Destiny von -Iza- (-denn das Schicksal wählt seinen eigenen Weg...) ================================================================================ Kapitel 2: Die Wahrheit zu akzeptieren (~Die Liebe ist tot~) ------------------------------------------------------------ So... jetzt kommt der zweite Teil... Danke für die Kommis und das positive Feedback zu meinem ersten Kapitel ^^ Das zweite wurde ja auch schon mal online gestellt, wie gesagt hab ich es hier und da noch etwas verbessert. Das dritte Kapitel folgt bald! ^^ Freut euch drauf ^^ Also, ich freu mich natürlich wieder über gaaaaanz viel Feedback! VIel Spaß beim Lesen, GLG Iza „...“ = wenn jemand redet. -...- = wenn jemand denkt ~..~ = ein Auszug aus einem Song *** = Ansichtenwechsel Endlich hatten sie ihn gefunden, doch ihre Freude verweilte nur kurz. Mit einem erschöpften Lächeln, ging Tai zu Boden. Dann geschah alles wie in Zeitlupe. Ein Auto raste auf seinen leblosen Körper zu und konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Sora wollte zu ihrem Freund rennen, ihm helfen, doch Matt hielt sie fest, und verhinderte so, dass sie das Auto erfasste. Doch einen konnte er nicht retten... Tai... Das Auto überrollte seinen bewusstlosen Körper.... Ein Schrei zeriss die Luft, durchhallte die Totenstille. Aufgerissene Augenpaare starrten den Ort des grausamen Geschehens an. Sie, beschützt in seinen Armen, krallte sich in seine Jacke. Ihr Atem ging immer schneller, ihr Herz schlug laut. Auch er war wie gelähmt, geschockt, was er gerade mit ansehen musste. Regungslos standen sie da, sich gegenseitig haltgebend... Hilflos, verzweifelt... Inzwischen hatte sich eine Traube von Menschen um den Wagen und den leblosen Jungen gebildet. Ein Mann hatte einen Krankenwagen verständigt. Ein anderer leistete erste Hilfe. Hastiges Getuschel erfüllte die Straßen. Wie von ganz weit weg, ertönte plötzlich eine Sirene, brachte die aufgeregten Leute zum Schweigen. Scharf bremste der Krankenwagen, knapp vor der Unfallstelle blieb er stehen. Männer in weißen Anzügen sprangen aus dem Fahrzeug, überprüften den Zustand des Jungen, fühlten seinen Puls. Hastige Worte gingen zwischen den Männern hin und her. Niemand konnte ihr Gespräch so richtig verstehen. Schließlich holte ein Mann eine Liege aus dem Wagen und die anderen hievten Tai darauf. Sora und Matt standen immer noch fassungslos am Straßenrand, hatten immer noch nicht realisiert, was dort eben geschehen war. Doch fast gleichzeitig erwachten sie aus ihrem Schock. Mit zittrigen Beinen rannten sie zum Krankenwagen. Tai wurde gerade auf der Liege zum Fahrzeug gehoben. Sora starrte Tais Körper mit leerem Blick an. Seine Haut war blutverschmiert, die Augen geschlossen. Die braunen, zerzausten Haare umrahmten sein Gesicht, wie ein trauriges Gemälde. Seine Kleidung waren nur noch Fetzen, die seinen Körper bedeckten. Wie in Trance redete Sora leise vor sich hin. „Blut... so viel Blut... überall...“ Matts Augen weiteten sich. Erst jetzt fing auch er an stumme Tränen zu vergießen. Schnell nahm er Sora in seine Arme, verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. Nicht einmal er konnte dieses grausame Bild ertragen. Die weißen Männer hatten Tai inzwischen in den Wagen befördert und wollten die Türen schließen, um endlich los fahren zu können. Doch Matt ging dazwischen. „Bitte, lassen Sie uns mitfahren!“ „Sind Sie Ängehörige?“ „Freunde...