Hidden Flowers - Loneliness of a Winter's Night von june-flower (Nebenkapitel zur Hidden-Flowers-Trilogie (ino/shikamaru)) ================================================================================ Kapitel 3: Epilog - Traum einer Blume ------------------------------------- Einen wunderschönen guten Abend. Ich bin in Eile, denn Morgen schreibe ich eine Chemieklausur und ich hab höllische Angst... Ich muss weiterlernen. Ich weiß zwar nicht was aber wer weiß das schon. Nicht schön zu wissen, dass das Genie des Kurses meint, die Klausur könnte nicht so schwer werden. Wenn Madame (die übrigens sehr nett ist, ich will nicht über sie herziehen) meint sie schafft die Klausur, heißt das noch lange nicht, dass ICH das auch schaffen werde... Und Momentan siehts eher schlecht aus. Wünscht mir Glück. Für diejenigen, deren Zuspruch mich hat weitermachen lassen... Ganz besonders für Sandi-Chan. Vielen, vielen Dank. Ich hab sogar schon wieder ein One-Shot fertig^^ Aber das muss mit dem Abtippen bis nach den Klausuren warten. So bis Ostern. Und für diejenigen, die zuerst hier sind weil sie gut aufgepasst haben *lach* Euch allen alles, alles Gute. Und tausend Dank. Epilog - Traum einer Blume Groß. Klein. Groß. Klein. Die Welt ist groß. Sie besteht aus einer runden, großen Kugel mit einem weiten, großen Meer und großen Kontinenten, die „Land des Feuers“ und „Land des Windes“ und so weiter heißen. Auf jedem dieser unterschiedlichen, großen Kontinente gibt es eine Vielzahl großer Städte und vielleicht nochmal so viele, halb so große Dörfer, von Menschen und von Shinobi. Zusammen macht das eine einzige, unendlich große und unüberschaubare Welt. Groß. Größer. Riesig. Aber meine Welt ist gar nicht so groß. Meine Welt ist sogar recht klein. Sie besteht aus einem einzigen kleinen Dorf, eines unter Vielen im großen Reich des Feuers. Es ist das Dorf, welches unauffindbar für Feinde versteckt hinter den Blättern der großen, undurchdringlichen Bäume liegt – hinter seinen Mauern spielt mein ganzes Leben. Es ist die kleine Wohnung unter dem Dach, in der ich lebe, das Haus meiner Eltern, in dem ich aufgewachsen bin und ihr Blumenladen. Die Akademie, in der ich Teile meiner Kindheit verbrachte, das Haupthaus, das ich früher so gerne sehen wollte und nicht durfte und in das ich mich heute ab und zu wieder gezwungenermaßen begeben muss, das Krankenhaus von Konoha, in dem ich arbeite, wenn ich nicht mit einer Mission unterwegs bin und der große Wald, der innerhalb der Mauern beginnt und sich davor unendlich weiter zu ziehen scheint als habe er überhaupt kein Ende. Natürlich weiß ich dass es auch außerhalb der Mauern eine Welt gibt. Vor den Toren von Konoha geht das Leben weiter und ich war schon oft dort draußen. Es ist nicht so, dass ich nicht genug von der Welt gesehen habe – Gutes wie Schlechtes – um nicht zu wissen, dass die Welt unendlich groß ist. Aber meine Welt ist es nicht. Meine Welt sind die Menschen, denen ich täglich begegne. Die blinde Frau, die unter mir wohnt, die Kinder, die auf der Straße spielen, deren Fußbälle in den Blumenkübeln des Ladens landen und die schon wissen, dass sie lieber die Flucht ergreifen sollten wenn mir der Kragen endgültig platzt. Meine Welt sind die Menschen im Krankenhaus, jung und alt, die Leute, denen ich auf der Straße begegne, meine Eltern, die jedes Mal, dass ich sie besuchen komme, ausser sich sind vor Freude und mich fragen, ob ich nicht bald vorhabe zu heiraten. Die Menschen, die ich schon mein ganzes