Nindo von abgemeldet (Jeder muss seinen eigenen Weg gehen) ================================================================================ Kapitel 6: Sakuras Fortschritt ------------------------------ Die restliche Zeit bis sie in Suna-Gakure herzlich von Temari und Kankuro begrüßt wurden verging ruhig. Schleppend, aber ruhig. Da sie die meiste Zeit schweigend hintereinander herliefen und nur wenn nötig Pausen machten, waren sie unglaublich schnell über die Grenzen des Flussreiches gekommen, das zwischen Hi no Kuni und Kaze no Kuni lag, und schon kurze Zeit später konnten sie Umrisse der Stadt hinter dem leeren Wüstenfeld sehen. Kurz darauf betraten sie nach endlos auszufüllenden Formularen das Dorf, das versteckt im Sand lag. Wahrscheinlich hatte Naruto gehofft, dass Gaara selbst ihn begrüßen würde, nachdem er ihn ja schon so lange nicht mehr gesehen hatte, aber stattdessen streckten nur seine zwei Geschwister ihre Hände den Ankömmlingen entgegen. Sakura wurde von Temari viel überschwänglicher begrüßt als die beiden Jungs und sofort nach vorne verschleppt, während die restlichen beiden zehn Meter hinter den Mädchen mit Kankuro mitgehen mussten. „Sakura-chan“, begann Temari süßlich. Dabei jagte es der Angesprochenen einen Schauer über den Rücken. Das passte gar nicht zu Temari, und dass sie ein Suffix verwendete machte die Sache nur noch komischer. „Also, ich wollte dich fragen, was du von diesem neuen Kleid hältst.“ „Kleid?“ Sie musterte Temari und fragte sich, ob sie das lila Ninjagewand damit meinte. „Ich dachte, das ist eine Art…Trainingsgewand.“ „Nicht das. Es liegt in meinem Zimmer. Aber Mitte Juni ist doch der Sommerball in Konoha und da gehen wir hin, so quasi als Zeichen des Friedens zwischen Suna und Konoha. Du weißt schon, weil wir ja die Kinder der Kazekagen sind und Gaara ja bald Kazekage wird und deswegen halt.“ „Aber, Temari-san, wieso willst du da denn so gut aussehen? Es ist doch nur ein Ball, oder?“ „Ja, nur ein Ball.“ Leicht enttäuscht senkte Temari den Kopf. Sie wollte es nicht laut aussprechen, das würde es nur bestätigen. „Ach so! Jetzt verstehe ich. Aber ich vermute, dass Shikamaru nicht kommen wird. Der und Bewegung? Außerdem ist er nicht der Typ für so etwas. Und dass du mich um Rat in Stylingfragen bittest ist keine gute Idee. Ich meine, schau nur wie ich rumlaufe!“ Sie breitete unterstreichend die Arme aus und drehte sich leicht, bevor sie wieder ihr übliches Tempo aufnahm. „Diese Zicke konnte ich wohl kaum fragen. Außerdem bist du da. Und du kennst Shikamaru doch gut und weißt ja, auf was er steht.“ „Also, gut kennen wäre zuviel…ich unterhalte mich hin und wieder mit ihm, aber auch nur, weil Ino meine beste Freundin ist. Und, keine Sorge, ich werde ihr nicht sagen, dass du sie Zicke genannt hast.“ Sasuke und Naruto gingen lustlos neben Kankuro her und hörten sich seine neuesten Geschichten über Aufträge und sonstigem Kram an. Anscheinend hatte er eine Art Freundin, die er auf einem Auftrag kennen gelernt hatte und was weiß der Teufel. Die Konoha-Nin interessierte das herzlich wenig und sie beneideten die anscheinend ausgelassene Stimmung der beiden Mädchen viele Meter vor ihnen. „Weißt du über was die reden und wieso wir da nicht zuhören dürfen?“, maulte Naruto gelangweilt. In seinem Wintergewand fühlte er sich wie in einer Mikrowelle. Es hatte hier im Windreich, da wo kein Wind wehte und es zehn Monate im Jahr Sommer war, geschätzte 25°C und das mit langen Ärmeln und Hosenbeinen von mehreren Schichten zu ertragen grenzte an Menschenrechtsverletzung. „Keine Ahnung, aber es ist mir egal“, gab Sasuke gelangweilt zurück und zog sich den Kragen seines schwarzen Oberteils ein wenig weiter weg. Auch ihm war sichtlich heiß. Kankuro bot an, ihnen ein paar seiner Klamotten zu geben, was die beiden allerdings entschieden ablehnten. Das fehlte ja noch. Die Sachen eines Ninjas, der mehr Schminke benutzte als seine Schwester. „Wieso versteht sich Sakura denn eigentlich so gut mit Temari? Was habe ich verpasst?