Another side of life von Kyo-Kyo ================================================================================ Kapitel 21: Day after day ------------------------- Zerschlagen wie eh und je wachte ich auf. Die Erinnerungen an gestern stürmten wieder auf mich ein und am liebsten hätte ich mich übergeben, doch irgendwie riss ich mich zusammen. Ich musste wohl oder übel auf die Verhandlung warten, doch was mir siedend heiß klar wurde, war, dass ich mein Leben erst einmal selbst regeln musste. Ich wollte ihn um keinen Preis aufgeben, ich wollte ihn lieben, egal wo er war und ich wollte nicht weiter diese schändliche Arbeit machen. Ich kaute auf den Nägeln herum. Gestern war ich nicht erschienen… Ich war einfach zu beschäftigt gewesen mit diesen Neuigkeiten. Der Küchentisch bekam zuerst meine Wut, meine Verzweiflung und meine Trauer zu spüren. Hilflos starrte ich in den Kaffee und sah mein verzerrtes dunkles Spiegelbild. Am liebsten hätte ich mich wieder ins Bett gelegt und geschlafen bis Reita wieder zu mir kommen würde, doch ich bezweifelte, dass das ging. Ich griff zum Telefon und wählte die Nummer des Clubs. Ich schluckte, als der Chef dran ging und bekam auch erst einmal den Anschiss für mein Fehlen. Ich ließ alles geduldig über mich ergehen Dann kündigte ich. Einige Minuten später wurde mir klar, was ich da getan hatte und doch war es eine Erleichterung. Ich konnte das einfach nicht mehr machen. Ich konnte mich nicht jeden Tag dort aufhalten, das Sofa anstarren auf dem er das erste mal saß. Entschlossen presste ich meine Kiefer aufeinander und nickte. Ich musste das jetzt irgendwie in die Hand nehmen. Ich würde ihn so gerne da raus holen… Ein Seufzen entwich mir. Ich vermisste ihn ja jetzt schon. Eine Woche später fanden die Verhandlungen statt. Er war geständig und so wurde seine Strafe auf vier Jahre reduziert. Der Mittäter bekam fünf. Als ich das erfuhr wich mir alles Blut aus dem Gesicht. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, dass es so lange sein würde. Ein Jahr vielleicht auch anderthalb aber vier? Nein mit so etwas hatte ich mich noch nie beschäftigt wieso auch? Seid einer Woche war ich nun arbeitslos, durchforstete Zeitungen und Geschäfte, doch so einfach war es nicht. Das wenige Geld was mir noch blieb gab ich meist für Essen oder die Fahrten zu ihm aus. Ich glaube er war erleichtert, als ich ihm gesagt habe, dass ich nicht mehr dort arbeiten werde. Das verstehe ich gut. Es war schrecklich sich zu sehen und sich nicht einmal richtig trösten zu können. Vier Jahre… Hallte es immer weiter in meinem Kopf umher. Das war eine verdammt lange Zeit. Ob wir uns verändern würden? Mich schauderte es. Ich wollte doch nur diese glückliche Zeit festhalten. Ich wäre beinahe über der Zeitung eingenickt, in den Nächten wurde ich oft von meinen Gedanken wach gehalten, bis ich sie mit Schlafmitteln betäubte, da fiel mir eine Anzeige ins Auge. Ein anderer Club suchte Tänzer. Da stand nur etwas von Tänzern nichts weiter. Ich seufzte und malte einen roten Kringel darum. Nein eigentlich wollte ich das alles nicht mehr machen, doch das war etwas in dem ich Erfahrung hatte und wenn ich wirklich nur tanzen würde… Dann machte ich mich auf um mir dieses… Dingen mal anzuschauen. Es sah recht freundlich auf. Nicht so groß und schön wie der andere, aber hier sollte ich wirklich nur tanzen. Nach einigem Hin und Her und Vortanzen bekam ich dann den Job, doch das Gehalt schien auch nur eine kleine Taschengeld Aufbesserung zu sein. “Verdammte scheiße!” Ich wütete auf der Straße rum, dass die Passanten mich entgeistert anstarrten scherte mich nicht. Es fing wieder an. Mein Leben kotzte mich einfach an. Nur einen winzigen Lichtblick hatte ich… Jeden Abend machte ich ein Kreuzchen auf dem Kalender für jeden vergangenen Tag. Ich musste nur durchhalten. Die Zeit schwindete dahin. Nein eigentlich eher nicht… Jeder Tag war das gleiche. Ein Kampf mit dem Leben. Morgens fühlte ich mich elend und wenn ich nachts von der Arbeit nach Hause kam fühlte