Supernova von maykei ================================================================================ 14. Kapitel - (Rote Fäden) -------------------------- Das Ende des Ganges. Das Ende der Röhre kam abrupt unerwartet hinter der letzten sachten Biegung. Eine ausdruckslose weiße Wand mit einem alles verschluckenden schwarzen Durchgang, gerdade hoch und breit genug eine mittelgroße Person hindurch zu lassen, öffnete sich als sie bis auf 20 Schritte an sie heran getreten waren. Seltsamerweise sagten ihm seine Instinkte, dass sie sich immer noch in großen Höhen befanden und keine Wand im Umkreis von 50 Meter sein konnte. Dennoch kamen sie durch diesen Durchgang in einen weiteren Raum. Kurogane beschloss einfach nicht mehr solche Verrücktheiten zu hinterfragen, sonst würde er bald selbst dazu gehören. Wahrscheinlich war es eh Magie. Von wegen, dass es sie in diesem Land nicht mehr gäbe. Der Raum war groß, vollkommen leer und wie der Gang in ein türkis-blaues Licht getaucht, das von nirgendwo und überall zu kommen schien, als befanden sie sich in fluoreszierendem Wasser. Nur an der Wand befand sich ein flacher, schwarzer Monitor und eine Schalttafel, einsam und metallern, unpassend mit ihrer matten Oberfläche, fast lebendig wirkend in dieser sterilen Umgebung. Der Magier lächelte zufrieden und legte stumm einen Finger auf seine Lippen. Sie schienen an ihren Zielort angekommen zu sein, doch das komplizierteste lag noch vor ihnen. Er hatte Fye lange an Simulationen im Camp üben gesehen. So weit er es verstanden hatte, war der Raum war durchzogen von Lichtstrahlen, die einen Alarm auslösten, wenn sie irgendetwas unterbrach. Die Aufgabe des Magiers, bei weitem der atlethischere von ihnen beiden, sollte sich durch zwischen ihnen hindurchwinden. Darauf bedacht kein Geräusch zu erzeugen, stellte Fye den Apparat, mit dem er schon die ganzen Durchgänge geöffnet hatte, auf den Boden und eine grüne Lampe leuchtete auf, diesmal nicht nur kurz, sondern stetig und immer heller werden. Das Licht um sie herum nahm dadurch einen leicht gelblich-türkisen, irgendwie Übelkeit erregenden Farbton an. Dadurch hoben hauchzart, mehr eine Ahnung als wirktlich sichtbar, sich nun rote Lichtfäden hervor, die quer durch den ganzen Raum gespannt waren. Fyes Gesichtszüge entspannten sich völlig, selbst das selbstzufriedene, legere Lächeln, das er sonst immer trug verschwand und machte einem völlig aussageneutralen Ausdruck Raum. Ernst, und viel älter als Fye eigentlich den Anschein machte. Er schloss die Augen, atmete durch - ein fast unmerkliches Heben und Senken der schmalen Brust, das einzige, was ihm nicht das völlige Aussehen einer Statue verlieh - und machte einen vorsichtigen Schritt nach vorn. Ein kalter Schauder lief ihm Kurogane den Rücken, während er Fyes sich langsam bewegende, sich verrenkende Figur beobachtete.Die Bewegungen schienen mechanisch, es fehlte die gewohnte Eleganz und geschickte Unbekümmertheit mit der sich der Magier sonst bewegte. So als müsste er gegen einen unsichtbaren Widerstand ankämpfen, oder als wäre er nur eine Puppe, die von einem Puppenspieler zwar geschickt, aber dennoch an Fäden, gezogen wurde. Ab an und an schimmerten die rubinroten Fäden wie eine Fata Morganazwischen dem blauen Licht hervor, das zwar konstant, aber durch dieses Schimmern wie von unsichtbaren Strömungen durchzogen war. Der Eindruck unter Wasser zu sein wurde perfektioniert. Das Rauschen des