Shard von MiBicci ================================================================================ Naoru lag im Gras und blickte mit hinterm Kopf verschränkten Armen auf das entfernte andere Ufer. Er konnte sich nicht recht entsinnen, wie lange er schon so lag und grübelte, als er plötzlich durch Schritte hinter sich aus seiner Trance gerissen wurde. Er setzte sich leicht auf und stützte sich auf seine Ellbogen um sich umzudrehen und zu sehen, dass es Kizu war, der da auf ihn zugestolpert kam. Sofort wand er den Blick wieder ab. Außer Atem kam der Kleinere schließlich bei ihm an. „Hier bist du, Naoru! Ich hab dich schon überall gesucht…ich war sogar bei dir auf der Arbeit…warum gehst du denn nicht an dein Handy?“, keuchte er und wischte sich den Schweiß aus der Stirn. Er war erstaunt gewesen, als man ihm gesagt hatte, dass Naoru bereits nach Hause gegangen war. Kizu betrachtete ihn ernst, doch Naoru antwortete nicht. „Ich dachte du wolltest früher nach Hause kommen.“, sagte er nun und ließ sich neben Naoru im regennassen Gras nieder, während ihm die Frage im Kopf herumschwirrte, warum sein Freund hier war und nicht schon längst auf dem Weg zu ihm so wie er es versprochen hatte. Als Naoru weiterhin regungslos auf die Strömungen am Ufer starrte statt ihm zu antworten begann Kizu sich Sorgen zu machen. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er vorsichtig und legte eine Hand auf Naorus Schulter. Diese wurde jedoch fast augenblicklich von dem Schwarzhaarigen weggeschoben. „Nein. Alles in bester Ordnung. Und? Bist du hier um mir zu sagen, dass dein Sakito endlich wieder da ist und du mich jetzt nicht mehr brauchst?“, knurrte Naoru missmutig und würdigte Kizu weiterhin keines Blickes, andernfalls hätte er festgestellt, wie verwirrt der Blauäugige war. „Was? Naoru, was redest du denn da?“, fragte er zurückgeworfen durch seine Worte. Was war denn nur los? Das ganze musste ein großes Missverständnis sein… „Verarsch mich nicht, ok? Das hast du schon lang genug getan.“, erwiderte Naoru daraufhin bissig und machte Anstalten sich zu erheben. Kizu seinerseits war so geschockt, dass er keinen Finger rühren konnte und Naoru lediglich ungläubig anstarrte. „Ich wünsch dir jedenfalls noch viel Spaß mit deinem Junkie.“, murmelte der Ältere nun und klopfte sich den Staub von der Hose. „Naoru! Nein, du verstehst das falsch! Ich-“, begann Kizu, der sich endlich aus seiner Trance riss, an den anderen zu appellieren und stellte dabei nur am Rande fest, dass seine Stimme brüchig klang und er Mühe hatte seine Tränen herunter zu schlucken. Die Kehle war ihm förmlich zugeschnürt. Naoru schien dies allerdings nicht wahrzunehmen, denn er formulierte nur ein herablassendes und des Diskutieren müdes „Ach vergiss es, Kizu.“ und wand sich unbeirrt zum Gehen. Kizu versuchte sich aufzuraffen, doch er zitterte so stark, dass seine Beine immer wieder unter ihm nachgaben. Nichtsdestotrotz stolperte er ihm hinter her und versuchte ihn aufzuhalten, indem er ihn am Ärmel seiner Jacke festhielt. „Nao-“, versuchte er es noch einmal verzweifelt und spürte nun wie Tränen seine Wange hinunter liefen, doch Naoru riss sich von ihm los drehte sich endlich zu ihm um, so dass sie einander in die Augen blicken konnten, doch er begegnete Kizu in seinem Blick mit derartiger Verachtung und Abscheu, dass der Kleinere unweigerlich zurück wich. „Mach doch was du willst! Von mir aus bleib doch bei dem Arschloch und lass dich von ihm zu Grunde richten!