“ „Sakura hat eine Tante oder so was hier in Suna und musste sie auf Anweisung ihrer Eltern für eine Woche besuchen. Das war irgendwann im Juni oder so. Auf jeden Fall hat sie da, um nicht aus der Übung zu kommen, mit Temari-nee trainiert. Sie war, soweit ich weiß, sowieso nie bei ihrer Tante. Die wusste nicht einmal, dass sie kommt. Soll eine schreckliche Person sein, schlimmer noch als Schwiegermütter“, spulte Naruto monoton herunter und kämpfte gegen einen Hitzekollaps an. Sasuke hingegen fragte sich, was er noch alles verpasst hatte. Langsam wurde es ärgerlich. Es war so viel passiert und er wusste das alles nicht. Nicht, dass ihn die einzelnen Wissenslücken gestört hätten, nur das Gefühl, unwissend zu sein nagte an ihm. „Sag mal, Temari-san, weißt du etwas von unserer nächsten Mission? Du wusstest ja anscheinend auch, dass wir herkommen.“ „Nächste Mission?“ „Ja. Wir sollen irgendein Ehepaar in ein Dorf bei Konoha bringen. Gleich nachdem ich mir diesen Patienten angesehen habe. Vielleicht kennst du sie ja sogar.“ „Hast du Namen?“ „Ähm…ich glaube Tanakawa oder so ähnlich.“ „Tanzaka. Das sind die einzigen, die dort im Frühling und Sommer wohnen. Mein Beileid, wenn du die hast.“ „Wieso?“, hakte Sakura nach, doch sie bekam keine Antwort. „Später. Komm, du hast was zu tun. Oder möchtest du dich noch umziehen?“ „Wieso?“ Sie blickte an sich herab und seufzte dann. Ihre Klamotten waren zerschnitten, ihre Haut zerschunden und an dem dunkelroten Stoff klebte helles Rot, Blut. Nicht ihr eigenes, aber es sah schlimm aus. Sie hatte sich ja den blutigen Kunai an dem Gewand abgewischt. „Nein, schon okay. Ich brauche nur ein Glas Wasser, wenn du so nett wärst.“ Temari lächelte nur und machte die Tür des großen Krankenhauses auf. „Michiyo-chan, bring Sakura-chan zu unserem Sonderfall und sorg dafür, dass alle das tun was sie sagt und vor allem, dass sie das bekommt, was sie braucht.“ Sie drehte sich Sakura zu. „Sag Michiyo-chan oder einem der Helfer einfach was du brauchst, sie werden dir alles bringen. Wir haben das beste Ärzteteam zusammengestellt.“ Mit diesen Worten verschwand sie. Ein paar Sekunden später kamen Kankuro mit Sasuke und Naruto im Schlepptau durch die Glastüre des Hospitals herein. Den beiden war es deutlich anzusehen, dass sie sich über die Klimaanlage in der Lobby freuten. „Sakura-sama, kommt bitte mit“, bat das Mädchen namens Michiyo und ging voraus. Sie war etwa in ihrem Alter. „Der Patient liegt im vierten Stock.“ Sakura war es nicht gewohnt, so förmlich angesprochen zu werden. Vor allem nicht von Gleichaltrigen. „Sakura-san genügt“, bemerkte sie leicht verwirrt und peinlich berührt. „Wie Sie wollen, Sakura-san. Ich bewundere Sie sehr, wissen Sie?“, sagte Michiyo, als sie einen langen Gang entlanggingen. „Ich habe nur wegen Ihnen die Ausbildung zum Medical-Ninja gemacht. Ich habe gerade erst angefangen, vor einem Monat, da bin ich zwölf geworden.“ „Ähm…das ist…schön, Michiyo-chan.“ Sie beschloss, sie einfach mit diesem Süffix anzusprechen, da sie schließlich ein Jahr jünger war und noch unerfahrener. „Aber du kannst mich duzen, ja?“ Ihr ging das alles hier gewaltig auf die Nerven. Und der Gang schien auch kein Ende zu finden. „Ich wollte schon immer mal zusehen, wie Sie…ich meine…du deine Arbeit machst, Sakura-san. Du bist eine bewundernswerte Person, ehrlich. Deswegen habe ich gebeten, dass ich dir zusehen darf. Ich darf noch nicht assistieren, weil ich ja gerade erst angefangen habe, aber zusehen zu dürfen ist schon Ehre genug.