner Arbeit hoch und griff dann schweigsam nach dem nächsten Glas. Ich ließ das Handtuch sinken, gewillt ihm endlich zu sagen, was ich schon seit Tagen gedacht hatte. „Kakashi?“ Sehr auf seine Arbeit konzentriert, summte er seine Antwort. „Ich weiß nicht, ob ich es wirklich verdient habe, dass du so gut zu mir bist aber…ich werde dir immer dankbar sein, für das was du für mich getan hast. Ich wäre nicht hier, in dieser fantastischen Wohnung, wenn du mir nicht geholfen hättest.“ Ich ließ ihn nicht aus den Augen, sah dabei zu, wie er seine Bewegungen verlangsamte, seine Hände abtrocknete und sich dann, nach einem kurzen Zögern, mir zuwandte, den Kopf leicht geneigt. „Ich habe dir nur eine Alternative zu deinem erinnerungsbehafteten Zimmer gegeben, Sakura. Das ist es, was Freunde füreinander tun.“ Sein Blick war dunkel und undurchsichtig aber er hatte beide Augen geöffnet, als ob es ihn so sehr irritierte, dass ich so etwas sagen würde. Und es gab mir einen Stich, ihn so von uns reden zu hören, auch wenn ich bereits seit einiger Zeit daran arbeitete, zu akzeptieren, dass es das war, was wir jetzt waren. Freunde. Als wir zurückgekehrt waren, hatte ich überhaupt nicht in eine Richtung denken können, die mehr als Freundschaft bedeutet hätte. Dann begann ich bei ihm zu übernachten. Und ohne es zu merken…hatte ich angefangen Kakashi wieder auf diese Weise anzusehen, diese nicht platonische, nicht ganz unschuldige Weise. Und plötzlich war nicht mehr alles rein freundschaftlich. Aber auch das änderte nichts an meiner großen Dankbarkeit, für alles was er wissentlich oder unwissentlich für mich getan hatte. Kannte er die Wirkung, die er allein mit seiner Anwesenheit auf mich ausgeübt hatte? Immer noch ausübte? Ich lehnte mich vor, sah in seine ungleichen Augen, lächelte. Das ist es, was Freunde füreinander tun. „Vielleicht. Wenn man Glück hat. Aber deshalb kann man trotzdem nicht von jedem Freund erwarten, dass er so etwas für einen tut.“ Er blickte zwischen meinen Augen hin und her, senkte die Augenbrauen, als ob ich ihn verwirrte. Doch ich wollte, dass er verstand, wie viel er für mich getan hatte und folgte meiner Eingebung, beugte mich über seine Schulter und küsste ihn auf die Wange, langsam, beinah gehaucht. „Danke.“, flüsterte ich in sein Ohr – und ich meinte es so. „Wirklich. Danke. Du kannst nicht wissen, was es mir bedeutet. Was es für mich bedeutet. Und hast es trotzdem getan. Ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“ Als ich mich ein Stück zurückzog, unpassenderweise unwillig und geradezu berauscht von seinem Duft, hob Kakashi eine Hand und legte sie um mein linkes Handgelenk, nicht fest aber so, dass ich auf der Stelle verharrte. „Danke mir nicht so, Sakura. Bitte.“ Wir standen sehr dicht, sodass ich aufsehen musste um in seine Augen zu blicken. „Warum nicht?“, fragte ich dann leise. Er antwortete nicht, kettete meinen Blick an seinen und hielt inne, ließ mich weder los noch zog er mich näher heran. Er schien etwas mit sich zu diskutieren aber was, darüber konnte ich nicht nachdenken, so nah an ihm und doch nicht dicht genug. „Kakashi.“ Sein Blick wurde wieder etwas klarer aber gleichzeitig dunkler. Ich bewegte mich etwas, was ihn dazu brachte sein Gewicht zu verlagern und er drehte mich dabei, sodass ich mit dem Rücken zur Spüle stand, mit ihm direkt vor mir. Etwas hatte sich verändert. Neun Nächte hatte ich bei Kakashi geschlafen und in keiner dieser Nächte war irgendetwas Außergewöhnliches vorgekommen, er hatte relativ wenig gesprochen, zumindest von sich aus, sich gelassen wie immer verhalten und permanent auf dem Sofa bestanden. Da war nichts zwischen uns – auch wenn ich es mir vielleicht dann schon gewünscht hatte. Und jetzt…ich schauderte, als sich eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper legte und hob wie gebannt eine Hand an seine Brust, tastete nach seinem Herzschlag. Ich spürte seinen Atem an meiner Schläfe, warm und etwas schneller als gerade zuvor. „Ich denke nicht, dass…vielleicht sollten wir…“ „Du fehlst mir.“, wisperte ich gefesselt und spürte wie er erstarrte. Aber ich hatte es gesagt, es gab kein Zurück mehr. Warum nicht noch etwas zugeben? Die letzte Nacht war ebenfalls furchtbar gewesen. „Ich kann nicht schlafen…ohne dich.“ Ich hörte mich kaum selbst. Er dagegen schien mich deutlich zu hören. Er hob seine freie Hand zu meiner Wange, beinah zaghaft, strich mit ein paar Fingern darüber, langsam und vorsichtig, so als könnte er mich mit einer falschen Bewegung zerbrechen. Diese einzelne Berührung reichte aus, um ein Kribbeln überallhin zu schicken, mein Herz schneller schlagen zu lassen und ich schloss schaudernd die Augen und neigte meinen Kopf in seine Hand. Er ließ mein Handgelenk los und einen Moment lang befürchtete ich, er würde mit all dem aufhören. Alles in mir sorgte sich, dass es zu spät war. Dass er nicht dasselbe fühlte. Ich hörte ihn leise ausatmen und wagte nicht, es selbst zu tun. Dann fühlte ich seine andere Hand, die mir ein paar Haare nach hinten strich und meinen Hals auf der rechten Seite frei legte. Ich öffnete die Augen einen Spalt breit, fing seinen Blick, so dunkel, dass ich seine Iris nicht mehr erkennen konnte. Er wartete. Diskutierte erneut mit sich selbst? Und dann… „Ich habe kaum eine Nacht mehr geschlafen...seit du bei mir gewesen bist, so dicht…“ Er neigte den Kopf, ohne mich aus den Augen zu lassen und sein Gesichtsausdruck war gequält. „…und so unerreichbar.“ Er zog seine linke Hand zurück, machte Anstalten, die andere von meiner Wange zu nehmen. Ich handelte instinktiv und griff danach, hielt sie an ihrem Platz. Er sah mich an, immer noch verfolgt, mit einem Schatten über dem Gesicht. „Ich bin nicht…“ Ich senkte den Blick und brach ab. Worte konnten nicht ausdrücken, was ich ihm zeigen wollte. Also drehte ich den Kopf zur Seite und küsste seine Handfläche. Als ich wieder zu ihm zurückblickte, schien es, als ob er sich nicht mehr davon losreißen könnte. „Habe ich alles kaputt gemacht? Weil ich Sasuke geküsst habe? Weil ich mich so sehr verändert habe? Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen. Ich wünschte, ich hätte dir nicht angetan, was ich getan habe…ich…“ „Sakura.“ Er unterbrach mich mit einem Finger auf meinen Lippen, drängte mich dazu aufzuhören und wartete, bis er sicher war, dass ich seinen Blick halten würde. Dann zog er beide seiner Hände zurück und ich kämpfte dagegen an, sie daran zu hindern. „Sakura. Du hast nichts kaputt gemacht. Die Umstände waren gegen uns. Alles hat sich verändert und ich dachte…“ Er unterbrach sich und schwieg für ein paar Sekunden, sein Blick dunkel und undurchsichtig. „Du brauchtest Zeit.“, sagte er dann, so gefestigt wie ein Richterspruch. „Und jetzt…“ Jedes seiner Worte schien entscheiden zu können in welche Richtung sich alles neigen würde. Es fühlte sich an, als ob es nur eines einzigen Wortes bedurfte, um alle meine Hoffnungen niederzuschlagen. „Jetzt…?“ Er hörte mich, auch wenn es nur ein leises Wispern war. Und schien eine Entscheidung getroffen zu haben. „Die Art und Weise, die Tatsache, dass Itachi dich überhaupt berührt hat, muss immer in deinem Kopf sein. Wie könntest du dich jetzt um etwas anderes kümmern, als dieses Trauma zu verarbeiten?“ Er stand noch immer vor mir, weit genug weg um mich nicht zu berühren aber so dicht, dass ich aufsehen musste um in seine Augen zu blicken. „Sakura. Ich würde niemals etwas von dir erwarten, nicht nach all diesen Erfahrungen. Ich dachte, das wüsstest du. Ich dachte, wir wären uns einig darin, Freunde zu sein.“ Ich starrte ihn an. Sprachlos. Und wich seinem Blick aus, als bei mir ankam, was er da sagte. Natürlich hatte er Recht – ich musste dieses Trauma irgendwie verarbeiten. Aber wusste er denn nicht, dass er mir dabei half? Dass er mich überwinden lassen konnte, wie sich Itachis Berührungen angefühlt hatten? Und hatte er tatsächlich angedeutet, dass er mich nicht nur wie eine einfache Freundin sah? Ich klammerte mich an den ersten Gedanken, der sich fassen ließ und fand endlich meine Stimme wieder, wenn auch etwas zögerlich. „Itachi hat…Dinge getan, die mich noch eine Weile verfolgen werden.“ Ich schüttelte den Kopf, sah wieder zu ihm auf, bemüht, dieses Mal alles auszusprechen. „Ich weiß nicht, wie lange, ehrlich gesagt. Ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauern wird aber…das ist nicht sicher.“ Kakashi nickte, als hätte er dies schon lange gewusst. Und bei seiner eigenen Erfahrung…hatte er das wohl auch. Ich schluckte. „Aber Kakashi…kann es sein, dass du es wirklich nicht weißt? Dass du wirklich nichts gemerkt hast?“ Er sah schweigend zurück. „Du hast mir geholfen. Es geht mir besser. All die Nächte Zuhause konnte ich nicht schlafen und kaum bin ich bei dir…“ Ich legte eine Hand auf das Handgelenk meines anderen Arms, spielte mit dem Stoff der Handschuhe. „Wenn sich jemand anderes so dicht vor mich stellen würde wie du…würde ich sicher nicht so ruhig sein wie jetzt. Nicht so gelassen.“ Als ob er sich gerade jetzt erst dessen bewusst wurde, wie dicht er noch immer stand, machte er Anstalten, mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Dieses Mal griff ich nach seinen Händen und zog ihn zurück. Er ließ es geschehen, so verblüfft, wie er es sonst nur selten zeigte. Ich hielt ihn fest. „Du sagtest, dass du nichts erwarten würdest aber…wenn ich dir sagen würde, dass du es könntest…würdest du es wollen?“ Deutlicher konnte ich es kaum sagen und jetzt schien auch ihm diese Tatsache bewusst zu werden. Ein kleines Lächeln spielte um seinen Mundwinkel und er beugte sich vor und lehnte seine Stirn fast an meine, ohne mich aus dem Blick zu lassen. Ich atmete überrascht ein, als ich erneut die Theke in meinem Rücken spürte – und seine Körperwärme von vorn. „Trotz allem, Sakura, will ich dich heute noch genauso sehr wie vor Monaten. Das kann dir kaum entgangen sein…“ Obgleich all meiner Zweifel, spürte ich wie die klamme Kälte der Ungewissheit meinen Körper seufzend wieder verließ und nun auch eine wohlige Wärme der Erleichterung darin zurückließ. Konnte ich träumen? Aber seit wann waren mir solche guten Träume wieder vergönnt? „Wirklich? Aber…ich habe dich bei Mamiko zurückgelassen. Und dich betäubt. Und Sasuke…“ „Ich kann all das als erzwungene Maßnahmen hinter mir lassen. Die Frage ist…ob du das auch kannst.“ Die Tatsache, dass er dies konnte, war mehr als ich zu hoffen gewagt hatte. Er konnte keinen Zweifel daran haben, dass ich das auch wollte. Und ich würde alles dafür tun um es auch zu können. Ich brachte ein Nicken zustande. Das Lächeln um seine Mundwinkel kehrte zurück, dieses Mal zufrieden, amüsiert und verheißend, so dicht vor meinen eigenen Lippen, dass es verlockend war, die wenigen Millimeter zwischen uns zu überbrücken. Er senkte seine Stimme. „Willst du von mir geküsst werden, Sakura?“ Ich riss meinen Blick von seinen Lippen los, sah in seine Augen, so, so dicht vor mir und fand glitzerndes Unheil darin – und Wärme bis in die Tiefen seines Blicks. Ich nickte, mehrmals, beugte mich weiter zu ihm vor, ein atemloses Ja auf den Lippen – und er neigte den Kopf zur Seite um mir auszuweichen. Was…? 2) When Ginny Kissed Harry - Harry Potter OST http://www.youtube.com/watch?v=VIIB7CntzOo „Verführ mich nicht. Ich kann für nichts garantieren, wenn du nicht damit aufhörst.“ Ich verengte die Augen und runzelte die Stirn. „Ernsthaft, Kakashi?“ Sein leises Lachen und das vergnügte Funkeln seiner Augen brachten mich dazu, die Augenbrauen zu heben. „Als würde ich darüber scherzen.“ „Was…?!“ Ich setzte zu Protesten an und verstummte bevor ich überhaupt angefangen hatte, als er unvermittelt jeden Abstand zwischen uns schloss und sich zu meinem Hals vorbeugte. Ich schnappte nach Luft als ein tonloses, sanftes Seufzen über seine Lippen glitt, spürte den Hauch seines warmen Atems auf meiner Haut, kurz bevor seine Lippen federleicht darüber strichen und seine Zähne dicht über meiner pochenden Halsschlagader nippten. Meine Augenlider fielen zu, meine Hände suchten Halt auf seinen Schultern und ich erwiderte sein Seufzen, fühlte wie seine Lippen vorsichtig, auskostend über die empfindliche Haut streiften und immer wieder Schauer über meinen Rücken jagten, völlig verrückte Dinge in meinem Inneren anstellten, von denen ich zuletzt kaum noch gute Erinnerungen bewahren hatte können. Beide seiner Hände fassten um mich, stützten ihn auf der Theke ab und meine Knie wurden wackelig. Er war so warm, so dicht und doch nicht genug. Ich sah zur Decke, atmete kurz und zittrig. Meine rechte Hand zog es zu seiner Brust und ich fühlte wie auch sein Herzschlag sich erhöhte. Kakashis Lippen wanderten, langsam, ohne Hast, meinen Hals herauf, federleicht, bis er mein Kinn erreichte, meinen Kiefer nachzeichnete. Es waren nicht mehr als angedeutete Küsse, auf meiner Wange, meiner Schläfe, meiner Stirn, und doch hatte ich das Gefühl, jeden Moment einzuknicken. Meine Hand über seinem Herz krallte sich in den Stoff seines Shirts und dabei verharrte er länger als zuvor, zog sich ein kleines Stück zurück... Ich sah ihm in die Augen, spürte Sehnsucht und Ungeduld, so roh und ungetrübt wie nie zuvor. Nichts wollte ich mehr, als ihn an mich zu ziehen, ganz gleich was vorher gewesen war und ich neigte den Kopf etwas vor, rückte näher…doch er hielt mich ab, legte einen Finger auf meine Lippen und zeichnete, als ich völlig erstarrte, ihre Konturen nach. Ich sah von seinen Augen zu seinen Lippen, zurück zu seinen Augen. Wortlos hielten wir diesen Kontakt, beide atemlos und ich wagte nicht mich zu bewegen, aus Angst damit alles zu beenden. Der Ausdruck in seinen ungleichen Augen war schwelend, ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen. Konnte