Süßes Gift von Lucivar_Yaslana (Auch der Tod hat eine gute Seite...) ================================================================================ Prolog: Es fiel ein Engel.... ----------------------------- Mein Leben für dich. Es hat keinen Wert mehr... nicht für mich. Mein Herz dem deinen. Jenen kurzen Brief in den zitternden Händen haltend, überflogen die blauen Augen schmerzlich und verzweifelt immer wieder diese schicksalsträchtigen Worte. Er wollte es nicht glauben, konnte es nicht begreifen... und wollte es auch nicht. Die Knöchel stachen bereits weiß hervor, so fest umklammerte er das Schriftstück, als würde jemand versuchen, es ihm zu entwenden. Oder als könne er die geliebte Person, die jene Worte verfasst hatte, somit festhalten, obgleich sie ihm schon längst entronnen war. Stumme Tränen rannen über sein Gesicht, ließen sich nicht zurückhalten, egal wie sehr er sich darum auch bemühte, sein Gesicht war ein Ausdruck tiefer Trauer, Verzweiflung, aber auch der Wut und der Verdrängung, das Infragestellen, dass das, was er soeben erfahren hatte, der Wahrheit entsprach. Kein Laut drang aus seiner Kehle, nicht einmal ein tränenersticktes Schluchzen, ein Wimmern, ein Jammern. Nichts dergleichen. Im Raum herrschte Grabesstille, das Niesen einer Maus hätte man wohl ohne Probleme vernehmen können. Lange Zeit, ihm kam es vor wie eine Ewigkeit, angefüllt mit purem Leid, verharrte der blonde junge Mann so. Und doch war er nicht allein. Im Gegensatz zu ihm, welcher im Zentrum des verhältnismäßig einfach eingerichteten Zimmers stand, lehnte der andere an der Wand direkt am Fenster, auf dem Fensterbrett sitzend, ein Bein angewinkelt, das andere ausgestreckt, den Kopf gesenkt, doch die Trauer im Gesicht mit Gleichgültigkeit überspielt. Auch er regte sich nicht. Obgleich seine Reaktion innerlich gleich der des Blonden war, war ihm äußerlich nichts anzumerken. Dann zerriss ein frustrierter und von Trauer durchzogener, kurzer Schrei die Stille, die den Raum gefüllt hatte, gefolgt von einem Geräusch zusammengeknüllten Papiers, das schließlich auf dem Boden aufkam. Der Blick des Schwarzhaarigen, der am Fenster saß, hob sich. Der Blonde, dessen Name kein anderer als Chiaro war, stand nun mit geballten Fäusten da, so heftig, dass sich die Nägel bereits in die Handballen gruben. Er zitterte, noch immer tropften seine Tränen auf den kalten, steinigen Fußboden. "Ich habe es gewusst... tief in mir... habe ich es immer gewusst..." ,hauchte er mit brüchiger Stimme, sprach leise, verzweifelt. Dann wandte er sich um, die Trauer schlug allmählich in zügellose Wut um, als er den Finger auf den anderen richtete, der ihn noch immer mit derselben Resignation ansah, welche schon die ganze Zeit sein schönes Gesicht verfinstert hatte. "DU!" ,schrie Chiaro, bedrohlich auf ihn zugehend, "Du hast sie in den Tod getrieben! Du verdammter Dämon, du Mörder!" ,schrie er ihn an. Der Angesprochene stand langsam auf, hob die Arme leicht, nahm eine Abwehrhaltung ein. "Chiaro..." ,flüsterte er mit einer beschwichtigenden Stimme, versuchte den Tobenden zu beruhigen. Doch jener wurde nur noch rasender. Er stürmte, von dieser rasenden Wut ergriffen, auf ihn zu und stemmte sich gegen ihn. "Du hast sie umgebracht! Dämon, du Mörder! Deine eigene..." "CHIARO!" ,donnerte nun der Schwarzhaarige und packte ihn, hielt ihn fest und drückte sich seiner Kraft entgegen. Chiaro wusste, dass er gegen ihn nichts ausrichten konnte, wehrte sich nicht weiter, war nun einfach nur kraftlos, da die Trauer die Wut verdrängte und überhand nahm. Der Blonde lehnte sich nach vorn gegen die Brust des Mannes vor ihm, die Hände zuerst, die der ruhigere von beiden bereits losgelassen hatte, als er erkannt hatte, wie der Zorn der stummen Verzweiflung und Kraftlosigkeit gewichen war. Er glich, wie er so wimmernd dastand, wie ein streng zurechtgewiesenes Kind, das Zuflucht suchte. Cesare, wie der Mann mit den goldenen Augen hieß, stand nun wieder stumm, ausdruckslos aber in regungsloser Haltung da, die Arme hängen lassend. So verharrten sie, Cesare stumm, hart und kalt, Chiaro von Trauer zerfressen und vor Schmerz wimmernd, recht lange, es schien nicht aufhören zu wollen. Schließlich hatte der Schwarzhaarige genug, ergriff Michelotto an den Schultern und bugsierte ihn zur nächsten Sitzgelegenheit, worauf dieser auch willenlos niedersank, darauf zusammensank, apathisch vor sich hin starrend. "Du solltest dich ausruhen." ,meinte der andere knapp, hatte keinerlei Nerven, noch weiter der Tragik seines ehemaligen Begleiters beizuwohnen. Sicherlich war er selbst voller Trauer, Lucrezia war schließlich seine einzige, seine geliebte Schwester gewesen. Als Chiaro nicht antwortete, verließ er schließlich den Raum, schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Draußen erwartete ihn da Volpe, sein treuer Vasall, mit ernstem Gesicht und verneigte sich kurz. Er wusste bereits über den tragischen Schicksalsschlag, den die Borgia-Familie hatte einstecken müssen. Nicht nur, dass die junge Frau schön und beliebt gewesen war... von ihrer Familie auch geliebt, wenn man es Liebe nennen konnte... Doch größer war in den Augen ihres Vaters der Verlust des politischen Mittels, das sie dargestellt hatte, durch ihre zahlreichen arrangierten Ehen war sie äußerst nützlich gewesen Und das war es, das sie zunehmend zerstört hatte. Doch der Gnadenstoss, die Ursache für ihren Tod, war ein anderer gewesen. Cesare kannte ihn, würde es aber auf Gedeih und Verderb niemals preisgeben... zumindest nicht an die, die es zu wissen verlangten und erst recht jenen nicht, denen er nicht traute... somit blieben kaum, fast gar keine, Ausnahmen. Zumindest ging es niemanden etwas an, nicht einmal Volpe wusste es. "Wie hat er es aufgefasst?" ,wollte er mit monotoner Stimme wissen. Cesare seufzte und legte ihm die Hand auf die Schulter, blieb so kurz neben ihm stehen und sah ihn an. "Wie ich es erwartet habe." ,war seine knappe Antwort, doch sein treuer Diener verstand, nickte. Der Borgia ließ von ihm ab und entfernte sich ein Stück, ehe Taddeo sich umwandte und ihn unverwandt ansah. "Was habt Ihr nun vor?" ,verlangte er zu wissen. Cesare wandte den Kopf nach hinten, sah ihn mysteriös lächelnd an. "Zunächst werde ich ihn ruhen lassen... er ist ohnehin nicht zurechnungsfähig... Und dann..." Er sprach nicht weiter, ließ den Satz so unvollendet zwischen ihnen stehen und schritt elegant den langen, von Sonnenlicht durchfluteten Gang hinab. Ich werde ihn an mich binden.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)