“ Endlich hatte der endlos lange Gang sein Ende gefunden und eine Treppe wartete darauf, erklommen zu werden. Während der Stufensteigerei musste sich Sakura noch einige Lobesreden auf sich selbst anhören, die sie irgendwie vor Scham wegsehen ließen. So gut war sie doch gar nicht. Sie selbst war noch keine völlig ausgebildete Medic-Nin. Nach wenigen Minuten blieben sie in der Mitte eines weiteren Ganges im vierten Stock stehen. Michiyo machte die steril wirkende Türe auf und betrat dicht gefolgt von Sakura, Sasuke und Naruto den Raum. In der Mitte lag ein Mann, vollkommen in Bandagen gewickelt auf einem Medizin Fouton. Um ihn herum standen angespannte Männer und Frauen in baigen Gewändern, die wahrscheinlich die erwähnten Spezialisten Sunas waren. „Okay“, setzte Sakura an, band sich die mittellangen Haare einmal mehr provisorisch nach hinten und kniete sich vor dem Patienten hin. Sie spürte die Blicke sämtlicher Menschen in diesem Raum auf sich. Die Medical-Ninjas aus Suna, ihre Teamkameraden, die gerade hinzugekommene Temari, Kankuro, Michiyo, einige weitere Zuseher, die wahrscheinlich Medic-Nins in Ausbildung waren – alle starrten auf sie und beobachteten jeden Handgriff, den sie tätigte. Erst legte sie sämtliche Kunaihalterungen und Shurikentaschen ab, dann befreite sie einen Kunai aus der Halterung und ließ ihn langsam über den Verband des Mannes gleiten. Außer seinen Augen war vorhin nichts zu sehen gewesen, jetzt löste sie die aufgetrennten Verbandsstreifen und besah den leicht geröteten Körper. Der Verband war eindeutig zu eng angelegt worden. „Hat die Bandagen eine Hilfsschwester oder Auszubildende angelegt?“, fragte sie konzentriert, während sie den Bauch abtastete. Ein Mann verneinte und fragte weiter, wieso das Wichtig sei. Sakura schüttelte nur den Kopf und murmelte etwas vor sich hin. Die Blicke der Anwesenden machten sie nervös. „So kann ich nicht arbeiten!“, jammerte sie leise und seufzte. Sie stand auf und zog sich die oberste Schicht ihres langärmeligen Gewandes aus. Danach streifte sie die lange Hose ab. Sie warf die Sachen achtlos in eine Ecke. Nun stand sie in ihren üblichen Klamotten da. Sie hatte ja gewusst, wieso sie nicht nur die Winterkleidung angezogen hatte. Ein weiteres Mal kniete sie sich vor den Mann hin und schlug nun die Decke, die noch halb über ihm lag, zur Seite. Zum Vorschein kamen einbandagierte Beine. Sie hob ihren Kunai wieder auf und schnitt abermals den Verband auf. Der Mann lag nun vor ihr, bekleidet mit einer kurzen Hose, ohne markante äußerliche Symptome. Keine schweren Wunden, nur ein paar blaue Flecken und Druckstellen, zweifellos durch den Verband ausgelöst. Sakura beschloss, einfach eine normale Untersuchung anzuwenden. Nachdem diese abgeschlossen war, hatte sie immer noch keinen Anhaltspunkt. Ihre Hand zitterte leicht, als sie den Allzweckkunai ein drittes Mal in die Hand nahm und damit leicht über die Brust des jungen Mannes fuhr. Ein blutiger Schnitt zeigte sich an der Stelle, an der sie den Kunai bewegt hatte. „Was zum…?!“, entwich ihrer Kehle, doch plötzlich tat sich alles zu einem einleuchtenden Bild zusammen. Sie lächelte wissend und siegessicher. Endlich hatte sie einen Anhaltspunkt. Sie hörte eine Stimme hinter sich. Einer der Medic-Nin hatte sie gefragt, was los sei. Sie antwortete erst nicht, sondern bat Michiyo zu ihr. „Du wolltest doch helfen, oder?“, fragte sie, ohne eine Antwort abzuwarten. „Bist du nur eine Medical-Nin, oder hast du auch die Ausbildung zum Ninja gemacht?“ „Nein, hab ich nicht. Wieso, Sakura-san?“ „Drück mal mit normaler Kraft auf meinen Unterarm, so wie wenn du einen Lichtschalter umlegen würdest. Und frag nicht, tu’s einfach.“ Sie spürte einen zarten Druck auf ihrem Arm und nickte Michiyo dann zu. „Jetzt drück mit derselben Kraft auf den Unterarm des Mannes.“ „Das ist Morina Hideki-san“, informierte sie einer der Medic-Nins. Michiyo tat wie ihr geheißen und drückte behutsam auf Hidekis Arm. Sakura nickte ihr zu und ließ sie wieder zurücktreten. Sie zähle in Gedanken bis sechzig und sah dann erneut auf die Druckstelle. Es war genau das Ergebnis, welches sie sich gedacht und gewünscht hatte. Sakura drehte sich zu den acht Ärzten und Ärztinnen, die links von ihr an der Wand standen. „Erst dachte ich, dass ein Unerfahrener Morino-san zu eng bandagiert hat. Nachdem Sie mir aber gesagt haben, dass das nicht der Fall war, konnte ich davon ausgehen, dass es einer von Ihnen getan hat. Liege ich richtig?