“, sagte er und klang dabei nicht minder hasserfüllt. Kizu sank zu Boden. Naoru verschwand immer mehr aus seinem Blickfeld und während er noch damit kämpfte seine letzten Worte zu verarbeiten, versuchte er erneut sich hochzurappeln und ihm zu folgen. Er konnte ihn nicht einfach so gehen lassen! All das, was zwischen ihnen war, konnte nicht einfach so enden! Er wollte ihm nachspurten, doch er stützte auf dem holprigen Abhang und fiel diesen ein Stück hinunter, so dass er sich praktisch direkt am Wasser auf dem Boden nahe den Felsen liegend wiederfand. Naoru war längst verschwunden. Er konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Er wollte schreien, doch kein Ton verließ seine Kehle. Um ihn herum stand alles still. Das einzige, was er hörte, war das Rauschen des Wassers und der Herbstwind, der ihm das Haar zerzauste. Unweigerlich dachte er an Naoru, der ihm immerzu sanft das Haar verwuschelt hatte. Er dachte daran, dass sie gestern noch so glücklich zusammen waren. Der Schmerz schien ihn innerlich zu zerreißen. Er hatte doch einfach nur bei Naoru sein wollen. War das so falsch gewesen? Eine halbe Ewigkeit, so kam es ihm vor, verweilte er in seiner jämmerlichen Position und weinte sich die Augen aus bis keine Tränen mehr kamen. Schließlich war er einfach nur noch müde. Er wünschte, dies alles wäre nur ein böser Traum und er würde erwachen und sich genau wie in den letzten Tagen in Naorus Armen wiederfinden. Er schloss die Augen so fest es ging und öffnete sie nach einer Weile wieder. Kein Naoru. Kein weiches Bett. Dies war die Realität und alles, was er vor sich sah waren die spitzen Felsen und das ans Ufer angespülte zersplitterte Glas. Auf einmal erstaunlich ruhig streckte er den Arm aus und griff nach einer durchsichtigen Scherbe. Sein unkontrolliertes Schluchzen hatte aufgehört. Seine Tränen waren versiegt und auch zittern tat er auf unerklärliche Weise nicht mehr. Im rötlichen Licht der untergehenden Abendsonne betrachtete er das gläserne Stück einen Moment lang. Wenn er es recht überdachte, waren die letzten Tage viel zu schön um wahr zu sein gewesen. Es war ihm vielleicht einfach nicht vergönnt glücklich zu sein… Er war müde. Ruhig setzte er die Scherbe an. Diesmal schnitt er tiefer als sonst. Naoru musste sich bei all seiner angestauten Frustration beherrschen die Eingangstür zu dem Wohnblock, den er behauste, nicht einzutreten. Innerlich kochte er immer noch. Er fühlte sich verraten und betrogen. Und was noch viel schlimmer war: schuldig. Er hatte die Tränen in Kizus Augen sehr wohl gesehen. Aber war es angemessen sich deswegen so elend zu fühlen? Immerhin war Kizu es gewesen, der IHM den Rücken kehrte und nicht anders herum! Missmutig schleppte er sich die Treppen hinauf und stellte fest, dass Sakito vor seiner Wohnung auf dem Flur saß. Ein Anblick, der nicht unbedingt zur Besserung seiner Laune beitrug. Er ballte die Hände zu Fäusten, versuchte sich so gut es ging zurück zu halten und ihn einfach zu ignorieren. Er würde ihn keines Blickes würdigen, sich dann in sein eigenes Apartment verziehen und irgendetwas kaputt machen um sich abzureagieren. Sein Plan war zwar theoretisch recht gut durchdacht, doch in der Praxis verlief er nicht ganz wie vorhergesehen. Naoru hatte den Gang überquert, war schnurstracks an dem am Boden sitzenden vorbei stolziert und fummelte nun an seinem Schlüsselbund herum um die Haustüre zu öffnen, als Sakito plötzlich selbst die Initiative ergriff und ihn ansprach. „Und? Bist du jetzt zufrieden?“, hörte er ihn hinter sich fragen. Obwohl er sich fest vorgenommen hatte ihn zu ignorieren, wand Naoru sich denn noch um, da der Satz ihn irritierte. Womit sollte er bitte schön zufrieden sein? „Was laberst du jetzt schon wieder für nen Scheiß?“, knurrte er den Kerl an. „Hat er’s dir etwa noch nicht erzählt?“, lachte er hohl auf und blickte mit hasserfüllt glitzernden Augen zu ihm hoch. „Der kleine Stricher hat mich wegen dir abserviert.“ Naoru blickte fassungslos zu ihm herunter. „Er hat WAS?