Useless Pride von Vandra ================================================================================ Kapitel 24: Auf, Auf und Davon ------------------------------ Auf, Auf und Davon „Akiiii…Ruhe…sei doch endlich ruhig…“, murrte Caym und kuschelte sich wieder auf seine wohlig warme Unterlage, nur noch enger an den Untergrund auf dem er lag, mit dem Wunsch weiter zu schlafen. Sein Kopf lag auf duftender Haut, auf seinem Rücken fühlte er den sanften Druck eines Arms, der ihn sicher hielt und über allem spürte er noch den leichten Stoff der Decke. Dabei streichelte hin und wieder etwas sanft an seinem Bein vorbei. Alles war so angenehm… Mit einem Ruck öffnete er die leicht klebrigen Lider, als er sich seiner Gedanken klar wurde und rollte seine Augen hoch zur weißen Decke. Jetzt war er wirklich schon ein anhänglicher, halb liebeskranker Idiot, wie es aussah. Sein Unterbewusstsein machte ihm ständig einen Strich durch die Rechnung, wenn er sich eigentlich beherrschen wollte. „Aufstehen…“, fauchte er seinen Bettpartner jetzt an, als dieser den Arm bei jedem Versuch sich von seinem Dämon zu entfernen, nur noch fester schloss. Er musste aufstehen und noch ein wenig seiner Würde bewahren, aber Astaroth schien das in seinem Halbschlaf verhindern zu wollen – Besitz ergreifend wie immer. Irgendwo neben dem Bett zwitscherte Aki wie jeden Morgen schon fast ohrenbetäubend laut und verlangte so nach Essen. Er brauchte gar nicht hinunter schauen, um sich die schwarzen riesigen Knopfaugen vorzustellen und die immer wieder herausschlängelnde Zunge. „Das Essen kommt ja gleich“, erklärte er dem Wolf wie jeden Morgen und wurde sich dann dessen bewusst, was er gerade gesagt hatte. In ein paar Minuten würde Lakur kommen, die Tür aufsperren und ihm Essen bringen – und dabei sicher wieder einen kurzen Blick in das Zimmer werfen, in dem nur an diesem Morgen zufälligerweise ein Dämon war. Caym zuckte leicht zusammen, wand sich stärker in dem Griff, bis er plötzlich nach oben schnellte und fast nach hinten fiel. Jetzt lag der Arm beinahe unschuldig neben seinem Bettgenossen und wie immer sah er sich im Blickfeld zweier goldgelber Augen, die ihn genauso fröhlich anstarrten, wie der lächelnde Mund vermuten ließ. „Was sollte das?“, fuhr er seinen Dämon jetzt an. „Du…wir…argh…verdammt. Was mache ich jetzt? In ein paar Minuten kommt Lakur und du…du…Dämon…“ Die ganze Zeit über fuhr er sich verzweifelt durch die Haare, schloss seine Augen immer wieder und zog dauernd hektisch daran, suchte im Geist nach irgendeiner Lösung. „Und das Problem dabei ist nun welches, mein Kleiner?“, hörte er die tiefe, angenehme Stimme ohne jede Sorge sagen. „Ein Schlag und alles ist vorbei. Dann haben wir wieder Ruhe.“ Offenbar hatte sein Dämon seinen ungläubigen Blick ein wenig falsch gedeutet – nun gut, Astaroth war ein Dämon, was hatte er erwartet? Der saß unbekümmert da und stützte seinen Kopf auf einem Ellbogen auf, nur um ihn lächelnd und fast schon einladend anzusehen. „Du…Du kannst doch nicht jeden umbringen, der dich sieht…“, erwiderte er darauf nur völlig verdattert. Caym beugte sich mit weit geöffneten Augen vor und atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen und noch einmal neu zu starten: „Also…“, er schluckte kurz, „bitte…könntest du möglichst keine Menschen umbringen? Das…ähm…wäre auffällig…also…ich…ich…ich komme doch sowieso freiwillig mit.“ Dabei versuchte er so gut wie möglich bittend zu schauen. Doch beim ersten Lachen Astaroths rollte er wieder mit den Augen und blies sich Luft in die Haare. „Was ist jetzt wieder so lustig daran?“, fragte er nur noch Zentimeter von seinem Dämon entfernt, auf die Arme gestützt. Bevor er noch reagieren konnte, spürte er schon die warmen Lippen auf den seinen, das angenehme Kribbeln, das viel zu schnell endete. „Wa…Was?“, stotterte er kurz, schloss dann die Augen und lehnte sich vor. Sein Mund fand den des Dämons, drückte sich sanft darauf, um das Gefühl wieder zu bekommen, dass er nur so kurz hatte spüren können. Ganz vorsichtig öffnete er seinen Mund, ließ seine Zunge über die kräftigen Lippen streichen und seufzte innerlich auf, als er endlich Astaroths spürte. Langsam strichen sie übereinander, liebkosten sich fast, bis ein Klopfen Caym aus seiner Trance riss und seine Augen sich vor Schreck weiteten. „OH VERDAMMT!“, fluchte er und sprang vom Bett, zog die Decke herunter und legte sie schnell um seinen Körper, um damit alle Spuren der „Liebesnacht“ zu verdecken, die sicher da waren. „Verdammt, verdammt…“, murmelte er noch vor sich hin, starrte dann schnell nach hinten zu Astaroth und bat ihn: „Bitte nicht auffallen…versuch dich NICHT bemerkbar zu machen.“, nur um sich dann rasch wieder zu der Tür umzudrehen, die sich gerade öffnete. „Sir Caym, ich bringe euer Essen und die Milch für euren Hund.“, kam die Stimme von Lakur noch etwas gedämpft an seine Ohren. So schnell wie möglich platzierte sich Caym jetzt vor dem Türspalt und ergriff den Türstock mit der einen, das bewegte Holz mit der anderen und stoppte so den Hauptmann der Garde. „Was macht ihr da, Sir Caym?“ Die Frage klang verwirrt, und eine kräftige Hand schlich sich durch den Spalt nach innen, legte sich auf Cayms und drückte dagegen. „Ich muss herein“ Ein tiefes Knurren ließ ihn kurz umfahren und er sah Astaroth, der schon begann sich aufzurichten. „NEIN!“, schrie er jetzt fast panisch, bedrängt von zwei Seiten, die einander nicht in die Quere kommen durften. Ihm blieb nur ein Augenblick, um seinen Dämon genervt anzuschauen, um dann die Hand auf der seinen mit kräftigen Bewegungen abzuschütteln. Mehr als nervös erklärte er immer wieder stockend: „Ich…das ist…mein Zimmer, Lakur, und ich bin nicht angezogen. Also bitte schieb das Essen durch, und lass mich Askavi in Ruhe füttern. Und…ich möchte nachher baden…und ja, ich weiß, dass der Graf davon nichts halten wird. Das…Das ist mir aber egal.“ Lakur verstand den Wink wohl, denn er schob den üblichen Beutel durch den Türspalt, quetschte ihn fast hindurch, und antwortete dann: „Ich sperre wieder ab und komme in ungefähr einer Stunde wieder, wenn der Zuber bereit steht.“ Bei diesen Worten ließ Caym erleichtert die Tür los und sah nur Momente darauf, wie sie geschlossen wurde, hörte, wie das Schloss einrastete und ihn wieder in diesem Zimmer einschloss. Mit einem lauten Seufzer fiel er beinahe nach vorne, stützte seinen Kopf und seine Arme auf dem jetzt geschlossenen Eingang ab. Er schloss seine Augen und atmete tief durch, spürte, wie ihm das Laken langsam vom Körper rutschte. Doch es war ihm egal. Alles war gerade noch gut gegangen, aber wie lange würde das wohl mit einem Dämon in der Menschenwelt noch so laufen? Ein beinahe sanfter Hauch an seinem Ohr und die warmen Hände, die seine Seiten hinaufwanderten, ließen ihn leicht erschaudern. Er lehnte sich in die Berührungen, die ihn beruhigten, ablenkten. Es könnte alles so angenehm sein… Und dann riss es ihn förmlich aus seinen Gedanken, als die Hände weit von Unschuldig entfernt nach vorne wanderten. Sein Kopf knackste beinahe, als er sich drehte, damit seine jetzt wieder offenen Augen in die eines lächelnden Dämons blicken konnten. „WAS?“, rutschte ihm heraus. „Hm…eine Stunde reicht völlig.