Leben lang kenne. Mit denen ich gespielt, gelernt und trainiert habe, mit denen ich gekämpft habe und denen ich, ohne zu zögern, mein Leben anvertrauen würde. Meine Vorgesetzten, meine ehemaligen Lehrer, die ehrwürdige Hokage... All das sind die Menschen, die mein Leben sind. Und dann gibt es noch die winzigen Kleinigkeiten, die da sind, die man aber nicht immer sofort bemerkt weil sie selbstverständlich erscheinen oder als unwichtig erachtet werden. Wie die Sonne, die nach einem langen, kalten Winter hell in mein Zimmer scheint. Oder die farbigen, duftenden Blumen auf der Lichtung im Wald. Das Lächeln der Kinder, wenn sie wissen, dass sie bald entlassen werden und nach Hause dürfen... Das alles ist mein Leben. Meine Welt. Heute war in Konoha nicht viel zu tun. An Tagen wie heute, wenn der Winter und endlich aus seinem Griff freigibt und es fast so ist, als wäre der Frühling übersprungen worden nur um gleich in den Sommer überzugehen... An solchen Tagen möchte kein Mensch freiwillig arbeiten. Jeder wünscht sich nur nach Hause zu kommen und den Sonnenschein mit seiner Familie genießen zu können. Auf seine eigene Weise den Frühling zu begrüßen... Ich brauche nicht in die Stadt zu gehen um zu wissen, dass die Cafés trotz der eigentlichen Kühle die Tische bereits nach draußen gestellt haben und dass diese voll sind von Menschen in warmen Mänteln, die jeden warmen Sonnenstrahl in sich aufsaugen als wäre es lebensrettende Medizin. Der Platz vor dem Haupthaus wird voll sein von Menschen und wird von ihren Stimmen brummen, die Hokage wird einen angenehmen Ausblick auf die Köpfe von vielen, vielen Menschen haben die miteinander lachen, reden und witzeln während die Kinder schreiend um die kleinen, jungen Bäume in der Mitte des Platzes herumtoben. Der Konoha- und der Sakurabaum werden schweigend zusehen und ihre zarten Äste in den Himmel strecken – Sakura hätte sich gefreut. Die Menschen um sie herum glücklich zu sehen war ihr immer das Wichtigste. Meine Eltern haben sich über meinen Besuch gefreut. Es kommt nicht mehr so oft vor, dass ich sie sehe, ich wohne in meiner eigenen Wohnung, habe meine Arbeit und sie haben ihr Haus und ihren Laden. Trotz der Zeit, die nicht spurlos an ihnen vorbeigeht, werden sie für mich immer so bleiben, wie sie immer waren: Ewig jung, ewig besorgt um mich und ewig glücklich. Ewig zusammen. Für heute Abend hatten sie sich leider schon mit Freunden verabredet, deshalb bin ich wieder gegangen. Ich hatte Zeit. Es war, als ob mich heute niemand sehen wollte, niemand mich brauchte. Im Krankenhaus haben sie mir frei gegeben, Shizune hat mich praktisch rausgeworfen. Die Hokage brauchte mich nicht, der Laden war versorgt. Also habe ich Sakura einen Besuch abgestattet. Kirschblüten sind zu dieser Jahreszeit absolut nicht aufzutreiben, das Einzige, das ich ihr anbieten konnte waren einige Narzissen und Schneeglöckchen, aber sie freut sich immer über alles. Sie ist meine erste wirkliche Freundin und in vielerlei Hinsicht auch meine letzte. Obwohl ich glaube, dass sie niemals verstanden hat warum. Ich bin froh, dass ich ihr nie den Grund dafür erzählt habe. Es hätte für sie nur eine zusätzliche Last bedeutet – aber da sie nichts wusste, konnte sie glücklich werden. Was sie gesehen hat, wenn sie sich selbst in seinen Augen sah? Was sehe ich, wenn ich in den Spiegel sehe? Eine hochgewachsene, vielleicht etwas zu große Frau, blonde Haare – vielleicht zu blonde Haare. Warum konnte ich früher Stunden vor diesen