Forgotten Truth? von Sushi-Fish (~Ruki x Kai Christmas Oneshot~) ================================================================================ Kapitel 1: Vergessen? --------------------- Gedankenverloren starre ich auf meine Teetasse. Ich muss an ich denken. Ob du tatsächlich auftauchen wirst? Du hast schon eine Viertelstunde Verspätung. Aber so warst du nie. Ich kenne dich gut genug um zu wissen, dass du zu einer Verabredung immer erscheinen würdest. Aber kenne ich dich wirklich gut genug? Denn auch damals glaubte ich dich zu kennen. Besser als alle anderen. Ich war mir sicher, dass du mich nie alleinlassen würdest. Und dann, kaum eine Woche nach Erreichen der Volljährigkeit, bist du verschwunden. Ohne ein Wort des Abschieds. Langsam tauche ich meinen Löffel in den Tee und verfolge mit den Augen die dadurch entstandenen, sanft wogenden Wellen. Ob du wusstest, was für ein Loch du in mich reißen würdest? Wie sehr du mir wehtun würdest? Anscheinend war es dir egal. Werde ich je erfahren, was damals in dir vorgegangen ist? Was dich dazu getrieben hat, einfach zu verschwinden? Ich kann nicht sagen, was du mir und meinen Eltern damit angetan hast. Wir alle waren eine überaus zufriedene Familie! Was hat dich dazu bewogen, all das zurückzulassen? Ich hatte gedacht, ich würde dir etwas bedeuten. Ich jedenfalls habe dich immer geliebt. Du warst von Anfang an wie ein Bruder für mich. Und nicht nur das. Zum Zeitpunkt deines Fortgangs führten wir doch eine glückliche Beziehung, oder siehst du das nicht so, Ruki? Hast du mich nicht geliebt? Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber du hattest alles was du brauchtest. Warum wolltet du das alles aufgeben? Nicht nur ohne dich zu verabschieden, sondern auch ohne ein Wort des Dankes. Wenn man bedenkt, was meine Eltern und ich in all den Jahren für dich getan haben. Allein mir hast du es zu verdanken, dass du nicht ins Heim musstest. Ich habe meine Eltern überzeugt, dich aufzunehmen, als deine Eltern überraschend bei einem Autounfall ums Leben kamen. Du warst damals erst dreizehn und seelisch betrachtet ein Wrack. Ich erinnere mich noch ungewöhnlich genau daran, wie du mich gebeten hast, nachts bei dir zu bleiben, weil du Angast hattest und nicht alleinbleiben wolltest. Und irgendwann war deine Anwesenheit selbstverständlich. Es war für uns alle, als wärst du schon immer bei uns gewesen. Gerade das macht es ja so unverständlich, dass du weggegangen bist. Ich habe bis heute, fünf Jahre später, oft an dich gedacht. Was wohl aus dir geworden ist? Vielleicht wohnst du ja noch immer in der Nähe. Vielleicht auch nicht, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass du mir die größten Schmerzen bereitet hast, die für mich vorstellbar waren. Ich verlor meinen besten Freund. Ob ich dir verzeihen würde? Ich weiß es nicht. Ich habe so viele Fragen, die ich dir gerne stellen würde. Mein Blick wandert zur Uhr. Schon zwanzig Minuten zu spät. Enttäuschung durchflutet mich. Du wirst bestimmt nicht kommen. Du hast mich vergessen. Oder hast es dir anders überlegt. Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht überrascht war, als mich plötzlich dein Brief erreichte, in dem du mich um ein Treffen batest. Heute, an Weihnachten, dem Fest der Liebe. Und da bin ich nun. In dem Cafe, das wir früher oft gemeinsam besucht haben und das du anscheinend für ein Treffen für geeignet hieltest. Tatsächlich haben wir das Cafe beide gemocht. Durch seine ruhige und gemütliche Atmosphäre war es immer der beste Ort zur kurzfristigen Entspannung. Auch nachdem du aus meinem Leben verschwunden bist, habe ich es oftmals aufgesucht und meinen Erinnerungen nachgehangen. Fünfundzwanzig Minuten. Seufzend nehme ich den letzten Schluck meines Früchtetees. Jetzt brauche ich wirklich nicht länger zu warten. Ich drücke der Bedienung einen Schein in die Hand und werfe einen letzten hoffnungsvollen Blick zur Tür. Sie öffnet sich nicht. Ich seufze erneut leise und greife nach meinem Mantel neben der Tür. Neben mir betritt ein junger Mann das Cafe. Ich beachte ihn nicht weiter, bis ich bemerke, dass der Blick des Neuankömmlings prüfend an mir herabwandert. Ist das vielleicht...? Ruckartig drehe ich den Kopf und betrachte die in Schwarz gekleidete Person. „Ru...Ruki?