Supernova von maykei ================================================================================ 27. Kapitel - (Love fool) ------------------------- Wir befinden uns immer noch im Schneeland, über das immer noch ruhig und zeitlos vereinzelte Wolken ziehen. Meist jedoch ist der Himmel weiß und weint Schnee. Man muss wirklich sagen, dass er weint und es nicht schneit, denn wie es die Eigenart von Tränen ist, segeln die Tropen entweder still und beinahe fließend vor sich hin, so dass man sie gar nicht bemerkte, würde man nicht irgendwann von ihnen durchnässt sein. Oder sie fallen vom Himmel wie ein unerlässlicher Strom, ein weißer Schleier, begleitet von tosenden Wind und in einer Heftigkeit, der jeden unter ihm die Orientierung verlieren lässt, bis man sich genau so schwer im Herzen fühlt, wie der tiefhängende, schneeschwangere Wolkenhimmel aussieht. Unter jenem Himmel befinden sich einige Städte. In manchen fließen die Tränen des Himmels, in den meisten sind sie nicht erwünscht. Eine unsichtbare Barriere und ein in sich abgeschlossener Biokreislauf sorgt in riesigen Häuserschluchten, verwinkelten Gängen, unter Massen von Menschen für Luft, Wasser und Elektrizität. Genau so wie der Schnee ist auch die Magie ausgeschlossen, aber mit Recht, sie saugt den Bewohnern das Leben aus und der Himmel würde diese Leerstelle nur mit Traurigkeit füllen. Unter diesen Städten befindet sich eine ganz besondere, herausstechende. Ihr Name ist Omehlas [1]. Sie ist aus unerfindlichen Gründen stets begrünt, eine Seltenheit in diesem Land. Die verschiedensten Pflanzen gibt es dort und auch einige Tiere. Vor allem ist hier Platz. Eine Weite, die regelrecht verschwendet scheint, denn in den anderen Städten kann man kaum atmen, kaum den Himmel sehen und Stille nur genießen, wenn man seien Ohren verschließt und sich in eine bezahlte Illusion begibt, wie sie als kurzzeitige Erholung fast überall angeboten wird. Eine Weite, in der man Stunden lang gehen kann, ohne anzukommen. In dieser Stadt befindet sich ein Villa. Manche würden es vielleicht ein Schloss nennen, aber dieses Wort ist in dieser Welt fast ausgestorben. Es gehört zur alten Zeit, zur Alten Kultur, zur Vergangenheit, an die sich hier nicht gerne erinnert wird, weil die meisten sie nicht erlebt haben und niemand etwas Gutes darüber zu sagen weiß. Auch dass die Menschen hier früher wohl einigermaßen glücklich waren, ist so gut wie vergessen, auch wenn das Leben schwer war, aber sie mussten zumindest nicht vor einer unsichtbaren Bedrohung namens Magie fliehen, sondern hatten Macht über sie. In dieser Villa befinden sich unzählige Gänge. Und darin Menschen und Wesen, die weder in dieser Welt geboren sind, noch hier erwünscht sind, noch selbst hier sein wollen. Zu diesen Menschen gehörte ein Teil der dreiköpfigen Gruppe, bestehend aus zwei Mädchen, einem Hund und einem Mann, die gerade durch jene Gänge hasteten. Sie mussten immer noch leise sein und sich in Acht nehmen, aber der Orientierungssinn des Erwachsenen brachte sie recht schnell zu ihrem Ziel: Der Tür, die zu einem geheimen Gang hinunter in die Dunkelheit führte, zu einer mysteriösen, fremdartigen und vergessen Halle, mit Dingen, die kaum jemand mehr verstand. Die Gänge waren sonst menschenleer. Elektrisches Licht brannte. Fackeln waren erloschen, ab und an stand eine Tür offen und warmes Morgensonnenlicht fiel von den hohen Zimmerfenster in den Flur und man konnte hinaus in einen prächtig bewachsenen Garten sehen. Doch von Ruhe und Harmonie war bei der keinen Gruppe nichts zu merken, denn sie machten sie alle Sorgen um den Jungen dort unten am Ende des Geheimganges, höchstwahrscheinlich der Auslöser des Alarms, der vor wenigen Minuten schrill und schallend im ganzen Anwesen zu hören gewesen war, und somit in großer Gefahr. Der Erwachsene der Gruppe war ein Krieger aus der Dimension Japan und gerade als er seine Hand kampfbereit auf den Griff seines Schwertes legte und nach der Türklinke griff, fing der Köter, der sie begleitete, an zu kläffen. Irritiert hielt der Erwachsene inne. Tiere, vor allem von Menschen gezähmte, waren zwar meist mehr als selten dämlich, aber sie besaßen dennoch Instinkte, die kein Mensch besitzen konnte. Das Tier tapste unruhig vor einem Zimmer hin und her, das sich quer gegenüber der Geheimtür befand und wedelte wild mit dem Schwanz, kratzte am kostbaren Eichenholz. „Was ist denn, Inuki?“, fragte das zugehörige Frauchen, doch der Krieger war schon auf die Türe zugeschritten. Abgeschlossen. Der Köter wedelte nur noch wilder und sprang immer wieder gegen die Tür. [2] Nun, eine abgeschlossene Türe war für den stärksten Mann Japans weder ein Grund noch ein Hindernis! Sie gab sogar lächerlich leicht nach als er sich dagegen schmiss. Die Scharniere brachen und die schwere Türe wäre mit einem Mordsgetöse zu Boden gedonnert, hätte nicht jemand auf der anderen Seite sie abgefangen. Mit einem Satz sprang der Kurogane über die Türe und hielt dem menschlichen Widerstand die Klinge an den Hals. „Kuro-wuff!“, rief jener Widerstand erschrocken und das reichte schon, um sich als dieser verdammte Magier zu erkennen zu geben. „Hier bist du also, verdammt!“, knurrte Kurogane und nahm Fye dann die Tür ab, die dieser immer noch in den Händen hielt, da sie sonst auf den bewusstlosen Shaolan gefallen wäre. „Kuro-pooo~n“, quietschte nun auch das weiße Manjuu und sprang aus Shaolans Kleidern dem Krieger mitten ins Gesicht. Dieser gab nur ein genervtes Schnauben von sich. Die Kinder zu suchen war stressig, sich um sie zu sorgen war stressig, aber sie gefunden zu haben war es recht! Wäre das Manjuu nicht ihr Transportmittel durch die Dimensionen würde er es nur liebend gern öfter irgendwo verlieren! Dennoch konnte er eine ganz leise, verräterische Freude nicht ganz abstreiten. Es war als fielen die Sorge und die schwermütigen Gedanken wie in Haufen zentnerschwerer Kieselsteine von ihm ab. Allerdings schien der Magier alles andere als erleichtert. Nervös, etwas fahrig und beinahe panisch krampfte sich seine Hand in Kuroganes schwarze Jacke. „Oi, ist doch schon gut. Wir haben die Kinder gefunden.“ Ertappt sah Fye zu ihm hoch, lächelte dann schief und ließ los. „Dann lass uns jetzt die Dimensionen wechseln...“, murmelte er und sah sah verwirrt auf das weiße Wesen, das in seine Arme gesprungen war und sich vergnüglich an ihn schmiegte. Scheinbar hatte er sich Mokona so nicht vorgestellt. „Das geht nicht.“ Ernst sah Kurogane den Blonden an und fragte sich, warum dieser anscheinend so aufgebracht war, dass er es nicht einmal überspielte. „Nein.... wir... das geht nicht...“, mischte sich eine weitere Stimme ein und Shaolan richtete sich benommen vom Boden auf. Die braunen Augen wirkten völlig unfokussiert, er schien nicht einmal zu wissen mit wem er sprach. Bevor irgendeiner der Erwachsenen oder die Mädchen reagieren konnten, hatte sich der braunhaarige Junge schon entschlossen aufgerappelt und war in Richtung Türrahmen gestolpert. An der Schwelle hielt ihn der Magier fest. „Shaolan-kun!