Kimba Staffel 3 von Tachyoon (Vom Paradis in die Hölle) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- (kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - pilot v1.0; by tachyoon) Dies ist die Einführungsgeschichte zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@Tachyoon.de ! Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog. Viel Spaß ========= Kimba, der weiße Löwe " Vom Paradis in die Hölle " ======================================================= "Wenn du dir sicher bist, soll es geschehen!" Der Zentralcomputer antwortete wie er es erwartet hatte. Was hätte er auch gegen seinen Vorschlag vorbringen können? Die Operation war halt im Laufe der Zeit immer dringender geworden und nun ließ sie sich einfach nicht länger aufschieben. Sie flogen also los. Währenddessen schaute er sich die Daten nochmals an. Von der Struktur her waren sie mit Sicherheit richtig, doch was war mit der Strategie seines Planes? Diese zu überprüfen fiel dem Zentralcomputer trotz all seiner gewaltigen Rechenkraft zu schwer. Das konnte nur der biologische Supercomputer eines Lebewesens - zumindest Ansatzweise. Sein Verstand arbeitete sorgfältigst. Er wußte, diese Mission durfte auf gar keinen Fall schiefgehen. Er würde sie zwar vielleicht wiederholen können, doch der gescheiterte erste Versuch würde einen dunklen, schmerzenden Fleck in seinem Herzen zurücklassen. Schon bald darauf waren sie bei der Erde angekommen. Der Subco sah auf den großen Bildschirm, worauf der blaue Planet mit all seinen Daten zu sehen war und war gar nicht erfreut darüber, was er sehen mußte. "Die Erde hat sich nicht gerade zu ihrem Vorteil entwickelt. Vielleicht hätte ich bleiben und aufpassen sollen? Andererseits..." Er sann kurz über die Gründe nach, die ihn seinerzeit zu diesem Schritt, nämlich von der Erde Abstand zu nehmen, veranlaßt hatten. "Andererseits hätte das ganze Projekt daran scheitern können, hier hätte ich nie die Ruhe und die Zeit gehabt, das alles aufzubauen. Die Feinde des Imperiums hätten die Menschheit als Geisel benutzen können. Und die Menschen selbst in ihrer grenzenlosen Gier wären bestimmt zu einer Geißel für mich geworden..." Er liebte diese Wortspiele. "Aber der Preis war hoch gewesen." Zu hoch, wie er im Laufe der letzten Jahrzehnte hatte feststellen müssen. "Alle Einheiten sind bereit für den Start der Operation Genesis!" Die Stimme des Schiffscomputers holte ihn aus den Gedanken der Vergangenheit wieder in die Gegenwart zurück. "Ich will gar nicht daran denken... , denn wenn mein Plan nicht klappt..." Diesen Gedanken verwarf er immer sofort, denn er konnte das Ergebnis augenblicklich erahnen und es war alles andere als erfreulich. Das Schicksal der Galaxie, vielleicht sogar des Universums, könnte auf Dauer von dem Gelingen dieser Mission abhängig sein. Also machte sich der Subco auf den Weg, die ersten Schritte seines Planes auszuführen. Bald würde er wieder auf der Erde stehen, wenn auch nur für kurze Zeit. Die Sonne stand hoch am azurblauen Himmel. Der riesige Mondberg leuchtete durch seine weiße Spitze unter der heißen afrikanischen Sonne. Der Fluß, der an seinem Fuße entsprang, schlängelte sich durch das satte dunkle Grün des Dschungels, der sich von den Hängen des Mondberges ab mittlerer Höhe abwärts ins Tal erstreckte und schließlich in eine Savanne überging. Diese stellte zugleich eine hellgrüne, etwas eingestaubte Barriere zwischen dem lebendigen, saftigen Grün des Dschungels und der totenbleichen, gelblichen Farbe des Zerfalls dar, den die nahe Wüste mit sich brachte. Dort, an der Grenze zwischen Dschungel und Savanne, waren die meisten der Großtiere zu finden. So grasten beispielsweise riesige Herden Zebras und Antilopen nahe des Flusses, dessen einer Arm auch durch die Savanne lief, an einem mächtigen Felsen vorbei, der das Aussehen eines Pilzes hatte, um dann schließlich in der Wüste zu versanden, während der andere Arm in eine etwas tiefer gelegene Region des Dschungels lief und dort einen größeren Sumpf nährte. Aber auch einige kleinere Tiere hatten sich dort versammelt: Die Jungtiere. Denn es war noch Vormittag und die Schule noch nicht vorbei. So saßen sie also alle am großen Schulbaum und hörten mehr oder weniger den Worten ihres... naja... "Hilfslehrers" zu. "... und die '9' schreibt man so: Erst oben ein kleiner Kreis, und dann ein Haken daran. Sehr ihr? Genau so." Buckey war sehr in seine Arbeit als Lehrer vertieft. Etwas zu sehr, er bemerkte nämlich schon seit einiger Zeit nicht, daß die Jungtiere gerade an ganz anderen Dingen interessiert waren. Lukas : "He, pssst, Piwi. Schau mal!" Piwi schaute etwas vewundert auf das bemalte Blatt, das ihm Lukas gerade unter die Nase hielt. Gira reckte ihren Hals: "Was ist das?" Lukas : "Na, das ist Kimba, das sieht man doch!" Gira grinste zu Lukas: "Das mußt Du aber erst noch dazu schreiben!" Kimba : "Hm? Redet ihr über mich?" Lukas : "Unverschämtheit! Das kann man ja wohl ganz klar erkennen, wer das ist!" Piwi : "Ich würde es trotzdem lieber dazu schreiben, hi, hi!" Lukas Gesichtsfarbe änderte sich mehr und mehr ins Rote. Lukas : "Glaubst du, das dir das helfen würde? Du kannst doch sowieso nicht richtig lesen!" Buckey drehte sich um. Kimba : "Na, bei deinem Geschmiere ist das ja auch kein Wunder. Was soll das da eigentlich heißen?" Er zeigte auf Lukas Zeichnung. Lukas : "Das ist kein Geschreibe, daß ist ein Gemälde!" Gira, Piwi und Dodi: "Bah, ha, ha, ha!" Buckey : "Ähm, hört mal..." Wirkten reichlich hilflos, seine Versuche... Kimba (war schon leicht belustigt): "Und was soll das dann darstellen? Das sieht ja richtig doof aus!" Buckey : "Leute, ich..." Lukas : "Kein Wunder: Ich hab' ja auch DICH gemalt!" Buckey : "Ich..." Kimba : "Häh?! Was soll denn das jetzt heißen?" Lukas : "Das soll heißen, dieses doofe Männchen da bist du! Deswegen sieht es ja auch doooooof aus!" Kimba : "Hmpf, Unverschämtheit!" Buckey explodierte quasi: "RUUUHEEE!!" Alle : "Tschuldigung, Herr Lehrer." Buckey : "Also bitte, wenn ich hier schon 'was erkläre, dann bitte ich mir auch eine gewisse Disziplin aus!" Piwi : "Wo waren wir denn stehengeblieben, Herr Lehrer?" Buckey : "Ja, das ist eine gute Frage. Also, bevor ihr andere Dinge für wichtiger erachtet habt, war ich gerade dabei, euch die Schreibweise der Zahlen beizubringen, wie die Menschen sie verwenden." Lukas flüsterte zu Piwi: "Der soll bloß nicht so schlau tun, das hat der doch auch nur gerade erst von Daniel oder Pauley beigebracht bekommen..." Buckey : "Lukas! Habe ich mich da verhört oder willst du die Tafel mal richtig sauber machen?" Lukas versuchte zu protestieren : "Äh, aber ich hab' doch gar nichts gesagt!" Buckey : "Los jetzt, keine Widerrede!" Lukas : "Wie 'jetzt' ?" Buckey : "Genau! Jetzt!" Lukas : "Ich soll JETZT die Tafel putzen??" Buckey : "Genau! Keine Widerrede!" Lukas drehte sich zu Piwi, zwinkerte ihm zu, dann zu Kimba, der auch schon verstanden hatte. Dann machte er sich mit erstaunlichem Elan daran, die Tafel zu wischen. Buckey : "Oh, sehr schön! Wie ich sehe, kannst du ja richtig brav sein. Du machst dich." Lukas war kurz darauf fertig mit Tafelputzen. Buckey : "So, dann wollen wir mal..." Er versuchte mit Kreide etwas an die Tafel zu malen. Doch die blieb so, wie sie war. Buckey : "Häääh? Was ist denn jetzt los?" Kimba : "Aber Herr Lehrer, das weißt du doch, wenn die Tafel naß ist, kann man darauf nichts schreiben." Buckey : "Oh nein. Und bei der Luftfeuchtigkeit heute dauert das noch Stunden, bis die wieder trocken ist - Da kann ich den Unterricht für heute quasi schon beenden." Lukas : "Schule ist aus!" Dodi : "Tschüß!" Kimba : "Hey, gehen wir doch zum Abenteuerberg!" Piwi : "Auja!" Alles rennt weg. Buckey : "Haaaaalllt!" Aber zu spät, keiner war mehr da. Buckey : "So ein Mist. So habe ich das doch gar nicht gemeint." Lukas, Wildcat, Kimba und Piwi standen auf der Kuppe des Abenteuerberges, der bei fast allen Jungtieren des Dschungels recht beliebt ist, weil er zahlreiche Möglichkeiten zum Toben und Spielen bietet. Lukas : "Es geht ganz einfach: Zweie können da drin sitzen und ein oder zwei andere schieben an, bis der Stamm von selbst weiterrutscht." Vom eigentlichen Baumstamm war nicht mehr so schrecklich viel übrig, außer der Rinde und einer dünnen Schicht Holz darunter. Die Mitte des Stammes war nicht mehr vorhanden, genauso wie die eine Hälfte des Stammes, so daß dieser halb offen war. So erinnerte dieser Stamm recht deutlich an einen Einbaum. Piwi : "Ich weiß nicht. Ist das denn nicht gefährlich in dem Ding den Berg herunterzurutschen?" Lukas : "Ach was, außerdem ist das kein Berg. Das kann man allenfalls Hügel nennen." Piwi trotzig : "Und wieso sagen wir dann Abenteuer - BERG und nicht -HÜGEL?" Kimba : "Ach was. Wenn Lukas es vormacht, können wir auch - oder? Piwi : "Ok. Lukas geht rein und wir schieben." Wildcat: "Ich will auch schieben, ich will auch schieben!" Kimba : "Gut, dann schiebt ihr beide eben." Lukas : "Und keiner traut sich, mit mir mitzukommen... typisch!" Lukas sprang in den halben Stamm hinein und Piwi und Wildcat machten sich daran, diesen zum Abhang zu schieben. Der Stamm ragte schon halb über den Abhang hervor, als er schließlich nach vorne kippte und sich immer schneller in Bewegung setzte. Lukas : "Juhuu! Ich kann fliegen!" Der Stamm wurde noch schneller und Lukas wurde stiller... Doch da geriet der Stamm immer mehr ins Schwanken. "Wie hält man das eigentlich an... ? Ich will aussteigen!" rief Lukas zu sich selbst und merkte, daß ihm bei der ganzen Sache doch nicht mehr so wohl war. Schließlich schlug der Stamm an einen etwas vorstehenden Stein, kippte auf die Seite und rollte und seitlich den Rest des Hanges herunter. Wenige Sekunden später war er unten angekommen und auf der Wiese am Hang ausgerollt. Kimba : "Auweia. Das sah aber gar nicht gut aus!" Piwi : "Kommt, vielleicht braucht er Hilfe!" Wildcat : "Also ob der DAS überlebt hat...?" Piwi total entrüstet: "SELBSTVERSTÄNDLICH HAT ER! JETZT KOMM UND HILF!" "Schon gut. Nur nicht aufregen," beschwichtigte Wildcat ihn. Sie rannten zum Baumstamm, die offene Seite lag unten. Nachdem sie den Stamm mit Mühe gedreht hatten, sahen sie drinnen einen leicht lädierten Lukas liegen, dessen Gesichtsausdruck alles andere als Wohlbefinden ausdrückte. Kimba : "Ist dir etwas passiert? Bist du verletzt?" Lukas schaute mit großen, flehenden Augen zu Kimba hoch. Lukas : "Bitte sprecht nicht! Schaut mich nicht an! Mir ist schon soooo schlecht. Alles dreht sich..." Piwi : "Der sieht ja ziemlich mitgenommen aus." Wildcat : "Also ich weiß nicht. Ob mir das Spaß machen würde...?" Lukas grabbelte etwas desorientiert aus seinem Vehikel. Lukas : "Natürlich macht das Spaß. Hab' ich doch gesagt. Und es hat Spaß gemacht. Wirklich." Auf halben Wege des Aussteigens verlor er das Gleichgewicht und klatschte auf den Boden. Die drei anderen sahen sich fragend an. Kimba : "Also weißt du, ich glaube nicht... " Doch er konnte nicht aussprechen, da Cheetah, "die Dschungelpost" , gerade mit großem Lärm ankam. Cheetah : "Kimba! Kimbaaaaa! Schneeeelll! Nur durch eine massive Vollbremsung kam er noch kurz vor ihm zum stehen. Cheetah : "Kimba, im Nordosten greift eine Horde Hyänen die Zebras an. Du mußt ihnen helfen! Schnell! Sonst ist