Strichmännchen von Genesis-UC (Kira/Kato Yaoi) ================================================================================ Kapitel 3: Lass Mich... ----------------------- 3. Kapitel – Lass mich >Kato< Oh Mann. Warum noch mal bin ich in diesem fürchterlichen Kaff? Ich meine, Kyoto! Tempel, Schreine, Tempel, Heilige Stätten, Tempel, Museen... habe ich Tempel schon erwähnt? Wie viel Kultur kann denn eine einzelne Stadt ertragen? Das einzige, was man hier noch geistvolles tun kann ist wohl wirklich einkaufen. Ich meine, hallo? Wer hat sich denn den Schwachsinn ausgedacht hunderte von Tempeln in eine einzige Stadt zu stecken? Da wird man ja wahnsinnig bei den ganzen traditionellen Unbrauchbarkeiten! Aber mich fragt ja keiner. Interessiert eh niemanden, was so ein verkommener Stricher aus Tokyo denkt. Wenn ich ehrlich bin, würde mich selbst das nicht mal interessieren. Kann ja auch nix dafür, dass ich und der Rest der Welt uns gegenseitig am Arsch vorbei gehen. Wenigstens kann ich mir einmal den Luxus erlauben, mich in einer bis zum Rand mit heißem Wasser gefüllten Badewanne zu räkeln und den teuren Schaum durch das Badezimmer pusten. Das klingt vielleicht ziemlich kindisch, aber mir macht das unheimlichen Spaß. Ich fühl mich schon fast wie ein reicher Schnösel, der nix kann und nix tut, aber mehr Kohle hat, als er verbrennen kann. Wenn Kira mich jetzt so sehen könnte! Der würde bestimmt ’nen Schock kriegen, ich seh’ sicherlich wie ein verwöhnter Bengel aus, der noch keinen Handschlag in seinem Leben tun musste. Womöglich hab ich ’nen Butler, der mir auch noch die Schuhe zubindet. Nach einer Stunde Badespaß verlasse ich jedoch meinen nassen und dampfenden Himmel, ich muss schließlich anfangen, mich für Asmodeus vorzubereiten. Es ist kurz vor sieben und nach dem dritten Tag in einem Zimmer im Brighton weiß ich ganz genau, dass, wenn der liebste Kunde sagt, ich solle ihm ab um acht zur Verfügung stehen, er auch Punkt acht Uhr meint. Mein Spiegelbild grinst mich unter einer dicken Schicht von Kondenswasser gehässig an und ich wische mit dem Ärmel meines viel zu flauschigen Bademantels darüber. Das kalte Glas beschlägt fast augenblicklich wieder aufs Neue, und das darin abgebildete Gesicht wirkt dadurch wie ein Geist. "Was willst du?! Guck mich gefälligst nicht so dämlich an!", schnauze ich und drehe mich zum gehen um. Ich konnte den Anblick meines Spiegelbildes noch nie ertragen. Es erinnert mich immer daran, was für ein Versager ich eigentlich bin. Doch jetzt zeige ich es allen. Ich meine, ich sitze hier schließlich im Kyoto Brighton Hotel, eines der teuersten Hotels in ganz Kyoto! Das spricht doch dafür, dass ich endlich auf einen grünen Zweig komme, oder nicht? Wenn es so weiter geht, muss ich nicht jede Nacht an eine Straßenlaterne gelehnt in der Kälte stehen. Ab jetzt geht es bergauf mit mir, ganz sicher. Und dann habe ich bald auch genug Geld, um mir eine vernünftige Wohnung leisten zu können. Ich rubble mir meine Haare mit einem weißen Handtuch trocken. Ziemlich nobel hier, muss ich schon sagen. Ein bisschen nach Bleichmittel rieche ich schon noch, denn das erste, was ich hier gemacht habe, bevor ich Asmodeus das erste Mal getroffen habe, war meine Haare frisch zu bleichen. Ich kann mir schließlich keine Patzer erlauben. Mein Zimmer ist sogar mit einem Fernseher ausgestattet und im Hintergrund läuft gerade irgendein x-beliebiger Anime. Ich sehe gar nicht so genau hin, denn kaum, dass ich aus dem Bad komme, klingelt mein Handy. Na herrlich, ich hätte es ausschalten sollen. Aber wenn es Asmodeus ist, dann hab ich ein Problem, also bin ich doch ganz froh, dass es noch an ist. Als ich jedoch einen Blick auf das Display werfe, sehe ich eine mir allzu bekannte Nummer aufblinken. Ich zögere einen Moment, gehe dann aber doch ran. „Was willst du?