“ „Kai?“ Du lächelst verlegen. Obwohl du früher noch keine blonden Haare hattest, erkenne ich alles an dir wieder. Deine Gesichtszüge, die mich in meiner Jugend begleitet haben. Ich bemerke, wie sich eine einsame Träne den Weg über meine Wange bahnt. Hastig fahre ich mit der Hand über mein Gesicht. „Du willst schon gehen?“, fragst du leicht enttäuscht. Deine Stimme zu hören löst ein warmes und fast gänzlich unbekanntes Gefühl in meinem Inneren aus. Stärker als je zuvor wird mir klar, wie sehr ich dich vermisst habe. „Nur weil du nicht gekommen bist.“, sage ich leise. Du machst ein unbestimmtes Geräusch. „Hm...Sollen wir dann spazieren gehen?“ Ich nicke und folge dir vor die Tür. Mir ist nie aufgefallen, dass du trotz allem ein ganzes Stück kleiner bist als ich. Ohne dass ich es beabsichtige, schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Wie niedlich du aussiehst. Du führst mich aus der belebten Innenstadt an einen kleinen, von Bäumen umfassten See. Durch die Bäume fallen einige Strahlen des Mondlichtes auf das stille Wasser, wo sie sich in einem verschwommenen Bild vereinen. Ich erkenne den Ort. Unmittelbar nach dem Unfall deiner Eltern hast du dich oft hierher zurückgezogen, um nachzudenken. Du hast mir einmal davon erzählt, aber ich war nie zuvor hier. Nie hast du jemanden mitgenommen. Du wolltest allein sein und alle haben das akzeptiert. Wie viele Leute wohl von diesem See wissen? Bestimmt nicht allzu viele, denn dazu liegt er zu verborgen. Du lässt dich langsam auf die alten Steine sinken, die den Übergang vom leicht tiefer liegenden Sees zum Erdboden darstellen. Ich setze mich neben dich und betrachte dich von der Seite. Lange schweigen wir beide, bevor ich die Frage stelle, die mich die letzten fünf Jahre verfolgt hat. „Warum?“ Meine Stimme klingt vollkommen ruhig. Warum schreie ich dich nicht an? Grund genug dazu hätte ich allenfalls. Aber ich kann es nicht. Ich habe mir oft ausgemalt, wie eine mögliche Begegnung zwischen uns aussehen könnte. Doch ich hatte nie eine realistische Vorstellung davon, wie es sein würde, dir tatsächlich gegenüberzustehen. Und nun sitze ich am Ufer dieses Sees neben dir und habe endlich die Möglichkeit, alle meine Fragen zu stellen. Noch immer sehe ich dich schweigend an. Du wirkst so zerbrechlich und gleichzeitig wunderschön. Nachdenklich ruht dein Blick auf einem außergewöhnlich geschwungenen Stock, der aus dem Wasser ragt. In deinen dunklen Augen glänzt die Spiegelung des mondbeschienenen Wassers. „Kannst du dir vorstellen, was du damit bei mir ausgelöst hast?“, frage ich weiter, nachdem du keine Anstalten machst, auf meine erste Frage zu antworten. „Ja, Kai.“ Deine Stimme gleicht einem Flüstern, weshalb ich noch näher an dich heranrutsche, um keines deiner Worte zu verpassen. Keines der Worte, auf die ich so lange gewartet habe. „Es tut mir leid.“ Du machst eine lurze Pause und siehst hilfesuchend zum tiefblauen Himmel. Ich öffne den Mund, um etwas zu erwidern. Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist? Du scheinst zu wissen, dass dies nicht der Fall ist, denn zum ersten Mal an diesem Tag siehst du mir in die Augen und fährst fort, bevor ich den Mund öffnen kann. „Ich weiß, dass es keine Entschuldigung für mein Verschwinden gibt. Aber ich hoffe trotzdem, dass du mir verzeihen wirst. Irgendwann. Jedenfalls...“ Du stockst und fährst nervös mit deiner Hand über dein Knie. „Ich kann dir selbst nicht genau sagen, warum ich weggegangen bin. Aber ich werde es versuchen.