“, rief nun auch die Prinzessin und verwirrt hielt der Junge inne. Die Klarheit kehrte in seine Augen zurück und verwundert blickte er das Mädchen an. „Prinzessin! Was machst du denn hier unten?!“ „Oben, Shaolan“, unterbrach ihn der Blonde und endlich erkannte Shaolan auch seinen Reisekameraden. „Fye-san! Kurogane-san! Endlich haben wir euch gefunden!“ Kurogane grinste nur leicht über die überschwängliche Wiedersehensfreude des Bengels, doch der Magier ließ sich nicht lange ablenken. „Shaolan! Wir müssen aber von hier fort! So schnell wie möglich!“ „Verstehe, ich hole eben die Feder!“ Fye packte den Arm des Jungen fester, da er schon wieder davon stürmen wollte. „Jetzt!“ Ernst blickten braune Augen in ein blaues; Shaolan fragte sich, was geschehen sein konnte, dass Fye eine Augenklappe trug, aber der allgemeinen Unruhe zur Folge war das hier wohl kein guter Zeitpunkt für Geschichten. „Was ist überhaupt passiert, Bengel?“, knurrte der Krieger. „Mokona und ich haben die Feder gefunden, unten in diesem künstlichen See, doch dann hatte mich Ashura-san, der Besitzer dieser Villa, erwischt-“ - „Den See unten? Im Dunkeln? - „Ja.“ Dann waren sie wirklich nur knapp an der Feder vorbeigelaufen. „Wir sollten uns beeilen.“ Erleichterte nickte der braunhaarige Junge durch und sie liefen zum Geheimgang zurück. Doch auch diese Tür war abgeschlossen und ließ sich selbst dann nicht öffnen als Kurogane sich dagegen warf. „Verdammt!, fluchte der Krieger und Yuzuriha rüttelte noch einmal fruchtlos an der Tür. „Kannst du sie nicht mit deinem großen Messer aufschneiden? Tomoyo ist noch da unten! Sie wollte sich verstecken... “ „Das ist ein Schwert, verdammt...“ Doch gerade als der Krieger dieses ziehen wollte, rief jemand „Nicht!“ und das blinde Mädchen kam so gut wie lautlos hinter der kleinen Kommode mit dem nun leeren Vogelkäfig hervor. „Dort unten wimmelt es gerade von Phagen. Ich konnte ihnen gerade noch entfliehen“, erklärte sie, beruhigend die Hände ihrer aufgebrachten Freundin streichelnd. „Wir müssen die Villa auf anderem Wege verlassen.“ „Aber das geht nicht!“, warf der braunhaarige Junge ein, „Sakuras Feder ist dort unten!“ Die Prinzessin, die die ganze Zeit nur zugehört hatte, trat hinter dem Krieger hervor. „Shaolan-kun, ich möchte nicht, dass ihr euch alle wegen meiner Feder in solche Gefahr bringt!“ Der Blonde sah währenddessen nervös den Gang hinunter und Kurogane folgte seinem Blick. Doch da war nichts zu sehen, ihm war nur etwas schwindelig, doch er schob es auf das benebelnde Gefühl, das ihm eh stets in dieser verfluchten Welt begleitete. „Können wir nicht einfach so in die nächste Dimension reisen?“, fragte Fye leise, „wir können doch wiederkommen...“ „Das geht nicht“, wiederholte der Krieger. „Aber...“ „Das geht nicht, wir können Tomoyo und das andere Mädchen nicht einfach hier lassen.“ „.... “ „Es geht wirklich nicht...“, bestätigte nun auch das weiße Wesen, das mittlerweile seinen Lieblingsplatz an Kuroganes Kragen bezogen und daher ihr geflüstertes Gespräch mitbekommen hatte. „Irgendetwas unterdrückt Mokonas Kräfte... irgendetwas stimmt nicht...:“ „Kannst du uns dann wenigstens aus dem Gebäude bringen?“ „Nein...“ „Verdammtes Wollknäul, kannst du eigentlich irgendwas?!“ „Pfannkuchen machen! Das hat Fye mit beigebracht!“ Der Ninja sparte sich einen Kommentar, aber der Magier lächele plötzlich amüsiert übers ganze Gesicht. „Wirklich?“ „Na klar!“ Nervös schritt Shaolan vor der Tür herum. „Wir befinden uns im ersten Stock... wir müssten eigentlich nach draußen kommen...“ „Aber die Sicherheitsmaßnamen! Wir werden alle spätestens am Waldrand das Bewusstsein verlieren und nie wieder aufwachen!“, Yuzuriha hatte sich auf den Boden sinken lassen, die Arme um den Köter geschlungen. Ihre Stimme verbarg nur unzureichend, dass sie der Panik nahe war. Plötzlich glaubte der Krieger ein leises Klacken zu vernehmen. Angespannt sah er wieder zum Gangende. Nichts. Dann zum anderen. Nichts. Über sich. Etwas befand sich über ihnen! Luftschächte?! Wahrscheinlich gerade groß genug für diese verdammten Spinnenviecher! Lautlos glitt Souhi aus ihrer Schwertscheide. „Sitzen wir in der Falle?“, fragte Yuzuriha. Die anderen Mädchen schwiegen bedrückt, selbst Tomoyo schien keine Lösung zu wissen. „Verdammt!“, zischte Kurogane. Sie mussten zumindest einmal aus diesem Haus bevor diese Spinnen hier auftauchten! Mittlerweile konnte er sie deutlicher hören und auch der Magier sah mit besorgten Blick nach oben, obwohl er sich zumindest zu weit gefasst hatte, dass ein leichtes Lächeln auf seine Lippen zurückgekehrt war. „Zum Fenster!“, beschlossen sie im selben Atemzug. Fye nahm Tomoyo an der Hand, Sakura zog den scheinbar noch etwas koordinationslosen Shaolan mit sich, Yuzuriha folgte mit Inuki. Sie rannten zu dem Zimmer zurück, in dem sie Shaolan gefunden hatten, rissen die Vorhänge auf, doch die Fester ließen sich nicht öffnen. „Luftdicht verriegelt...“, murmelte Fye – KRACH!- in der Scheibe klaffte ein großes Loch. Eiligst brach Kurogane mit seinem Schwert die restlichen Splitter aus dem Rahmen und nahm dann das Ebenbild seiner Prinzessin Huckepack. „Halt dich fest.“ „Ja.“ Der Ninja sprang mit Tomoyo, dann folgte Shaolan mit Sakura. Lächelnd sah der Blonde zu dem andern schwarzhaarigen Mädchen.. „Kannst du springen? Kuro-chan fängt dich sicher unten auf.“ Yuzuriha blickte aus dem Fester und dann zu dem größeren Mann hoch „Na hör mal!“, erwiderte sie und hatte sich schon mit Inuki vom Fensterbrett abgestoßen und landete sicher nicht weit vor dem Krieger auf ihren eigenen Füßen. Noch einmal konnte Kurogane sehen wie Fye sich zum Zimmer zurück wand und einen heftigen Herzschlag lang hatte er die Befürchtung, der Magier würde sich umdrehen und wieder in das Labyrinth aus Schlossgängen verschwinden, wo sich in wenigen Augenblicken tausende von Spinnen tummeln würden. Doch dann sah er einen schwarzen Stiefel im Rahmen und kurz darauf landete Fye neben ihm im kurzen, kultivierten Gras. Der prächtige Garten wand sich eine ganze Weile den leichten Hügel hinunter, ging dann in eine Wiese über, die irgendwann wilder wurde und am Waldrand endete. Es war nicht weit, sie mussten unterirdisch einige Umwege gegangen sein. Der Junge schien mittlerweile wieder vollkommen wach und lief mit Sakura zum Ende des Geländers, wo ein reich verzierter Zaun Villenbereich von der Wiese abgrenzte. „Nicht!“, rief Fye und die beiden Kinder blieb stehen. Kurogane sah zur Fassade der 'Villa' hoch. Ein helles, vierstöckiges Gebäude mit grünen Dachziegeln. Auch Yuzuriha stellte nun fest, was der Blonde als erster bemerkt hatte. „Aber... das sieht ja ganz anders aus... wo sind die grauen Mauern, warum ist sie so klein?