Useless Pride von Vandra ================================================================================ Kapitel 28: Unerwartetes kommt selten allein… - Teil 1 ------------------------------------------------------ Unerwartetes kommt selten allein… Seine Augen folgten unter den kaum geöffneten Lidern dem einzig Interessanten hier, das wie immer seinen Blick auf sich lenkte. Caym zog sich die Kleidung an, die hier für ihn als einzige zu finden war – das schwarz-weiße Ensemble – und bewegte sich dabei wie immer verführerisch von einem Fuß auf den anderen bei dem Versuch die enge Hose über die Beine zu streifen. Dabei fluchte er leise ein wenig und murmelte Unverständliches, drehte sich immer mal wieder zu ihm um und brachte ihn mit diesem Anblick in Verführung. Astaroth unterdrückte den Impuls aufzustehen und seinen Kleinen zu umarmen, fest zu umschließen und wieder auf das Bett zu drücken, um die Flut der Gefühle zu genießen, die sein Lohn sein würden. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, um genauso schnell wieder zu verschwinden. Er wollte wissen, was sein Mensch vorhatte und genoss die entspannte Stimmung gerade viel zu sehr, obwohl er die Wärme neben sich schon vermisste. Die zarte Haut streicheln, das Beben unter sich spüren und die Mischung aus Widerspenstigkeit und Hingabe von seinem Geliebten zu fühlen war unglaublich verlockend. Seine Zunge strich einmal kurz über die Lippen, bevor er sie schnell wieder in ihre Heimat verbannte. Er war wirklich abhängig von seinem Kleinen, sein Körper genauso wie sein Geist – und er wollte das nie wieder ändern. Askavi streckte sich neben ihm und sprang jetzt vom Bett, tapste zu Caym und gurrte laut, als er um die Beine schlich, deren Berührung Astaroth vorbehalten sein sollte. Der kleine Wolf erntete für die Bemühungen ein leises und aufgeregtes „Pssst…“ von seinem Herrn, der sich dabei schnell umdrehte und verspannt auf ihn starrte, um sich wohl zu versichern, dass er noch schlief, während die kleinen Hände langsam durch Askavis Fell strichen. Mit einem Seufzen entspannte sich sein Kleiner und drehte sich um, schlich vorsichtig zur Tür und hinaus in den Gemeinschaftsraum. Sein unvorsichtiger Mensch, allein in diesem Zimmer, in das jeder Zugang hatte. Langsam tauchten Bilder von der letzten Begegnung mit Sitri wieder in seinen Gedanken auf, wie sein Caym wie immer widerspenstig gewesen war und nicht über die Konsequenzen nachgedacht hatte. Gefährlich. Schnell sprang Astaroth mit einem Satz vom Bett, zog sich die Kleidung hastig über, ohne auf den Sitz zu achten und ergriff sein blaues Schwert. Sein Atem ging immer gehetzter, doch nicht wegen der Anstrengung, sondern wegen der Sorge, die sich seiner bemächtigte, den Bildern eines blutenden Cayms, über dem ein lachender Sitri stand, die Hände rot gefärbt. Nur über seine Leiche. Er riss die Tür auf, ein leises Knurren auf den Lippen und hielt sein Schwert hoch erhoben, bereit zum Schlag – und blieb dann wie erstarrt stehen. Der Anblick, der sich ihm bot, war so ganz anders, als erwartet. Am Fenster, das nur von dem verschwommenen Weiß der Eiswüste erfüllt war, und an dessen Rand das Grün der Hölle unverkennbar von der baldigen Ankunft kündete, stand sein Kleiner wie gebannt und streckte seine Hand aus, legte sie auf die Scheibe und wanderte diese mit seinen Fingern beinahe ungläubig entlang. „Unglaublich“, konnte man die Stimme hören, in der Überraschung und Erstaunen sich mischten. „Stimmt“, kam die Antwort ungebeten von Ruhn, der in einer anderen Ecke stand. Astaroths Augen verengten sich. Wieso mussten sich immer Dämonen an seinen Kleinen heranschleichen, sich ohne seine Einwilligung einmischen? Mit einem wütenden Blick fixierte er Ruhn, doch dieser schien ihn gar nicht zu bemerken, blieb ungerührt stehen und machte zu dessen Glück keine Anstalten sich seinem Menschen zu nähern. Anstatt dessen lehnte sich der dritte im Raum gegen die Wand und starrte genauso beim Fenster hinaus, schüttelte den Kopf, während er weiter sprach: „Die Eiswüste…fasziniert wohl jeden. Ein unglaublicher und dabei so erschreckender Ort. Eine Welt voller Wasser, ohne dass auch nur ein Tropfen davon zugänglich wäre. Für uns Wasserdämonen ist das hier grausamer als die Hölle – die grünen todbringenden Ebenen, in denen sich der ach so große Herrscher Satan eingenistet hat und alle Dummen regiert.“ Man spürte die Abneigung des Wasserdämons bei jedem Wort und die unwillige Miene in dem Gesicht sprach wie immer Bände. Astaroth entspannte sich wieder und beobachtete weiter, was sich aus diesem Gespräch ergeben würde. Denn offenbar hatte Ruhn kein Interesse an Caym, was ihm wohl bekommen würde. „Ähm…wieso redest du eigentlich gerade mit mir?“, war das erste, was von seinem Kleinen zu hören war, bevor dieser sich umdrehte und den Kopf schüttelte. „Hö…Hölle? Das ist ein Scherz, oder? Ganz furchtbar heiß, überall gequälte Menschen…oder Dämonen eben…und Feuer überall vielleicht? Wieso grün? Und kann es sein, dass du diesen ‚Satan‘ nicht magst?“, wollte sein Mensch wissen, ließ eine Frage nach der anderen heraus schießen und achtete wie üblich gedankenverloren nicht mehr auf seine Umgebung. Von Ruhn war kurz ein lautes Lachen zu hören, bevor er anfing zu erklären und sich langsam Caym näherte: „Nein, in der Hölle ist es nur grün, elendig warm und gefährlich. Grün spricht immer von Gefahren, von dem, was man meiden sollte – das weiß jedes Kind…aber das wirst du schon noch sehen denke ich. Gequält werden dort sicher Dämonen, Menschen lassen sich in der Dämonenwelt eigentlich nicht finden…sterben auch zu schnell…aber eigentlich kommen nicht einmal viele Dämonen hierher – ein Glück. Und nein, ich halte gar nichts von Satan oder diesem System. Wir Wasserdämonen waren stark genug uns dem nicht zu unterwerfen, haben seinen Vormarsch gestoppt und jeden seiner Feldzüge gegen uns niedergeschlagen, alle seine Truppen, die gegen uns zogen, vernichtet.“ Ruhn zeigte wieder das Gesicht, dass Astaroth schon so lange kannte: Das des stolzen Wasserdämons, der das System genauso verachtete wie er selbst. Nur war er immer ein klein wenig zu Stolz auf etwas, was er nicht geleistet hatte, das Gesicht nur noch von dem zufriedenen Ausdruck beherrscht. „Aber dieser vermaledeite Satan konnte sich nicht damit abfinden und hat jeden Wasserdämon, der ihm in die Hände fiel hierher in die Eiswüste verbannt - zum Sterben. Umgeben von dem Element, dass wir brauchen, das vor Augen und doch unfähig es zu erreichen. Ich verachte die meisten Landdämonen – diese Meute hat ihn unterstützt und sich an der Qual der Wasserdämonen erfreut, daran gelabt und geweidet“, regte sich Ruhn auf, schüttelte sich wütend, „und nichts dagegen getan. Und bevor du fragst: Ich diene Astaroth, weil er vernünftig ist und Wasserdämonen als gleichwertig betrachtet, uns vertraut und einen Ort zum Leben gewährt hat – und mir die Herrschaft über die wichtigste Stadt übertragen hat. Er ist einer der wenigen vernünftigen…“ Die geballten Fäuste, die die ganze Zeit durch die Luft hin und her geschwungen