es für viele zu spät!" Kimba : "Hyänen? Seit wann greifen die denn Zebras an? - Da haben doch bestimmt Klaue oder Cassius ihre Finger im Spiel." Cheetah: "Ja, das kann gut sein, ich habe nämlich Tom und Tap bei den Hyänen gesehen. Ich glaube, sie leiten den Angriff." Kimba rennt los, quer durch den Dschungel. "Ich frage mich, was diese Attacke soll. Das sollte doch selbst Klaue schon bemerkt haben, daß das nichts bringt. Dank der Dschungelpost kann ich ja rechtzeitig dort sein." Die Zebras standen dicht beisammen. Nervös reckten sie ihre Hälse, schauten hektisch um sich, während sie die Jüngeren in ihrer Mitte zu schützen versuchten. Doch ihnen allen war klar, das dieser Schutz eigentlich keiner war, denn wenn die Hyänen angriffen, würden sie ihnen nicht viel entgegenzusetzen haben. Etwa zwei Dutzend von diesen häßlichen, sabbernden Raubtieren umkreisten die kleine Gruppe von etwa ebensovielen Zebras. Immer wieder stießen einige der Hunde hervor, versuchten Panik und Unruhe in die Formation der Zebras zu tragen, um vielleicht im Durcheinander einfach ein Jungtier schnappen zu können. Doch auch, wenn die Angreifer sich immer wieder zurückzogen, wurde der Kreis um die Zebras langsam immer enger. Kimba sah die Horde Hyänen schon von weitem. "Ohje, so viele. Das wird nicht einfach, ich muß mir gleich ihren Anführer schnappen, sonst greifen mich vielleicht zu viele auf einmal an." "Hurra! Da kommt Kimba!" rief eines der Zebras. "Tom da kommt Kimba!" rief Tap seinem Kumpel zu. "Na dann sofort weg hier!" befahl Tom. Noch mehrere hundert Meter bevor Kimba am Ort des Geschehens eintraf, liefen die Hyänen bereits in die Savanne hinaus. "Hierher, Kimba!" rief ein Zebra, während ein anderes schon erfreut feststellte: "Kimba hat uns wieder mal gerettet." "Ist euch nichts weiter passiert? Hat es Verletzte gegeben?" wollte Kimba sogleich wissen. "Nein, keine Verletzten, alles in Ordnung." versicherte eine Zebramutter, an deren Flanke sich gerade ängstlich ein wohl erst wenige Monate altes Zebrajunge schmiegte. "Dann ist ja nochmal alles gutgegangen. Hoffentlich kommen die Mistkerle nicht wieder." meinte Kimba. Im Orbit an Bord der ISS Thunderstar leuchten die Kontrollleuchten des Sprachinterfaces des Zentralcomputers auf. Er war von dieser Aktion wenig begeistert gewesen, obgleich es natürlich nicht korrekt ist, bei diesem emotionslosen strategischen Superrechners von Begeisterung zu sprechen. Die halbwegs natürliche aber doch irgendwie etwas metallerne Stimme hallte etwas im Kommandoraum wieder: "Seine strategische Auffassungsgabe ist schlecht." "Achja, der Zentralcomputer... . Er sollte mehr Geduld haben. Normale Lebewesen brauchen eben ihre Zeit, um zu lernen. Das sollte das nächste Update beinhalten." dachte sich der Subco und rollte seine Augen Richtung Decke. Dort sah er außer der Standartbeleuchtung kein Licht herkommen, im Gegensatz zu den Wänden und Konsolen, wo es von kleinen und großen Monitoren und Kontrollleuchten nur so wimmelte. "Er wird noch darauf kommen..." erwiderte er schließlich und schaute wieder auf den Monitor. "Kimba, Kimba! Es eilet sehr! Wildhunde fallen über unsere Freunde her!" Pauley Cracker konnte immer reimen, auch zu Zeiten, wo er völlig außer Rand und Band war. Warum er reimte, war jedoch nie offenbart worden. "Schwing' keine großen Reden Pauley, sag' wo!" drängelte Kimba. "Weit hinter'm Hügelkamm, da greifen sie an!" "Oh nein! Das ist ja am anderen Ende des Dschungels!" Kimba rannte also wieder los, so schnell er nur konnte. Er rannte, bis er seine Beine kaum noch spüren konnte, bis er meinte, daß ihm leicht schwindelig wäre, da sein Herz so raste. Doch es half nichts. Als er endlich angekommen war, hatten die Wildhunde schon schlimmes angerichtet. Eine ganze Reihe der arglos grasenden Tiere war ihnen zum Opfer gefallen und die Hunde waren mit ihrer Beute schon längst auf und davon. "Oh nein, wie schrecklich," dachte sich Kimba tief deprimiert,"So viele von ihnen wurden erwischt. Und ich war nicht schnell genug da, um ihnen zu helfen. Es ist alles meine Schuld." Mit hängendem Kopf ging Kimba dann zurück in den Dschungel, bis zu Daniels Restaurant. Ja, auch das Restaurant war Kimbas Idee gewesen. Es war schwer gewesen, es durchzusetzen, aber es hatte sich gelohnt. Inzwischen war es nämlich von den meisten Tieren akzeptiert worden und es gab anstelle von Kämpfen wegen Futterneides einen schönen, geruhsamen Ort mehr im Dschungel, wo man sich sicher fühlen und eigentlich immer viel Gesellschaft haben konnte. Kimba jedoch wurde weder vom Hunger, noch von dem Verlangen nach irgendwelcher Gesellschaft angetrieben, als er die Stufe hoch in den inneren Teil des Lokales ging. Er war nicht nur zu tode betrübt, sondern auch reichlich ratlos. Er wußte nicht, was er nun genau falsch gemacht haben könnte, wie er es hätte verhindern können. Also tat er das, was er in solchen Situationen schon immer getan hatte: Er suchte Daniel auf, der ihm immer sowohl ein guter Freund, als auch Ersatzvater und Mentor gewesen war. "Kimba! Ach herrje, wie siehst du denn aus? Hat es irgendwelchen Ärger gegeben?" Daniel konnte es Kimba vom Gesicht ablesen, daß ihn irgendetwas schwer bedrückte. Aber so, wie Kimba in dem Moment aussah, war Daniel da bei weitem nicht der einzige, der dazu fähig war. Kimba schaute Daniel aus seinen großen, tiefblauen und heute unendlich traurigen Augen an, seufzte kurz auf und erzählte ihm dann die ganze Geschichte. "Ach Kimba. Ich weiß, wie du dich jetzt fühlen mußt,"tröstete Daniel,"aber du kannst eben nicht überall sein. Es war halt ein dummer Zufall, ein Unglück, nichts, für das du dir Vorwürfe machen solltest." "Aber Daniel," wandte Kimba ein, "die Tiere verlassen sich auf mich. Ich habe ihnen ja auch gesagt, daß sie hier im Dschungel sicher sind, daß ich sie beschützen werde." "Du hast sie ja beschützt - zumindest die, die zuerst in Gefahr waren. Und wenn die anderen eben zufällig näher zu dir gegrast hätten, hättest du auch sie noch beschützen können," wollte Daniel ihm verständlich machen. "Hab' ich aber nicht!" Kimba ließ nicht locker. "Viele sind auf der Flucht verletzt worden, einige wurden sogar von den Wildhunden getötet. Wie soll ich das je wieder gutmachen?" Daniel stöhnte auf. "Wie kann man nur derart selbstkritisch sein," dachte er sich. Doch bevor er sich erneut bemühen mußte, Kimba die Schuldgefühle auszureden, kam wie gerufen Cheetah angerannt: "Alarm! Kimba! Die Wildhunde greifen die Jungtiere am Abendteuerberg an!" rief er außer Atem. "Du mußt dich beeilen, sie waren schon so gut wie eingekreist!" fügte er noch hinzu, doch Kimba war schon losgerannt. Denn wenn seinen besten Freunden etwas passieren würde, würde er sich das nie verzeihen. "Hoffentlich schafft er es," meinte Cheetah zu Daniel. "Keine Sorge, Kimba ist schnell und der Abenteuerberg liegt nicht sehr weit von hier." Tatsächlich waren die Jungtiere inzwischen völlig eingekeist. Piwi zitterte am ganzen Körper. "Lukas, ich hab' Angst!" "Du brauchst keine Angst zu haben, ich beschütze dich vor den Wildhunden." "Schaffst du das denn?" Piwi versteckte sich hinter Lukas vor den Wildhunden. "Natürlich schaffe ich das! Paß mal auf, ich erschrecke sie jetzt!" Lukas versuchte furchterregend zu brüllen oder zu fauchen, egal was es mal werden sollte, es klang eher nicht so furchterregend und hatte die Wirkung, daß die Wildhunde zwar kurz ihren Angriff abbrachen, aber auch nur, um zu lachen. "Ich glaub' das hat nicht ganz geklappt... ," meinte Wildcat. "Dann versuch's doch selber! Du kannst doch eh nur miauen!" gab' Lukas verärgert zurück. "Chef, sieh, da kommt er!" einer der Wildhunde deutete mit der Vorderpfote auf den herbeirennenden Kimba. "Los! Rückzug!" befahl der Anführer sofort. In sekundenschnelle verschwanden die Wildhunde im nahen Dickicht. "Hurra! Kimba hat uns gerettet!" rief Wildcat übermütig. "Ist jemand verletzt?" fragte Kimba besorgt. "Nein, uns gehts gut, dank dir." antwortete Lukas. "Da bin ich aber erleichtert. - Ihr müßt euch ja schrecklich gefürchtet haben." "Ich habe nie Angst," log Lukas. "Na, das sah aber eben noch ganz anders aus." konterte Wildcat. "Hmpf. Was soll das heißen, Wildcat? Dich hätten die Hunde ja sowieso nicht töten können, du wärst ja vorher schon vor Angst gestorben!" schimpfte Lukas. "Piwi, was schaust du so nachdenklich?" fragte Kimba. "Hm. Ich frage mich, warum sie diesmal nicht mit dir gekämpft haben. Es waren doch so viele." antwortete Piwi. "Hm. Da hast du eigentlich recht. Ich frage mich... - oh nein! Mir schwant da schreckliches." "Was denn Kimba?" wollte Piwi wissen. "Nunja, als ich vorhin... " "Kimba! Kimba! Schnell!" Buckey kam angerannt. "Die Hyänenbande greift unsere Farm an." "Verdammt! Ich hab's doch geahnt. Wenn ich die erwische..." und wieder rannte Kimba los. Er rannte so schnell er konnte, doch es half nichts. Die Farm war viel zu weit weg vom Abenteuerberg. Die Hyänen hatten den Angriff bereits abgebrochen, nachdem sie zuvor alles verwüstet und einige der Tiere verschleppt hatten. "Tja, das muß wohl eine neue Strategie von Klaue und Cassius sein. Die Hyänenbande ist gut mit ihnen befreundet zumal Tom und Tap selber Hyänen sind und großen Einfluß auf die anderen haben. Den Wildhunden werden sie wohl irgendetwas versprochen haben," meinte Daniel während Kimba traurig und verärgert am Tisch saß und das Essen in sich hineinstopfte. Im Standartorbit der Erde durchzuckte es den Subco. Er war gerade durch wichtige taktische Planungen von Geschehnissen auf der Erde abgelenkt gewesen und hatte nur noch die Ausführung des Eingriffes des Zentralcomputers mitbekommen. "Der Tip war völlig unnötig, er wäre auch so darauf gekommen. Am Abenteuerberg war es ja schon fast soweit gewesen." tadelte der Subco. "Das ist korrekt, er war bereits auf dem Wege, es selbst herauszufinden. Der Tip diente allein zur Beschleunigung der Ereignisse," gab der Zentralcomputer zu Protokoll. "Dennoch, wenn du Kimbas Freunde aus Fleisch und Blut zu oft kontrollierst und lenkst, ändert das auch ihr Verhalten. Es sollte alles so identisch wie möglich ablaufen." "Die Prüfung mit dem Doppelangriff hatte damals aber so nie stattgefunden. Der Entwicklungsprozess der identischen Persönlichkeit mußte also zwangsläufig mit Ausführung der letzten Stufe der Entwicklungsphase abgebrochen werden," ergänzte das System. "Ja, das stimmt. Leider war es ja notwendig." gab der Subco nach. "Sind die abschließenden Tests nach dem Terraforming auf der Erde positiv verlaufen?" wollte er noch vom Elektro-Hirn wissen. "Positiv. Der Wechsel kann ab sofort jederzeit stattfinden." Der Subco nickte zufrieden und schaute wieder auf den Monitor. "Es mag ja möglich sein, daß das eine neue Strategie ist, aber vielleicht ist es auch einfach nur meine Schuld. Vielleicht bin ich einfach zu langsam," warf sich Kimba erneut vor. "Ich denke, wir sollten es für heute erst einmal gut sein lassen und eine Nacht darüber schlafen. Vielleicht sehen wir morgen eine Möglichkeit, die wir heute übersehen haben." schlug Daniel vor. "Wahrscheinlich hast du recht, " gab Kimba nach. Er war auch schon recht müde - kein Wunder, nachdem er etliche Male quer durch den ganzen Dschungel gerannt war. Auf dem Weg nach Hause traf Kimba auf