Blutes in seinen eigenen Ohren, die unsichtbaren Strömungen am Meeresgrund, die das Licht flackernd brachen und Fyes angestrengte Bewegungen, als müsse er sich durch Wassermassen hindurcharbeiten, stetig bemüht auf dem sandigen Untergrund und umgeben von unberechenbaren Sögen und streifenden Strömen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das Rauschen wurde lauter, scheinbar nur in seinen eigenen Ohren und vielleicht war es auch so, während er den anderen Mann weiterhin beobachtete und sich fragte, was hier nur so furchtbar falsch war. Es war niemand zu sehen, keine Aura zu spüren und keine Bewegungen erfüllten den Raum, bis auf den Magier. Fyes Körper zitterte auf, Zuckungen in einem völlig angespannten Körper, und nun sah Kurogane auch den leichten Schweiß, der zwischen den blonden Zausen über Fyes Schläfe lief. Einen unendlich lange Sekunde sah es so aus, als würde sich der andere wieder unter Kontrolle bekommen, doch dann sackte seine Körperhaltung etwas in sich zusammen und die voller Konzentration gehobene Hand durchbrach einen Lichtstrahl. Kurogane fluchte und rannte gleichzeitig los. Ein Zischen wurde innerhalb Sekundenbruchteilen unerträglich laut und silberne Fäden schossen blitzschnell vom Boden auf, spannten sich in einer Wellenbewegung durch den ganzen Raum straff.Kurogane wusste, dass er es unmöglich rechtzeitig schaffen konnte. ZZZINGGGGGN !!!!!! Die silbernen Fäden schossen gänzlich in die Höhe und spannten sich mit einem luftschneidenden, messerscharfen Sirren. Ein Herzschlag. Ein paar blonde Strähnen segelten mit majestätischer Ruhe zu Boden, der Apparat klapperte in fein säuberlich geschnittenen Stücken daneben. Ein Blick zu dem Mager sagte ihm, dass alles in Ordnung schien. Dieser hatte seine Körperbeherrschung im letztem Moment wiedergefunden und war blitzschnell in die Ecke des Raumes gesprungen. Die Ecken des Raumes konnte von den Schnüren nicht erreicht werden und wie von einem silbernen Spinnennetz umgeben, drückte er sich an die Wand. Zweiter Herzschlag. Ein dumpfes Geräusch, als der Magier seinen Kopf erleichtert nach hinten gegen die Wand kippen ließ, erklang. Kurogane atmete aus. Das war knapp gewesen. Hätte Fye auch nur eine Millisekunde später reagiert, wäre er genau so zerschnitten worden wie dieser leuchtende Apparat. Schon in der ersten Welt, in die sie gereist waren – Hanshin- hatte er erfahren, dass der Magier durchaus geschickt war, mehr noch, er bewegte sich wie ein Mann, dem der Kampf in Fleisch und Blut übergegangen war. Er war wahrscheinlich einfach nur überbesorgt. „Oi, bist du in Ordnung?“ Er bekam keine Antwort. „Fye.“ Es war wieder still geworden. Rauschen, Rauschen, endloses Rauschen. Die Farbe des Raumes hatte sich von sanftem Blau-Türkis zu einem Unruhe auslösenden Gelb-Rot gewandelt und der Ninja verfluchte den Umstand kein Schwert dabei zu haben. Wie sollte er den Magier jetzt dort herausholen und wieso half dieser sich nicht selbst, sagte nicht einmal ein Wort? Er wusste, dass es noch nicht vorbei sein konnte und seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er hasste diese Welt mit ihrer Technik und noch mehr sein Unwissen darüber. Er wusste nicht, was er tun konnte, aber er musste etwas tun, denn vom Magier kam aus irgendeinem Grund keine Reaktion. Er musste etwas tun! Und das schnell. Schon öffneten sich schwarzen Vierecke, surreal wie ein Loch in einem Gemälde und der Raum wurde von