“ Der Mann schüttelte traurig den Kopf. „Nein, das tut mir Leid, wirklich, nur die Familie ist zugelassen. Versteht das Bitte...“ Damit schloss er die Türen und der Wagen fuhr mit höchster Geschwindigkeit und heulender Sirene in Richtung Krankenhaus. „Aber wir sind doch auch seine Familie!“ Matt schrie in die eingetretene Stille hinein und drückte Sora fest an sich.... Alles hier war kalt und weiß. Vollkommen Ton in Ton, keine einzige bunte Farbe, nur... weiß. Matt lief die ganze Zeit unruhig hin und her, konnte nicht an einem Platz verweilen. Wirre Gedankenfetzen durchhuschten sein Inneres. „Matt, es ist alles meine Schuld... Tai, und das... Blut... und...“ Matts Gesichtzüge gingen von angespannt zu weich über. Das waren seit zwei Stunden, die ersten Worte, die Sora gesagt hatte. Die ersten Worte nach dem schrecklichen Ereignis... Er kniete sich vor seine Freundin und nahm ihre Hand, die er sanft streichelte. „Nein Sora, es ist nicht deine Schuld... ganz sicher nicht. Mach dir bitte keine Vorwürfe, Tai würde das bestimmt nicht wollen...“ -Er wollte auch bestimmt nicht überfahren werden...-, dachte sie bitter. Sora schniefte. Kurz nachdem der Krankenwagen sich vom Unfallort entfernt hatte, traf ein Streifenwagen ein. Ein junger Polizist hatte die Beiden erst einmal beruhigt und sie schließlich ins Krankenhaus gefahren. Draußen fing es an zu dämmern. Man konnte richtig sehen, wie die Dunkelheit die Abendröte überdeckte. Genau so fühlte sich Sora. Als der Tag begonnen hatte, dachte sie an nichts Böses. Aber dann auf einmal umfassten Dunkelheit und Trauer ihr Herz, wie eine kalte Hand. Wie ein tiefer Abgrund, in den sie zu stürzen drohte. ~ Heut Nacht bin ich runter gefallen Und immer noch nicht angekommen ~ Plötzlich würde eine Tür aufgerissen. Das stille weiß verwandelte sich in ein aufgeregtes Getuschel. Vertraute Stimmen drangen an Soras Gehör. Es waren Tais Eltern, völlig aufgelöst und hastig standen sie an der Eingangstür, wussten nicht, was sie als nächstes tun sollten. Neben ihnen, stumm und mit leer geweinten Augen, stand Kari, seine kleine Schwester. Alle drei waren sie mit den Nerven am Ende, die Pullis von Tränen befleckt, die Haare zerzaust. Sora stand auf. „Frau Yagami...“ Sie flüsterte nur, doch sie wurde gehört. Schnell kamen sie alle auf das Mädchen zu. Tais Mutter schloss sie sofort in die Arme. „Es tut mir so leid, dass du alles mit ansehen musstest Das hast du wirklich nicht verdient...“ Stumm verweilte Sora , lies alles geschehen. Doch innerlich war sie verkrampft. Konnte keinem von Tais Familie in die Augen sehen, weil ihr inneres Gefühl sagte sie, dass alles gar nicht hätte so weit kommen müssen. Nur sie alleine war Schuld. Kari wandte sich leise an Matt. „Was ist mit Onii-chan...?“ Ihre Stimme, die sonst so fröhlich klang, hatte einen unsicheren und piepsigen Ton angenommen. Der Blonde hob seinen Kopf. „Er ist in der Notaufnahme. Sie operieren ihn gerade...“ Alle ergänzten einen weiteren Satz in ihrem Gedächtnis, den Matt sich nicht getraut hatte auszusprechen. -Niemand weiß ob er das überlebt...