“ Astaroth schmunzelte dabei deutlich sichtbar und Caym spürte, wie die Hände weiter wanderten, sich langsam auf seinen Bauch schlichen. Sein Körper lehnte sich wie von selbst in die Berührung, genoss es und sein Blut fing ganz leise an überall zu pochen, während die ganze Zeit über das Zwitschern von Aki an seine Ohren drang. So sollte es nicht laufen. Entschlossen atmete er tief ein und ließ sich gleichzeitig etwas nach vorne fallen, nur um in die Knie zu gehen und so der Umarmung zu entfliehen. „Nicht jetzt…Aki hat Hunger und ich auch.“ Wie auf Kommando knurrte sein Magen laut und deutlich zur Unterstützung seiner Argumentation. Astaroth lachte laut auf und sagte dann sichtlich amüsiert: „Ich will ja nicht, dass du verhungerst. Aber aufgeschoben bedeutet nicht, dass es nicht passiert.“, nur um ihm im nächsten Moment einen Klaps auf seinen Allerwertesten zu geben. Während Caym fast fauchte, ging sein Dämon endlich einen Schritt zurück. „Argh…“, war die fast resignierte Antwort. Caym wartete nicht lange, sondern kramte in dem Beutel herum, nahm den riesigen Milchbeutel heraus und streckte ihn seinem Dämon entgegen, während seine andere Hand sich einen Überblick über das Essen verschaffte. „Fütter doch bitte mal Aki…“, kam aus seinem Mund, ohne dass er vorher nachgedacht hätte. So schnell wie sich die rechte Augenbraue Astaroths hochhob, so schnell kam auch die Antwort: „Mein Kleiner, ich bin noch immer ein Fürst. Außerdem ist das dein Haustier…“ Damit ging er weiter zurück und ließ sich auf das Bett fallen, um sich dort breitbeinig hinzusetzen und verschmitzt zu lächeln. „DU…DU…dummer Dämon“, fauchte Caym, nahm den ersten Gegenstand, der ihm in dem Beutel in die Hände fiel und schleuderte ihn seinem Dämon entgegen. Doch wie immer fing dieser den Apfel – denn das hatte er erwischt bei seiner Suche – mit der Hand auf und biss einmal davon ab. „Nicht schlecht. Wenigstens etwas Geschmack. Aber dass du dich so um mich sorgst…ich bin fast gerührt.“, erklärte der Dämon schmunzelnd und aß bedächtig weiter, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Kopfschüttelnd murmelte Caym nur leise: „Dämonen…eingebildet, sexsüchtig…argh…“, nur um dann lauter in Akis Richtung zu rufen: „Komm her, du Nimmersatt.“, und gleichzeitig den Beutel zu schütteln. Der Wolf sprang auf, die Augen groß und lief mit wild wedelndem Schwanz auf ihn zu, biss sofort in den Beutel und nuckelte genüsslich daran. Langsam schlossen sich die großen schwarzen Augen und Aki lag schon im nächsten Augenblick entspannt gurrend am Boden, während Caym sich auf den Boden fallen ließ und den Beutel auf seinem Oberschenkel abstützte. In seiner anderen Hand hielt er inzwischen eine Birne und aß hungrig, ignorierte alles andere um ihn herum. Noch immer etwas gedankenleer schreckte er hoch, als ein lautes: „Also“, die Stille durchbrach. Er drehte sich um und starrte seinen Dämon an, der ihn mit einem merkwürdigen Blick musterte. „Jetzt hast du dich genug um den Wolf gekümmert. Komm her und setz dich doch neben mich.“ Dabei klopfte Astaroth einladend auf das Bett und schmunzelte wie immer mit einem nicht ganz unschuldigen Blick im Gesicht, der ein wenig lüstern wirkte. Das einzige, was Caym hervorbrachte, war ein nervöses Husten, bevor er sich wieder beruhigen konnte. „DU…Das ist nicht witzig!“ Im nächsten Moment zeigte er seinem Dämon schon die Zunge und setzte dann fort: „Ich werde jetzt ein paar Bücher zusammensammeln, die ich mitnehmen will, dann gehe ich baden und dann werde ich mich verabschieden von den Leuten und dieser Welt. Und hoffentlich bleibst du hier drin. Das wäre wirklich am sichersten für…die Welt da draußen.“ „Sicher nicht, mein Kleiner. Ich werde mich doch nicht in einem Zimmer einsperren lassen. Ich bin noch immer ein…“, fing der Dämon an und Caym fuhr in den Satz und beendete in leicht genervt: „…ein Dämonenfürst…ja, das hatten wir schon. Aber…könntest du möglichst niemanden umbringen?“ Astaroth lachte laut auf, lachte ehrlich und lange und schaute dabei so gar nicht dämonisch aus – abgesehen von den Hörnern, den ungewöhnlichen Augen und dem ganzen Rest. Es war ansteckend und Caym konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, obwohl er nicht wusste, wieso sein Dämon lachte. „Hm...mit dir als Ausnahme sind Menschen schwach und unbedeutend. Solange sie mir nicht in die Quere kommen, sind sie mir egal – eigentlich wäre ein Massaker pure Zeitverschwendung. Und wenn wir zurück sind, werde ich mir meine Belohnungen für all das hier tausendfach holen, bis in alle Ewigkeit.“, erklärte Astaroth noch immer amüsiert, nachdem langsam wieder etwas Stille in das Zimmer eingezogen war. Wieder hustete Caym gezwungen und schaute seinen Dämon böse an, nur um den inzwischen leeren Milchbeutel auf sein Gegenüber zu schleudern. Der fing es wie immer gekonnt auf und warf das nutzlose Ding in die Ecke. „DU…argh…Menschen sind nicht schwach und unbedeutend. Naja, schwächer als Dämonen…aber…egal. Und Belohnung…argh…SEXSÜCHTIG!“, schrie er fast, nur um dann etwas ruhiger hinzuzufügen: „Ich wiederhole mich und ich bin verrückt, dass ich freiwillig mit dir gehe und…dich noch immer…mag…“, flüstere er das letzte Wort ganz leise. Aki trabte derweil zum Bett, sprang hinauf und stieß mehrmals gegen Astaroth, wie um ihn von dort zu verjagen. Ein Knurren und der kleine Wolf zog sich zurück, starrte dann aber böse sein Gegenüber an. Die ganze Szene war absolut unwirklich und Caym lachte ganz leise darüber, beruhigte sich wieder gänzlich und sagte dann resignierend: „Ich lasse mich aber auch immer von dir reizen…und NEIN, ich meine es nicht SO! Also…ich weiß nicht, was daran so amüsant ist, aber was soll’s…“, und stand auf, um seine Lieblingsbücher zusammenzusammeln. Den Blick seines Dämons spürte er die ganze Zeit auf sich, ignorierte ihn so gut es ging, obwohl sein Körper sich etwas erwärmte, während er einen kleinen Stapel formte, auf den er noch ein paar andere Kleinode packte. Sein Werk betrachtend seufzte er und suchte dann im Kleiderschrank etwas zum anziehen, nahm das erstbeste, was ihm in die Hände fiel und drehte sich kurz um: „Das brauche ich, also zerreiß es nicht gleich wieder – mir egal, ob es dir gefällt. Ich will nicht nackt durch die Gegend laufen“ Er sah förmlich den Widerwillen im Gesicht seines Dämons, sah die gerümpfte Nase. „Nur solange, bis wir wieder zu Hause sind – und nur, weil dich keiner so sehen darf wie ich.“ Dann stand Astaroth auf und kam langsam auf ihn zu, während er sich immer mehr beeilte, sich möglichst schnell anzuziehen. Gerade als er das letzte Kleidungsstück übergestreift hatte, hatte sein Dämon ihn erreicht, umarmte ihn und küsste ihn ganz leicht auf den Mund, leckte über die Lippen, die sich bereitwillig öffneten. Die Zunge wanderte ganz langsam hinein, trieb Caym zu seinem Entsetzen das prickelnde Blut in sein Gesicht, und verleitete seine Augen dazu, sich langsam zu schließen. Doch dann löste sich sein Dämon plötzlich und starrte ihn nur zufrieden an. „See, Bett, Gras, Baum, Thron…überall…“ „Thron? Lieber noch zwei Mal See…“, rutschte es Caym heraus, und er schlug sich die Hand überrascht vor den Mund. „Das habe ich nie…das kam nicht von mir…“, stotterte er etwas herum, als der Dämon ihn etwas zu zufrieden anschaute. Ein Klopfen befreite ihn aus dieser unangenehmen Lage und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Tür. „Sir Caym? Das Bad steht bereit, ich mache die Tür auf.