“ Sie versuchte so klug wie möglich zu reden, aber bei ihr klang das eher gezwungen. Trotzdem nickte eine der Medic-Nins. „Nachdem ich den Verband gelöst habe, waren überall Druckstellen. Ich habe mir gedacht, dass er einfach zu eng war, aber das würde nicht damit zusammenpassen, dass es eine erfahrene Ärztin gemacht hat. Also habe ich, wie Sie alle gesehen haben, Michiyo-chan auf seinen Unterarm drücken lassen. Bei mir hat sich nichts getan, bei Morino-san allerdings hat sich nach nicht einmal einer Minute ein blauer Fleck gebildet.“ „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Michiyo, die neben Sasuke stand, sehr nahe neben Sasuke stand. Das behagte diesem anscheinend weniger, denn er rückte immer näher von ihm weg, also gezwungener Maßen zu Naruto. Dieser wiederum ignorierte das, obwohl ihm sichtbar unwohl war, man bedenke den Kuss vor fast zwei Jahren. „Das heißt, dass er an einer Hautstörung leidet. Bei alten Menschen tritt das häufig auf. Die Haut verliert an Spannkraft und Hautzellen, dadurch bilden sich schneller Blaue Flecken, Blutergüsse und Druckstellen. Ich schätze Morino-san auf Anfang zwanzig, also ist das bei ihm unmöglich des Alters wegen. Andernfalls wäre es in irgendeiner Weise verzeichnet worden, wenn es eine vererbte Hautstörung wäre. Ich nehme an, das wird in den Akten angeführt und er war hier sicherlich als Ninja nicht das erste Mal Patient. Ist das soweit richtig?“ Der Oberarzt nickte. „Er war hier insgesamt neun Mal mit leichtere Verletzungen nach verschiedenen Missionen. Er ist übrigens Chu-Nin. Einmal ist er mit einer gebrochenen Hand und einer leichten Vergiftung hergebracht worden.“ „Was hatte er für eine Mission, bevor er hierher kam?“ Bei all der Aufregung hatte sie vergessen, das Wesentlichste zu fragen. „Er hat eine C-Rank Mission nach Kiri-Gakure bekommen. Sein Freund hat ihn schon bewusstlos hierher gebracht.“ „Und da habt ihr Unwissenden ihn natürlich sofort in Bandagen gelegt, war ja klar“, murmelte sie zu sich selbst und fragte sich in Gedanken, wieso zum Teufel diese Nichts wissenden Medic-Nins nur ihre Prüfungen bestehen konnten. Aber durch Tsunades Arrangement im medizinischen Sektor hatten sie wahrscheinlich schlichtweg die besser ausgebildeten Medic-Nins. Sakura schüttelte den Kopf und wandte sich wieder den Medic-Nins zu. „Ich denke ich weiß, was los ist.“ Vielleicht keine glückliche Wortwahl, aber immerhin. „Es gibt drei verschiedene Giftsortenstämme, die Hautstörungen in dieser Form verursachen. Eines davon kann ich jetzt schon ausschließen, er hat kein Blut gehustet, oder?“ Kopfschütteln ging durch. Amateure. Sie verwendete bewusst keine Fachausdrücke, dass es erstens Michiyo, die Kleine lag ihr irgendwie am Herzen, und zweitens die untergebildeten Medical-Ninjas hier verstanden. Michiyo erinnerte sie irgendwie an sich selbst. Sie war redegewandt, anfangs zurückhaltend und einfach nur liebenswert. Sie fühlte sich als Vorbild, wie Tsunade es für sie selbst war. Sakura kam wieder in die Realität zurück und betete, dass das was sie vorhatte funktionieren würde. Sie atmete tief durch und schloss ihre beiden Hände zu einer Faust. Sie zitterte leicht, das konnte schmerzhaft werden, für den Mann, aber einen Versuch war es wert. Sakura atmete tief durch, löste die Fäuste und legte die Handflächen aufeinander. Mit voller Kraft schlug sie mit der flachen Unterseite der Hand auf den Brustbereich Hidekis. Sie spürte die erschrockenen Blicke aller hier im Raum auf sich, störte sich aber nicht daran. In Gedanken zähle sie wieder bis sechzig und suchte nach einem Bluterguss im Brustbereich. Wie vermutet zeichnete sich nichts ab. „Wusste ich’s doch!“, murmelte sie sich selbst zu und winkte Michiyo wieder zu sich. „Michiyo-chan, weißt du, was Spitzwegerich und Wermut ist?