- Es schien als wäre mit diesen Worten und Gedanken alle Gefühle aus den Trauernden gewichen. Ihre Augen waren erschöpft vom vielen weinen, die Hände kalt vor Angst und die Herzen taten weh vor Verzweiflung. ~ Die Liebe ist tot Sie wohnt hier nicht mehr Die Liebe ist tot Gibt’s schon lange nicht mehr~ Das Bild von Tais Körper auf der Krankenliege tauchte wieder vor Sora auf. Dann das quietschende Geräusch von Bremsen und der dumpfe Aufprall. Sie kniff die Augen zusammen, presste die Hände an ihren Kopf, wollte das Bild einfach nur loswerden. Abwechselnd durchfuhr Kälte und Wärme ihren Körper. In ihrer Brust zog sich etwas zusammen und sie hatte das Verlangen einfach zu weinen und nie wieder auf zu hören. Doch bevor die Tränen ihren Weg zum Boden fanden, sackte sie erschöpft zusammen. Vor ihr tauchte alles in ein endloses, tiefes Schwarz... ~Weck mich auf Muss eingeschlafen sein~ Als sie wieder zu sich kam, dachte sie, sie läge zu Hause bei sich im Bett. Da, wo die Welt noch in Ordnung war. Doch als sie kurz darauf Matts bleiches Gesicht sah, wusste sie, dass sie im Krankenhaus war. Und sie wusste auch, warum sie dort war... „Ich hab mir Sorgen gemacht...“ Der Blonde streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aus dem weiß bezogenen Bett zu helfen. Also Sora Ohnmächtig geworden war, hatte man sie in ein Ruhezimmer gebacht, wo sie auch eine knappe Stunde geschlafen hatte. Mit klopfendem Herzen sah sie in seine blauen Augen. „Gibt’s was neues? Und wo sind die Yagamis...?“ Beruhigend legte er ihr eine Hand auf die Schulter. „Tai ist über den Berg. Sie durften ihn sogar kurz sehen. Ihm geht es zwar immer noch schlecht, und er liegt in einer Art Koma, aber immerhin müssen wir jetzt keine Angst mehr haben, dass er stirbt.“ Sora, die sich vorher fühlte, als wäre sie von einer tonnenschweren Last begraben worden, war erleichtert. Ein kleines Lächeln erhellte ihr Gesicht. „Das ist wunderbar, Matt.“ Auch er lächelte. „Ich hab die Ärzte gebeten, dass wir ihn auch sehen dürfen. Sie haben sogar ja gesagt. Ich habe extra gewartet, bis du aufgewacht bist. Weil, na ja ich glaube einfach wenn wir alleine wären, würden wir das beide nicht verkraften...“ Sora atmete erleichtert auf. „Ich danke dir Matt, das bedeutet mir sehr viel...“ Ein leises Geräusch unterbrach schließlich ihre Unterhaltung. Die Klinke der Tür wurde vorsichtig heruntergedrückt und sie ging langsam auf. Ein Mann mittleren Alters betrat den Raum. „Hallo, schön zu sehen, dass es dir besser geht.“, sagte er zu Sora gewandt, „Wenn ihr wollt, könnt ihr euren Freund jetzt kurz sehen.“ Die Beiden nickten. Als sie den langen schmalen Gang entlang zur Intensivstation gingen, klopfte Soras Herz immer schneller. Vor ihr drehte sich alles, so dass sie das Gefühl hatte wieder in Ohnmacht zu fallen. Ihre Schritte wurden schwerer und ihr Hals war wie zugeschnürt. Matt sah, dass es ihr zunehmend schlechter ging, aber auch ihm ging es nicht anders. Sein Gesicht hatte eine schneeweiße Farbe angenommen. Kalte Schweißperlen liefen ihm über die Haut. Kurz schloss er die Augen und nahm dann entschlossen Soras Hand. „Ich kann das nicht alleine...“ Seine Stimme war kaum hörbar, so zerbrechlich und leise hatte er die letzten Worte ausgesprochen. Sie drückte seine Hand. „Versprich mir das du mich nicht loslässt...Bitte...“ Er nickte leicht. Dann blieben sie stehen. Ihre Schritte verstummten, trauten sich nicht, sich zu rühren. Geschweige denn zu atmen. Die Luft war zum Zerreißen gespannt. Eine unangenehme Stille breitete sich aus. Da standen sie nun, an der Intensivstation. Dort, wo er lag... Tai, ihr Freund... Durch eine Glasscheibe konnten sie ihn sehen. Soras Herz blieb fast stehen, als sie ihn ansah. Sein Haar hing in zerzausten Strähnen herunter und sein sonst so gebräuntes Gesicht hatte einen hellen, matten Ton angenommen. Seine ganze Haut war übersät