Das Schwarze Schwert von Demut ================================================================================ Kapitel 3: DRITTES KAPITEL -------------------------- Der karge Wind strich über die schwarze Ebene. Ausgedörrtes Land erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen, Spalten verwandelten die Ebene in ein Meer aus schwarzen Schollen. Schon lange, lange Zeit hatte kein Strauch mehr Wurzeln geschlagen, hatte kein unschuldiges Tier seinen Fuß auf dieses Land gesetzt. Denn seit langer, langer Zeit war dieses Feld nichts anderes als die Grabstätte unzähliger Krieger. Schon seit langer, langer Zeit war es das Schlachtfeld aller Schlachtfelder, der Kriegsschauplatz aller Kriegsschauplätze. Hier wurde der Kampf um die Herrschaft der Obenwelt begonnen und hier, so hatten sich die alten Könige geschworen, würde er bis auf alle Zeiten weitergehen. Hell gegen Dunkel, Gut gegen Böse, Oben gegen Unten. Die Schlacht tobte... etwas lasch vor sich her. Hätte man das Kampfgetümmel auf Video aufgenommen und dann vorgespult, es wäre eine actiongeladene Schlacht daraus geworden. Das Problem war, dass der Krieg schon viel zu lange dauerte. Insgesamt viel zu lange und insbesondere bereits seit Gestern Morgen. Inszwischen war es Abend und die orangene Abendsonne fraß sich durch einen glutroten Himmel. Eigentlich eine Metapher für geflossenes Blut, Tod und Abschlachten, dürfte dieses Abendrot eher als das letzte, matte Aufglühen einer Holzkohle gesehen werden. Ein Ghul hob in Zeitlupe seine Keule und ließ sie auf halbem Wege kraftlos auf den verbeulten Helm des Kriegers ihm gegenüber fallen. Bomm. „Au.“, maulte dieser und piekste den Ghul mit seiner Axt. Ein ähnliches Bild war auf dem ganzen Schlachtfeld zu finden. Ein oder zwei Kämpfende, egal ob Freund ob Feind, waren, an Kopf, Schulter oder Rücken des anderen gelehnt eingeschlafen. Irgendwo fand ein Kartenspiel statt. Und Lord Adrrian Drachenkopf der Dritte befand sich ebenfalls mitten in der Schlacht. Er hatte sein großes Schwert über den Kopf erhoben, bereit zum Schlag... und schnurchelte leise. Ob dieses tiefen, dröhnenden Tons schwankte er ein wenig. Oft erwähnt man in Sagen, ein Krieger würde selbst im Schlaf noch Kämpfen. In Realität sah das ganze weitaus weniger heldenhaft aus. Der Mann, dem dieser eingeschlafene Schlag gegolten hätte, kroch ganz vorsichtig und vor allem leise aus der Reichweite des dunklen Herrschers. Später verließ er das Schlachtfeld und entschied sich, Gärtner zu werden. Lord Addrian hatte mehrere Schwerter, aber das Schwert, mit dem er den heutigen Kampf bestritt, war etwas besonderes. Nicht allein nur wegen seine Größe und seiner tödlichen Klinge, die aus Hämatit bestand, auch in seiner Bedeutung hatte es größeren Wert als seine anderen Schwerter. Die Sonne sank weiter und tauchte es in dunkelrote Lichtreflexe. Es war Zeit, sich zurückzuziehen. Nach und nach gingen die Krieger vom Schlachtfeld, schleppten sich und ihre Kameraden davon. Aus reiner Tradition wurden noch ein paar Drohungen für die nächste Schlacht ausgetauscht. „Morgen, ...oder Übermorgen... da könnt ihr was erleben!“ „Verzieht euch nur zurück in euer Loch, ihr, ihr... Ghule, ihr!“, bevor sie sich in ihre Lager zurückzogen. Drachenkopf ließen sie stehen. Er verließ nie das Schlachtfeld, morgen würde man ihn wecken und dann würde der Krieg ungebrochen weitergehen. Solange Adrrian dort stand, würden auch sie zurückkehren müssen, denn Adrrian war gewissermaßen der Krieg. Und er war alt. Und vor allem müde. Sie alle waren müde. Der Abend wurde schleichend zur Nacht und nach und nach linsten die Sterne als glitzernde Pünktchen zwischen den Wolkenresten hervor. Grau und unbeweglich wie eine Marmorstatue stand Adrrian Drachenkopf der Dritte noch immer da. Ein Standbild, das den vierten apocalyptischen Reiter symbolisierte. Mit erhobenem Schwert und bereit zum Kampf, stand er verlassen in der Ebene, während seine