Kellyfant. "Guten Abend, Kellyfant." "Guten Abend, Kimba." Da Kimba gerade an ihm vorbeigehen wollte, versperrte er ihm den Weg. "He, warte mal!" Verwundert blieb Kimba stehen. "Ich habe gehört was passiert ist. Ich wollte dir nur sagen, daß das nicht deine Schuld ist, das mit den Tieren und der Farm. Wobei - die ist ja sowieso nicht ein so großer Verlust." Kimba war sauer: "Kein großer Verlust! Na hör mal! Die Farm soll uns alle ernähren, eigentlich sogar dich, wenn du wolltest. Willst du dich etwa über mich lustig machen?" "Reg' dich ab, Kimba," sagte Kellyfant, der erstaunlicherweise völlig gelassen blieb, "ich wollte dir nur sagen, daß du dir keine Vorwürfe zu machen brauchst. Niemand kann an zwei Orten gleichzeitig sein, auch du nicht." "Aber ich müßte. Sonst kann das morgen nämlich genauso weitergehen." erwiderte Kimba. "Na, wenn du meinst. Vorwürfe mußt du dir jedenfalls nicht machen, wenn es nicht klappt. - Obwohl mir das natürlich nicht passieren könnte. Aber das liegt nicht daran, daß du so viel schlechter wärest, meine Leute sind halt größer und stärker. Die würden die Wildhunde oder die Hyänen nie angreifen und wenn doch, wird es ihnen nicht bekommen. Und unsere Jungtiere nehmen wir einfach in die Mitte, da sind sie sicher." fügte Kellyfant hinzu. "Das ist die Lösung! Danke Kellyfant!" rief Kimba plötzlich aus. "Ich hab' zwar keine Ahnung, was du meinst, aber mir soll es recht sein." brummte Kellyfant, während er sich langsam wieder Richtung Steppe bewegte. "Ja, jetzt weiß' ich, wie ich die anderen beschützen kann. Ich muß nur die starken Tiere bitten, sich immer in der Nähe einiger schwacher Tiere aufzuhalten. Dann können die Wildhunde und die Hyänen kommen wann und wo sie wollen, aber sie werden immer auf starke Gegner treffen, die sie mindestens so lange hinhalten, bis ich auch da bin." dachte sich Kimba und legte sich zufrieden schlafen. Das Licht von den Monitoren in der Brücke tauchte das Gesicht des Subcos immer wieder in neue Farben und Farbkombinationen. Er überprüfte noch schnell die neuesten Daten, um bloß keinen Fehler zu machen. Er ging nochmal seine gesamte Strategie. "Jetzt wechseln!" befahl er schließlich. Der Zentralcomputer hatte noch Einwände: "Er hat seine letzte Aufgabe noch nicht durchgeführt." "Das macht nix," erwiderte der Subco, " er hatte die Idee, das reicht. Seinen Durchsetztungswillen hat er schon oft genug bewiesen und du hast vorhin selber eine beschleunigende Aktion durchgeführt. Du bist doch sonst so auf Effiziens aus. Wir haben eben keine Zeit mehr." "Verstanden. Ich korrigiere die Strukturen." "Gut. Sobald alles durchgeführt ist, setze ich mich mit dem Alpha-Transporter ab. Die Hellblinder und die Thunderstar sollen die 2. Flotte im äußeren Rim-Sektor treffen. Die Thunderstar wird wieder Kommandoschiff der Flotte und die Operation "Hyphen-Delete" wird ausgeführt, sobald wie es der Flotte möglich ist. Die Omega-Leitung zu meinem Transporter soll offen bleiben, ich wünsche, ständig über den Fortschritt der Mission informiert zu werden." befahl der Subco. "Verstanden." Die Antwort des Zentralcomputers war so knapp und ohne jeden Widerspruch, wie schon immer, wenn Krisenzeiten ins Haus standen. Währenddessen schlief Kimba tief und fest, er träumte gerade von Rahja und wie er mit ihr über die großen Blumenwiesen des Mondberges tobte. Und immer, wenn sie ihn anlachte, spürte er, wie er glücklicher wurde, wie sein Herz stärker schlug, wie sich ein schönes Gefühl vom Magen aus quer durch seinen Körper ausbreitete. Er hätte am liebsten ewig diesen schönen Traum weitergeträumt, doch jemand anderes hatte da schon ganz bestimmte Pläne mit ihm. So verschwand dann auch plötzlich sein schöner Traum und er stand auf einmal auf einer dunklen, grünen Wiese. Diese Wiese war nur etwa 10 mal 10 Meter groß und schien alleine in einem riesigen, vielleicht sogar unendlich großen, Raum zu schweben. Es gab keine Wände, keinen Himmel keinen Horizont. Da war nichts außer Dunkelheit und in großer Entfernung gigantische Energieblitze, die in Zeitlupe abzulaufen schienen und die Wiese durch ihr kaltes, weiß-blaues Licht erhellten. "Wo bin ich?" wunderte sich Kimba. Dieser Ort gefiel ihm nicht, er ware so fremdartig und er konnte überhaupt nichts mit ihm anfangen. "Hallo? Ist hier jemand?" Doch niemand antwortete und Kimba merkte, wie er langsam Angst bekam. Er ging zum Rand der Wiese und schaute hinunter. Dabei wurde ihm sehr schwindelig, denn er sah keinen Boden, er sah nur das, was er meinte, als Himmel ausgemacht zu haben. Hier schien es kein "Oben" und kein "Unten" zu geben. Langsam spürte er eine leichte Panik in sich aufkommen. Als sich Kimba wieder umdrehte, sah er, wie die Luft direkt über der Wiese zu zittern begann und aus dem Nichts erschien eine Gestalt, aber so, als ob sie nur der Schatten einer realen Person wäre. Der Schatten sah menschlich aus, aber er wirkte dennoch so fremdartig. Er drehte sich etwas, so daß er Kimba frontal vor sich hatte und sprach: "Die Welt wird sich verändern. Es ist ein großes Unglück geschehen und die Welt, wie sie bisher bekannt war, wird nicht mehr sein." Die Stimme klang menschlich, doch es war definitiv die Tiersprache, in der sie sprach. Das war seltsam und trug ebensowenig zu Kimbas Beruhigung bei, wie die ersten Aussagen. "Doch fürchte dich nicht," fuhr die Stimme fort, "sei frohen Mutes und gib in der neuen Welt nicht auf, auch wenn sie bei weitem weniger schön sein wird, als die, die du bisher gekannt hast. Wenn du mit Zuversicht die Aufgaben meisterst, die die neue Welt dir stellen wird, dann verspreche ich dir, wird sie dir nie wieder genommen werden." Noch bevor Kimba irgendetwas sagen konnte, verschwamm die gesamte Traumwelt vor seinen Augen. Er fühlte sich ganz komisch. Sein ganzer Körper schien ein wenig zu kribbeln, aber es war anders als das, was man gewöhnlich als kribbeln bezeichnet. Er konnte es nicht beschreiben. Als der Traum ganz verschwunden war, war auch das Kribbeln verschwunden und er war aufgewacht. Es dämmerte schon, die Sonne würde bald hinter dem Horizont hervorkommen. Da er nicht mehr Müde war, beschloß Kimba aufzustehen. Er war ein wenig verwundert darüber, daß es schon Morgen war. Gewöhnlich wachte er immer zwei oder drei Male in der Nacht kurz auf und schlief dann kurze Zeit später wieder ein. Doch diese Nacht war er nicht aufgewacht. Und er fühlte sich so ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr. Kimba gähnte laut und streckte sich. Dabei bemerkte er einen eigenartigen Geruch in der Luft. Er war nicht besonders intensiv, aber es reichte allemal, um ihn wahrzunehmen. Als Kimba aus seinem Unterschlupf hervorkam und sich umsah, bemerkte er sofort noch etwas komisches: Der Mondberg hatte plötzlich einen langen, schwarzen Strich bekommen. Er lief von etwa halber Höhe zwischen Bergfuß und Gipfel aus quer über die halbe Front des Berges bis er hinter den Bäumen des Dschungels verschwand. Es sah aus, als hätte da irgendetwas eine tiefe Furche hinterlassen. "Das kann doch wohl nicht sein, träume ich etwa noch? Aber es wirkt alles so real. Am besten gehe ich zu Daniel. Der kann mir bestimmt sagen, ob ich träume oder nicht." beschloß Kimba. Wenig später war er bei Daniel, der ihm versicherte, daß er bestimmt nicht träume. Buckey war auch bei Daniel, ebenso einige der anderen Tiere. "Sag mal, Daniel, warum sind die Tiere eigentlich alle hier bei dir? Gewöhnlich sind die meisten doch um diese Zeit im Restaurant," wollte Kimba wissen. "Tja, Kimba, wenn das Restaurant noch da wäre, wären sie es vielleicht auch." antwortete Daniel. "Was? Das Restaurant ist weg?" rief Kimba entsetzt aus. "Ja und nicht nur das," fügte Buckey hinzu, "ich könnte schwören, daß gestern dort hinten noch ein Berg stand." "Hm. Vielleicht hat das ja etwas mit meinem Traum zu tun." sagt Kimba halb zu sich selbst. "Was hast du denn geträumt?" wollte Buckey wissen. "Ich träumte, das ich auf einer kleinen Wiese in einer ganz komischen Welt stehe. Diese Welt hatte weder Himmel noch Erde, weder Links noch Rechts. Da ist dann nach kurzer Zeit ein Mensch oder so erschienen, aber eigentlich habe ich nur den Schatten gesehen. Und der sprach davon, daß sich die ganze Welt verändern würde und zwar nicht zu ihrem Vorteil. Und davon, daß ich Zuversicht haben solle und weitermachen solle und soetwas." erzählte Kimba. "Ja, das stimmt!" rief Buckey, "ich hatte den Traum nämlich auch!" "Das ist ja höchst erstaunlich, ich hatte genau diesen Traum ebenfalls." fügte Daniel hinzu. Auch die anderen Tiere in der näheren Umgebung stimmten zu, sie alle hatten diesen merkwürdigen Traum gehabt, wo sie alle jeweils alleine auf dieser grünen Wiese im Nichts standen und dann vor ihnen der Schatten erschienen ist, der ihnen etwas über die bevorstehende Veränderung der Welt prophezeit hatte. "Also Zufall war das ganz bestimmt nicht, das wäre ja das erste Mal, das mir soetwas zu Ohren kommt." meinte Daniel schließlich. "Ich habe schon von Geschwistern gehört, die den gleichen Traum hatten, oder Eltern und ihre Kinder. Aber daß das gleich bei allen Tieren einer Region vorkommt, das ist mir neu," ergänzte Buckey. "Aber Buckey, du weißt doch gar nicht, ob sich dieser Traum nur auf die Tiere dieses Dschungels beschränkt hat. Vielleicht ist ja die ganze Welt davon betroffen." meinte Kimba. Daniel schien aufgrund dieser Gedanken etwas verwirrt: "Das stimmt. Aber wenn das so wäre... , ja..., das wäre ja ... ähm ... ein Weltwunder." "Ich denke, wir sollten erstmal nachsehen, was sich alles verändert hat und herumfragen, wer diesen Traum noch alles hatte," entschied Kimba schließlich. Sie wollten sich gerade auf den Weg machen, als Pauley angeflogen kam: "Alarm! Das ist ein Riesenschreck: Draußen sind alle Tiere weg!" Kimba fragte ungläubig: "Alle?" Pauley: "Alles weg, sogar die Giganten: Zebras, Antilopen, sogar Elefanten." Kimba: "Kellyfant auch? Der verschwindet doch nicht einfach so." "Doch, alle großen Herden und alle Tiere, die gestern noch auf ihrer Reise bei uns Rast gemacht hatten sind wie vom Erdboden verschluckt. Außerdem hatte ich einen äußerst seltsamen Traum. Also, ihr werdet es zwar nicht glauben, was ich diese Nacht geträumt habe, aber ich muß es euch unbedingt erzählen - und glaubt mir, es ist wirklich wahr, es ..." Buckey: "Pauley, die Mühe kannst du dir sparen. Wir hatten diesen Traum nämlich auch alle." Pauley: "Häh? Aber... " Daniel: "Es ist wahr. Alle Tiere des Dschungels hatten den gleichen Traum." Kimba: "Hm. Wenn die Tiere, die rund um den Dschungel herum gelebt haben, alle weg sind, können wir erstmal niemand anderen fragen, als die anderen Dschungelbewohner. Ich schlage also vor, wir machen weiter, wie geplant und suchen ersteinmal alle Veränderungen, die es gegeben hat." Kurze Zeit später rannte Buckey in Panik quer durch den Dschungel: "Die Farm ist weg! Die Farm ist weg!" Kimba ist entsetzt: "Was sagst du?! Das darf ja wohl nicht wahr sein!" Buckey: "Doch, leider. Sie ist wie vom Erdboden verschlungen. Es deutet nicht einmal etwas darauf hin, das dort je irgendetwas gewesen ist." Kimba: "Und ich dachte schon, es ist schlimm, wenn die Farm verwüstet wird..." Daniel schaute prüfend auf den Boden. "Wenigstens ist der Boden noch so, wie er