“ Nach einem bemüht ernsten Blick in Astaroths Richtung eilte er zur Tür und platzierte sich wieder davor, nur um sofort aus dem Zimmer zu springen, als diese weit genug geöffnet war und so Lakur die Möglichkeit nahm hineinzuschauen. „Endlich…“, murmelte er, schlug die Tür hinter sich zu und bemerkte den erstaunten Blick in Lakurs Gesicht. „Ähm…ich…habe schlecht geschlafen und möchte mich baden. Du brauchst die Tür nicht abzuschließen, Aki ist drinnen und…na ja…wenn etwas passiert…“, erklärte er, nur um sich umzudrehen und schnell zum Bad zu stürmen und so den Wachmann abzulenken. Zu seiner Erleichterung folgte ihm Lakur, hatte sein Plan funktioniert. Dieser ließ die Tür dabei unberührt, so dass die erste Hürde genommen war. Der Weg zum Badezimmer war nur kurz, da es im selben Haus lag. Dessen Eingang öffnete sich schnell unter dem leichten Druck seiner Hände, und ein Schwall feuchtwarmer Luft wehte ihm aus dem Raum entgegen. Der schmucklose, einfache Brunnen für das Wasser beherrschte die Mitte, daneben stand der Holzofen, der für Wärme sorgte und in den verschiedenen Ecken lagen versteckt hinter Halbwänden und Vorhängen die Zuber und die Duschen. Lakur überholte ihn und schloss die Tür fast unhörbar, deutete dann nach vorne: „Der hier ist vorbereitet, Sir.“, und platzierte sich vor dem Eingang. Ein kurzer Seufzer und Caym ging nach hinten durch den Vorhang zu der hölzernen Wanne die dort stand. Er entledigte sich seiner Kleidung so schnell, wie es normalerweise nur Astaroth ihn von jeder Form von Stoff befreite, und setzte sich in den Zuber, nur um damit zu beginnen, jeden auch noch so kleinen Hinweis auf die gestrige „Liebesnacht“ zu beseitigen. Endlich konnte er das leichte Jucken und das Gefühl, dass alles klebte, los werden, dass seinen ganzen Körper in unabgelenkten Minuten heimgesucht hatte. Langsam fuhr er mit seinen Händen über die Haut, seifte sich ein, schrubbte sich ab. Immer wieder schüttete er sich Wasser mit dem hölzernen Schöpflöffel über den Kopf und genoss das Gefühl des klaren Wassers, das seinen Körper hinab rann und ihn sanft reinigte. Endlich, als er sich sauber fühlte, ließ er sich in das Wasser sinken und lehnte sich seufzend zurück, schloss seine Augen und spürte, wie das Nass um ihn herum sich beruhigend bewegte, ihn fast einschläferte. Mit Mühe versuchte er wach zu bleiben… Wieso hatte er Astaroth wirklich gerufen? Das merkwürdig warme Gefühl, dass sich allein bei dem Gedanken an seinen Dämon ausbreitete, half ihm nicht wirklich dabei, die Frage ernsthaft zu beantworten. Mochte er ihn wirklich so sehr? Aber selbst wenn, so sträubte sich sein Verstand bei dem Gedanken, für den Rest seines Lebens in der Welt der Dämonen verbringen zu müssen. Er gehörte nicht dorthin, egal, was Astaroth sagte. Als Mensch war er dort fehl am Platz, so unglaublich deplatziert und gefährdet. Und doch konnte er nicht anders, als mit zu gehen. Natürlich konnte er seinen Dämon nicht in der Menschenwelt lassen, aber da war auch noch die Sorge, die er jedes Mal im Gesicht Astaroths lesen konnte, wenn ihm etwas zustieß. Trotz allem wusste er genau, dass er ihn nie daran dachte, ihn zu verkaufen, sich immer um ihn kümmern würde – und dabei immer Sex wollte, was ihm langsam selber gefiel. Er grummelte leise und tauchte mit seinem Kopf gänzlich unter Wasser, genoss das Gefühl fast zu schweben. Es hatte keinen Zweck weiter darüber nachzudenken. Mit jedem Moment länger, gelangte er nur tiefer in eine Sackgasse zwischen dem Wunsch hier zu bleiben und dem Verlangen, doch Astaroth in seiner Nähe zu haben. „Sir Caym?“ Überrascht schreckte er bei der Frage hoch, so dass Wasser über den Rand des Zubers schwappte und mit einem klatschenden Geräusch auf den Boden auftraf bei seinem Versuch sich aufzurichten. Lakur musste schon sehr nahe sein. „Was ist los?“, wollte er noch immer verwirrt wissen, während er aus der Wanne stieg, um sich mit einem Handtuch abzutrocknen und anschließend seine unteren Regionen zu bedecken. Es reichte schon, wenn Astaroth ihn andauernd nackt sah… Ein Räuspern, gefolgt von der durch die Wand gedämpften Stimme war zu hören: „Ich denke es ist Zeit aus dem Bad zu kommen und mit dem Training zu beginnen, Sir Caym. Graf Duncan…“ „Jaja, ich weiß. Ich soll meine Zeit nicht verschwenden, brav sein und der ganze Rest, der in den ‚Gesprächen’ mit meinem Vater immer vorkommen…heute sagt jeder das Offensichtliche, verdammt. Dann…eben Stock, und danach ein paar Besuche – und ja, ich weiß, dass du mir wie ein Dackel hinterher rennen musst…“, beschwerte sich Caym, zog sich schnell an und trat aus der Kabine heraus, wo ihn Lakur mit leicht verwirrtem Blick erwartete. Offenbar hatte er ihn mit dem letzten Ausbruch deutlich überrascht. Ohne weiter auf seinen „Wachhund“ zu achten, marschierte er durch das Haus zielstrebig in Richtung Übungsplatz und schnaufte dabei immer wieder betont. Die Regelung seines Vaters war absolut sinnlos, aber der Graf würde das natürlich nie einsehen. Doch das alles gehörte bald der Vergangenheit an, auch wenn es anders lief, als er gehofft hatte. Er wollte Freiheit, doch die kam wohl nur zu einem Preis. Im Endeffekt hatte schon jetzt etwas Bestechungsgeld gereicht und Caym hatte seine Freiheit in der Nacht wieder zurückbekommen – zumindest bis ihm Astaroth den Schlüssel abgenommen hatte. Er rollte noch stärker mit seinen Augen. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht, was ihn ärgerte. Irgendwie schien sein Dämon inzwischen wirklich seine Welt zu beherrschen. So in Gedanken versunken trat er aus dem Haupteingang und erblickte das leergefegte Gelände. Es war merkwürdig, so untypisch, dass um diese Uhrzeit kein einziger Mensch hier war, kein Soldat übte und keiner die Bibliothek besuchen wollte. Der Platz vor der Kaserne sah fast staubig aus in seiner Kahlheit mit dem sandigen Grund, auf dem er das Training mit den Waffen immer vor den Augen aller vollführen musste. Leicht schnaufend trat er durch die Öffnung im Zaun, der den Exerzierplatz umgab, und ergriff einen der Stöcke, die an der Kasernenwand lehnten. Einladend schwang er den Stab hin und her und schaute Lakur erwartungsvoll an. „Sag mal Lakur, wo sind denn alle?“, fragte er den einzigen anderen Menschen in Sichtweite. Irgendwie war es doch unheimlich in diese Leere zu starren. „Sir Caym, es sind Besucher aus der Republik Ama hier, und haben eine Audienz mit Graf Duncan. Ich glaube sie waren den Leuten genauso unheimlich wie mir auch.“, gestand der Hauptmann der Wache mit etwas mehr Emotion in der Stimme, der sich inzwischen selbst mit einem Stock ausgerüstete hatte. „Sie sind erst vor kurzem eingetroffen – voll bewaffnet und ein Teil der Delegation sehr merkwürdig gekleidet.“ Lakur schwang den Stab probeweise und ging dann in Position: „Und jetzt fangen wir an, bevor wir weiter Zeit verschwenden. Stellung!