Herzschlag *pausiert* von Akanesam ================================================================================ Kapitel 5: Verzweiflung eines Herzschlages ------------------------------------------ Komm schon. Komm schon!!!!! Gleich würde sie, die Unerbittliche, wieder nach ihm rufen. Deswegen versuchte er wirklich sich zu beeilen. Doch in der Hitze des Gefechts kam es schließlich wie es kommen musste: Yoh hatte seinen Schnürsenkel derart verknotet, dass er sogar seinen linken Zeigefinger nicht mehr heraus bekam. Leise vor sich hin betend und den Tränen nahe, hatte die Unbarmherzige ihn doch schon eben erst verwarnt, versuchte er schnellstens wieder diesem Missgeschick Herr zu werden. Doch es kam, natürlich, ganz anders als erhofft. Denn nun war auch noch sein Mittelfinger, selbiger Hand, in Gefangenschaft geraten. Nun half nur noch eins: um Hilfe wimmern!!! „Was kannst du eigentlich?“ Die zynische Stimme Annas, der Unerbittlichen und Unbarmherzigen, erklang hinter Yoh, was diesen wiederrum dazu brachte seinen „genialen Plan“, noch unausgeführt, erst einmal auf Eis liegen zu lassen und seinen Kopf mit einem heftigen Ruck nach hinten zu drehen. Seine blonde Verlobte schaute skeptisch auf das Häufchen Elend vor sich, während sie sich galant an den Türrahmen gelehnt hatte. „Wenn du nicht mal bald Gas gibst, gehen wir eben OHNE dich!!!“ Mit diesen Worten stampfte sie aus dem Zimmer und ließ den Rest ihres Verlobten zurück auf dem Boden. Dieser konnte kaum noch die Tränen unterdrücken und wimmerte herzergreifend, um seine einzige greifbare Hilfe, in diesem Falle Anna, wieder dazu zu bewegen, zurück zu kommen. Und tatsächlich!! Etwas tat sich hinter der Papiertür mit den Kranichen darauf. Die Tür wurde wieder nach hinten geklappt und diesmal war es Manta, der sich erbarmt hatte, seinen Freund aus dieser überaus fiesen Falle, wie sie nur ein genialer und besonders böser Wissenschaftler hätte erstellen können, zu befreien. Die blonde Itako war derweil ohne große Umwege zum Ausgang des alten Gasthauses gegangen. Noch ein paar Minuten länger hätte sie es nicht im warmen Haus ausgehalten, denn sonst hätte die Müdigkeit, die sie schon seit mehreren Wochen unablässig begleitete sowie die dazugehörigen Schlafstörungen, übermannt. Das junge Mädchen wusste nicht genau wieso, aber sie konnte nicht schlafen, egal wie müde sie war. Und wenn es doch einmal in den seltensten Fällen geschah, war es nie von langer Dauer. Anna pustete sich in die kalten Hände, die trotz der Handschuhe froren. Es war heute besonders kalt, wie sie fand. Vielleicht lag es aber nur daran, dass es im Haus so schrecklich warm und irgendwie stickig war. Und dies war nicht das einzige, was im Asakurahaushalt irgendwie nicht richtig lief. Vieles störte Anna schon lange, aber sie war einfach zu müde, um etwas daran zu ändern. Eigentlich passte dies gar nicht zu dem Mädchen, aber seit einigen Wochen hatte sie ganz andere Probleme, als zu hohe Temperaturen in ihrem Zuhause. „Sind die anderen fertig?“ Die Stimme Lysergs brachte Anna wieder in die Realität zurück und sie zuckte kurz kaum sichtbar zusammen. Langsam drehte sie ihren Kopf zu dem grünhaarigen Jungen und schüttelte diesen schließlich leicht, während sie ein leises und müdes „Nein“ von sich gab. „Stimmt gar nicht!!“, ertönte die beleidigt spielende Stimme Yohs hinter ihnen und er stand nun strahlend vor den beiden. „Lasst uns los.“, kicherte er nun vor Vorfreude, konnte er immerhin, je schneller sie los zogen, Ren treffen und diesmal sogar länger bleiben als 4 Minuten. Auch wenn Faust behauptet hätte, es wären 5 gewesen. „Das nächste mal...