einer Masse aus schwarzen Phagen regelrecht überschwemmt. Sie trugen immer noch die Schutzanzüge, sie würden nicht erkannt werden. Das hieß, wenn sie still hielten. Wissend, dass jedes weitere Wort diese verdammten Mistviecher zum Angreifen bewegen konnte, presste der Ninja seine Lippen zusammen. Die verflucht unfähige und immer noch völlig unbewegliche -vielleicht erwies sich das gerade als ein Segen – Gestalt seines Partners fixiert und hielt still während die mechanischen Tiere prüfend über ihn krabbelten. Wie ihre lebendigen Abbilder in freier Natur angelten sich die technischen Spinnen an den silbernen Stahlfäden entlang, auf den Gefangenen zu und in alle Richtungen und ließen die Konstruktion um so mehr wie ein Spinnennetz eines riesigen Insekts erscheinen. Es war, als wären sie geschrumpft. Dennoch schien alles gut zu laufen, die Spinnen verloren langsam ihr Interesse und zogen sich zurück. „Ashura-ou....“ Verfluchter Magier! Das leise Flüstern klang unglaublich verloren und Kurogane fragte sich trotz dieser gefährlichen Situation, wie wohl das Gesicht des Magiers aussah, wenn seine Stimme schon so klang. Er hätte es gern einmal gesehen, vielleicht weil er merkte, dass dies wirklich pure, unverhüllte Emotion war. Doch der Ernst der Lage wurde ihm augenblicklich wieder bewusst gemacht. Denn die gesamte Menge der Phagen erstarrte wie eins in ihren Bewegungen – Herzschlag – wandten sich dann zum Magier um – weiterer Herzschlag – und krabbelten auf ihn zu. Durch das belebte Spinnennetz konnte er gerade noch undeutlich Fyes Gesicht sehen und der Blonde schien endlich wieder in dieser Sphäre angekommen zu sein. Erschrockene, alarmierte Augen zuckten kurz zu ihm, bevor er sich dem Geschehen vor seiner Nasenspitze zuwandte. Eine besonders große, dicke schwarze Spinne war genau auf seiner Augenhöhe und streckte eines ihrer messerscharfen Beinchen nach ihm aus, ritzte mit dem Hauch einer Berührung über die Wange und zwang so ein dünnes Rinnsal Blut aus der Wunde heraus. Es lief über das Kinn des Magiers, tropfte auf den Schutzanzug. Der Arm federte mit einem mechanischen, kaum hörbaren Surren wieder zurück. Er wusste nicht was vor sich ging, aber er wusste, dass diese Spinnen gefährlich waren und Eindringlinge augenblicklich töteten, sobald sie sie identifiziert hatten. Mit einem gurutalen Knurren packte er eines der Spinnentiere vor sich und schmiss es auf die Spinne vor Fyes Gesicht, sie prallte ab und die Maschine landeten mit einem dumpfen Knall auf dem blanken Boden. Die andere Spinne schien es nicht einmal wahrgenommen zu haben. Wütend packte Kurogane einen der Fäden und riss an ihm mit aller Kraft, arbeitete sich seinen Weg zum Magier frei, auch wenn die Stränge tief ins Fleisch schnitten. Doch die Tiere selbst griffen ihn nicht an, wandten sich nur wieder unbeeindruckt von diesem Ablenkungsmanöver ihrem Opfer zu, das sie als Eindringling erkannt hatten. Fyes Kopf prallte hart gegen die Wand, als er einen auf Augenhöhen gezielten, messerscharfen Schlag einer Spinne auswich. Das Licht im Raum war stechend rot geworden. Und Kurogane war nicht einmal durch das erste Drittel des Netzes hindurch. „Benutz deine Magie verdammt noch mal! Oder willst du hier verrecken?!“, schrie er. Wieder ein tiefer Schnitt an der Wange, knapp unter dem Auge. „Magie..?