“ Und damit begann wie immer das Training. Lakur korrigierte ihn, scheuchte ihn über den halben Platz, kreuzte mit ihm die Stöcke und gab Kommentare ab, wieso er den seine Waffe so nachlässig hielt. Immer und immer wieder wurde Caym zurückgedrängt und mühte sich ab, um mitzuhalten. Doch jetzt – nach wer weiß wie langer Zeit – reichte es ihm. Er ergriff den Stock fest mit beiden Händen und holte leicht aus. Wie immer dachte der Hauptmann wohl, dass er die nächste Bewegung erkannt hatte, aber als der Stock seines Gegenübers auf ihn zuraste, drehte Caym seinen Stab und blockte den Schlag, nur um seinem Trainingspartner einen Tritt auf den Fuß zu verpassen. Lakur sprang zurück und schaute ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Unzufriedenheit an. „Was sollte das? Das ist kein Kampfmanöver, dass ist lächerlich, Sir Caym“, presste dieser durch die Lippen hindurch. „Hm…es hat…funktioniert, oder? Hat mir schon öfter…na ja…nicht wirklich, aber du hetzt mich nur durch die Gegend und ich habe genug davon, ein Spielball zu sein. So lerne ich sicher nichts. Und jetzt will ich nicht mehr.“ Bei den Worten ließ er den Stock auf den Boden fallen und setzte sich demonstrativ daneben. „So funktioniert das…“, hörte er Lakur mit der Stimmlage beginnen, die er immer bei Lektionen benutzte und dann plötzlich verstummen. Der Hauptmann drehte seinen Kopf und starrte in Richtung Haupthaus. Cayms Blick folgten der Bewegung. Man sah eine eigenartige Prozession, in sichtlich teure Gewänder gehüllte schwarzhaarige Diplomaten, begleitet von Soldaten, die in reines Dunkelblau gehüllt waren. Das auffälligste aber war das weiße Haar, dass all die Soldaten besaßen und das sie von allen anderen abhob. Die riesigen Waffen, die fast alle trugen, wirkten einschüchternd und Caym stand auf, um ein paar Schritte zurückzuweichen. Diese weißen Haare in dieser Menge erinnerten ihn an die Engel, brachten Bilder von Blut, Kampf und so vielem anderen wieder vor sein geistiges Auge. Er zitterte leicht, schreckte panisch hoch, als er einen Stoß gegen sein Bein spürte, und wollte wieder nach dem Stock greifen – nur um dann mitten in der Bewegung zu erstarren und unglaublich erleichtert aufzuatmen. „Aki…du…was machst du hier?“, fragte er den kleinen Wolf glücklich und kraulte ihn auf dem Kopf. Der Schwanz zischte wild durch die Luft und Aki sah ihn aufgeregt und freudig an, nur um sich dann umzudrehen und laut in Richtung der Delegation zu knurren, von der jetzt ein paar Mitglieder zu ihnen herüber starrten und die Richtung wechselten und jetzt direkt auf den Exerzierplatz zugingen, dabei immer schneller wurden. Die Gesichter waren absolut emotionslos und konnten einem einen Schauer über den Rücken jagen. Caym versuchte sich darauf einen Reim zu machen und kraulte seinen Wolf jetzt nur noch wilder und bemühte sich wieder ruhiger zu werden, bevor er schließlich zu Lakur gewandt leise flüsterte: „Was wollen die? Sind das die aus Ama?“ „Ja“, erwiderte der Hauptmann sehr wortkarg, ließ die Übungswaffe fallen und legte seine Hand um den Griff seines Schwertes, dass auf dem Rücken hang. „Ich glaube ihr solltet…“, begann er, doch schon war der erste weißhaarige, unglaublich schlanke Mann am Zaun angelangt und kletterte leichtfüßig darüber nur um vor Caym stehen zu bleiben. Er trug eine merkwürdige Waffe mit einem Griff und einem Gewicht an einer langen Kette, die diese beiden verband, bei sich. Lange musterte ihn dieser merkwürdige „Soldat“, verzog dann den Mund in kleinen Gesten des Widerwillens und sprach schlussendlich salbungsvoll: „Wir wissen was ihr seid. Diese Grafschaft wird von dummen und verblendeten Herrschern geführt, die die Wahrheit nicht erkennen wollen, doch ihr hier seid der Gipfel der Verblendung. Einer der großen Engel hat uns von eurem Verrat, von der Unglaublichkeit eures Verbrechens berichtet, und wir sind gekommen, um euch mitzunehmen und zu bestrafen.“ Caym schaute sich kurz um. Lakur stand von mehreren Soldaten umzingelt inzwischen mehrere Meter von ihm entfernt, und Aki knurrte so laut, dass man die Stimme fast nur noch dumpf verstanden hatte. „WACHEN!“, rief Lakur laut, versuchte wohl angesichts der Situation noch sein Schwert zu greifen, doch ein Schlag auf den Kopf betäubte ihn. Caym sah nur noch, wie der Hauptmann bewusstlos zu Boden sank und riss die Augen auf. Das hier geriet langsam außer Kontrolle… „Was für ein…was? Engel? Ihr habt den Verstand verloren. Welches Verbrechen soll ich begangen haben? Ich war einen Monat lang krank und bin gerade erst wieder gesund geworden.“, log Caym und verfluchte sich jetzt dafür, dass er seinen Stock fallen hatte lassen. „Ich will nicht weiter mit euch reden, also…danke für das Gespräch.“, setzte er so beherrscht wie möglich fort und wollte sich umdrehen, nur um einen kalten Griff auf seiner Schulter zu spüren. Langsam übertrieben es diese „Besucher“ wirklich bei weitem. Am liebsten hätte er ihnen ihre Dummheit entgegen geschleudert, die absolute Idiotie sich mit Monstern wie den Engeln zu verbünden, doch dann hätte er sich verraten – und sie waren in der Überzahl. Er musste sich beherrschen. Sein Gegenüber rümpfte noch einmal die Nase in Richtung Aki, den jetzt ein anderer Soldat mit seinem Speer bedrohte, und fing an unbeeindruckt weiterzureden: „Das hier ist ein dämonisches Tier. Glaubt ihr wir sind blind? Und eure Beschreibung passt genau auf die, die uns der erhabene Engel schenkte. Also kommt freiwillig mit uns mit und stellt euch eurer Strafe als Verräter der Menschheit, als Schoßtier eines Dämons“, bei den Worten zog der Sprecher ihm den hohen Kragen des Hemdes etwas hinunter und lächelte zufrieden, „wie das hier beweist. Leugnen ist zwecklos, also stellt euch, oder wir werden diese Grafschaft, in der die Dämonen wohl verehrt werden, die Engel aber geleugnet, angreifen müssen. Dämonen sind zu gefährlich, blutdurstig und bösartig, als dass sie hier leben dürften.“ Damit löste sein Gegenüber kurz den Griff und Caym stolperte hastig ein paar Schritte zurück, um dieser unheimlichen Gesellschaft zu entkommen, während er am ganzen Leib zitterte – vor Angst und Wut zugleich. „Ihr seid verrückt. Dämonen existieren nicht, also lasst mich in Ruhe.“, brachte er noch völlig überrascht zu seinem eigenen Erstaunen hervor. Er schaute sich um. Diese Männer aus Ama waren verrückt, Verbündete der Engel, der Engel, die ihn einfach verurteilt hatten. Sie schauten siegessicher, eitel und arrogant auf ihn herab, erwarteten so etwas wie ein Geständnis. Wofür? Dafür, dass er lieber mit einem sexsüchtigen Dämon, dem er etwas bedeutete, als mit Engeln die ihn ohne zu fragen verurteilten, zusammen war? Was sollte das alles? Er zitterte schon vor Aufregung, Angst und Zorn. Langsam brach die Wut durch alle Barrieren, und er konnte nur noch seinen Frust heraus schreien: „Eure verdammten Engel sind die wahren Dämonen, also lasst uns in Ruhe und befreit die Welt von diesen Monstern!“, nur um sich dann die Hand vor den Mund zu schlagen. „Verdammt“, brachte er noch heraus, bevor er sich noch schnell umsah und nach vorne stürmte, um den Stock am Boden zu ergreifen. „Also jetzt hast du es zugegeben. Wir haben schon in deiner Abwesenheit das Urteil gesprochen über den Verräter an der Menschheit: Tod!“, hallte es wie ein Schuldspruch über den Exerzierplatz, der noch immer so merkwürdig leer war. „WACHEN! Komm her! Sofort!“, rief Lakur jetzt unerwartet und mit wackliger Stimme erneut, stand mit dem Schwert in der Hand vor seinen Gegnern. „Was wollt ihr? Verschwindet und lasst Sir Caym in Ruhe!