Dingern verbringen? Es ist doch nur ein Spiegelbild und ich mag es nicht einmal mehr besonders. Meine Haare sind kurz, meine Augen blau, meine Nase... Nicht der Rede wert. Der Grund für meine Diäten und meinen Schönheitswahn ist nicht mehr vorhanden. Er verschwand, als Sakura glücklich wurde. Sind das da Falten um meine Augen? Mein Gott. Erst 25 Jahre und schon fühle ich mich alt. Uralt. Der Zug um meine Lippen ist müde. Ich weiß, ich bin müde. Es geht gar nicht anders. Ich arbeite beinahe rund um die Uhr als Ärztin im Krankenhaus. An den Wochenenden helfe ich meinen Eltern im Blumenladen – und wenn die Hokage oder Ibiki-San mich brauchen, habe ich keine andere Wahl als alles stehen und liegen zu lassen und zu tun, was immer sie mich tun heißen. Dabei sind die Beiden noch viel gestreßter als ich es bin – das kann ich mir vorstellen. Ich fühle mich auch nicht gestreßt – nur müde. Und eigentlich finde ich auch keinen Grund, mich über mein Leben zu beklagen. Mir geht es gut. Die Menschen um mich herum sind glücklich und darüber bin ich glücklich und mehr möchte ich auch nicht. Wenn es einen Gott gibt, dann möchte er sie bitte beschützen und ihnen seinen Segen schenken. Um mich braucht er sich nicht zu sorgen. Ich habe eine Arbeit, die ich sehr liebe. Es gibt nichts Schöneres, als den Kindern zu helfen – und auch nichts Traurigeres, als ihnen nicht helfen zu können. Deshalb gebe ich mein Bestes. Ich versuche zu lernen und zu verstehen – und zu helfen, wo ich kann. Ich genieße die Wochenenden bei meinen Eltern. Dort kann ich mich entspannen, mit meiner Mutter plaudern, meinen Vater ärgern – dann ist es, als wäre ich niemals erwachsen geworden und sie nicht älter. Meine Eltern mögen in der Vergangenheit streng mit mir gewesen sein, aber ich weiß, sie lieben mich und wünschen mir nur das Beste. Heute kann ich erkennen, dass die Dinge, die sie mir früher verboten haben und die mich zu Wutanfällen veranlaßt haben, nur zu meinem Besten waren. Und die Arbeit im Laden geht wie von Selbst vor sich – als bräuchte ich eigentlich nicht da zu sein, um sie zu erledigen, so sehr ist sie mir in Fleisch und Blut übergegangen. Mag mein Leben nicht einfach gewesen sein und mag meine Arbeit mich manchmal bis an den Rande der Erschöpfung bringen, ich würde kein anderes Leben und keine andere Arbeit wählen. Es ist das, was ich immer wieder tun würde, hätte ich die Wahl. In meiner Welt herrscht Frieden. Zwar hart erkaufter, manchmal unsicherer Frieden, aber immerhin Frieden. Konoha korrespondiert heute oft und herzlich mit Suna und unsere Diplomaten sind genauso oft im Land des Windes wie deren Diplomaten uns Besuche abstatten – und Temaris Anblick treibt mich noch heute zur Weißglut, obwohl er das nicht mehr zu tun braucht. Ich habe nicht untätig herumgesessen, ich habe gelernt und trainiert und kann es heute mit der Wieseltussi locker aufnehmen. Und Oto steht unter der Führung der vereinten Shinobi-Dörfer und wird streng überwacht, damit so etwas wie mit der Oberschlange Orochimaru nicht noch einmal geschieht. In meiner kleinen Welt herrscht Frieden. Ich habe viele Freunde und ich bin froh darüber. Dabei steht mir deutlich vor Augen, dass niemand Sakura wird jemals ersetzen können – aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich diesen Menschen vertraue und sie mir vertrauen. Dass sie mir ohne zu zögern ihr Leben anvertrauen würden und ich das selbe tun würde, dass ich mit ihnen Spaß haben kann, mit ihnen streiten kann und dann nichts