früher einmal war. Theoretisch können wir hier pflanzen." Kimba: "Ich weiß zwar nicht, was geschehen ist oder warum oder wie überhaupt, aber die Farm müssen wir unbedingt wieder aufbauen. Sonst haben wir spätestens in der Dürreperiode ein richtig großes Problem." Wenig später waren die meisten Tiere mit dem provisorischen Wiederaufbau der Farm beschäftigt. Das Grundgerüst des einfachen Farmhauses stand schon und die ersten paar Teile der Felder waren schon für die erneute Aussaat vorbereitet, als schon wieder Buckey angerannt kam: "Kimba! Die Schule!" Kimba: "Was ist damit?" Buckey: "Die Schule - sie ist weg!" Alle Jungtiere im Chor: "Hurra!" Daniel: "Sehr merkwürdig." Kimba: "Ich möchte nicht wissen, was sonst noch alles verschwunden ist . Vor allem..." Kimba stockte kurz. Dann schnüffelte er in der Luft herum. Kimba: "Hier stimmt 'was nicht... ." Daniel: "Sicher?" Kimba: "Ich könnte schwören, das uns irgendwer beobachtet." Kaum hatte er das gesagt, bekam er die Richtigkeit dieser Aussage auch schon bestätigt. Hinter den Felsen nahe der Farm kamen plötzlich Menschen hervor, die sich dort wohl schon einige Zeit lang versteckt hatten. Aber sie bewegten sich irgendwie nicht normal und hatten ganz komische, meist zerrissene Kleidung an. Vor allem aber rochen sie kaum nach Mensch, wie Kimba fand. Ihre Gesichter waren fast völlig von den Kapuzen ihrer Kutten verdeckt und die Augen durch sowas ähnliches wie Sonnenbrillen oder Taucherbrillen geschützt. Von der Form her war es eher letzteres, aber die Gläser waren eindeutig getönt. Doch er hatte kaum noch Zeit, sich darüber zu wundern, denn diese komischen Menschen griffen ihn und seine Freunde sofort an. In großer Furcht flohen die meisten der Tiere sofort in den Dschungel. Doch Kimba nicht. Er hatte nicht vor, ihnen die Farm zu überlassen oder sich von ihnen vertreiben zu lassen. Instinktiv gab er ihnen auch die Schuld an dem Verschwinden der Farm, zumal er ja sonst keinerlei Erklärung, geschweige denn Schuldige, hatte. "Diesmal kommt ihr mir nicht so davon, " knurrte er sie an. "Genau!" stimmte Lukas zu. Kimba fuhrt entsetzt herum. Lukas stand nur wenige Meter links hinter ihm. Er war nicht mit den anderen in den Dschungel geflüchtet. "Hast du eine Macke?!" ging Kimba ihn ungewohnt aggressiv an. "Die können dich umbringen! Sieh zu, daß du in den Dschungel kommst!" Lukas: "Was denn? Ich werde unsere Farm verteidigen, genau wie du!" Kimba: "Das geht nicht, du bist viel zu jung dafür! Außerdem ist hier eh nur der Boden vorhanden." Lukas: "So'n Quatsch! Du hörst dich ja schon an wie ein Erwachsener! Außerdem gilt die Sache mit dem 'nur Boden' auch für dich." Kimba wollte ihn daraufhin erst recht zusammenstauchen, aber er kam gar nicht mehr dazu, denn die Angreifer waren schon ganz nahe herangekommen und gingen auf ihn und Lukas los. Kimba wich dem ersten aus griff direkt den zweiten an. Der Säbel des ersten schlug also hinter Kimba in den Sand, während Kimba den zweiten Rücklings auf den Boden warf. Lukas hatte da schon mehr Mühe mit seinem Gegner. Erstmal konnte er nichts anderes tun, als den Stößen seines Speeres auszuweichen. Doch dann sties der bis über beide Ohren vermummte Mensch den Speer zu heftig nach vorne und rammte ihn tief in den Boden. So tief, daß er ihn vorerst nicht mehr herausbekam. Lukas nutzte die Chance, sprang den Menschen ins Gesicht und warf ihn auf diese Weise ebenfalls auf den Boden. Kimba hatte sich inzwischen zwei weitere der Kuttenmenschen vorgenommen. Der eine wurde von einem gezielten Prankenschlag niedergestreckt, der andere angesprungen und so mit dem Hinterkopf auf einen der zahlreichen Steine geworfen. Lukase hatte seinen ersten Gegner auch gerade so besiegen können, doch da wurde er von einem zweiten am Schwanz gepackt und in die Luft gehoben. Dort konnte er nichts mehr tun, als hilflos mit den Beinen zu rudern und um Hilfe zu rufen. "Natürlich! Das war ja abzusehen..." ging es Kimba durch den Kopf. Um seinen Freund zu befreien ließ er von seinem dritten Gegner ab und kümmerte sich um den von Lukas. Der konnte ihm auch nicht lange standhalten und lag bald unter Kimba, seine Arme schützend vors Gesicht haltend. Doch dabei hatte Kimba zu viel Zeit verloren, die übrigen drei umstellten ihn und richteten ihre Speere auf ihn. Kimba schaute sich kurz um, um die Situation zu erfassen. Doch da bewegte sich der Mensch unter ihm Ruckartig und entkam, während Kimba erstmal auf dem Boden lag. "Jetzt ist er fällig!" rief einer der Angreifer. "Komm her, wenn du dich traust!" entgegnete Kimba in Menschensprache. "Ich fürchte, das wird der auch gleich..." meinte Lukas und wurde mit einem strengen Blick von Kimba bestraft. " 'tschuldigung..." gab er dann kleinlaut von sich. Doch er hatte mit seiner ersten Aussage recht, der Mensch - oder besser: alle von ihnen - rückten gleichmäßig auf die beiden zu und schlossen sie immer enger ein. Kimba und Lukas standen seitlich zueinander, in die jeweils andere Richtung ausgerichtet. In dieser Position würden sie kaum eine Chance haben. Das war ihnen ebenso klar wie den Menschen um sie herum. Plötzlich wurde einer der Menschen von einem Minipfeil getroffen und ging zu boden, die anderen zwei drehten sich um und sahen einen schwarzen Jungen auf dem Boden hocken. Er war größtenteils in Deckung hinter einigen der größeren Felsbrocken und halb hinter einem großen Stamm. Er blies ein zweites mal in das kleine, hohle Rohr, welches er in der rechten Hand hielt und ein weiterer der Menschen ging zu boden. Kimba nutzte die Gelegenheit und griff den einen vor ihm an. Der zweite von den beiden, die noch übrig waren, wandte sich zur Flucht, doch Lukas sprang ihn gleich von hinten an und brachte ihn ins stolpern. Dennoch reichte die Kraft des Menschen den jungen Geparden in hohem Bogen von sich zu werfen und weiter zu rennen. Nach etwa 10 Metern brach er dann plötzlich ebenfalls zusammen. Der schwarze Junge hatte nochmals in sein Rohr geblasen. Kimba hatte den letzten der Angreifer ebenfalls überwältigt und stand nun neben dem ohnmächtigen Menschen, in die Richtung des vermeindlichen Helfers sichernd. Er musterte ihn kurz. Er dürfte wohl so um die 13 Jahre alt sein, etwa 165 cm groß, mit dichtem wuscheligen Haar, das teilweise über seine Augen drüberhing und ihn eigentlich beim Sehen behindern müßte und war insgesamt von recht schlanker, geradezu magerer Gestalt. Als Kimba in seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen schaute, konnte er keinerlei Aggression feststellen. Er würde sie nicht angreifen. Er ging dann kurz zwei Schritte auf den Jungen zu und sagte in Menschensprache: "Danke!" Der Junge schaute erstaunt. Nicht ganz so sehr, wie die Menschen gewöhnlich erstaunt waren, wenn sie den weißen Löwen in ihrer Sprache reden hörten, aber immer noch ein ganzes Stück. "Du kannst also wirklich sprechen. Ich dachte, ich hätte mir das vorhin nur eingebildet." sagte der Junge. "Ich heiße übrigens Mbangi." fügte er gleich hinzu. "Hallo Mbangi. Danke für deine Hilfe. Mein Name ist Kimba und mein sich selbst überschätzender Freund hier heißt Lukas." stellte Kimba sich und Lukas vor. "Was heißt hier 'sich selbst überschätzend'? knurrte er Kimba in Tiersprache an. Doch der reagierte nicht darauf, sondern lächelte freundlich seinen neuen Freund Mbangi an. "Du, Mbangi, was waren das eigentlich für komische Menschen, die meine Freunde hier angegriffen haben?" "Das sind ganz böse Menschen. Wir nennen sie die Dunkelpiraten. Meistens schlagen sie nämlich in der Nacht zu. Sie vertragen das Sonnenlicht nämlich nicht gut. Diese Bande zieht quer durch die Region, überfällt kleine Dörfer, raubt Reisende aus und verbreitet Angst und Schrecken. Eigentlich halten sie sich nicht sehr lange in dieser Gegend auf, wahrscheinlich sind sie auf der Suche nach anderen Dunkelpiraten, um den einen größeren Konvoi oder Flüchtlingstrek anzugreifen." "Was für ein Konvoi oder Flüchtlingstrek?" wollte Kimba wissen. "Der dort vorne!" gab Mbangi zurück und zeigte auf eine große Staubwolke am Horizont. "Sind die auch gefährlich?" fragte Kimba vorsichtig. "Keine Ahnung. Vielleicht ja, meistens aber nicht." erklärte Mbangi. "Sag mal, warum wunderst du dich eigentlich nicht, daß wir Tiere deine Sprache sprechen können?" wollte Kimba wissen. "Naja, es sind hier in der Gegend in letzter Zeit derartig viele seltsame Dinge geschehen, da wundert mich inzwischen gar nichts mehr." meinte Mbangi nur. "Ja ich weiß. Sehr merkwürdig, wie sich die ganze Welt verändert zu haben scheint. Sag mal, Mbangi, hattest du letzte Nacht einen merkwürdigen Traum wo dir jemand erschienen ist und sagte, daß sich die ganze Welt verändern würde?" fragt Kimba ihn. Mbangi schaute etwas irritiert. "Nein. Und die ganze Welt hat sich ja auch nicht verändert, nur die Gegend hier, wo jetzt der Dschungel steht." "Nur die Gegend hier hat sich verändert?" Kimba wußte mit der Antwort nicht viel anzufangen. "Ja. Du weißt doch, noch vor ein paar Wochen war hier alles nur Wüste und tote Erde und plötzlich war das ganze Gift und der ganze Kriegsschrott verschwunden. Dafür fing plötzlich wieder das Gras an zu sprießen, als ob nichts gewesen wäre. Und alle diese Bäume sind dann plötzlich in binnen von diesen paar Monaten so groß und mächtig geworden, als ob sie hier schon Jahrzehnte stehen würden. Oder findest du das nicht merkwürdig, daß hier plötzlich ein Dschungel aus dem Nichts und inmitten eines Giftteiches entstanden ist?" erklärte Mbangi. Kimba war während dieser Erklärung der Mund offen stehengeblieben. Der Dschungel sollte zuvor nicht dagewesen sein? Da soll Gift und Kriegsschrott gewesen sein? Woher denn? Und wo hatte er dann seine bisherige Jugend verbracht, wo lebte Daniel und einige andere Tiere schon seit Jahrzehnten, wenn es diesen Dschungel erst seit ein paar Monaten gab? Kimba war total verwirrt und wußte darauf erstmal nichts zu sagen. Lukas war ebenfalls reichlich überrascht von dieser Antwort und schaute - ebenfalls mit offenem Mund - fragend Kimba an. "Du, ich muß jetzt wieder nach Hause, Kimba," unterbrach Mbangi die Stille, "Und du solltest auch nicht länger hier sein. Zumindest nicht, solange die hier noch herumliegen." Mbangi deutete auf die Dunkelpiraten. "Die anderen Dunkelpiraten werden sicher bald kommen und nach ihren Kameraden suchen. Warte einfach, bis sie sie mitgenommen haben. Wenn der Flüchtlingstrek weiterzieht, werden die Piraten mit ihnen ziehen, dann seid ihr hier wieder sicher." "Danke, Mbangi. Wann kann ich dich denn wiedersehen?" wollte Kimba noch wissen. "Ich bin Morgens, Mittags und Abends am Fluß dort hinten um zu trinken. Ist ja auch einer der wenigen mit trinkbarem Wasser. Genaugenommen dort am großen Felsen auf der Wiese. Wenn man dort oben liegt, kann man alles gut beobachten." Kimba und Lukas verabschiedeten sich von Mbangi. "Man. Ist ja echt heftig, was wir da gehört haben. Ob der uns bloß angelogen hat? Was meinst du, Kimba?" "Also ich glaube kaum, daß sich jemand etwas derartig unglaubwürdiges ausdenken würde, wenn er uns belügen wollte. Aber es kann ja auch gut sein, daß nicht die Welt sich verändert hat, sondern daß wir plötzlich... aber nein, wir haben uns ja nicht verändert. Ich weiß nicht, Lukas. Ich glaube, das behalten