“ Sie sah sie nicken. „Habt ihr so etwas in eurem Kräutersammelsarium?“ Michiyo überlegte kurz und nickte dann ein weiteres Mal. Sakura zeigte auf zwei männliche und eine weibliche Medic-Nin. „Sie drei bringen mich dort hin.“ Es war lustig mit anzusehen, wie sich erwachsene Ärzte von einem 13-jährigen Mädchen herumkommandieren ließen. Grün. Hin und wieder konnte man die lila Blüten von Lavendel sehen oder gelbe Knospen von Sonnenblumen erblicken, doch vorwiegend sah man die Farbe Grün. Eilig schritt Sakura durch das riesengroße Gewächshaus und suchte nach den Pflanzen, die sie brauchte. Wermut und Spitzwegerich waren nur wenige der vielen Zutaten, die sie brauchte, aber sie waren die seltensten hier in Suna. Es war zu heiß für diese empfindlichen Pflanzen. Sie konnte natürlich schon wachsen, aber da es hier so heiß war und keine Möglichkeit der effizienten Kühlung da war, verloren die zarten Pflänzchen ihre besondere Heilkraft. Sakura riss vorsichtig zwei Blätter einer dunkelgrünen Pflanze ab und legte sie sachte in einen Behälter. Nach zehn Minuten war alles eingesammelt und sie legte einzelne Blätter in vier verschiedene Mörser, die auf dem Zubereitungstisch standen. „Es soll erst eine Paste ergeben. Damit es später flüssig wird, müssen drei verschiedene Pasten hergestellt werden. Sie drei machen die, zerreiben sie einfach die Zutaten, Sie wissen ja, wie das geht. Ich werde inzwischen die Flüssigkeit herstellen. Wenn Sie fertig sind, sagen Sie Bescheid.“ Sie schloss ihre Erläuterung und kippte ein wenig Wasser in ihren Mörser. Michiyo drehte sich zu Sasuke und Naruto. „Damit sie das Gegengift herstellen können brauchen sie mindestens eine Stunde. Gehen wir inzwischen in die Cafeteria? Sie ist nicht sonderlich groß, aber dafür sehr gemütlich.“ Die beiden Jungs wollten den Kopf schütteln, doch sie kamen nicht dazu. Michiyo hatte bereits ihre Arme ergriffen und in den obersten Stock verschleppt. Die Cafeteria war hell beleuchtet und man hatte durch die Glaswand einen schönen Ausblick auf die Grünanlage Suna-Gakures. Der einzige Ort, wo überhaupt Pflanzen wuchsen. „Wisst ihr“, begann Michiyo schon wieder zu schnattern. Das Mädchen war noch schlimmer als Ino. „Hier in Suna gibt es schon seit Ewigkeiten keine medizinische Versorgung. Zumindest keine so gute wie in Konoha. Tsunade-sama hat sich damals ja dafür eingesetzt und selbst als Medic-Nin andere Menschen ausgebildet. Sie hat im Jahr dreizehn nach Konoh’scher Zeitrechnung angefangen und erst jetzt hat das Gesundheitswesen bei euch richtig angefangen zu funktionieren.“ „Wieso weißt du denn eigentlich so viel über Konoha?“, fragte Naruto. Nicht dass es ihn interessieren würde, aber er wollte nicht immer nur untätig daneben sitzen, gehen, stehen oder sonst etwas. „Wir mussten das alles lernen. Medizinkunde besteht nicht nur aus der Praxis, so wie ihr es wahrscheinlich von Sakura-san kennt. Man muss sich genauestens mit den Chakraströmen befassen und sie auswendig können. Dann die ganzen Gifte, wie man sie erkennt, was die Gegengifte sind und wie man die herstellt. Außerdem hat mein Sensei ein gewisses Fabel für historische Sachen, also mussten wir das alles durchnehmen.“ „Aha…“, machte Sasuke und starrte, genau wie Naruto, aus dem Fenster. „Ich beneide Konoha. Die Medical-Ninjas in Konoha wissen so viel. Sicherlich ist Sakura-san eine Ausnahme, sie ist unglaublich, aber was ich gehört habe, sind sie Auszubildenden genauso gut wie unsere Spezialisten. Das macht mich irgendwie traurig.“ Michiyo seufzte. „Einerseits finde ich es toll, dass Kazekage-sama so viel in unser Angriffs- und Verteidigungssystem gesteckt hat, andererseits ist es bedauernswert, dass das Gesundheitswesen dadurch zu kurz gekommen ist. Und nun, da Kazekage-sama tot ist und wir bald einen neuen Kazekagen feiern dürfen, hoffe ich, dass wir mehr für die Gesundheit investieren. Wir können keine ernsten Fälle behandeln, lediglich einzelne Brüche oder Prellungen heilen. Jedes Mal müssen wir Hilfe aus Konoha anfordern. Das ist schade.