von Kratzern, Aufschürfungen und getrocknetem Blut. Es sah aus, als hätte jemand weiße und rote Fäden über seinen ganzen Körper gespannt. Es schien, als wäre all die Wärme aus ihm gewichen, als wäre er nur ein Körper ohne Gefühle und ohne Seele. Sora krallte sich in Matts Arm. Übelkeit stieg in ihr auf und Tränen der Verzweiflung bildeten sich in ihren Augen. Immer wieder schüttelte sie kurz den Kopf und kniff ihre Augen zusammen, als ob sie damit alles Rückgängig machen könnte. -Das ist ein Albtraum... Das kann nicht die Realität sein....- ~ Weck mich auf Das kann es doch nicht sein Dann liegst du neben mir Und du sagst mir Du hast nur schlecht geträumt~ Matt war wie gelähmt, konnte den starren Blick nicht von seinem leblosen Freund abwenden. Es war als gäbe es nur noch ihn und Tai.... und Stille Dunkelheit . Aber so still es in diesem Gang auch war, in Matt war es noch viel stiller; es war wie wenn die Angst sein ganzes Inneres verschluckt hätte. Plötzlich wurden beide fortgezogen. „Ich denke das reicht jetzt... ihn noch länger zu sehen würde euch sicher nicht gut tun...“ Der Arzt führte sie wieder zurück, den langen Gang entlang. Nur Schritte und Piepsen in regelmäßigen Abständen. Man konnte nicht einmal einen Atemzug hören. Dann waren sie wieder in der Eingangshalle vom Krankenhaus. Geräusche drangen wieder an ihr Ohr. Menschen redeten miteinander. Man konnte sogar freundliches Gelächter hören. Sora und Matt ging es gleich etwas besser. Unter Menschen fühlt man sich wenigstens nicht so alleine. Immer noch hielten sie sich gegenseitig an den zittrigen Händen. ~ Alles wird wieder gut Ich bin noch da~ Der Arzt führte die Beiden in eine Cafeteria und bestellte ihnen einen Kaffee. „Damit ihr wieder etwas auf die Beine kommt...“ Dann ging er zur Tür, um wieder seiner Arbeit nach zugehen. Doch bevor er ganz aus ihrem Blickfeld verschwand drehte er sich noch einmal um. „Und Bitte denkt nicht so viel über das was ihr gerade gesehen habt nach. Euer Freund wird wieder gesund werden, wenn ihr daran glaubt, da bin ich mir sicher. Verliert nur nie euren Glauben und eure Wünsche...“ Sora blickte mit bitterem Blick in ihre Kaffeetasse.. „Das sagt er bestimmt zu jedem... Und trotzdem sterben so viele Leute, auch wenn sich jemand wünscht, dass er weiterlebt...“ Matts Blick sah nachdenklich aus. „Ja, da hast du wohl recht... Aber ich denke trotzdem, dass wir an ihn glauben sollten... Und weißt du auch warum? Weil wir seine Freunde sind und die Hoffnung niemals für ihn aufgeben dürfen. Ich bin mir sicher wenn ich in seiner Lage wäre, würde er dass gleiche zu dir sagen...“ Soras Gesicht entspannte sich wieder ein bisschen. „Ja, du hast Recht, ich werde ihn niemals aufgeben... niemals...“ ~Meine Liebe ist noch längst nicht tot Noch längst nicht tot~ Eine Weile saßen sie sich noch schweigend gegenüber und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Doch dann stand Matt auf. „Komm Sora, lass uns gehen... Ich denke es ist besser wenn wir nach Hause gehen... Oder, was meinst du?“ Sie nickte leicht. „Ja, lass uns gehen...“ Zusammen verließen sie das große weiße Gebäude. Tief atmeten sie die kühle Luft ein. Sora konnte richtig fühlen, wie ihre Lungen wieder frei wurden. „Ich bring dich nach Hause, ja?