wir besser erstmal für uns, bis wir etwas mehr darüber wissen. Ok?" "Ok. - Wollen wir uns den Felsen mal ansehen, Kimba?" "Später vielleicht. Jetzt sollten wir erst mal nach den anderen sehen und ihnen von unseren übrigen Erlebnissen berichten," meinte Kimba. Kurze Zeit später saßen sie bei ihren Freunden an der Stelle, wo früher Daniels Restaurant gestanden hatte. Einige der Tiere hatten offenbar schon begonnen, den Wiederaufbau des Restaurants in Angriff zu nehmen, etwas Platz geschaffen und einige Baumstämme herangeschafft für den Bau von einfachen Stühlen, Tischen und Unterlagen. "Tja, wir haben noch eine Menge wiederaufzubauen, einen neuen Freund gewonnen und leider auch eine Menge an Feinden gekriegt." zog Daniel nach einigem Reden den Schlußstich. "Ich denke, wir werden es schaffen. Egal wer das war, in unseren Träumen, er muß verdammt mächtig sein, wenn er uns alle diesen Traum schicken und die ganze Welt verändern kann. Und er hat gesagt, wenn wir es schaffen, diese Welt aufzubauen, wird sie uns nicht mehr genommen werde. Auch hat er gesagt, daß wir es schaffen werden. Also bin ich zuversichtlich, daß wir auch mit dieser Situation fertig werden können." fügte Kimba hinzu. Jede Lichtquelle der Brücke des Transporters war mittlerweile eine Qual für ihn geworden. Sein Kopf tat ihm inzwischen weh. Offenbar hatte der Subco schon zu lange auf die Monitore seines Schiffes gestarrt. Er würde sich schon bald schlafen legen müssen. Trotzdem war er noch in der Lage sich zu konzentrieren und die Systeme seines Schiffes soweit zu konfigurieren, daß er noch immer mitkriegen würde, was ihn interessierte. Das waren in erster Linie die Aktionen von Kimba und seinen Freunden auf dem Planeten, aber auch eingehende Meldungen vom Imperialen Oberkommando und vom Zentralcomputer. Als er ein vorläufig letztes Mal auf den Monitor blickte und den letzten Satz von Kimba hörte, spürte er ein angenehmes Kribbeln im Körper. So ähnlich wie jenes damals, als er zum ersten Mal in den Weltraum flog. Wieder begann etwas so zu laufen, wie er es sich gedacht hatte. Und wieder wäre alles verloren gewesen, wenn es nicht der Fall gewesen wäre. Aber ganz sicher war er sich noch nicht, ob sich dort unten auf dem blauen Planeten alles zu seiner Zufriedenheit weiterentwickeln würde. Schon längst schaute ihm niemand mehr zu, als Kimba vorsichtig durch das hohe, vertrocknete Graß schlich. Eigentlich war es schon wieder zu hoch, denn jedes Mal, wenn er mit einer seiner Pfoten ein Grasbüschel striff, wackelte jenes gut sichtbar zwischen den unzähligen anderen. Die ersten Zelte des Konvois waren etwa 100 Meter vor ihm. Plötzlich hörte er es hinter sich knacken. Er zuckte zusammen. Jetzt war er entdeckt worden! Ja, direkt hinter ihm war mindestens einer, der derartig wenig Abstand zu ihm hatte, daß er ihn zwangsläufig sehen mußte. Kimbas Körper spannte sich an, seine Krallen fuhren in den Boden. In Erwartung eines Angriffes drehte er langsam seinen Kopf herum, um seinen potentiellen Feind sehen zu können. Ein warmer, trockener Luftzug wehte ihm ins Gesicht. Kimba atmete tief ein, um schon in etwa ein Bild von seinem Gegner zu erhalten. Entweder war es wieder einer der Dunkelpiraten, die sich ja theoretisch auch an diesen Konvoi oder Flüchtlingstrek heranschleichen könnten oder es war eine Wache des Lagers. Doch er konnte beim besten Willen keinen Menschen oder etwas menschenähnliches erriechen. Statt dessen meinte er deutlich den Geruch von Geparden wahrnehmen zu können. Genaugenommen von zwei Geparden, die er schon sehr gut kannte... . Er drehte sich also ganz herum, während er seine Krallen schon wieder eingezogen hatte. Und schon sah er sie ankrabbeln. "Lukas! Wenn du schon nicht auf mich hören und im Dschungel bleiben kannst, dann zieh da wenigstens nicht noch den Kleinen mit hinein! Ich kann nicht noch auf euch beide aufpassen," fauchte Kimba Lukas an. "Ich bin schon groß. Ich kann auf mich selbst aufpassen," tat Piwi erwachsen. "Wie niedlich..." seufzte Kimba, verdrehte die Augen und war deutlich wenig begeistert von dem Umstand, Begleitung zu haben. "Du gehst sofort wieder zurück, Lukas! Und Piwi nimmst du gleich mit, klar?" bestimmte Kimba. Piwi schien aufgrund der Aussage Kimbas 'wie niedlich' etwas angesäuert. "Ich hab den Weg zurück vergessen, Kimba. Du müßtest uns führen." Lukas stellte sich dumm. "Hmpf. Ich glaub' dir kein Wort, aber ich habe jetzt weder Zeit noch Lust mich stundenlang mit dir herumzuärgern. Von mir aus kommt mit, aber glaubt bloß nicht, daß ich euch heraushole, wenn ihr in Schwierigkeiten steckt!" meinte Kimba verärgert. "Kimbalein versucht böse auf uns zu sein... wie niedlich... ," stichelte Piwi. Lukas hatte alle Mühe, nicht laut loszulachen, verzog aber deutlichst das Gesicht. Kimba gab daraufhin entnervt auf und schlich ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren wieder auf das Lager zu. Lukas folgte ihm dicht. Piwi anfangs auch, hatte jedoch noch etwas Mühe beim Schleichen und hatte schnell einige Meter Abstand zu den Beiden. Kurz darauf hatte er sie aus den Augen verloren und er orientierte sich mehr am Geruch und an Geräuschen. "Was ist?" fragte Lukas Kimba, der kurz einige Sekunden lang inne hielt. "Wir müssen noch weiter ins Lager hinein. Die Wachen hier draußen sagen ja fast gar nichts. Da können wir nicht erfahren, was das für Leute sind oder was die vorhaben," erklärte Kimba kurz flüsternd. "Jetzt hier entlang! Und kein Laut!" fügte er hinzu. Piwi meinte, eben noch Kimba etwas flüstern gehört zu haben. Etwa 20 Meter weit links vorne vor ihm. Also schlug er diese Richtung ein und schlich tief geduckt recht schnell vorwärts, wobei er diesmal auch den einen oder anderen raschelnden oder knackenden Laut in kauf nahm. Die Gräser vor ihm schoben sich schnell links und rechts an ihm vorbei. Es war wie eine Wand aus Gras, auf die er zulief und die sich immer teilte, sobald er ihr näher kam. Plötzlich wurde das Gras flacher, an einigen Stellen war es sogar schon flachgetreten. Doch das veranlaßte Piwi nur dazu, noch schneller voranzuschreiten. Er bekam langsam richtig viel Angst, entdeckt zu werden, da er sich nun nicht länger zwischen den Gräsern verstecken konnte. Und genau das trieb ihn an, immer schneller zu rennen, um die gefährliche Situation so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Auch wenn sein restlicher Körper bereits gut zu sehen gewesen wäre, drückte er dennoch seine Nase so tief ins Gras, daß er noch immer nichts weiter sah, als die sich teilende Graswand. Und ein Büschel Gras flog links an ihm vorbei und ein anderes Büschel rechts und wieder eines links und wieder ein Grasbüschel rechts und ein großer Stiefel frontal... . Rrruuummmmssss. Piwi tat seine Nase weh. Er war gerade in voller Fahrt gegen den Fuß eines Menschen gerasselt. "Auweia. Das war es jetzt. Hätte ich doch bloß auf Kimba gehört," ging es ihm durch den Kopf. Zitternd vor Angst schaute er an dem Stiefel aufwärts, zu dem, der ihn wohl gerade entdeckt hatte. Zwei große hellblaue Augen schauten ihn neugierig und freundlich an. "Hallo kleiner Gepard. Hast du dich verlaufen?" wurde er gleich darauf von einer jungen, hellen Stimme angesprochen. Obwohl der Menschenjunge freundlich lächelte starb Piwi fast vor Angst. Er versuchte zurückzuweichen, doch seine Hinterpfoten blieben wie festgewachsen stehen während seine Vorderpfoten langsam nach hinten gingen und ihn so fast zum Sitzen zwangen. Den kleinen Schwanz hatte er ängstlich zwischen den Hinterbeinen versteckt und sein Kopf grub sich so tief es ging zwischen seine Schultern, den Blick noch immer auf den jungen Menschen gerichtet. "Du siehst süß aus," stellte der Junge fest. "Brauchst keine Angst vor mir zu haben," fügte er gleich hinzu. Vorsichtig streckte er seine Hand zu Piwi aus. Als diese so große Hand sich seinen Augen näherte, schloß Piwi schnell die Augen. "Wenn ich ihn nicht sehen kann, kann er mich auch nicht sehen," hoffte er. Doch nur wenige Augenblicke später spürte er, wie eine Hand ihn über die Nase strich. Piwi zuckte etwas zusammen. "Jetzt ist es aus," dachte er resignierend und ergab sich innerlich dem Jungen. "Du Kimba, sag mal, weißt du wo Piwi steckt?" fragte Lukas vorsichtig. "Der war doch direkt hinter dir. Du müßtest das doch wissen!" entgegnete Kimba entsetzt. "Ich hab' aber nicht darauf geachtet, ich dachte ja, er wäre die ganze Zeit hinter mir." "Oh nein, Lukas! Du bist doch sowas von doof. Erst kannst du nicht auf mich hören, dann bringst du Piwi noch gleich mit hierher und nun weißt du nicht einmal, wo er abgeblieben ist!" schimpfte Kimba leise. "'Es tut mir leid," meinte Lukas geknickt. "Und jetzt? Sag was, Kimba!" "Jetzt müssen wir hier quer durchs Lager schleichen und Piwi suchen. So ein Riesenmist!" ärgerte sich Kimba und begann den Weg zurückzuschleichen, den sie gekommen waren. "Los, hilf mit!" befahl er Lukas. "Wir gehen unseren Weg zurück und schnüffeln solange herum, bis wir seine Fährte haben!" "Das ist ist ja eine Riesenarbeit," protestierte Lukas leise. "Du hast ja auch einen Riesenmist fabriziert. Warum bist du nicht im Dschungel geblieben? Oder hast wenigstens Piwi da rausgehalten?" Nach einiger Zeit hatten sie seine Fährte gefunden. "Oh nein, die führt ja direkt in das Zelt dort," stellte Kimba fest. "Müssen wir da auch rein?" fragte Lukas vorsichtig. "Ja, wenn wir Piwi je wiedersehen wollen, schon!" entgegnete Kimba ärgerlich. Vorsichtig schlichen sie also ebenfalls durch das lichte Gras bis in das Zelt hinein. Kaum drinnen, schnüffelte Kimba wieder nach Piwis Fährte. Die endete jedoch plötzlich im Nichts. "Das gibts ja gar nicht. Der kann sich doch nicht in Luft auflösen, aber die Fährte hört hier definitiv auf." wunderte Kimba sich. "Vielleicht kannst du auch nur nicht mehr richtig schnüffeln - es richt hier ja schließlich überall nach Mensch." "Ja, du hast recht. Und der Geruch ist sogar noch sehr frisch.." meinte Kimba. "Hallo ihr beiden!" Kimba und Lukas schreckten zusammen. Die Stimme war zwar die von Piwi, aber sie war recht laut, kam von oben und war vor allem in Menschensprache. Piwi konnte sie zwar noch nicht besonders gut, aber für die einfachste Verständigung reichte es schon. Die beiden Suchenden schauten verschreckt nach oben. Dort saß Piwi auf dem Bauch eines Menschenjungen, der in einer Hängematte lag und ihnen wohl schon die ganze Zeit lang zugesehen hatte. "Piwi, bist du verrückt geworden? Komm sofort da runter!" rief Kimba in Tiersprache zu ihm hoch. "Wieso denn? Wenn du dich mit Menschen anfreunden darfst, darf ich das auch," meinte Piwi nur, ebenfalls in Tiersprache. "Begrüßt ihr euch gerade?" wollte der Menschenjunge wissen, auf dem Piwi noch immer ganz ruhig draufsaß. "Ähm... ja, so ähnlich," Piwi war die Sache etwas unangenehm. "Darf ich vorstellen: Der weiße Löwe heißt Kimba. Der Gepard heißt Lukas. Das sind meine engsten Freunde," erklärte er schließlich. "Verstehen die mich auch?" wollte Juri wissen. "Klar!" entgegnete Piwi sofort. "Ich heiße Juri. Freut mich, euch kennenzulernen," stellte er sich vor. "Hallo Juri. Ich heiße Kimba. Ich freue mich auch, dich kennenzulernen," antwortete Kimba, der sich inwischen wieder abgeregt hatte. "Und ich bin Lukas, und freue mich auch." fügte