“ „Magie?“, fragte Fye. „So ne ´Café – Illusion“, entschied der Krieger und schloss die Augen. „Auf jeden Fall müssen wir aufpassen, nichts ist hier wie es scheint.“ Wenn hier alles das Auge täuschte, musste er sich auf andere Sinne verlassen. Auch der Bengel war da mittlerweile drauf gekommen und hatte die Augen geschlossen, versuchte seine Umgebung zu erfühlen. „Wir sind hoch oben...“, murmelte dieser und spürte den kühlen Wind auf der Haut, so viel kälter als die Wärme des Sonnenscheins. Sie konnten nicht einmal davon ausgehen, dass es wirklich schon Tag war. Alles Schein und Illusion!, Kurogane konnte diese Welt wirklich nicht leiden, die so gut zu diesem verdammten Magier passte... gepasst hatte. Unwillkürlich öffnete der Krieger die Augen und sah auf den zerzausten Haarschopf des kleineren Mannes neben ihm. Das einzelne blaue Auge starrte unbewegt auf einen Punkt im Nirgendwo, seine ganze Aura drückte Nervosität aus, obwohl seine Körperhaltung wieder entspannt und beherrscht wirkte. Unbeobachtet von den Kurzen legte der größere Mann Fye eine Hand ins Haar, fuhr einmal leicht darüber - Überraschung in dem blauen Auge, ein ertapptes, nervöses Lächeln – und ließ dann ab, um sich um ihr momentanes Realitätsproblem zu kümmern. „Dort entlang“, kommandierte er und der Trott aus Dimensionsreisenden und Mädchen setzte sich angespannt in Bewegung. „Über die Wiese?“ „Erst Mal durch den Garten, dann weiter.“ „ Nya~ ich hab kein gutes Gefühl dabei~“ „Mokona ist müde...“ „Geht es Prinzessin?“ „Hm...“ „Wir werden garantiert nicht mehr aufwachen...“ „Redet nicht so einen Unsinn, wenn wir uns zwingen nicht einzuschlafen, werden wir das auch nicht!“ „Kurogane hat Recht Yuzuriha, außerdem ist es unsere einzige Möglichkeit. Wenn wir zur Villa zurück gehen, wird es uns auch nicht besser ergehen.“ ~~~~~~ Weit kamen sie nicht. Kurz bevor sie am Zaun ankamen, bemerkten sie die Spinnen. Zuerst war es Tomoyo, die Kurogane am Kragen zupfte und ihm ins Ohr flüsterte, dass irgendetwas nicht stimmte. Dass etwas nicht stimmte, hatte dieser auch zuvor gemerkt. Entweder gab es in diesem Garten keine Tiere oder sie waren alle verstummt und erstarrt. Letzteres war überhaupt nicht gut und er trieb die Gruppe zu mehr Eile an. Auch Shaolan, Fye sowieso, hatte die Maschinen in den Rosenbüschen, hinter den hohen Bäumen und im Gesträuch bemerkt, fast lautlos, nur das Rascheln verriet sie. Sie rannten schneller, wenn sie stehen blieben, würden die Müdigkeit sie überwältigen, außerdem kam von diesen Viechern erfahrungsgemäß unendlicher Nachschub. Sie mussten es mindestens bis zum Gartenzaun schaffen und dann hoffen, dass dahinter kein Abgrund kam. Sakura atmete heftig und rannte so schnell sie konnte, noch einmal wollte sie diesen Tieren nicht begegnen, aber in diesem Moment sprang sie schon eine silberne Phage an, doch augenblicklich wurde sie von Shaolans Flammenschwert in Zwei gespalten. „Alles in Ordnung, Prinzessin?“ - „Ja, lass uns schnell weiter laufen.“ Nur noch wenige Meter bis zum Zaun, plötzlich erklang ein Klacken und Kurogane fragte sich wirklich wo diese verdammten Dinger nur herkamen. Einen Augenblick zuvor war die Wiese zwischen all dem Gesträuch noch grün gewesen, nun glänzte sie silbern und bewegte sich wimmelnd wie ein Haufen Fliegen auf einem Leichnam. Kurogane zischte und schlug ein paar Spinnen nieder, die sich an seine Beine geheftet hatten. Immer wieder wurden Fäden in ihre Richtung geschossen und nur durch pures Glück war bisher noch niemand zweigeteilt worden. „Wir müssen den Kindern irgendwie Deckung geben!“, rief Fye neben ihm und brach im Sprung einen Ast ab, mit dem er erst einmal ein Haufen spinnen im Flug von den Bäumen riss und damit auch ihr immer dichter werdendes Fadennetz. „Kurogane-san!“, rief Shaolan erschrocken und wollte schon stehen bleiben, doch der Krieger fuhr ihn nur an. „Lauft weiter, nicht stehen bleiben!“ Da sie die einzigen beiden waren, die wirklich angriffen, konzentrierten sich die Metaldinger hauptsächlich auf sie und so konnten die Kinder den Zaun erreichen und darüber klettern. Zwischen ihnen und den Erwachsenen hatte sich mittlerweile ein so dichtes Netzt aus Metallfäden aufgebaut, dass man kaum noch hindurch sehen könnte. Fye stieß an seinen Rücken, den er deckte, Tomoyo klammerte so fest, dass es fast schmerzte, war aber ansonsten mucksmäuschenstill und rührte sich nicht. Doch der Krieger merkte nebenbei wie sein Nacken feucht wurde. Sie war in dieser Welt eben doch nur ein achtjähriges Mädchen. „Die Spinnen kommen nicht über den Zaun!“, rief der Magier. „Dann sollten wir möglichst auch dahinter kommen!“ „Über das Netzt?“ „Ja.“ „Ob das wohl federt~?“ Das tat es in der Tat. Mit einigen Sprüngen und Nutzung der Fliehkraft schafften sie es über das Netzt und anschließend wirklich über den Zaun. Völlig atemlos ließ Fye sich ins Gras sinken und sah zu den Phagen hinüber, die sich nur einen Meter hinter dem Zaun übereinander tummelten, aber weder herüber kamen, noch einen Angriff starteten. Sie wirkten viel mehr koordinationslos, wie ein Haufen aufgeschreckter Ameisen. Sie waren alle verschrammt und ihre Kleidung an einigen Stellen zerrissen, doch im Großen und Ganzen waren sie recht gut weg gekommen. Mit einem Seufzen betrachtete der Magier die völlig durchgeschnittene Sohle seiner Stiefel. „Oh je,die guten Stiefel...“ „Du solltest andere Sorgen als deine Stiefel haben“, brummte Kurogane und sah über seine Schulter zu dem schwarzhaarigen Mädchen. „Sind alle in Ordnung?“ Einstimmiges Nicken. Nun lag nur noch die Wiese bis zum Waldrand vor ihnen. Doch sie befanden sich in einer Illusion, alles war Schein. Sie befanden sich immer noch hoch über dem Erdboden und sie mussten sich konzentrieren. Der Junge hatte auch schon wieder die Augen geschlossen, Kurogane tat es ihm gleich. ~~~~~~~~~ Gut 40 Minuten kämpften sie sich durch ein regelrechtes Labyrinth aus Illusionen. Sie befanden sich zum Glück nicht all zu hoch über den Erdboden, dennoch mussten sie über mehrere Mauern, die sie nicht sehen konnten, mehrere nur Fußbreite Vorsprünge entlang balancieren, die dem Auge ebenfalls verborgen bleiben, und mehrere hohe Sprünge ins Unsichtbare wagen. Kurogane und Shaolan sahen die Hindernisse durch ihre Sinne klar, Fye war mit geschlossenen Augen weit weniger tollpatischig als mit einem und die Mädchen folgten blind ihren Instruktionen. All das unter Zeitdruck, weil sie nie wussten wann und ob die Spinnen auch hier draußen hinter dem Zaun auftauchen würden oder welche Überraschungen das Schloss noch zu seiner Verteidigung bereit hielt. Als sie endlich am Fuße des Schlosses ankamen, waren sie alle müde und völlig erschöpft. Atemlos ließ sich Sakura ins hohe Gras sinken und verschnaufte erst einmal, riss sich dann aber zusammen, als sich ihr Beschützer besorgt runterbeugte und ihr die Hand hinhielt. Nun konnten sie auch alle das wahre Aussehen der „Villa“ erkennen. Dunkel und farblos ragte es in den blauen Morgenhimmel, als läge es dort in einer erstarrten Dämmerung. „Das war alles nur ein Zauber....?