Useless Pride von Vandra ================================================================================ Kapitel 30: Wie der Dämon so spielt... - Teil 1 ----------------------------------------------- Wie der Dämon so spielt… Etwas verwundert drehte er die längliche, beinahe fleischfarbene, gurkenförmige Frucht in der Hand hin und her. Bei der ersten Begegnung mit diesem Ding war er rot angelaufen und hatte Astaroth entgeistert angestarrt, bis der erste Bissen dann doch gezwungenermaßen in seinem Mund gelandet war. Schnell schüttelte er seinen Kopf, um die Gedanken an das, was er dabei gedacht hatte, wieder zu verbannen. Nicht jetzt und nicht schon wieder. Seine Augen fanden gleich wieder die Frucht in seiner Hand, die nur unschuldig nach Erdbeeren und Äpfeln schmeckte, manchmal zu süß für seinen Gaumen, aber nicht nach dem, was ein Teil seines Gehirns vermutet hätte. Zu seinem Erstaunen war das wirklich alles, was er dabei fühlte. Keine merkwürdigen Wallungen, keine Ohnmacht, kein gar nichts. Während er so in Gedanken versunken war, nahm er noch einen Biss von der Frucht und stillte so seinen Hunger endgültig. Endlich war er wieder satt. Zufrieden seufzte er und fing an sich wieder umzuschauen, bis sein Blick wieder bei den Händen hängen blieb, die er schon die ganze Zeit fühlte. Langsam wanderten diese beständig über seine Oberschenkel, brachen nie den Kontakt mit der Haut und hinterließen jedes Mal ein leichtes Kribbeln. Keinen einzigen Augenblick verließen diese allzu bekannten Finger seine Beine, streichelten sanft, zeigten dann aber wieder plötzlich die Krallen und bescherten ihm einen Schauer von Gefühlen, ein Schaudern, das sich durch seinen ganzen Körper wälzte. Caym seufzte und schaute den neben sich liegenden Verursacher der widersprüchlichen und doch so sinnigen Momente an, dessen Blick nur hin und wieder auf ihn gerichtet war, der die meiste Zeit aber nur nachdenklich die Decke musterte. Er seufzte. Wieso bekam er so wenig Aufmerksamkeit, nur die Art von Aufmerksamkeit? „Was…was…“ Die Worte, die er suchte, fehlten ihm gerade, aber er wusste was er wollte - vielleicht. „Ich…ich bin kein Kuscheltier, verdammt“, begann er bemüht zu meckern und schwang die noch halb vorhandene Frucht in der Luft hin und her, „ und irgendetwas stimmt doch nicht. Du ignorierst mich, dabei bist du normalerweise nie und nimmer so, so ‘harmlos‘ und starrst Löcher in die Decke…Nicht, dass du das jetzt missverstehst“ Das letzte fügte er noch rasch aus Vorsicht an, weil es ihm richtig und passend erschien. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass er garantiert missverstanden werden würde, es in einem kleinen Winkel seines Gehirns sogar wollte, denn da war noch das ungelöste Problem… Langsam fing er an rot zu werden. Wieso war sein Dämon gerade jetzt so merkwürdig, lenkte ihn ab und zwang seine Gedanken in diese Richtung, von der sie wieder zurückprallten und ungewollt wieder Sorgen mit hervorbrachten. Die Ängste vor dem unbekannten, noch bevorstehenden Ritual kamen wieder an die Oberfläche, fingen an seinen Verstand zu beherrschen und die Nervosität in den Vordergrund zu rücken. Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, fing an ihn zu quälen und mit dem immer kräftiger werdenden Pochen nahe an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Was er im Moment denken sollte, wusste er nicht. Er suchte einen Ausweg, einen anderen Gedanken, doch jedes Mal rebellierte sein Magen wieder und bescherte ihm dieses eigenartige Gefühl wieder. Was er im Moment spürte, war ihm ein Rätsel – war es Angst oder doch eher eine Art Nervosität, Vorfreude? Kurz schwenkte sein Blick auf der Suche nach Ablenkung zu Aki, der voller Genuss auf einer Art Melone kaute und wild mit dem Schwanz wedelte, bevor seine Augen wieder wie magisch