Echte Kerle von moko-chan (Dean+Sammy) ================================================================================ Kapitel 42: Jenseits der Stille ------------------------------- „Das macht doch alles keinen Sinn, Sam! Keine von meinen schönen Theorien erklärt, warum du das Gefühl hattest, Nadeln in deinem Hals stecken zu haben! Das ist doch zum Mäusemelken!“ Dean warf das Buch auf den Tisch, das er gerade gelesen hatte, und die Hände in die Luft, und Sam musste sich ein völlig unangebrachtes Grinsen verkneifen, während er stumm beobachtete, wie Dean zu einer neuen Runde durch die Abteilung für Übernatürliches der örtlichen Bibliothek ansetzte – wobei ‚Runde’ eigentlich das falsche Wort war, Dean bewegte sich nämlich streng linear fort, von links nach rechts und wieder zurück, immer am mannshohen Regal entlang, das sie von den anderen Besuchern dieses öffentlichen Gebäudes ganz wunderbar abschirmte. Es war dann auch äußerst positiv zu bewerten, dass diese Bibliothek eine Abteilung für Übernatürliches hatte, die sich über die komplette Länge des erwähnten Regals erstreckte, das sie vor den anderen Besuchern dieses öffentlichen Gebäudes ganz wunderbar abschirmte – Dean gab sich nämlich nicht die geringste Mühe, seine Lautstärke auch nur ein klein wenig zu dämpfen, und erntete ärgerliches Räuspern und einschüchternde Zischlaute aus sämtlichen Himmelsrichtungen, da er ja aber nicht gesehen wurde, zumindest keine Blicke ähnlich feindseliger Natur. Sam wühlte seinen Block unter einem Stapel Bücher heraus, kritzelte geduldig eine Notiz und reichte den Block Dean, der zu dem von ihm okkupierten Tisch hinüber gekommen war, als er ihn hatte schreiben sehen. „Das weiß ich auch“, las Dean laut vor, nachdem er den Block vor seine Nase gehoben hatte, dann schnitt er Sam eine Grimasse. „Hör auf, Papier zu verschwenden, Sammy! Bin ich hier der Einzige, der sich Sorgen darüber macht, was mit deiner bezaubernden Singstimme passiert ist?“ Dean zog die Stirn kraus, als ihnen aus nördlicher Richtung ein „Ruhe da drüben!“ zugebrüllt wurde, und brüllte prompt zurück: „Ja, genau: Ruhe da drüben!“ Sam verdrehte die Augen, eroberte sich in der Zwischenzeit seinen Block zurück und war schon wieder eifrig am Schreiben, als Dean das anonyme Streitgespräch in Form von mehreren, reichlich sinnlosen „Ruhe!“ Rufen beendet hatte. „Was denn nun wieder?“ Dean stellte sich hinter Sam, beugte sich leicht vor und blickte ihm über die Schulter, und machte ein verdutztes Gesicht, als er Sams ein wenig krakelige Handschrift entziffert hatte. „Du findest das gar nicht so schlimm, dass du stumm bist?“ Sam drehte den Kopf, blickte zu ihm auf und nickte, sein Welpengesicht unschuldiger denn je. „Sammy, ich weiß ja, dass ich dich mehr als einmal darum gebeten habe, dass du die Klappe hältst, aber deswegen -“ Dean hielt inne, als Sam wieder zu schreiben begann, las aufmerksam mit, und als Sam fertig war und ihn wieder ansah, machte Dean ein Gesicht, dass Sam ihn am liebsten in die Arme nehmen und küssen wollte. Schon wieder. „Sam“, Dean wich Sams großen braunen Augen aus und fuhr sich unsicher mit der Hand durchs Haar, „… Das ist nicht wahr und das weißt du.“ Ihre Blicke begegneten sich, Dean streckte die Hand aus und kniff Sam in die Nase, und der lächelte schwach. „Du irrst dich, Sammy – und jetzt lass uns weiter nach einer Lösung suchen, wenn ich noch länger deine Handschrift entziffern muss, werd ich am Ende noch blind und dann haben wir wirklich ein Problem.“ Sam machte sein „du bist absolut unmöglich“ Gesicht, nickte aber und legte seinen Block beiseite, um sich wieder den Büchern zu widmen, die haufenweise vor ihm auf dem Tisch lagen. Er bemerkte nicht, wie Deans Blick sich kurz auf die Worte fixierte, die er zuletzt geschrieben hatte. „Es hat uns wieder zusammen gebracht und ich habe es verdient – es ist mir egal.