“, fragte Sakura verdutzt. „Wahrscheinlich hatte die Villa deswegen so viele Gänge...“ Kurogane massierte sich die Schläfen und atmete ein paar mal tief durch. Wieder diese bleischwere Müdigkeit. „Ah, passt lieber auf, wir sind noch nicht draußen.“ Sie marschierten weiter. Der große Mann trug immer noch das blinde Mädchen auf dem Rücken, Langsamkeit konnten sie sich gerade nicht erlauben, doch mit jedem Schritt Richtung Waldrand spürte der Krieger die Last der eignen Erschöpfung. Noch hielt er seinen Willen unerbittlich dagegen. „Bist du sicher, dass wir hier lang sollten...?“ Fye Stimme klang seltsam belegt, dennoch setzte er entschlossen und so zügig wie möglich einen Fuß vor den anderen. „Uns bleibt keine andere Wahl.“ ~~~~~~~~ Sie betraten die wild bewachsene Wiese, die den echten Waldrand vom echten Schloss abgrenzte. Nichts war hier mehr von den der gepflegten Ordnung und Pflege des Illusionsgarten zu bemerken. Die Blumen wuchsen vereinzelt, wild und waren eher als Unkraut einzuordnen. Das Gras war beinahe kniehoch und verwildert, fast erstickt von andern wildwuchernden Pflanzen. Brennnessel und vereinzelt Pilze, Löwenzahn blühte und verteilte bei jedem Windhauch graue Pollen in der Luft. Sobald sie ein paar Schritte vorwärts gestolpert waren, fiel die Müdigkeit wie ein unsichtbares Fangnetz aus dem unsagbar blauen Himmel auf sie nieder, drückte sie zu Boden und ließ sie gleichzeitig wie auf Wolken gehen. Noch ein paare Schritte. Etwas eisiges, schweres wickelte sich um ihre Knochen und Muskeln. Und obwohl sie wussten, dass da nichts war, dass es nur eine Sinneseinbildung war, wurden diese Netze, diese Wolken und diese Kälte mit jedem Schritt intensiver, bis sie sie sich fühlten wie in Eiswasser getaucht. Blei drückte auf Kuroganes Lider, das Mädchen auf seinen Rücken zitterte wie Espenlaub, Donner in seinem Kopf, mit jedem Schritt wurde das Eis fester, zwitscherten die Vögel das Brüllen von Dämonen, sein Herz pochte, pochte, hämmerte, hämmerte, klirren, klirren... Er merkte wie er sich nur noch in Schneckentempo bewegte, dass sie alle taumelten und keuchten, als liefen sie schon Stunden. Und taten sie das nicht vielleicht auch? Sollten sie eine Rast machen? Er brauchte sie nicht, aber die Blagen, die Mädchen, der verdammte Magier, das Wollkneul ließ sich ja eh tragen... Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Das kam ihm so unsagbar bekannt vor . Und jeder Herzschlag flüsterte, dass die einzige Flucht aus dieser unangenehmen Situation der Schlaf war, dass er dorthin fliehen konnte und dann seinen Frieden hatte. Mit allem was er brauchte. Doch Kurogane konnte nicht glauben, dass er seine Ziele mit Schlafen und Aufgeben erreichte. Noch nicht... doch wenn es so einfach war... vielleicht sollte er sich doch ein wenig ins weiche Gras legen. Nur ein wenig... um wirklich zu testen, ob es wahr war... er musste doch alles versuchen... er durfte nicht scheitern, diesmal zählt es.... er durfte es nicht verlieren... das was ihm wichtig war... das wofür er sich entschieden hatte... ~~~~~~~~ Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. Schlaf. Müde. Schritt. Rauschen. ~~~~~ Der Waldrand. Blieb er stehen?, kamen sie näher?, floss er weg?, floss er in die Wolken?, drehte sich die Welt?, fielen sie in den Himmel?, erstickte er gerade im Eismeer?, war es nicht egal weil er träumte und einfach nicht wach wurde? Die Wolken bewegten sich so unendlich langsam und gleichzeitig spürte Kurogane dass der Boden unter seinen Füßen unendlich in den Himmel fiel. Tomoyos schmaler Körper an seinem Rücken hob und senkte sich, Atem strich gegen seinen Nacken, der Atem des Schlafes, nach dem er sich sehnte und den er fürchtete, obwohl er mittlerweile wirklich nicht mehr wusste warum... Das andere Mädchen aus Omehlas war einfach zu Boden gesunken, doch ihr Hund zog sie an ihrem Ärmel weiter. Der Bengel trug die bewusstlose Prinzessin. Der Magier schlurfte taumelnd hinter ihm her. Sie sollten wirklich etwas rasten.... Rast. Rast. Innehalten in dieser rastlose Welt eine Rast, eine Welt, die ihm drohte alles zu nehmen, in der schon irgendwie alles von vorne herein verloren schien.... Alles... alles, was ihm wichtig war. Seine Heimat – Japan. Seine Kraft – sein Mittel gegen die Hilflosigkeit, die er so hasste. Diese verdammte, komplizierte, hirnlose, wichtige Person – Er durfte nicht rasten, wenn er Schwäche zeigte, wie sollte dann Fye an ihm stützen, um stark zu werden? Er musste ihn doch manchmal auffangen, damit er keinen Unsinn baute... so viel Unsinn... Dinge die keinen Sinn ergaben.... gerade ergab alles keinen Sinn.... Es bohrte in sein Herz, pochte, pochte, pochte, mit jedem Schlag lockerte sich seine Hand um das andere Handgelenk und er verlor den Puls. Wo war der Puls? Er hatte nur den Griff seines Schwertes umgriffen. Wie es ihm schien, unendlich langsam, drehte sich der Ninja um und sah zu dem Blonden. Dieser war etwas zurück gefallen, aber war es nicht eigentlich egal wo er schlief? Fast keine Nacht in dieser Welt hatten sie nicht beisammen gelegen, aber der Schlafwandelnde bestand jetzt nicht darauf. Viel zu müde war er, er konnte einfach keinen klaren Gedanken fassen, zwischen Traum und Wachen gefangen, unfähig aufzuwachen, unwillig abzudriften, es war wie ein Alptraum. Er lag unter der Wasseroberfläche und konnte nicht auftauchen, nur die Schwärze blieb. Wenn es schwarz war, dann wurde er ein Fisch und konnte unter Wasser atmen, vergaß die Welt und wenn er erwachte, war er dann wieder ein Mensch und schwamm an die Oberfläche? So war das doch mit Träumen oder... so musste es sein... aber ein Fisch auf der Wiese... das ergab keinen Sinn in Kuroganes Kopf, vielleicht tat es das in dem des Magiers. Fye... Kurogane konnte nicht aufwachen, weil dieser Idiot es einfach nicht kapierte, da war er sich auf einmal ganz sicher! Irrational, sehnsüchtig, wütend. Beinahe machtlos... beinahe! Diesen Idiot würde er nicht machen lassen, was er wollte! Nicht wenn er sich damit nur selbst ins Fleisch schnitt und damit auch in das derjenigen, die er damit schützen wollte. Verdammter Idiot, Fye! Verdammter Idiot... er selbst... Diese Rage machte Kuroganes Kopf wieder frei, ließ ihn gerade klar genug werden, um zu realisieren in welcher Gefahr sie sich befanden. „Oi!“, rief er dem vor sich hin taumelnden Jungen zu, „Du darfst auf keinen Fall einschlafen! Das ist eine Falle!“ Apathisch blickten die braunen Augen zu ihm auf, „Trag dein Prinzessin einfach weiter, am Waldrand haben wir's geschafft!