von Astaroth angezogen wurde, der ihn mit diesem gierigen Lächeln musterte, das Caym nur zu gut kannte. Sein Dämon fuhr sich betont langsam mit der Zunge über die Lippen, setzte sich ohne Mühe auf. Im nächsten Moment fühlte er schon schwach den Atem seines Partners auf seinem Hals, die Hände immer näher an seiner empfindlichsten Stelle und das bessere der beiden Gefühle rasant die Oberhand gewinnen. Sein Atem ging schneller, sein Magen war ganz vergessen. Caym verdrehte kurz die Augen, ließ das Grinsen nur kurz in seinem Gesicht zu und maulte dann mit ein wenig Erregung in der Stimme: „Nein…nicht jetzt, nicht schon wieder. Ich…“ Die Finger trieben seinen Verstand schneller und schneller in den Schlaf, verführten ihn dazu sich vollends hinzugeben und die Probleme zu vergessen. Längst hatte er es aufgegeben sich etwas vorzumachen und Ausreden für alles zu suchen. Er wollte es, genoss allein das Gefühl, wie sein Herz in freudiger Erwartung pochte und wie sein Dämon ihn berührte. Langsam streckte er seine Hände aus, um den ersten Kuss zu ergattern. Es war einfach perfekt - bis Aki mit einem lauten Knurren die Stille zerriss, die Zähne fletschte und immer wieder den Kiefer mit einem lauten Knacken öffnete. Der aufgeplusterte Schwanz peitschte wild durch die Luft. „Was ist…?“ Caym schaute verwirrt, wollte noch mehr fragen, doch schon im nächsten Moment riss er die Augen halb panisch auf und fing an zu fluchen, während er jetzt zusätzlich ein Knurren neben sich hörte. „DU? Du verdammter…was verdammt…“ Die Frucht fiel auf das Bett und blieb dort unbeachtet liegen. Unbewusst lehnte er sich zurück, starrte auf das, was er als letztes hier sehen wollte. Trotz aller Drohungen dachte er nicht daran still zu sein, wenn dieser Trottel sich hier befand und sowieso gleich wieder anfangen würde sie zu beleidigen. Wieso gerade dieser Idiot? Sitri wirkte gleichzeitig amüsiert und interessiert, schien abzuwägen was mehr Bedeutung bekommen sollte, bevor sich seine Miene in Sekunden wieder versteinerte und er die Arme vor der Brust verschränkte. „Die Zeremonie ist vorbereitet, eure Anwesenheit jetzt sofort Pflicht. Kein Aufschub wird gewährt, besonders da ihr eure Zeit lieber mit diesem süßlichen, widerlichen Sex verschwendet habt“, klang die Stimme kühl, in den letzten Worten bemüht Ekel ausdrückend. Alles wirkte dabei merkwürdig unglaubhaft und gezwungen. Caym schüttelte den Kopf und sah noch kurz den wütenden Blick in Astaroths Gesicht, der wohl kurz davor war, etwas zu sagen. „Idiot. Trottel“, rutschte es ihm schnell und nicht ganz unbeabsichtigt heraus, bevor sein Dämon etwas sagen konnte. Ruhe von und vor diesem Quälgeist war alles was er wollte. „Du bist sicher nur neidisch auf den Sex, den ich genießen kann…habe…also…oder so… Und süßlich ist…nein…nicht…argh…ich glaube ich muss es nicht sagen“ So beherrscht wie möglich hatte er seine Stimme nur ein wenig lauter werden lassen, um dann aber über seine eigenen Worte zu stolpern. Wieso musste er inzwischen andauernd zugeben, dass es ihm gefiel? Astaroth hatte ihn angesteckt mit dieser merkwürdigen Art von Ehrlichkeit. Sitri schaute ihn weiter mit versteinerter Miene an, schien gänzlich unbeeindruckt und zog nur einen Mundwinkel leicht angewidert hoch. Er flatterte aufgeregt mit den Flügeln und bohrte mit seinem Blick Löcher in was auch immer, während er näher auf sie zukam. „Raus hier“, unterbrach die emotionslose Stimme seines Dämons endlich jeden weiteren Gedanken und lenkte all die Aufmerksamkeit in dem Raum auf sich, stoppte den Trottel auf der Stelle. „Ich will nichts mehr hören und wenn du noch einmal ungefragt in diese - jetzt meine - Räume eindringst, dann schützt dich nichts und niemand mehr. Wir kommen, wenn wir fertig sind. RAUS!