“, frage ich ein wenig genervt und doch unsicher. Verdammt, wie schafft er es nur, dass ich mich in seiner Gegenwart immer wieder wie ein kleiner, hilfloser Junge fühle? Ich bin doch schon erwachsen, ich brauche keinen Babysitter mehr. „Hallo.“ „Hallo.“ „Wie geht es dir? Was machen deine Geldprobleme? Bist du endlich von diesem Mistzeug weg?“ Seine Stimme klingt ruhig und tief, eigentlich wie immer. Sehr beruhigend und vertraut. Ich möchte mich am liebsten zu einer kleinen Kugel zusammenrollen und weinen. Eine leichte Besorgnis schwingt unterschwellig durch seine Worte. Ich könnte heulen. „Hervorragend. Die krieg ich schon in den Griff. Nein, es wird von Tag zu Tag mehr.“ Ich antworte ihm kühl und gelassen. Ein richtiges Arschloch halt. Ich brauche ihn nicht mehr. Das darf er nicht vergessen. Er darf niemals merken wie scheiße es mir eigentlich geht. Nie. Das geht nicht, er macht sich jetzt schon zu viele Sorgen. Wenn er wüsste, wie dreckig und verkommen ich bin, würde ihm das nur wehtun. Helfen kann er mir sowieso nicht. Also belüge ich ihn weiterhin. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. „Bist du dir da sicher? Ich hab dich letztens auf dem Strich gesehen Du bist noch dünner als sonst.“ Das leise Mitleid in seiner Stimme widert mich an. Ich möchte mich am liebsten übergeben, so schlecht wird mir. Was muss dieser Idiot sich auch immer in mein Leben einmischen?! Ich kann es nicht verstehen. So langsam sollte er doch geschnallt haben, dass ich ihn nicht darin haben will. Schon lange nicht mehr. Wie deutlich muss ich denn noch werden? „Ich achte halt auf mein Gewicht. Mein Lover kann dicke Jungs nicht leiden. Was geht es dich an?“ „Wenn du es sagst. Und du bist dir sicher, dass es dir gut geht? Sei ehrlich.“ Ehrlich? Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Wann war ich denn jemals ehrlich zu ihm? Ich kann mich nicht erinnern. Muss schon lange her sein, dass ich ihn mal nicht belogen und betrogen habe. Jetzt werde ich mit dieser gottverdammten Ehrlichkeit bestimmt nicht anfangen. Das bringt doch eh nichts, tut nur weh. Ihm wie mir. „Klar doch. Du störst jetzt eh nur. Ich bin gleich verabredet und muss mich noch ein wenig hübsch machen. Im Gegensatz zu dir ist er nicht so leicht zu beeindrucken, weißt du? Er hat Geschmack.“ Das war fies, ich weiß. Wann bin ich eigentlich so fies geworden? Er hat es nicht verdient, dass ich ihn so mies behandle. Aber ich kann nicht anders. Ich darf nicht. Wenn ich ehrlich zu ihm wäre, würde er nur wieder versuchen, mir zu helfen. Und das will ich nicht. Ich will ihm nicht schon wieder so viele Sorgen bereiten, ich will ihm nicht wieder auf der Tasche liegen und ich will ihn nicht noch mal so enttäuschen. Das hat er nicht verdient. Lieber mach ich es ihm leicht, indem ich ein Arschloch bin. So muss er wenigstens kein schlechtes Gewissen haben, wenn er mir nicht weiterhelfen kann. „Gut. Aber wenn du was brauchst rufst du mich an, hast du verstanden Yue?