“ Die Stimme klang als wäre Fye wieder gar nicht anwesend und immer mehr Spinnen gingen in Angriffsstellung: Das Mittlere Beinpaar harkte sie an einer Stelle des Netzes ein, die hinteren krümmten sich, um einen sicheren Schwerpunkt zu schaffen und den vorderen Beinen die Möglichkeit zu geben messerscharf durch die Luft und alles andere, was ihnen in den Weg kam zu schneiden. Die Bewegungsmöglichkeiten des Blonden waren sehr beschränkt, selbst wenn er wollte, hätte er nicht in die Knie gehen oder ausweichen können, denn die silberweißen Fäden, die das rote Licht verzerrt reflektierten, bildeten einen undurchdringlichen Käfig um die schmale Figur, der immer dichter wurde, als würde das Netzt von unsichtbarer Hand weiter gesponnen werden. Wieder versuchte Kurogane Stränge zu durchreißen, erreichte damit jedoch nur, dass das kalte, unbezwingbare Material tiefer in sein Fleisch schnitt und er seine linke Hand kaum noch bewegen konnte. Einige Tiere lösten sich endlich vom Blonden und krabbelten auf den unerwünschte Störenfried zu – ein verfluchtes Ding blieb jedoch bei dem Magier, genau vor dessen Gesicht, holte wieder aus und zielte diesmal direkt auf seinen Hals, die Halsschlagader. „Schlag es weg! BEWEG DICH VERDAMMT NOCH MAL ENDLICH!!“ Fye reagierte überhaupt nicht, sondern sah das Tier nur ausdruckslos an und - schloss die Augen. „VERFLUCHT!“, zischte Kurogane, griff eines der Viecher, die gerade seinen blutüberströmten Arm hoch krabbelten und schmiss es wieder nach der Spinne. Diesmal war er näher dran und erwischte das Drecksvieh in einem günstigeren Winkel. Die Wucht seines Wurfes warf das Tier gegen einen Netzstrang und zerschnitten es in zwei. Begleitet von einem rieselnden Geräusch, zuckend kam es auf dem Boden neben seinem Artgenossen auf. Gerade noch rechtzeitig, um den tödlichen Schlag aufzuhalten. Noch ein Zucken und mit einem ratterndes Surren verklang jedes Geräusch und jede Bewegung des seltsamen Automaten. Die restlichen Tiere erstarrten, zwei Sekunden später fuhr ein kollektiver Ruck durch die Gruppe und sie krackselten – nun um so mehr wie echte Spinnen - in rasender Geschwindigkeit auf Kurogane zu. Er hatte sein Schwert nicht hier, aber das hieß nicht, dass er mit diesen Bastarden nicht fertig wurde! Mit ein paar schnellen Sprüngen war er aus dem Gewirr des Spinnennetzes heraus, an der Tür angekommen und ballte grimmig seine Fäuste und zertrümmerte erst einmal die ersten drei Spinnen, die auf ihn zugewetzt kamen. Er packte den nächsten Blechkasten so, dass die messerscharfen Beinchen nur Luft schnitten und warf es auf die größere Gruppe von Spinnen, die noch auf dem Netz waren- scheinbar ihr vorteilhafteres Territorium. Einige wurden wie leere Sake-Kelche auf die man mit Steinen schmiss von ihrem Halt geschleudert und donnerten auf den Boden. Wo sie gegen das Netzt prallten, wurden sie wie weiche Butter in Einzelteile zerschnitten. Die Spinnen auf dem Boden und über ihm an der Decke, die sich immer wieder auf ihn fallen ließen, waren in seiner Kampfeswut keine Herausforderung für Kurogane. Eine nach der anderen zertrümmerte er mit den bloßen Fäusten und hielt sich mit gezielten Würfen und Tritten die Gruppe am Netz vom Leibe. Doch diese Viecher schienen doch um einiges intelligenter zu sein. Anstatt zu versuchen näher zu kommen, um ihn aus der Nähe anzugreifen – scheinbar waren diese Dinger nicht für den Nahkampf gemacht – hielten sie sich an den Wänden und spannten, indem sie Silberfäden zu ihren Artgenossen an der gegenüberliegenden Wand schossen, ein