waren, ließ der Wasserdämon jetzt fallen und bewegte sich weiter auf Caym zu. „Was er wohl so interessant an dir findet…ich möchte es wirklich wissen. Wie kann jemand so starker einem gewöhnlichen Menschen verfallen, der nicht einmal besonders reizvoll aussieht…“, fing er an, streckte seine Hand neugierig nach vorne, doch stoppte schnell, als er das Knurren hörte, dass sich Astaroths Kehle entrang. Mit ein paar Schritten war der Fürst bei seinem Kleinen, schlang seinen Arm in einer bestimmenden Bewegung um die verführerischen Hüften und zog ihn an sich, drückte ihn gegen seine Brust. Im nächsten Moment starrten ihn die grünen Augen verwirrt an, bevor ein Seufzen zu hören war und sein Mensch halbherzig versuchte sich aus dem Griff zu befreien. „Das geht dich nichts an, Ruhn…er gehört mir und das ist alles was du wissen musst. Du bist immer noch mein Untergebener. Schön, dass du ihm einiges erklärt hast – nur halte immer einen anständigen Abstand von ihm ein…“, knurrte Astaroth ihn jetzt an. „Ich gehöre dir ni…“, wollte sich sein Kleiner einmischen, verstummte dann jedoch und drückte sich erstaunlicherweise näher an seine Brust, zitterte dabei leicht. Das langgezogene „Duuuuu“, das folgte, wurde von einem Fingerzeig in Richtung der anderen Seite des Zimmers begleitet, aus deren Schatten jetzt Sitri trat. Entschlossen drückte Astaroth noch fester zu und hob sein Schwert vor sich und seinen Kleinen. Im nächsten Augenblick lag auch schon eine Hand seines Menschen auf seinem Arm und der ausgefahrene Stock in der anderen, schleifte leicht über die Erde und beschützte so die Beine. „Hm…wirklich interessantes Gespräch, an dem ihr mich so großzügig teilhaben habt lassen“, fing Sitri wie immer süffisant an, „aber das nächste Mal solltet ihr es wohl besser nicht so offen sagen. Ich werde Satan davon berichten und für diese Dreistigkeit werdet ihr bezahlen, aber was erwartet man schon von solch merkwürdigen…Gestalten, mit denen ich meine Zeit vergeuden muß.“ Die schwarzen Flügel streckten sich wie immer selbstgefällig wie sein Besitzer aus, flatterten in dem engen Raum und blockierten so den Durchgang, in dem inzwischen wohl ob des Lärms Belial, Navi und Usol erkennbar waren. Ruhn hatte in einer Hand ein Messer, fauchte leise in Richtung Sitri und beherrschte sich nur mit Mühe. „Duuu…sei endlich ruhig!“, keifte Caym und durchbrach die eigenartige Stille, die zuvor noch geherrscht hatte. Er zog den Stock immer wieder über den Boden, wedelte damit ein wenig hin und her, während Askavi mit einem lauten Knurren mit einstimmte. „Du kannst nichts anderes als irgendwelche Drohungen von dir zu geben, die nicht einmal mich einschüchtern.“ Das Zittern, dass Astaroth dabei spürte, sagte dabei aber etwas gänzlich anderes. Ungewollt schlich sich beim dem Mut, den sein Kleiner wieder bewies, ein Lächeln auf seine Lippen. „Also lass uns in Ruhe und geh wieder in deine Prunkgemächer oder wo immer du auch haust…und ärger jemand anderen.“ Sitris Gesichtsausdruck spiegelte seinen Unmut deutlich wieder bei jedem Wort, das gesprochen wurde. „Du bist ein unbedeutender Wurm, ein Krächzen irgendwo, auf das niemand achten sollte und würde, wenn er bei Verstand ist. Nur weil Astaroth verblendet und dumm ist lebst du noch. Ich würde dich qualvoll töten für die Frechheiten, die du dir leistest, allein dafür, dass du ein Mensch bist, hast du abertausende von Toden verdient. Würde der Satan dich nicht sehen wollen, würde ich dich hier auf der Stelle quälen, bis du mich um Gnade anflehst, um den Tod anbettelst und am Ende nur noch Blut bist.“ „Würdest du, wenn du dürftest. Vielleicht solltest du deine Emotionen ein wenig mehr unter Kontrolle bringen – du widersprichst dir. Und jetzt lasst uns vorbei Lord Sitri. Wie ich annehme sind wir gleich da und ihr seid eurer ledigen Pflicht entbunden“, erklärte Usol, während er dem Angesprochenen seine Hand auf die Schulter legte. Keine Spur von Furcht war in der Stimme des Schmieds und zu seinem Erstaunen klang dieser gerade wie jemand, der weit mehr Rechte besaß als Sitri. Was hatte Usol bisher vor ihm verborgen? Schon im nächsten Moment hörte man das wütende Schnaufen von Satans rechter Hand, bevor dieser zur Seite trat und dorthin stampfte, wo eine Tür nach außen sich ganz dezent in der Wand abzeichnete. „Wenn jetzt schon alle hier sind, erspart mir das die Mühe euch zu holen. Alle bleiben hier und keiner geht mehr zurück in die Räume. In ein paar Minuten sind wir vor den Toren des Palastes und da der Satan nicht warten will, wird die Anhörung gleich stattfinden – ohne Verzögerung.“, ignorierte Sitri alles, was gerade geschehen war und zeigte damit nur seine Schwäche, zeigte wie dumm und unsinnig das System war und wie leicht der Satan zu stürzen sein sollte, wenn man keine Schwäche hatte. Doch so wie es jetzt war, musste er vorsichtig sein, durfte nicht zulassen, dass Caym etwas passierte. Astaroth zog seinen Kleinen nur noch näher an sich. Caym lehnte sich unbewusst zurück, näher zu der Wärme, die er so gewohnt war, dass er nicht mehr auf sie verzichten wollte und konnte. Hier lief wie immer alles ganz anders als geplant und sein Mund hatte unkontrolliert die ersten Gedanken wiedergegeben, die ihm gekommen waren und ihn so in Schwierigkeiten gebracht. Aber wie sollte er sich auch bei dem Anblick dieses selbstgefälligen Ekels beherrschen? Immer wenn Sitri kam, fing er an ihn mit seiner selbstgefälligen Art zu ärgern und Astaroth zu beleidigen. Die Hand um seine Hüfte drückte ihn jetzt noch stärker an die Brust hinter sich, während sich das Fenster langsam giftgrün verfärbte, so giftig wie die Stimmung die hier im Moment herrschte. Alle schwiegen sich eisern an, suchten mit ihren Augen immer wieder die Situation einzuschätzen indem sie ihren Blick von Gesicht zu Gesicht wandern ließen. Mit einem plötzlichen Ruck hielt das Gefährt an, Caym immer noch gehalten von seinem Dämon, der das Schwert jetzt wieder in die Scheide fahren ließ. Er schluckte einmal, als sich auf ein Murmeln des Ekels hin die Wand nach außen stülpte und anfing sich einzurollen. Jetzt war es so weit, und dass, wo Satan, Hölle, grün und gefährlich nicht sehr erfreulich oder vertrauenserweckend klangen. „Bleib in meiner Nähe, mein Kleiner“, riss ihn die leise, bestimmte Stimme seines Dämons aus seinen Gedanken und seinen Ängsten zurück in die Realität. Inzwischen hatte sich die Wand vollständig geöffnet, einen Ausgang in das Unbekannte geschaffen, durch den gerade Ruhn zögernd trat. Im Raum selbst war jetzt niemand mehr außer Astaroth und Caym. „Es ist gefährlich. Bleib für immer bei mir, mein Kleiner…“, flüsterte sein Dämon den letzten Satz kaum noch hörbar in sein Ohr, brachte ihn mit dem Streicheln über seine Wange nur dazu, noch verwirrter zu sein. Was erwartete ihn da draußen wohl? Sein Körper bewegte sich selbst nach einem sanften Stoß nicht vom Fleck, wehrte sich dagegen sich der Gefahr zu stellen. „Wir müssen hinaus“, erklärte ihm Astaroth und gab ihm einen Stups, der ihn aus seiner Lethargie befreite und den ersten gestolperten