“, herrschte Astaroth Sitri voller Selbstbewusstsein an, nachdem er sich aufgerichtet hatte und flüsterte noch kaum hörbar „Idiot“ hinterher. Wie getroffen von der Gewalt die in der Stimme lag, wich der Trottel zurück, fasste sich dann aber offenbar wieder und begann schon seinen Mund zu öffnen, nur um mit einer letzten Ermahnung zu verschwinden: „Tz. Ich gebe euch drei Minuten und der Wolf“, dabei zeigte er auf Aki und rümpfte die Nase theatralisch, „bleibt hier, oder ich werde ihn vierteilen lassen. Deine Leute werden ihn zu gegebener Zeit mitbringen.“ Damit war er schon aus dem Blickfeld. „Ich hasse ihn“, maulte Caym, stand dann auf, um seine Sachen zusammenzusuchen und sich anzuziehen. Er streichelte noch kurz Aki und schaute ihn mit einem Seufzer an. „Du musst hier bleiben, Aki. Brav sein“, flüsterte er ihm zu, bevor er sich seinen Schuhen zuwandte. „Wie kann man ihn nicht hassen?“ Die Stimme so nah erschreckte ihn, und beruhigte ihn gleichzeitig im selben Maße. Es war fast unheimlich wie sehr er die Sicherheit genoss, die sein Dämon ihm schenkte. Als er sich endlich wieder fasste und umdrehte, war Astaroth schon wieder gänzlich bekleidet. Kopfschüttelnd fragte er sich wieder einmal, wie dieser so schnell sein konnte – und ausdauernd, und noch dazu noch so unglaublich anzieh… Schnell stoppte er seine Gedanken, drehte sich um und wollte schon zur Tür gehen, während er sich noch schnell das Hemd anzog. Seine Beine hatten den ersten Schritt bereits getan, doch ein Griff auf seinem Arm hielt ihn abrupt zurück, zog ihn zu dem Dämon, bei dem er sich so wohl fühlte. „Ich brauche dich mein Kleiner und du gehörst zu mir. Verlass mich auf keinen Fall – ich li…“, hörte er das immer leiser werdende Flüstern in seinem Ohr, das am Schluss nur noch ein Windhauch war, der die letzten Worte verschluckte. Dabei streichelten die starken Hände über seine Wange, bevor er ohne jede Vorwarnung wieder frei war und im nächsten Moment in Richtung Tür gestoßen wurde. Wütend drehte er sich um, klopfte gegen Astaroths Brust und packte ihn am Hemd, versuchte sich zu ihm zu ziehen. „Was soll…“, begann er, bevor ihn ein quietschendes Geräusch unterbrach, das sein Herz fast aus der Brust jagte. Vor lauter Schreck war er Astaroth in die Arme gesprungen, ihm so nah, dass er sich einbildete, den Herzschlag hören zu können. „Die drei Minuten sind…“, hörte er Sitri sagen, der schon wieder im Zimmer stand. „DUU…Du…du Idiot, Trottel, Spanner…DUUU…DU Idiot! Ich hasse dich! Raus hier, Raus, Raus, Raus!“, schrie er wütend, schnaufte und fuchtelte mit seinen Armen wild herum, nachdem er sich umgedreht hatte. „Das waren sicher noch keine drei Minuten, du…du…du…“ Wieso musste dieser Trottel auch jedes Mal im ungünstigsten Moment kommen und seine Dummheit nur weiter unter Beweis stellen? Wütend ballte er seine Hände zu Fäusten, wollte noch weiter schreien und seinen Emotionen freien Lauf lassen, bis sich ein Arm um seine Hüfte schlang und warme Finger sich auf seinen Mund legten. Obwohl er weiter machen wollte, lehnte er sich zurück und fühlte wie sich seine Aufregung legte. „Schhh mein Kleiner. Gehen wir…“, flüsterte ihm sein Dämon wieder zu, leckte dann voller Genuss langsam mit seiner Zunge den Hals entlang und brachte damit all sein Blut dazu wieder auf Wanderschaft zu gehen. Seine Emotionen fingen an sich in die falsche richtige Richtung zu bewegen und er fühlte, wie er rot anlief – zumindest innerlich. Doch Astaroth genügte das offenbar nicht, denn er starrte Sitri triumphierend an, der schäumte und den Eindruck machte, als ob er kurz vor einem schmerzhaften Ausbruch stand. „Ich will nichts hören. Gehen wir“, ein kurzes Lächeln erschien auf dem Gesicht seines Dämons bei dieser Bemerkung, nur um gleich darauf wieder zu erstarren. Niemand hatte eine Möglichkeit zu Wort zu kommen, als sein Astaroth seine Macht so deutlich