zu sagen brauche, um mich wieder mit ihnen zu versöhnen. Diese Menschen kennen mich zwar nicht In- und Auswendig – das kann wohl nur einer von sich behaupten – aber sie wissen, wer und was ich bin. Und das Beste ist, das ihnen das nichts ausmacht. Sie akzeptieren mich so, wie ich bin. Am liebsten unterhalte ich mich mit Yuzuriha - und mit Hinata. Früher wusste ich nicht viel mit ihr anzufangen – sie war das genaue Gegenteil von mir. Aber sie sagt, ich habe mich verändert, und ich bin mir sicher, sie hat es auch getan – und deshalb sind wir gute Freundinnen geworden. Ich bin sehr froh, dass sie endlich ihr Glück gefunden hat. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde das nie geschehen – es war ein Kampf in ihrem Innersten, bei dem ich ihr nicht helfen konnte. Sie wusste, egal, wie sie sich entscheiden würde, jemand würde dabei unglücklich werden. Aber sie hat es durchgestanden und sie ist es, mit der ich mich über alles unterhalten kann, wenn ich die Lust dazu verspüre. Und Chouji und Kiba und Shino sind wunderbare Kameraden. Lee ist eine Sache für sich... Trotzdem, ich könnte mir keine besseren Freunde wünschen. Dabei ist es nicht einmal so, dass ich sie jeden Tag sehe. Im Gegenteil. Manchmal sehen wir uns für Wochen nicht, weil jemand von uns auf einer Mission ist – und dann treffen wir uns zufällig auf der Straße wieder und es ist, als wäre nie jemand weg gewesen. Es gibt nur eine einzige Person, bei der ich das Gefühl habe, als wäre sie Lichtjahre weit weg von mir, selbst wenn sie direkt vor mir steht – je näher sie mir ist, desto größer ist die Entfernung, selbst wenn ich nur die Hand auszustrecken brauche um sie zu berühren. Shikamaru bleibt Shikamaru. Seit seine Eltern ermordet wurden hat er sich immer weiter zurückgezogen, er lebt in seiner eigenen Welt – lebt er überhaupt noch? Ich weiß, ich kann seinen Schmerz nicht verstehen, ich kann ihn nicht lindern und nicht verschwinden lassen. Ist es so falsch, mir zu wünschen, dass ich es könnte? Ist es falsch, ihn gern lächeln sehen zu wollen? Aber mir steht es nicht zu zu glauben, diejenige sein zu können, die ihn versteht, die bei ihm sein kann. Ich kann ja doch nichts nachvollziehen. Die untergehende Sonne bricht sich in den Prismen vor meinem Fenster und streut Regenbögen auf mein Gesicht. Die Strahlen sind noch nicht warm, aber hell... Deshalb habe ich darauf bestanden, direkt unter dem Dach zu wohnen. Deshalb musste das Sofa direkt unter dem Dachfenster stehen. Denn von hier aus kann man die Sonne und die Wolken betrachten und die unendliche Weite des Himmels. Man sieht außerdem noch einige Schornsteine, Antennen und Fahnenstangen... Aber der erste Sonnenstrahl im Frühling gehört mir, genau so wie die ersten Flocken fallenden Schnees im Winter. Die kleinen Wolken, die neu geboren werden... Ihr Anblick gehört mir als Allererste. Würde Shikamaru diesen Anblick doch auch sehen können. Er weiß genau, wo ich wohne. Er weiß, dass der Schlüssel unter dem vierten der vielen Blumenkübel vor der Tür liegt – das ist der einzige Nachteil an einer Dachgeschosswohnung. Keine Blumenkästen vor dem Fenster – stattdessen schmücke ich den Flur. Meine blinde Nachbarin liebt die Blumen und ihren Duft genauso sehr wie ich. Ist es so falsch.... Die Nacht bricht an. Hinata sagt, ich bin stark... Immer wenn ich mich mit der Oberschwester anlege oder unter migräneartigen Kopfschmerzen das Chaos in der Kinderstation unter Kontrolle bringe oder wenn ich die grünen Lümmel