“ Sam beobachtete Dean aus dem Augenwinkel und biss sich auf die Unterlippe, hin und her gerissen zwischen leiser Besorgnis und ein wenig lauterer Belustigung. Möglicherweise war es ein wenig unangebracht, dass Deans Sorge um ihn Sam derartig erheiterte, aber wenn er sich den konzentrierten Blick so betrachtete, mit dem Dean jetzt schon seit einer geschlagenen Viertelstunde die Buchseiten vor sich anstarrte, dann konnte er einfach nicht anders, als fröhlich zu grinsen. Zunächst einmal war Dean mit einem Buch in der Hand – lesend! – ein Anblick, der schon für sich genommen einen privaten Witz darstellte, und dann dieser BLICK mit dem er das tat. Dean sah so unglaublich seriös aus, so unglaublich ernsthaft, so unglaublich SEXY – Sam machte sich mit einem Ruck gerade, als Deans Blick noch ein wenig ernster wurde, und die Besorgnis in seiner Brust verschaffte sich energisch Gehör und verdrängte die Belustigung. Wenn er nicht wollte, dass Dean sich noch viel mehr unnötige Sorgen um ihn machte, dann sollte er sich bei seiner Recherche vielleicht doch ein klein wenig mehr Mühe geben – selbst wenn er seinen Stimmverlust nach wie vor nicht allzu tragisch nahm, er war sich ja nicht einmal sicher, dass diese merkwürdige Sprachlosigkeit wirklich mit etwas Übernatürlichem zusammenhing. „Ich versteh das mit den Nadeln nicht“, hörte er Dean verbissen murmeln und ließ sich nur allzu schnell wieder von seinem eigenen Buch ablenken. „Das passt mit NICHTS von dem zusammen, was ich bisher gefunden habe – das macht mich noch …“ Deans Stimme vertiefte sich zu einem unverständlichen Brummen, und Sam stand kurzerhand auf und ging zu Deans Seite des Tisches hinüber. Dean blickte auf, als Sam auf ihn zukam, wurde im nächsten Moment in den Arm genommen und gedrückt und er blinzelte ein wenig irritiert. „Sammy?“ Sam drückte ihn noch ein wenig fester, und Dean fing an zu grinsen. „Soll ich dir deinen Pinguin aus dem Impala holen, damit du was zum Schmusen hast?“ Er blickte mit leisem Spott in den Augen zu Sam auf, dann schien sein Blick plötzlich direkt durch Sam hindurch zu gehen. „Plüschtiere! Puppen!“ Sam fuhr zurück, und sein Gesicht drückte ganz klar aus, was er von diesem plötzlichen Ausruf hielt. „Puppen! Mann, Sam!“ Dean wirkte unangebracht begeistert, wenn man bedachte, dass er hier gerade über Puppen – PUPPEN! – in Verzückung geriet. So lange Sam Dean auch schon kannte, manchmal blieben ihm seine Gedankengänge so nachdrücklich verschlossen, dass er sich bisweilen Sorgen um Deans geistige Gesundheit machte. Sams Gesicht machte also „Puppen? Wieso Puppen?!“, und Dean tippte ihm vor die Stirn und sagte: „Voodoo, Sam! Voodoo!“, was nicht wirklich hilfreich war. Sams Gesicht machte „Voodoo? Wovon zum Teufel redest du, Dean?“, und Dean drückte ihm einen schnellen Kuss auf. „Ich muss mal eben Bobby anrufen!“ Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, da hatte er auch schon sein Handy wie eine Waffe gezückt und wählte energisch Bobbys Nummer, und Sam konnte sich nur fragen, warum Dean es nicht für nötig zu halten schien, zunächst einmal IHM eine Erklärung abzugeben, was überhaupt los war. Um ihn ging es hier schließlich! Dean grinste derweil zufrieden vor sich hin und zwinkerte Sam frohgemut zu – dass er da nicht früher drauf gekommen war! Dabei hatte er diesen dämlichen Film inzwischen so oft gesehen, dass er ihn auswendig mitsprechen konnte. Er schämte sich zwar immer noch, dass er Jennifer Grey erst nach der ersten halben Stunde erkannt hatte, aber was konnte er schließlich dafür, wenn die sich plötzlich ne neue Nase zulegen musste?! Zu seiner Verteidigung konnte Dean höchstens vorbringen, dass sein erster und einziger Voodoo-Fall in seiner Laufbahn als Jäger schon ein wenig zurück lag – es war der Letzte gewesen, bevor er Sam aus Stanford entführt hatte – und dass seitdem so gut wie alles, was er je über Voodoo gewusst hatte, seinem wankelmütigen Geist entfallen war. Bobby nahm schließlich ab, und Dean ließ ihm gerade noch Zeit für ein fragendes „Hallo?“, da tirilierte er auch schon in den Hörer. „Bobby, was weißt du über Voodoo?!“ „Dean, bist du das?“ Dean ignorierte die gefährlichen Zischlaute, die erneut aus allen Ecken der Bibliothek an sein freies Ohr drangen und räusperte sich ungeduldig. „Natürlich bin ich das! Wer soll es denn sonst sein?!