“ „Ja, schade…“, murmelte Sasuke und verfluchte den Tag, an dem er wieder in Konoha war. „Ich will wieder nach Hause.“ „Du hast ein Zuhause, Sasuke-teme?“ „Nein, weißt du? Ich lebe unter der Brücke.“ „Das meine ich nicht. Aber ich dachte mir, dass du Konoha nicht deine Heimat nennst.“ „Willst du eine auf’s Maul?“, forderte Sasuke auf. „In fünf Minuten auf dem Krankenhausdach.“ „Nicht schon wieder!“ Sie schwiegen. Langsam aber sicher verstrichen nun die Minuten, in denen Michiyo vom einen zum anderen saß. Vielleicht sah sie es als gute Idee, ein Gespräch in Gang zu bringen, aber sie kannte Sasuke ja nicht. Unüberlegt fragte sie so beiläufig wie möglich: „Sasuke-san, hast du eigentlich eine Freundin?“ Er verschluckte sich an seinem Tee, den ihm Michiyo spendiert hatte. Sie bekam ja als Angestellte alles umsonst. „N…Nein“, hustete er und spürte, wie Naruto etwas zu fest auf seinen Rücken klopfte. „Und ich habe nicht die Absicht, eine zu haben.“ „Oh…na ja, ich dachte nur, weil du ein Uchiha bist…wegen deinem Clan.“ Langsam wurde das alles zu bunt. Jetzt fragten ihn schon wildfremde Mädchen wegen seinem Clan. Das war doch zum Verzweifeln. „Woher weißt du, dass ich ein Uchiha bin? Und was hat das eine mit dem anderen zu tun?“, fragte er verwirrt, geschockt, verzweifelt, man konnte es nicht herauslesen. „Ach, überall sind diese Fächer abgebildet, und deswegen weiß ich, dass du ein Uchiha bist. Und es kam das Gerücht in die Runde, dass du nach einer Frau suchst, mit der du deinen Clan wieder aufbauen kannst. Also dachte ich, dass Sakura-san…“ „Halt! Das sprichst du nicht aus! Diese Unterhaltung hat niemals stattgefunden, klar?“ Er sah Naruto durchdringend an und erhob sich. Nach einer halben Minute war er die Treppe hinuntergegangen und außer Sichtweite. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte Michiyo verwirrt. „Die beiden mögen sich nur nicht sonderlich. Schon gut.“ Er lächelte ihr zu und ging dann Sasuke hinterher. Sakura vermengte die drei Pasten und kippte die Flüssigkeit hinein. Das Gemisch wurde flüssig und glasig, während die grüne Basisfarbe langsam verblich. Sie drehte eine der Heizplatten auf, woher die kam wusste sie nicht, und stellte die glasige Flüssigkeit auf die sich erhitzende Platte. Nach vier Minuten war ein Großteil davon verdampft und zurück blieben geschätzte zehn Milliliter der Flüssigkeit übrig. „Wie langwierig“, maulte Sakura, ergriff vorsichtig den Glasbehälter und schwenkte den Inhalt, bis er aufhörte zu blubbern. „Okay, fertig. Gehen wir!“, befahl sie und eilte zum Behandlungszimmer. Als sie eintrat stand Michiyo am anderen Ende des Zimmers, weit weg von Sasuke und Naruto, die mitten im Weg vor der Türe standen. Sie drängte sich an den beiden vorbei und kniete sich wieder vor Hideki nieder. Langsam schwenkte sie die Flüssigkeit weiter, bis sie halbwegs abgekühlt war. Sie füllte den Inhalt in eine Ampulle, die ihr gereicht wurde, und befestigte darauf einen Spritzenkopf. Das sowieso schon geringe Gegengift war zu kostbar, so ließ sie die Spritzprobe aus und stach auf Gutglück in den Oberarm ihres Patienten. Die Stimmung war angespannt, sehr angespannt. Alle warteten auf eine Reaktion, ein Nicken, ein Kopfschütteln von Sakura. Sie selbst legte eine Hand auf den Brustkorb Hidekis und verweilte ein wenig in dieser Position. Erleichtert seufzte Sakura. „Das erste wäre geschafft!“, sagte sie froh zu sich selbst. „Ich brauche drei Schüsseln. Eine mit Wasser, eine leere und eine mit Wasser, das mit Rosenblütenessenz versetzt ist!“, befahl sie und löste den Zopf, nur um ihn wieder neu zu binden. Naruto trat vor und stellte sich kniete sich neben sie. „Sag mal, Sakura, was hast du jetzt vor?“ „Ich werde eine abgeänderte Basismethode anwenden, um das vorhandene Gift aus seinem Körper zu holen. Tsunade-sama hat sie mir irgendwann einmal gezeigt und ich habe sie jetzt einfach an diese Situation angepasst.