“ „Lag es an mir?“, frage ich unwillkürlich. Du schüttelst hastig den Kopf und siehst mich weiter an. „Nein, natürlich nicht. Ich hoffe du weißt, dass mir mehr an dir lag, als an allem anderen.“ „Woran lag es dann?“, frage ich verständnislos. „Du weißt auch, dass der Tod meiner Eltern für mich sehr schwer zu verarbeiten war. Und das Problem ist, dass ich es nicht wirklich verarbeitet habe.“ „Aber was hättest du sonst tun sollen?“ „Es mehr als Teil meines Lebens akzeptieren. Stattdessen habe ich es mehr und mehr verdrängt. So habe ich zwar für lange Zeit vergessen, aber irgendwann kam alles wieder hoch. Ich konnte nicht anders, als all das zu verlassen. Ich glaubte, wenn ich den Ort verlassen würde, an dem alles geschehen war, könnte ich einfach ein neues Leben anfangen.“ „Aber warum hast du uns nichts gesagt?“ Du schluckst. „Es fiel mir auch sehr schwer, das kannst du mir glauben. Aber letztendlich war es so einfacher. Ihr hättet mich nicht gehen lassen. Aber ich musste gehen.“ Ich atme tief aus und wende den Blick von dir ab. Irgendwie ist das alles zu viel für mich. „Und jetzt?“, frage ich schließlich, in fast schon weinerlichem Ton. „Ich weiß es nicht, Kai. Sag du es mir.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich hab dich so vermisst, Ru.“ „Ich dich auch.“ Schon wieder klingt deine Stimme so leise, dass ich deine Worte fast nicht verstehe. „Wo hast du die letzten Jahre verbracht?“ Etwas Sinnvolleres fällt mir nicht ein. „Außerhalb der Stadt. Ich hab mir eine kleine Wohnung gemietet. Und du?“ „Ich bin vor zwei Jahren ausgezogen. Aber ich wohne immer noch hier in der Nähe.“ „Ach so.“ Du schweigst. Plötzlich breitet sich ein Lächeln auf deinem Gesicht aus. „Frohe Weihnachten, Kai.“ „Frohe Weihnachten.“ Auch ich muss grinsen. Wieder herrscht eine Weile Stille. „Liebst du mich noch?“ Die Frage trifft mich vollkommen unvorbereitet. Was soll ich darauf antworten? Am besten etwas wie ‚Ich bin mir nicht sicher. Du warst so lange weg.‘ Noch einmal sehe ich dir in die Augen. Und schon wieder kann ich nicht verhindern, dass meine Augen wässrig werden. „Ja, Ruki.“ Ich komme mir vor, wie in einem zu kitschigen Film, doch das stört mich im Moment wenig. Ich blicke zu dir. Du lächelst, bevor du mich langsam mit deinen Armen umschlingst und deine Lippen auf meine presst. Sanft erwidere ich den Kuss. Ich kann nicht sagen, ob ich mir jemals gewünscht habe, dass so etwas passiert. Aber ich weiß sicher, dass ich schon ewig nicht mehr so glücklich gewesen bin. Irgendwann löst du dich von mir, kriechst seitlich auf meinen Schoß und legst deinen Kopf auf meine Schulter. „Kann ich zu dir ziehen, Kai?“, murmelst du irgendwann. Ich hole tief Luft und wende meinen Blick zu den Sternen, ganz als ob dort die Antwort auf deine Frage stünde. „Ich weiß es nich. Ich habe lange gehofft, dich wiederzusehen. Und heute ist das endlich Wirklichkeit geworden. Ich fänd’s wirklich schön, wenn du bei mir bleiben würdest. Aber Ruki...?“ Ich schiele zu deinem Kopf hinüber, der noch immer auf meiner Schulter ruht. „Ja?“ „Wer sagt mir, dass du mich nicht nochmal alleine lässt?“ Du siehst mich lange durch halb geöffnete Augen von der Seite an, bevor du dich aufrichtest. Dein Gesicht ist jetzt nur noch eine Handbreit von meinem entfernt. „Ich lasse dich nicht allein. Nie wieder.“ Und diesmal bin ich mir sicher, dass ist dir glauben kann. „In Ordnung.“ Zum bestimmt hundertsten Mal in der letzten Stunde beginnst du zu lächeln. „Ich liebe dich, Ruki.“, flüstere ich, bevor ich meine Lippen erneut auf die deinen lege. „Ich dich auch, Kai.“ ----- =_= so nen Kram kann man auch echt nur an Weihnachten schreiben ôo Ist vielleicht als Weihnachts-FF etwas verspätet, aber hey, es is ja immer noch Weihnachten^^ Und ansonsten...sag ich da besser ma gar nichts zu >_< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)