Schritt zur Folge hatte. Unwillig ging er langsam vorwärts in Richtung des gedämpften Lichts, die Hand seines Dämons immer im Rücken, die ihm ein wenig Sicherheit schenkte. Endlich, als er nach einer gefühlten Ewigkeit im Eingang stand, blinzelte er ungläubig. Vor ihm breitete sich eine Wand aus Bäumen aus, deren grünes, saftiges Blätterdach weit oben erkennbar war, deren Stämme durch die glitzerenden riesigen Blüten aber so gut wie unsichtbar waren. Überall hörte man sanftes Vogelgezwitscher, grünes Gras wuchs auf der Erde und auf den weiter entfernten Bäumen waren schmackhaft aussehende rote Äpfel zu erkennen. Er seufzte erleichtert und trat jetzt mutiger hinaus auf den Übergang, wunderte sich über die noch immer getrübte Stimmung und die Dämonen, die alle möglichst weit weg von den Bäumen standen. Das hier war nicht die Hölle, sondern das Paradies. Fasziniert von diesem so bekannt und doch überirdischen Wald löste er sich von der starken Hand, die in seinem Rücken lag und ging näher an die Blumen heran, um sie genauer zu betrachten. Er schaute sich kurz um, ging dabei noch langsam weiter. Wald war wohl doch das falsche Wort. Hier waren Bäume über Bäume, die sich höher und höher in den Himmel erstreckten und so der Sonne beraubten. In der Mitte der „Wand“, vor der er jetzt stand, ragte ein kleines Tor auf, braun und von grünen Ranken bewachsen. Alles wirkte wirklich so wie in der Welt der Menschen und zog ihn in den Bann. Inzwischen war er schon fast bei den wunderschönen Blumen angelangt und streckte seine Hand aus, nur um mit einem Ruck und einem Aufprall wieder die Brust seines Dämons zu spüren. „Ich sagte doch, du sollst bei mir bleiben, mein Kleiner“, fluchte Astaroth und drückte ihn beinahe schmerzhaft an sich. „Wieso denn…was soll das…ich wollte nur die…“, begann er verwirrt zu stottern, während sein Blick der jetzt ausgestreckten Hand folgte und die Blumen näher betrachtete. Die ihm am nächsten gelegene bewegte ihre Blätter – nicht sanft im Wind, sondern merkwürdig schnell hin und her. In der Mitte war jetzt ein Knubbel erkennbar, der immer wieder zu einer Art kleinem Tentakel wurde, der sich durch die Luft tastete und merkwürdig zu verzweigen anfing, bevor er sich wieder zurückzog. Und auf den Blättern, die so schön glitzerten, waren überdimensionale Insekten in allen Stadien der Verwesung zu erkennen. Caym erschauerte. „Verdammt…grün gefährlich. War das damit gemeint? Hier ist alles verdreht und falsch. Das Paradies in Wahrheit eine Hölle, die so gar nichts mit einer Hölle zu tun hat. Was kommt noch? Ein netter Satan?“, grummelte er wenig begeistert und lehnte sich unbewusst in die starke Umarmung. „Wunderbar. Das ist ekelhaft. Wirklich Astaroth…diese Zurschaustellung von Liebe…“ Sitri verzog sein Gesicht, als hätte er etwas Falsches gegessen, trat zu der Tür, die sich jetzt mit einem Knacken öffnete. „Gebt eure Waffen hier ab – sie werden für die Dauer eures Aufenthaltes versiegelt. Solltet ihr auch nur eine einzige vergessen wird das die übliche Konsequenz nach sich ziehen.“ Damit trat er durch die Öffnung, an der sich die Ranken anfingen zu bewegen und nur knapp an ihm vorbei in die Luft schossen mit einem Geräusch wie ein Peitschenschlag. „Jetzt“, wurde noch angefügt, als der Sprecher in der Dunkelheit verschwand, die der Raum hinter der Tür versprach. Alle Augen richteten sich jetzt auf Caym, starrten ihn an, wie um auf seine nächste unbedachte Aktion zu warten oder seine Reaktion zu sehen, bevor Usol und Ruhn schließlich dem Ekel folgten und Belial und Navi sich hinter ihm und Astaroth platzierten. „Gehen wird“, sagte sein Dämon mit trockener Stimme, die wenig begeistert klang, der Blick fixiert auf die Öffnung und eine Hand zu einer Faust geballt. Jetzt bekam er Angst, langsam kroch die Panik in ihm hoch, je länger er die Reaktionen aller sah, den Unwillen, und desto länger er in die Dunkelheit vor ihm starrte. Er wollte dort nicht hinein, aber er wollte auch nicht nachgeben, keine Furcht zeigen. Kurz schloss er seine Augen, biss die Zähne zusammen und atmete tief ein. „Ich werde dich beschützen, mein Kleiner“, durchbrach sein Partner die Stille, hauchte ihm die Worte leise ins Ohr, trieb ihn aus seinen Gedanken heraus und brachte ihn dazu seine Augen wieder zu öffnen. Der Bann war gebrochen und mit einem letzten Seufzer setzte er sich in Richtung Abenteuer, Verdammnis oder was auch immer ihn dort erwartete in Bewegung. „Ich schütze mich schon selbst…“, murmelte er zurück, entgegnete etwas, was er nicht wirklich dachte. Wie sollte er gegen Horden von Dämonen auch alleine bestehen? Auf dem ganzen kurzen Weg, der ihm wieder wie eine Ewigkeit vorkam, konnte er nicht anders, als mit seinem Blick immer wieder Astaroth zu suchen, der direkt hinter ihm ging, den Arm immer in Reichweite. Die beiden anderen Dämonen mit ihrem steinernen Blick, der wild hin und her raste, erinnerten ihn an Wachen. Er schüttelte den Kopf. Sein Dämon hatte wirklich an alles gedacht. Mit diesem einen Gedanken trat er durch die Tür in die Dunkelheit, nur erhellt von einem schwachen Licht und blinzelte. Der Gang der sich hier vor ihm erstreckte schien schier endlos, blendete ihn mit kleinen aufblitzenden Lichtern immer wieder und machte es ihm unmöglich etwas zu erkennen. Die starke Hand auf seinem Rücken lenkte und leitete ihn durch die Enge, an die er immer wieder stieß, wenn er geblendet taumelte, fing ihn auf, bevor er stolpern konnte. Wie nur hatte er jemals auf Astaroth verzichten können? Womit hatte er das hier alles verdient? Nach einem schier endlosen Marsch durch die blendende Dunkelheit prallte er gegen seinen Vordermann – wer auch immer das war – und konnte sich ein leises „Au“ nicht sparen. Wie er seine vorschnelle Zunge manchmal hasste… Hier – wo immer das auch war – konnte er im Moment nichts erkennen, nur das dumpfe Pochen hören, das die Stille jedes Mal wie ein Herzschlag zerriss und ihm ein mulmiges Gefühl bescherte. Mit jedem Schlag wurde die Dunkelheit klarer, enthüllte was da war. Caym riss die Augen auf, als er das Ding sah, dass die Mitte des kleinen Raumes beherrschte, schreckte zurück und spürte im nächsten Moment schon, wie er den einen Dämon berührte, dessen Wärme so unverkennbar war. Außer Atem stoppte er und atmete einmal tief ein, um sich zu beruhigen. Die Bewegungen des „Dings“ halfen nicht unbedingt dabei. So etwas sollte es nicht geben. Er schüttelte den Kopf. Wieso war er eigentlich noch überrascht von der Dämonenwelt? Das Ding bewegte seine Tentakel ganz langsam hin und her, beherrschte den riesigen, überdimensional hohen Raum, in dem nur noch die immense schwarzgrüne Tür irgendwie auffällig war, weil von ihr ein schwaches Leuchten ausging. Einer der Tentakel kam näher, berührte ihn an der Hose und er konnte sich in letzter Sekunde mit einem erschreckten Aufschrei retten, während sein Herz wild pochte und in seinen Ohren das dumpfe, regelmäßige Geräusch übertönte. „Waaaaa…?