herunterputze, die tagsüber in den Fluren Rennen mit Rollstühlen veranstalten und Nachts am offenen Fenster heimlich rauchen... Dann sagt sie fast bewundernd, sie hätte gerne meine Stärke. Ich bin nicht stolz darauf. Und ich bin auch nicht wirklich stark. In mancherlei Hinsicht bin ich viel schwächer als sie, die sie schon mit 26 einen Ehemann und eine kleine Tochter hat, den wichtigsten Clan Konohas mit Rechts managt und mit Links weiter im Krankenhaus arbeitet. Deshalb fühle ich mich auch nicht besonders oder sogar besser, wenn ich so tue als sei ich stark. Deshalb hebe ich mir das müde Lächeln für mich selbst und für meinen Badezimmerspiegel auf. Dabei weiß ich auch sehr genau, dass ich zu den Menschen gehöre, die wirklich keinen Grund zu Depressionen haben. Mir geht es gut. Meinen Eltern und meinen Freunden – ja, ich habe Freunde, danke der Nachfrage – geht es gut, ich habe eine Arbeit, eine Wohnung und Geld für Essen und für Kleidung. Ich von allen darf mir nicht anmaßen zu denken, mir ginge es schlecht. Deshalb wird jedes Gefühl der Müdigkeit mit einem Gefühl der Einsamkeit begleitet und dieses wiederum von Schlechtem Gewissen. Mir geht es gut. Meine Welt ist hier und sie ist gut, so wie sie ist. Andere Menschen verlieren ihre Eltern, stoßen ihre Freunde weg, ziehen sich zurück und verlieren das Vertrauen in sich selbst und in ihre Welt... Manche Menschen können den Grund, aus dem ich mich Leer fühlen sollte, einfach nicht verstehen. Was ich nicht verstehen kann – wen ich nicht verstehen kann – ist Shikamaru. Oder kann ich ihn zu gut verstehen? Vielleicht beides. Vielleicht ist es nichts von beidem. Ich kenne ihn schon so lange. Ich hatte gehofft, dass er nach seiner langen Isolation nur Zeit braucht, um wieder zurück ins Leben zu finden... Ich hatte gehofft, dass er nach der Begebenheit vor einem Monat versuchen würde, wieder zu leben. Acht Jahre und ein Monat... War das genug Zeit? Ich weiß nicht, wie lange ich noch Geduld haben soll. Ich weiß nicht, wie ich sein Verhalten verstehen soll. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten kann... Diese Unsicherheit, diese Unverpflichtung. Er taucht einfach so auf, zwischen zwei Missionen, in einer seiner Pausen, steht plötzlich im Krankenhaus und gibt kein Wort von sich. Er sieht zu, wie ich Kinder untersuche und ist plötzlich weg, wenn ich mich umsehe. Ich treffe ihn auf Besprechungen mit der Hokage, auf denen weder er noch ich Zeit haben, ich kann sehen, dass er mich sieht – aber dann ist er wieder verschwunden. Er spricht mich nicht an, er berührt mich nicht einmal – und trotzdem ist er immer wieder da. Erwartet er etwas? Wartet er auf etwas? Wie soll ich reagieren? Ich wünschte nur... Der Tag klingt aus. Die Geräusche der Eltern, die mit ihren Kindern auf dem Weg nach Hause sind, werden lauter als sie näher kommen und verklingen in der Ferne wieder. Die Sonne ist schon fast hinter den Baumriesen verschwunden – in dem Moment, in dem sie endgültig versinkt, taucht sie die gesamte Umgebung für eine Sekunde in ein abgrundtiefes Scharlachrot, dann wird es dunkel. Wenn es einen Gott gibt, hört er meine Gebete? Wo immer er gerade sein mag, von dort möge er heil zurückkehren... Leise und rhythmisch tickt eine kleine Uhr in Form einer Blüte, ein Geschenk eines alten Freundes von vor langer Zeit. Der Frau auf dem Sofa sind die Augen zugefallen... Sie muss sehr, sehr müde gewesen sein. Ihr Gesicht, über das sie im Schlaf keine Kontrolle hat, zeigt deutlich die Spuren