“ Ein kurzer Moment der Stille trat ein, und Dean schaltete nicht schnell genug, um den Hörer von seinem Ohr wegzuziehen. „Willst du mich umbringen, du Idiot?! Wie kannst du mich so erschrecken?! … Einfach so in den Hörer zu brüllen … dämlicher Idiot …“ Dean nutzte die Zeit, die Bobby brauchte, um ihn noch ein wenig variantenreicher zu beschimpfen, indem er gegen das Klingeln in seinem rechten Ohr ankämpfte – es dauerte eine Weile, bis er das breite Grinsen auf Sams Gesicht bemerkte. Mhm … gut, er hatte dieses Grinsen vermisst, aber eine Kopfnuss hatte sich Sammy trotzdem verdient. „Mambo? Ich denke, den Tanz setz ich aus …“ Dean grinste breit und ignorierte Sams genervten Gesichtsausdruck, genauso wie Bobbys genervtes Schnauben. „Entweder, du lässt die dummen Sprüche, oder du kannst das selber nachlesen! Wer bin ich denn: Der Depp vom Dienst?!“ Dean biss sich auf die Unterlippe, kämpfte sein Grinsen zurück und bat Bobby in einem beinahe lächerlich höflichen Tonfall, das eben Gesagte noch einmal zu wiederholen. „Ich habe gesagt“, wiederholte Bobby mit einem Unterton, der Dean ganz klar dahin, wo der Pfeffer wuchs, verwünschte, „dass die männlichen Voodoo-Priester Houngan oder Babalawo genannt werden – je nachdem, ob sie gut oder böse sind – die weiblichen heißen Mambo.“ „Egal, ob sie gut oder böse sind?“, hakte Dean nach und Bobby seufzte ungeduldig auf. „Ja.“ „Ist das nicht sexistisch?“ „Dean …“ Die merkwürdig gedehnte Art, wie Bobby seinen Namen aussprach, warnte Dean, es nicht noch weiter auszureizen, also riss er sich zusammen und räusperte sich einmal nachdrücklich. „Und so ein Voodoo Priester wär doch dazu in der Lage, jemandem die Stimme zu rauben, oder?“, erkundigte er sich dann ernsthaft und Bobby schwieg. „Bobby?“ „Ja schon“, Bobbys Südstaatenakzent war schlimmer denn je, „Aber für so einen starken Zauber bräuchte man schon etwas von der Person, die man verzaubern will – und ich rede jetzt nicht von etwas, das der Person gehört. Für sowas braucht man wirklich einen TEIL der Person … Zähne … Nägel … Körperflüssigkeiten – etwas in der Art.“ Dean wurde blass und hatte das Gefühl, als versuche sein Magen, sich nach außen zu stülpen. Nicht unbedingt angenehm, sowas. „Dean? Bist du noch da?“ Dean schluckte trocken und versuchte, sich zu konzentrieren und das Bild der Rothaarigen in Sams Armen aus seinem Kopf zu verbannen. „Körperflüssigkeiten?“ Dean war beinahe zu leise, um gehört zu werden, es entstand eine merkwürdige Pause, und es war schließlich Bobby, der zuerst etwas sagte. „Alles ok mit dir, Junge?“ Nein, es war definitiv NICHT alles ok, und als Sam ihm die Hand auf die Schulter legte, war Dean im ersten Moment versucht, sie weg zuschlagen, dann blickte er jedoch zu Sam auf und ließ sogar zu, dass er den Arm um ihn legte. „Ja, alles ok, Bobby“, rang er sich schließlich durch zu sagen, und genoss einen Moment lang die trügerische Sicherheit, die ihm Sams Nähe bot. „Ich … meld mich später wieder.“ Dean legte auf, ohne auf Bobbys Antwort zu warten, legte sein Handy auf den Tisch und ließ sich von Sam in eine feste, warme Umarmung ziehen. Sam brauchte gar nichts zu sagen – hätte es nichtmal gebraucht, wenn er gekonnt hätte – Dean hatte ihm an den Augen ablesen können, was er ihm mitteilen wollte. „Ich liebe dich, Dean“, hatte in ihnen gestanden, „Es tut mir leid“ und „Ich habe doch gesagt, dass ich es verdiene.“ Möglich … vielleicht … nein. Sam hatte das nicht verdient, das war ein idiotischer Gedanke. Dean schloss die Augen, presste sein Gesicht an Sams Halsbeuge und lauschte konzentriert auf Sams gleichmäßigen Herzschlag. „Nein Sammy, hast du nicht“, murmelte er irgendwann leise und schlug die Augen erst wieder auf, als ein leises Hüsteln erklang. Dean erblickte den zugeknöpften Briten, der sich ihnen vor einigen Stunden als Besitzer der Bibliothek vorgestellt und sie äußerst hilfreich zum richtigen Regal geführt hatte. Nun musterte der sie aus seinen drei Lagen Tweed heraus schon beinahe interessiert, die linke Augenbraue leicht in die Höhe gezogen. „Wir schließen in zehn Minuten.“ Dean löste sich eher widerstrebend aus Sams Armen, musste lächeln, als er sah, dass Sam doch tatsächlich mal wieder rot geworden war, und begann, das Sammelsurium an Büchern auf ihrem Tisch aufzulösen. Warum auch immer, dieser britische Typ flößte ihm Respekt ein – und das kam nun wirklich selten genug vor. Sam half Dean dabei, die Bücher zurück an ihren angestammten Platz zu stellen, und dann gingen sie Seite an Seite aus dem Gebäude und zum Impala – so nah, dass sie einander zwar nicht berührten, aber noch immer die Wärme des Anderen spüren konnten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)