“, rutschte es ihm unweigerlich raus. „Du hast schon richtig gehört. Er-“, fuhr Sakito fort, doch ehe er weitersprechen konnte, war Naoru auch schon wieder auf dem Sprung. Wie besessen rannte er die Stufen herunter, übersprang dabei sogar teilweise zwei bis drei. Er musste dringend Kizu finden. Was hatte er ihm nur angetan? All die Sachen, die er ihm an den Kopf geworfen hatte….Wie hatte er nur so verblendet sein können? Kizu würde ihm nie wehtun. Das wusste er doch! Er hätte mit dem Kleinem über die Sache reden sollen, statt ihn derartig fertig zu machen und abzuweisen. Von Schuldgefühlen nur so zerfressen und völlig außer Atem erreichte er schließlich wenig später das Flussufer. Hoffentlich war Kizu immer noch hier! Fieberhaft blickte er sich nach ihm um. Hastig stapfte er die die grüne Wiese entlang und hielt Ausschau nach ihm. Wo konnte er nur sein? Wenn er nicht hier war, wo sollte er dann suchen? Tausend Fragen häuften sich in seinem Kopf. Verdrießlich biss er sich auf die Lippe und wollte schon die Hoffnung, dass er Kizu hier finden würde, aufgeben, da entdeckte er ihn weiter unten am Fluss. Eilig trat er heran und rief auch schon seinen Namen, als er bemerkte, dass der Kleine ohnmächtig zu sein schien und in einer beachtlichen Lache frischen Bluts lag. Seine Augen weiteten sich geschockt. Er stolperte auf ihn zu, ließ sich neben ihm fallen und zerrte sich den Schal, den er trug, vom Hals, um ihn schleunigst um das Handgelenk des Jüngeren zu binden aus dem stetig neues Blut sickerte. „KIZU! Kizu, wach auf!“, bat er den Kleineren verzweifelt. Sein Herz raste nur so. An alledem war nur er allein Schuld! Er würde es sich nie verzeihen können, wenn Kizu…Doch daran wollte er gar nicht denken! Vor Angst um den Kleineren zitternd schüttelte er ihn leicht, doch er wollte und wollte einfach nicht aufwachen. „Kizu! Kizu, Es tut mir so Leid! Bitte, Kizu…“, hauchte er mit brüchiger Stimme und strich dem blassen Jungen das seidige Haar aus dem Gesicht, während er seinen inzwischen leicht unterkühlten Körper in seinen Armen hielt. „Kizu, komm doch zu dir!“, flehte er und drückte ihn fest an sich, während sich Tränen in seinen Augen sammelten. Als der zierliche Schwarzhaarige zu sich kam und die blauen Augen öffnete, war er zuallererst einmal geblendet von dem grellen Licht, das ihn umgab. Er blinzelte, stöhnte auf und hielt sich die Hand vor die Augen. Um ihn herum war alles so hell und weiß…Wo war er nur? Er versuchte sich aus seiner liegenden Position leicht aufzurichten und stellte fest, dass er in einem recht bequemen Bett lag und dass sein Kopf sich drehte als hätte er die halbe Nacht durchgesoffen. An irgendeine Form von Alkohol konnte er sich jedoch nicht erinnern. Woher stammte also dieser Kater? Er blickte sich verwirrt um und stellte fest, dass er sich in einem gutbeleuchteten, kleinen Krankenhauszimmer befand. Stirnrunzelnd betrachtete er seine Umgebung, bis sein Blick schließlich auf Naoru traf, der neben ihm auf einem Stuhl saß und halb auf seinem Bett liegend an seiner Seite schlummerte. Als er den Dunkelhaarigen erblickte kamen sämtliche Erinnerungen an den Vortag zu ihm zurück. Das Treffen mit Sakito, der Streit mit Naoru…und auch die Sache am Fluss. Unsicher blickte er auf sein Handgelenk, welches feinsäuberlich mit weißen Bandagen verbunden worden war. Er hatte versucht sich das Leben zu nehmen. Warum also war er hier? Sein Blick wanderte zurück zu Naoru. War er die ganze Zeit bei ihm geblieben? Er wollte sich etwas zu ihm herüber lehnen, doch da meldeten sich seine Kopfschmerzen auch schon wieder. Offenbar hatte er wohl etwas zu viel Blut verloren und fühlte sich deshalb so schwach. Er war ein regelrechter Idiot, dachte er, als er sich zurücklehnend sein Handgelenk besah. Nicht mal umbringen konnte er sich richtig… Nach einer Weile, in der er Naoru beim Schlafen beobachtet hatte, raffte er sich