“ Schon wieder dieser Name. Dieser fürchterliche Name, den er immer so liebevoll ausspricht. Scheiße, der Typ hat mich wirklich gern. Ich versteh es nicht. Wie kann er mich immer noch mögen, nach all dem, was ich ihm angetan habe? Ich war undankbar, frech, stur, habe mich immer tiefer in die Scheiße geritten, auf nichts gehört, was er mir geraten hat und habe ihm nur Ärger gemacht. Wegen mir hätte er beinahe seinen Job verloren und trotzdem: Immer noch kümmert er sich um mich. Ich kapier’s nicht, echt! „Lass mich einfach in Ruhe, klar Uriel?“ Ohne auf seine Antwort zu warten lege ich auf und werfe das Handy gegen die Wand. Verdammt! Was will er eigentlich noch von mir? Wie oft soll ich ihm noch klarmachen, dass er in meinem Leben nichts mehr zu suchen hat? Wie oft muss ich ihn denn noch eiskalt zurückweisen und blöd anmachen, bis er es endlich rafft? So langsam muss er es doch mal begriffen haben! Immer noch wütend auf ihn und vor allem auf mich föhn ich mir die Haare trocken und zieh mir etwas Anregendes an. Ich hab zwar jetzt keinen Bock mehr, mich um den geilen Sack zu kümmern, aber Job ist eben Job. Ich kann mich nicht mit Kopfschmerzen rausreden, so wie seine Frau. Denn dann würde ich ganz schnell wieder auf der Straße sitzen und mir sonst was abfrieren. Und darauf hab ich noch viel weniger Bock. Vor allem könnte ich dann meine Bezahlung vergessen. Und ich brauch die Kohle einfach zu dringend. ~*~ Mein Schädel brummt. Mann, ich hätte nicht so viel von diesem verdammten Rotwein trinken sollen. Davon krieg ich doch immer nen Kater. Aber lerne ich daraus? Nein. Asmodeus ist einfach viel zu überzeugend mit seinen Argumenten. Und wenn ich alles tue was er will, krieg ich am Ende vielleicht noch einen Bonus, wer weiß. Besonders geizig war er ja noch nie. Ich putz mir fast noch halb schlafend die Zähne und stolpere los um mir irgendwas ordentliches zum Frühstück zu besorgen. Na ja, „Frühstück“. Es ist mittlerweile 11:52 Uhr, da kann ich auch gleich Mittag essen. Mal schauen, ob es in dieser ach so traditionellen Stadt wenigstens einen McDonalds gibt. Ich kann nämlich kein traditionelles Essen mehr sehen. Irgendwie hab ich jetzt einen Fastfood Heißhunger. Da lob ich mir doch die Abende im 2Bi, da erwartet mich wenigstens immer mein Cheeseburger. Überall auf der Straße kommen mir Frauen im Kimono entgegen. Gott, wie ich das hasse. Ich meine, schon in Tokyo geht mir das auf die Eier, aber da sind es nicht so viele, hier wimmelt es ja geradezu von braven Hausfrauen! Was ist das nur für eine schreckliche Stadt? Dieses ganze Traditionsgewäsch konnte ich noch nie hören. Kira würde jetzt sicher solche Dinge sagen wie: „Deine Vergangenheit ist bestimmend für deine Zukunft.“ Oder: „Schimpf nicht über Dinge von denen du nichts verstehst.“ Oder aber auch: „Soviel geballte Ignoranz habe ich ja noch nie erlebt, kannst du überhaupt irgendwas kapieren oder bist du so blöd?