“, befahl er wütend und schwang sein Schwert unbeholfen, so dass alle Gegner beinahe mühelos ausweichen konnten. Er musste wohl noch etwas betäubt sein. Doch Caym hatte keine Zeit lange darüber nachzudenken, sondern nutzte die Ablenkung sofort, um auszuholen, seinen Stock durch die Luft rasen zu lassen. Der Stab fand sein Ziel und krachte mit einem unangenehmen klingenden Knacksen auf den Kopf des Soldaten, der Aki bedrohte. Der Wolf sprang sofort nach vorne und biss den Soldaten kräftig, der schon mit einem ohrenbetäubenden Schmerzensschrei zu Boden fiel, dessen Augen dabei zuckten. In diesem Moment wandten sich jetzt wieder alle Augen dem Hauptaugenmerk zu: Ihm. „VERDAMMT!“, fluchte Caym, bevor er sich umdrehte und schwer atmend davon rannte, vor der Übermacht an Gegnern, die ihn jetzt wieder entdeckt hatte. „SOLDATEN!“, versuchte er es selbst noch einmal verzweifelt, doch keiner kam. Es war wie verhext. Und schon im nächsten Moment legte sich etwas um sein Bein, schlang sich darum, nur um ihm den Halt zu rauben. Er stolperte, fiel mit einem leisen „Au“, nach vorne auf den harten Grund. „VERDAAAAAAMMT!“, schrie er laut und blickte schnell nach hinten. Die merkwürdige Kette des einzigen Soldaten, der geredet hatte, lag um sein Bein geschlungen. Jetzt konnte er nicht mehr entkommen. Er drehte sich rasch um, schwang den Stock und sah, wie Aki sich laut knurrend vor ihm platzierte. Bei jedem Versuch sich aufzurichten, zog die Kette ihn wieder auf den Boden. Ohne Kampf würde er aber sicher nicht untergehen. Schon schwang die erste Lanze in seine Richtung, läutete sein Ende ein – nur um an einem riesigen, überdimensionalen blauen Schwert abzuprallen. Noch während er mit großen Augen auf den Dämon starrte, schlug dieser schnell die Kette durch und wandte sich knurrend den Soldaten zu. „Dafür werdet ihr bezahlen. Ihr habt es gewagt, meinen Caym zu bedrohen, anzugreifen. Und ekelhafte Unterstützer der Engel seid ihr dazu, ihr seid sicher Nachkommen der Verräter aller Verräter.“, spuckte er fast aus, schwang dabei sein Schwert und köpfte den ersten seiner Gegner fast mühelos, bevor er sich dem nächsten zuwandte, während der Kopf auf den Boden traf und diesen mit Blut bedeckte. Aki stürmte nach vorne und verbiss sich ebenfalls in einem Gegner, Lakur starrte kurz mit großen Augen, bevor sich seine Miene versteinerte und er das Schwert schwang und einem der Weißhaarigen eine tiefe Wunde auf einem Arm zufügte. Caym ergriff die Kette, löste sie und sprang dann auf, um seinen Stock zu schwingen. Er würde sicher nicht hilflos hier liegen bleiben… Seine Augen waren am Rand in leichtes Rot getaucht, doch seine Wut war nicht so groß, seine Gegner nicht stark genug, um seinen wahren Zorn zu rechtfertigen. Fast mühelos pflügte sein Schwert durch diese weißhaarigen Menschen, die ihn an Engel erinnerten, an die wenigen flügellosen Engel, die manchmal kämpften. Was er hier nicht alles lernen konnte. Schon lag der nächste Feind blutend am Boden, wand sich vor Schmerzen. Neben ihm kämpfte Caym verbissen und immer wieder schreiend, weiter vorne ein Mensch, der offenbar im Moment auf ihrer Seite stand und Aki biss sich in jedes Ziel das er finden konnte. Ein zufriedener Ausdruck schlich sich auf seine Lippen bei dem Anblick der verängstigten und überraschten Männer, die immer wieder den Kopf schüttelten, nur um dann nach vorne zu stürmen und zu unterliegen und unter seinem Schwert vor Schmerzen stöhnend auf den Boden zu fallen. Die kleinen Schnittwunden, die sie ihm zufügten quittierte er nur mit einem verächtlichen Lachen. „RÜCKZUG!“, schrie jetzt wohl der Anführer fast aller seiner Mannen beraubt, bevor er ihn nur noch mit schreckensgeweiteten Augen ansehen konnte, als sich das blaue Schwert in seinen Bauch versenkte. Gurgelnd fiel der Gegner zu Boden und löste so das einzige, was die Wunde noch versiegelte, riss die Augen auf, aus denen alles Leben wich, während nun das Blut heraus floss und den Grund in ein hässliches rot-braun tauchte. „Denkt ihr, ich lasse auch nur einen einzigen von euch entkommen?“, knurrte Astaroth und lief den letzten beiden Soldaten nach, die sich immer wieder angstvoll umblickten. Er hatte sie schnell eingeholt und schwang sein Schwert mit einem letzten Knurren. Beide fielen schreiend auf den Grund, schrieen, flehten kurz um ihr Leben, bevor er ihnen mit einem schnellen Stich ins Herz das Leben raubte. Menschen waren langsam und schwach und seine Zeit nicht weiter wert. Er schüttelte kurz sein Schwert aus, steckte es wieder in seine Schlaufe und wollte seinen Kleinen wieder anschauen, der mit dem blutigen Stock in der Hand verwirrt auf die Leichen starrte. „Sir Caym, passt auf! Das Monster!“, rief jetzt der Mann mit den schwarzen Haaren und streckte das Schwert in seine Richtung. Noch einer, den er übersehen hatte? Egal, es war nur ein normaler Mensch, kaum der Rede wert. Schon war seine Hand am Griff seines Schwertes, als er einen dumpfen Aufprall hörte, sich schnell umdrehte und sah, wie Caym auf dem Boden saß und seine Augen rollte, laut seufzte und mit dem Kopf schüttelte. Er wirkte ratlos. „Muss hier alles so schief laufen? Was habe ich getan, um das zu verdienen? Lakur, steck dein verdammtes Schwert weg…das ist kein Monster, er hat uns geholfen, er hat mir geholfen. Er würde mir nie etwas in der Richtung antun…Astaroth ist ehrlich…“, sagte sein Kleiner emotionslos, als ob er müde wäre, bevor dieser den Kopf schüttelte und den Stock in eine andere Richtung schleuderte. „Verdammt…womit habe ich das verdient? Jetzt ist alles aus. Ist das ein schlechter Scherz des Schicksals, das es nicht geben sollte?“ „ER? Aber das ist ein…ein Monster, ein Dämon Sir Caym“, ignorierte der merkwürdige schwarzhaarige Mann die Ausführungen seines Kleinen. „Ha…ich und ein Monster. Ich bin kein einfacher Dämon, ich bin ein Großfürst, ich bin DER Astaroth.“, erklärte er wie selbstverständlich, nur um gleichzeitig sein Schwert zu ziehen und es diesem Wurm von Mensch an den Hals zu halten. „Und jetzt…“, fing er an und holte mit seiner Waffe aus. Doch ein lautes „Nein!“ stoppte ihn mitten in der Bewegung, so dass er seinen Kleinen fragend anschaute, der ihn offenbar aufhalten wollte. „Nicht schon wieder…“, erklärte Caym jetzt mit nach oben verdrehten Augen und richtete sich auf, klopfte seine Kleidung ab. „Ich komme mir vor wie in einem schlechten – nein – miesen Buch. Das ist ja fast schon Kindergarten. ARGH. Lakur, Astaroth hat uns das Leben gerettet, hat es mir schon öfter gerettet und…ich…ach egal.“ Nach diesen Worten wandte er sich wieder zu ihm, ging auf ihn zu und holte mit seinem Arm aus. Die kleine Faust traf ihn im Bauch, ohne jeden Schmerz mehr wie eine Geste, so dass er nur zweifelnd die Augenbraue hob. „Und du lässt ihn leben! Er hat an unserer Seite gekämpft und in ein paar Stunden wirst du ihn nie wieder sehen…“, kurz machte sein Kleiner eine Pause, bevor er leise hinzufügte: „…genau wie ich.“ Dann drehte sich sein Caym wieder um und starrte mit immer größer werdenden Augen auf die Leichen, beugte sich vor und griff mit zitternder Hand an den Hals einer der Leichen, stand wieder auf und machte dasselbe bei der nächsten. „Oh verdammt“, hörte er seinen Menschen fluchen, der aufsprang und ein paar Schritte zurückwich. „Oh du. Verdammt…das…ist…schlecht.“, setzte sein Kleiner fort, und eilte aufgeregt vor und zurück. Was hatte er? „Sie sind alle…tot.