immer engeres silbernes Netz um ihn, in dem er sich immer schlechter bewegen konnte. Sobald er an eine dieser hauchdünnen, doch stahlelastischen Fäden kam, schnitten sie tief in die Haut und er musste sich immer mehr darauf konzentrierten, sich so zu bewegen, dass er ungefährdet den engen Spielraum ausnutzen konnte. Einen Moment war er unaufmerksam und eine Spinne schaffte es sich von oben an einem Faden auf sein Schulter nieder zu lassen. Sofort schlug er sie weg, bevor sie mit ihren messerscharfen Beinchen nach seiner Kehle schnellen konnte, doch das schien nicht die Absicht der Maschine gewesen zu sein. Sie brach ihre Attacke ab, wich seinen Schlag mit einer plumper Eleganz aus, indem es sich einfach steil von seiner Schulter fallen ließ, und schoss dabei einen Faden zur Wand ab, den einen ihrer Artgenossen aufnahm und weiter schoss. Im letzten Moment begriff Kurogane seinen Fehler, doch da war es schon fast zu spät. Ein weißer Faden hatte sich locker und federleicht um seinen Hals geschlungen und nur das windhelle Schneiden der Luft ließ ihn rechtzeitig reagieren. Blitzschnell brachte er beide Arme nach oben an seine Kehle, rechts und links und hielt die Luft an. Es war eine Millisekunde, doch er spürte jeden Millimeter Haut, der durch den Faden durchtrennt wurde, bis er zirrend zum Stillstand kam. Im letzten Moment hatte er sich daran erinnert, was Shaoaln über die Beschaffenheit der Schutzanzüge gesagt hatte. Sie waren nicht nur Tarnung, sondern auch Schutz gegen Angriffe. Als er nach den Fäden gegriffen hatte, war diese eine passive Berührung gewesen, doch das aufschnellen der Fäden bei völligem Stillstand des Körpers waren eindeutig ein aktiver Angriff und wurden deswegen aufgehalten. Deswegen hatte Fye sich also nicht bewegt, um zumindest die Schutzfunktion des Anzuges auszunutzen, nur waren Kehle und Gesicht, wie auch Fyes Hände entblößt gewesen. Der Faden waren um Kuroganes zwei erhobene Unterarme geschlungen, ließen dazwischen einen Raum, der gerade ausreichend für seinen Hals war. Etwas schnitt das Metall ins Fleisch, aber das wichtigste, Halsschlagader, Luftröhre und Nackensehne, waren unversehrt geblieben. Kurogane riss an den Faden, der nur von den Spinnentieren gehalten wurde, zog sie an sich heran und zerschmetterte sie erst einmal. Doch viel Zeit sich auszuruhen hatte er dennoch nicht, es gab noch genug von diesen Mistviechern. Völlig in einen Rhythmus aus schneidender Luft und zerschmetternden Spinnenkörpern eingebunden, konnte der Ninja unmöglich sagen, wann das rote Licht sich wieder zu einem blau-türkisen gewandelt hatte und keine erneuten Maschinen mehr nachkamen. Bald zuckte das letzte Tier am Boden und schwer atmend wand sich der Krieger dem Netzt zu. Fyes Gesicht war Blut überströmt, die Haare hingen ihm wild und rot verklebt ins Gesicht, doch der restliche Körper, den der Schutzanzug geschützt hatte, schien unversehrt. Das gespannte Netzt versagte dem Magier immer noch jegliche Bewegungsfreiheit, aber in der aufgetretenen Stille - nur das Rauschen, das ewig präsente Rauschen – konnte er ein erleichtertes Aufatmen von dem anderen vernehmen. Kurogane gab sein japanisches Fluchen dazu und Fye musste leise lachen. „Von wegen einfacher Job, was soll die Scheiße?