auf um ihn anzustupsen und somit zu wecken. Er würde sicher nicht länger als nötig bleiben wollen….jetzt wo es aus zwischen ihnen war. Allein der Gedanke schmerzte Kizu, noch während er ihn formulierte. Er blinzelte die aufkommenden Tränen weg. Jetzt war nicht der Zeitpunkt für Selbstmitleid, ermahnte er sich, denn Naoru kam langsam zu sich und rieb sich bereits verschlafen die Augen. Kaum hatte er den Kopf gehoben und Kizu, der vor ihm in seinem Krankenbett lag, entdeckt, sprang er auch schon auf. Seine Bewegung kam so plötzlich, dass Kizu regelrecht zusammenzuckte und eine weitere Welle Kopfschmerzes über ihn kam. Doch das war noch nichts im Vergleich zu dem das folgte: „WIE KONNTEST DU NUR SO ETWAS BLÖDES TUN!?“, schrie Naoru ihn an und Kizu war ganz sicher, dass man ihn den ganzen Gang entlang hatte hören können. Er war so erschrocken über den plötzlichen Anstieg des Geräuschpegels, dass er bis zum Kinn zurück unter die Decke rutschte. „Du hast mir nen riesigen Schrecken eingejagt! Ich hatte schon gedacht du bist tot! Mach so etwas nie wieder! NIE WIEDER, hast du mich verstanden?“, herrschte der Ältere ihn an und ließ sich erschöpft durch das viele Schreien wieder neben ihm auf der Bettkante nieder. Kizu war sprachlos. Was sollte er darauf nur erwidern? Eine erneute Welle starken Kopfschmerzes überkam ihn. „Tut mir Leid.“, murmelte er kleinlaut und irgendwie stimmte es auch. Er hatte nicht beabsichtigt Naoru einen solchen Schrecken einzujagen. Er hatte nur einfach nicht damit gerechnet, dass es ihn überhaupt noch kümmern würde, nachdem was geschehen war. Naorus Wut war bei dem Anblick des Kleineren sofort wie verflogen und wich einem anderen Gefühl. Er war einfach nur froh, dass es ihm gut ging. Er war so erleichtert und Kizu wirkte obendrein selbst so niedergeschlagen, so traurig, dass er ihn einfach in den Arm nehmen musste. Wie konnte er ihm auch länger böse sein? Alles was zählte war, dass er noch lebte. Kizu war über diese Geste stark erstaunt. Hatte Naoru nicht noch Stunden zuvor klar gemacht, dass Schluss zwischen ihnen war? „Ich hab mir solche Sorgen gemachte…“, flüsterte jener nun und vergrub sein Gesicht in der Halsbeuge des Kleineren, der dadurch nur noch verwirrter war. Er wusste nicht wie oder was er erwidern sollte. „Naoru, ich dachte…“, meldete er sich nun ein wenig heiser zu Wort und bemerkte, dass es ihm noch schwer fiel überhaupt zu sprechen, doch Naoru unterbrach ihn ohnehin, daher machte es keinen Unterschied. „Es tut mir Leid, was ich alles zu dir gesagt habe! Ich hab’s nicht so gemeint. Ich war wirklich ein Idiot…Ich hätte dir zuhören sollen…“, erklärte er nun und blickte Kizu tief und schuldbewusst in die Augen. Kizu begriff allmählich, dass Naoru erkannt hatte, dass es sich bei der Sache mit Sakito um ein Missverständnis gehandelt hatte. „Naoru, ich wollte ihn nicht küssen. Ehrlich… Ich liebe dich doch.“, schluchzte er nun und erwiderte die Umarmung des anderen. „Ich weiß...“, murmelte Naoru daraufhin nur verständnisvoll. Er lehnte seine Stirn gegen die des Anderen und küsste seine Tränen weg. „Das heißt du bleibst bei mir?“, flüsterte Kizu zaghaft und schmiegte seine Wange an die Naorus. „Ja.“, hörte er ihn antworten. „Für immer?“ Er blickte ihn erwartungsvoll an. „Für immer.“, wisperte Naoru nur liebevoll nahe seinem Ohr und schloss die Distanz zwischen ihnen schließlich mit einem gehauchten Kuss auf seine zarten Lippen. „Ich liebe dich, Kizu.“ Der Kleinere strahlte ihn an, obwohl Tränen in dem blau seiner Augen glitzerten. Dann fiel er ihm in die Arme. „Ich dich auch, Naoru. Ich dich auch!“ [And they all lived happily ever after. Danke fürs lesen. Lasst n Kommi da, sonst wird der nächste mist den ich frabriziere nicht besser~] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)