“, erklang nun die leise Stimme Annas, „.... wirst du ein extra hartes und schreckliches Höllentraining bekommen, du Trödelnase. Haben wir uns verstanden?“ Obwohl das Mädchen es nicht einmal für nötig hielt, sich zu dem braunhaarigen Japaner zu drehen und ihm entgegen zu funkeln oder gar ihre Stimme lauter werden zu lassen, hatte ihre Drohung eine sehr effektive Wirkung gehabt. Denn sogleich war Yoh an Ort und Stelle regelrecht erstarrt und sein fröhliches Lächeln war im Erdboden verschwunden. Ganz und gar verschollen. Manta und Lyserg sahen sich kurz an, ehe sie den Weg Richtung Krankenhaus einschlugen. Langsam allerdings, damit sie sich sicher sein konnten, dass die anderen beiden ihnen folgen würden. Der seltsame Trupp aus vier Leuten bahnte sich nun durch den kalten Herbstwind den Weg. Kurze Zeit war es still, dann wurde diese von Lyserg gebrochen. „Wo ist eigentlich Horohoro-kun?“, fragte er, während er zu den andern sah. „Seit wir aufgestanden sind, habe ich ihn nicht gesehen. Dabei wollten wir alle zusammen Ren-kun besuchen gehen.“ „Die Totentafel von Bason, die wir mitnehmen wollten, ist auch weg. Ob er sie mitgenommen hat?“, meinte nun Manta, während er seinen Kopf in den Nacken gen Himmel legte. Es sah etwas nach Regen aus und er atmete erleichtert auf, dass er sich angewöhnt hatte, immer seinen Regenschirm bei sich zu tragen. Auch wenn die anderen damit angefangen hatten ihn manchmal deswegen aufzuziehen, dass er wohl einen Freund in seiner Größe haben wolle und ihn deswegen immer bei sich tragen würde. „Ich kann mir denken wo er ist...“, murmelte Anna, deren Augen immer bedrohlicher zu zufallen drohten. Yoh bekam von all dem nichts mit. Seine Gedanken waren wieder einmal abgescheift und er hatte von dem Gespräch seiner Freunde nicht mal einen Fetzen mitbekommen. Dieser Zustand war bei ihm in den letzten Monaten fast Dauerhaft gewesen, zu der Zeit des Unfalls. Der Japaner hatte es von allen am schwersten betroffen wie es schien, als das Schicksal zuschlug und ausgerechnet Ren traf. Die erste Zeit war es so schlimm gewesen, dass er sich sogar geweigert hatte etwas zu essen oder gar zu schlafen. Manchmal hatte er sich in den Schlaf geweint, vor lauter Schuldgefühlen und die Angst um seinen besten Freund. Natürlich so, dass es niemand gemerkt hatte, wie er glaubte. Als man dann endlich den Chinesen besuchen konnte, war der Braunhaarige kaum noch von dessen Seite zu bekommen gewesen. Yoh schüttelte leicht den Kopf. Er wollte eigentlich nicht in seine Traumwelt abtrifften und wenigstens versuchen den anderen zu zuhören, was gar nicht so leicht war, wie der Kopfhörerträger befand. „Ich frage mich,...“, begann Lyserg seinen Satz, während er es Manta nachtat und in den drüben Himmel sah, „.... ob es Ren-kun heute schon besser geht.“ ------------------------------------------------ Noch eine Person starrte gerade in den Himmel hinein. Horohoro saß auf einer der Bänke, die in der Nähe des Krankenhauses aufgestellt waren und blickte gedankenverloren in den Horizont. Seit er eben aus Versehen das Gespräch zwischen Arzt und Patient belauscht hatte, diese regelrechte Hiobsbotschaft mit angehört hatte, fühlte er sich schwer und ihm war irgendwie schlecht. Diese Botschaft hatte ihn wie einen Blitz durchzuckt und der Ainu konnte nicht anders, als das Gebäude schon fast Fluchtartig zu verlassen. So schnell war er noch nie gelaufen, da war sich der Junge sicher. Seufzend versuchte