der Erschöpfung. Sie ist schön, eine fremde Schönheit die durch ihre Blässe sogar noch verstärkt wird. Sie ist dünn und zerbrechlich, im einfallenden Licht des Mondes leuchten ihre goldblonden Haare silbrigweiß. Sie hört nichts. Sie hört weder das Scharren und Gurren der Tauben auf dem Dach, die sich auf den noch von den letzten Strahlen der Sonne warmen Dachschindeln einen windgeschützten Schlafplatz suchen noch die Glocken, die leise vom Dach des Haupthauses die Uhrzeit künden. Sie waren eine Revolution, diese zwei kleinen Glocken... Sie hört das leise Summen des Kühlschranks nicht und auch nicht das Knacken des Holzes oder die vorsichtigen Schritte, welche die Treppe zum Dachgeschoß hinaufsteigen. Einige Zeit herrscht tiefe Stille, dann dreht sich ein Schlüssel im Schloss. Mit den lautlosen Schritten eines Shinobi tritt eine dunkle, hochgewachsene Gestalt in die kleine Wohnung und sieht sich um. Er kann sie nicht sehen, weil ihre dünne Gestalt von der Lehne des Sofas verdeckt wird, also schließt er die Tür hinter sich und kommt ganz herein. Erst, als er alle Zimmer kurz angeschaut hat – was nicht lange braucht, denn es gibt außer dem Wohnzimmer nur noch die Küche, ein kleines Bad und ein Schlafzimmer – sieht er sie schlafend auf dem Sofa liegen. Er nimmt alles an ihr wahr: ihre lange, unglaublich zarte Gestalt, ihre seidigen Haare, wie eine Korona um sie herum ausgebreitet, ihr erschöpftes Gesicht, ihre Hände, die sich im Schlaf immer wieder zu Fäusten ballen und wieder öffnen. Sie wirkt so zerbrechlich, dass er Angst um sie bekommt, ein dicker Kloß sitzt plötzlich in seiner Kehle und lässt ihn kaum atmen. Scheinbar stundenlang steht er da und sieht sie einfach nur an. Erst als sie sich unwillkürlich bewegt und seufzt, schreckt er auf, aber sie schläft unruhig weiter. Da nimmt er die warme Decke vom Fußende des Sofas und legt sie über sie. Dabei muss er sich über sie beugen und sein Pferdeschwanz fällt ihr kurz ins Gesicht. Ino atmet tief sein. „Shikamaru...“ Wie erstarrt bleibt er stehen, wagt sich nicht zu rühren, aber sie träumt noch immer. Und schliesslich tritt er einen Schritt zurück, wendet sich zum Gehen – und zögert. Er möchte diese Wohnung noch nicht verlassen. Alles hier ist erfüllt von ihrer Gegenwart, es ist, als schliefe sie nicht sondern stünde wach und lächelnd direkt hinter ihm... Es herrscht absolute Stille – er weiß selbst nicht genau, was er hier empfindet. Ist es Frieden? Auf jeden Fall will er nicht gehen. Deshalb geht er leise in die Küche und zieht sich einen der beiden Stühle zurück – warum sie zwei Stühle hat, wenn sie doch allein wohnt? – und setzt sich. Erst, als er den Kopf auf die Arme legt, merkt er, wie müde er eigentlich ist. Und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit, schläft er ruhig und traumlos einen erholsamen Schlaf. Die Vögel wecken ihn am frühen Morgen. Er ist ausgeruht wie nie, trotz der eher unbequemen Haltung. Nachdem er aufgestanden ist, muss er erst seine Arme ausschütteln, bevor auch sie wach werden... Und ein bohrender Schmerz fährt durch seine rechte Schulter und er lässt es lieber bleiben. Dann sieht er aus dem kleinen Fensterchen und streicht sich abwesend durch das Haar. Was macht er überhaupt hier? Gestern Abend ist er einfach dahin gegangen, wo ihn seine Füße hintrugen... Nach der Mission, die ein wahrer Horror war, führte sein Weg ihn zuerst zur Hokage. Und dann zu einem winzigen Blumenladen, der natürlich geschlossen hatte... Zu einem großen, verlassenen