ich mich kaum besser. Der Tag zog sich so dahin, ohne wirkliche Abwechslung. Einfach nur leben… atmen… essen… tanzen. Denken tat ich auch, was allerdings keine besonders hilfreiche Eigenschaft zu sein schien. Einige Zeit später war ich dann mit zwei Monatsmieten in Verzug. Ich hatte noch Glück, dass mein Vermieter mich nicht raus schmiss. Er war sehr nett und ich musste es alles nacheinander irgendwie abstottern. Doch sehr viel mehr schien das Geld auch nicht zu werden. Aus den gelegentlichen Besuchen bei Reita versuchte ich Kraft zu schöpfen, doch so einfach war es nicht. Er versuchte mir Trost zu geben, Hoffnung und Stärke, doch wir waren noch immer getrennt und ich bemerkte auch, wie das alles an seinen Nerven zehrte. Er blieb immer ruhig und sagte ihm gehe es gut und doch hatte er einen Ausdruck in den Augen den ich noch nie gesehen hatte. Kaputt, müde vielleicht. Ich konnte es kaum zuordnen, doch ich wusste, dass es mich nervös machte. So gerne hätte ich die Kaution bezahlt, doch womit? Ich verzweifelte beinahe bei den Gedanken. Die Wohnung konnte ich schlecht aufgeben, was würden wir dann tun? Wo sollte ich hin? Kredite… nein wovon auch? Ich war entschlossen mir noch einen Job zu suchen, auch wenn sich das genau so schwer herausstellte, wie den ersten zu finden. Doch irgendwann, als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, hatte ich Glück. Ich bekam einen Job als Kellner, in dem Cafe´ in dem ich das erste Mal mit Reita war. Schicksal? Ja vielleicht. Ich beobachtete die Leute, die Pärchen, die Freunde die sich dort versammelten um den Tag miteinander zu verbringen und es versetze mir jedes Mal einen Stich ins Herz, ganz alleine zu sein in diesem Moment. Das Trinkgeld, was meist von Damen kam, denen ich wohl eindeutig zu gefallen schien, besserte mein Gehalt ein wenig auf. Doch das Geld floss größtenteils in die Miete. Nach und nach versuchte ich die Schulden abzubezahlen. Es war beschwerlich. Ich arbeitete von morgens bis Nachmittags in dem Cafe´ und musste dann abends wieder zum Club um morgens früh total erschöpft ins Bett zu fallen und nur wenige Stunden später wieder aufzustehen. Nur an meinem freien Tag hatte ich noch die Möglichkeit zu Reita zu fahren. Er machte sich Sorgen, das sah ich ihm an, doch ich schüttelte nur stumm den Kopf und würde weiter machen. Wirklich lukrativ war es nicht, aber mir blieb nicht viel anderes übrig. Am Abend machte ich wieder ein Kreuzchen und blickte auf eine Markierung. Die Zeit hatte sich dahin geschleppt und war doch vergangen. Zwei Jahre… Als ich das realisierte brach ich schluchzend auf dem Boden zusammen. In meiner Rechten hielt ich das mittlerweile schon etwas abgeknickte Foto von reita und mir, welches er mir damals geschenkt hatte. Die Tränen rannen unaufhörlich. So eine lange Zeit. Ich hatte nur in den Tag hinein gelebt und versucht zu überleben. Die vergangene Zeit rauschte durch mein Hirn. Weihnachten hatte er mir eine Karte geschrieben, Silvester waren wir beide wohl alleine gewesen. Aber eigentlich hätte ich doch daran gewöhnt sein müssen, oder nicht? Wie lange war ich schon alleine gewesen? Lange… und doch schwebte die Erinnerung an ihn und unsere gemeinsame Zeit mit mir wohin ich auch ging und bedeckte meine Gedanken. Meine Finger krallten sich in meinen Arm, hinterließen rote Spuren. Die Hälfte… die Hälfte. Wut, Trauer und eine Mischung aus allen Gefühlen stieg in mir hoch, wirbelte durch meinen Kopf und ließ mich kaum mehr klar denken. Die heißen Tränen rannen immer weiter an mir hinab, ich schlug mit der Faust so hart auf mein Bettgestell, dass es bedrohlich knackte und eine leuchtend Rote Spur sich langsam an dem Metall entlang nach unten arbeitete. Ich beobachtete das Blut wie von Sinnen und fuhr mit meine Finger hindurch. Den Schmerz in der Hand bemerkte ich nicht. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, fand ich mich auf dem Boden wieder, einen roten Tropfen getrocknetes Blut auf dem Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)