er jetzt wirklich immer noch mit sich streiten, jetzt wo ich längst über den Rand war? Ich hob meine Hand, ließ sie von seiner Brust zu seinem Gesicht wandern, legte sie auf seine Wange. „Bitte…hör nicht auf…“ Es war nur ein leises Flüstern. Aber es änderte etwas in seinem Blick, schien die Waage zu kippen. Ein geschlagenes Stöhnen verließ seinen Mund, dann schloss er den Abstand zwischen uns, streifte für eine lange Sekunde meine Lippen mit seinen – und küsste mich vollends. Es war so lange her, dass ich seine Lippen gespürt hatte, so weich, so warm, aber es war schlagartig genau wie zuvor – nur noch viel intensiver, mit dem Geschmack von Wein und etwas, das ihm ganz eigen war. Ich hob meine Hände zu seinem Kopf, vergrub sie in seinen Haaren, er rückte noch näher an mich und endlich nahm er auch seine Hände von der Theke, legte eine um meine Hüfte und griff mit der anderen ebenfalls in meine Haare. Ich presste mich nahtlos an ihn, ließ mich fallen in einen Strudel von überwältigender Vergessenheit, küsste ihn zurück wie ich es zuvor sicher nie getan hatte, wie eine Ertrinkende auf der Suche nach Sauerstoff. Als ich mit den Zähnen über seine Unterlippe strich, schien er seine bisherige Beherrschtheit aufzugeben, ein rauer Ton verließ seine Kehle, dann hob er mich an, setzte mich auf die Theke und stellte sich ebenso schnell zwischen meine Beine. Sehr schnell steigerte sich das Ganze über jede Kontrolle. Ich dachte längst nicht mehr darüber nach, was ich tat, sondern fühlte, spürte Funken auf meiner Haut, dort wo er mich berührt hatte und immer noch berührte, verlor mich in dieser Leidenschaft, die Dinge in mir weckte, von denen ich geglaubt hatte, sie niemals wieder spüren zu können – als völlig unerwartet im Flur das Licht anging. Wir fuhren auseinander und bevor Naruto in die Küche kommen konnte, stand Kakashi bereits an der gegenüberliegenden Wand und musterte mich aus immer noch dunklen, feurigen Augen, außer Atem, bemüht, seine Maske wieder an Ort und Stelle zu befördern. Als Naruto auch hier die Deckenlampe einschaltete, zugegebenermaßen mit Mühe den Lichtschalter zu finden, hatte ich meine Haare notdürftig geglättet und sprang gerade von der Theke, griff nach dem Handtuch und drehte ihm die Seite zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er völlig verwirrt in der Tür stehen blieb, offenkundig desorientiert. „Naruto. Brauchst du et…“ „Hier.“ Ich schaute über meine Schulter. Kakashi hatte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank genommen, sie Naruto in die Hand gedrückt und lotste ihn dann bestimmt zurück in den Flur, auch wenn dieser offenbar kaum nachvollziehen konnte, was mit ihm geschah. „Schlaf gut, Naruto.“ Verblüfft sah ich ihnen nach, komplett überfordert mit den letzten paar Minuten und meine Fingerspitzen wanderten wie von selbst verwundert zu meinen Lippen. Als Kakashi zurückkehrte, rieb er sich den Nacken und ich ließ die Hand rasch wieder sinken. „Alles in Ordnung?“ Er blickte unter seinem Arm hervor und blieb ein paar Schritte entfernt von mir stehen. Ich brachte ein Nicken zustande. „Vielleicht…sollte ich jetzt gehen.“ Was auch immer ich wusste, das hier war sicher. Ich wollte nicht, dass er jetzt ging. Oder, dass er überhaupt jemals wieder ging. Also griff ich nach seiner Hand und schüttelte den Kopf. „Bleib.“ Nachdem er ohnehin nicht besonders ernst geklungen hatte, lächelte er, wieder so unverschämt und gleichzeitig so sanft, dass es mich erneut davonschwemmte. „Okay.“ In dieser Nacht schlief ich wieder wie auf Wolken. In tiefster Dunkelheit, die nur Ruhe und Stille mit sich brachte, umfangen von Kakashis Armen, mit meinem Rücken an seiner Brust und seinem Flüstern in meinem Ohr und dem trägen Streicheln seiner Hände über meine Arme. Verheißend. „Wenn du wüsstest, welche Vorstellungen dieses Kleid heute eröffnet hat…“ Süchtigmachend. „Kami, das hat mir gefehlt…“ Unerträglich liebevoll. „Ich liebe dich…aber das hast du die ganze Zeit gewusst, oder?“ Das hatte ich nicht. Aber es jetzt zu hören, machte alles andere wieder wett. Meine gewisperte Antwort brachte ihn zum Lachen. So glücklich und unbeschwert, wie ich mich fühlte. Nach diesem Abend ging es kontinuierlich bergauf. Kakashi verließ meine Wohnung früh am Morgen, mit der Absicht weder Naruto noch Ino, den größten Klatschtanten des Dorfes, zu begegnen und es mir zu überlassen, wann der Zeitpunkt gekommen war, um es ihnen zu erzählen. Diese Mühe hätte er sich, wie sich im Nachhinein herausstellte, sparen können, denn Ino war irgendwann verkatert in mein Schlafzimmer gekommen um mich zu nerven und hatte dabei einen gänzlich unerwarteten Blick auf seinen nackten Oberkörper erhascht. Den ganzen Morgen lag sie mir damit in den Ohren, so lange bis schließlich auch Naruto Wind davon bekam. Doch er war erstaunlich gelassen – wirklich der komplette Gegensatz von Ino. Naja. Nachdem er sich ausreichend geschüttelt hatte, weil er sich Kakashi in meinem Bett wohl etwas…zu explizit vorgestellt hatte. „Macht er dich glücklich?“ Für mich war dies in jeder Weise die entscheidendste Frage und dass Naruto sie als erste stellte…war bezeichnend dafür, was für ein guter Freund er war. Als ich nickte, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, das ansteckend war. „Du willst wirklich keinen…Jüngeren?“ „Naruto!“ „Okay, okay. Wenn du glücklich bist, bin ich es auch.“ Aww… „Aber er ist besser gut zu dir oder Sasuke und ich müssen uns den alten Mann vornehmen.“ Und damit hatte ich Narutos Segen. Wenn man denn in seinem Fall davon sprechen konnte. Ob jemand Kakashi aus meiner Wohnung hatte gehen sehen oder die Nachbarn zu neugierig waren, die Neuigkeit verbreitete sich schnell im Dorf. Entgegen aller Erwartungen wurde es jedoch nur halb so schlimm, schien uns doch jeder aus unserem Freundeskreis diese Beziehung zu gönnen. Sasuke…wurde eine ganze Zeit lang still und noch unzugänglicher als zu seinen schlechten Zeiten. Irgendwann traf ich ihn wieder allein auf dem Trainingsplatz. Und entschuldigte mich bei ihm, versuchte zu erklären. Er nahm es mit so viel Würde hin, dass es für uns beide nicht zu schmerzhaft wurde aber er sagte auch, dass er Zeit brauchen würde, um sich…an Kakashi und mich zu gewöhnen. Ich war mehr als bereit, ihm diese zu geben, wenn das unsere Freundschaft wieder zurechtrücken würde können. Es war hart, ihm so deutlich machen zu müssen, dass zwischen uns niemals wieder mehr sein würde. Aber er gab mir Hoffnung darauf, dass er darüber hinwegkommen würde und darauf setzte ich. Im Großen und Ganzen konnte ich mein Glück kaum fassen. Nach einer Woche mit Kakashi war es Gang und Gebe, dass er und ich zwischen meiner und seiner Wohnung hin und her zogen, je nachdem wo der andere sich gerade aufhielt. Mein von Tsunade verordneter Gesundheitscheck war unauffällig und damit konnte ich wieder jeden Tag trainieren um auf meinen alten Stand zurückzukommen und schon bald bekam ich kleinere Aufträge oder neuerdings auch Aufgaben im Krankenhaus. Ehe ich mich versah, war ein Monat vergangen und der Alltag hatte mich so schnell wieder eingeholt, dass ich noch immer ganz verwundert darüber war. Ich hatte mich in meiner (und zugeben auch Kakashis) Wohnung eingelebt, hatte meine Routine zurück und doch hatte Kakashi noch immer keine wirklich langen Missionen angenommen. Im Gegenteil, öfter als nicht wählte er die kurzen Tagestouren, mit einigen wenigen Ausnahmen. Dieses Mal war er erneut nicht darum herumgekommen, ein paar Tage länger wegzubleiben und ich versicherte ihm mit einem Lächeln, dass ich auch die anderen Male gut allein zurechtgekommen war, dass er sich keine Sorgen machen sollte, weil mich das in meinem Stolz kränkte. Schließlich gab er nach und ich sah mich einer Woche entgegen, die ich völlig ohne ihn gestalten konnte – oder musste, je nachdem wie man es betrachtete. Montag verbrachte ich im Krankenhaus und half Shizune bei drei Operationen. Dienstagvormittag beaufsichtigte ich auf Wunsch Tsunades eine Gruppe von Genin, die bei ihr bereits einige frühe Medical-jutsus lernten, am Abend traf ich mich mit Ino, Tenten und Hinata in unserer Stammbar. Und Mittwoch, am 7.Dezember…hatte ich meinen ersten Check des Fluchmals seit Tsunade mir erlaubt hatte, wieder zu trainieren. Ich kannte den Spezialisten nicht, der es sich ansah und ich verstand nur die Hälfte von dem, was er einem Assistenten diktierte. Das war Neuland für mich, für gewöhnlich konnte ich mir einen Großteil der Beobachtungen aufgrund meiner Vorkenntnisse erschließen. Die Forschungen, die dieser Medic-Nin zusammen mit einem Spezialteam seit geraumer Zeit dazu betrieb, waren jedoch noch nirgends publiziert worden, in Anbetracht ihrer Alleinstellung in diesem Gebiet der Fluchmale. Er teilte mir kaum etwas davon direkt mit, fertigte mich mit der Begründung ab, dass sie all die Ergebnisse erst mit ihren weiteren Untersuchungen abgleichen konnten, wenn sie noch mehr Informationen eingeholt hatten. Man fotografierte meinen Arm, entnahm noch einmal eine Probe und zuletzt versuchten der Medic und ein Kollege ein Siegel darauf anzuwenden, das unheimlich schmerzhaft war und zu nichts führte, als dass das sonst nachtschwarze Mal für einige Minuten in einem wütenden Rot glühte, ehe es langsam zu seiner Ursprungsform zurückkehrte. 3) Together we will live forever (in Anlehnung an Kapitel 78) http://www.youtube.com/watch?v=jZW4PCaxGS8 Beide schüttelten den Kopf, enttäuscht und tief in Gedanken versunken. Immer noch ohne eine Idee, wie ich dieses Abschiedsgeschenk von Itachi loswerden konnte. Und gleichzeitig bildete ich mir ein, zu sehen wie viel wissenschaftliches Interesse sie für dieses Fluchmal aufbrachten, wie ich daneben verblasste und ihr Fokus nur auf diesem grauenhaften Gebilde lag. Dann entließen sie mich und ich verließ das Krankenhaus in düsterer Stimmung, passend zum bedeckten Himmel, und schlich wie ein Schatten zurück zu Kakashis Wohnung, in der ich diese Woche bleiben wollte um auf ihn zu warten. Dort angekommen, kochte ich mir einen Tee, verlor jedoch nach dem ersten Nippen die Lust daran und ließ ihn in der Küche stehen. Mit gerunzelter Stirn fuhr ich mir über den Arm, der immer noch etwas brannte und schaute unter meinen Ärmel. Das grimmige Rot hatte sich komplett zurückgezogen, dafür war die Haut darum herum warm und sensibel. Ich fühlte mich schlapp und wund, ich vermisste Kakashi – und das erst nach vier Tagen. Mit einem müden Seufzen ging ich ins Schlafzimmer, zog mir etwas Bequemeres an und ließ mich auf das Bett fallen, atmete tief seinen Geruch ein. Dann griff ich nach dem Buch über Siegel vom Nachttisch, das ich mir erst vor ein paar Tagen geliehen hatte. Ich war nicht richtig dabei, als ich darin blätterte, blickte immer mal wieder nach draußen zum unheilverkündenden Himmel. Irgendwann wurden meine Augenlider schwer. Und schließlich schlief ich darüber ein. Ich erwachte aus wilden Albträumen zu einem unregelmäßigen, aufgebrachten Tropfen gegen die Fensterscheiben und fuhr hoch. Mein Herz schlug mir noch bis zum Hals und ich brauchte ein paar Sekunden um meine hektische Atmung zu beruhigen und die Schatten der Träume abzuschütteln, erst dann konnte ich der Ursache des Geräuschs nachgehen, musste jedoch nicht lange suchen – das Zimmer war so dunkel, als wäre es bereits spät in der Nacht und nicht erst früher Abend, wie der Wecker verkündete, die Fenster waren gesprenkelt mit Regentropfen und immer wieder peitschte der aufgezogene Wind noch mehr davon gegen die Scheiben. Mit einem zittrigen Seufzen fuhr ich mir über die Stirn und strich mir die Haare aus dem Gesicht, dann schälte ich mich aus der Decke und schwang meine Beine aus dem Bett. Für einen Augenblick lauschte ich, doch die Wohnung war still und verlassen, Kakashi war nicht wundersamerweise wieder zurück. Ich fühlte mich älter als ich tatsächlich war, als ich mich dazu durchrang, aufzustehen und mir einen alten Pullover überzuziehen, in die Küche zu gehen und ein Glas mit Leitungswasser zu füllen. Schwer ließ ich mich auf einen Stuhl fallen und stellte das Glas auf dem Tisch ab, erschöpft von nicht mehr als ein paar Albträumen, die ich nicht mehr aufrufen konnte und die dennoch ein schales Gefühl hinterlassen hatten. Ich hatte eine Weile keine mehr gehabt, die mich so schwach und erschüttert zurückgelassen hatten. Die Folgen waren musterhaft: Ich fühlte mich weder ausgeschlafen noch besonders erholt. In einem Versuch, mich zusammenzureißen, kniff ich die Augen zusammen, rieb mir über die Lider und atmete aus, dann griff ich nach dem Wasser, trank ein paar Schlucke und stellte mich ans Fenster. Die Straße vor dem Haus war nahezu verlassen, nur ein paar wenige Leute gingen geduckt an den Hauswänden entlang, zogen ihre Kragen hoch oder Kapuzen über den Kopf. Hier und da zog ein Regenschirm vorbei, dann war die Straße wieder leer und so wie der Regen stärker wurde, würde sie das vermutlich eine Weile bleiben. Ich kehrte zurück zu meinem Stuhl, setzte mich und zog die Beine an, starrte gedankenverloren auf die Tischplatte, dann hinaus zum Himmel. Alles war grau in grau, der ganze Himmel voller trister Wolken. Das Dorf sah aus wie unter einer riesigen Glasglocke, eingehüllt in trübe Watte, durchbrochen von dem Wolkenbruch, der sich über Konoha hielt wie ein dunkles Omen. Solche Stürme waren eher unüblich für diese Gegend aber gerade jetzt im Winter musste man auch hier damit rechnen. Das letzte Mal, dass ich so viel Regen auf einmal gesehen hatte, war einige Monate her, doch dieser Anblick…ließ es wirken wie nicht mehr als ein paar Tage. Nicht mehr als ein paar Stunden. Ein Frösteln schlich sich meine nackten Beine hinauf und ich zog meine 3/4 Hose länger und den Pullover darüber, aber es war nicht genug. Gegen diese Erinnerungen war jeder Schutzwall zu niedrig. Dieser eine Tag holte mich wieder ein, schleichend, bis ich erneut den Regen fühlte, die Kälte, die sich bis in die Knochen legte. Verschluckt wurde von der Sorge. Der Angst. Den Schmerzen. Ich atmete tief durch – nicht gewillt, die Bilder weiter zuzulassen aber dieser Widerstand war von Anfang an dem Untergang geweiht. Der Regen prasselte lauter aufs Dach, gegen das Küchenfenster und ich glaubte, ihn förmlich auf der Haut spüren zu können, genau wie damals, so kalt und so stechend fraß er sich in jede Pore meines Körpers, bis in mein Innerstes. Ich verschränkte die Arme und krallte die Hände in meine Oberarme, um mich zurück zu holen, in mein Hier und Jetzt, fort von der düsteren Vergangenheit, und in dem Versuch stieß ich das Wasserglas vom Tisch. Ich griff danach aber ich reagierte nicht schnell genug und das Glas stürzte auf den Boden und zerbrach in etliche kleine Scherben, die sich in der ganzen Küche verteilten, unter den Tisch rutschten, hinter die Tür und unter die Ablagen. Das noch nahezu unberührte Wasser verteilte sich in trägen Rinnsalen im Muster der Fliesen. Für ein paar Augenblicke war das Hier und Jetzt wieder zurück. Ich fluchte leise und machte ein paar fahrige Schritte um in ein paar Schuhe zu schlüpfen und trat prompt in eine Scherbe, die sich tief in meinen Fuß bohrte. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut tastete ich danach und zog sie mit zusammengebissenen Zähnen wieder heraus, ehe ich sie so brutal und so wütend auf den Boden schleuderte, dass es mich selbst überraschte. Ich sah wild umher und griff nach dem Handtuch neben der Spüle, ging in die Hocke und wischte aufgebracht die Scherben und das Wasser um meine Füße zusammen, dann hockte ich mich an die freigeräumte Stelle und machte mich grob daran, alle weiteren Scherben und Wasserlachen einzufangen. Abwesend pustete ich mir einige verirrte Haarsträhnen aus der Stirn und beugte mich vor, um ein paar Bluttropfen von den weißen Fliesen aufzunehmen, was jedoch meine Ärmel so weit herunterrutschen ließ, dass sie nass geworden wären. Ich setzte mich zurück auf meine Unterschenkel und machte mich daran, sie umständlich über meine Ellenbogen zu schieben. Mein Blick blieb daran hängen. Das Handtuch landete mit einem klatschenden Laut wie vergessen auf dem Boden und ich starrte auf den Arm und meinen größten Makel. Das Fluchmal hatte sich in all der Zeit, die ich es hatte, wirklich nicht viel verändert. Es war wie ein Tattoo, etwas gereifter. Festgelegter. Zuvor hatte ich immer das Gefühl gehabt, es verändere von Zeit zu Zeit seine Form, seine Umrisse. Jetzt waren die Konturen schärfer und seit diesem Nachmittag wirkten sie aggressiver, ausschweifend in ihren langen Zacken, beinah wie Dornen. Ich saß eine Weile so, lauschte wie hypnotisiert dem Regen, fuhr mit der linken Hand, mit Abscheu, die Linien entlang. Es fühlte sich schmutzig an. Die Farbe musste bis tief in meine Haut eingedrungen sein, um so deutlich hervorzustechen. Zwei Monate. Zwei Monate waren seit dem Tag vergangen, an dem das Mal sich gebildet hatte und keine Spezialisten, keine neuen Techniken, nichts hatte etwas daran ändern können. Gar nichts. Der wütende Aufschrei, der die kleine Küche erfüllte, konnte nicht mein eigener sein, so roh und anders als ich. Die Frau, die aufsprang und zur Spüle stolperte, unbedacht, ohne Aufmerksamkeit für die restlichen Scherben zu ihren Füßen, die den Arm unter kaltes Wasser hielt, die es besser wusste und doch darauf hoffte, es abwaschen zu können – das konnte nicht ich sein. Der aggressiv pochende Herzschlag, das abgehackte Atmen – nicht meins. Die Hand, die in einem Anfall schierer Verzweiflung blindlings nach dem nächstbesten Gegenstand griff, den sie finden konnte, einem alten Topfreiniger, und damit über den Unterarm fuhr – nicht meine. Ich konnte mich unmöglich in dem Menschen wiederfinden, der alles versuchte, alles, Spülmittel, Alkohol, Chakra, bis die eigene Umgebung hinter einer festen nebligen Wand verschwand und dieser Mensch nicht mehr wusste, was er tat. Das war nicht ich. Aber warum…fand ich mich dann wieder, zitternd, wimmernd, mit nassen Wangen und angewidert von mir selbst? Mit einem dumpfen Schmerz in meinem Unterarm? Die Erkenntnis, dass ich sehr wohl all das war, sein musste, und dass dies mein Werk war, sickerte schließlich doch wieder zu mir durch. Und als ich sah was ich angerichtet hatte, wurde mir schlecht. Ich schwankte, einen Moment überwältigt und suchte Halt an der Theke. Das Becken war mit Blut gesprenkelt und mein Arm eine einzige große Wunde. Nie – nie hätte ich mir so etwas zugetraut. Niemals. Ich nahm mir nicht die Zeit um nachzusehen, ob dieser Wahnsinn irgendetwas genutzt hatte, mein Verstand war zurückgekehrt und traf mich mit solcher Wucht, dass ich unter bitteren Tränen das Blut wegwischte und im Abfluss verschwinden ließ. Kaum in der Lage, mich aufrecht zu halten unter dem Gewicht meiner Tat. Ich spülte meinen Arm ab und wickelte ihn in Bandagen, ohne Behandlung und ohne ihn noch einmal genauer anzusehen. Es war ohnehin nicht viel zu erkennen, ich hatte ganze Arbeit geleistet. Beinah gespenstisch ruhig und wieder vollkommen klar wischte ich den Boden und entfernte die letzten Scherben, dann saß ich tatenlos auf den Küchenfliesen. Betäubt drehte ich meine Füße und fand auch sie blutig vor, weil ich in Scherben getreten war, die ich nicht einmal wirklich wahrgenommen hatte. Mit ein paar Küchentüchern tupfte ich das Blut ab, entfernte konzentriert und dankbar für jede klare, einfache Ablenkung jeden einzelnen kleinen Glassplitter und heilte die schmalen Schnitte dann mit ein paar Funken Chakra. Danach hatte ich keine Aufgabe mehr. Ich hatte frei, keine Botengänge, keine Missionen, keinen Papierkram. Ebenso wenig war Kakashi von seiner Mission zurück, meine Eltern wieder Zuhause oder Naruto im Dorf, noch hatte ich ein Treffen mit Ino oder irgendeiner Menschenseele sonst auf dieser Welt geplant. Mir fiel die Decke auf den Kopf und doch hatte ich keinen Grund die Wohnung zu verlassen. Aber…dies war nicht meine Wohnung…es gab immer noch einen Ort, nur für mich, zu dem ich gehen konnte. Nüchtern rappelte ich mich auf, kehrte ins Schlafzimmer zurück und zog eine neue Jacke über die alte, sowie eine lange Hose an und schlüpfte in meine Schuhe. Mit einem letzten Blick auf die düstere Küche, schloss ich die Wohnungstür hinter mir, schloss ab und machte mich auf den Weg zu meiner eigenen Wohnung, mitten durch den sintflutartigen Regen. Begierig darauf, mich vor der Welt zu verstecken. Als mich der vertraute Geruch meiner Wohnung umfing und die Tür hinter mir zufiel, warf ich den Schlüssel auf die Kommode und ließ mich erschöpft und bis auf die Knochen durchnässt an der Tür hinab sinken, lehnte meinen Kopf zurück und schloss die Augen. Es war so hart, sich dem zu stellen, wovor ich mich so lange hatte schützen wollen. Der Regen war nicht schwächer geworden und prasselte auch hier aufs Dach aber durch die Wohnung über mir wurde sein Rauschen weitaus mehr gedämpft als in Kakashis Wohnung. Ich seufzte leise und entkräftet, zog die Beine an. Ein Frösteln lag auf meinem gesamten Körper und meine Kleidung klebte unangenehm auf der Haut aber ich war noch nicht so weit wieder aufzustehen. Tief in Gedanken, schob ich die völlig durchweichte Jacke von meinen Schultern, ließ sie auf den Boden fallen und mein Blick fiel auf mein Shirt und die Strickjacke darunter. Es war bereits dunkel und geronnen, dennoch waren beide voller Blut von meinem Arm. Ein Ärmel der Jacke sah aus, als hätte ich ihn darin getränkt. Ich ließ den Kopf mit einem dumpfen Laut zurück gegen die Tür fallen und hätte gelacht, wenn es nicht so furchtbar gewesen wäre. Wie hatte ich mich so sehr gehen lassen können? Wie hatte ich so sehr die Kontrolle verlieren können? Du hast Angst. Du fürchtest dieses Zeichen. Und das tat ich. Ich fürchtete mich so sehr, dass ich mich selbst verletzte um es loszuwerden. Aber ich hatte schon so viele Wochen gehabt um es zu überwinden, mich daran zu gewöhnen. Ich hatte angenommen, die Tatsache akzeptiert zu haben, dass kein Spezialist und kein Experte im Dorf etwas daran ändern konnte, dass dieses Fluchmal bleiben würde, denn der Hervorheber war lange tot. Und doch hatte ich etwas so naives, so selbstzerstörerisches unternommen, weil ich mich dem nicht fügen wollte, weil ich es nicht ertragen konnte. Du kannst die Vergangenheit nicht ruhen lassen. Das konnte ich offenbar nicht. Wie zum Hohn kam eine Erinnerung wieder an die Oberfläche, an das, was die Psychologin vor zwei Monaten zu mir gesagt hatte: „Du musst mit einem Rückschlag rechnen, Sakura. Selbst ein paar Monate sind nicht viel für die Verarbeitung der Erfahrungen, die du gemacht hast.“ Damit hatte sie Recht behalten. Ich raffte mich auf, ließ meinen Verstand siegen, steckte alle Klamotten in die Waschmaschine und schleppte mich zur Dusche, um die Kälte aus meinem Körper zu vertreiben und die Wahrheit zum Schweigen zu bringen. Es half nicht, sie zu Ende zu denken, es kam immer dasselbe dabei heraus. Ich hatte nicht mit der Vergangenheit, mit Itachi, abgeschlossen und ich hatte es nicht geschafft, darüber hinwegzukommen. Ob ich jemals dazu in der Lage sein würde, stand in den Sternen. In diesem Moment jedenfalls, fühlte es sich an, als ob der Tag an dem ich wieder ich selbst sein, an dem ich wieder glücklich sein konnte, in unerreichbarer Ferne lag. Als ob die letzten acht Wochen nur ein mattes Abbild dessen waren, für das ich sie gehalten hatte. Die Dusche war die richtige Entscheidung gewesen, wenn das Wasser auch höllisch auf meinem Arm brannte und schmerzte. Ich hatte den Verband umgelassen und konnte nicht mehr sagen, wie lange ich darunter gestanden hatte, als ich herauskam, mich abtrocknete und, in ein großes Badetuch gewickelt, die nötigen Verbandsmittel zusammensuchte. Mit allem zusammen, setzte ich mich im Schlafzimmer aufs Bett und löste mit vorsichtigen, klinischen Bewegungen den alten, durchnässten Verband, all das unter dem weicher gewordenen Rieseln des andauernden Regens auf dem Dach. Die Haut darunter gab mir nicht viel Aufschluss darüber, ob ich irgendetwas erreicht hatte, dafür war zu viel kaputt und blutig. Die Größe der Verletzung jagte mir erneut Schauer über den Rücken, doch ich machte mich daran, die Wunde auszuwaschen, zu desinfizieren und schließlich mit Chakra zu heilen. Meine Finger waren kühl und fühlten sich beruhigend auf der geschundenen Haut an, doch es dauerte etwas länger als sonst, beinah so als ob das Fluchmal mit all seiner Schwärze und in all seiner Unwillkommenheit den Heilungsprozess verlangsamte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich tastete und nicht hinsah, sondern mit leerem Blick geradeaus schaute, bis der Schaden eingedämmt und der frische Verband neu darum gebunden war. Ich hatte nicht alles gänzlich heilen können, das wusste ich auch so bereits. Es würden Narben bleiben, um das zu verhindern hätte ich sofort handeln müssen und selbst dann wäre nichts garantiert gewesen. In diesem Augenblick konnte ich dafür jedoch nur wenig Interesse aufbringen. Ich fühlte mich taub und hohl und die Tatsache, dass ich jetzt meine ersehnte Einsamkeit bekommen hatte, war nicht mehr erleichternd, sondern beklemmend. Ob Kakashi bereits zurück war? Und seine Wohnung leer und überhastet verlassen vorgefunden hatte? Mein Arm pochte dumpf, meine Beine waren schwer. Ich konnte nicht ewig hier sitzen, in der aufgezogenen Dunkelheit und schon wieder fröstelnd. Also griff ich zur Seite und knipste die Nachttischlampe an, die den Raum schlagartig in warmes Licht tauchte. Ich nahm mir einen Moment um dieses Bild aufzunehmen, mein sorgfältig eingerichtetes Schlafzimmer, in Cremetönen gestrichen, mit hellen Holzmöbeln, Regalen voller Bücher und grüner Bettwäsche, mit Pflanzen, die wenig Wasser brauchten, und Bilderrahmen, die allesamt meine Eltern und meine Freunde zeigten. Mit einem tiefen Ausatmen richtete ich mich schließlich auf und räumte meinen Arzneikasten wieder zusammen, in aller Ruhe, gründlich, ohne Hast. Ich stellte ihn zurück an seinen Platz im Regal und blieb dabei mit dem Blick an einem speziellen Foto hängen. Ich nahm es in die Hand und fuhr mit einem Zipfel des Badetuchs über das leicht verstaubte Glas. Dieses Bild war anders als die anderen, es hatte keinen fröhlichen Anlass, es gab darauf keine lachenden Gesichter und keine hübschen Gegenstände. Es war ein Bild von Kakashi, Sasuke, Naruto und mir, in derselben Konstellation wie auf unserem ersten Teamfoto, vor so vielen Jahren, aber mit einer anderen Aufstellung. Aufgenommen wurde es auf der Verlesung von Itachis Tod, in Anwesenheit aller Dorfbewohner, die kommen wollten, der Alten und Jungen, direkt nachdem Tsunade den wesentlichen Tathergang öffentlich beschrieben hatte. Wir vier – und nicht nur wir – trugen schwarz. Nicht, weil es uns vorgeschrieben worden war, aber weil wir es so wollten, aus so vielen Gründen aber offiziell mitunter deshalb weil wir einige Kameraden durch ihn verloren hatten und – weil er Sasukes Bruder gewesen war. Viele Anwohner standen in kleinen Gruppen zusammen, leise miteinander redend, andere führten laute Diskussionen, erzählten ihre eigenen Erinnerungen an den Mann, der einst einer von uns gewesen war. Die vier von uns hatten sich an den Rand zurückgezogen und dort schweigend verharrt. Ich hatte längst in Betracht gezogen zu gehen und auch vor und während der Verlesung immer wieder mit dem Gedanken gespielt, überhaupt nicht zu kommen. Und doch war ich dort. So wie auch die anderen drei. So wie auch Ino. Meine Eltern. Unsere Freunde. Als Takinato-san, der schon von jeher Fotos für Zeitungen und die Archive aufgenommen hatte, in unsere Richtung kam, machte ich bereits ein paar Schritte zur Flucht. Und doch war es Sasuke, der mich gebeten hatte, zu bleiben. Sasuke, der uns gebeten hatte, dieses Foto aufnehmen zu lassen. Und wir taten ihm den Gefallen, gleichwohl verblüfft aber gewillt, ihm diese Bitte zu erfüllen. Er hatte jedem von uns einen Abzug zukommen lassen und ich war mir sicher, dass wie auch ich, jeder von ihnen es aufbewahrte, ob nun immer sichtbar oder nicht, aber doch als Erinnerung, als Mahnung, als Beweis auf dem wir direkt in die Kamera sahen, hart und ernst und jeder mit den Armen über den Schultern des Nachbarn. Es war der Schluss eines Kapitels, das erste Bild von uns, das wieder aussah wie ein Teamfoto, seit Sasuke vor vielen Jahren Konoha verlassen hatte – und damit auch wie der letzte Strich zu einem Kreis. Wenn ich diesen Schlussstrich nur auch hätte ziehen können. Ich stellte den Rahmen zurück und brachte das Badetuch ins Badezimmer, zog mir Unterwäsche, eine lange Hose und ein Shirt über, suchte mir ein paar dicke Socken heraus und dann nach einem dicken Pullover, der den Verband verbergen konnte. Ich schlüpfte gerade in die Ärmel, als ich Chakra vor der Haustür wahrnahm und mit einem Blick über die Schulter bereits spürte, dass es Kakashi war. Ich hörte, wie er den Schlüssel im Schloss umdrehte und beeilte mich, den Pullover über den Kopf und die Ärmel lang zu ziehen, als sein vertrauter Silberschopf schon im Türrahmen erschien. Mit einem halben Lächeln, das ehrlich war und sich doch etwas gezwungen anfühlte, drehte ich mich zu ihm um. „Das ging schnell.