er diese Erkenntnis einfach zu verdrängen, aber sie beherrschte seine Gedankenwelt vollkommen. Er konnte nichts dagegen ausrichten. Sie einfach nur gewähren lassen, so sehr sich auch dagegen sträubte. Die kleine Totentafel, die er in den Händen hielt und welche eine kleine blaue Schleife um sich trug, hatte der Ainu doch beabsichtigt gehabt sie dem eigentlichen Besitzer als Überraschungsgeschenk zu überreichen, knetete er fast schon durch. Auch wenn dafür seine Kraft nicht ausreichte. Horohoro musste wieder einmal diesem unbeschreiblich schweren Gefühl Luft machen, welches sich schmerzhaft in seiner Brust ausbreitete und im den Atem abwürgen wollte. Der blauhaarige Junge schloss die brennenden Augen. Wie sollte das nur weiter gehen?! ------------------------------------------------------ Gelbe Augen öffneten sich langsam wieder. Faust hatte den Raum schon längst verlassen, wollte er seinem Patienten doch die Zeit geben, die dieser brauchte um wieder klar denken zu können. Doch wirklich klare Gedanken befanden sich nicht im Kopf des Chinesen. Irgendwie fühlte er sich eher leer an. Als wäre der letzte Funke Hirn mit Fausts Worten krepiert. Einfach verreckt. Ohne das er es bewusst wahrnahm, begann sein Blick durch den Raum zu gleiten. Ganz langsam. Seit er das Zimmer mit Miwa verlassen hatte, war natürlich nichts verändert worden. Alles war wie zuvor, doch eine kleine, eine winzig kleine Kleinigkeit war anders. Der Rollstuhl. Miwa musste ihn vergessen haben, als sie Ren wieder zurück gebracht hatte. Und nun stand er einfach so da. Der Rollstuhl. Ha, ha. Rollstuhl? Rollstuhl!!!!!!!!! Ren fühlte, wie sich seine Hände langsam in die Federdecke bohrten. Sich verkrampften und nicht mehr los lassen wollten. Schwer musste er diesen harten Kloß in seinem Hals, welcher sich ungefragt gebildet hatte, herunter schlucken und schließlich nach Luft schnappen. Bei diesem Wort blieb ihm diese weg. Langsam wurde es ihm bewusst. Das, was Faust da eben erst gesagt hatte. Er würde nie mehr wieder trainieren können. Training? Training!!! Ja, er erinnerte sich noch dunkel daran. Ehe alles so pechschwarz geworden war. Ehe sich die Welt in Dunkelheit gehüllt hatte, da hatte er trainiert. So wie er es immer getan hatte. Immer!! Konnte das sein? Würde er wirklich nicht wieder ins Gasthaus, zu den anderen gehen können? Auf seinen Beinen, seinen eigenen Beinen, ohne fremde Hilfe?! Würde das nicht geschehen? Ein Traum bleiben? Und könnte er dann auch nicht mehr den anderen hinterher laufen, diese mit seiner Hellebarde bedrohen, wenn sie es mal wieder gewagt hatten, ihn auf den Arm zu nehmen? Würde er wirklich nie mehr gehen, laufen, rennen und trainieren können? Nie mehr? Nie....?! NEIN!!! Das wollte er nicht!! Das konnte nicht wahr sein!! Er musste zwar schweren Herzens zugeben, dass er sich schon gewundert hatte, dass sich seine Beine so taub, fast schon wie Blei angefühlt hatten, aber die Gedanken an solch eine Tatsache hatte er immer unterdrückt, nicht einmal in Erwägung gezogen!!! Das musste eine Lüge sein!! Ein Fehler!!! Ja, genau, das war die einzige logische Erklärung, die er finden konnte. Faust musste sich geirrt haben!! Fehler geschehen immer wieder. Tagtäglich! Genau. Ohne sie geht es nicht, auch wenn man sie am liebsten nicht hinnehmen und ausmerzen will, sie geschehen doch immer wieder!!! Gleich, jeden Augenblick würde Faust zurück kommen und sich bei ihm entschuldigen. Entschuldigen, weil er sich geirrt hatte!! Einfach zu müde war und die Ergebnisse falsch bewertet hatte!! Wie