“ Nur das Wort Prinzessin schien in dem Jungen irgend etwas auszulösen und er nickte langsam und legte einen Schritt zu. Auch wenn das immer noch sehr langsam war. Um das andere Mädchen brauchte er sich keine Sorgen machen, das wurde von ihrem Köter mit gezerrt. Scheinbar hatte der Zauber, oder was immer es war, keinen Effekt auf Tiere. „Beeilung...“, murmelte ein Mädchenstimme gegen sein Ohr. Tomoyo schlief also doch noch nicht völlig. Scheinbar in Zeitlupe drehte sich der Ninja zu dem Magier um, der nun wie benommen im hohen kniehohen Gras stand und vor sich hin starrte. Es roch scharf und mehlig nach irgendeinem Unkraut, ein paar Pollen flogen umher, sammelten sich in dem blonden Haar, dennoch zweifelte Kurogane für einen Moment, ob der andere Mann überhaupt wirklich da war. Wieder schien es ihm, als könnte ein Windhauch alles wegwehen. „Wir müssen weiter!“ Der Himmel war so unsagbar grell. „Fye!“, rief Kurogane, doch keine Reaktion. „Wir müssen weitere! Diese Müdigkeit ist nur ein Zauber!“ Langsam schüttelte Fye den Kopf und drehte sich um, wankte zur Villa zurück. Kurogane fand gerade noch die Kraft zum Fluchen und setzte ihm hinterher. Was sollte das denn schon wieder, kapierte der Kerl denn nicht in welcher Gefahr sie und die Blagen sich befanden?! Oder sprach er nur wieder vergebens mit Fyes „anderem Ich“? Zwei Schritte. Umgreife das Handgelenk, fühle den Puls, sieh diesen Blick im Blau der Sommerhimmel, Kurogane fiel in den Sommerhimmel, ein regen – nein tränennasser Sommerhimmel. Müde, entrückt, doch noch im Jetzt... „Nein!“, rief der blonde Mann müde und unwillig und noch viel müder und noch viel unwilliger schüttelte Kurogane den Kopf und ließ nicht los. Warum war dieser Mann eigentlich nur am Weinen seit sie in dieser Welt waren?, fragte er sich dumpf. Nie zuvor hatte Kurogane das an ihm gesehen. Tomoyo wog scheinbar Tonnen auf seinem Rücken, er konnte sie kaum noch halten, er wusste nicht was er sagen konnte, wusste für eine Sekunde nicht einmal welche Richtung sie nun einschlagen mussten. Der Puls in seiner Hand prasselte wie Regentropfen. „Ich will zurück!“ „Warum?“, brachte der große Mann unter großer Kraftaufwendung hervor. Wohl wissend, dass es anders nicht ging, dass Fye anders nicht mitkommen würde, es sei denn er schlug ihn nieder, aber Kurogane konnte in diesem Zustand unmöglich zwei Körper tragen. „Ich will da nicht lang.... Überall nur nicht hier lang.... es saugt alles auf.... “ „Fye!“ „Die Wolken... alles fällt in sie und kommt nicht zurück... “ „Das ist Einbildung. Wir....“ Kopfschmerzen, Müdigkeit kam zurück, wie eine Welle, die sich nur kurz zurück gezogen hatte, „können nicht zurück....“ „Du musst auch.... nicht... geh allein... du musst hier weg.... weit weg...“ Einmal, zweimal, schloss der Krieger die Augen und öffnete sie wieder. Hart biss er sich auf die Zunge, riss mit einiger Kraftanstrengung den Magier zu sich, wand sich um und stampfte ein paar Schritte. Der Geschmack des Blutes in seinen Mund und der Schmerz hielten ihn bei Bewusstsein, das war vertraut, er wusste, dass er jetzt nicht schlafen durfte. Es war wie ein Instinkt. Die anderen waren ihnen nur wenige Schritte voraus, aber so langsam wie sie vorwärts kamen schienen das Meilen zu sein, über das Meer... mit der doppelten Last vielleicht auch bis zum Mond.... „Bitte nicht....“, wimmerte Fye. Schritt. „Kuro-wuff...“ Schritt. Zerren. Schritt. „Bitte... ich will nicht.... ich hab ein ganz schlechtes Gefühl dabei...“ Noch ein Schritt, er taumelte beinahe etwas. Nur noch ein paar Schritte. Tomoyo glitt beinahe aus Kuroganes Griff, sie schlief wieder tief und fest. „Ich habe Angst... Kuro-ta...“ Schritt. Zug. Atem – Herz – Schlag – Schritt. Müde. Es kostete nun seine ganze Kraft, um den Schlaf zu entfliehen und der Magier schien nach einer Weile auch keine Kraft mehr zu haben gegenzusteuern. Viel mehr musste Kurogane ihn durch seinen Griff in geraden Bahnen halten. Plötzlich sackte der Puls in seinem Griff schlagartig nach unten. Waren Wolken aufgekommen oder warum war es so dunkel? Kurogane blickte nach hinten. Fye war zu Boden gesunken. „Du bist so weit gekommen... es gibt kein zurück... lauf gefälligst...“ Fye rappelte sich wieder auf. Vier Schritte gingen sie gemeinsam, dann sank der Blonde wieder nieder und Kurogane zerrte ihn einfach mit, wie es der Köter bei seinem Frauchen gemacht hatte. Er fühlte sich ja gerade so verarscht, trotz seiner Müdigkeit. Die restlichen Schritte schafften er recht schnell. Noch ein Schritt. Schritt. Endlich war die ganze Truppe war am Waldrand angekommen und augenblicklich fiel auch die Müdigkeit von ihnen ab, als hätte sie jemand mit kaltem Wasser überschüttet. Der Ninja spuckte das Blut zu Boden und atmete erleichtert durch. Die Mädchen wurden gerade wieder wach, der Junge schien völlig erschöpft, doch klar und der Köter winselte schon wieder nervig. Nur der Magier hing noch an seinem Arm wie eine leblose Puppe. Doch der Puls in seiner Hand pochte niedrig und mit der Ruhe und Sicherheit des Schlafes. Noch einmal sah er auf das Schloss, dann riss er sich zusammen. „Lass uns weitergehen.“ „Ja.“, erwiderte der Junge. „Das ist ja gerade mal noch gut gegangen... Sind alle in Ordnung? Was ist mit Fye-san?“ Besorgt hatte sich Sakura zu dem bewusstlosen Magier gebeugt und rüttelte an seiner Schulter. Der Vogel in ihrer Tasche piepste aufgeregt, von dem Blonden kam keine Reaktion. „Kurogane-san... er wacht nicht auf...“ Nun rüttelte auch der Krieger, weit unsanfter, an dem schlafenden Mann. Nichts. Heftiger. Immer noch nichts. „Fye!“ Nichts. Die Mädchen waren doch auch wieder aufgewacht! Sorgenvoll fühlte Kurogane wieder nach dem Puls und der Temperatur. Ganz normal. Tomoyo kniete sich neben ihm. „Darf ich?“ Kritisch sah der Krieger sie an. „Warum fragst du mich das?“ Das Laub raschelte ein wenig, als das blinde Mädchen mit vorsichtigen Fingern den Kopf des Bewusstlosen etwas zur Seite legte, die Haarsträhnen hinter dem Ohr wegschob und vorsichtig über die weiche Haut dort strich. „... das habe ich vermutet... er kommt aus den Laboren...“ „WAS?! Red keinen Blödsinn!“ „Fühle hier rüber“, Tomyo blieb ruhig und nahm die Hand des Kriegers, führte sie über die Stelle hinter dem Ohr des Blonden, wo sich auch wirklich etwas Hartes befand. Kurogane war es bei ihren Intimitäten nie aufgefallen. „Das ist ein Indiz dafür, dass dort eine Tätowierung entfernt wurde, wie sie alle in den Laboren bekommen. Vielleicht wissen die Hainleute mehr...“ Er glaubte ihr sofort, es war schließlich das Ebenbild seiner Prinzessin. Dennoch wollte er ihr nicht glauben. Außerdem musst es gar nichts zu bedeuten haben, dass Fye in den Laboren gewesen war, dann war er eben schon länger in dieser Welt, konnte sich deswegen nicht erinnern und gut war! „Hast du das nicht gewusst?“, fragte sie ruhig. Verwirrt sah Sakura zwischen den beiden hin und her. „Was bedeutet das?