demonstrierte. Ohne irgendwelche Einwände stupste er Caym vor sich her aus dem Raum und auf den Pfad zum Thronsaal, wie er annahm. Auf dem Weg schwiegen alle beharrlich. Sein Herz pochte mit jedem Meter, mit jedem Schritt den er dem Saal näher kam, immer stärker vor Aufregung und Anspannung. Die Stimmung um ihn herum war angespannt, kalt und kurz vor dem Gefrierpunkt. Einzig Sitris Flügel störten immer wieder die Stille, wenn sie wild hin und her flatterten und die Leuchtfäden in ihrer Einheit zum Schwingen brachten und damit auch das ganze Licht. Dabei tauchte dieser merkwürdige Wechsel alles in eine noch merkwürdigere Atmosphäre und das einzige, was ihn noch halbwegs beruhigte bei dem ganzen Wahnsinn, war Astaroths Hand auf seinem Körper, die nie den Kontakt brach. Ohne diese kleine große Hilfe wäre seine Nervosität sicher schon unterträglich gewesen. Inzwischen wurde es aber mit jedem Schritt beständig schwerer, sich zusammenzureißen: Sein Magen rebellierte schon jetzt gegen die Aussicht sich wieder einer Tortur auszusetzen, während die Luft immer weniger wurde, weil sich ein Knoten in seinem Hals versteckt hatte. Er wollte nicht, hasste das Schweigen, das seine ganze Aufmerksamkeit auf das drohende Vielleicht-Unheil lenkte. Wie immer biss er die Zähne zusammen und ging scheinbar unbeeindruckt den Weg weiter, während sein Herz lauter und lauter pochte und er sich langsam so fühlte, als ob er sich bald übergeben müsste. „Du solltest erst wieder etwas sagen, wenn der Satan dich fragt, Mensch“, riss ihn Sitri aus seiner Nervosität und seinen nicht vorhandenen wirren Gedanken. „Folgt beide wortlos den Anweisungen seiner Majestät. Sie ist im Moment gereizt und ihr würdet euer Unheil beschwören, wenn ihr ihr widersprecht.“, gab er ihnen wohl einen guten Ratschlag, war fast zu freundlich, nur um dann wieder voll und ganz arrogant zu werden: „Und wenn ihr mich noch einmal beleidigt, dann werde ich dafür sorgen, dass ihr nicht lange genug lebt um das zu genießen“. Die Drohung hallte durch den Gang, in dem sie bereits vor der Tür zum unliebsamen Ziel standen, die sich genau in dem Moment öffnete, als Caym sie ansah. „Geht“, befahl Sitri noch halb mit ernster Miene, die sich auflöste und mit einem Seufzer der Erleichterung wich, er sich umdrehte und rasch davon eilte. Er verschwand so schnell um die Ecke, dass man fast glauben konnte, er wollte den Raum im Moment meiden. Caym blieb verdattert und wie angewurzelt stehen, starrte auf den immer größer werdenden Spalt. Sein ganzer Körper schrie danach zurückzuweichen vor der Gefahr, warnte ihn, doch sein Verstand befahl ihm sich zu stellen, keine Furcht zu zeigen. Mit aller Kraft rang er dem Boden einen Schritt ab, ballte seine Hände zu Fäusten und atmete immer schwerer. Die Entfernungen schienen unendlich und dabei doch viel zu kurz, jeder Zentimeter eine Qual. Kurz noch gönnte er sich eine Rast vor der Tür, die das letzte Stück Weg bei ihrer Öffnung zurücklegte und schaute zur Vorsicht in den Saal, der in vollem Licht erstrahlte. Noch bevor er viel erkennen konnte, stolperte er auch schon dank eines kurzen Stoßes auf seinen Rücken in den Raum, in dem die Satanin mit auf den Seiten aufgestützten Armen wartete und sichtlich gereizt wirkte. Ihre Augen glühten förmlich rot. Vor ihr befand sich ein Kreis aus schwarzen Messerklingen ohne jeden Griff, tief in dem Marmor des Bodens gerammt. Es wirkte unheimlich Stahl so tief in Stein vergraben zu sehen, der so gänzlich unbeschadet davon war. Symmetrisch angeordnet befanden sich in dem großen Gebilde zwei von je einem Dolch durchbohrte Eier. Die Waffen waren so weit versenkt, dass sie nur an ihren Griffen erkennbar waren. Es wirkte unheimlich, Angst einflössend und so verkehrt. „Es ist soweit. Ich habe das Ritual vorbereitet. Tretet in den Kreis – jeder zu einem der markierten Punkte“, dabei zeigte sie mit dem Dolch in ihrer Hand auf die Eier, „umfasst die Griffe und zieht sie dann auf meinem Befehl hin heraus.