“ „Vielleicht hat jemand mit uns gerechnet“, kam leise geflüstert, mit einem gluckernden Unterton, wie mit einem gleichzeitigen Lachen unterlegt, zu dem Ninja zurück. Ein flackern ging durch den Raum und das Türkis-blau hatte graduell seinen ursprünglichen hellen Ton wieder angenommen. Die Fäden wurden schlaff und fielen schwer wie nasses Papier zu Boden. Der Magier taumelte einen Schritt nach vorne, brachte zittrig seine Hand zu seinem Gesicht und presste sie auf die Masse roten Haares, fuhr herunter über seine Stirn, vorsichtig tastend und legte sich dann auf sein linkes, verdecktes Auge – bevor er zusammen brach. Augenblicklich war Kurogane bei ihm, richtete die von heftigen Beben durchzuckte Gestalt wieder etwas auf und zwang Fyes Hand von seinem Gesicht. Zuerst musste er die blutnassen Haare aus dem Gesicht wischen, doch dann sah er die Wunde. Aus dem geschlossenen Auge floss in dickflüssigen Strömen hellrotes Blut, vermischte sich mit dem dunkleren einer Schnittwunde, die quer darüber ging. Schnell aber gründlich überprüfte er die restlichen Verletzungen an Hals und Händen. Das waren Schnittwunden, in Japan kämpfte man größtenteils mit Schwertern oder ähnlichen Schneidewaffen, so hatte er schon viele solcher Wunden gesehen und konnte sie einschätzen. Keine war bedenklich, bis auf die am Auge. Doch er wusste, dass sie nicht viel Zeit hatten. Geschwind riss er Fetzen vom Ärmel seines Anzuges endgültig ab und drückte ihn Fye in die Hand. „Press das drauf, bis wir draußen sind. Ich weiß nicht warum keine weiteren Mistviecher kommen, aber ich werde sicher nicht auf sie warten." Benommen nickte der Magier und hatte mittlerweile auch genug Kraft gefunden, um aufzustehen. Doch als Kurogane – den Magier stützend – auf die Tür zugehen wollte, zog der Magier ihn in die entgegen gesetzte Richtung. „Die Informationen... wäre doch ne Schande, wenn wir das hier noch mal machen müssten...“ Mit zitternder Hand tippte der Blonde auf der Tastatur herum. Kurogane fixierte die Wände, erwartete jeden Moment ein weiteres Loch im in der Realität, das Feinde ausspuckte. Aber es geschah nichts. Auch nichts als Fye Kuroganes Arm packte und das Implantat unter seiner Haut, das wie durch ein Wunder trotz der ganzen Schnitte und Wunden unversehrt geblieben war, über ein Silber glänzendes Feld hielt. Auch nicht, als sie sich auf den langen Rückweg machten. Humpelnd und endlich am Lüftungsschacht angekommen, fast am Ende ihrer Kräfte. Der Magier hatte auf dem Weg mehrmals fast sein Bewusstsein verloren und langsam begann sich in Kurogane Panik zu regen. Der Magier war zäh, aber die Wunde möglicherweise lebensgefährlich. Ihm war schwindelig vom Blutverlust und er war erleichtert, sich etwas an die Wand lehnen zu können, während der Magier den Schacht öffnen würde. Doch der Magier blieb einfach nur in leicht gekrümmter Haltung mit einer Hand immer noch auf sein Gesicht gepresst vor der Wand stehen und starrte mit seinem gesunden Auge darauf. „Was ist?“, fragte der Ninja, halb ärgerlich, halb besorgt. War der Magier schon so weg, dass er das, was er angeblich fast im Schlaf schaffte, nicht mehr ausführen konnte? "Warum machst du nicht auf?" Langsam wand sich der rot-blonde Kopf zu dem Krieger. „Wie denn...? Das Gerät...