“ Die Erleichterung, ihn so unvermittelt hier zu haben, war überdeckt von meinem Gewissen. Er schloss die Tür mit dem Fuß, ohne sich zu ihr umzudrehen und fing mich sofort mit seinem Blick, ernster als erwartet, vielleicht sogar düster in einer Erwartung, die sich erst noch bestätigen oder widerlegen würde. Mit wenig Interesse zog er seine Maske herab, streifte seine Stiefel ab, die matschig und triefend nass waren, beugte sich herunter und hob etwas auf, das ich besorgt als meine dort abgelegte durchweichte Jacke erkannte, bevor er zu mir ins Schlafzimmer kam, mit raschen Schritten, während derer ich gerade bemerken konnte, dass er selbst dreckverkrustet und ebenfalls völlig durchnässt war. Seine Haare hingen ihm tief ins Gesicht und ließen ein paar Tropfen an seinem Gesicht herabperlen, seine schwarze Kleidung klebte ihm auf der Haut. „Sakura.“ Seine Stimme war warm, rau und etwas belegt, als ob er etwas länger schon nicht mehr gesprochen hätte. Fragend hielt er die Jacke hoch. Ich nickte zum Bad. Halbherzig warf er sie um die Ecke und kam dann zu mir zurück, deutlich aufmerksamer als erwartet und immer noch sehr ernst. Ich runzelte besorgt die Stirn. „Stimmt etwas n…?“ „Du bist verletzt?“ Für einen Moment hatte ich keine Ahnung, woher er das wusste und starrte ihn dementsprechend verblüfft an. Dann dämmerte mir, dass ich bei all dem, was ich getan hatte um diese Sache zu vertuschen, nicht berücksichtigt hatte, dass Kakashi einen unvergleichlichen Geruchssinn besaß. Sein sorgenvoller Blick brannte Löcher in mich und es fiel mir schwer, genau diesem Blick nicht auszuweichen. Heiße Scham und Abscheu drohten mich erneut zu überrollen. Er würde mich nie wieder allein lassen, wenn ich ihm die Wahrheit sagte, er hätte keine ruhige Minute mehr. Es könnte ihn selbst in Gefahr bringen, wenn er sich zu sehr sorgte. Ich hatte keine Zeit um mir eine plausible Lüge auszudenken, also hoffte ich sehnlichst, dass ich meinen alarmierten Ausdruck gut genug verstecken konnte, hob langsam meinen rechten Ärmel und zeigte ihm einen Teil des Verbands. Sein Blick fiel darauf, nahezu…misstrauisch. Er wusste genau, dass sich das Fluchmal an dieser Stelle befand. Aber er vertraute mir – und das nutzte ich aus… Ich zuckte mit den Achseln, als hätte ich die Verletzung soeben erst selbst bemerkt und versuchte mir einzureden, dass es gut war, wenn er es jetzt schon sah. Ich ließ den Ärmel wieder fallen, nahezu sicher, dass er mir nicht mehr glauben würde, wenn er noch länger darüber nachdachte. Den Verband hätte ich ohnehin nicht lange vor ihm verbergen können und so…konnte es jede beliebige Verletzung sein, die ich, die jeder Ninja sich hin und wieder zuzog. „Ich habe mich geschnitten. Die Genin wollten unbedingt sehen, wie das Heilen von menschlichen Verletzungen funktioniert und ich hatte keine Patienten als Anschauungsmaterial da, also…“ Sein Blick zuckte zurück zu meinen Augen und ich kämpfte, um ihn zu halten. Einen Moment herrschte Schweigen – dann schloss Kakashi den Abstand zwischen uns, blieb vor mir stehen und hob sanft meinen Arm an. Ich hielt die Luft an, als er forschend über den Ärmel über dem Verband strich, kopfschüttelnd aber ohne mich daran zu erinnern, wie wenig er von diesen Aktionen hielt. Die besagten Genin waren keine Lüge. Aber der Rest… Ich schluckte, die trügerischen Worte noch immer wie bittere Galle auf der Zunge. Kakashi fuhr noch einmal zärtlich über den Verband, dann zog er seine Hände zurück. Rücksichtsvoll sah er davon ab, mich in den Arm zu nehmen und so wie sich selbst durchzuweichen, stattdessen nahm er unvorhersehbar mein Gesicht in beide Hände und sah mir einen langen Moment in die Augen, sein eigenes tiefschwarz und funkelnd. Ich neigte den Kopf, so weit er mich ließ, und lächelte hintergründig. „Kakashi. Deine Hände sind eiskalt.“ Erstmals wurde sein Ausdruck weicher, er suchte mein Gesicht ab, nach was auch immer, löste seine Hände bis nur noch seine Fingerspitzen auf meinen Wangen lagen und hob einen Mundwinkel. „Hattest du nicht gesagt, du wolltest bei mir warten?“ Ich nickte, immer noch eingeschränkt. Konnte er wissen, wie sehr ich ihn vermisst hatte? Und…konnte er ahnen, was wirklich mit meinem Arm passiert war? Glaubte er mir? „Warum bist du bei diesem Wetter hergekommen?“ Kakashi war unheimlich schwer zu täuschen und ich tat es nicht gern gewollt. Aber ihm davon zu erzählen würde auch bedeuten…sich dem auszusetzen, wieder und wieder, egal in welcher Form. Und dem fühlte ich mich schlicht nicht gewachsen. Ich überbrückte den kurzen Abstand zwischen uns und streifte seine Lippen mit meinen, in nicht mehr als der Andeutung eines Willkommenskusses, doch er verharrte nur einen Moment, noch immer auf eine Antwort wartend, ehe er sich darin verwickeln ließ und nachgab. Hungrig kam er mir entgegen, hungrig vergrub ich meine Hände in seinen Haaren, nur um nach einem kurzen Augenblick das Gesicht zu verziehen und mich von ihm zu lösen. Ich schüttelte ganze Wassermassen von meinen Händen und wischte mir mit dem Handrücken über meine nassen Wangen. „Du bist mehr flüssig als fest. Was hältst du von einer Dusche, Hatake?“ Dieses Mal bekam ich ein richtiges Lächeln, etwas atemlos, aber sehr vielsagend. Sein Auge glitzerte verheißungsvoll. Und als ich mich daran machen wollte, den Reißverschluss seiner Weste zu öffnen, wusste er das zu verhindern indem er nach meinen Armen griff und meine Hände geradezu in seinen Haaren vergrub. „Ugh! Igitt!“ Ich wand mich, lachend und angeekelt zugleich, bis er versehentlich die bandagierte Stelle meines Unterarms drückte und das alles durch ein schmerzerfülltes Zischen von mir abgebrochen wurde. Er ließ mich augenblicklich los und ich barg meinen Arm an der Brust, wartete angespannt, bis der Schmerz etwas nachließ. Dann sah ich wieder auf. In seinen Augen standen Zweifel, Zweifel darüber, dass ich eine leichte Schnittverletzung nicht vollkommen hatte heilen können, darüber, dass es mir so weh tun würde. „Schon okay. Die Stelle war einfach etwas ungünstig.“ Er beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn. „Entschuldige, Sakura.“ Ich winkte ab und bemühte mich um einen unverfänglicheren Ton. „Wie war deine Mission?“ Kakashi lachte leise auf zog sich das Hitai-ate aus den Haaren. Während er es auf die Kommode legte und seine Weste öffnete, musste ich mich setzen. „Kurz. Und vor allem einfacher als erwartet, die Gegenpartei hat weit weniger Probleme gemacht, als Shikamaru es in seinem Plan für jedwede Katastrophe eingeplant hat. Ehrlich gesagt, haben wir keine seiner Lösungen anwenden müssen.“ Er zuckte mit den Schultern und lächelte, zog seine Weste aus und ließ sich neben mir auf das Bett sinken. „Also Sakura, warum bist du nicht bei mir geblieben?“ Er beugte sich über seine Beine, löste seine Kunaitaschen und sah deshalb nicht, wie ich mir auf die Lippe biss. Hartnäckig, wie immer. Und war es nicht sein gutes Recht? „Es war einsam dort…“, begann ich langsam und suchte nach Worten. „Ohne dich ist die Wohnung einfach so groß.“ Ich endete mit einem entschuldigenden Grinsen. „Du hättest dir wirklich etwas Kleineres suchen können, als du dich endlich entschieden hast deine alte Bruchbude der Gesundheitsinspektion zu überlassen. Meine Wohnung ist nicht einmal halb so groß wie dein Palast.“ Er schüttelte lächelnd den Kopf und stand auf, legte seine Ausrüstung ebenfalls auf die Kommode und ging in den Flur um seine Weste zum Trocken aufzuhängen. „Wenn du nichts dagegen hast, ich ziehe deinen Schuhkarton auch immer noch dem Palast vor, solange du hier bist.“, hörte ich ihn gedämpft antworten. „Weißt du, ich glaube nicht, dass es Sinn macht die Weste zu trocken. Du solltest gleich damit anfangen, den Dreck abzumeißeln.“, rief ich ihm hinterher – und wünschte, dieses Gespräch wäre wirklich so sorgenfrei und nicht unter dem Schatten meiner Tat. Kakashi kam noch einmal zurück und beugte sich zu mir herab um mir in die Augen zu sehen. „Du hast mir gefehlt.“, flüsterte er gegen meinen Mund, mit seinem hinreißendsten Lächeln. „Du hast mir auch gefehlt…“, erwiderte ich tonlos. Das Gefühl seiner Lippen auf meinen war beruhigend, gab mir eine so ersehnte Sicherheit, dass es mich umso mehr bedrückte. Wie hatte ich so etwas tun können, wenn er doch an meiner Seite war? Wenn alles gut war? Ich lehnte mich vor und schlang meine Arme um seinen Nacken um ihn näher zu ziehen, um diese Fragen auszublenden. Aber der stechende Schmerz in meinem Unterarm holte mich erneut in die Realität zurück und ich ließ die Arme wieder sinken, langsam und bedauernd. Kakashis klugen Augen entging nichts, auch dann nicht, als ich nicht einmal einen Schmerzenslaut von mir gab. Es war, als ob er es spürte. Er hob meinen rechten Arm zu seinem Mund und setzte einen Kuss darauf, beobachtete mich mit so viel Aufmerksamkeit, dass ich fürchtete er würde mich bald durchschauen. Ich riss mich zusammen und wagte – mit einem Blick auf seine immer noch triefenden Haare – ein Lächeln. „Also. Wie war das mit der Dusche? Du bist unerträglich, wenn du erkältet bist und ich werde nicht deine Hausärztin spielen.“ Und so einfach waren sein Blick und sein Lächeln voller zweideutiger Anspielungen, die mich belustigt den Kopf schütteln ließen. „Ich denke, du bist mittlerweile so durchnässt, dass du auch eine Dusche nötig hast.“ Ich hob beide Augenbrauen. „Ich denke, dieses Mal hast du diese Dusche nötig und zwar wirklich, ohne jedwede…Ablenkung. Außerdem habe ich gerade geduscht, ein anderes Mal, Kakashi.“ Er zwinkerte mir vielsagend zu, mit der unausgesprochenen Aussage, dass dies ganz klar mein Verlust war, bevor er im Badezimmer verschwand und kurz darauf das Rauschen der Dusche erklang. Erschöpft ließ ich mich nach hinten zurück auf das Bett fallen. Es war so schwer, etwas vor ihm zu verheimlichen…und ich hasste es beinah so sehr, wie ich mich für das hasste, was ich getan hatte. Noch immer zogen wir zwischen unseren Wohnungen hin und her und Kakashi hatte mehr als einmal deutlich gemacht, wie gern er mich vollkommen bei ihm einziehen lassen wollte. Ich hätte nur zu gern zugestimmt aber gerade jetzt wurde mir wieder klar, dass es schon schwer genug war Geheimnisse vor jemandem zu haben, der mich so gut kannte und in vielen Menschen wie in einem offenen Buch lesen konnte. Wenn ich nur in seiner Wohnung hätte bleiben können…wie hätte ich so tun sollen, als wäre alles normal? Und doch…war es nicht schon schädlich für eine Beziehung, überhaupt über diese Vorkehrungen für Geheimnisse nachzudenken? Ich starrte an die weiße Zimmerdecke und legte die Hände über die Augen, das laufende Wasser im Bad wurde zu einem angenehmen Hintergrundgeräusch. Wenn ich ihm davon erzählen würde…würde das helfen? Würde es etwas ändern oder würde es alles nur noch schlimmer machen? Das Klingeln des Telefons riss mich aus meiner Grübelei und ich verzog das Gesicht, als ich den rechten Arm benutzte um mich aufzusetzen und nach dem Hörer zu greifen. „Sakura Haruno.“ Meine Stimme hörte sich etwas kratzig an und ich räusperte mich. „Schatz?“ „Mama.“ „Oh, endlich erwische ich dich mal wieder Zuhause! Wo warst du die letzten Tage? Du hast gar nichts von einer Mission erzählt, ich habe mir Sorgen gemacht…“ Ich pustete ein paar Haare aus meiner Stirn und kaute nervös auf meiner Unterlippe. Immer war sie besorgt um mich und das obwohl ich nun schon eine Weile nicht mehr bei ihr und meinem Vater wohnte… Die kurze Stille machte sie sofort wieder nervös. „Ist etwas passiert?“, erklang ihre etwas zu hohe Stimme hastig und ich beeilte mich, sie zu beruhigen. „Nein Mama, es ist alles in Ordnung. Ich war seit dem Wochenende bei Kakashi.“ Konnte sie mir die Lüge anhören? Mir schnürte sie beinah die Kehle zu. „Oh na dann…“ Die Stille, die folgte war überhaupt nicht mehr besorgt, sondern ziemlich…eisig. Ich atmete aus, erleichtert und gleichzeitig ein bisschen entnervt. „Mama…“ Ich seufzte hörbar und vernahm ihr missbilligendes Schnauben. Sie gab sich Mühe, es zu verbergen aber die meiste Zeit wurde noch immer sehr deutlich, was sie davon hielt, dass ich mit meinem ehemaligen Sensei zusammen war, den sie doch immer für so einen anständigen Mann gehalten hatte…und so weiter und so fort… „Die meiste Zeit war er gar nicht da, vor drei Tagen ist er zu einer neuen Mission aufgebrochen, die Tsunade mitten in der Nacht verteilt hat. Darum war ich allein und bin zurück in meine Wohnung gekommen.