Lukas hinzu "Ach, jetzt auf einmal?" meinte Piwi in Tiersprache zu den beiden. Im Folgenden erfuhren die drei, daß Juri ursprünglich aus Osteuropa kommt und mit diesem Flüchtlingstreck von dort geflohen ist. Nach dem "großen Krieg" gab es dort nämlich fast überall nur noch verseuchten Boden und die Menschen mußten ihr Land verlassen, wenn sie nicht verhungern wollten. Kimba und seine Freunde wunderten sich, da sie von einem großen weltweiten Krieg nichts gehört hatten, doch Juri schien die Wahrheit zu sagen. Die Flüchtenden suchten also eine neue Heimat. Da jedoch die meisten Flecken Land in oder nahe an Europa schon voll besetzt waren und gut verteidigt wurden, hatte die Gruppe Flüchtender keine Wahl als immer weiter zu ziehen. Und sie hatten sich wegen der strengen Winter im Norden für die Reise südwärts entschieden, die sie dann bis nach Zentral-Ostafrika führte. Doch auch hier hatten sie bislang noch kein Glück gehabt und kein brauchbares und freies Land gefunden. Genaugenommen hatten sie noch nicht einmal einen wirklich geeigneten Platz für ihr kurzfristiges Lager gefunden. "Und das ist wegen der Dunkelpiraten eine sehr gefährliche Sache," meint Juri abschließend. "Hm. Ich glaube ich kenne da jemanden, der euch helfen könnte. Kannst du aus dem Lager soweit weg, daß ich tagsüber nicht von den Wachen gesehen werden kann?" Kimba schien eine Idee zu haben. "Ja, morgen und übermorgen machen wir kurz rast. Einige unserer Fahrzeuge müssen nämlich dringend repariert werden." "Gut. Ich führe dich dann zu ihm, ok?" "Ja gerne!" freute sich Juri. Die Sonne war morgens tiefrot vom Horizont aufgegangen und hatte nach einer Stunde schon ihre normale Farbe fast wiedergewonnen. Alles schien friedlich. Das Lager schien etwas eingestaubt, war es wohl auch. Doch auch der Rest der Umgebung, der weiteren Umgebung, schien eingestaubt zu sein - selbst die fernen Berge. Ja, selbst der mächtige Mondberg, mit seinem großen schwarzen Strich. Juri schlich gleich nach dem Frühstück aus dem Lager heraus. Schon nach kurzer Zeit traf er auf Kimba, der zwar in sicherer Entfernung vom Lager war aber dennoch etwas geduckt durchs Gras schlich. "Guten Morgen Juri," begrüßte Kimba seinen neuen Freund. "Guten Morgen Kimba," erwiderte Juri. "Werden dich deine Eltern auch nicht vermissen? Es wird nämlich etwas dauern, bis wir am Felsen unten beim Fluß sind." "Nein, nein, die sind heute sehr beschäftigt," wiegelte Juri ab. Und zu recht, denn die Ausrüstung und die Fahrzeuge des Flüchtlingstrecks waren durch die lange Reise schon arg mitgenommen. Bei so manchem Gefährt wunderte es, daß es nicht augenblicklich in seine Einzelteile auseinanderfiel. Besonders das schwer gepanzterte Eskortvehikel mit seinem hohen Beobachtungsturm und seinen schweren MGs, das Räuber fernhalten sollte, schien in letzter Zeit mehr zu klappern als zu fahren. Doch an diesem Tage fuhr es nicht. Es stand bloß still da und hielt wache, so daß der hohe, blass gelb-grüne Turm langsam hinter Kimba und Juri im vertrockneten Gras der Savanne verschwand. Zunächst schlug Kimba einen Weg ein, der die beiden durch dichte Büsche führte, da sie etwas bergan gingen und so kurzzeitig vom Lager aus zu sehen waren. Etwas weiter weg ging es jedoch wieder bergab und er schlug den direkten Weg zum Dschungelfluß ein. "Was ist das denn für einer, der uns helfen kann?" wollte Juri wissen. "Sein Name ist Mbangi. Er hat mir im Kampf gegen die Dunkelpiraten geholfen. Er ist wirklich nett, du wirst schon sehen... ," antwortete Kimba, " und vor allem kennt er sich hier in der Gegend gut aus. Er kennt bestimmt einen sicheren Platz für euch." Der Felsen am Fluß sah ein bißchen wie ein großer steinerner Pilz aus. Auf der dem Fluß abgewandten Seite hing die Kappe des Pilzes bis auf den Boden. Von dort aus war es zwar noch immer mühselig aber schaffbar, den Felsen zu erklettern und von oben eine gute Aussicht über das gesamte Tal unterhalb des Dschungel zu haben. Mbangi war gerne dort oben: Es war ziemlich sicher und man brauchte nicht ständig aufmerksam zu sein, um nahende Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Man hatte eine derart weite und gute Sicht, daß es ein 'zu spät' kaum geben konnte. Doch als Kimba und Juri am Fluß ankamen, war der schwarze Junge mit den Wuschelhaaren nicht oben auf dem Felsen sondern trank aus dem klaren Wasser des Gewässers. Der Flußlauf war auch nur etwa 100 Meter vom Felsen entfernt. "Warte hier bitte kurz, ich will ihn nicht damit erschrecken, daß ich plötzlich mit jemand fremden hier auftauche," bat er Juri, der gleich zustimmte. "Guten Morgen Mbangi!" begrüßte Kimba wenige Sekunden später seinen Freund. "Guten Morgen Kimba!" erwiderte dieser den Gruß. "Hast du mir Besuch mitgebracht?" fügte er gleich hinzu. "Du weißt das schon?" Kimba war erstaunt. "Ja, ich habe dich doch sprechen gehört. Wenn man in dieser Welt überleben will, muß man halt sehr aufmerksam sein. Das müßtest du doch wissen." "Da hast du wohl recht, " stimmte Kimba zu und rief zu Juri ins Dickicht, daß er herüberkommen solle. "Hallo Mbangi," fing dieser dann an, "Kimba hat mir bereits von dir erzählt." "Aha," Mbangi schien eher zurückhaltend und musterte zunächst Juri und schaute dann noch mal zu Kimba. "Juri kommt aus dem Flüchtlingstrek, den wir gestern gesehen haben. Das scheinen alles ganz nette Leute zu sein. Aber sie haben ein Problem: Sie kennen sich hier nicht aus. Daher haben sie momentan an der erstbesten Stelle ihr Lager aufgeschlagen. Dort sind sie aber nicht vor den Dunkelpiraten sicher. Ich dachte mir, du würdest vielleicht einen Ort kennen, an dem die Leute sicher sind. Du kennst dich hier ja aus und weist, wo die Dunkelpiraten sein könnten." Mbangi blickte mit böse funkelnden Augen auf Juri. Einige Sekunden lang ging das so. "Nanu, stimmt was nicht, Mbangi?" wollte Kimba wissen. "Du sagst ja gar nichts." "Ich habe dazu auch nicht viel zu sagen," antwortete Mbangi schließlich und seine Stimme klang reichlich zornig. "Nur soviel: Ich würde mir bestimmt lieber die Finger abhacken, als diesen Leuten zu helfen!" Juri schaute etwas entsetzt. "Häh? Wieso das denn?" fragte Kimba Mbangi verwirrt. "Ganz einfach: Der große Krieg, der die Welt zerstörte und unseren Lebensraum vergiftete, den haben wir denen zu verdanken. Die blöden Weißen aus Europa und aus Amerika. Genau wie die Asiaten. Durch ihre grenzenlose Gier haben sie einen Krieg um Rohstoffe angefangen, die sie selber gar nicht zum überleben brauchten. Aber sie wollten das Geld haben, das man durch den Verkauf der Rohstoffe bekam, um ihre Wirtschaft anzutreiben. Und da jeder das Meiste wollte aber zu wenig Rohstoffe da waren, begannen sie diesen großen schrecklichen Krieg, der vielen von uns das Leben kostete. Dabei hatten wir gar nichts damit zu tun. Wir wären froh gewesen, wenn man uns unser karges Land und unser nacktes Leben gelassen hätte. - Aber nein, sie mußten ja diese Atombomben werfen und diese chemischen Bomben und Bomben, die schreckliche Krankheiten gebracht haben. Diese Leute gehören zu diesen Verbrechern!" Während des Sprechens war Mbangi eine Träne über die rechte Wange gerollt. Er schien einen fast grenzenlosen Hass auf diese Leute zu haben. Juri schien aber inzwischen auch nicht mehr besonders gut auf Mbangi zu sprechen zu sein. Kimba dachte gerade darüber nach, wie er die Situation entschärfen konnte, als Juri bereits reagierte. "Du bist ja wohl voll blöd! Hast du eigentlich eine Ahnung, was für 'ne Scheiße du da eigentlich laberst? Paßt dir meine Nase nicht oder bist du immer so krass drauf? Ich hab nämlich auch durchaus besseres vor, als mich von so nem abgebrochenen Brikett beleidigen zu lassen!" schimpfte Juri. "Dann geh doch zurück ins Land der Weißen. Und nimm deine Leute mit! Dann könnt ihr in eurem Lande an euren eigenen Werken zugrunde gehen. Siehst ja sowieso schon totenblaß aus!" schimpfte Mbangi zurück. "He, Freunde, bitte..." versuchte Kimba ein erstes Mal erfolglos zu schlichten. "Na immer noch besser als Kacke-Schwarz auszusehen!" gab Juri zornesrit zurück. "Wie hast du mich genannt!? Wollen wir uns schlagen?" forderte Mbangi Juri heraus. "Komm nur her, dich mach ich noch kleiner als du es ohnehin schon bist!" gab Juri zurück und ballte die Fäuste. Das ließ sich Mbangi nicht zweimal sagen. Mit einem Kampfschrei rannte er die paar Meter auf Juri zu und die beiden begannen sich zu prügeln. "Nicht, hört auf! Das bringt doch nichts!" versuchte Kimba und wollte sich dazwischenstellen, doch es war schon zu spät. Die beiden rollten über den Boden und schlugen und traten sich. Obwohl Mbangi ein Jahr jünger zu sein schien als sein Kontrahent, war er doch erstaunlich kräftig und teilte genauso gut aus wie Juri. Der hatte sich den Kampf etwas anders vorgestellt und half schließlich seinem Glück etwas nach, indem er sich einen herumliegenden Stock schnappte und damit nach Mbangi schlug. Der erkannte seine Unterlegenheit und nahm schnell die Beine in die Hand. Sein Ziel war das halbwegs nahe Gebüsch, da er dort ebenfalls einen Stock zu finden hoffte. Kimba hatte es inzwischen aufgegeben, zu schlichten, sie sollten sich erstmal austoben, bis sie selber merkten, daß das nichts brachte. So hatte er es bei seinen Freunden ja auch immer gehandhabt. Allerdings blieb er in der nächster Nähe, um einen schlimmen Ausgang verhindern zu können. Mbangi war inzwischen im Gebüsch angekommen und hatte jetzt ebenfalls einen Stock. So schlugen die beiden mit ihren Stöckern gegeneinander, wie reichlich ungeschickte Ritter es vor Jahrhunderten mit ihren Schwertern getan hätten. Und nun war Juri erst recht in der Defensive. Zwar stellte sich auch Mbangi eher ungeschickt an, aber man merkte, daß er schon mal Training gehabt hatte. So drängte er Juri immer weiter in den Dschungel. "Na, was ist? Fehlt dir außer der Farbe auch die Kraft?" stichelte Mbangi in einer sekundenkurzen Verschnaufpause. "Warts ab, du hattest bis jetzt nur Glück!" gab Juri ärgerlich zurück. Und wieder gingen sie mit ihren Stöcken aufeinander los. Kimba schüttelte den Kopf. Sie taten zwar etwas dummes, aber das dafür umso ausdauernder... . Nach einigen weiteren hundert Metern Kampf quer durch den Dschungel gelang es Mbangi schließlich, Juri seinen Stock aus der Hand zu schlagen. Und das gleich so heftig, daß sich Juri dabei gehörig auf den Hosenboden setzte. "Autsch!" "Hah! So groß und so wenig Kraft! Wie alle Weißen!" genoss Mbangi seinen Triumph, während er und Juri nach Luft schnappten. Juri erwiderte nichts aber es war deutlich zu erkennen, daß er Mbangi jetzt am liebsten ins Gesicht springen würde. "Wenn Blicke töten könnten...," seufzte Kimba zu sich selbst und verdrehte die Augen. Die hatten doch alle beide wirklich wichtigere Probleme. "Hört endlich auf! Ihr benehmt euch ja wie die Menschen, die diesen großen Krieg gemacht haben!" rief er dann zu ihnen hinüber. Mbangi und Juri drehten sich um und schauten Kimba halb entsetzt, halb verärgert an. Was hatte er ihnen da an den Kopf geworfen? Wie kam er denn dazu? Doch sie konnten kaum zuende denken, da raschelte es plötzlich im Gebüsch hinter ihnen, in Kimbas Blickrichtung. Beide fuhren herum, doch weder sie noch Kimba konnten auf die Schnelle etwas entdecken. Plötzlich nahm Kimba