“ Kurogane knurrte. Shaolan antwortet an seiner statt. „Vielleicht, dass das nicht der Fye ist, der mit uns gereist ist, sondern der aus dieser Welt... genauer betrachtet sieht er auch etwas jünger aus...“ Sakura schüttelte den Kopf. „Das habe ich doch gar nicht gemeint, was bedeutet es, dass er nicht aufwacht?“ „Nichts gutes...“, murmelte Yuzuriha und sah bedrückt in in eine andere Richtung. „Warum verdammt WACHT er nicht auf?“ Wütend sah der Krieger zu diesem verfluchten Schloss zurück. Und der Magier hatte auch noch gesagt, dass sie dort nicht mehr rauskamen, halb bewusstlos und hilflos auf dem Boden lagen und nun tat dieser Idiot es selbst und wachte einfach nicht auf!? Hatte er unbewusst seine Magie angewandt und es irgendwie geahnt? „Menschen aus den Laboren sind empfindlicher gegenüber bestimmter Strahlung. Eben weil sie keine eigene besitzen, sie nicht gewohnt sind. Wenn sie eine Zeit lang draußen sind, beginnt die Magie ihnen zwar das Leben auszusaugen, aber das ist ein sehr langsamer Prozess... „ erklärte das Ebenbild Kuroganes Prinzessin, „Das hier ist eine ähnliche Kraft, wir sind sie gewohnt, aber für seinen Körper war das ein zu großer Schock.“ „Wird...“, nun hatte sich auch Sakura besorgt zu dem Blonden gekniet und nahm seine Hand. „Wird er wieder aufwachen?“ „Ich weiß es nicht... ich kenne mich in diesem Gebiet nicht all zu gut aus...“, gab Tomoyo zu. „Wir sollten ihn zu einen Arzt bringen.“ Rote Augen starrten auf sie und trotz ihrer Blindheit schien das langhaarige Mädchen es zu merken und sah zu dem Krieger auf. „Wir werden gesucht. Nach dem Einbruch erst recht.“ „Ich weiß. Aber es gibt auch „unten“ einen Arzt.“ „Dr. Kyle?“ „Ja.“ „Dieser verdammte Quacksalber ist irgendwo in einer anderen Stadt!“ „Wir werden ein paar ehemalige Hainbewohner kontaktieren und seinen Aufenthaltsort herausfinden“, beruhigte sie den aufgebrachten Ninja und Yuzuriha lächelte ihn aufmunternd zu. „Ja, er ist ein Idiot, aber ein guter Arzt, mach dir keine Sorgen um deinen Freund! Und nach Styrax können wir einfach das Flugschiff unserer Entertainment-Gruppe nehmen! Wir müssen ständig in die nächste Stadt, um Requisiten und Essen zu holen, das wird überhaupt nicht auffallen.“ Die beiden anderen Blagen sahen sie verwirrt und fragend an. Kurogane sah einfach nur zu ihnen, versuchte mit seinem Missmut, die Sorge und das Chaos in seinem Inneren zu überspielen. „Was? Ihr könnt hier bleiben und die verdammte Feder holen.“ Doch der Junge schüttelte den Kopf. „Nein, ich möchte mitkommen. Prinzessin?“ Mit einem Lächeln stand Sakura auf. „Natürlich kommen wir mit, Kurogane-san!“ „Mokona auch!“, das weiße Wesen hüpfte Yuzuriha auf den Arm. „Kannst du herausfinden, wo dieser Doktor ist?“ „Bin gerade dabei...:“, erwiderte sie konzentriert, dabei ins Nichts starrend. „Er ist bei ChuNyan...“ „Chu Nyan? Das süße Mädchen aus Koryu, Kuro-rin?“ „Ah“, kam nur abwesend von dem Krieger gebrummt, er hatte gerade keine Nerven sich mit dem Gesprächsdrang der weißen Kartoffel auseinander zu setzen, er musste erst einmal verstehen, was hier schon wieder vor sich ging. Aber bevor der Fluss aus unsagbar wirren Gedanken sich irgendwie zusammen setzen konnten, um von dort einen Gedankenstrom loszutreten, der ihn wahnsinnig machen würde und erst recht in dieser Situation vernünftiges Handeln unmöglich machte, stoppte er sie, zwang sich nicht darüber nachzudenken, sondern gerade einfach das nötige zu tun. Vorsichtig nahm er den bewusstlosen 'Magier', oder wer auch immer er war, hoch und wand sich in die Richtung, wo der verdammte Wagen stehen musste. „Warte!“, rief Mokona und öffnete ihren Mund. „Fyuuuu!“ „Verdammt noch mal, ich dachte das funktioniert nicht!“ „Hier draußen schon~ ab zu Chu Nya~~~~a~~~n!“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Langsam aber sicher kehrte so etwas wie Alltag ein. ChuNyan ging zur Schule und Hime und Shaolan räumten ein wenig die Wohnung auf, versteckten Lieferungen der anderen Ex-Hainbewohner und hörten sich in der Stadt nach neuen Informationen um. Zwei Tage nach der Hain-Auflösung war Dr.Kyle, Souma und ihr Sohn zu ihnen gestoßen. Erst waren die Erwachsenen bei Chi-chan in der Kirche gewesen, aber das war wirklich kein Ort für ein Baby! In der Wohnung wurde es zwar recht eng, doch Hime machte es große Freude das Baby zu umsorgen, mit Souma zu kochen oder mit Dr. Kyle die nötigen Medikamente und Apparate, die beim Überfall auf den Hain zerstört worden waren, neu zu besorgen. Sicherlich würde hier bald die inoffizielle Krankenstation entstehen, da war sie sich sicher und freute sich darauf. Auch wenn alles anders war, blieb es doch irgendwie gleich. Gerade war sie mit Shaolan wieder gekommen, sie hatten das erste Mal seit langen in einem Einkaufszentrum normal eingekauft und es war eine seltsame Erfahrung gewesen... Im Hain hatten sie sich nicht darum kümmern müssen, aber ChuNyan bekam regelmäßig Waisengeld überwiesen, von dem sie gefahrlos einkaufen konnten. Auch wenn das Geld für fünf Personen und ein Baby kaum ausreichte. Fröhlich vor sich hinpfeifend, einem Lied im Radio lauschend, brühte das braunhaarige Mädchen Milchpulver für das Baby auf. ChuNyan war zur Schule gegangen, Kyle schlief nach einem Nachteinsatz und Souma war in der Stadt. Ihr Stiefbruder schälte gedankenverloren Kartoffeln für das Mittagessen, was sie nebenbei zubereiteten. Es war wirklich schön. So voll und voller Leben. Wenn sie sich vorstellte, wie einsam und verzweifelt sie sich vor wenigen Tagen noch in dieser stillen Küche gefühlt hatte, könnte sie mit sich schimpfen. Es ging doch immer weiter, solange sie ihren Bruder und ihre Freunde um sich hatte. Es würde immer wieder besser werden, davon war sie überzeugt. Plötzlich hörte man aus dem Nebenzimmer ein aufgebrachtes. „VERDAMMT NOCH MAL, WAS FÄLLT IHNEN EIN EINFACH SO AUS DEM NICHTS HIER AUFZUTAUCHEN!“ „Ein Notfall.“ Diese Stimme kam ihr doch bekannt vor! Ihr Bruder ließ in diesem Moment das Messer sinken und sah sie an, auch er hatte die Stimme erkannt. „Das ist doch dieser Freund von Fye... Kurogane.“ „Lass uns rüber gehen!“, die Milch völlig vergessend lief Hime ins Wohnzimmer, wo sich ihr auch schon ein seltsames Bild bot. In dem eh nicht großen Raum stand ein wutentbrannter, wild gestikulierender Doktor, ein großer schwarzhaariger Mann, der genervt auf ihn herunter sah und einen Bewusstlosen in den Armen hielt. „Fye!“, rief Hime und lief zu ihm ohne die anderen Personen zu beachten. „Fye! Doktor, was ist mit ihm?“ „Woher soll ich das wissen?“; brummte dieser missmutig, „denkst du ich hab n' Ferndiagnosefisch in meinem Ohr sitzen? Wenn's das gäbe, war ich längst arbeitslos.“ „Bitte, helfen sie ihm!