“ Und Kakashi war gerade dazu gestoßen. Das behielt ich vielleicht besser für mich. „Schätzchen, du hättest doch ruhig zu uns kommen können.“ Sie klang augenblicklich wieder warm und herzlich wie ich sie kannte, denn wann immer ich erwähnte, dass Kakashi wichtige Missionen beinah ständig zugeteilt bekam und er dadurch viele Tage und manchmal Wochen fort war, kehrte ihr mütterliches Wesen zurück. Ich verdrehte die Augen. „Ich mag meine Wohnung. Und ihr seid in Suna.“, erwiderte ich schlicht. „Du warst so lange nicht mehr bei uns…“, überging sie diese wichtige Tatsache einfach. „Ich arbeite, Mutter! Kami sei Dank kann ich das endlich wieder. Ich bin doch ohnehin kaum Zuhause.“ „Eben. Lass dich endlich mal wieder bei deinen armen Eltern sehen.“ „Du und Papa sind mindestens so oft weg wie ich es bin, Mama.“ Dieses Mal folgte ein betretenes Schweigen, denn diesen Punkt musste sie mir lassen. Sie beschloss also das Thema zu wechseln und überging meinen kleinen Vorwurf. Ich rieb mir mit einer Hand über die Augen. Die beiden arbeiteten einfach zu viel. „Also, wie geht es…Kakashi?“ Ich musste mein Lachen hinter einem Räuspern verbergen und ließ die Hand wieder sinken. Wie schwer es ihr noch immer viel, ihn einfach Kakashi zu nennen! „Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, ging es ihm sehr gut, nett von dir, dass du fragst.“ Sie hüstelte leise. „Und was machst du, mein Schatz? Nimmst du endlich mal ein paar Tage frei vom Krankenhaus? Den Genin?“ „Ja natürlich, Mama, immer doch.“ „Du sollst dich nicht ständig überarbeiten!“ Ich drehte das Telefonkabel um meine Finger. „Mache ich nicht. Sag du mir doch lieber, wie das Wetter in Suna im Moment ist.“ „Hier? Naja, ich würde sagen, windig und…sandig.“ Ich war erstaunt, dass ich ein Kichern zustande brachte und konnte das nachgiebige Lächeln auf ihrem Gesicht förmlich sehen. „Das hört sich gut an.“ „Oh naja, die Hitze ist nicht gerade angenehm.“ Eine kurze Pause. Dann, unvermittelt ernst: „Wie geht es dir, Sakura? Wie geht es dir wirklich, neben all dem was du um die Ohren hast?“ Betretene Stille. Mit bewusst kontrollierten Händen ließ ich das Kabel los und lockerte meinen angespannten Griff um den Hörer. „Ich komme schon klar, Mama.“ Ich musste mich sehr konzentrieren, um meine Stimme ruhig und möglichst gelassen klingen zu lassen. „Schätzchen, ich wollte nicht…wir haben uns bereits eine Weile nicht gesehen. Du erzählst in letzter Zeit nicht besonders viel. Ich mache mir Sorgen um dich.“ Ich schluckte. „Ich weiß. Ich weiß, Mama, okay? Tut mir leid, dass ich dir so viel Anlass dafür gegeben habe.“ Sie atmete laut aus und ich wusste, sie war frustriert über so viel Schweigen zwischen uns. Sie wollte so oft über dieses Thema sprechen, sie war der Meinung, das wäre der beste Weg um alles zu verarbeiten. Ich hatte nie wirklich nachgegeben und außer der allgemein bekannten Version wusste auch meine Mutter nicht wirklich viel mehr von dem, was an diesem Tag wirklich geschehen war. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war es immer sie, die den Tränen nah war, wenn wir auch nur im Ansatz auf diesen Tag zu sprechen kamen. Ich hörte, wie sie tapfer versuchte, nichts dergleichen zu zeigen und sich zusammenzureißen. Mehr konnte ich nicht ertragen. „Es geht mir gut, das weißt du doch. Kakashi ist ein wirklich guter Tröster.“ Es war traurig aber es gelang mir damit quasi sofort, sie erneut aufzubringen, mit nichts weiter als seinem Namen und einer Andeutung und sie ließ das Thema entrüstet fallen. Ich hörte, wie sie nebenbei nach einem Taschentuch kramte und ihre Stimme festigte sich wieder. Auch wenn sie damit noch lange nicht nachgeben würde. „Pass auf dich auf, mein Kind. Das ist mein Ernst. Und komm uns besuchen, sobald wir wieder zurück sind.“ „Das werde ich, Mama.“ „Kakashi wird wohl kaum alleinigen Anspruch auf dich haben…wenn überhau…“ „Mama…“ „Ist ja gut. Schlaf schön, Sakura. Und…“ Sie schwieg einen Moment und ich hörte die tiefe Stimme meines Vaters aus dem Hintergrund etwas zu ihr sagen. Das Schweigen zog sich noch einen Moment hin. Und ich hatte das Gefühl, sie musste sich einen großen Ruck geben um ihren nächsten Gedanken auszusprechen. „Grüß Kakashi von deinem Vater. Und…auch von mir.“ Mein Vater lachte laut genug, dass ich ihn auch über das Telefon gut hören konnte. „Stell dich nicht immer so an, Hitomi.“ Meine Mutter schnaubte missbilligend und ich beschloss, mich wieder in das Gespräch einzuschalten. „Danke Mama. Wirklich.“ Sie murmelte etwas Unverständliches. „Er würde euch sicher zurück grüßen aber er ist gerade unter der Dusche. Ich könnte natürlich schnell rübergehen und…“ „Um Himmels willen, Sakura!“ Ich grinste vor mich hin. „Geh schlafen. Hast du auch genug gegessen?“ „Aber ja.“ „Dann lege ich jetzt auf, dein Vater will mich heute in dieses neue Restaurant ausführen, das wovon ich dir erzählt habe, du verstehst also, mehr zu deinem…Freund kann ich mir gar nicht anhören.“ Und da war mit Sicherheit kein Bedauern in ihrer Stimme. Sie klang wieder ganz wie sie selbst. „Natürlich, genießt den Abend, ihr zwei. Gib Papa einen Kuss.“ „Das mache ich, Schatz. Und du passt auf dich auf. Wirklich.“ Sie zog das Wort in die Länge und ich verzog das Gesicht in Anbetracht dessen, wie sehr ich diesen Wunsch heute missachtet hatte. „Gute Nacht, Sakura.“ „Nacht, Mama…“ Sie legte den Hörer auf, das Freizeichen ertönte und mit einem langen Seufzen ließ ich das Telefon neben dem Bett auf den Boden fallen. Das Wasser in der Dusche lief noch immer und ich legte mich zurück auf den Rücken, knipste die Lampe aus und starrte wieder an die Decke. Irgendwann zwischen dem Starren und Lauschen wurden meine Gedanken müde und bald schon verschwanden sie völlig und machten Träumen voller wirrer Schatten und Schmerzen Platz, die mich umgaben. Es war kein Geräusch, das mich weckte, viel zu selten wurde ich davon wach, denn weder Kakashi noch ich waren laut genug um den anderen damit zu wecken. Es war viel mehr ein Gefühl, das immer drängender wurde und immer mehr nach meiner Aufmerksamkeit verlangte bis ich es durch und durch spürte und wach wurde. Ich kniff die Augen zusammen und blinzelte schläfrig, als ich langsam die Umrisse in der Dunkelheit ausmachen konnte, die direkt neben mir waren. Das Gefühl der Gefahr drang nur kurz an die Oberfläche, dann erkannte ich, dass es Kakashi war, der rechts von mir auf dem Bett kniete. Ich richtete mich etwas auf und seine Konturen wurden klarer. Seine Augen ruhten wachsam auf meinem Gesicht und ich lächelte verschlafen und wollte ihn gerade zu mir heranziehen, als ich genauer hinsah, seinen Blick, seine starre Haltung bemerkte – und feststellte, dass irgendetwas gar nicht in Ordnung war. Die wohlige Wärme die mich bis eben noch umgeben hatte und damit auch mein gedämpfter Verstand verschwanden damit. „Was ist los?“ Ich setzte mich gänzlich auf und stieß ein leises Zischen aus, als ich mich dabei auf den verletzten Arm stützte. Er war überempfindlich und heiß, das Blut pochte darin und die Narben schmerzten. Mit einer bitteren Grimasse sah ich auf den Verband, dann wieder hoch. „Kakashi?“ Als ich ihm erneut in die Augen sah, stellte ich fest, dass sie beide geöffnet waren, sein normales und sein Sharingan. Ein paar Sekunden vergingen, in denen er schwieg. Dann zog ich die Verbindung. Und stand ihm nicht das Wissen ins Gesicht geschrieben? „Was hast du…? Warum…?“ Meine Stimme versagte. Ich drehte mich weg, barg den Arm an der Brust, als ob ich es damit noch vor ihm hätte verstecken können, hielt mein Handgelenk fest, als ob es mir irgendwelchen Halt hätte geben können und spürte dabei deutlich den Widerstand in meinem Arm. „Du hattest Schmerzen.“, durchbrach Kakashis leise Stimme unvermittelt die Stille. „Und du hast immer wieder deinen Arm gehalten.“ War das mein sarkastisches Auflachen? „Und du konntest mich nicht wecken?“ Ich rieb mit dem Daumen über meinen Handrücken, starrte auf den Boden. Als er nichts sagte, ließ ich die Hände sinken und blickte langsam über meine Schulter. Er kniete noch immer an derselben Stelle, hatte die Hände auf die Oberschenkel gelegt und zu Fäusten geballt. Sein Gesicht lag im Schatten. Ich hatte keine Worte um es ihm zu erklären. Ich hatte nicht damit gerechnet, es so bald tun zu müssen. „Sakura…Ich habe dein Blut in meiner Wohnung gerochen. Und hier. An deiner Jacke. Es war viel mehr als bei einer gewöhnlichen Verletzung, die du dir bereits auf dem Trainingsplatz zugezogen hättest.“ Als er eine Hand auf meinen Oberarm legte, Anstalten machte, mich herumdrehen zu wollen, machte ich mich los. Ich stand auf, ging ein paar Schritte vom Bett weg. „Jetzt nicht, Kakashi. Okay?“ Ich blickte flüchtig zu ihm, sah wieder zurück zur Wand, zum Fenster, umfasste meine Oberarme. „Jetzt nicht.“ Einen Moment war es still bis auf das leise Ticken unserer Wecker. Es war halb zwei. Die Nacht würde noch lange andauern. Hinter mir hörte ich ein leises Klicken, dann erhellte Kakashis Nachttischlampe das Schlafzimmer und ich kniff gequält die Augen zusammen. Er stand auf, kam um das Bett herum zu mir. Ich sah zur Seite. Wie genau hatte er meinen Arm angesehen? Wie viel Zeit hatte er gehabt, um mein Werk zu betrachten? „Sakura.“ Seine Stimme war weich, sanft, als ob er mit einem verschreckten Tier sprechen würde. Ich sah aus dem Augenwinkel zu ihm. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich wollte nur nachsehen, ob deine Verletzung wieder aufgebrochen ist oder…“ Seine Stimme verebbte in einem Ausatmen. „Du bist so blass, so dünn. Was ist passiert?“ Er fragte ganz ruhig, geduldig und doch mit einem Hang Traurigkeit in seiner Stimme. Ich schüttelte den Kopf und ließ ihn sinken. Als er dieses Mal seine Hand auf meinen unverletzten Arm legte, ließ ich sie dort. Ich atmete ein und wieder aus. Etwas zittrig. Ein paar Augenblicke vergingen. Und plötzlich konnte ich es nicht mehr aushalten, die Erinnerung allein zu tragen. „Ich…der Regen…und diese Medics im Krankenhaus…es hat mich eingeholt…ich konnte nicht…ich wollte nicht…“ Ich bemühte mich, wirklich, aber meine Stimme brach wieder ab. Und doch…Kakashi verstand, offensichtlich, denn ich spürte wie er den Druck seiner Hand einen Moment verstärkte. Dann fuhr er mir über die Wange, federleicht, nur mit der Spitze seines Daumens. Ich hatte die Augen erneut geschlossen, zerfressen von dem was ich getan hatte. Beschämt. „Lass mich dir etwas zeigen. Okay?“ Überrascht blickte ich auf und sah ihn damit erstmals ganz seit er das Licht angeschaltet hatte. Er stand direkt neben mir, hatte nicht mehr als eine lange Hose an und war doch nicht kühl. Seine Haut, seine Haare leuchteten im warmen Licht der Nachttischlampe und in seinen Augen…glänzte die Entschlossenheit. Ich brachte ein zaghaftes Nicken zustande, ohne Ahnung, wohin er damit wollte, doch er drückte noch einmal meinen Arm, bevor er sich umdrehte und über seine Schulter zu mir sah. Ich schaute verständnislos zurück. Er hob seine rechte Hand und legte sie auf seinen linken Oberarm, deutete auf eine alte silbrig glänzende Narbe, die er bereits gehabt hatte, bevor wir zusammengekommen waren. „Du hast mich einmal gefragt, woher diese Narbe stammt, erinnerst du dich?“ Ich senkte die Augenbrauen, immer noch nicht sicher, was er wollte. „Ja.“, erwiderte ich, mit belegter Stimme. „Aber du hast viele Narben, von denen du mir nicht erzählt hast, woher sie stammen.“ Er nickte langsam. „Nicht alle sind eine Geschichte wert. Und diese hier…ist keine schöne. Aber du sollst trotzdem wissen, woher ich sie habe.“ In seinen Tonfall hatte sich etwas Düsteres geschlichen, etwas Trauriges. Und ich bekam eine Ahnung, worauf er hinauswollte. Kakashi strich einmal mit dem Finger über die Narbe, als ob die geisterhafte Erinnerung dahinter sich darüber erneut spüren ließ, dann ließ er die Hand sinken und drehte sich wieder zu mir um. Er griff nach meinen Händen und hielt sie in seinen. „Sie stammt aus einer Nacht, nicht allzu lange nach… Ich war gerade erst 14 geworden und ich war sehr betrunken, das erste Mal, um ehrlich zu sein. Ich hatte keinerlei Gefühl dafür, wie viel zu viel war.“ Er schwieg ein paar Sekunden und seine Augen, obgleich sie auf mir lagen, blickten in die Ferne. „Obito, Rin – und Minato…sein Tod war gerade erst ein paar Tage her. Ich habe es nicht absichtlich getan, nicht mit der Absicht mich zu verletzen, wenn es auch komplett selbstzerstörerisch war…letztlich war es ein Unfall aber einer, den ich mit offenen Armen empfing, den ich einfach…geschehen ließ. In dem Chaos, das ohnehin durch den Kyuubi und Madara entstanden ist, mit der Suche nach einem neuen Hokage…wurde mein Handeln nicht besonders mit Aufmerksamkeit versehen und man schickte mich für einige Wochen auf Genin-Missionen, ungefährliche, langweilige und äußerst unbeliebte Aufträge.“ Ich hatte den Atem angehalten, so aufmerksam, dass ich die Bilder, die er beschrieb, beinah selbst vor mir sehen konnte. Die Menschen, die er verloren hatte, so jung. Und dann kehrte Kakashi zurück aus den Erinnerungen und sah mich wieder an, mit festem, klarem Blick. „Ich hatte nicht vor, mich dabei zu verletzen. So wie du dich ebenfalls nicht verletzen wolltest. Es hat dich eingeholt. Diese Möglichkeit besteht immer, bei manchen früher, bei anderen später. Das ist der einzige Unterschied.