“, rief er und schaute sich fragend um, erstarrte, als er sah, wie die Tentakel Waffen in „Händen“ hielten, die zuvor noch die Dämonen getragen hatten und eines an ihm vorbeizischte, das seinen Stock an ihm vorbeitrug. „Das ist meiner…“, regte er sich auf und vergaß wie immer alles um ihn herum, wollte dem Ding nachspringen, bis eine starke Hand ihn festhielt. „Bleib hier, mein Kleiner. Wir müssen die Waffen abgeben vor der Audienz. Dummes System, das nur zeigt, wie schwach der Satan ist.“, flüsterte sein Dämon ihm ganz leise ins Ohr, nachdem er ihn ganz nah an sich gezogen hatte. Die Tentakel hielten sich jetzt fern von ihm, kreisten um ihre Mitte - eine riesige Säule, die bis zur Decke reichte. „Ruhe“ Sitri stand mit verschränkten Armen vor den Toren, tappte mit dem Fuß auf den Boden und versprach mit seinem Blick Tod und mehr. Nicht sehr beeindruckend. „Wenn ich…“, begann er verärgert, nur um sich selbst zu stoppen und in neutralem Ton fort zu setzen: „Benehmt euch gebührlich. In den Hallen, die folgen, thront der Satan, der Herrscher aller Dämonen.“ Ein Blick auf den fauchenden Ruhn verriet Caym, dass dieser wenig Begeisterung für diese Aussage empfand. „Eingebildeter Pfau...“ Die Bemerkung, die ein leises, ehrliches Lachen und einen Klaps auf seinen Po zur Folge hatte, hatte er sich wie so oft nicht verkneifen können. Unberührt davon fuhr Sitri fort, irgendetwas Unverständliches zu murmeln und mit den Flügeln dabei besonders theatralisch zu flattern. Mit einem lauten Knacken öffnete sich die Tür einen Spalt, aus dem sofort Licht den Raum flutete und das Ding in der Mitte nur noch bedrohlicher aussehen ließ. Unbeirrt davon und ohne sich auch nur einmal umzudrehen, schritt der eingebildete Pfau durch die immer größer werdende Öffnung in den Gang dahinter, der sich jetzt offenbarte, während er mit der Hand großspurig deutete, ihm zu folgen. Das aufgebrachte Schnaufen aller anderen Anwesenden war die erste Antwort, bevor sie ihm dann doch alle folgten. Genau wie Caym es auch tat. Schlimmer als dieser Raum mit dem Tentakelding konnte es ja kaum werden. Als er in den Gang trat, berichtigte er sich schnell wieder. Die überall grün gemusterte rote Umgebung verschwamm immer wieder vor seinen Augen zu einem großen Ganzen und brachte ihn mehrmals aus dem Gleichgewicht. An den Seiten, die so meilenweit entfernt schienen wie die Decke, standen ganz in schwarz bemalte Statuen, die bedrohlich auf sie hinab zu starren schienen. Sie bildeten einen starken Kontrast zu den sich vermischenden Farben. Selbst Augen oder Haare existierten unter den überdimensionalen Helmen nicht. Die in rot bemalten, wie in Blut getauchten Speere halfen auch nicht, das ganze weniger bedrohlich wirken zu lassen. Caym sprang buchstäblich in Astaroths Arme, als sich eine der geglaubten Statuen bewegte, ihren Speer nur ein paar Zentimeter senkte, bevor sie sich wieder in Reih und Glied begab und wieder unbeweglich da stand. „Da…Das…bewegt…was…Statue“, stotterte er mit weit aufgerissenen Augen und krallte sich an das Hemd seines Dämons, der inzwischen auch stehen geblieben war. Er zog weiter an dem Stück Stoff, das im Moment seine einzige Stütze darstellte, forderte eine Erklärung. „Verdammt…ich…das…“, fluchte er über seine eigene Schwäche. „Es soll Furcht in den Besuchern hervorrufen. Ein paar der vermeintlichen Statuen sind wirkliche Soldaten. Aber“, dabei wuschelte ihm sein Dämon wie so häufig durch das Haar und strich ihm dann über die Lippen, „du hast keine Angst, mein Kleiner.“ Dabei löste er die Hände von dem Hemd und gab ihm einen leichten Klaps auf den Allerwertesten und einen Schubs in die Richtung, in der jetzt Ruhn neugierig schaute. Caym fuhr ein paar unsichtbare Kreise mit seinem Fuß am Boden nach, und ging dann weiter dorthin, wo ihn etwas erwartete. Wenn er weiter so ängstlich war, konnte er sich gleich zu einer der dummen, wehrlosen Frauen in den Liebesschnulzen erklären lassen. „Es gibt nichts zu schauen…“, erklärte er dem neugierigen Wasserdämon grummelnd beim Vorbeigehen, was ihm wieder ein Lachen von Astaroth einbrachte. Ein wenig Normalität – wenn man es denn so nennen konnte – in dieser verrückten Umgebung. Der Weg schien kein Ende zu finden. Er kniff seine Augen immer wieder zusammen und versuchte die nächste Tür zu sehen, um endlich eine Vorstellung von der Länge zu bekommen, doch jedes Mal verschwammen wieder diese Farben vor seinen Augen und brachten ihn dazu, mehrmals „verdammt“, zu flüstern. Langsam glaubte er, dass dieser Tunnel nie ein Ende finden würde, bist Sitri plötzlich und unvermittelt stehen blieb vor einer Wand, die in derselben verdammten Farbe wie der Rest bemalt war. Jetzt war klar, wieso die ganze Zeit über kein Ende erkennbar war. Ein Windhauch später zerriss die vermeintliche Wand, rollte sich auf beide Seiten und gab den Blick auf einen im Vergleich zu dem Gang beinahe kleinen Raum frei, dessen hinterster Teil zum Teil im Schatten lag. Er blinzelte und versuchte zu erkennen, was dort war, gab es aber auf, als sein Blick an der eigenartigen Gesellschaft davor hängen blieb, die jetzt in ihre Richtung starrte. Vier unbedeutende, wenn auch kräftige Soldaten mit Kleidung, auf der ein brennender Schädel erkennbar war, standen sinnlos ohne Waffen in dem Raum herum. Nur die von ihnen scheinbar beschützten zwei Gestalten, die ihn in ihrer Eitelkeit sofort an Sitri erinnerten, schienen von Bedeutung zu sein. Gerade das, was er gebraucht hatte – noch jemand wie dieser eingebildete Dämon. Er rollte mit den Augen. Die Frau war komplett blau von den Füßen bis zu den Haarspitzen, dabei in ein sehr tief ausgeschnittenes Kleid gewandet und sah ihn an, als ob sie ihn am liebsten ins Jenseits befördert hätte. Der Dämon, der neben ihr stand, und seine Hand besitzergreifend um ihre Hüfte geschlungen hatte, schien mit einem ähnlichen Blick Astaroth zu mustern. Die weißen Haare erinnerten Caym viel zu sehr an Engel, der kräftige Körperbau und die rote mit weißen Musterungen durchzogene Haut eigentlich nur an das, wie man sich einen bösen Dämon in der Menschenwelt vorstellte. Doch die Ohren, deren Spitzen nach unten hingen, gaben diesem ein lächerliches, hundeartiges Aussehen und entlockten ihm ein kurzes Schmunzeln, das sofort wieder erstarb, als sich die Hand seines Dämons um seine Hüften schlang und fest zudrückte. „Ariel…diese Verräterin zusammen mit Forcas diesem hundegesichtigen…“, knurrte sein Partner mit tiefem, unverblümten Hass und bohrte ihm dabei seine Krallen in die Haut. Er schnaufte einmal laut und drückte mit einer Hand auf den Arm, der ihm die Schmerzen bereitete. Sofort lösten sich die Krallen. „…diese verdammte Brut.“ „Verehrter Satan“, ignorierte Sitri alle Geräusche und betonte jedes Wort besonders salbungsvoll, „wie von euch gewünscht ist Großfürst Astaroth mit seinem Menschen und der gestatteten Begleitung erschienen.