“, klang es fast erschüttert. „Was machen wir jetzt? Lakur? Das…waren Gesandte?“ Caym schaute verzweifelt von einem Ort zum nächsten, wirkte fast gehetzt. „Sir Caym, sie haben euch angegriffen. Das ist ein Akt der Feindschaft gewesen.“, erwiderte der andere Mensch nur gefasst, während er Astaroth noch immer misstrauisch beäugte. Er verstand nicht wirklich, wieso sein Kleiner ihn davon abgehalten hatte diesen Lakur umzubringen. Langsam ließ er jetzt sein Schwert wieder in die Scheide an seinem Rücken sinken und ließ es los, begann erst dann zu reden: „Sie waren schwach, sie sind tot. Wo ist das Problem?“ Irgendwie schien ihm die ganze Szene reichlich sinnlos. Er wollte seinen Kleinen ganz für sich, ohne Zuschauer, ohne Störungen. Jetzt. „Was das Problem ist?“, rief Caym, während er seine kleinen Finger in den braunen Haaren verkrallte. „Das hier ist die Menschenwelt! Wenn das entdeckt wird, bricht ein Krieg aus – sie werden sich rächen wollen, werden einfallen und nach den Schuldigen suchen. Und Ama ist groß, mächtig, hat viele Verbündete. Das wäre das Ende von Sibu. Verdammt…wieso läuft mein Leben so daneben? Wenn ich weg bin, werden hier die Horden einfallen. Was habe ich getan um das zu verdienen? Ich kann nicht…das…ich weiß nicht, was ich tun soll…ich…das…“ Sein Kleiner klang wirklich verzweifelt, zog immer fanatischer an seinen weichen Haaren. „Lass das.“, befahl Astaroth nur, trat vor seinen Menschen und umarmte ihn fest, fuhr mit seinen Händen über den schmalen Rücken, spürte den beschleunigten Atem auf seiner Brust. Er wollte nicht, dass sein Kleiner unglücklich wurde, wollte ihn stark und unbetrübt sehen und so überlegte er schnell, wie man das Problem lösen konnte. Die verschiedensten Szenarien tauchten in seinen Überlegungen auf, die er mit Mühe auf die schwächliche Menschenwelt zu übertragen versuchte und ignorierte dabei gekonnt den verwunderten, fast entsetzten Blick dieses Lakurs. Wie eine Offenbarung erschien die rettende Idee: „Wir müssen nur vortäuschen, dass diese Engels-Menschen alle von mir umgebracht wurden. Die anderen Gesandten können nicht wissen, dass sie dich gefunden haben, mein Kleiner. Lakur muss verletzt werden und bewusstlos etwas abseits liegen, dann kann er davon berichten, wie ein furchtbarer Dämon dieses Massaker veranstaltet hat und lenkt den Verdacht damit von diesem unbedeutenden Reich hier. Menschen sind leichtgläubig, leicht zu täuschen und dumm, also sollte das funktionieren. Und du mein Kleiner kommst mit mir mit.“ Er spürte die Hände auf seiner Brust, hörte, wie sein Kleiner durchatmete und dann wieder sichtlich beruhigt flüsterte: „Das…macht sogar Sinn. Aber wieso passiert das alles mir? Es…das…“, stockte sein Mensch, bevor er noch einmal tief durchatmete und weiter redete: „Ich habe keine Wahl und sie werden sicher gleich wieder kommen. Also…“ Jetzt stieß Caym sanft gegen seine Brust, schaute ihn mit erwartungsvollen Augen an, so dass er los ließ, nachdem er die Geste richtig gedeutet hatte. Das nächste, was sein Kleiner tat, war zu Lakur zu gehen und diesen still anzustarren. „Lakur, hast du das gehört? Das ist deine Pflicht als Hauptmann, als Beschützer dieser Grafschaft. Bitte – tu mir diesen einen Gefallen. Und du solltest noch herausfinden, warum die Wachen nicht kamen, nicht kommen. Aber ich habe keine Zeit mehr…“, seufzte Caym jetzt noch ein letztes Mal. „Aber Sir Caym…“, wollte Lakur beginnen, noch immer leicht entsetzt zwischen ihm, dem Dämon, und seinem Kleinen hin und her schauend. Doch Astaroth sah, wie sein Mensch den Kopf schüttelte, die Augen voll von Bedauern und damit den anderen unterbrach, bevor dieser weiterreden konnte. „Das ist alles so unglaublich, dass ich es glauben muss. Ich hoffe sie müssen ihr Opfer nicht zu sehr bereuen.“, schloss dann Lakur resignierend. „Das ist kein Opfer, er gehört zu mir.“, mischte sich jetzt Astaroth ein und überbrückte die Entfernung schnell, um seinem Kleinen den Arm um die Hüfte zu legen, während er sein Schwert wieder aus der Scheide zog. Langsam fand seine Geduld ein Ende – die ganze Sache dauerte schon weit länger als nötig. Seine Hand umfasst den Schwertgriff. „Duuuu…“, meckerte sein Mensch wie immer, rammte ihm das Bein auf den Fuß und setzte dann fort: „Mir wird schon nichts passieren. Es tut mir leid Lakur, es tut mir wirklich leid. Ich kann nichts dafür…Atris war so dumm…“, nur um mitten im Satz aufzuhören, als Lakur von Astaroths Schwertgriff getroffen ohnmächtig zu Boden sank und etwas Blut an der getroffenen Stelle sichtbar war. „Was…?“, fuhr ihn sein Kleiner an. „Überraschend ist immer besser. Und jetzt sollten wir gehen.“, erklärte er und zeigte dabei auf Askavi, der mit aufgeplustertem Schwanz und leicht knurrend da stand. Feinde waren in der Nähe und alle Mühe umsonst, sein Kleiner unglücklich, wenn sie jetzt auf diese Verräter von Menschen trafen. „Aber…ich wollte doch noch…“ Caym schien nicht begeistert von der Idee jetzt schon seine Heimat aufzugeben. „Verdammt. Und wo sollen wir jetzt hin?“, hörte er ihn fragen. „Wir gehen noch einmal in dein Zimmer, holen das sinnlose von dort, dass du mitnehmen wolltest, und dann in den Wald, der optimale Deckung bietet. Damit verlieren wir zwar Zeit, gewinnen aber die Überraschung.“, beschloss er für sie beide, ließ sein Schwert wieder in die Scheide gleiten und zog seinen Kleinen, der merkwürdig still geblieben war, am Arm in Richtung Haus. Er wollte Caym aus der Gefahrenzone bringen, so schnell wie möglich. So war das schmucklose Haus rasch erreicht, die Tür aufgestoßen und sein Kleiner stolperte nach einem leichten Schubs in das Zimmer, stand Momente ratlos dort, während Astaroth ihm ganz automatisch folgte, ohne den Blick von seinem Menschen auch nur einmal zu lösen. „Nimm nur mit, was du wirklich brauchst.“, forderte er ihn auf, worauf sein Partner sich umdrehte und den Mund öffnete, wohl um eine scharfe Bemerkung darauf zu entgegnen, nur um dann ein kurzes: „Jaja…ich werde schon…“, zu entgegnen. Dann ergriff sein Kleiner die Sachen auf dem Stapel und fing an sie eins nach dem anderen in die Tasche zu stopfen, die er plötzlich in Händen hielt. Es war unglaublich mit welcher Ruhe Caym in dieser Hektik noch jeden einzelnen Gegenstand betrachten konnte, wirklich faszinierend, doch unpassend. Beinahe sehnsüchtig starrte sein Kleiner auf viele der sinnlosen, hässlichen Dinge aus dieser Welt, die gar nicht zu ihm passten, zu seiner Einzigartigkeit. Besonders etwas merkwürdig Felliges hatte wohl eine ganz besondere Anziehungskraft. „Beeil dich, mein Kleiner. Das ist doch unnötig.“ Ewig war nicht mehr Zeit und sein Mensch brauchte nichts von alle dem, das nicht einmal eines genaueren Blickes würdig war, doch offenbar war inzwischen endlich alles erledigt. Im nächsten Moment erkannte er den wütenden Blick seines Kleinen und sah, wie dieser ihm eine Hand entgegenstreckte, an der die Tasche baumelte, ihn dabei auffordernd ansah. „Wenn du mich hetzen willst, dann nimm du die Tasche. Dann bin ich sicher viel schneller…du als großer starker Dämon…“, murmelte Caym mit einem deutlich ironischen Unterton. „Mein Kleiner, du bist doch so widerspenstig und willst dich beweisen. Wobei – gegen eine anständige Belohnung…“ Das in Gegenwart seines Menschen so präsente Lächeln schlich sich wieder auf sein Gesicht, als er bei jedem weiteren Wort die immer größere Fassungslosigkeit bei seinem Partner erkannte. „Wa…da…du sexsüchtiger…argh…verdammt“, fluchte sein Kleiner noch, bevor er leicht rot anlief und an ihm vorbei aus dem Zimmer rauschte. „Wieso lasse ich mich immer von dir ablenken“, hörte er noch ganz leise hinter sich. Mit einem Blick suchte er kurz Askavi, der mit deutlich aufgeplustertem und stetig stärker wedelndem Schwanz da stand und ihn verwirrt anstarrte. Die Feinde waren nah und er konnte, nein wollte seinen Caym nicht aus den Augen lassen. Außerdem mussten sie jetzt wieder zurück in seine Welt – dorthin wo sein Kleiner jetzt auch gehörte. „Such einen Weg zu der Stelle, an der ich aufgetaucht bin, einen langen Umweg.