“ Als sie nicht sofort handelten, schnaufte sie wütend und rammte ihre Waffe kurz in den Thron, der erzitterte. „Jetzt, oder die Abmachung ist dahin“, setzte sie mit einem Donnern in der Stimme nach und breitete ihre Flügel gefährlich flatternd aus. Caym bewegte sich wie von selbst auf den Kreis zu. Es war besser das hier schnell hinter sich zu bringen, als lange zu warten. Rasch schaute er noch zu Astaroth, der die Satanin mit Wut und nichts sonst bedachte. „Ich will keine Widerrede hören, ich will nichts hören von euch bis das Ritual vorbei ist, sonst werde ich euch ächten, töten, quälen…“, drohte sie, was nach einem Knurren von Astaroth zu urteilen wohl den gewünschten Effekt zeigte. Sein Dämon stieg mit deutlich in seinem Gesicht erkennbaren Unwillen über die Messer und platzierte sich vor dem anderen Ei. Jetzt schaute Caym sich die merkwürdigen weißen „Markierungen“ genauer an. Das runde Ding schien zu pochen, bewegte sich auf und ab, während das Messer immer wieder hoch und hinunter wanderte. Der Griff lud mit seiner blutroten Farbe und den dornenartigen grünen Mustern auch nicht gerade dazu ein, ihn anzufassen. Schwer atmend und mit einem Gefühl, als ob ihm Luft fehlte, schaute er auf und starrte die Satanin ungläubig an. Er hoffte noch immer, verschont zu bleiben von dem hier. „JETZT!“, donnerte ihre Stimme durch die ganze Halle und ließ ihn in halber Panik zurückspringen. Keine Wahl - es weiter hinauszuzögern machte es nicht besser. Er atmete tief ein, schloss kurz seine Augen und ergriff den Dolch schnell, wartete gespannt und ängstlich auf das was kommen würde. Doch nichts passierte. Erleichtert seufzte er und öffnete die Augen, wollte den angehaltenen Atem hinaus lassen, als er plötzlich zuckte. Die Schmerzen, die sich durch seinen Körper jagten, schienen wie aus dem Nichts zu kommen. Viel zu schnell wanderten sie seine Hanfläche entlang, wanderten weiter und ließen ihn panisch nach unten blicken. Es war, als ob tausende Nadeln gleichzeitig auf seine empfindliche Haut einstachen, tausend Nerven gleichzeitig quälten. Ranken erschienen, wickelten sich in Windeseile um seine Hand, nur um im nächsten Moment Dornen in die empfindlichsten Stellen zu bohren und dort hängen zu bleiben. Alles brannte höllisch, jede Stelle an der die grüne Monstrosität ihn berührte, trieb ihm fast die Tränen in die Augen. Erschreckt wollte er loslassen, ohne es zu können, versuchte an den Ranken zu ziehen, die sich bei jedem Versuch nur noch enger um ihn wickelten, sich tiefer und tiefer bohrten. Das Messer klebte förmlich an seiner Hand, bewegte sich keinen Millimeter, während die grüne Pest sich immer schneller um seine Gliedmaßen wickelte und dann anfing sich noch tiefer in seiner Haut zu vergraben und sich dort langsam zu bewegen. Es juckte und pochte als ob sich etwas seinen Weg mit Säure bahnte, brannte höllisch. Mit weit aufgerissenen Augen und einem stummen Schrei auf den Lippen versuchte er mit den noch wenigen freien Fingern die Schmerzen zu vertreiben, seine Hand zu erreichen, nur um jetzt endgültig alle Bewegungsfreiheit einzubüßen: Als das Messer das Ei verließ schossen mit einem lauten Knall unzählige Ranken hoch, giftgrün wie die Dornen. Wie die Pest, die sie waren, wanden sie sich um seinen ganzen Körper, ließen keinen einzigen Teil außer seinem Gesicht, keinen anderen Zentimeter Haut unbedeckt. Jede Möglichkeit sich zu wehren wurde ihm genommen, während diese Quälgeister sich riesigen Mücken gleich in seine Haut wühlten, zustachen und ihn zittern ließen. Schmerzen durchzuckten jede Stelle, pflanzten sich fort und vermehrten sich in rasender Geschwindigkeit, gleicht