“, flehte eine Stimme, die sich genau anhörte wie ihre, doch Hime hatte gar nichts gesagt. Völlig verwundert sah sie auf das Mädchen, ihr genaues Spiegelbild, das auf den Doktor zu gelaufen war und flehend seine Hand nahm. „Bitte, ich flehe sie an, bitte helfen sie ihm!“ Überhaupt nicht verwundert sah er das Mädchen etwas abschätzend an. „Nur Laborratten hier....“ Kurogane packte ihm am Kragen. „Hilf ihm, oder ich brech dir deine Knochen so, dass kein Arzt der Welt dir noch helfen kann.“ „Mit Drohen erreichen Sie nur, dass ich ihnen eine Beruhigungsspritze gebe, mein Lieber. Also atmen Sie tief durch, denken sie an eine grüne Wiese und Sonnenschein und geben sie mir den Patienten.“ Der Blick, den Kurogane dem Doktor zuwarf, machte Hime schon recht Angst und auch die andere Hime verwirrte sie, doch die Sorge um ihren Freund überwog. „Bitte, Doktor!“ „Jaja“, brummte dieser. „Legten Sie ihn aufs Sofa, ich hol meine Instrumente.“ Nicht gerade schnell und sehr missmutig „Nicht mal in Ruhe schlafen kann man...“, vor sich hinbrummelnd verließ Dr. Kyle das Wohnzimmer, um seinen Arztkoffer zu holen, der irgendwo im Schlafzimmer stand. Erleichtert atmete Hime durch und drehte sich dann zu ihrem Bruder um, nur um den nächsten Schreck zu bekommen. Ihn gabs ja auch zwei Mal! Verwirrt sahen sich die beiden an. Shaolan lächelte und hielt dem anderen Jungen die Hand hin. „Hallo, mein Name ist Shaolan und das ist meine Schwester Hime.“ Für einen kurzen Moment schien der Junge verwirrt, doch dann lächelte er höflich und erwiderte den Händedruck. „Freut mich, mein Name ist auch Shaolan. Guten Tag Hime.“ „Oh je, das wird verwirrend.“ „Und das hier ist Sakura.“ Das Mädchen lächelte. „Hallo!“ „Und ich bin Mokona!“ „Huch! Bist du ein Mutant?“ „Nein, Mokona ist Mokona! Mokona ist einzigartig! Yuuko hat Mokona gemacht.“ „Ah-aha. Freut mich dich kennen zu lernen“, stotterte der braunhaarige Junge aus Styrax verwirrt, angesichts des weißen, großäugigen Dings auf seinem Kopf. „Oh, Tomoyo!“, freute sich Hime, als ihr auch noch das andere Mädchen auffiel und umarmte sie sogleich. „Wenn du wüsstest, wie dein Großvater dich vermisst hat!“ Die Kleine lächelte. „Ich spüre es geht dir gut Hime, das freut mich. Wie geht es Großvater?“ „Der Hainälteste ist tot....“, erklärte Shaolan bedrückt und Tomoyos Lächeln wurde augenblicklich eine Spur trauriger. „Das habe ich schon befürchtet....“ „Aber er hat bis zu letzt von dir geredet!“, versuchte Hime die bedrückte Stimmung ein wenig zu heben, was angesichts des besorgten Kriegers und ihrer ebenfalls angespannt wirkenden Ebenbilder nicht all zu leicht war. „Von seiner Prinzessin von Japan und so!“ „Was? Japan schon wieder?“, Kurogane fragte angespannt und nicht wirklich auf sie konzentriert. Völlig fixiert starrte er auf den Bewusstlosen, der ruhig atmend auf dem Sofa lag. „Das ist der Kosename, den er Tomoyo-chan gegeben hat“, erklärte Hime lächelnd, „aber mit dem Alter wurde er immer verwirrter und glaubte wirklich, dass sie eine Prinzessin aus Japan wäre. Ich glaube er wollte sich damit nur nicht bewusst machen, dass Tomoyo ihn nicht mehr besuchen konnte...“ Das schwarzhaarige Mädchen lächelte traurig und in diesem Moment kam auch der Doktor wieder, sah missmutig in die Runde. „Alle die kleiner als 1,80 sind und keine medizinische Ausbildung haben, raus. Hime, du bleibst hier. Besorg mir Handschuhe, ich hab in der Küche eingeschweißte Putzhandschuhe gesehen, die müssten es tun.“ Eilig lief das Mädchen los und der Trott aus Halbwüchsigen folgte ihr. „Wo ist eigentlich Yuzuriha?“, fiel dem fremden Shaolan ein. „Yuzuriha-chan wollte da bleiben, weil sie zurück zu ihrer Enten-gruppe muss“, erklärte der weiße Mutant wichtigtuerisch, sah aber gleichzeitig traurig zum Wohnzimmer zurück. Hime war mittlerweile dabei die übergekochte Milch vom Herd zu nehmen. „Shaolan, die Milch ist mir übergekocht! Kümmerst du dich bitte darum?“ „Ja!“/“Jo.“, erwiderten beide Jungen synchron. ~~~~~~~~ Währenddessen herrschte im umfunktionierten Behandlungszimmer angespannte Stille. Der Krieger hatte sich mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt und beobachtete kritisch was der Doktor mit dem Magier anstellte. Er hatte schon im Hain festgestellt, dass die Vorgehensweise in dieser Welt eine ganz andere als in Japan war, doch damals waren sie schnell genesen, weswegen er nichts sagte. Grob tastete der Affe den nackten Oberkörper des Blonden ab, suchte anscheinend etwas. „Keine sonstigen Narben“, murmelte er und schob seine Brille weiter nach oben, als er die Wunde am Auge noch einmal untersuchte. „Keine Infektion.“ Hime notierte alles sorgfältig. Er suchte in seiner Tasche nach einem seltsamen Apparat, die gelben Handschuhe gaben dabei ein Quietschen von sich. Sich zwei Enden des Apparats in die Ohren stecken, fuhr er mit dem dritten Ende auf der Brust des Blonden herum. Fye atmete ruhig ein und aus, wachte aber nicht auf. Kurogane starrte zum Fenster hinaus. Keine Sonne, nur hohe Gebäude und Wasser und Flugschiffe. Willkommen zurück in der - wie nannte Tomoyo sie? - in der Stadt, in der der 'Gründer' sich Beklemmung wünschte. Gerade lag diese Beklemmung zentnerschwer auf seiner Brust. Doch selbst unter dem weiten Himmel bei der Zwischenstation hätte er diese Beklemmung gespürt. Am liebsten würde er mit dem Kopf mehrmals gegen die Wand rennen. Warum hatte er dem verdammten Magier auch nicht zugehört, warum hatte er ihm nicht geglaubt? Warum war er verdammt noch mal nicht mit ihm zurück gegangen? Wieder hatte er seinen Kopf durchsetzen müssen und nun standen sie wieder vor einer Katastrophe. „Tomoyo meinte er käm' aus den Laboren“, sagte er grimmig, immer noch aus dem Fenster starrend, um diese unerträgliche Stille zu durchbrechen und dem verrückten Doktor wenigstens zu entlocken was Fye hatte. „Gut möglich“, erwiderte Kyle konzentriert. „Adrenalin.“ „Was?“, fragte der Krieger verwirrt und sah wie das Ebenbild schnell und professionell eine gelbliche Flüssigkeit aus einem kleines Gläschen in eine Spritze sog, die kurz darauf unsanft in Fyes Ellbeuge gepresst wurde. „Und gib dem Kerl da ne Beruhigungsspritze, damit er die Klappe hält und schmeiß ihn raus.“ „Verdammt, ich bleibe hier!“ „Doppelte Portion, bitte.“ ~~~~~~~~~~~~~~~ Völlig weggetreten saß der Krieger am Küchentisch und starrte auf das Baby. Es kreischte und sabberte und tat all das, was Kleinkinder sonst so taten. Es lag in Sakuras, Himes, wessen Arme auch immer, und das verdammte Wollkneul versuchte es mit einer weißlichen Flüssigkeit in einer Flasche zu füttern. Er starrte. Die Uhr tickte. Der Raum war mit Sakura, zwei Bengeln, Tomoyo und der frisch hinzugekommenen ChuNyan viel zu voll. Kyle und Hime waren immer noch im Wohnzimmer. Und Fye. Die Uhr tickte. Besorgt beugte sich Sakura, Hime, wer auch immer, zu ihm und nahm seine Hand, schenkte ihm etwas Wasser ein. Doch er reagierte nicht auf sie. Starrte einfach nur das Baby an. Schwer seufze er, schloss die Augen für einen Augenblick. Die Uhr tickte. Wer auch immer rief seinen Namen. „Dr. Kyle, ich glaube die doppelte Portion Beruhigungsmittel war zu viel...