“ Michiyo hatte bisher nur still zugesehen und sich Notizen auf einem Block gemacht. Jetzt aber kniete sie sich Sakura und Naruto gegenüber hin und fragte: „Sakura-san, welche Basismethode?“ „Du wirst sie noch nicht kennen, diese Methode kommt erst später, weil sie ein wenig kompliziert ist. Dabei bindet man das Wasser mit Hilfe seines Chakras an seine Handfläche und schleust es in den Körper ein.“ „Wie geht das denn?“ „Die Wasserpartikel vermischen sich mit den Chakrafäden und werden somit samt dem Chakra in den Körper eingearbeitet, wenn man das so sagen will. Man kann mit dieser Methode Gift lösen, das an den Organen festsitzt und sie beeinträchtigt oder zerstört.“ Naruto legte die Stirn in Falten. „Ich dachte mir, dass du mit diesem Gegengift das andere Gift irgendwie unschädlich gemacht hast!“ „Nein, nicht ganz. Das Mittel hat das schon vorhandene Gift gelöst und gebündelt. Jetzt kann ich es an einer Stelle abschöpfen, das spart ungemein an Zeit und Chakra.“ Wie auf Kommando standen endlich die drei geforderten Behälter vor ihr. Sie breitete die Hand knapp über der Wasseroberfläche aus und man konnte sehen, wie sich ein riesengroßer Wassertropfen unter ihrer Handfläche bildete. Sie setzte den Tropfen auf die Brust des Mannes und ließ ihn langsam in ihm verschwinden. Sakura legte die zweite Hand flach neben die andere. Sie hob ganz langsam und schwerfällig die vorhin noch leere Hand und zog den gleichen Wassertopfen wieder aus dem Körper. Das Wasser, in dem nun dunkelblaue Teilchen gefangen waren, ließ sie in die leere Schale fallen. „Das sieht echt professionell aus, oder?“, flüsterte Naruto angespannt, nachdem er zurückgetreten war und neben dem Uchiha stand. „Hn“, ließ dieser informativ hören und verschränkte die Arme. Er musste sich jedoch eingestehen, dass sie einfach nur toll dabei aussah. Nicht toll im Sinne von attraktiv oder anziehend, sondern eher auf kollegiale Art und Weise. Er konnte sich das alles nicht erklären, aber irgendwie respektierte er sie von Tag zu Tag mehr. Das hielt ihn aber nicht davon ab, dass er sie ärgern musste. Währenddessen hatte Sakura das gesamte Wasser verbraucht und begann nun mit der Reinigungsphase, wie sie es kurz und bündig bezeichnete. Diese Basismethode schädigte die Organe. Da man aber keine Heilsalbe oder sonstiges auftragen konnte und er Medikamente in seinem Zustand nicht vertragen würde, benutzte sie Rosenblütenessenz. Es waren genau zwei Stunden und vierzehn Minuten nach dem Eintreffen von Team 7 vergangen, als sich Sakura Haruno den Schweiß von der Stirn wischte und zufrieden aufstand. „Er braucht Ruhe und vor allem viel Sonnenlicht.“ Es klang ein wenig albern, aber durch das Sonnenlicht konnten wichtige Reaktionen im Körper besser gestartet werden. Genau das, was ein Komapatient der aufwachen sollte brauchte. Einer der Ärzte wollte vortreten und eine Ellenlange Dankesrede halten, doch Sakura schüttelte nur den Kopf. „Sie alle brauchen nichts zu sagen, ich muss sowieso schnell weiter. Wir haben schließlich noch einen Auftrag. Naruto, Sasuke, wir müssen!“, trällerte sie zufrieden und ging schnellen Schrittes an ihren beiden Teamkollegen vorbei. „Halt!“, hörte sie plötzlich Temari, die hinter ihnen stand. „Was ist mit dem Kleid?!“ Sakura schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber ich bin in Sache Mode die Falsche. Ich muss los!