“ Ich sah zwischen seinen Augen hin und her, verblüfft, mitleidig, traurig und so dankbar für sein Verständnis und seine tröstenden Worte, so vertieft, dass ich eine Träne, die meine Wange herablief, erst bemerkte, als Kakashi sie mit seinem Daumen wegstrich. „Du wirst wieder glücklich sein, Sakura. Es wird dir wieder gut gehen.“ Ich senkte den Blick, um mich zu fassen, doch das brachte nur noch mehr Tränen zum Überlaufen. Ich wischte sie weg und neigte den Kopf, lächelte entschuldigend. Kakashi löste seine andere Hand aus meiner und legte seine Arme um mich. Als ich nicht protestierte, drückte er mich an sich und ich schniefte, versuchte, mich zusammenzureißen. „Glaubst du wirklich?“, brachte ich so krächzend hervor, dass es selbst in meinen Ohren erbärmlich klang. Doch seine Worte waren klar und bestimmt. „Ganz sicher, Sakura.“ Und damit wurde es besser. Diese unglaubliche Schwere, die Lüge und der Schmerz in meinem Arm – alles drang in den Hintergrund. Nur durch seine Anwesenheit, die Wahrheit und seinen Trost. Ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust, schloss die Augen und ließ mich einfach von ihm halten. Er führte uns zurück zum Bett, setzte sich und zog mich zu sich, griff nach einer Decke und legte sie über unsere Schultern. Eingerollt an seiner Seite verharrte ich dort, atmete seinen so sehr vermissten Geruch ein, konzentrierte mich auf seine Wärme. Wir saßen eine Weile so, Zeit, in der er mich wieder erden konnte, Zeit, in der ich mich sammeln konnte. Als er schließlich wieder sprach, waren wir uns beide dessen bewusst, was zu tun war. „Sakura.“ „Hm?“ Kakashi strich mit einer Hand ein paar Strähnen aus meinem Gesicht. „Lass mich dich zu Tsunade bringen.“ Er lehnte sich vor, vergrub das Gesicht in meinen Haaren, küsste meinen Ansatz. Das zärtliche, sanfte „Bitte“ wäre nicht mehr nötig gewesen, dennoch festigte es mich in meiner Entscheidung. „Okay.“, flüsterte ich zurück. Schluss mit der Maske. Schluss mit den Geheimnissen. Zu sagen, Tsunade war begeistert, als wir sie mitten in der Nacht aus ihrem Bett holen ließen, würde es sicher überstrapazieren. Es hätte jedoch auch schlimmer kommen können – und es war ganz sicher nicht alltäglich, sie auch wirklich aus dem Schlaf zu holen, statt aus irgendeiner Spelunke. Sie behandelte mich ruhig und konzentriert, weder besonders nachsichtig, noch zimperlich aber – ohne vehemente Vorwürfe. Sie gab mir das Gefühl, für voll genommen zu werden und dennoch auf Verständnis zu stoßen. Sicher – auch Tsunade hatte traumatische Erfahrungen. Für diese Nacht schickte sie mich wieder nach Hause, ohne wirklich über alles zu sprechen, und vertraute darauf, dass ich in Kakashis Anwesenheit genug gefestigt war. Für meinen Arm konnte sie nicht viel mehr tun, allerdings linderte sie die Schmerzen und die Hitze darin und schwächte die Narben etwas ab. Sie bestellte mich für den nächsten Morgen wieder her und ich fügte mich dem ohne Widerworte. Statt jedoch direkt nach Hause zu gehen, bat ich Kakashi auf dem Rückweg noch auf die Hokagefelsen zu klettern. Hoch oben, mit dem Blick über das ganze Dorf und dem blassen Mond, der die Wolkendecke durchbrochen hatte, dick eingepackt in eine warme Jacke, saß ich dort neben ihm, mit den Beinen über dem Rand. Es war still, der Wind hatte nachgelassen und die Kälte lag mehr in der Luft, als dass sie beißend war, dank des übermäßigen Regens zuvor. Ich konnte meinen Atem silbrig vor mir schweben sehen. Kakashi ließ seinen Blick schweifen, offenbar zufrieden damit, einfach hier zu sitzen, bis ich wieder gehen wollte. Die Erkenntnis hob ihren Kopf, als ob sie ahnte, dass sie jetzt endlich gehört werden würde: Die Wahrheit ließ sich nicht länger umgehen und zeigte mir, dass ich keinen einzigen Schritt nach vorn gemacht hatte, obwohl ich dies zwei Monate lang geglaubt hatte. Ich hob meinen rechten Arm unter der Jacke hervor und schauderte bei seinem Anblick im kühlen Mondlicht. Es war genug um zu sehen, dass das Zeichen noch da war, nein es war nicht nur da, es hatte sich erneut verändert. Es war mehr in die Breite gezogen. Ausschweifender. Und darüber glänzten kreuz und quer gezackte Narben. Eine Gänsehaut legte sich auf meinen gesamten Körper und wie am Morgen zuvor wurde ich überrollt von Abscheu und dem Drang, die schwarzen Linien bis zur Unkenntlichkeit zu zerkratzen. Ich hörte auf zu atmen und kämpfte dagegen an. Es hat nichts geändert, rief ich mir immer wieder ins Gedächtnis. Es wird nicht verschwinden. Ich atmete laut aus und schloss die Augen, ehe ich sie entschlossen wieder öffnete und dem was ich sah nicht mehr auswich. Ich erkannte glasklar die Tragweite meiner Taten. Stechend ehrlich formte sich der Gedanke, wie eigensüchtig und hilflos ich gehandelt hatte. Es war unverantwortlich mich selbst zu verletzen. Und es war unverantwortlich all die Mühe meiner Freunde – und meiner selbst – zu zerstören. Mit einem Rest Widerwillen, der jedoch zu kontrollieren war, legte ich meine linke Hand auf meinen rechten Unterarm und atmete tief durch. Meine Finger waren kühl und fühlten sich beruhigend auf der geschundenen Haut an. Ich zögerte noch. Konzentrierte mich auf den Mond und meinen ruhigen Atem, darauf dass Kakashi hier bei mir war, sollte doch kommen was wollte. Wartete. Langsam neigte ich den Kopf und nahm die Hand von meinem Arm zurück. Ich musterte noch einmal die feinen Narben, die blass im Mondlicht schimmerten, wobei sie die Markierung einbetteten als ob sie sie noch mehr zur Schau stellen wollten. Ich hatte es gewusst, gewusst, dass es Narben geben würde und es einfach so, tatenlos hingenommen – trotzdem spürte ich einen Stich in der Magengrube als mir noch einmal klar wurde, wie fahrlässig ich eigentlich gehandelt hatte. Zwei Monate lang hatte ich allen und mir selbst verkaufen wollen, dass das Training und meine Arbeit alle Scherben wieder aufsammeln und zusammenfügen könnten. Dass ich keine weitere Hilfe brauchte, als meinen Job. Meinen Alltag. Was für eine Lüge. Nachdenklich strich ich meinen Ärmel über das dunkle Zeichen zurück und stützte mich auf meine Arme hinter mir. Dieser Fehler, diese große Scharade und dieser neue Scherbenhaufen ließen sich nicht rückgängig machen. Aber ich konnte weitere Fehler verhindern. Ich würde es den anderen erzählen müssen. Ihnen sagen, dass mich die Ereignisse der letzten Monate dieses Mal nicht so einfach losließen, mich noch immer festhielten und am Leben hinderten. Ich spürte Kakashis Blick von der Seite. „Sakura?“ Er klang nur etwas skeptisch, nicht übermäßig besorgt. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und wagte ein kleines Lächeln. „Lass uns nach Hause gehen, Kakashi.“ Mein Gespräch mit Tsunade war nicht vorwurfsvoll. Vielleicht aber gerade deshalb, weil ich mit der Erkenntnis vom Abend zuvor zu ihr kam. Und der Hoffnung darauf, dass das Angebot von Iliama-San noch stand. Zu sagen, dass sie erleichtert war, war wahrscheinlich eine ziemliche Untertreibung. Sie fiel mir nicht um den Hals oder Ähnliches, nachdem sie noch einmal meinen Arm überprüft hatte, drückte sie einfach meine Hand und ließ ihre Blicke sprechen. Sie sagte es nicht wörtlich aber ich kannte sie gut genug, um zu erkennen, dass sie die Fluchmalforscher vom Vortag nicht ohne Konsequenzen davon kommen lassen würde. Dann schickte sie gleich jemanden los, der ihr Iliamas Dienstplan bringen sollte und während wir darauf warteten, wanderte ich vor ihren Regalen umher, blieb mal hier und mal dort an einem Buch hängen, während Tsunade sich offiziell mit einigen Akten beschäftigte. Aber ihr Pokerface war noch nie gut gewesen, wie ich wieder einmal bemerkte. „Tsunade?“ Sie räusperte sich, als unsere Blicke sich trafen und ihr klar wurde, wie schlecht sie ihre Musterung versteckt hatte. „Warum hat Itachi mich ausgesucht?“ Sie hätte vermutlich ihr ganzes verschuldetes Geld darauf gesetzt, dass ich mich über ihre Beobachtung ärgern würde – umso verblüffter schaute sie mich jetzt an. Ich machte einen Schritt vom Regal weg und verschränkte die Arme auf dem Rücken. Tsunade schien sich von ihrer Überraschung zu fangen. „Nun…“ Sie ordnete ein paar Papiere, stellte sie aufrecht um sie alle zusammenzulegen und legte sie dann sorgsam links von sich ab. „Offensichtlich ist sicherlich deine Beziehung zu Sasuke?“ Ihr Blick war vorsichtig und zurückhaltend. Ich verharrte noch einen Moment unschlüssig auf der Stelle, dann ging ich zu ihrem Schreibtisch und setzte mich auf die Kante des Sessels davor. „Natürlich. Aber hätte er all das, was er damit scheinbar erreichen wollte, nicht auch auf ganz andere Weise haben können?“ Tsunade neigte den Kopf, aufmerksam und nachdenklich. „Was hat er denn erreichen wollen, Sakura? Ist dir das so klar? Dann bitte, kläre mich auf.“ Sie hielt meinen Blick und ich schaute zurück und war mir der Antwort auf einmal nicht mehr so sicher. Ich spielte mit dem Saum meines Ärmels. „Naja…ich bin immer davon ausgegangen, dass er Sasuke verletzen und aus der Reserve locken wollte und dann…hätte er ihn umgebracht.“ Sie sah zu meinem Ärmel, dann wieder zu mir. „Hätte er das nicht viel einfacher haben können? Ohne, dass etwas vom Nervenkitzel verloren gegangen wäre?“ Ich dachte einen Moment darüber nach. All die Begegnungen, bei denen Sasuke so nah gewesen, so sehr in Reichweite von Itachi gekommen war. Und hatte er je ernsthaft versucht, ihn umzubringen? „Warum dann? Warum hat er diese Geschichte so lange hingezogen? Warum hat er mich mit hineingezogen?“ „Die Absichten von Itachi Uchiha sind so schleierhaft wie unergründbar, Sakura. Ich kann dir nicht sagen warum.“ Tsunade stand auf, drehte sich um und räumte einen Stapel Unterlagen in ihrer Fensterbank zur Seite. Ich kaute auf meiner Unterlippe und zupfte meinen Ärmel wieder zurecht. „Aber ich kann versuchen, dir etwas anderes zu erklären.“ Ich schaute auf, sie drehte sich um und lächelte, grimmig aber triumphierend. „Du hast es nicht ausgesprochen aber du wolltest die ganze Zeit über wissen, warum Kyô-kai-ki-jun nicht richtig funktioniert hat. Richtig?“ Verwirrt hielt ich ihren Blick. „Ist es nicht so?“ Ich atmete resigniert aus. „Doch. Natürlich.“ Sie nickte und stellte sich hinter ihren Stuhl, die Hände auf die Rückenlehne gestützt, mit der Absicht, mir eine Erklärung zu geben, die es bisher nicht gegeben hatte. Niemand hatte mir eine Antwort geben können. „Wie wir mittlerweile zusammenstellen konnten und wie du weißt, beruht die Technik darauf, die Sinne zu täuschen. Zwar hat Itachi dir gesagt, dass es ehrliche Gefühle sind, die hervorgerufen werden und damit hat er auch Recht aber es bleibt dennoch eine Täuschung.“ „Ich verstehe nicht…“, sagte ich langsam und schüttelte den Kopf. Das machte keinen Sinn. „Gefühle sind niemals eine Täuschung. Sie sind immer ehrlich, das können wir nicht beeinflussen, höchstens verbergen. Demnach waren die Gefühle, die du empfunden hast, als er eure Verbindung vervollständigte, ehrlich und echt. Was aber nicht heißt, dass er dich dazu gebracht hat, ihn zu lieben.“ Ich stand auf und ging an ihr vorbei zum Fenster, das Sitzen erschien mir plötzlich unerträglich. „Es hat sich so angefühlt.“, sagte ich leise, mit dem Blick auf die Straße vor dem Hokageturm. „Täuschend echt.“ Ich schluckte, bevor ich die entscheidende Tatsache aussprach. „Vielleicht sogar stärker.“ Tsunade schwieg. Und ich dachte, dass ich nun auch vollkommen ehrlich sein konnte. „Definitiv stärker.“ Ich drehte mich zu ihr und begegnete ihrem klaren Blick. „Es war wie eine…“ „Eine Sucht.“ Ich hielt inne und nickte dann langsam. „Genau…wie eine Sucht, als wäre ich abhängig von ihm, als brauchte ich nichts mehr, als ihn um zu überleben, ich wollte ihn mehr als die Luft zum atmen, Tsunade…“ Angewidert legte ich eine Hand vor den Mund. „Es war so viel stärker als ich selbst. Es ist eine Schande, wie leicht ich es ihm gemacht habe…“ „Es ist nicht deine Schuld.“, erklang ihre ruhige Stimme. Ich schüttelte den Kopf und nahm die Hand herab, nur um über meine geschlossenen Augen zu streichen, ehe ich sie wieder öffnete und ihr entgegenblickte. „Tsunade. Wie hat er solche Macht über mich haben können, wenn ich mich wirklich so sehr gewehrt habe, wie ich konnte? Wenn ich über meine Grenzen gegangen bin und trotzdem nicht stark genug war? Wie kann all mein Training, all die Jahre harter Ausbildung daran nichts geändert haben? Am Ende habe ich doch verloren!“ Ich schloss die Augen und fuhr mir erschöpft über den Mund. „Und wie ich verloren habe…ich habe so viel kaputt gemacht…“ „Kannst du dir vorstellen, wie es ausgesehen hätte, wenn das Jutsu wirklich vollendet und nicht mehr rückgängig machbar gewesen wäre?“ Verständnislos sah ich sie an. „Es war vollendet und nicht mehr rückgängig machbar. Es ist nur gelöst worden, weil er…tot ist. Weil er gestorben ist, ehe ich etwas noch Schrecklicheres tun konnte, als ich im Begriff war zu tun…“ „Du hast nichts Schreckliches getan, Sakura. Aber du hättest es. Du hättest Kakashi umgebracht, wenn das Jutsu wirklich vollendet gewesen wäre. Du hättest es getan, ganz gleich, was du für ihn empfunden hast, es hätte dir nichts ausgemacht, du hättest nicht einmal gezögert.“ Ich sah wieder aus dem Fenster. „Nichts ist so stark wie ehrliche Liebe, nichts kann ehrliche Liebe nachahmen. Kyô-kai-ki-jun hat dich nicht besiegt, weil du so viel stärker bist, weil du so viel mehr liebst, als dieser Fluch dir jemals vormachen könnte. Menschliche Gefühle können nicht einfach gebrochen werden, auch nicht mit ihrem Blut. Was Itachi dir vorgemacht hat, was er dir vormachen und dich glauben lassen wollte, war nichts weiter als Verlangen und Abhängigkeit. Das alles hatte nichts mit Liebe zu tun. Liebe besteht aus mehr als nur Begierde.