“ Jetzt verbeugte sich der Sprecher und zeigte mit einer ausladenden Geste in Richtung der Dunkelheit. „Majestät…Astaroth ist…“, hörte er den Dämon, dessen Name wohl Forcas war, sprechen, bevor er durch ein einfaches, leises „Ruhe“, zum Schweigen gebracht wurde und sich daraufhin tief verbeugte. Die Stimme wirkte vornehm, selbstsicher, darüber hinaus jedoch mehr als schwer einschätzbar. Ein einfaches Fingerschnippen, auf das hin die ganze Decke anfing sanft zu leuchten, folgte und ließ Caym mit offenem Mund zurück. Jetzt erst konnte man den ganzen Raum richtig sehen. Im Gegensatz zu dem verwirrenden, eigenartigen und unbeschreiblichen Teil, durch den sie gekommen waren, herrschte hier purer Prunk und Eleganz. In der Nähe der Wände standen Säulen, die wie mit Gold durchwirkte Baumstämme aussahen, behangen mit goldroten Früchten. Die Wände funkelten wie Edelsteine in den verschiedensten Farben und warfen das Licht gebrochen zurück, tauchten den schwarzen Marmorboden in eine unheimliche Aura. An den Wänden waren riesige Wandbilder erkennbar, Wandteppiche und anderes, was als Schmuck diente. Und über allem thronte auf einem Podest ein Thron, der vollständig Schwarz und Violett war. Nur die zwei Schädel, die erkennbar waren, leuchteten weiß gebleicht. Einer von ihnen prangte am Kopfteil in der Mitte mit zwei Rubinen als Augen, die einen funkelnd anstarrten. Zu Füßen war ein zweiter Schädel, mit einem Messer durchbohrt. „Deine Anhörung ist zu Ende, Forcas. Geh in deine Gemächer und nimm all deine Gefolgsleute mit. Sofort und ohne einen einzigen Laut. Ich kenne deine Sicht zur Genüge und du hast genug meiner Zeit beansprucht.“ Dabei beachtete die Frau, die gerade vom Thron aufgestanden war, Forcas mit keinem einzigen Blick. Das brauchte sie bei dem befehlenden Ton, der wie Magie durch den ganzen Raum hallte und den Angesprochenen zusammenzucken ließ, auch nicht. Jede ihrer Bewegungen betonte ihre Rundungen, die durch das violette, enge und tiefgeschnittene Hemd mit den schwarzen Streifen schon genug hervortraten, noch stärker. Die Hose war genauso betont geschnitten, wie der Rest der Kleidung. Um die Hüften fand sich ein ein schwarzes Tuch, das Caym an seine eigene Hose erinnerte, sich im Gegensatz dazu am langen Ende jedoch anfing sich um ein Bein zu schlingen. Auf der anderen Seite war ein mit Edelsteinen besetzter Dolch zu erkennen, der am Oberschenkel befestigt war. Doch das, was ihn erschreckte, waren die roten Haare, die schwarz schimmerten und die blutroten Augen, die er zuvor nur bei Astaroth gesehen hatte. Blasse Haut, die von Narben „verziert“ war, wirkte in diesem beinahe perfekten Gesicht verkehrt und dabei doch richtig. Die riesigen ledrigen Flügel, die alles überragten und immense Schatten warfen, waren genau so, wie die, die sein Dämon besaß. Furcht erregende Krallen und die scharfen Zähne halfen nicht gerade, den Anblick vertrauenserweckender zu gestalten. Trotz allem war das hier kein ‚Der‘, wie in ‚Der Satan‘… „Das kann doch nicht Satan sein…“, murmelte er und schaute zu Astaroth, der etwas überrascht wirkte. „Doch, kann ‚er‘, Mensch.“, ertönte darauf die Stimme der Frau, vor der Forcas und seine Gesellschaft gerade eilig flüchteten. „Sitri – du bist für heute entlassen. Ich habe genug von dir. Geh!“, befahl sie jetzt noch, woraufhin sich der Angesprochene tief verbeugte und verschwand. „So, und jetzt zu euch“, fing sie an zu sprechen und durchbohrte sie mit ihrem Blick fast. „Wirklich interessante Gesellschaft, aber bei diesem ‚Herrn‘ war das doch fast zu erwarten. Eine vom kriegerischen Volk, fast ausgerottet; ein Spion, der Forcas zum Wahnsinn zu treiben drohte; ein Wasserdämon, der mich gerade äußerst erfreut anschaut“, dabei lachte sie, „vielleicht sollte ich dich in die Eiswüste schicken, damit dein Blick mit Qualen durchsetzt gefriert für alle Ewigkeit? Aber das wäre ein Bruch der Tradition…wie schade.“ Caym riss die Augen auf. Meinte diese Dämonin es ernst? Jeder Ton wirkte so unbeschwert, so schwer einzuschätzen, so dass er es im ersten Moment für einen Spaß hielt. Das Lächeln auf ihren Lippen wirkte ehrlich, doch der Blick auf seine Gefährten, die starr und ernst da standen, ließ wieder Zweifel aufkommen. Satan hatte doch grausam und böse zu sein in dieser Welt, oder? „Dann noch einen Ältesten, was wirklich merkwürdig ist. Der Gipfel ist natürlich der Mensch, einer der Verräter, zu dem das Halbblut eine merkwürdige Zuneigung entwickelt hat…“ Jetzt fixierten ihre Augen ihn, suchten jeden Zentimeter seines Gesichts ab und brachten ihn dazu, näher an Astaroth zu rücken, so nah, bis er die Wärme spüren konnte. „Belial, Navi und Ruhn, ihr seid entlassen. Geht in eure Gemächer“, dabei neigte sie den Kopf ganz leicht zu der Seite, die genau gegenüber von der lagen, in die Forcas verschwunden waren, „Sofort.“ Wie vom Blitz getroffen eilten die Angesprochenen davon, schauten sich nicht einmal mehr um. „Usol – bitte geh jetzt.“, mischte sich mehr Freundlichkeit in den Befehlston und führte zu einem erstaunten Räuspern von Astaroth. Usol hatte ihm wohl einiges verschwiegen. Nur wenige Augenblicke später war der Raum bis auf sie drei leer. „Gut, jetzt haben wir Ruhe. Oh, wieso der erstaunte Blick, Astaroth? Und dein Mensch schaut auch nicht wirklich sicherer aus.“, lachte die Satanin – irgendwie musste Caym sie ja nennen – und ging wieder zu ihrem Thron zurück, um sich dort fallen zu lassen. „Ich nehme an, du hast ihm nichts erklärt in deinem Eifer anderes zu tun, nicht wahr?“ Astaroth schnaufte und brachte ein paar Wörter heraus, die wie eine Beleidigung wirkten: „Majestät, was ich mache ist meine Sache. Und seit wann sind die Higuren so angesehen, dass einer von ihnen ein Satan wird?“ „Mein lieber Astaroth…du hast es noch immer nicht gelernt, nicht wahr? Beherrschung hätte dich schon weiter gebracht als deine sinnlosen Rebellionsversuche. Ich kenne dich schon länger, schon bevor ich Satan wurde. Du warst immer etwas, was nicht sein sollte. Halbblut und dazu noch zur Hälfte von den Higuren…und unbeherrschbar. Deine Unverfrorenheit hat dir schon beinahe das Todesurteil beschert – dein Schicksal ist so gut wie besiegelt.“ Die Miene der vorher so ausgelassen wirkenden Satanin hatte sich verändert, war ernst geworden. Ihre Augen fixierten jetzt offensichtlich Astaroth, während eine ihrer Hände mit dem Messergriff spielte und die andere über den Schädel auf dem Thronkopf strich. Sein Dämon zitterte vor Wut, bohrte seine Krallen in seine Handflächen und biss sich mit den Zähnen in die Lippen, wohl um nichts mehr zu sagen. Hier herrschte gerade eine Kälte, die der Eiswüste sicher mühelos den Rang ablaufen würde. Hieß das, dass Astaroth sterben sollte? „Das…Was…er hat nichts getan. Das ist dämlich…“, rief er im Überschwang der Emotionen und griff nach seinem Stock – der nicht da war. „Verdammt…dummes Tentakelding“, fluchte er noch, bevor er seine Hände zu Fäusten ballte und sie erschreckt hochhielt. Was hatte er sich gleich noch dabei gedacht? Bei dem Geräusch, das darauf folgte, zuckte er erschreckt zusammen und wich ein paar Schritte zurück. Noch zitternd wurde es deutlicher und lauter, hörte er, wie ein Lachen jetzt durch den Raum hallte. Verwirrt schaute er zur Satanin, die eine Hand auf den Bauch gelegt hatte und jetzt voller Inbrunst ihre Belustigung zur Schau stellte. Wieso lachte jeder Dämon über ihn? „Das ist NICHT witzig!