sollte es auch anders sein? Oder aber es war ein Scherz!! Eine fauler Witz, den sich Chocolove erdachte hatte!! Sicher standen alle draußen vor der Tür und dachten, er, der große Ren Tao, der Erbe einer ganzen Dynastie wäre ihnen auf den Leim gegangen. Und sie lachen sich gerade da draußen ins Fäustchen. Jeden Moment würden sie rein kommen und ihn aufklären, dass alles nur ein Scherz war, ein Witz!! Nicht mehr und auch nicht weniger. Ja, genau!! So musste es sein!!!!! Es musste!!!!! Er und nicht mehr laufen. Was ein Schwachsinn!!! Da hatten sie sich den Falschen ausgesucht um dumme Streiche zu spielen!!! Sowas kann doch schließlich jedes Kind!! Ja, das durfte und konnte auch nicht stimmen. Es darf nicht wahr sein!!! Noch immer rasten die Gedanken des Chinesen, fanden gar kein Ende. Seine Atmung war auf mehr als das Doppelte angestiegen und sein Herz pumpte ihm sämtliches Blut ins Gehirn, da es in Hochtouren arbeitete. Er konnte schon hören, wie ihm das Blut in den Ohren rauschte. Das akzeptierte er nicht!! Das würde er niemals akzeptieren!!! Nicht in Hundert Jahren!!! Alles war bestens!! Alles war wie immer!!! Ja!! Genau!!! Schnell riss er die wärmende Decke von seinem Körper, sodass sie nach hinten viel und schließlich auf den eisig kalten Boden. Doch das war dem Jungen ganz und gar egal. Nicht einmal einen Gedanken daran wollte er verschwenden!! Immer wieder befahl, schrie er schon fast, dass seine Beinen nun endlich aus dem Bett steigen sollten, so wie es sie immer getan hatten wenn er es wollte. Doch es rührte sich nichts! Nichts!!! Schnaufend holte er Luft, er war vollkommen außer Atem und schwitzte sich die Seele aus dem Leib, als hätte er einen Hundertmeterlauf hinter sich, dabei rührte sich doch nicht einmal etwas!! Nichts!! Rein gar nichts!!! Es geschah einfach nicht das, was er wollte!!! Nicht einmal ein Zucken war zu vernehmen!! Ren versuchte die nun aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, dieses Schwäche verratende Salzwasser und begann nun an seinen Beinen zu zerren. Immer wieder versuchte er sie in die gewünschte Richtung zu bringen, auch wenn er dazu gröbste Gewalt benötigen würde, er würde es schaffen!! Sie sollten ihm gefälligst gehorchen!! Wieso taten sie nichts?!! Verzweifelt zerrten seinen zittrigen Arme noch immer an seinen tauben Beinen, die sich kaum einen Millimeter von selbst bewegen wollten und auf keinen einzigen der Befehl reagieren, die er ihnen immer wieder schickte!! Endlich waren seine Beine an dem gewünschten Punkt, hingen aber nur leblos am Bett herunter. Er konnte nicht einmal spüren wo wie sie waren!! Wie sie den Rand des Bettes berührten, so wie es sonst immer der Fall gewesen war!!! Keuchend wischte er sich die Tränen mit seinem schwarzen Ärmel vom Gesicht, die ihm entkommen waren. Warum viel ihm das alles nur so verdammt schwer?! Weiter!! Weiter!! zwang er sich in Gedanken, zerrte sich weiter zum Bettrand, bis seine Füße den kalten Fliesenboden berühren konnten. Nichts!! Gar nichts konnte er fühlen!!! Hart musste er einen weiteren Kloß herunter schlucken, der sich in seinem Hals gebildet hatte und ihm wieder die Luft abschnüren wollte. Da war es wieder! Dieses Gefühl, dass sich in ihm breit machen wollte, das er auf keinen Fall wahr haben, annehmen wollte. Er versuchte wieder es zu unterdrücken, und besiegte es, wie es ihm schien, wie er glauben wollte, nein musste!!! Mit der letzten Kraft, die ihm geblieben war, stieß er sich vom Rand seines Bettes ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)