“, befahl er dem Wolf, bevor er sich umdrehte und den Arm seines Partners ergriff, der nur wenige Meter weit weg kopfschüttelnd stehen geblieben war, wohl in Gedanken versunken. „Wir gehen.“, erklärte er dann seinem Gegenüber, nur um im nächsten Augenblick dem Wolf zu folgen, der aufgeregt voraus rannte und langsam anfing zu knurren. Die Feinde waren nah… Caym konnte nicht denken. Sein Verstand raste, und brachte doch keinen einzigen Gedanken hervor. Er spürte nur, wie sich seine Beine bewegten, während das Gewicht der Tasche an dem Arm baumelte, der von seinem Dämon umfasst wurde und an dem er herumgeführt wurde. „Wa…“, stotterte er mit großer Verzögerung und starrte auf Astaroth, der sich nur kurz umdrehte und den ausgestreckten Zeigefinger quer über den Mund hielt. Caym schüttelte den Kopf und ließ seine Beine die Arbeit machen, während er krampfhaft über etwas anderes nachdachte, versuchte überhaupt etwas zu denken. Er wunderte sich über das, was er da in die Tasche gesteckt hatte, über die Bücher, ein paar Münzen und das kleine Stofftier, das ein Andenken war – an wen wusste er nur nicht mehr. Irgendwie fragte er sich noch immer, wieso er überhaupt etwas mitnahm. Es würde doch sein Heimweh sicher noch schlimmer machen, ihm vor Augen führen, was er nicht mehr hatte. Und jetzt? Jetzt würde er all das in die Dämonenwelt mitnehmen, in die er von Astaroth verschleppt, nein, geführt wurde. Alles verlief im Moment merkwürdig. Er schaute sich um. Die Umgebung hatte sich drastisch verändert, sie waren schon im Wald angelangt, ohne dass er es wirklich bemerkt hatte. War er wirklich so abgelenkt gewesen? „Wieso müssen wir so überstürzt von dort weg?“, wollte er in seiner Neugier wissen, und eigentlich dabei doch nicht. Seine Zunge war wieder einmal schneller als sein Gehirn gewesen. „Weil du dich ständig in Gefahr bringst, weil du ihr Hauptziel bist, mein Kleiner. Ich könnte sie alle erledigen, aber sollte einer mir entkommen und dich töten, dich auch nur verletzten, wäre jede Mühe umsonst gewesen. Noch einmal lasse ich es nicht zu, dass du verletzt wirst. Du gehörst zu mir und ich werde niemanden auch nur noch einen Finger an dich legen lassen. Außerdem ist die Welt der Menschen eintönig, schwach, langweilig und es nicht wert länger meine Gegenwart zu genießen. Und da du zu mir gehörst…“, hörte er seinen Dämon sagen und hielt nur mit Mühe Kommentare zurück, nur um alles mitzubekommen. Doch am Ende kam es doch wie es kommen musste. „Ich bin kein Schwächling. Du musst mich nicht beschützen, verteidigen oder so etwas ähnliches. Ich bin stark genug, verdammt. Es muss ja nicht jeder ein muskelbepackter Ober-Dämonen-irgendwas-Astaroth sein, um sich verteidigen zu können. Und deine Gegenwart könnte diese Welt nicht lange genießen, im Übrigen. Und was soll dieser bescheidene Umweg?“, meckerte er zum Schluss noch. Doch sein Dämon blieb still und zog ihn nur weiter unbeirrt den Weg entlang, über Stock und Stein. Mit jedem Schritt wurde Caym wütender, wollte Antworten, wollte die ungeteile Aufmerksamkeit seines Gefährten haben. „Jetzt halt an! Ich will das wissen!“, versuchte er zu befehlen, zog dabei immer wieder an dem Arm, der ihn festhielt. „ASTAROTH!“, schrie er schlussendlich und brachte seinen Dämon so zu einem abrupten Halt. „Mein Kleiner: RUHE! Du bist stark, sonst hättest du dich niemals in meine Gedanken schleichen können, wie ein Gift, dass einen nicht mehr los lässt, eines, auf das man nicht mehr verzichten kann. Doch du bist schwach im Vergleich zu anderen, siehst das nicht und übernimmst dich, anstatt taktisch und überlegt zu handeln. Und ich werde nicht zulassen, dass du deswegen verletzt wirst.“, erwiderte sein Dämon und streichelte ihm kurz mit einem Finger sanft über die Wange. „Und jetzt haben wir wohl genug geredet, nicht wahr? Du weißt doch selber schon alles, also ist das hier sinnlos, außer du hast noch ein paar andere Hintergedanken.“ Dabei lächelte er wieder einladend… Völlig perplex starrte Caym Astaroth mit offenem Mund an, bevor er wieder fort gezogen wurde und mit seinen Gedanken allein war, die sich beinahe überschlugen. Er fühlte sich wohl, wenn sein Dämon ihm Aufmerksamkeit schenkte, wusste es. Was würde er wohl noch alles zugeben müssen, wenn er mit dem Dämon für den Rest seines Lebens zusammen war? Während er versuchte sich einen Reim auf alles zu machen, änderte sich die Landschaft um sie herum immer wieder, lenkte ihn mit wogenden Wiesen und schattigen Wäldern ab, nur um ihn immer wieder seinen Gedanken zu überlassen, die sich nicht wirklich regten. Er war noch immer viel zu müde und die dumpfen Rufe eines Teils von ihm, der ihm sagen wollte, dass er seinen Dämon selber nie wieder verlassen wollte, wollte er im Moment nicht mehr wahrnehmen. Alles ging wie ein Traum vorbei, bis seine Füße aufhörten, sich zu bewegen und er sich leicht verwirrt umschaute. Die Lichtung, die vielen Kerzen, die großen Kreise und die Tasche, die er jetzt vor sich sah, bedeuteten nur eines: Sie waren schon an ihrem Bestimmungsort. Wie war die Zeit so schnell vergangen? „Du musst alles vorbereiten, mein Kleiner. Zieh die Kreise nach, die zerstört sind, damit wir schnell wieder nach Hause können. Ich schaue mich nur kurz um.“, erklärte Astaroth und riss ihn so völlig aus seiner halben Trance. Als er noch etwas erwidern wollte, war sein Dämon bereits fort und hatte ihn allein gelassen in dieser Stille und Einsamkeit. Er verzog sein Gesicht ein wenig und schaute dann Aki an, der immer wieder auftauchte, dann beim ersten Blickkontakt auf ihn zu rannte. Der Wolf, der die ganze Zeit bei ihm gewesen war, der nie von seiner Seite wich, genauso wie Astaroth, der ihn nie wieder hergeben würde. Er mochte beide, mochte Astaroth so gerne, dass sich dieses eine Wort immer wieder an den Rand seines Bewusstseins drängte, von wo aus er es nur noch mit Mühe zurückdrängen konnte. Doch er wollte noch immer nicht weg von hier. Am Ende war er nichts anderes als ein Mensch, viel zu schwach für die Welt der Dämonen, in der er jeden Kampf verlor und auf den Schutz eines Stärkeren – nämlich seines Partners - angewiesen war. Es war alles fremd, alles anders und so falsch. Irgendwo musste es einen Ausweg aus der ganzen Misere geben, eine Weg, wie er hier bleiben konnte, ohne von irgendwelchen Fremden verfolgt zu werden, ohne von den heuchlerischen Engeln zu einem Feind der Menschheit erklärt zu werden und von Verrückten verfolgt zu werden, ohne die Welt zu gefährden durch Astaroth. Doch es kam keine rettende Idee… Langsam sank er auf die Knie und streichelte Aki, der immer