“ Ich ließ diese Worte einsinken. Drehte sie im Geiste, tastete sie ab. Tsunade durchbrach erneut die Stille im Raum. „Itachi war zu Lebzeiten bekannt als berechnend, scharfsinnig, skrupellos. Aber ganz gewiss niemals als nachlässig. Arrogant. Und doch… hat er dich mit Kakashi allein gelassen, hat die Möglichkeit, dass dich einer von ihnen erreichen könnte, völlig unterschätzt. Hat sich auf sein Jutsu verlassen und darauf, dass er glaubte, dich völlig unter Kontrolle zu haben. Es war sein Untergang. Leichtsinn. [style type="italic"]Das[/style]…hätte niemand von ihm gedacht.“ Ich hatte die Augen geschlossen, lauschte ihren Worten mit Schmerzen und doch wie der reinigenden Wahrheit, die sie waren. „Ich sagte, ich kann dir nicht erklären warum Itachi dich ausgesucht hat. Das kann ich auch nicht, zumindest nicht ohne Zweifel, dass ich damit richtig liege. Wenn du jedoch meine Vermutung hören willst…“ Sie ließ den Satz abwartend ausklingen. Ich schaute zurück zu ihr, sah sie einige Augenblicke lang nur an und versuchte zu entscheiden, abzuwägen, ob das etwas ändern würde. Dann… „Natürlich. Natürlich möchte ich sie hören.“ Sie deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch und ich folgte ihrer Aufforderung und setzte mich erneut, ruhiger aber nicht ruhig. Sie hatte sich ebenfalls wieder gesetzt und ihre Augen ruhten auf mir, ihr Kinn war auf ihre verschränkten Hände gestützt. „Sasuke war der Ausgangspunkt für Itachis Pläne. Und du jemand aus seinem Team und dann auch noch eine Frau und gleichzeitig die Schülerin der Hokage. Das würde das Interesse eines jeden Feindes wecken. Aber wie ist er auf dich gestoßen? Und was hat ihn davon überzeugt, diese Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, statt dich gehen zu lassen, ohne sich zu zeigen? Was hat ihn lange genug warten lassen, um diesen Plan zu spinnen?“ Es hörte sich an wie eine Frage, die ich beantworten sollte, doch ich konnte nur mit den Schultern zucken. „Spiegelsilber, Sakura. Es passt alles zusammen.“ Während sie nach dem Stapel griff, der auf ihrem Schreibtisch gelegen hatte, als ich in ihr Büro gekommen war, versuchte ich, mit dieser Information etwas anzufangen. „Tsunade, wir wissen doch gar nicht wirklich etwas über das Spiegelsilber. Wir haben keinen Schimmer, was es bewirkt und schon gar nicht in dieser unkontrollierten Dosierung, die ich so unprofessionell vorgenommen habe…“ „Das nicht. Und wir werden es vermutlich auch nicht rekonstruieren können. Ich habe dennoch weitere Forschungen in Auftrag gegeben und das…“ Sie deutete auf die Blätter vor sich. „…ist dabei herausgekommen. Endlich ein Anhaltspunkt.“ Ich folgte ihrem Wink, blickte auf die Berichte und nach einer Weile wieder zu ihr hoch. „Das alles sind Informationen zum Spiegelsilber?“ Sie schüttelte den Kopf. „Der Großteil sind leider nur Verweise, Hinweise auf weiteren Untersuchungsbedarf aber ein paar Seiten…beinhalten tatsächlich einige Informationen, mit denen wir starten können.“ Sie hatte während dieser Sätze ein paar Seite durchgeblättert und schaute nun wieder zu mir. „Interessiert?“ Sie schob den Stapel in meine Reichweite. „Bist du sicher, dass es mit Itachis Jutsu zusammenhängt?“ „Das nicht.“ Sie faltete ihre Hände auf dem Schreibtisch. „Aber ich bin sicher, dass es eine Menge ausgelöst hat und möglicherweise nicht ganz unwichtig für die Frage ist, wie wir dieses Fluchmal wieder loswerden.“ Was soll ich sagen? Sie hätte keine besseren Worte finden können um mich zu ködern. Ich bekam einen regelmäßigen Termin bei Iliama-San, zweimal die Woche. Und Tsunade gab mir eine Kopie der Unterlagen mit. Trotz des Tages zuvor – war ich seltsam hoffnungsvoll, als ich den Hokageturm verließ. Es wurde nicht sofort leichter, auch nicht – oder gerade nicht – durch die Therapie. Es dauerte seine Zeit, bis alle Wunden wieder aufgerissen und schließlich langsam, Schnitt für Schnitt, desinfiziert und verbunden waren. Danach brauchte es noch mehr Zeit um sie heilen zu lassen. Ich hatte viele Gespräche mit Iliama-San. Und an manchen Tagen erhaschte ich einen Blick auf den Schatten der alten Sakura. Aber nur zu oft holten mich andere Tage wieder ein. Und Nächte. Dennoch. Langsam schlossen sich die Wunden. Es war auch in einer dieser Sitzungen bei Iliyama-San, dass ich eine Erinnerung zurückgewann, die unter all dem, was in letzter Zeit geschehen war, vergraben worden war. Es waren ein paar Worte von Itachi, die unvermittelt so deutlich in meinem Gedächtnis auftauchten, dass es mich zutiefst erschreckte. Bis ich ihre Bedeutung verstand. Vor vielen Monaten, in einem Quartier der Akatsuki, hatte er mir mein Blut genommen, um sein grausames Jutsu anzuwenden – und folgende Worte hatte er mir dabei gesagt: „Ich muss dein Blut freiwillig bekommen, wenn die Besiegelung deines Versprechens für immer halten soll...aber wenn es nur für ein paar Jahre gebraucht wird…dann kann ich es mir persönlich holen und das gegen deinen Willen.“ Ich brauchte verhältnismäßig eine lange Zeit um mich an etwas so Wichtiges zu erinnern. Zeit, in der mir diese Erinnerung geholfen hätte, aber auch Zeit, in der ich nicht in der Lage war, solch intensive Szenen noch einmal im Kopf durchzuspielen. Irgendwann kamen dennoch die Fragen, alles was ungeklärt war und das war nahezu alles. Wie hatte Itachi von dem Jutsu erfahren, wie gewusst wie man es anwendet? Was waren die Voraussetzungen dafür, wozu war es noch fähig? Gab es einen Weg, es zu lösen? Konnte man sich irgendwie dagegen wehren? Es gab noch so viel zu untersuchen, bevor sich darauf Antworten finden ließen. Wenn überhaupt. Aber ich hatte dennoch vor, es mit fester Absicht zu versuchen. Wenn dieses Fluchmal zeitlich beschränkt war, umso besser, es gab nicht viel, was ich mir mehr gewünscht hätte. Aber auch ohne diesen Lichtblick musste Itachi seine Informationen irgendwoher bekommen haben. Und diese Quelle mussten wir finden. „Also…seid ihr zwei jetzt richtig zusammen, ja? So wie, wirklich und ernsthaft zusammen? Bleibend?“ Ich unterdrückte ein Lachen. „Ja. Das sind wir Ino. Und bleibend? Ich will es doch hoffen.“ Es war ein sonniger, wenn auch bitterkalter Samstagmorgen und Ino und ich schlenderten durch die Marktstraßen auf der Suche nach frischen Zutaten für ein Abendessen, an das sie sich – wer konnte das glauben – für Shikamaru machen wollte. Gerade in der Zeit, in der es mir merklich schlecht gegangen war, hatte sie immer nach Ablenkungen gesucht und dabei hatte ich erstaunlich viel über Shikamaru gehört. Dinge, die sie in der Regel nicht so freigiebig zugab. Und mittlerweile schien es mit den beiden ganz gut zu laufen – nicht ohne Beschwerden, weil sie sich gegenzeitig extrem auf die Nerven gehen konnten – aber im Grunde doch glücklich. Im Gegensatz zu meiner vorurteilslosen Akzeptanz von Shikamaru schien Ino jedoch bis heute noch damit ins Reine kommen zu müssen, dass Kakashi und ich tatsächlich und ernsthaft zusammen bleiben wollten. „Ist es immer noch der Altersunterschied, Ino?“ Ich musterte sie von der Seite, wie sie die Stirn runzelte und ihre Tasche mit bereits gekauftem Gemüse gleichgültig hin und her schleuderte. „Von dir hätte ich wirklich am wenigsten gedacht, dass du dieses Argument so beständig wiederholen würdest.“ Sie sah zu mir auf und ich sah den Protest in ihren Augen. „Es ist ein Faktor, der bedacht werden sollte.“, sagte sie dann und fluchte unterdrückt, als die Tasche sich um ihr rechtes Bein schlang und beinah zum Stolpern brachte. Ich konnte ein Grinsen nicht verhindern. Sie blickte finster nach meiner Reaktion und rempelte mich mit der Schulter an. Aber auch das konnte mein Belächeln nicht verschwinden lassen. „Okay, also Klartext. Er ist heiß. Natürlich ist er das, auch wenn er zehn Jahre älter ist als wir.“ Erfreut stellte ich fest, dass sie drei Jahre fallen gelassen hatte. „Aber er ist eben auch ein…“ Ino suchte nach Worten? Ich konnte mein Erstaunen nicht verstecken. Sie schielte kurz zu mir und sah dann wieder nach vorn. „…ein Kauz.“ Ich hob beide Augenbrauen. „Ernsthaft? Das ist dein Problem?“ „Argh, Sakura! Du weißt doch genau worauf ich hinaus will. Zugegeben, seit ihr zwei zusammenklebt wie Zwillinge…“ Ich verzog das Gesicht bei dieser Verwandtschaftsimplikation. Ino boxte mich in die Seite. Empört blieb ich stehen, rieb ich mir die Stelle und betrachtete sie vorwurfsvoll. „Musst du immer gleich gewaltsam werden, wenn du dich verbal nicht mehr ausdrücken kannst?“ Sie blieb ebenfalls stehen und stemmte die Hände in die Hüfte. „Das sagt die Richtige.“ Ein paar Sekunden funkelten wir uns an, dann seufzte sie schwer und ließ die Hände wieder fallen. „Ookay. Okay. Ich verstehe ja, du liebst ihn abgöttisch, so verrückt das auch ist. Einen Lehrerkomplex hätte ich dir nie unterstellt und das soll etwas heißen bei all deinen Komplexen.“ Ich tappte abwartend mit dem Fuß. „Was ist los, Ino?“ Sie kaute einen Moment auf ihrer Lippe. Dann schien sie sich nicht mehr zurückhalten zu können. Endlich. „Ihr seid so schnell zusammengekommen. Du warst doch noch gar nicht wieder richtig okay, als ihr praktisch zusammengezogen seid. Was ist, wenn es nicht hält? Wenn ihr doch nicht zusammen bleibt? Was dann?“ Mein skeptischer Blick wich einem weicheren Ausdruck, je mehr ich ihre Absichten verstand. „Ino…was hast du für ein gutes Herz unter diesem kratzbürstigen Verhalten.“ „Oh bitte, jetzt wird‘ nicht wieder so sentimental.“ Sie verdrehte die Augen. Und ich machte einen Schritt vor und drückte sie, so fest, dass sie anfing zu röcheln. „Angeberin.“ Ich ließ sie los und neigte den Kopf, um ihr ins Gesicht zu sehen. „Weißt du…diese Sache mit Kakashi und mir…geht schon länger als erst seit unserer Rückkehr. Das hast du doch sicher mitbekommen?“ Sie hob den Blick und nickte düster. „Das war ja auch nicht zu übersehen.“ „Siehst du. Ich kann nichts dagegen tun. Es ist wie…Magnetismus. Und es wird immer nur besser.“ Bei diesen Worten fing sie an, das Gesicht zu verziehen und angewiderte Geräusche zu machen. „Kitschig! Bei jedem anderen, fein, da könntest du mir davon erzählen. Aber bei Kakashi…urgh.“ Und trotzdem lächelte sie dabei. „Er tut dir so gut, oder? Deshalb bist du in letzter Zeit wieder so glücklich?“ Ich drückte ihre Schultern. „Er ist ein Teil davon, ja. Aber dann bist da noch du und Naruto, Sasuke, all die anderen, meine Arbeit und die Therapie und…“ „Okay, okay. Schluss jetzt. Ich verstehe. Aber ich werde ihn trotzdem im Auge behalten. Manche Gewohnheiten sterben nie und er…soll auch nichts anbrennen lassen haben. Hoffentlich nur, bevor er dich mit anderen Augen gesehen hat, denn…“ Ich wandte mich mit einem Lachen ab und ließ den Blick über die Straße schweifen. Sie war süß, wirklich, und ich konnte mich glücklich schätzen eine so besorgte Freundin zu haben. Noch während ich darüber nachdachte und ihr endlich den Wind aus den Segeln nehmen und ihre Sorgen beschwichtigen wollte, entdeckte ich einen grauen Haarschopf an einem Markstand etwas weiter die Straße herunter, der mir irgendwie vertraut vorkam. Mit einer gemurmelten Bemerkung ließ ich Ino stehen, verblüfft und sprachlos, und folgte dem grauen Haar die Straße entlang. „Sakura. Sakura! Vergiss nicht, morgen früh, neun Uhr! Wehe, du kommst nicht pünktlich. Wer weiß, wie Shikamaru heute wieder drauf ist!“ Ich winkte über meine Schulter mein Einverständnis, dann widmete ich mich wieder meiner Verfolgung. Einen kurzen Moment hatte ich die grauen Haare aus den Augen verloren, dann setzte eine Gruppe von Einkäufern vor mir ihren Weg fort, ein Karren wurde weitergezogen und dahinter konnte ich schließlich einen richtigen Blick auf die Person werfen. Ich blinzelte ein paar Mal. „Das kann doch nicht…Mamiko!“ Die alte Frau stand vor einem Riesenangebot von getrockneten Gräsern und wandte sich beim Klang ihres Namens zu mir um. Tatsächlich, sie war es. Ihre Augen weiteten sich, als sie mich erkannte. „Sakura, Liebes! Wie lange habe ich dich nicht mehr gesehen?“ Immer noch erstaunt kam ich vor ihr zum Stehen, blickte in ihre hellen blauen Augen, die mich ebenso vergnügt und freundlich anblitzten, wie vor vielen Monaten. „Ich…was machst du hier? Ist Ari auch da?“ Erst jetzt dämmerte mir, dass dies das erste Mal war, dass wir uns sahen, seit ich sie, Ari und Kakashi in dem kleinen Dorf in der Nähe ihres Waldhauses zurückgelassen hatte. Ohne ein weiteres Wort. Mamiko nickte und verlagerte einen Korb in ihrer Hand, der bereits zur Hälfte gefüllt war und ganz gewiss nicht leicht. „Mamiko, lass mich dir das abnehmen, das ist doch viel zu schwer…“ Sie ließ mich gewähren, jedoch mit einem Blick, der alles andere als ihre Einsicht verkörperte. Ich war erstaunt über das tatsächliche Gewicht des Korbes. Diese Frau war wirklich zäh. „Deine Hokage hat uns eingeladen, Sakura. Ari und mich.“, sagte Mamiko jetzt und ich horchte auf. „Tsunade? Wann? Und wie?“ Mamiko lächelte. „Vor einem Monat etwa schickte sie uns eine Delegation mit einer persönlichen Nachricht und dem Angebot, hierher zu kommen um Ari in die Akademie zu schicken und vielleicht sogar als Medic-Nin-Anwärterin aufzunehmen.“ Ich hing an ihren Lippen. Sie lachte, herzlich und warm. „Und was mich betrifft…Tsunade-San hat Interesse geäußert, sich mit mir über meine Heilmethoden auszutauschen. Insbesondere hat sie nach einigen sehr seltenen Pflanzen gefragt und ich kam nur zu gern ihrem Vorschlag nach, mich mit ihr darüber zu unterhalten. Wir sind erst seit ein paar Tagen hier, Sakura. Mit der Erlaubnis von Aris Eltern und den Vorbereitungen, die wir für eine längere Abwesenheit in meinem Haus treffen mussten, ging es nicht früher.“ „Ihr…ihr bleibt länger hier?“ Sie nickte. „Das ist fantastisch. Ich freue mich für euch! Und ich freue mich, euch wiederzusehen, nach allem, was…passiert ist.