Haus, welches so aussah, als stünde es schon seit Jahrzehnten leer, in Wirklichkeit waren es nur ungefähr Acht Jahre. Auf der Mission war alles schief gelaufen, was nur hatte schieflaufen können... Er hatte den Rückzug seiner Leute gedeckt, wie immer, und wenn Shura ihn nicht sofort zusammengeflickt hätte, nachdem er sie wieder eingeholt hatte, am Ende seiner Kräfte, hätte er es wahrscheinlich nicht geschafft... Der Schmerz in seiner Schulter ist beinahe abgeklungen, anders sieht es mit seinem Kopf aus. Aber heute ist das schmerzhafte Pochen in den Hintergrund getreten. Dann war er zum Krankenhaus gegangen, wo man seinen Verband erneuert hatte und hatte vergeblich nach einer bestimmten Person Ausschau gehalten. Und dann... Irgendwie ist er dann in dieser Wohnung gelandet. Als Ino wach wird, spürt sie zuerst den dünnen Strahl der Sonne in ihrem Gesicht, der so früh im Jahr zwar noch keine Kraft aber genug Helligkeit besitzt, um auch den letzten Rest des Schlafes aus ihren Gliedern zu treiben. Dann spürt sie die Wärme der Wolldecke, die auf ihr liegt. Zuerst blinzelt sie nur schläfrig, dann fährt sie überrascht hoch. Sie weiß, sie hat sich nicht zugedeckt, als sie gestern eingeschlafen ist... Aber auch dieses Wissen wird sehr schnell aus ihrem Kopf verdrängt, als sie sich des Gefühls in ihrem Magen und ihrem Kopf bewusst wird. Aufstöhnend drückt sie sich die Hände an die Schläfen, aber der bohrende Schmerz hört nicht auf. Er ist so stark, dass ihr davon schlecht wird... Taumelnd schleppt sie sich ins Badezimmer und übergibt sich. Aus dem Spiegel blickt ihr eine leichenblasse, krank aussehende Frau entgegen. Langsam geht sie ins Wohnzimmer zurück und lässt sich wieder auf das Sofa sinken, zieht die Beine hoch und schlingt die Arme um ihre Knie. Arzt, heile dich selbst... Starr sieht sie vor sich hin. Und dann hört sie die Schritte. Leise, für einen normalen Menschen nicht wahrzunehmen, aber Ino ist eine ausgebildete ANBU. Blitzschnell fährt sie herum und ihr wird schwarz vor Augen. Die Schritte verstummen. Shikamaru kann sehen, dass sie ihn nicht sieht als sie herumfährt. Deshalb bleibt er stehen bis sie blinzelt und die Hand unwillkürlich zum Kopf hebt – und dann sieht sie wer da steht und lässt sie wieder sinken. Wortlos sieht er sie an. Ihre Haare sind vom Schlaf zerzaust, sie trägt einen knöchellangen Rock und Wollsocken und einen warmen Pullover – sie hat in ihrer Kleidung geschlafen. Sie ist schön wie eh und je – und sieht trotz den über 12 Stunden Schlaf noch erschöpft aus. War sie immer schon so zerbrechlich? War ihr Haar immer schon fast silbern? Wann hat es seinen Goldschimmer verloren? Wann ist der rechthaberische Zug aus ihrem Gesicht verschwunden? Genauso stumm starrt Ino zurück. Was sie sieht, ist ein großer, muskulöser Mann mit einem dunklen Pferdeschwanz, aus dem sich Strähnen gelöst haben. Er trägt noch immer die grüne Weste mit dem Konoha-Symbol am Oberarm, ein Verband schaut aus dem rechten Ärmel. Schwarze, unergründliche Augen bohren sich tief in die ihren, scheinen sie völlig zu durchschauen und sie schaudert unbehaglich. Als würden die Dinge, die sie nicht sagt, zwischen ihnen stehen wie eine durchsichtige, unüberbrückbare Wand... Aber sie sagt nichts. Sie hat gelernt zu schweigen, abzuwarten, mit den Augen zu sprechen und mit dem Herzen zu hören. Und als niemand von Beiden etwas sagt, überbrückt Shikamaru die kurze Distanz zwischen ihnen mit wenigen Schritten und hockt sich vor sie hin, so