Soldaten sich in ihre Decken kuschelten. Doch trotzdem war der dunkle König nicht allein auf dem Schlachtfeld. Leise näherte sich ihm von hinten ein Schatten. Die Bewegungen wirkten für das menschliche Auge linkisch und unbeholfen, als wäre das Wesen nicht gewohnt, sich auf der Erde zu bewegen. Und auf Medlock traf das definitiv zu, denn er war ein Flederhund. Gerne hätte er sich seinem Ziel über die Luft hinweg genähert, doch hätte er dann seine Kreischlaute ausstoßen müssen um seine Beute, das Schwert, zu erkennen und das wäre gleich auf zwei Arten fatal gewesen: Hätte er dies getan, der dunkle König wäre sofort erwacht. Und dann wäre Medlock genau in der Reichweite seines Schwertes gewesen. Hier unten am Boden jedoch konnte er sich auf seinen Geruchssinn verlassen, ohne dass dieser vom Flugwind verweht wurde. So näherte er sich kraxelnd dem Herrscher. Keinen halben Meter von ihm entfernt stehend streckte er nun vorsichtig seinen linken Flügel aus, dessen ledrige Haut ganz vorne von einer lächerlich kleinen Kralle endete. Vor Aufregung knirschte er mit den Zähnen. Er konnte fast nichts erkennen in dieser blöden Dunkelheit! Nur die matten Lichtreflexe der Hämatitklinge im Sternenschein ließen ihn vermuten, wo sich das Schwert befand. Er reckte sich noch etwas mehr, benutzt den anderen Flügel dazu seinen pelzigen, dürren Körper so weit wie möglich vom Erdboden wegzudrücken. So verkrampft erstarrt tastete er so hauchzart, dass er damit eine Fliege hätte streicheln können. Hah! Harte, glatte Oberfläche, da war es ja, das Schwert! Einziges, aber ziemlich großes Problem: Drachenkopf hielt es noch immer in der Hand. Er ließ die Kralle etwas sinken. Mist. Linkisch schlich er um den Kriegsherrn herum, den mit Sternen gesprenkelten Himmel als Spiegelung in den Augen, die Kralle noch immer erhoben. Nun sah er ihn von vorne und das Gefühl, dass sich seine Augen jederzeit öffnen konnten um das Schwert auf ihn heruntersausen zu lassen, ließ ihn seine Nackenhaare sträuben. Mit seinem Mittelfinger strich er über die den Handballen seiner Majestät. Die Finger zuckten leicht. Medlocks andere Kralle stieg nach oben, während er den König weiter kitzelte. Ja... jaaaa... Falten durchzogen die Stirn von Adrrian wie Blitze einen Gewitterhimmel und er stieß einen zornigen Laut aus. Medlock fror ein und wähnte sein letztes Stündlein geschlagen. „Elster... hör aufmichzukitzeln...“ Medlocks schwarze Augen waren groß wie Fußbälle. Er unterdrückte den Drang davon zu laufen, stattdessen ließ er seine angehaltene Luft entweichen und begann zu säuseln. „Ich lass dich ja schlafen, Schatzi. Aber lass doch bitte dieses dumme Schwert los, ja...?“ Adrrians Gesichtsausdruck wurde weicher, er maulte. „Dasis kein dummes... Schwert...“ „Jaaaa, ich weiß doch, mein Schatz... aber hier im Bett hat das doch ganz sicher nichts zu suuuchen...“ Medlock, von seinem Triumph und dem nahen Tod benebelt, forderte sein Glück heraus und kitzelte wieder sein Handgelenk. „Jetzt lass schon los...!“, knurrte er. Und hapste dann. Aber das Gesicht des Herrschers glättete sich. Dann lächelte er. „Jajaaa... wie du willst, Liebste...“ Er ließ tatsächlich los. Das Schwert plumste ohne Gegenwehr in Medlocks andere Klaue. Wow... Lord Adrrian steht ja ganz schön unter der Fuchtel... Beide Fußkrallen um das Schwert geschlungen holte er mit den Flügeln feste Anlauf und glitt in die Nacht davon, auf der Flucht vor seinem eigenen, schnellen Herzschlag. Am nächsten Morgen erschütterte ein dumpfes Brüllen das Schlachtfeld. Es ließ die Kochen tief erzittern und vor Furcht traute sich keine der beiden Seiten in den Krieg zu ziehen. Die Schlacht ruhte zum ersten Mal seit vielen Jahren. Der dunkle König jedoch strich in Rage über das Land, auf der Suche nach seinem verlorenen Schwert. Er fand es nicht. Spätestens da ahnte er, dass etwas im Gange war, was besser nicht sein sollte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)