“ Ich druckste noch etwas herum, bevor ich ihr schließlich erklärte, wie leid mir alles tat und auch…wie es überhaupt dazu kommen konnte. Was seitdem alles geschehen war. Aber Mamiko trug mir nichts nach, im Gegenteil, sie konnte mich gut verstehen. Und sie war von Herzen glücklich, als ich ihr erzählte, dass es mir endlich wieder besser ging. Als ein deutlich gewachsener brauner Schopf zu uns stieß konnte ich erst meinen Augen nicht trauen. Aber sie war es, die kleine Ari, die nun deutlich reifer aussah und trotz des Winters eine gesunde Hautfarbe hatte, die ich darauf zurückführte, dass sie hier so viele Menschen um sich hatte und Kontakte in ihrem Alter knüpfen konnte. Und erstaunlicherweise trug auch sie mir nichts nach, sie fiel mir mit strahlenden Augen um den Hals und bat mich nur darum, sie das nächste Mal mitzunehmen. Dieses Mädchen! Nachdem wir ein paar Minuten Zeit gehabt hatten, uns Neuigkeiten zu erzählen, wandte ich mich wieder an Mamiko, die ihren Blick über die anderen Menschen in der Straße schweifen ließ. Ich hatte ihren schweren Korb abgestellt, sah jetzt darauf zurück und fragte mich, ob sie ihn tatsächlich allein tragen wollte, wo auch immer sie im Moment wohnten. „Mamiko, hilft dir wirklich niemand mit all diesen Körben? Du sammelst doch nicht nur für dich, da ist doch bestimmt auch etwas für Tsunade bei! Dieses Kraut hier, das erkenne ich wieder…das ist doch unverantwortlich von ihr, wie kann…“ Mamiko legte beschwichtigend eine Hand auf meine gestikulierenden Arme. „Sakura, reg dich nicht auf, natürlich hat Tsunade mich nicht allein geschickt, ich sammle die Körbe hier und dann werden wir zwei Hübschen von einem netten, jungen Mann abgeholt.“ Ich seufzte und sie ließ ihre Hand wieder sinken. „Das will ich hoffen.“ Ich war mir fast sicher, dass Tsunade die Gesellschaft dieser weisen, humorvollen Ex-Kunoichi, die Sake ganz gewiss ebenfalls nicht verachtete, sehr zu schätzen wissen würde. Was für eine Mischung… „…gehört, Sakura?“ Ich schüttelte perplex den Kopf. „Wo bist du mit deinen Gedanken, Kind?“ Mamikos Augen funkelten vergnügt, als sie mich dabei beobachtete, wie ich wieder ins Hier und Jetzt zurückfand. „Warum grinst du so vielsagend?“, fragte ich misstrauisch. Ari tat es ihr nach. Was hatte ich verpasst? „Schäm dich, eine alte Frau so respektlos zu behandeln, in meinem Lächeln ist nichts weiter als Wärme!“, bemerkte Mamiko leise und schlug halbherzig nach meiner Schulter. Ich wich aus und hob kapitulierend beide Hände. „Schon gut, tut mir leid, Mamiko-san. Ich bitte untertänigst um Vergebung. Also, was ist so zum Lach…“ Dieses Mal nahm sie einen Korb zu Hilfe und jagte mich ein paar Schritte weit, bis sie den Korb wieder sinken ließ und auf etwas hinter mir mit einem unverschämt amüsierten Lächeln reagierte. Stirnrunzelnd drehte ich mich um – und fand mich in den Armen eines Menschen wieder, der mich noch in der Drehung an sich zog und küsste. Es dauerte nur ein Blinzeln, bevor ich Kakashi erkannte und ihm entgegenkam. Selten genug kam es zu diesen so öffentlichen Liebesbekundungen aber wenn – schien es ihm völlig gleich zu sein, was für Blicke wir dabei auf uns zogen. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, er genoss es zu Zeiten möglichst viele empörte Menschen nach Luft schnappen zu hören und ihre Kinder weiter zu scheuchen. Eine seiner Hände griff in meine Haare, seine andere sank gefährlich tief auf meinen unteren Rücken und seine Zähne spielten mit meiner Unterlippe. Als ich mich atemlos und mit rosa Wangen von ihm löste, schenkte er mir ein zutiefst zufriedenes Lächeln, zwinkerte mir zu und hatte ebenso schnell seine Maske wieder über sein Gesicht gezogen. „Hey.“ Er löste seine Hand aus meinen Haaren, ließ seine andere jedoch wo sie war. Und ich fand mich in dem Zwiespalt, da weiterzumachen wo wir aufgehört hatten oder aber einen Rest Würde vor Mamiko, Ari und dem Rest von Konoha zu bewahren. „Hey. Was machst du hier?“ Bevor er antworten konnte, kam Mamiko ihm zuvor und stellte sich mit Ari neben uns. „Oh, er ist der junge Mann, von dem ich dir eben erzählt habe. Mein Korbträger.“ Ich schaute zurück zu Kakashi und hob die Augenbrauen. Er zuckte mit den Schultern und wandte sich zu ihr. „Welche Körbe sind es, Mamiko?“ Ich runzelte skeptisch die Stirn, als ich dabei zusah, wie Mamiko ihm die Körbe zeigte, selbstverständlich und vertraut. Selbst Ari schien ihn nicht das erste Mal seit Monaten wieder zu sehen. „Moment…du hast gewusst, dass die beiden herkommen würden, Kakashi?“ Kakashi schaute über seine Schulter und nickte. Die kleinen Lachfältchen um sein Auge wurden sichtbar. „Tsunade wollte es geheim halten. Zumindest so lange, bis sicher war, dass sie kommen würden.“ Alle drei sahen erwartungsvoll zu mir herüber, bis Ari schließlich mit großen Augen fragte: „Ist die Überraschung nicht gelungen, Sakura-chan?“ Was für gute Menschen ich nur um mich hatte. Ich machte ein paar Schritte auf Ari zu, blieb lächelnd vor ihr stehen und zerzauste ihre Haare mit der Hand – ganz so wie ein ehemaliger Lehrer von mir es immer bei mir getan hatte. Kakashi schien dasselbe zu denken, er sah zu mir herüber, hielt meinen Blick und zuckte mit einer Schulter, als Mamiko mit ihm schimpfte, weil er scheinbar nicht zugehört hatte. Ich schaute zurück zu Ari und machte ein entzücktes Geräusch, als ich bemerkte wie sie aufgeregt versuchte, ihre Haare wieder zu glätten. „Doch. Das ist sie, Ari. Das ist sie wirklich.“ 4) Circus Fantasy - Water For Elephants OST http://www.youtube.com/watch?v=yt228fYu-RY Sein schlafendes Gesicht zu beobachten war mein Ruhepol. Er sah friedlich aus, wenn er schlief, ohne Stirnrunzeln, ohne geheimnisvolle Maske, ohne sorgenvolle Augen – die reinste Form von ihm, die ich sehen konnte. Und ich glaubte nicht, jemals genug davon bekommen zu können. Ihn so genau zu mustern, dass ich seine Wimpern zählen, die Konturen seiner Lippen in mein Gedächtnis zeichnen, die Narbe über seinem Auge mit Blicken nachfahren konnte war… „Sakura.“ Ich biss mir auf die Unterlippe. „Nicht schon wieder.“ Mit einem unwilligen Murren drehte er sich auf die andere Seite und wandte mir damit den Rücken zu. Ich unterdrückte ein Lachen. „Kakashi.“, begann ich singsangend, rückte näher an ihn heran, stützte mich auf meinen rechten Ellenbogen und nutzte die linke Hand um mit einer der wirr von seinem Kopf abstehenden Strähnen zu spielen. Ein leises Grollen war die einzige Antwort. „Du bist doch schon wach.“ „Wenn du aufhörst zu reden, besteht die Möglichkeit, dass sich das wieder ändert.“ „Oh, ich denke, da gibt es nicht viel, was du tun kannst um das zu erreichen…es sei denn…“ Ich beugte mich vor und setzte ein paar gehauchte Küsse auf seinen Nacken. Er rührte sich nicht. Ich ließ die Hand aus seinen Haaren über seine Schultern über seine nackte Brust wandern, über die festen Muskeln und die glatte Haut. „Kakashi…“, flüsterte ich dicht neben seinem Ohr, umschlang sein Beine mitsamt der Bettdecke mit meinem und setzte an, in sein Ohrläppchen zu beißen, als er sich umdrehte und zwar so unerwartet und schnell, dass ich, mit unseren verschränkten Beinen und der verhedderten Decke, nahezu bewegungsunfähig war. Im Handumdrehen hatte er sich über mir aufgebaut und blickte auf mich herab, mit wilden Haaren, leichten Stoppeln und einem anbetungswürdigen verschmitzten Lächeln, das ansteckend war. Ich saugte alle Details in mich auf, unersättlich. Er beugte sich vor und verharrte mit den Lippen dicht vor meinem Ohr, sein Atem kitzelte meine Haut. „Das war einfach.“ Seine Stimme war etwas belegt und schläfrig rau und so einfach legte sich eine vertraute Gänsehaut über meinen Körper – immer noch, obwohl ich bereits so viele Gelegenheiten gehabt hatte mich daran zu gewöhnen. Er verwob eine Hand mit meinen Haaren und strich sie mir nach hinten um meine Schläfe zu küssen. „Nur nicht arrogant werden, Sensei.“ Er stoppte kurz um mir in die Augen zu sehen, ein gefährliches Funkeln in den eigenen. Ich hob eine Augenbraue, spürte jedoch wie mein verräterisches Herz stolperte. Sensei war mal ein Wort, das ihn unheimlich störte aber manchmal…auch eines, das diese dunklen Augen zur Folge hatte. Ich schlang meine Beine wieder um seine, fuhr durch seine Haare und umfasste sein Gesicht, zog ihn näher zu mir herab, bis nur noch Millimeter unsere Lippen voneinander trennten. Er lehnte seine Stirn auf meine und verharrte einen Moment so, die Augen geschlossen, eine sanfte Version seines Lächelns auf dem Mund. Dann schloss er den Abstand zwischen uns und streifte meine Lippen mit seinen, einmal, zweimal. Er setzte einen Kuss auf meinen Mundwinkel, langsam und nachhaltig. Ich hob den Kopf um ihm entgegen zu kommen, ungeduldig, doch er zog sich ein Stück zurück und strich mir mit einem amüsierten Lachen die Haare mit beiden Händen aus der Stirn. Seine Augen waren sehr dunkel, angefüllt mit vielsagendem Funkeln und doch nicht nur. Da war ein ferner Gedanke darin, der mich für einen Moment von meiner eigenen Sehnsucht abbrachte. Ich erwiderte seinen Blick und so wie er mir noch immer durch die Haare fuhr, zärtlich und spielerisch, gab ich meiner eigenen Faszination nach und hob eine Hand, um ein paar seiner Strähnen um meine Finger zu wickeln. „Bist du bereit für heute...?“, murmelte er mit dieser rauen, sexy Stimme. Ich nickte. „Absolut.“ „Keine letzten Zweifel?“ Ich lächelte und küsste seinen Hals. „Keine. Nicht, wenn du dabei bist.“ Ein paar Augenblicke lang ließ er mich gewähren, dann warf er einen Blick auf die Uhr. „Wann treffen wir uns mit den anderen?“ „In einer Stunde.“, seufzte ich gegen seine Haut. Er schaute zurück zu mir. „Das sollte reichen.“ Ich runzelte die Stirn und suchte seinen Blick. „Für wa…?“ Seine stürmischen Lippen auf meinen waren die Antwort. *** Mit meinen 18, fast 19 Jahren habe ich vieles erlebt und bereits einiges hinter mir – und komme mir doch manchmal so jung vor, so unerfahren. Aber hier ist es kein schlechtes Gefühl. Hier fühlt es sich an wie etwas, das noch auf mich wartet, mich mit offenen Armen empfängt, mich zu einer Reise einlädt, die mich verändern, reifen lassen wird. Ich habe noch nie zuvor etwas so Schönes gesehen. Nicht auf diese Weise. Der See vor mir, strahlend hell beleuchtet von der untergehenden Sonne, sieht aus wie ein glatter Spiegel, in flüssiges Gold getaucht, und ich kann mir vorstellen, dass er daher auch seinen Namen hat. Kristallmeer. Tausende funkelnde, kleine Perlen gleiten auf dem sich kräuselnden Wasser, das tagsüber von einem so satten Blauton ist, dass es blendet. Jetzt lässt es die Sonne so aussehen, als wäre die gesamte Oberfläche von Kristallen bedeckt und dieser Anblick ist so unglaublich schön, dass man seufzen will – durchströmt von Ruhe und Zufriedenheit – und nie wieder von diesem Ufer verschwinden. Ein leichter Wind weht über den Strand, fährt mir durch die Haare und ich schließe die Augen und atme tief ein, fühle den weichen Sand unter meinen nackten Füßen. „Atemberaubend, nicht wahr?“ Ich öffne die Augen, lasse meinen Blick schweifen über die Spitzen der Berge, die den See einrahmen und rosa leuchten. „Es ist unglaublich...“, seufze ich und drehe mich zur Seite. Kakashi steht neben mir, seine Haare fliegen im Wind und er scheint ebenso fasziniert von diesem Anblick zu sein wie ich. „Tsunade hat nicht gelogen, als sie sagte, es würde uns die Sprache verschlagen.“ Hinter uns höre ich Sasuke und Naruto mitten in einer lautstarken Diskussion verstummen, als sie über die Hügelkuppe kommen und selbst einen Blick auf das Kristallmeer werfen können. Ich drehe mich zu ihnen um, streiche ein paar Strähnen aus meinem Gesicht und winke sie aufgeregt heran. Sie folgen meiner Aufforderung, wenn auch deutlich überwältigt, von dem was sie sehen und stellen sich neben uns, sodass wir alle eine Reihe bilden, dicht an dicht. „Also, das ist das Kristallmeer, huh?“ Naruto kratzt sich am Kopf. Wir nicken schweigend. „Schön.“, sagt er, so unbestreitbar, dass wir in Gelächter ausbrechen. Dann dreht er sich zu mir und reibt sich die Hände. „Okay, Sakura-chan. Bereit für die richtige Mission?“ Unsere Reise ist vorläufig auf unbegrenzte Zeit festgelegt, durchaus auch offiziell von Tsunade, und unser Besuch hier am Kristallmeer ist nur ein Zwischenstopp, ein offizieller Beginn für etwas Neues. Unsere alte Team 7-Formation wird ein paar Informationen sammeln und von hier aus weiter ziehen, auf der Suche nach jemandem, der Gerüchten zufolge mehr über das Mysterium, das sich Kyô-kai-ki-jun nennt, weiß. Aber bis wir ihn finden werde ich trotzdem glücklich sein, mit Kakashi und meinen Freunden an meiner Seite. Denn eines weiß ich – die Vergangenheit hat mich nicht schwächer gemacht – am Ende machte sie mich stärker. Und was uns erwartet, kann uns nur weiterbringen. Ich schüttle den Kopf, wie um ein paar letzte finstere Schatten loszuwerden, bevor mein Stirnrunzeln weicher und schließlich zu einem Lächeln wird. Kakashi greift nach meiner Hand und die anderen beiden verhalten sich dezent so, als würden sie es nicht sehen. Ich drücke sie zurück. Sasukes dunkle Augen ruhen auf mir, vertraut und beständig und ein kleines Lächeln des inneren Friedens spielt um seine Mundwinkel. Narutos blaue Augen strahlen vor Tatendrang und darin gespiegelt sehe ich – nur ein bisschen erstaunt – dasselbe Leuchten in meinen. Bin ich bereit für die richtige Mission? Ich zeige ihm meinen Daumen. „Niemals mehr als jetzt.“ *** THE END *** Vielen Dank für's Lesen! Für alles! :) Ihr werdet mir fehlen, wenn auch hoffentlich nur vorübergehend. Und ich würde mich unheimlich freuen, von euch zu hören. Liebste Grüße, eure PinkLady18 25.01.2012 10:22 Uhr Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)