In Nächten wie diesen... von Priotess (..sollte man uns nicht begegnen) ================================================================================ Kapitel 1: Krypta ----------------- Krypta Der matt leuchtende Mond war gerade erst aufgegangen als sie sich entschloss, noch spazieren zu gehen Langsam schlenderte sie die Straßen entlang. Vorbei an halbkaputten Laternen, die kaum genug Licht spendeten, um den Gehsteig vor sich zu erkennen. Sie war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie nichts um sich herum wahrnahm und sich schließlich vor dem verwitterten Gittertor, das zum Friedhof führte, wieder fand. Viele Erinnerungen und Erlebnisse verbanden sie nicht nur im Geiste mit diesem Ort, der von anderen gemieden wurde, wegen den Gerüchten, die man sich nur leise hinter vorgehaltener Hand zuraunte. Langsam öffnete sie das kleine, aber dennoch schöne Tor, zur Ruhestätte der Verstorbenen und fragte sich gleichzeitig, ob es wirklich richtig war, was sie hier tat, da sie aus eigener Erfahrung wusste wie riskant das ganze war. Schon nach dem ersten Schritt auf dem geweihten Boden, der doch als verflucht galt, schlug ihr ein vertrauter Geruch entgegen, den sie, auch wenn sie es selbst nicht glauben wollte, vermisst hatte. Sie atmete tief ein und stellte wie schon so oft fest, wie sehr sie die modrige Luft hier liebte, dennoch war es nicht unbedingt das, was sie so vermisst hatte. Nein, es war etwas vollkommen anderes, wie sie sich selbst eingestehen musste. Ihr Blick ging zu einer der wenigen Gruften, die hinter dem Schleier zweier Weiden verborgen lag und in eine Jahrhundert alte Krypta führte. Wie von selbst begannen sich ihre Beine in diese Richtung zu bewegen, während sie sich einfach dem herrlichen Geruch hingab. Ein leichtes Grinsen umspielte ihre Lippen, denn es war genau dieser süßliche Duft, der für die Gerüchte verantwortlich war, die in dem kleinen Dorf kursierten. Sie war eine von drei Personen, die wirklich wussten was dahinter steckte. Ihre Fingerspitzen fuhren am rauen Stein entlang, als sie vorsichtig die Treppe hinab stieg und somit der süßliche Geruch stärker wurde, der sie immer mehr vergessen ließ, was sie am Ende der Stufen erwarten würde. Allerdings wurde es ihr schlagartig bewusst, als sie die nur spärlich beleuchtete Krypta betrat. Der schwache Schein der Fackeln tanzte über die Ränder des steinernen Kreuzes, das genau in der Mitte stand. Der bis an die Grenzen des Möglichen geschundene Körper, der daran hing, hatten sie bei ihrem ersten Besuch in der Krypta erschreckt und angewidert. Doch nun empfand sie bei seinem Anblick ganz andere Gefühle. Sie schritt über die vielen Knochen, die am Boden verstreut herumlagen hinweg und blieb regungslos vor dem Gekreuzigten stehen. Zärtlich, ja beinahe sogar liebkosend strich sie mit einem Finger über seine nackte Brust, wobei sie unzählige Blutergüsse, Schnitt- und Platzwunden passierte. Die meisten Verletzungen kannte sie noch von ihrem letzten Besuch, aber es waren auch neue dazu gekommen. Ein genüsslicher Ausdruck spiegelte sich in ihren Augen wieder. „Du kommst spät“ Aus dem Schatten der hintersten Ecke löste sich die Gestalt eines kränklich wirkenden Mannes. Sofort hielt sie inne in ihrer Bewegung, auch wenn es sie einige Überwindung kostete, da sie von dem Geruch des Todes so sehr berauscht war. Sie sah zu dem Fremden und fragte sie gleichzeitig was er damit gemeint hatte. „Ich hatte dich bereits vor einer Woche hier erwartet“ Seine Stimme wirkte schwach und heiser, als er weiter sprach, so als ob er sie schon lange nicht mehr gebraucht hätte. Sie wusste nicht woher er von ihr wusste und dass sie des Öfteren hier her kam, aber im Prinzip war es nun auch egal. Nur eins war jetzt wichtig: Sie wollte hier weg. Ihr Blick huschte zum Ausgang, vorauf sich ihre Augen vor Schrecken weiteten. Der Weg war durch ein Gitter versperrt worden. Der Schatten eines Lächelns war flüchtig auf seinem Gesicht zu erkennen, als er ihren Blick zum Ausgang bemerkte. Er blieb neben dem Kreuz stehen, von dem sie zurückgewichen war. „Ich brauche deine Hilfe“ Irritiert sah sie zu ihm. Das war doch nicht sein Ernst? Oder vielleicht doch? „Was wollen Sie? Wobei brauchen Sie meine Hilfe?“ Ihre Stimme klang sicherer, als sie es selbst erwartet hatte Seine Hand ging kurz hinter das Kreuz, wo er einen Mechanismus auslöste. Die Ketten, die den Gekreuzigten gehalten hatten, wurden entfernt und der leblose Körper fiel zu Boden, wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren. „Ich bräuchte ein neues Spielzeug“ Geschockt sah sie auf den Toten am Boden. Tränen schnürten ihr den Hals zu, wobei sie nicht einmal wusste ob es nun aus Trauer um den Mann oder aus Angst war. Sie sah wieder zu ihm. „Sie wollen mich? Warum?“ Trotz der Tränen klang sie seltsam gefasst. Kurz zuckte etwas in seinen Augen auf und im nächsten Augenblick stand er direkt hinter ihr: „Weil ich schon lange nicht mehr…“ Ein wohliges Schaudern durchlief ihren Körper Oh, wie sehr sie das Spiel mit dem Feuer liebte. Eingeschlossen davon zu sein, um dann davon verzehrt zu werden. Sie musste eingestehen, dass sie eigentlich gar keine Angst gehabt hatte. Und so waren ihre Tränen schnell versiegt. „Was würde mir das bringen?“ Sie hatte ihn mit Absicht unterbrochen. Das Unbekannte war viel reizvoller. „Soll ich es dir wirklich verraten? Oder willst du es nicht viel lieber selbst herausfinden?“ Sie spürte seinen warmen Atm in ihrem Nacken. Erneut erschauderte sie. Sie schloss ihre Augen, um diesen Moment bis aufs letzte auszukosten. „Habe ich denn überhaupt eine Wahl?“ Er stand plötzlich vor ihr. Ein siegessicherer Ausdruck lag in seinen rotvioletten Augen, die mit schwarzen Adern durchzogen waren „Willst du denn eine haben?“ Sie erschrak nicht mehr, war gelassen und doch angespannt Langsam öffnete sie ihre Augen wieder und legte vorsichtig die Fingerspitzen an seine Wange. „Nein…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)