“ Mit einem Grinsen auf den Lippen fasste sie Sasukes und Narutos Handgelenk und zog die beiden Jungs schnell mit sich nach draußen – was sich als fataler Fehler herausstellte. Draußen war es heiß und die Hitze erschlug die drei fast. Nach nur zehn Minuten gehen rannten ihnen Schweißtropfen an der Stirn herunter. Es war der 12.Jänner und es war verdammt heiß. In Konoha hatte es jetzt wahrscheinlich an die minus 5°C, denn es war der stärkste und längste Winter seit langem. Doch hier in Suna war es heiß. Aber was erwartete man anderes von einem Dorf, das in der Sandwüste fast genau am Äquator lag? Die jeweils vier Schichten Kleidung hatten Naruto, Sasuke und Sakura in ihren Rucksäcken verstaut. Sie würden ja in Unterwäsche gehen, aber das würde wohl eher unpassend in diesem Dorf sein, wo alle außer den Ninjas in langen Tüchern steckten. Naruto hatte in einem Anfall von Intelligenz, der Sasuke große Sorgen bereitet hatte, nach dem Weg zu ihren Auftraggebern gefragt. Nun führte der Blonde seine beiden Teamkollegen an und ging schon das fünfte Mal an dem Brunnen am Hauptplatz vorbei, auf dem eine steinerne Statue des ersten Kazekagen prunkte. Sasuke versuchte schon seit vielen Metern Naruto davon zu überzeugen, dass sie rechts und nicht geradeaus gehörten, er war ja bei der Wegbeschreibung auch dabei gewesen. Nun standen sie wieder an der Kreuzung und der Chaosninja wollte gerade einen Schritt nach vor machen, als ihn Sakura am T-Shirt packte und nach rechts zerrte. „Sei ein braver Naruto und hör einmal auf Sasuke, okay?“, sagte sie genervt und zog ihn hinter dem Uchiha her, der schon vorgegangen war. Obwohl er schrie, tobte und Sakura als Verräterin beschimpfte, ließ sie nicht los, bis sie vor einem relativ großen Haus, nennen wir es Villa, standen und ausknobelten, wer Anklopfen dürfte. „Auf drei!“, befahl Naruto und streckte seine geschlossene Faust zu den anderen beiden seiner Teamkameraden in die Mitte. „Eins, zwei, drei!“, Naruto grinste, als er feststellte, dass er gewonnen hatte. Papier schlug immerhin Stein, auch wenn er zweimal da war. „Seht ihr, nicht immer führt Stärke zum Sieg!“, spottete er. „Klappe, Baka!“, zischte Sakura nur genervt und funkelte Sasuke böse an. „Auf drei! Eins, zwei, drei!“ Sie hatte die Augen geschlossen und öffnete eines ein paar Millimeter und linste nach unten, wo Sasuke gerade ihr Papier mit seiner Schere zerschnitt. „Verdammt!“, fluchte sie und ließ den Kopf hängen. „Ach, Miss Oberschlau wollte wohl ganz klug sein. Du dachtest im Ernst, dass ich wieder Stein nehmen werden würde, nicht wahr?“ „Ich wollte, dass du glaubst, dass ich denke, dass du Stein nehmen würdest und deswegen Papier wähle. Dann dachte ich aber, dass du denken würdest, dass ich nicht so dumm wäre und mir das denken würde und deswegen würdest du die Schere nehmen“, sagte Sakura ein wenig stolz. „Aber dann hättest du doch wohl Stein genommen und ich wäre erledigt gewesen. Du hast aber das Papier genommen“, konterte Sasuke. „Weil ich dich klüger eingeschätzt habe und mir dachte, dass du mich durchschaut hast und dadurch wüsstest, dass ich Stein nehmen würde und deswegen würdest du dann das Papier nehmen und ich die Schere, aber da du ja dann wüsstest, dass ich die Schere nehmen würde, würdest du dann Stein nehmen.“ „Deswegen dachtest du, dass du mit Papier gewinnen könntest. Da mir das aber zu blöd wurde und ich in der Hälfte aufgehört habe zu denken, hast du Papier genommen, um meinen Stein zu schlagen!“ „Aber da du ja zu blöd warst um bis zum Ende zu denken, habe ich verloren.“ „Ich hätte aber auch einfach deine ganze Strategie durchschauen können und deswegen einfach die Schere genommen!“ „Hast du aber nicht!“ „Vielleicht, Miss Oberschlau, vielleicht habe ich das nur gesagt, um dich zu verwirren.“ „Und was hätte dir das jetzt noch gebracht? Ich habe doch schon verloren!“ „Ja und, vielleicht macht es mit Spaß, dich zu verwirren!“ Es trat eine kurze Pause ein, in der sich die beiden Köpfe zu Naruto bewegten. „Was sagst du dazu, Naruto?“, kam es von beiden gleichzeitig und ihre Blicke durchbohrten ihn fast. „Also…ich…ähm…glaube….“ Die Blicke wurden erwartungsvoller. „…dass Sakura…“ Sie wollte gerade losjubeln und Sasuke den Sieg unter die Nase reiben, doch sie hatte die Rechnung ohne Narutos Anflug von Intelligenz gemacht, den er heute schon das zweite Mal hatte. „…einfach zur Tür gehen und sich vorstellen sollte. Das wäre wohl das Einfachste. Ja, genau.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)