dass er mit Ino auf einer Augenhöhe ist. Ihre blauen Augen blicken ihn an – sie zeigen keine Angst oder Wut, lediglich Fragen. Tausend Fragen und ein Geheimnis. Vorsichtig hebt er eine Hand und berührt ihr Haar und sie reagiert auch nicht, als er seine Hand in ihrem glatten, seidigen Haar vergräbt und sie zu sich zieht. Dann erst klammert sie sich an ihn wie eine Ertrinkende, die Augen weit geöffnet, er spürt ihr Haar unter seinen Lippen, ihre weiche Haut... Seine Hände wandern über ihren Rücken hinunter bis zu ihren Hüften und wieder hinauf, nehmen alles in sich auf: ihre Wärme, ihren Duft, ihre zerbrechliche Gestalt – hat sie abgenommen? Als er sie küssen will, dreht sie ihren Kopf weg und stattdessen berührt er ihren Hals mit den Lippen. Sie hat ihm keine Vorwürfe gemacht, hat nicht einmal ein Wort gesagt und ihn nur umarmt, aber trotzdem muss er es sagen. „Entschuldigung.“ Seine Worte sind so leise, dass sie sie fast nicht mehr hören kann. „Entschuldige bitte... Ich hatte vergessen.“ Sie sieht ihn an, sie weiß nicht, was er sagen will, aber er fährt fort und es scheint ihm schwer zu fallen. Aber je mehr er spricht, desto schneller strömen die Worte aus ihm heraus. „Ich hatte vergessen, dass ich nicht der Einzige bin... Und dann hat Hinata...“ Er schluckt. „Hinata hat gesagt, dass...“ Sie hält ihn auf, lässt ihn nicht weiterreden, sie versteht jetzt, was ihn hierher geführt hat, warum er bei ihr ist. Sie will nicht hören, was er weiß weil Hinata es ihm gesagt hat – sie hat gewusst, dass er es eines Tages würde erfahren müssen. Trotz allem. Es ist egal, was in Zukunft noch geschehen wird und ob sie es überleben wird oder nicht. Das Einzige, was zählt, ist Shikamaru. Und er ist hier, bei ihr, er hält sie fest und sie kann ihn spüren, seine Wärme, seinen Herzschlag, seinen Atem an ihrem Hals. Nichts spielt mehr eine Rolle, weil er da ist. Der Traum einer Blume, zart und durchsichtig, so fein wie Spinnweben und so flüchtig wie der Kuss des Windes auf ihren Blüten... Eine Blume lebt nie lange. Aber während sie dort steht und wartet, träumt sie. Wenn eines Tages derjenige vorbeikommt, für den sie bestimmt ist, wird sie sich ihm ganz schenken, mit allem was sie besitzt, mit all ihrer Schönheit und ihren Träumen. Und selbst wenn ihr Glück nicht von Dauer ist so werden die wenigen Momente für sie das Kostbarste sein, was sie in ihrem ganzen, kurzen, flüchtigen Leben erfahren hat... Ende ~***~ Kommen euch die Gedanken bekannt vor? Ich denke oft dass andere sich viel zu sehr in Selbstmitleid versenken und dass es anderen noch schlimmer geht als mir... Aber jedem ist sein eigenes Leid am Nächsten. Aber obwohl es verglichen mit anderen Dingen nur Kleinigkeiten sein mögen, leidet man doch genauso darunter wie andere Menschen unter viel schlimmeren Bedingungen... Meine Welt ist so klein wie die von Ino und ich bete für sie, dass sie glücklich sein kann. Für all die Menschen, die ich liebe, aber auch für die in der großen Weite außerhalb meiner Gedanken... Werdet glücklich. Findet Frieden. Genießt eure Zeit. Das Leben ist nicht lang... Möge es für euch ein erfülltes Leben sein. Ist jemandem eine Idee gekommen, was Hinata Shikamaru wohl erzählt hat? Was ist da genauer los? Wers genau wissen will muss sich noch ein wenig gedulden - fürchte ich. Wenn jemand Fragen oder Ähnliches hat stehe ich gerne zur Verfügung^^ Es gibt nichts schöneres als über FFs zu sprechen - wenn sie denn gefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)