den Ranken, die immer mehr wurden. Jedes Mal, wenn er schrie, hallte nichts in seinen Ohren wieder, während er sich fast übergab vor Anstrengung. Unter seiner Haut pochten die Ranken wie etwas Lebendiges, suchten sich ihren Weg weiter durch sein Innerstes und trieben ihm unzählige Tränen in die Augen. Wie ein Irrer versuchte er wieder zu schreien, öffnete seinen Mund ständig, während sich jeder Ton verweigerte. Die Luft flimmerte jetzt auch noch wie von Feuer erhitzt vor seinen Augen und versperrte ihm so jede Sicht auf Astaroth - seinen Dämon, den er sehen wollte. Eine Qual, nichts als eine Qual. Es war alles nur noch ein Brennen, Schmerzen überall. Mit aller Kraft versuchte er sich aus der festen Umklammerung zu winden, sich zu befreien, auch wenn jede Bewegung die Wunden nur noch mehr brennen ließ und Fleischstücke davon riss. Alles besser als weiter dieser Agonie ausgesetzt zu sein, weiter zu leiden. Er wollte nur dem Pochen unter seiner Haut und dem Gefühl entfliehen, das ihn mit jeder Sekunde mehr in den Wahnsinn trieb. Doch die grausamen Ranken drückten nur immer stärker zu, bohrten sich weiter in seine empfindliche Oberfläche und verwandelten jeden Zentimeter seines Körpers in einen einzigen lodernden Herd - ziehend, reißend. Wieder durchzuckte ein Gefühl wie tausend stechende Nadeln ihn, drang langsam in seine Muskeln ein und erfasste sein Herz, so dass er seine Augen vor Schreck aufriss. Er fühlte sich, als ob er sterben müsste, fühlte eine unbekannte Panik in ihm aufsteigen, bemerkte wie er immer kurz vor der Ohnmacht war. Aber nur beinahe. Gefangen in dieser Hölle, dieser echten Hölle wurde er gehalten in einem Zustand, den er nie für möglich gehalten hatte. Er schrie und schrie wieder und wieder, fühlte wie die Tränen heiß und kalt seine Wangen hinab liefen, selbst diese kleine Berührung seine Haut dazu brachte sich wie lebendiges Feuer anzufühlen, und sein Magen dabei rebellierte, sich drehte und er immer wieder würgen musste. Mit Mühe behielt er noch den Inhalt bei sich, schluckte das hinunter, was sich nach oben gekämpft hatte, was sich mit dem Geschmack von Eisen mischte. Blut? Es war grausam, ekelhaft und sein einziger Gedanke war nur noch, dass es aufhörte. Selbst wenn er dafür betteln musste, war es ihm recht. Es sollte nur aufhören. Seine Augen drehten sich nach oben, sein Hals glich einem Knoten und brannte wie Feuer, brannte, als hätte man ihm Säure zu trinken gegeben. „Du hast Glück – das Nar-Gach erleichtert das Ritual ungemein. Es bindet dich schon an Astaroth, hat dein Leben mit dem seinen verknüpft, ohne das er es gewusst hat. Die Schmerzen halten sich so in Grenzen.“ Die verzerrte Stimme der Satanin klang wie purer Hohn in seinen Ohren. Wieder zuckte er zusammen, gequält bis zum Äußersten und jeder Erleichterung beraubt. Er wollte um Gnade flehen, darum, dass das Pochen endlich aufhörte, doch er hatte keine Möglichkeit dazu. Kein einziger Ton kam über seine Lippen, obwohl er sie so oft öffnete und seine Pein mit der letzten Kraft, die ihm blieb, hinaus schrie. Langsam mussten die Tränen schon auf den Boden fallen, sein ganzer Kopf kurz davor zu platzen, während er sich anfühlte, als ob er zwischen Hammer und Amboss gefangen war. Er wollte Astaroth sehen, wollte ihn sehen, bevor er nicht mehr konnte und ihn die Schmerzen umbrachten, er sicher starb. Sicher kam der Tod bald. Doch die Luft flimmerte weiterhin, während er seine Augen nur noch mit Mühe offen halten konnte. Von der Anstrengung zitterte er, wand sich immer wieder, während sich rot langsam in sein Blickfeld schlich und immer mehr davon einnahm. Verzweifelt versuchte er den Kopf zu schütteln, wenigstens seine Sicht zu behalten, was die Ranken zu verhindern wussten. Sie bohrten sich unerbittlich in seinen Hals, in seinen Mund und stacheln wie