“, drang wer-auch-immers Stimme zu ihm. Und ein anderer wer-auch-immer: „Dann geb' ihm Kaffee.“ ~~~~~~~~~~~~~~~ „Also, was ist mit ihm los?“, fragte Kurogane als er 20 Minuten später dank einem scheußlichen Gebräu wieder klar war. Dr. Kyle seufze und studierte die Krankenakte. „Erst hab ich Ihnen ein paar Fragen zu stellen, Freundchen.“ Der Ninja nickte, auch wenn er den Doktor nicht mochte, er half ihnen. „Sind sie mit dem Patienten intim?“ „Bitte was?!“ „Schlafen sie miteinander?“ Heftig errötend blickte der Ninja den Doktor an, war heilfroh, dass die Kinder noch in der Küche waren und nur das Ebenbild der Prinzessin mit ihnen im Raum. „Ja...“ „Und nichts aufgefallen? Narben? Wunden? Tattoos? Seltsames Verhalten? Irgendwas?“ Kritisch sah Kurogane den Arzt an. „Du bist der Arzt, aber der verdammte Idiot benimmt sich immer seltsam. Hast du ihn nicht untersucht als er in den Hain kam?“ „Denken Sie ich merke mir jede Krankenakte? Die sind im Hain abgefackelt. Außerdem guck ich mir Patienten aus den Laboren nicht so genau an, ich will nicht wissen, was sie mit denen anstellen. Deswegen kommen sie ja, um lästigen Fragen und Verfolgung zu entgehen. Zurück zum abnormalen Verhalten, Amnesie?“ „Ja.“ „Alpträume?“ „Ah.“ „Welcher Art?“ Kurz warf er einen Blick zu Fye, eigentlich war das vertraulich. „Verfolgungen.... und er hat sich einmal versucht das Übersetzungsding rauszuholen.“ „Ah. Nun. Die Narbe hinter dem Ohr lässt auf eine recht unproffesionielle Entfernung einer Tätowierung schließen.“ „Da ist keine Narbe.“ „Da ist eine, sie wurde nur gut verdeckt. Ich vermute dieser Stümper Storm hat das gemacht.“ „Storm?!“ „Ich habe ihm verboten Leute aus den Laboren her zu bringen, dachte wohl er könnte mich mit diesem Trick verarschen. Gut dass er jetzt tot ist.“ „....“ „Fakt ist, dass er höchstwahrscheinlich aus den Laboren kommt. Und das wiederum heißt, dass Sie's vergessen können.“ „Was?!“ „Ich werde sehen was ich tun kann. Ich kann ihn vielleicht so weit wieder herstellen, dass er aufwacht, aber für mich sieht das aus wie eine durch einen Schockzustand vollständig irreversible Löschung der Normung aus. Wenn wir ein Magnetresonanztomographie [3] durchführten, könnten wir sicherlich sehen, dass alle Nervenbahnen im Gehirn auf ihren Ausgangszustand zurück gesetzt sind. Ausgangszustand im Labor natürlich, nicht der eines Neugeborenen, wäre ja auch unpraktisch den ganzen Kopien und Schöpfungen auch noch das Sprechen und Laufen beizubringen. Nun, dieser Ausgangszustand ist völlig anders als eine gewöhnliche Amnesie, in der relevante Informationen noch im Unterbewusstsein vorhanden und in einzelnen 'Flashs' an die Oberfläche treten, bis sich die volle Memorationsleistung wieder herstellt. Hier ist alles, in Ihrer Laiensprache sozusagen, 'gelöscht', unwiederbringlich. Futschiputschi. Ist bei normalen Menschen nicht möglich, nur bei Laborerzeugnissen. Wenn es sich also so erhält, dann ist das der unwiderlegbare Beweis, dass er einer ist.“ „Was heißt das....?“ „Na ja, dass sie jetzt ein nettes Spielzeug haben, dass sie normen können? Aber ihren Freund bekommen sie nicht zurück.“ Hart schluckte Kurogane. Das konnte doch nicht sein... das... das war zu lächerlich und zu unglaublich, um wahr zu sein. „Gibt...“, kam eine Stimme von der Tür und beide Männer drehten sich zu der Prinzessin des Wüstenkönigreichs CLOW um. „Gibt es keine Möglichkeit, damit er wieder der selbe wird?“ „Wir bringen ihn zurück ins Labor und hoffen, dass sie ihn zufällig noch einmal genau so normen?“, fragte Kyle sarkastisch und sah das Mädchen abschätzig an. „Hör mal Kleine, auch wenn du guckst wie ein geschlagener Köter, wird das die medizinischen Tatsachen nicht ändern. Er ist so gut wie tot. Nur sein Körper ist noch lebendig. Futschiputschi.“ „Aber es muss doch einen Weg geben!“, rief die Prinzessin den Tränen nahe. „Kurogane-san!“ Grimmig und hart starrte der schwarzhaarige Mann auf den Bewusstlosen. Er musste das akzeptieren. Tot war tot. Weg war weg. In Illusionen und hoffnungslosen Wünschen lebten nur Idioten, Leute die zu schwach waren die Realität zu akzeptieren und mit ihr zu Leben. Nicht er. Hart biss er sich auf die Lippen. Er schmeckte das getrocknete Blut immer noch in seinem Mund. Er spürte regelrecht den enttäuschten Blick der Prinzessin. „Doktor, bitte! Gibt es keine andere Möglichkeit?!“ „Seinen Kopf aufschneiden, dann bräuchte ich eine Gartenzange und ne menge Taschentücher, habt ihr doch, oder?“ Sakura wurde blass und der Krieger sah den Arzt entsetzt an. „Bei den Göttern...“ „Bei wem auch immer“, antwortete Kyle und schmiss die Handschuhe auf den Tisch. „Ich hol jetzt den Schlaf nach, den ihr mir durch euer zeitlich durchaus unpassendes Erscheinen geraubt habt. Gute Nacht.“ Als der Doktor den Raum verlassen hatte, waren sie nur noch zu dritt. Die Prinzessin weinte bitterlich, Kurogane starrte auf den Blonden. Das verdammte Blag plärrte in der Küche und in dem Moment erklang ein Schlüssel an der Haustüre und Souma kam zurück. „Verdammter Idiot“, flüsterte Kurogane. Er wusste nicht, ob er Fye damit meinte. Nein, er meinte definitiv nicht diesen bewusstlosen Mann dort. Er meinte sich selbst. Er hatte quasi alles falsch gemacht und nun stand er wieder da und konnte den Menschen, die er beschützen wollte, kein Stück helfen. ~~~~~~ Kapitel 27 ende ~~~ Anmerkung: So, nun ist das auch raus. Viele haben ja schon vermutet, dass da was im Busch war. Ich hoffe es war alles verständlich. Hoch lebe die Schreibblockade. Oo Ach ja, noch etwas zu Kuroganes Charakter: Manchmal denke ich, ich müsste ihn mehr wie den eher sanfteren, reflektieren Kuro spielen, aber das ist er noch gar nicht. Diese FF setzt kurz nach Outo ein, das heißt Kurogane muss den Prozess erst noch durchmachen, was mir einige Kopfschmerzen bereitet hat, aber ich denke/hoffe mal es hat einigermaßen geklappt. Aber noch sind nicht alle Rätsel gelöst! Freue mich über konstruktive Kritik oo und ähnliches (vielleicht was nettes XD;; aber Kritik is auch klasse oo keine Angst.) [1] oo ganz vergessen zu sagen, dass der Name „Omehlas“, geringfügig abgeändert von Ursular K. Le Guin's utopischer Kurzgeschichte „Those who walked away from Omelas“ übernommen wurde. Und hab natürlich keine Rechte dran. [2] Erinnert mich ja gerade beängstigend an die 5 Freunde XD [3] Kernspintomographie, Kyle liebt eben Fachbegriffe, die keiner außer ihm versteht. In diesem Fall am Gehirn angewendet. „Bildgebendes Verfahren, das vor allem in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung von Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird.“ (Aus Wikipedia) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)