einen eigenartigen, verfaulten Geruch wahr, der aus dem Gebüsch rechts neben ihnen geweht wurde. Auch dort raschelte es plötzlich. Und sogar hinter Kimba kamen plötzlich merkwürdige Geräusche aus dem Busch. Sie waren also schon fast umzingelt. Ängstlich rückten sie zusammen. Da bewegte sich das Gebüsch vor ihnen und wuchs in die Höhe. Aber war es wirklich das Gebüsch, das dort in die Höhe wuchs? Die Blätter und Äste lagen so merkwürdig und sahen leicht verfault aus. Außerdem nahmen sie eine Gestalt an, die von den Konturen her undgefähr der eines Menschen entsprach. Und zwischen den Ästen und Blättern schien irgendeine schwarze Masse zu kleben, die sich leicht auf und ab bewegte, als ob sie atmete. Sie waren sich schon fast sicher, daß es sich bei diesem "Etwas" um ein Lebewesen handelte, da leuchteten an der Stelle, die in etwa den Kopf formte, auf einmal zwei rotleuchtende Augen auf. Am unteren Ende des Kopfes tat sich darauf eine Lücke zwischen den Blättern und Ästen auf und gelblich bleiche Zähne traten hervor. Zugleich ertönte ein markerschütternder Schrei, der halb nach Mensch, halb Tier klang. Die drei schrien vor entsetzen und rannten in die einzig übriggebliebene Richtung, da aus dem Dickicht anderen beiden Richtungen ebenfalls solche Wesen hervorkamen. Sie wußten nicht wohin sie rennen sollten aber dafür rannten sie umso schneller. Das war auch recht einfach, wenn sie nur daran dachten, was hinter ihnen war. Schon hörten sie neben ihren eigenen Schritten die ihrer Verfolger. Es waren seltsame Laufschritte, nicht so gleichmäßig wie die der drei Fliehenden. Und ihre Schritte schienen zu knirschen, ein bißchen wie, als wenn jemand über feinen Kies rennt, aber es klang irgendwie "nasser". Es war schwer zu definieren, die drei hatten ja auch ganz andere Sorgen als zu bestimmen, wie sich die Schritte ihrer Verfolger anhörten. Sie waren da, diese Schritte, und sie wurden nicht leiser. "Woher zum Teufel kommen diese Monster?" fragte Juri rennend in die Runde. "Keine Ahnung, ich habe die noch nie gesehen," rief Kimba zurück. "Noch nie gesehen? Ich dachte du lebst hier?" fragte Mbangi gleich darauf. "Schon, aber der Dschungel hat sich ja sehr verändert," antwortete Kimba. "Ja, aber vorher war hier ja auch gar kein Dschungel," beharrte Mbangi. "Aber woher die Monster kommen oder was das ist weißt du Schlauberger auch nicht, oder?" fragte Juri in der Hoffnung, vielleicht doch noch eine Antwort zu erhalten. "Das sind die Monster die im verbotenen Sumpf leben. Wir sind hier wahrscheinlich im verbotenen Sumpf," erfüllt Mbangi sogleich sein Hoffen. "Alles deine Schuld, Mbangi! Wieso hast du uns das nicht vorhin gesagt?" "Weil du ja im Kampf ohne eine Waffe nicht gegen mich gewinnen konntest und mich ja in diese Richtung getrieben hast!" hielt Mbangi sogleich dagegen. "Anstatt zu streiten müßt ihre schneller laufen!" rief ihnen Kimba zu. "Wir haben nur zwei Beine!" rief Mbangi zurück. "Dann müssen wir uns irgendwo verstecken!" rief Kimba gleich darauf und weniger laut. "Da vorne ist eine Höhle!" rief Juri, Vielleicht können wir sie drinnen abhängen." ergänzte er. Die drei rannten zu dem schwarzen Schlund der Höhle hin, die sich wie ein riesiges Maul scheinbar aus dem Erdboden heraus erhobt und nicht viel eines Berges oder Hügels links und rechts neben sich hatte. Plötzlich bewegten sich die Büsche vor ihnen und drei weitere dieser Monster tauchten direkt vor ihnen auf. Die drei stoppten so schnell sie konnten und wären dennoch beinahe in die Monster hineingerannt. "Aaaaaaaahhhhhhhh!" schrien Juri und Mbangi vor entsetzen und gingen dabei vor lauter Angst in die Knie und auf den Hosenboden. Kimba wußte, wenn sie sich von den dreien aufhalten ließen, würde die Meute hinter ihnen sie mit Sicherheit erwischen. "Dreie sind besser als jede Menge zusätzlich...," dachte er sich und nahm all seinen Mut zusammen, fuhr seine Krallen aus und griff das Monster in der Mitte an. "Das schrie überraschend laut auf, als Kimba seine Krallen in die schwarze Masse zwischen den faulen Ästen und Blättern fahren ließ und kippte nach hinten um. Die anderen beiden wichen auf der Stelle zurück. "Schnell, jetzt oder nie!" rief Kimba den beiden Jungen zu. Die verstanden und rannten nun auch los, schnell an dem einen Monster vorbei, das Kimba umgeworfen hatte, und auf die Höhle zu. Kaum hatten sie ein paar Meter Vorsprung, ließ Kimba von dem Monster ab, das erstaunlich hilflos unter ihm zappelte und rannte den beiden in die Höhle nach. Der Boden dieser Höhle war erstaunlich eben und es führten anfangs keinerlei Nebenhöhlen vom Hauptgang weg. So liefen die drei vorerst geradeaus in die Dunkelheit. Sie konnten nur gerade so noch erkennen, daß der Gang, den sie entlangliefen, nach etwa 100 Metern einen leichten rechtsknick machte. "Sag mal, Juri, hat diese Höhle hier eigentlich auch einen zweiten Ausgang, wo wir entkommen könnten?" fragte Kimba plötzlich Juri und lief ein Stück langsamer. "Ich weiß nicht," antwortete Juri, ebenfalls langsamer werdend. "Bist du doof oder was? Was schickst du uns hier herein, wenn du es nicht weißt?" fragte Mbangi ihn daraufhin ärgerlich. "Bist ja selber doof. Warum folgst du mir denn auch? Du bist doch hier der Einheimische!" hielt Juri dagegen. "Geht das schon wieder los?!" schimpfte Kimba. "Schluß jetzt, wir haben eine Meute von was-weiß-ich-was hinter uns und müssen sehen, daß wir hier wieder heile herauskommen. Wenn wir nicht wissen, ob es einen zweiten Ausgang gibt, dann müssen wir eben nachschauen. Wir können es so oder so nicht mehr ändern." Mbangi und Juri schauten sich an. Jetzt saßen sie irgendwie alle im selben Boot, das wurde ihnen gerade bewußt. "Also kommt," entschied Kimba, "wir können hier nicht auf die Sumpfmonster warten." So rannten die drei also wieder in voller Geschwindigkeit weiter. "Ich seh nix mehr!" klagte Juri. "Egal, immer geradeaus!" rief Kimba, der auch nur noch mit Mühe die Wände erkennen konnte. "Ich glaube, es wird langsam wieder heller. Die Höhle macht jetzt noch einen Bogen nach rechts!" fügte er wenige Sekunden später hinzu. Mbangi und Juri war nicht wohl zumute, da sie blindlings auf Kimba vertrauen mußten. Doch nach wenigen weiteren Sekunden konnten auch sie bereits das Licht sehen. Es war noch fast so klein, wie ein Stern in der Nacht. Klein und etwas flimmernd, so daß man manchmal befürchten mußte, es würde verschwinden. Doch das tat es nicht. "Hört ihr?" fragte Mbangi die beiden. "Was?" fragte Juri. "Ich kann unsere Verfolger nicht mehr hören. Die Monster trauen sich offenbar nicht in diese Höhle," erklärte Mbangi und freute sich, endlich in Sicherheit zu sein. "Ja!" stimmte Juri zu. "Siehste, war doch keine blöde Idee mit der Höhle. Selbst Weiße haben einen Verstand... " Das wollte Mbangi so natürlich nicht auf sich sitzen lassen: "Ja, aber noch viel mehr Glück als Verstand!" Juri lachte: "Na und? Hauptsache in Sicherheit!" Mbangi stimmte zu. "Schön, daß ihr beiden endlich vernünftig werdet," freute sich Kimba. Das Licht am Ausgang war inzwischen schon dreimal so groß wie der Mond. Wenn sie so geradeaus weiterliefen, wären sie in wenigen Sekunden wieder aus der Höhle raus und konnten verschnaufen. Vielleicht hinter einem dieser großen Steine am Ausgang, so daß die Sumpfmonster sie nicht sehen konnten, falls sie doch nachkämen? Kimba schaute auf diese Steine. Sie sahen seltsam aus. Ein komisches Gefühl beschlich ihn. Und langsam meinte er, einen komischen Geruch wahrzunehmen. Es roch wieder etwas nach Mensch. Aber nicht nach normalen Menschen. Irgendetwas anderes war da mit drin und Kimba war sich sicher, daß er diesen Geruch schon einmal wahrgenommen hatte. Nur wo? "Komm schon, denk nach!" dachte er sich. "Dieser seltsame Geruch... gestern... ," er kam der Lösung immer näher, " ... wir waren irgendwo nahe der Savanne, wo die Farm war... " Dann durchzog es ihn wie ein Blitz: Dunkelpiraten! Mbangi hatte ihnen ja schon erzählt, daß sie sich gewöhnlich tagsüber versteckten. Und wo? - Natürlich an Orten, die recht dunkel waren, da sie das Sonnenlicht nicht gut vertrugen. Also in genau so einer Höhle wie diese. Jetzt wurde es Kimba auf einmal auch klar, warum die Sumpfmonster ihnen nicht nachgerannt waren: Sie wußten, daß diese Höhle schon bewohnt war. Doch was nun? Vielleicht hoffen, daß die Dunkelpiraten erneut ausnahmsweise ihr Versteck verlassen hatten und damit der Weg nach draußen frei war? Doch Kimbas leichter Anflug von Hoffnung wurde sogleich zunichte gemacht. Hinter den Felsen am Ausgang und aus zwei Spalten links und rechts davon kamen sie wieder, die in Lumpen gekleideten, sich meist humpelnd fortbewegenden Dunkelpiraten. Einige von ihnen hatten noch ihre Brillen auf - vermutlich Sonnenschutz, falls sie in der Nähe des Ausgangs waren - andere jedoch hatten sie abgenommen und waren weniger vermummt. Auch wenn das Licht des Eingangs etwas blendete und die Angreifer zu sehr dunklen, fast schwarzen, Silhuetten werden ließ, meinte er bei ein oder zweien abscheulich entstellte Fratzen sehen zu können. Was waren das bloß für Menschen? Was war nur mit ihnen geschehen? Mbangi und Juri wollten vor Schreck und Entsetzten eigentlich schreien, doch sie waren schon zu sehr außer Atem, als daß sie es noch gekonnt hätten. Es reichte allerdings noch, um eine Vollbremsung hinzulegen. Kimbas Hirn arbeitete auf Hochtouren: Was war jetzt die bessere Alternative? Gab es vielleicht noch eine dritte Möglichkteit? Er wußte, daß ihm nicht viel Zeit blieb, darüber zu entscheiden. Aber dennoch hatte er eine Entscheidung getroffen: "Los, zurück! Die Sumpfmonster sind vielleicht schon weggegangen!" rief er den verängstigten und reichlich ratlosen Jungen zu. Diese hörten sogleich auf ihn und machten sich auf den Weg. Außerdem hatten sie ja gar keine Wahl, da sie selber nicht wußten, was zu tun wäre. Also rannten sie wieder in das Dunkle der Höhle hinein. Sie rannten, so schnell sie konnten, kamen aber von den hinterherhinkenden und -humpelnden Dunkelpiraten nicht weg. Denn obwohl diese nicht so schrecklich schnell laufen konnten, waren zumindest die beiden Zweibeiner auch nicht mehr in der Lage, neue Bestzeiten aufzustellen. Juris und Mbangis Lunge brannten. Auch ihre Beine und Füße machten sich schmerzhaft bemerkbar bei jedem Schritt, den sie taten. Sie waren am Ende. Mbangi sah das Licht des Ausgangs, den sie Anfangs genommen hatten, um in die Höhle hinein zu gelangen, nur noch verschwommen. Seine Augen tränten nämlich vor Schmerz und Erschöpfung. Wobei der Schmerz langsam nachließ und mehr und mehr verschwand. Und mit ihm auch das Gefühl, überhaupt seine Füße zu spüren. Juri war körperlich auch nicht besser dran, aber seine Umgebung nahm er im Gegensatz zu Mbangi neben ihm schon gar nicht mehr wahr. Er dachte statt dessen an Ereignisse aus seiner Kindheit, die wie imaginäre Höhlenwände an ihm vorbeizogen. Vor allem an das Erlebnis, als er seine Freunde verlor. Damals war er noch in einem anderen Flüchtlingstrek unterwegs gewesen. Sie hatten in einer nordafrikanischen Stadt Lager aufgeschlagen und übernachtet. Alles schien friedlich, als sie plötzlich angegriffen wurden und fliehen mußten. Die meisten seines Treks flohen tiefer in das Tunnelsystem, dessen Eingang sie als