unmengen an Nadeln gleichzeitig auf ihn ein, während sein Blickfeld purem Rot wich, das alles beherrschte und das einzig existierende neben dem unerträglichen Schmerz wurde. Innerlich schrie er verzweifelt auf, wollte nur noch, dass es endlich endete. Sein Herz begann sich zu verkrampfen, fühlte sich an, als ob es durchbohrt und zusammengedrückt wurde, sein Brustkorb gleichzeitig von einem uendlichen Gewicht belastet war. Sein Atem wurde schwächer, jedes Quäntchen Luft musste er mit größter Mühe einsaugen und die Angst mit jedem Moment nur noch stärker. Sein Tod war ihm sicher und schon so nah. Tränen rannen ohne Unterlass seine sinnlos gewordenen Augen hinab. Nur noch ein letztes Mal wollte er Astaroth sehen, seine Berührungen spüren. In letzter Verzweiflung versuchte er noch seine Hand auszustrecken… Astaroth starrte fassungslos auf seinen Kleinen, der sich vor Schmerzen wand und den von Ranken halb durchbohrten Mund in einem stummen Schrei geöffnet hatte. Es war unglaublich, der Anblick eine einzige Qual für ihn, die seine Wut durch seinen ganzen Körper pumpte, seine Augen bluten ließ. Seine Flügel schossen mit voller Wucht aus der Haut, brachen sie ohne jedes Geräusch und flatterten wild hin und her, bevor die Ranken sich um sie schlangen, sich in sie bohrten und festhielten wie alles andere auch. Schmerzen sollten sie ihm bereiten, doch nichts war mit dem vergleichbar was sich vor seinen Augen abspielte, was ihn bis ins tiefste Mark erschütterte und seinen ganzen Körper stärker vor Wut und Tatendrang pulsieren ließ, als jedes andere Ereignis es je gekonnt hatte. Alles worauf sein weniger Verstand jetzt noch gerichtet war, was ihn zusammenhielt, war sein Mensch, sein Caym. Das Rot, gedacht als Erlösung, half ihm diesmal nicht. Wild schlug er um sich, nahm dabei Verletzungen ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf, ohne sich jedoch befreien zu können. Seine Wutschreie verhallten ungehört in der Luft, in diesem widerlichen Ritual, für das der Satan büßen musste und würde. Seinen Menschen durfte niemand quälen, niemand ihm etwas antun, niemand ihn berühren. Er fletschte seine Zähne in Wut, stellte sich vor, wie er den Satan in der Luft zerreißen würde. Doch etwas war im Moment wichtiger, nahm seinen ganzen Verstand, seine ganze Wut sofort wieder für sich in Anspruch. Bedeutender als alles andere war, seinen Kleinen in die Arme zu schließen, die Ranken von ihm zu reißen und ihn von den Schmerzen zu befreien und sicher zu gehen, dass er lebte. Mit Wucht riss er an den Ranken, die kurz nachgaben, nur um sich dann wieder mit voller Kraft um seinen Körper zu winden, noch stärker zuzudrücken und sich tiefer in ihn zu bohren. Sein Blick streifte kurz die beiden Kreise, die sich um ihn und Caym ausgebreitet hatten – rot der seine, grün der seines Menschen, verbunden durch Ranken, die auf dem Boden liegend und pochend einen Spalt bildeten. Langsam fingen die Farben an ineinanderzulaufen, während sein Kleiner anfing wild zu zucken. Er musste zu ihm. Jetzt. Nichts würde ihn aufhalten. Er schrie auf, biss mit seinen Zähnen in die widerlichen Ketten und fühlte das Feuer, das sich auf seinem Mund ausbreitete, ihn verbrannte wie Säure und tiefer bohrte. Es war egal, alles war egal. Sein Kleiner atmete mit jeder Sekunde hektischer, zuckte immer wieder zusammen und würgte, bis er sich übergab. Die wunderschönen Augen waren aller Farbe beraubt, nur noch Rot in Rot, während Tränen aus Blut die Wangen hinab rannen. Er musste zu ihm. Schmerzen waren ohne Bedeutung, existieren nicht. Er biss kräftiger zu, riss mit seinem Mund wieder und wieder an den Ranken, deren Inhalt sich einen Weg in seiner Kehle ätzte. Doch seine Bemühungen waren vergeblich. Für jede zerstörte Kette schossen zwei neue aus dem Grund, stachen in seine Haut und