Fallen Angel von Kuhbonbon ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Geräusch des fallenden Regens war unendlich laut. Die Tropfen fielen auf den Boden, klatschten in bereits vorhandene Pfützen und übertönten sogar die Schnellstraße, die über ihrem Kopf hinweg führte. Oder kam es ihr nur so vor? Regnete es womöglich gar nicht? Sie wusste es nicht. Wusste nicht mehr was wahr war und was sich nur in ihrem Kopf abspielte. Es war ihr egal. Seit Tagen hatte sie nichts gegessen, nichts getrunken, war nur durch die Straßen geirrt. Dennoch fühlte sie keinen Hunger, keinen Durst. Sie fühlte gar nichts. Sie wollte nichts fühlen. Wollte alles ausblenden. Alle Erinnerungen verdrängen. „Warum sie? Warum Jo? Sie war doch immer so stark gewesen? Wie konnte das nur passieren? War es ihre Schuld gewesen?“ Diese Fragen bohrten sich immer wieder in ihren Kopf. Sie versuchte die innere Stimme zu ignorieren. Sie rannte weiter. Nur dann waren diese Stimmen still. Erst wenn ihre Lungen schmerzten und ihr Herz wie wild schlug, konnte sie alles vergessen. Konnte die Bilder ihrer Freunde für einen kurzen Moment aus ihren Gedanken verbannen. Doch wenn sie stehen blieb kamen die Bilder, die Gesichter zurück. Dieses eine Bild hatte sich in ihren Kopf gebrannt. Sie konnte an nichts anderes mehr denken. Nur noch an ihr Gesicht, wie das Leben aus ihr wich. Wie sie in dieser dunklen Seitengasse starb und ihr dabei ins Gesicht sah. Sie starb mit dem Bild von Meg' s tränenüberströmtem Gesicht vor Augen. Meg schämte sich dafür. Es tat ihr weh, dass Jo mit dem Bild eines Schwächlings sterben musste. Dabei wollte sie stark sein, wollte Jo beweisen, dass auch sie kalt sein kann. Kalt wie Jo es immer gewesen war. Sie hatte es doch versprochen. Flashback „Hey Jo, wo willst du denn hin?“ Meg baute sich genau vor ihr auf, doch Jo schob sie mit einer lässigen Handbewegung zur Seite. „Weg. Ich hab doch noch was zu klären“ Mit diesen Worten verließ sie den Truck, indem sie die letzten zwei Stunden mit Meg alleine gewesen war, da Sei und Amy einkaufen gefahren waren. Meg wusste nicht, warum Jo so plötzlich verschwunden war, doch sie war beunruhigt und beschloss ihr zu folgen. In einer dunklen Seitenstraße blieb sie schließlich endlich stehen. Schnell und von Jo ungesehen verschwand Meg hinter einer Mülltonne. „Komm raus!“ Es schepperte und schon hatte Meg eine ihr wohlbekannte Waffe im Gesicht. „Hey Jo ich bin’s nur. Beruhig dich!“, sagte sie hektisch. „Meg was machst du hier?“, fragte sie ohne dich Waffe woanders hinzurichten. „Ich…ich habe mir Sorgen gemacht. W... weil du so plötzlich verschwunden bist und…. Könntest du vielleicht mit dem Ding woanders hinzielen?“ Es ging blitzschnell, viel schneller, als das Meg hätte reagieren können. Doch Jo war um einiges schneller. Ein Knacken, ein Schuss, ein Stöhnen und ein Körper der fiel. Diese vier Dinge passierten praktisch in derselben Sekunde. Langsam erst begriff Meg was passiert war. Hinter Jo war ein Mann aufgetaucht. Noch bevor er die Gelegenheit hatte, seine Waffe auch nur in Jos Richtung zu halten, hatte sie schon gehandelt. Der schwere Körper des Mannes prallte tödlich getroffen auf den nassen Boden. Blut floss aus seiner Kopfwunde und mischte sich mit einer Pfütze. Jo stand einfach nur da. Sie sah immer noch in Meg' s Richtung und auch ihre Waffe war noch auf Meg gerichtet. Die Waffe aus der die tödliche Kugel stammte hielt sie in der anderen Hand. Sie wies nach unten. Einige Sekunden veränderte sich nichts an der Szene. Dann sprang Meg auf und fiel Jo schluchzend um den Hals. „Oh Jo, ich werde mich nie daran gewöhnen.“ Jo starrte immer noch geradeaus und steckte dann die Waffen weg. „Komm wir gehen“, sagte sie indem sie Meg' s Hand ergriff und sie hinter sich herzog. Wieder am Truck angekommen, verzog sie sich erstmal in ihr Zimmer, während Meg auf den Kühlschrank zusteuerte. Kaum zehn Minuten später kam Jo wieder aus ihrem Zimmer. „Meg, ich muss mit dir reden“, sagte sie fast tonlos. „Ja Jo?