“, fauchte er und starrte sie böse an, bis ihm der Gedanken kam, dass das hier die mächtigste Frau im ganzen Dämonenreich sein sollte und er seine Zähne mit einem Knacken zusammenbiss. „Ist es. Aber ich verrate dir etwas, das ich noch lustiger - oder trifft es erstaunlich eher? - fand: Ariel hat sehr glaubhaft geschildert, wie sie über den gezähmten, willigen und äußerst anschmiegsamen Astaroth ‚gestolpert‘ ist und voller Schreck bei dem Anblick davon gelaufen ist. Sie meinte, dass er sich von seinem Menschen, also dir, hat befehlen lassen, dass du ihn ausgepeitscht hättest, nur um ihn dann zu nehmen. Forcas bestätigte dies, hätte es von seinen Spionen berichtet bekommen. Wie vielleicht jeder, selbst ein Mensch mit keiner Ahnung von dieser Welt, denken kann, wäre das ein äußerst ungebührliches Verhalten für einen mächtigen Dämon. Bei einem Fürsten müsste das zu einer sofortigen Absetzung führen.“ Das alles hatte die Satanin mit vollem Ernst in der Stimme vorgetragen, schaute ihn dabei die ganze Zeit beinahe erwartungsvoll an. Caym konnte nicht anders, als mit offenem Mund dazustehen und fing bei der Behauptung, dass er Astaroth - er konnte es nicht einmal denken, es war einfach nur verkehrt - an laut zu Husten. Zwischen den Hustern brachte er am Ende der unglaublichen Behauptung nur ein verdattertes: „WAS?“ heraus, während ihn das Schweigen seines Dämons, der nur knurrte, in den Wahnsinn trieb. Es starrte auf seine Füße und versuchte seine Gedanken zu ordnen, bevor sein Kopf hoch schoss und er wieder die Satanin anstarrte, als ob sie den Verstand verloren hätte – was sie wohl hatte. „WA-HA-S!“, schrie er sie jetzt an, völlig in seiner Rage versunken, „Hast du den Verstand verloren? Wie kann man so etwas behaupten, so etwas glauben? AAARGH! Verdammt. Als ob Astaroth sich je von jemandem unterwerfen lassen würde. Soll ich dir zeigen, wer hier wen beherrscht?“ Jetzt zog er sein Hemd zum Teil hinunter und offenbarte so Biss- und Kratzspuren und sonstiges, was nur so „Sex“ schrie. Dann tippte er auf sein Halsband und streckte seine Arme nach oben, an denen die goldenen Reifen hin und her rutschten. „Mehr habe ich auch noch aufzuwarten, aber das befindet sich unterhalb der Gürtellinie. Und ich glaube kaum, dass sich jemand, der einen anderen beherrscht, so was anlegen lässt. Nimm diese dämliche Behauptung zurück…ich fasse es nicht. Das…Das…“ Seine Hände verkrallten sich in seinen Haaren, zogen verzweifelt daran in dem Versuch ihn abzulenken, ihn wieder zu Verstand zu bringen. Irgendwo in seiner Rage glaubte er ein Kichern zu hören und wunderte sich, wieso Astaroth nichts sagte. Gerade als er sich umdrehen wollte, stand sein Dämon vor ihm und schirmte ihn halb von der ärgerlichen Frau ab. „Wieso sagst du nichts, verdammt…sag endlich etwas. Ich…Ich habe mich schon genug blamiert…argh“, maulte er ihn jetzt an und schlug sanft mit einer Faust gegen den Rücken seines Dämons, nur um von einem lauten Lachen unterbrochen zu werden. „Wirklich zu amüsant. Das war mindestens ein Fürstentum wert.“ Sie stand wieder elegant auf und kam auf sie zu. „Warum Astaroth nichts sagt? Weil er intelligenter ist als du, zumindest hier seine Emotionen unter Kontrolle hat.“ Wieder hallte das Lachen durch den ganzen Raum und erfüllte ihn, brach die merkwürdige Stimmung und ließ Caym mit offenem Mund da stehen. Was war hier los? „Ich wusste schon längst, dass das alles nur absolut unverschämte Versuche waren, die meiner Intelligenz spotteten. Aber es hat seinen Zweck erfüllt. Es ist wirklich zu lustig zu sehen, wie der sonst immer so unabhängige Astaroth sich gerade vor dir positioniert, um einen eventuellen Angriff abzuwehren und dich zu beschützen. Und langsam verstehe ich, warum er wohl so einen Narren an dir gefressen hat. Du bist wirklich ein interessantes Haustier. Vielleicht sollte man der Tradition wahrlich folgen und wie der ursprüngliche Satan einen Menschen als Haustier halten – wäre einen Versuch wert.“, erklärte sie lächelnd und ging dabei auf und ab, kam aber stetig näher, bis sie fast in Reichweite war. Caym stand noch immer verdattert da und schaute sich verwirrt um. Es war alles nur ein böser, perfider Scherz gewesen, um sich wieder über seine Reaktion zu amüsieren? Die Dämonen hatten wirklich ein großes Problem und es ärgerte ihn langsam, wie jeder sich über ihn amüsierte. „Hände weg! Er gehört mir!“, knurrte Astaroth plötzlich, hob seine Hände dabei wie eine Waffe und ließ sie immer wieder durch die Luft sausen. „Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, wird dich nichts mehr beschützen. Ich werde dafür sorgen…“ „…du wirst dafür sorgen, dass alles in Schutt und Asche liegt, alle Qualen erleiden und ich mich winde zu deinen Füßen und so weiter.“, setzte die Satanin gelangweilt fort, als hätte sie das alles schon zu oft gehört. „Wirklich interessant…aber jetzt hat der Spaß wohl ein Ende. Ich habe dich aus einem Grund hierher bestellt, Astaroth“, begann sie mit jetzt neutralem Gesicht und absolut emotionslosem Ton, „und du weißt worum es geht. Ich will deine Version der Geschehnisse hören, wie du zu dem Menschen gekommen bist, wieso Engel so oft in deinem Reich auftauchten, wieso du in den Krieg gegen Forcas gezogen bist – entgegen aller Verbote - und natürlich wieso du Engel entkommen hast lassen.“ Sie ging langsam wieder zu ihrem Thron zurück, zog ihr Messer und ritzte damit Muster in das Material, die sofort wieder verschwanden und nur eine glatte, ebene Fläche zurückließen. „Und halte dich kurz“, fügte sie mit einem scharfen Tonfall und beinahe brennenden Augen an. Die plötzlichen Änderungen der Stimmung dieser absolut ungewöhnlichen Satanin fanden im Sekundentakt statt. Caym griff mit einer Hand nach Astaroth, schloss seine Finger um den Arm, den er zu fassen bekam und ging so nahe an ihn heran, dass er die Wärme spüren konnte. Er starrte nur noch schweigend von der Satanin zu Astaroth und wieder zurück. Diesmal würde er nichts sagen. Sie konnte über irgendjemand anderen lachen. Er war ja schließlich nicht zu ihrer Belustigung da und sie war gefährlich. „Und Forcas bekam wahrscheinlich viermal so viel Zeit, wie ich, nicht wahr?“, knurrte sein Dämon mit merkbarem Unwillen in der Stimme. „Aber da ich keine Wahl habe“, dabei drehte sich sein Partner um und fixierte ihn mit den Augen für einen Moment, bevor er wieder den Blick zurück schweifen ließ und weiter redete, „mache ich es kurz. Forcas will noch immer das, was er schon von dem Zeitpunkt an wollte, an dem ich Großfürst wurde: Mein Reich, meinen Tod und meinen Untergang. Dafür hat er sich mit einem Menschen verbündet, diesen dazu gebracht mich zu rufen und so die Barriere geschwächt. Engel nahmen das wahr und sind in mein Reich eingedrungen, hätten mich wohl im besten Fall töten sollen, aber zumindest dieser Verräterin Ariel die Zeit verschafft, einem meiner Treuen falsche Beweise unterzuschieben. Forcas stand schon mit den Truppen bereit, um mein Reich in den Wirren zu erobern, oder zumindest Teile davon. Da das aber nicht funktionierte, verschob er seine Truppenso lange, bis er eine Schwachstelle fand, bei der die Engel einer Einmischung nicht widerstehen können würden und mit Freuden kommen würden. So wollte er mich in die Falle locken. Und wie glaubwürdig Forcas ist, dürfte seine Behauptung bezüglich meiner ‚Unterwürfigkeit‘ schon genug gezeigt haben…“ Damit drehte sich Astaroth, zog Caym zu sich und schlang seinen Arm um seine Hüften in einer Geste der Besitzergreifung, und flüsterte ihm zu: „Sag nichts mehr, mein Kleiner. Dir darf nichts geschehen.