“ Ja, er versteht es immer, mich „sanft wie ein Engel“ auf den Boden der Tatsachen zu bringen. Ich lächle liebevoll bei dem Gedanken. Was für ein Arschloch. Nach einigem Suchen habe ich tatsächlich eine annehmbare Fressbude gefunden und bestell mir was zum mitnehmen. Diese ganzen Leute in dem Laden sehen mich gerade so an, als hätten sie noch nie in ihrem Leben einen blondierten Japaner gesehen. So, wer ist hier Ignorant? Außerdem sitzt da eine Gruppe von Mädchen, die andauernd kichern und zu mir rüberschielen. Jetzt weiß ich wieder, warum ich mich nur an Kerle verkaufe und auch sonst Männer bevorzuge. Diese albernen Weiber sind unausstehlich. Wie kann man bei dem Anblick überhaupt einen hochkriegen? Ich lasse mir die frische Mittagsluft um die Nase wehen. Hier gibt es zwar nur wenig Menschen, die so „modebewusst“ wie ich sind, aber einige wenige Mutige kann ich doch sehen. Wow. Wie gewagt. Na ja, was interessiert es eigentlich mich? Ich muss ja in dieser Stadt nicht länger als nötig bleiben. Noch einige wenige Tage und ich kann in mein geliebtes Tokyo zurückkehren. Hurray, Tokyo! (Bei Sarkasmus und Zynismus fragen Sie bitte ihren örtlichen Pessimisten oder lesen die Packungsbeilage.) Zusammen mit meiner knallbunten McDoof Tüte flaniere ich den in Reiseführern immer vielseits beschriebenen Philosophenweg entlang. Ach ja, wirklich herrlich, diese Kirschblüten! Vor allem im Herbst eine Augenweide! Nee, echt mal, ich weiß nicht was man an diesen hässlichen rosa Pollenmonstern finden kann, tut mir Leid. Der Wunsch nach einer Portion Fastfood und einer Kippe zum Dessert wird übermächtig, also beschlagnahme ich die erstbeste Parkbank und erkläre sie feierlich zu meinem Eigentum. Sie hat zwar schon ein Herrchen, aber das ist mir in diesem Moment auch egal. Mit einem coolen Schwung setze ich mich auf die braune Holzbank, während mich die Steinfigur im Trenchcoat geflissentlich ignoriert. Oh, Verzeihung, es ist ein Mensch. Ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig, der einfach nur dasitzt und auf einen der blanken Sakurabäume starrt. Vielleicht ist er ja Gärtner? Ich packe jedenfalls endlich mein Essen aus und beginne damit, das zusammengefegte Zeug genüsslich in mich reinzustopfen. Hm, hab auch schon besseres Junkfood gehabt. Egal. Zwei Cheeseburger, eine Cola und eine große Portion Pommes reicher, schreit mein Magen nun so laut nach Nikotin, dass ich der letzte wäre, der ihm diesen Wunsch abschlagen möchte. Also krame ich in meinen Taschen nach einer Schachtel Kippen und einem Feuerzeug. Letzteres finde ich sofort, nur leider sind die Zigaretten nicht da, wo sie sein sollten. Ich beginne in Panik auszubrechen, als neben mir das vertraute Geräusch einer angezündet werdenden Zigarette erklingt. Der junge Mann nimmt einen tiefen Zug von seinem Glimmstängel und ich sitze sabbernd daneben. Mann, was würde ich für dieses Ding jetzt wohl alles machen? „Ähm... ’tschuldigung? Könnte ich vielleicht auch eine Zigarette haben?“, frage ich den Fremden und versuche mein bestes Bettelgesicht aufzusetzen. Vielleicht funktioniert es ja. Ohne ein Wort zu sprechen erhebt sich dieser und wendet mir den Rücken zum gehen. Er hat mich nicht mal eines einzigen Blickes gewürdigt. Na herrlich, was ist denn das für eine unhöfliche Art? Dem sollte mal einer ordentlich die Meinung geigen, neben dem bin ich ja ein Vorbild für jeden Japaner! Ich will schon aufspringen und ihn anschnauzen, da trifft mich seine fast volle Schachtel Kippen in den Schoß. Er hat sie im gehen lässig über seine Schulter geworfen und genau getroffen. Respekt, Mann. Obwohl, vielleicht wollte er mich auch an den Kopf treffen? Etwas bedröppelt sehe ich meinem edlen Spender nach. Tja, mein Charme halt, damit kriege ich einfach jeden rum. TBC... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)