“, fragte Meg etwas ängstlich. „Als ich vorhin so los gestürmt bin, da hatte ich meinen Grund. Ich habe einen Anruf bekommen. Die Stimme kam mir seltsam bekannt vor, doch ich wusste nicht woher. Sie sagte, sie wüsste etwas über meine Vergangenheit. Ich bin losgelaufen, um mich mit ihr zu treffen, doch sie kam nicht, stattdessen dieser Kerl. Naja ist ihm nicht gut bekommen“ „Jo…“, unterbrach Meg sie. „Unterbrich mich bitte nicht. Gerade hat die Frau wieder angerufen. Diesmal will sie persönlich kommen. Der Kerl war nur ein Test meiner Fähigkeiten. Und ich… nun ich habe das Gefühl, dass sie diesmal wirklich dort sein wird. Und, dass sie sehr viel stärker ist, als alles, womit ich es ja zu tun hatte. Deswegen wollte ich dir nur noch etwas sagen: Wenn ich sterben sollte, dann bitte weine nicht um mich. Sei stark! Und noch etwas. Ich liebe dich Meg. Ich habe dich immer geliebt“ Mit diesen Worten verschwand Jo wieder aus dem Truck und lies eine völlig verwirrte Meg zurück, die ihr gerade noch nachrufen konnte: „Ich verspreche es, ich werde nicht weinen!“ Jos Ziel war die kleine Seitenstraße, die sie erst ein paar Minuten vorher verlassen hatten. Vor ihr erschien plötzlich eine Frau. „Wow, du hast dich wirklich hergetraut Jo? Mutig, mutig“, zischte sie, doch Jo rührte sich nicht. „Immer noch ganz die Alte“ Mit diesen Worten zog sie ihre Waffe. Das Geräusch von einem Schuss war zu hören. Tatsächlich aber waren zwei gefallen. Zur selben Sekunde feuerten Jo und die unbekannte Frau ihre Waffen ab. Die Kugeln trafen sich in der Mitte zwischen beiden und zerstörten sich gegenseitig. „Du bist gut“, kam es von der Frau. „Aber nicht gut genug“ Weitere Schüsse fielen, doch alle Kugeln, die sie abfeuerte wurden von einer Kugel von Jo zerstört. „Du bist wirklich verdammt gut“ Diese Aussage brachte Jo zum Grinsen. „Jo, ich…“ Meg war ihr gefolgt und tauchte nun hinter ihr auf. „Meg, mach das du wegkommst!“, schrie Jo ihre Freundin an, doch diese rührte sich nicht vom Fleck. „Jo ich liebe dich auch! Ich habe dich seit dem ersten Tag geliebt“ Die kurze Unaufmerksamkeit, die diese Worte bei Jo verursachten reichten aus. Ein Schuss fiel und traf, noch ehe Jo ihre Waffe auf die Frau richten konnte. „NEIN!“, schrie Meg und stürzte auf Jo zu. „Oh mein Gott, Jo! Nein….! Nicht…!“ Ihre Stimmte versagte unter Tränen. „Danke, Meg“ Waren die letzten Worte, die durch die nun kalte, verlassene Gasse hallten. Oder hallten sie nicht? Kam es ihr nur so vor? Sie wusste es nicht. Wusste nicht, was passiert war. Konnte es nicht realisieren. Wollte es nicht. Es war ihre Schuld. Nur ihre. Hätte sie Jo nicht abgelenkt, wäre sie jetzt nicht tot. Nur ihre Schuld. Die Vorwürfe bohrten sich in ihren Kopf. „Es ist deine Schuld, nur deine!“, schrie sie die vorwurfsvolle Stimme innerlich an. Flashback Ende „Nur deine Schuld…“ Noch immer klopfte ihr Herz wie wild. Sie konnte nicht mehr. Weinend und schwer atmend sackte sie in sich zusammen. „Sei stark. Du hast es Jo versprochen“, sagte sie sich immer wieder selbst. Doch die Stimme ihres Willens konnte die Stimme ihres Vorwurfs nicht übertönen. „Alles ist deine Schuld. Du hast alles kaputt gemacht“ Zitternd stand sie wieder auf, rannte weiter. Weiter durch die nassen Straßen. Waren es überhaupt noch Straßen? Wo war sie? Wie weit war sie gelaufen? Sie wusste es nicht. Es war ihr egal. Sie spürte keine Schmerzen. Spürte gar nichts. Sie lief. Lief bis sie fiel. Sie fiel. Sie fiel über eine Klippe. Sie fiel und fiel und niemand fing sie auf. Sie spürte nicht einmal, dass sie fiel. Keiner fing sie. Sie wollte nicht gefangen werden. Wollte nur zu Jo. Wollte ihr sagen, wie sehr es ihr Leid tat. Sie fiel, fiel in Richtung Himmel. In Richtung Jo. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)