“ Caym zitterte unmerklich bei den Worten, fühlte irgendeine Bedeutung hinter ihnen, die er nicht bemerken wollte, aber kein Laut kam ihm über die Lippen, während einer seiner Füße wieder nervös Muster in den Boden zeichnete. „Unglaubwürdig“, war die niederschmetternde Wertung der Frau auf dem Thron, der Urteilsspruch über diese Darstellung. „Forcas hat etwas weit Blaubwürdigeres gesagt. Wieso sollte er so etwas Riskantes machen, wenn der Erfolg so zu wünschen übrig lässt?“ „Häh?“, rutschte es Caym heraus. Er kratzte sich am Kopf, um irgendeinen Sinn zu sehen, um das zu sehen, was hier gerade vorging. Es gelang ihm nicht, frustrierte ihn. Astaroth war nervös, wollte ihn beschützen – vor dem was passieren würde, wenn er Unrecht bekäme? Wie ein Puzzle fügte sich ein Teil ins andere und er explodierte förmlich, schrie heraus, was ihm in den Sinn kam: „Was soll…das ist ja verdammt dämlich. Umso waghalsiger der Plan, umso unglaubwürdiger? Wenn es nicht ganz so läuft, ist man unschuldig? Funktioniert so die Dämonenwelt? Logik aus, Unlogik an?“ Die Hand die sich auf seine Lippen legte, zerrte er schnell wieder hinunter. „Wie noch mal wurdest du Satan? Beim Würfelspiel?“ Die hochgezogene Augenbraue und das Knurren der Satanin hielten ihn jetzt nicht mehr auf. Niemals würde er zulassen, dass seinem Astaroth etwas geschah. Nicht nach allem, was er für ihn getan hatte. Er stampfte mit einem Fuß wütend auf den Boden ein, ballte seine Hand zu einer Faust und schlug aufgeregt mit seinen Armen die Luft. „Verdammt…ich bin der Störfaktor hier!“, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er rief es gleich mit aller Kraft hinaus, „Wegen mir…wegen mir hat das Ganze nicht funktioniert! Astaroth hat sich nicht so verhalten, wie er sollte, weil ich da war! Und ich habe den Menschen gesehen, mit dem Forcas einen Handel eingegangen ist – eine Frau, weißhaarig, jung, dumm und hieß Salome. Von ihr hatte ich das Buch, mit dem ich Astaroth wieder rufen konnte, nachdem mich diese verdammten widerlichen Engel verschleppt hatten. Frag doch diese Frau, frag Forcas…frag wen auch immer, aber lass Asti in Ruhe!“ Er schrie, stampfte mit seinem Fuß so stark auf, dass er Schmerzen spürte und fauchte immer wieder, hörte halb, wie Aki in sein Wutgezeter mit einstimme und knurrte. „Vielleicht doch kein angemessenes Haustier“, war die einzige Antwort, die er darauf erhielt. Kalt und erstarrt war die Miene der Satanin, während die Augen loderten und das Messer mit einem lauten Knall in den Thron gerammt wurde, nur um von dort von dem Material langsam hinaus gedrückt zu werden. „Ich habe deine Version gehört Astaroth und werde darüber nachdenken, was ich von dem hier halten soll.“ Jetzt stand sie wieder auf, nahm das Messer, bevor es umfiel, und ging auf Caym zu. „Und dir sollte man die Zunge herausschneiden“ „Wagt es meinem Kleinen etwas anzutun, und ihr könnt eure Einzelteile in allen Ecken des Dämonenreiches zusammensuchen.“, drohte sein Dämon ihr, bäumte sich auf und streckte seine Hand langsam bedrohlich aus, an denen die Krallen schnell immer länger wurden. „Ich habe keine Angst vor dir, Astaroth. Du bist auch nur ein kleines Rad in diesem Reich, ein kleines Stück im Plan. Aber ich werde deinen Menschen nicht anfassen. Er weiß nichts von dieser Welt, kennt wohl nichts – weiß nichts von dir. In seiner Naivität ist er amüsant, auch wenn ich ihn für die nächste Übertretung gebührlich bestrafen werde.“ Sie trat immer näher, spielte ein wenig mit ihrem Messer und warf es in die Luft, um es dann mühelos wieder zu fangen, als ob es nie ihre Hand verlassen hatte. „Und jetzt fahr deine Krallen wieder ein. Wir wissen alle, dass du ein Halbblut bist. Außerdem gibt es weit wichtigeres. Und wer jetzt nicht schweigt, verliert seine Zunge!“ Der Befehl drang an sein Ohr, klingelte dort wieder und wieder, wie Magie. Seine Lippen kitzelten eigenartig wo die Luft sie berührte. „Wo fange ich am besten an, dir die Augen zu öffnen durch Wissen? Am besten am Anfang der Geschichte, nicht wahr?“ Jetzt kicherte sie wieder unschuldig, als wäre gerade eben nicht eine recht brutale Drohung ausgesprochen worden. Konnte es sein, dass sie noch verrückter war, als andere Dämonen? Er legte seine Hand auf den Arm seines Dämons, der noch immer auf seinem Bauch lag und atmete tief ein, biss vorsorglich auf seine Zunge. „Wann der Krieg mit den Engeln angefangen hat, weiß keine Seite mehr – ich denke er währt schon ewig“, seufzte sie und setzte sich wieder auf den Thron, lehnte sich zurück. Caym hatte noch immer die Hoffnung, dass sie dort endlich sitzen blieb und nicht mehr in ihre Nähe kam. „Wir hassen uns und das reicht. Sie nutzen jede Möglichkeit um hier einzufallen und möglichst große Verwüstungen anzurichten – schon seit Urzeiten. Dabei ist ihnen egal, was aus ihnen wird, dank ihres Glaubens, dass sie bei solch einem Tod mächtiger wiedergeboren werden. Fatal, da Dämonen eine sehr…bescheidene Zeugungsfähigkeit haben.Wohl Nachteile des langen Lebens…“ Die Satanin schlug die Beine übereinander und lehnte ihren Kopf auf die Hand, starrte ihn herausfordernd an, so als ob er etwas sagen sollte. Doch diesmal sicher nicht. Er schüttelte nur den Kopf, wie um eine stille Antwort zu geben. „Mit den Menschen verband uns bis vor einigen tausend Jahren keine Feindschaft. Schwache, aber amüsante Wesen waren sie, von denen eigentlich keines es lange bei uns aushielt. Die Magie zog sie an, ihre Neugier – so vieles. Wir waren anders organisiert als heute, als ein Dämon namens Satan kam um in einem glorreichen Feldzug alle Dämonen unter sich zu vereinen und die Welt zu befrieden – bis auf die störrischen Wasserdämonen natürlich.“ Sie drehte sich um und tippte behutsam auf den Schädel, der über den Thron wachte und mit roten Augen alle anstarrte. „Er war mächtig, unglaublich stark und eine Persönlichkeit…und er hatte einen Menschen als Gefährten.“ Schnell beugte sie sich hinunter, zeigte auf den Schädel, auf dem ihre Füße ruhten, bevor sie weiter sprach: „Nichts und niemand konnte die beiden trennen. Doch dann…dann geschah es eines Tages. Ein riesiges Heer von Menschen und Engeln – verbündet – fiel ein in unser Reich und metzelte tausende von Dämonen nieder. Die Menschen, die sich hier aufhielten hatten uns verraten, die Tore und Türen geöffnet und fielen uns in den Rücken.