wieder an seine Hand stupste und Aufmerksamkeit wollte. Wen versuchte er noch zu täuschen? Er wusste, dass er keine Wahl hatte, dass Astaroth ihn wenigstens niemals verraten würde und so gut wie alles für ihn tat - das war inzwischen mehr als offensichtlich. Seine Hand fand fast wie von selbst einen Stock, wonach er wieder aufstand, sich umschaute, um die Lücken in den Kreisen zu finden und sie zu schließen. Es war wie es war und er konnte nichts mehr daran ändern. Etwas mehr Kraft, mehr Übung, und er würde auch noch den Dämonen ebenbürtig werden – na ja, zumindest in seinen Träumen. Wenigstens hatte er in der anderen Welt den Stock, mit dem er etwas anrichten konnte. Jedoch wollte er im Moment an nichts mehr denken und konzentrierte sich lieber darauf, die Kreise zu vervollständigen, betrachtete sein Werk immer wieder und schaute schlussendlich zufrieden auf seine Arbeit herab. Es sah wieder so aus wie am Abend zuvor, bevor er mit dem Ritual begonnen hatte. Die Kerzen und Fackeln würde er entzünden, wenn Astaroth kam – denn die Lichter hatten geleuchtet, als das Ritual unterbrochen wurde und er so sein Schicksal in diese merkwürdige Richtung gelenkt hatte. „Caym?“, hallte es leise über die Lichtung. Er schreckte auf und ließ alles fallen, was er in der Hand hatte, ließ den kleinen Stock auf den Boden fallen, und drehte sich um, nur um seinen Bruder zu sehen, dessen Augen wild hin und her eilten, als ob er Angst hätte, entdeckt zu werden. Es war unglaublich. „Du bist wohl der größte Idiot in dieser Welt – oder überall. Hast du den Verstand verloren? Verschwinde von hier, bevor dich Astaroth entdeckt, bevor du stirbst. Jetzt! Außerdem will ich nicht mit dir reden.“, fauchte Caym jetzt mit gedämpfter Stimme und starrte seinen Bruder ungläubig und entsetzt an. „Aber Bruder“, fing dieser jetzt an, schaute sich noch hektischer um, Panik und Angst blitzten immer wieder in den Augen auf, „alle sind in Aufruhr. Du bist verschwunden, ein Blutbad wurde unter den Fremden angerichtet und Lakur hat ihnen erzählt, dass ein Dämon alle niedergemetzelt hätte. Das konnte nur dieser Dämon Astaroth sein, der dich entführt hat, also musste ich dich suchen – du warst verschwunden und die Fremden haben die Truppen, mit denen sie angereist waren zusammengetrommelt und sind auf der Suche nach ihrem ‚Feind’ wie sie sagen. Und sie hatten eine Beschreibung, die auf dich passt…sie suchen nach dir aus irgendeinem Grund…“ Sein Bruder kam ihm immer näher, sah ihn fast flehentlich an. „Bitte komm schnell zurück. Vater wird dich sicher beschützen.“ Caym schüttelte nur den Kopf und wollte sich umdrehen, doch Atris ergriff seinen Arm und hielt ihn fest, bettelte regelrecht: „Bitte, ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. Aber, aber sich einem Dämon als Rache auszuliefern ist falsch…bitte Caym, wir lieben dich doch alle.“ Die Augen seines Bruders wirkten verzweifelt, die Hand, die seinen Arm hielt, zitterte wie Espenlaub, genau wie seine Stimme. Atris schaute ihn fast flehentlich an. „Es tut mir wirklich leid, Caym. Verzeih mir doch…“ „Das sollte es auch, du Wurm.“, konnte Caym noch im nächsten Moment hören, bevor er eine Gestalt erkennen konnte, die an ihm vorbeiraste und Atris gegen einen Baum schleuderte. Astaroth war da. Nur noch kopfschüttelnd starrte er seinen Bruder an und flüsterte: „Ich habe es dir doch gesagt…geh!“, doch alles schien zu spät. Sein Dämon knurrte, schlug mit einer Hand zu und verpasste seinem „Opfer“ blutende Kratzer auf der Wange, nur um dann die Krallen in der Schulter zu versenken und Atris so an den Baum zu drücken. Caym wandte sich kurz ab, hörte den Schmerzensschrei seines Bruders, fühlte fast dessen Qualen, hin und her gerissen zwischen seinen Gefühlen, bis die der Schuld überwogen. „Astaroth, bitte…“, wollte er einen Satz anfangen, nur um von einem ernsten Blick seines Dämons unterbrochen zu werden. „Er hat diese dreckigen Engelsverbündeten hierher geführt – in wirklich großer Zahl, die seinen Tod sicher bemerkt hätten. Sonst würde er schon irgendwo tot liegen. Dreckiger Wurm.“ Atris stöhnte erneut auf, als Astaroth seine Hand bewegte. „Ich habe keine mehr Zeit dafür.“, hörte Caym die eiskalte Stimme. Im nächsten Augenblick sah er, wie sein Bruder mit der Dämonenhand noch immer in der Wunde, hochgehoben wurde, nur um gleich durch die Luft zu fliegen und mit einem lauten Knacksen an einen Baum zu krachen und am Stamm liegen zu bleiben – bewusstlos, wie er annahm, hoffte. Astaroth drehte sich schnell um und deutete auf die Lichter mit einem „Schnell“ auf den Lippen. Caym starrte ihn an, dann wieder seinen Bruder, dessen Brust sich noch schwach hob und senkte. Beruhigt ergriff er das noch am Boden liegende Feuerzeug, zündete die daneben liegende Kerze an, mit der er die Fackeln und Kerzen entzündete. Die Lichtung erstrahlte in Windeseile wieder in diesem unheimlichen Glanz, ließ ihn fast zittern. Jetzt war alles bereit. In der Ferne hörte er jetzt leise Trommeln, die seinen Körper zum Zittern brachten. Eine Hand gab ihm eine Tasche und ein Buch, legte sich dann auf seine Hüfte und zog ihn in den großen Kreis, in dem Astaroth vor einem Tag aufgetaucht war. Der Arm, der auf seinem Bauch lag, drückte ihn jetzt nur noch fester an seinen Dämon, der so vertraut war, dass sein Körper sich langsam wieder beruhigte. Die Wärme, die Stärke, das Gefühl, ihn so gut zu kennen und dieser Geruch, der ihm jetzt wieder in die Nase stieg und sein Herz laut pochen ließ, waren unverkennbar. Er betrachtete das Buch halb gedankenverloren, hörte die Trommelschläge, die immer näher kamen und jetzt gemischt wurden mit leisem, metallischem Klappern. Was sollte er jetzt tun? Das Buch in seinen Händen wurde von einer von Astaroths Händen aufgeschlagen, deren Zeigefinger auf eine Stelle tippte, während sein Dämon ihm gleichzeitig etwas ins Ohr flüsterte: „Lies hier weiter, mein Kleiner.“, nur um dann den zweiten Arm um seine Brust zu legen. Aki knurrte inzwischen aggressiv und schlug mit dem Schwanz wild hin und her, stellte sich direkt vor sie. Die ganze Lichtung hallte wieder von den Geräuschen, die anfingen sich zu mischen zu einer Kakophonie der Töne: Trommeln, Knurren, Knistern und dieses furchtbare metallische Klappern. Sein Blick fiel auf die wenigen Wörter, die im Buch standen, schaute noch einmal kurz auf und in Richtung Atris. Er hatte sich doch noch verabschieden wollen, doch nichts kam, wie es sollte. Mit einem tiefen Atemzug fing er laut an, die Zeilen zu lesen, die vor ihm mit roter Tinte geschrieben standen und immer wieder vor seinen Augen verschwammen. Selbst hörte er nicht mehr was er sagte, fühlte nur, wie sich Tränen ihren Weg in die Freiheit erkämpfen wollten, seine Augen sich dagegen wehrten und die Flüssigkeit zurückzuhalten versuchten. „DA! Schnell, tötet sie!“, schallte eine laute Stimme durch die Lichtung, während er noch das letzte Wort sagte und das Buch zuschlug, es fest an sich drückte. Die ersten weißhaarigen Gestalten rasten auf sie zu, die verschiedensten Furcht erregenden Waffen in der Hand. Doch langsam verschwammen sie, wurden undeutlich, genau wie die restliche Welt um sie herum. „Nach Hause…“, flüsterte Astaroth neben ihm, als die Welt zusammenbrach und sich neu aufbaute… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)