Lagerplatz genommen hatten. Er und seine Familie aber flohen mit einigen anderen in Richtung des Tunnelausgangs. Auch damals konnte er vor Entkräftung nicht mehr laufen und sah das Licht des Ausgangs nur verschwommen. Dann war er auch noch hingefallen, die Angreifer hätten ihn bestimmt gekriegt, wenn ihn sein großer Bruder nicht aufgeholfen und rausgetragen hätte. Aber dieses Erlebnis des Hinfallens war die mit Abstand deutlichste Erfahrung von damals. Er meinte quasi spüren zu können, wie er langsam zu Boden schwebte, und wie das große Licht des Höhlenendes vor ihm, das fast sein gesamtes Blickfeld einnahm, langsam nach oben wanderte. Dann spürte er, wie sein Körper hart auf etwas Kaltes aufschlug und er einen oder zwei Meter über den Boden rutschte. Die Gedanken von damals waren verschwunden und als er sich umdrehte, bemerkte er links neben sich Mbangi, der seinen Fall wohl so nachahmenswert fand, daß er jetzt ebenfalls den Boden aus nächster Nähe beobachtete. "Oh nein, nicht jetzt! Kommt schon, hier könnt ihr nicht liegen bleiben!" rief Kimba den beiden zu. Er ging zu Juri und versuchte ihn etwas hochzuzerren, doch der blieb liegen. Kimba schaute zu Mbangi, der ebenfalls nicht mehr weiterlaufen konnte. Wegkommen würden sie jedenfalls nicht mehr rechtzeitig. Da kamen auch schon die Dunkelpiraten an. Die wenigen die nicht schon ihre Messer gezückt hatten, zogen diese jetzt oder bedienten sich anderer Schnitt- und Stoßwaffen. Einer von ihnen hatte sogar etwas gewehrähnliches in der Hand und zielte damit auf Kimba. Juri schaute müde und resigniert zu den Piraten auf. "Jetzt ist es aus..." sagte er leise zu sich. Die Dunkelpiraten umzingelten die drei und rückten dann langsam immer näher zu ihnen vor. Kimba wußte nicht, was er tun sollte. Einerseits konnte er die Angreifer nicht noch näher an die beiden Kinder herankommen lassen, andererseits würde er selber von ihnen weggehen müssen, wenn er die Dunkelpiraten daran hindern wollte näher zu kommen. Es war quasi die Situation, in die ihn Klaue und Cassius vor zwei Tagen gebracht hatten. Er konnte nur eines: Entweder die Piraten angreifen oder die Kinder verteidigen. Vor allem der eine Pirat, der die Schußwaffe auf ihn gerichtet hatte, machte ihm sorgen. Ihn würde er als erstes ausschalten müssen. Doch gerade der stand etwas weiter weg von ihm und den Kindern und war damit als letztes zu erreichen. Was nun? War es wieder eine aussichtslose Situation? Plötzlich erschien ein Schatten hinter dem Dunkelpiraten mit dem Gewähr. In sekundenschnelle war dieser direkt hinter ihm und baute sich zu voller Größe auf. Der Geruch von verfaultem Geäst stieg Kimba und den Kindern in die Nase. Mit einem grunzenden Laut schlug dieser Schatten dem völlig überraschten Dunkelpiraten die Schußwaffe aus der Hand. Die anderen fuhren herum. Das Gebüsch rund um die Höhle raschelte kurz und schon bauten sich weitere Sumpfmonster auf. Eines scheußlicher als das andere. Mit überraschend schnellem Schritt griffen diese dann die Dunkelpiraten an. Diese Geschwindigkeit würde man Wesen, die so aussehen, als ob sie das Verfallsdatum schon länger überschritten hätten, eigentlich nicht zutrauen. Und die Dunkelpiraten, die eben noch den Blick eines Jägers vor dem Erlegen seiner Beute in ihren entstellten Fratzen hatten, schrien vor Entsezten auf und rannten, als ob der Teufel persönlich aufgetaucht wäre. Doch die Situation schien sich erstmal für die drei Verfolgten nicht geändert zu haben. Anstatt von Dunkelpiraten, waren sie jetzt eben von den Monstern aus dem Verbotenen Sumpf umgeben. Und sie würden ihnen nicht entkommen können, das wußten sie alle ganz genau. Gerade Juri und Mbangi waren noch so erschöpft, daß sie sich trotz der Sumpfmonster in ihrer direkten Nähe nur gerade so ein bißchen aufrichten konnten. So saßen sie mit großen, ängstlichen Augen da und warteten ihr weiteres Schicksaal ab. Da wichen plötzlich die Sumpfmonster auf einer Seite etwas zurück und gaben eine Art schmalen Gang frei. Und sie begannen plötzlich einen seltsamen, halb gegrunzten halb gesprochenen Laut von sich zu geben: "Oumpf!" Und immer wieder und wieder. Fast so als wollten sie jemand oder etwas beschwören. "Oumpf!" Sie gaben diesen Laut immer wieder von sich, gleichbleibend laut und gleichmäßig schnell. "Oumpf" Das Gebüsch am Ende dieses Ganges aus Sumpfmonstern begann sich zu bewegen. "Oumpf!" Und es baute sich ein weiteres Sumpfmonster auf. Es sah noch verfaulter aus, als die anderen. Kimba und die Kinder wunderten sich, daß es nicht auseinander fiel, denn es sah wirklich nicht sonderlich appetitlich aus, mit all dem weißen und grünen Schimmel auf den Blättern und Ästen. "Oumpf!" Es ging dann langsam auf die drei zu. "Oumpf!" Jeder schritt hörte sich ein wenig matschig an. "Oumpf!" Schließlich war es bei den dreien angelangt, etwa einen Meter vor Kimba stoppte es. Kimba spürte, daß ihn langsam der Mut verließ. Das Viech war einfach zu gigantisch und sah zu widerlich aus. Ein gewisser Ekel mischte sich seinem normalen Unwohlsein bei. "Oumpf!" Das Sumpfmonster hob beide Arme in die Höhe. Die anderen verstummten augenblicklich. Das war es also, was die anderen herbeigerufen hatten. Dann ließ es seine Arme wieder sinken und wandte sich den dreien zu. Seine Augen leuchteten leicht rötlich zwischen den gelblich- grünen Blättern und den grün-braunen Ästen. Dann holte es Luft und machte das auf, was wohl sein Mund darstellen sollte. "Wir sind keine Feinde." Die Stimme des Wesens klang trotz eines gewissen Blubberns darin halbwegs menschlich. "Wir werden euch nichts tun." Es deutete auf Kimba und die beiden am ganzen Körper zitternden Kinder. "Aber der Sumpf ist gefährlich. Böse Menschen sind nahe." er deutete auf die Höhle, in der die Dunkelpiraten verschwunden waren. "Ich bin Oumpf. Oumpf ist der Anführer. Alle hören auf Oumpf." erklärte er. Die verkrampfte Anspannung war inzwischen aus den Gliedern von Kimba und den Kindern verschwunden. "Ich sage anderen: Keinen Streit mit Menschen des Friedens." Er schaute auf Kimba. "Und keinen Streit mit Tieren des Friedens. Oumpf sagt zu euch: Streitet euch selber nicht. Wesen des Friedens sollten nie streiten. Streit ist schlecht. Streit erschafft böse Dinge. Bitte geht nun. Oumpf kann böse Menschen nicht lange aufhalten." Verwunderung machte sich nun in ihren Köpfen breit: Das, was wie das personifizierte Böse aussah, war ein rechtschaffendes friedliches Wesen? Sie konnten es kaum glauben, aber alles deutete darauf hin. Er zeigte in den Dschungel, auf einen Weg, der von der Höhle wegführte und aus dem Sumpf hinaus. Die übrigen Sumpfmonster, die noch auf dem Weg standen, gingen beiseite. Kimba schaute kurz zu Juri und Mbangi, dann zu Oumpf. "Hab vielen Dank für deine Hilfe, wir werden das bestimmt nicht vergessen." Dann schaute er wieder zu den Kindern, die nun wieder genug Kraft hatten, aufzustehen. "Kommt, laßt uns gehen! Wir wollen Oumpf und seinen Freunden keinen Ärger machen." Die beiden schauten etwas schüchtern zu Oumpf hoch. Eigentlich wollten sie sich bedanken aber sie hatten noch zu viel Angst. Also drehten sie sich mit einem erleichterten Lächeln um und gingen den freien Weg mit Kimba zurück in den Dschungel. Als sie schließlich den Rand der Savanne erreichten und die Zeit des Abschieds gekommen schien, fragte Kimba Mbangi: "Findest du nicht, das dieses Wesen recht hatte, daß die Geschöpfe des Friedens keinen Streit miteinander haben sollten?" Mbangi schaute etwas bedrückt zu Boden. Er merkte, daß er sich Juri gegenüber anfangs nicht gerade nett verhalten hatte. "Ich denke schon," sagte er dann. "Juri?" Kimba schaute fragend zu Juri hoch. "Ich denke auch." Juri sah Mbangi an. "Frieden?" Er streckte seine Hand nach Mbangi. Mbangi: "Frieden." Er nahm Juris Hand und der Streit der beiden war aufs nächste beigelegt. Mbangi willigte daraufhin ein, dem Flüchtlingstrek zu helfen und ihnen einen sichereren Ort zu zeigen. Gleich am Nachmittag wollte er Juri zu jenem Ort führen, der gut gegen die Piraten und andere Angreifer zu verteidigen war. "Na, also: Ende gut - alles gut," freute sich Kimba und sah den beiden zu, wie sie nach Hause gingen. "So, ich glaub, den Nachmittag heute nehme ich mir frei, vorerst langts mir mit dem Herumrennen." Dann machte er sich auf zur Farm. "Vorsichtig mit den schweren Stämmen!" mahnte Daniel eine Gruppe von Tieren, die gerade dabei waren, das Grundgerüst für die Farm zu legen. "Ohne die ganz großen Tiere ist das ein schwieriges Unterfangen das Farmhaus wieder aufzubauen." meinte er noch halb zu sich selbst. "Ah, hallo Daniel. Wie ich sehe, seid ihr schon beim Aufbau des Hauses. Das scheint ja gut voranzugehen!" stellte Kimba erfreut fest. "Tja, leider sieht es besser aus als es ist. Die Felder sind größtenteils noch nicht fertig für die Aussaat und sogar die Aussaat selbst müssen wir uns erst noch im Dschungel zusammensuchen. Wir könnten gut und gerne noch eine ganze Menge helfender Hände gebrauchen... " urteilte der alte Affe mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. Die Planung des Neuaufbaus schien ihm doch noch etliche Sorgen zu bereiten. "Allerdings habe ich auch eine gute Nachricht: Der Dschungel ist voll von Saatgut und Nahrung. Das ist mir vor der großen Veränderung gar nicht so aufgefallen.... komisch. - Naja, hungern werden wir dieses Jahr zumindest nicht." fügte er dann noch hinzu. "Vielleicht wird ja doch noch alles gut," ermunterte Kimba ihn. "Wir müssen es halt nur versuchen." Dem Subco huschte ein kleines Lächeln über sein sonst so ernstes Gesicht "Wie recht er doch hat..." meinte er zu dem Zentralcomputer. "Bedenke, er und seine Freunde haben noch nicht mal die Hälfte ihrer nächsten Nachbarn kennengelernt - von den vielen dunklen Geheimnissen, die diese Welt bietet mal ganz abgesehen," warf dieser daraufhin ein. "Ich empfehle eine ständige Überwachung der Ereignisse und eine Sicherung des Zielobjekts mittels Tiefenscan." fügte er sogleich hinzu. "Das ist bereits veranlaßt. Dieses Projekt ist zu wichtig, als das ich hier irgendein Risiko eingehen würde," erklärte der Subco. "Wieviel Zeit hast du errechnet?" "Dieses Projekt wird etwa ein Jahr und drei Monate laufen müssen, bis es den gewünschten Erfolg bringt." "Ein Jahr und drei Monate... ," der Subco verschwand gedanklich tief in der Zukunft, "... dann endlich ist die Zeit der völligen Offenbarung gekommen, Kimba. Ich hoffe du nimmst dein Schicksal an und vergibst mir, was ich tat. Doch es mußte geschehen - zum Wohle des Imperiums." Der Subco schaltete die Omega-Leitung zum Schiff des Zentralcomputers auf Standby. Auf dem Blauen Planeten schien ja alles glatt zu laufen. Aber der Rim Sektor machte ihm sorgen. Zwar war der Sieg recht sicher, aber wenn das Imperium diese Schlacht verlieren sollte, wäre sein Projekt auf der Erde sicherlich zwecklos. Dann lehnte er sich zurück und ließ seinen Blick über die Amatouren seines Transporters schweifen. Das gelbe Blinklicht auf dem Monitor über ihm verriet ihm, das die Omega-Leitung auf "aktiv" stand. "Hm? Wieso das denn? Hatte ich die eben nicht ausgemacht?" fragte er sich. ------------------------------------------- Nächster Teil: Kimba 02 - Neue Freunde Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)