“ Das Schütteln, das durch ihren Köper fuhr, verriet, dass sie sich an das erinnerte, daran litt. Ob die Narben wohl daher kamen? Sie lachte traurig. „Es war sinnlos. Am Ende der Schlacht, die Tage dauerte, hatten sich wahre Berge von Leichen angehäuft. In dem Palast Satans fand man ihn und seinen Menschen in einem versperrten Raum tot auf, Satan mit einem Schwert in der Brust, das der Mensch noch mit der kalten Hand hielt. Gestorben im selben Augenblick wie der Satan. Rund um sie herum lagen Engel und Dämonen. Niemand war entkommen und beinahe alle Berater des Satans waren tot. Der Mensch wird für ewig mit dem gezeichnet, womit er unseren großen Führer betrog und niederstreckte. Dieser elende Verräter.“ Das Schwert im Schädel schien bei den Worten zu glitzern, zu blinken und alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wie hatte ein Mensch mit so einem kleinen Ding einen mächtigen Dämon niederstrecken können? Er wollte fragen, doch aus seinem Mund kam kein einziger Ton, so sehr er auch versuchte zu schreien. Was war hier los? War das Magie? Unbeirrt von seinem immer wieder geöffneten Mund fuhr die Satanin fort: „Aber zurück zur ‚Geschichtsstunde‘, denn ewig will ich hier nicht mit diesen Erklärungen verbringen.“ Es klang, als wäre es im Moment eher eine Last. Wieso tat sie es dann? „Nach diesem Verrat, der niemals gesühnt werden kann, drohte das Reich der Dämonen in Streitigkeiten zu zerfallen – wie es mit jedem Reich passiert, dass von einem starken Herrscher ohne gebührende Nachfolger erobert wurde. Jeder wollte einen Teil, ein Herrschaftsgebiet erhalten, wenn nicht das Ganze. Die Engel hätten in dem Chaos, das für immer geherrscht hätte, eine Freude sondergleichen gefunden – eine Möglichkeit uns immer und immer wieder zu schaden. Also beschlossen die überlebenden Berater des Satans und einige der älteren Dämonen das System einzuführen, wonach ein gebührlicher Vertreter erwählt wurde, der all die Macht erhalten sollte, zu herrschen. Fand sich ein besserer, wurde dieser nach dem Willen der ‚Weisen‘ ersetzt – meist blutig. Und so kam endlich auch jemand wie ich zu dieser Ehre – eine Higure, eine von einer Rasse, die fast ausgerottet ist…“ Jetzt lächelte sie, offenbarte wieder ihre viel zu langen Zähne und spielte mit ihrem Messer, warf es in die Luft, um es wieder zu fangen. Sie war wirklich eigenartig. „Und was die Menschen angeht“, vehement schüttelte sie den Kopf als hätte jemand etwas furchtbar dummes getan, „so haben sie ihre Dummheit wohl nur gesteigert. In Ritualen rufen sie uns, schaffen so den Engeln Durchgänge – und für was? Für ihre kleinlichen Wünsche, die sie sich selbst besser erfüllen könnten. Wie tief sind sie gesunken, dass sie nicht ahnen, dass die Gerufenen nur die Magie der Welt, des Kreises in dem sie sich befinden, nutzen, um die Sachen zu erschaffen, die gewünscht werden?“ Ein erschöpfter Seufzer erklang, während die Satanin sich endlich zurücklehnte und mit den Spielchen aufhörte. „Und bevor ich dir eine Wahl lasse, werde ich dir noch etwas über Astaroth sagen: Ein Halbblut ist er, unbeherrscht und wild, grausam und impulsiv. Er hat sich seine Stellung mit Blut erkauft, erkämpft durch seine Grausamkeit. Gnade ist ein Fremdwort für ihn.“ Die Luft schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Er schrie mit voller Kraft, wollte ihr sagen, dass er es nicht hören wollte, dass es egal war, doch es kam kein Wort heraus. Langsam kochte er förmlich, fühlte, wie seine Hände sich verkrampften und er bei jedem ihrer Laute sein Herz lauter schlagen hörte. „Du musst wissen, dass Halbblütler in unserer Welt aus einem Grund als die niedrigsten gelten: Entweder sie sind Mischungen, die nur je die Hälfte der Fähigkeiten haben und so schwach sind, in keinem Gebiet überragend; oder sie sind wie Astaroth roh und wild, nur ungenügend durchmischt und mit einer Seite, die durchbrechen kann und in der sie keinen Verstand besitzen. Eines Tages wird er dich töten, dich zerfetzen – spätestens, wenn du ihn wie jeder Mensch verrätst. Mehr habe ich dir hier nicht zu sagen. Die Wahl ist deine, doch welche es ist, erfährst du in einem anderen Raum. Dieselbe wird Astaroth haben.“, erklärte sie ihm jetzt ermüdet und stand auf. Es reichte ihm. Wie konnte sie es wagen, das alles zu behaupten, zu sagen? Wütend schrie und schrie er in die Luft, stampfte mit den Füßen auf, schlug mit seinen Händen in ihre Richtung aus. Und dann, dann hörte er endlich seine eigene laute Stimme, die mit voller Wucht durch den Raum hallte: „Verdaaaaaaaaaaaaamt.“ Als er das hörte und den erstaunten Blick in ihrem Gesicht sah, verstummte er kurz, nur um sich gleich noch deutlicher zu beschweren: „Hast du mir den Mund verboten? Argh…das ist unglaublich. Verdammt, und du bist Satan? Sollte man da nicht etwas beherrschter, mächtiger oder sonst was sein? Und was soll dieses sinnlose Gebrabbel über Astaroth? Als ob jemand etwas dafür könnte, wer seine Eltern sind…das ist dämlich, dämlich. Und Astaroth ist nicht…er ist vernünftig – manchmal. Wieso will ihn eigentlich immer jeder beleidigen? Ist das eure Absicht? Könnt ihr ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Das ist…“ Er sah noch immer rot, wollte weiter schreien, dieser absoluten Ungerechtigkeit ein Ende machen, doch sein Redefluss wurde von einer Hand gestoppt, die seinen Mund versiegelte. „Mein Kleiner…bitte…“, flüstere ihm sein Dämon ins Ohr und deutete mit einem Finger auf die Satanin, die zitternd da stand und ihn mit zornigen Augen musterte. Dieser Anblick ließ ihn erstarren, brachte seinen Körper zum Zittern und erstickte die Wut sofort. „Wie kannst du es wagen? Ich sollte dich…“, fing sie an, ballte ihre Hände, bis Blut auf den Marmorboden tropfte und selbst von ihrem Mund, in den sie biss, rot ihr Gesicht hinab lief. Sie war keine Spur beherrschter als Astaroth, wenn er Flügel besaß. Nur war sie nicht Astaroth, der ihn beschützte, ihn mochte. „Aber nein“, knurrte sie halb, „ich werde dir die Wahl lassen. Komm mit mir – schweigend, oder ich werde dich umbringen.“ Ihre Augen verließen ihn, wanderten nur ein kleines Stück weiter. „Und bevor du etwas sagst, Astaroth: Schweig. Wenn er nicht mitkommt, werde ich nicht nur ihn, sondern auch dich töten. Sei dir dessen gewiss. Und ich habe keine Geduld mehr…“ Es klang absolut, niederschmetternd und ohne jede Wahl. Kein Funken von Humor oder Stichelei war zu erkennen. Jede ihrer Gesten versprach Qual, wenn er sich weigerte, Tod, wenn er nicht mitkam – und diesmal nicht nur für ihn. Doch der Griff um ihn wurde nur enger, sein Dämon zog ihn näher an sich mit einem Knurren auf den Lippen. Astaroth war nicht bei Verstand, war besitzergreifend wie immer. Langsam löste er den Arm ein wenig, machte sich dünner, um unter dem starken Griff hindurch zu rutschen und sich mit einem „Ich komme gleich wieder“, in Richtung Satanin zu quälen. Er wollte nicht, aber er hatte keine Wahl. Schwer waren seine Schritte, unwillig sein ganzer Körper, aber die Konsequenzen selbst ihm zu viel zu hoch um es zu riskieren. Die Tür auf der Seite sah alles andere als verheißungsvoll aus. Dunkelheit in Form von reinem Schwarz nahm immer mehr seines Blickfelds ein. Wieso nur er? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)