fingen an ihn zu lähmen. Immer schwieriger wurde es, Gegenwehr zu leisten, immer anstrengender all seine Kraft aufzubringen. Aber so würde er sicher nicht untergehen. Er knurrte und wollte alles was er hatte auf einmal aufbieten, selbst wenn es ihn zu viel kostete – nur um von einem lauten, ohrenbetäubenden Knall gestoppt zu werden. Bar jeder Stütze fiel er geschwächt und ohne Halt auf die Knie, auf den violetten Boden, der sich unter ihm ausbreitete. Alle Ranken schwebten kurz in der Luft nachdem sie sich von seiner Haut gelöst hatten und dabei Stücke von Fleisch mitgezogen hatten. Blut quoll aus unzähligen Stellen, die schneller als sonst zu heilen anfingen, seinen Schmerz aber nicht zu vermindern vermochte. Mit einem lauten hohen Klingen platzten die Ketten und verstreuten ihre Farbe auf dem Boden, während der Dolch aus seiner Hand glitt und aufprallte. Nur kurz starrte er darauf, überlegte nicht lange, sondern richtete sich auf und raste mit pochenden Herzen zu seinem Kleinen, der wie tot in Reichweite lag und das Messer noch mit der steifen Hand umfasst hielt. Er sah viel zu blass aus, viel zu blass, beinahe tot. Der Schrei, der sich ihm bei diesem Anblick seiner Kehle entrang, dröhnte durch den ganzen Saal, hallte wider und wieder und war doch nicht genug, um seine ganze Verzweiflung auch nur ansatzweise auszudrücken. Sein Kleiner blutete aus dutzenden Wunden, die Augen rot und starr, der Körper kalt und tot. Wieder und wieder hallte sein Schrei durch die Halle, ließ die Wände erzittern und sollte von der ganzen Welt gehört werden. Das konnte nicht passieren, konnte nicht sein. Sobald er da war, dort wo er hingehörte, schlang er seine Arme um den kleinen Oberkörper, drückte Caym an sich, schüttelte ihn mit voller Verzweiflung, bohrte seine Krallen in die Haut, nur um irgendeine Reaktion zu erhalten. Doch es kam nichts. Das Blut quoll langsam aus den Wunden, der Körper weiterhin kalt und starr. Panisch krallte er seine Finger in den nassen, matten Haaren fest, strich durch sie mit einem Gefühl, als ob seine ganze Welt zerbrach. Nicht so, niemals so. Er beugte sich vor, roch an seinem Kleinen, ohne den Geruch wahrzunehmen. Nicht so, niemals so. So konnte er ihn nicht verlieren, niemals. Sein ganzer Körper verkrampfte sich, seine Finger juckten und alles zerbrach mit einem Mal. Die Welt sollte dafür büßen, sollte untergehen, dafür, dass sie ihm das Wichtigste genommen hatte. Blut, er wollte alles nur noch in Rot getaucht sehen. Für jeden Tropfen sollten Gallonen fließen, Meere entstehen. Langsam fing sein Verstand an zu weichen, der Wut Platz zu machen die mit jedem fehlendem Herzschlag seines Kleinen jetzt alles war, was noch zählte. Verzweifelt strich er über das Gesicht, den Mund, der trocken von der Qual war, trocken von dem Mangel an Leben. „Nein…Nein…“, flüsterte der letzte Rest seines Ichs, seines Verstandes noch, gab seinen letzten Gedanken noch eine Stimme, bevor sie endgültig verlöschen würden. „Ich brauche dich, ich liebe dich mein Kleiner…“ Der letzte Funke wehrte sich standhaft dagegen zu verlöschen, die Hoffnung aufzugeben, doch sein Kleiner war noch immer so kalt, so unglaublich kalt. Astaroth warf seinen Kopf in den Nacken, schrie seine ganze Verzweiflung heraus und knurrte dann nur noch laut, seine Zunge unfähig Sinnvolles hervorzubringen. Es war zu spät, alles verloren. Sein Blick blieb auf Satan hängen, dem Verursacher des Ganzen. Sie würde als erste leiden, sich vor Schmerzen winden bis ans Ende ihrer Tage. Langsam richtete er sich auf, knackte mit den Fingern und knurrte wütend, während sich eine Hand standhaft weigerte seinen Caym los zu lassen, der letzte Rest darauf beharrte nicht aufzugeben und weiter um das zu kämpfen, was er brauchte, was er liebte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)