“ Es lag in zig Einzelteile zerlegt auf dem Boden des Kampfplatzes. Einen kurzen Augenblick überlegte der Japaner, ob sie den weiten Weg zurück gehen sollten, um zu versuchen es zu reparieren. Doch weder er mit dem Magier, noch er selbst allein würden das in ihrem Zustand noch schaffen. Unendlich erschöpft und am ganzen Körper schmerzend schloss der Ninja einen Moment seine Augen, um nachzudenken. Das hier war genau so wie eine Festung. Wenn man nicht auf dem selben Weg raus wie rein kam, musste man sich einen anderen suchen. Und wenn die Gegner zahlenmäßig überlegen waren, musste man sich unauffällig herausschmuggeln. „Wann ist die nächste Lieferung der Kisten, die in dieser Halle da stehen... die bleiben doch nicht ewig hier... hier ist doch nichts... die müssen doch noch irgendwo hin...“ Der Magier hatte sich neben ihn niedergelassen und reagierte erst überhaupt nicht. Besorgt öffneten sich rote Augen und wandten sich ihm zu. „Fye.... ?“, benutzte er wieder wie selbstverständlich seinen Namen. „Ich glaube... jeden Abend... die Kiste... mit dem Identifikationsmodifikator...“, Kurogane sah einen Moment kritisch drein. Wahrscheinlich das rote Fläschchen, er wollte den Mann, der am Ende seiner Kräfte schien nicht unterbrechen. „Diesen Abend... damit nicht auffällt... dass da was Fremdes drin war...“ Sie waren mittags los, hatten hier drin gut vier Stunden verbracht. Ihre Verletzungen sollten so schnell wie möglich versorgt werden, doch sie hatten keine andere Wahl. Noch einmal all seine Kräfte zusammen nehmend, stand er auf, nahm den bereits Besinnungslosen auf die Arme und klettert den Weg zurück zu dieser Kiste, in der sie das rote Röhrchen gefunden hatten, stemmte sie auf und legte den Magier auf ein weiches Bett weißer Styroporstücken. Er hatte tagelange Schlachten hinter sich, viel schlimmere Verletzungen erlitten und dennoch fühlte er sich doppelt so erschöpft, wie er sich bei solchen Verletzungen und Anstrengungen fühlen sollte. Sein Puls ging immer noch schnell und etwas gummiartiges lungerte in seinen Knochen. Ausdruckslos betrachtete er das vom Blut orange-rötlich gefärbte Gesicht des Magiers und begriff dann, was es war: Er machte sich Sorgen. Der Schreck war ihm durch alle Knochen gefahren als der Magier drohte von dieser Mörderfalle getötet zu werden. Mit einem Schlag war all seine Selbstbeherrschung verschwunden gewesen und er war einfach nur noch einer rasenden Wut nachgegangen. Sonst war dieser Hass auf seine Gegner nur ein Antrieb, ein Kraftmobilisation, die von dem Genuss, den er am Kämpfen hatte, überschattet wurde. Oder von Unmut, der Suche nach Herausforderung, stolzer Pflichterfüllung. Aber nie von Angst, jemanden zu verlieren. Er war immer selbstsicher genug gewesen, um zu wissen Tomoyo jederzeit beschützen zu können, schließlich war er der Stärkste Japans, der erste Ninja der Prinzessin und im Recht. Die anderen waren Angreifer, wussten was sie erwartete und hatten deswegen verdient, was immer er mit ihnen anstellte. Was meist die Überbringung des Todes war. Doch diesmal hatte er wirklich gefürchtet, es nicht zu schaffen. Und es war noch nicht vorbei. Er kletterte ebenfalls in die Kiste, zog den schweren Deckel über sich und schloss in der absoluten Dunkelheit hier drin die Augen. Selbst das Rauschen – das ewig präsente Rauschen – war hier drin ausgeblendet. Nur Atem. Er griff nach dem Handgelenk des Blonden, um seinen Puls zu fühlen. Ein Hauch von warmen Atem strich ihm immer wieder gegen seinen Hals, den er mittlerweile verbunden hatte, wie auch das Auge des Magiers. Es strich über seine Haut, das Gelenk in seiner Hand war schmal, zerbrechlich und warm. Genau so wie vor nur einer Nacht auf diesem Hochhaus. ~~ Kapitel 14 Ende ~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)