“ Matt lächelte Sora verlegen an. Diese sah ihn nur an. Sie war froh, nicht alleine sein zu müssen. Und Matt verstand sie. Er verstand, was sie gerade durchmachte, dass wusste sie. Schweigend liefen die Beiden nebeneinander her. Die Nacht war sternenklar und man vernahm nur ab und zu das Motorengeräusch eines vorbeifahrenden Autos. Sonst nichts, nur Stille. Ruhige Stille; nicht diese, wie die vorhin im Krankenhaus, die einen erdrückt. Nein, diese war anders, angenehm. Sora konnte sie richtig genießen, denn sie wusste, dass sie nicht alleine war. Lächelnd blickte sie hinüber zu Matt. Dann blieben sie stehen. Sie waren angekommen, standen direkt vor Sora´s Haus. „Danke, dass du mich heimgebracht hast...“, sagte sie leise. „Und das was du im Krankenhaus zu mir gesagt hast, werde ich nie vergessen...“ In Matt breitete sich ein schönes Gefühl aus, es war ganz warm und er fühlte sich geborgen. Kurz schloss er seine Freundin in seine Arme. „Gern geschehen. Wofür sind Freunde denn da...?“ Sora schloss die Augen und nickte. Kurz verweilten sie noch in ihrer Umarmung. Dann lösten sie sich voneinander und sie machte einen Schritt auf die Haustür zu. „Und Sora...“ Matt sah ihr noch einmal tief in die Augen. „Wenn du jemanden zum Reden oder so brauchst, kannst du jederzeit anrufen. Ich bin immer für dich da, hörst du?“ „OK.“ „Also dann!“ Der Blonde hob kurz die Hand und machte sich dann auf den Weg zu sich nach Hause. Aber schon nach ein paar Metern drehte er sich um, denn er hatte eilige Schritte hinter sich vernommen. Sora erschien noch einmal vor ihrem Haus. „Matt...Das gleiche gilt auch für dich, ja?“ Zuerst schien er überrascht, doch dann lächelte er. Sein Gefühl sagte ihm, das es jetzt das Richtige wäre nichts zu sagen, denn er wusste, dass sie ihn auch so verstand. Sora lächelte kurz zurück und ging dann wieder zu ihrer Haustür. Und so machte auch Matt sich wieder auf den Weg. Es war schließlich für Beide ein schwerer Tag gewesen, der ihnen für immer in Erinnerung bleiben würde. Als Sora die Haustür aufschloss zitterten ihre Hände immer noch etwas. Das ganze Haus war dunkel und leer. Ihre Eltern waren nicht zu Hause, sie waren für ein Wochenende nach Osaka auf eine Ausstellung gefahren. Irgendwie war sie froh, dass sie nicht hier waren. Es hätte sie nur noch mehr verletzt, wenn sie ihnen alles noch einmal erzählen hätte müssen. Kurz stand sie einfach da, verborgen in der Dunkelheit im Eingang ihres Hauses. Sie stand nur da und dachte an gar nichts. Dann spulte sich der ganze heutige Tag in ihrem Kopf wie ein schneller Film ab. ~Heute hab ich alles verloren~ Schnell atmete sie tief ein und aus. Sie wollte nicht alles noch einmal erleben, nicht noch einmal alles spüren. Langsam ging sie in ihr Zimmer, dass ihr irgendwie fremd vorkam, sonst hatte sie sich immer so geborgen darin gefühlt. Alles erinnerte sie an Tai. Ihr Bett, in dem sie Arm in Arm eingeschlafen sind. Ihr blauer Sessel, in dem er immer saß, wenn sie sich unterhielten. Und schließlich ein Sweat-Shirt von ihm. Ungewaschen, aber ordentlich zusammengelegt lag es auf ihrem Bett. Lächelnd und mit Tränen in den Augen strich das Mädchen sanft über den weichen Stoff. Es war wie wenn er selbst bei ihr wäre. Sie konnte ihn neben sich spüren, seinen Geruch einatmen , so als ob sein Geist irgendwie bei ihr wäre. Erschöpft aber trotzdem glücklich, sank sie in ihr Bett und fiel in einen langen, traumlosen Schlaf. Die Sonne schien in sanften Strahlen durch das Fenster. Wie ein goldener Schleier legte er sich über das schlafende Mädchen. So ruhig sah sie aus, so friedlich. Wenn man sie so ansah, würde man nie darauf kommen, was ihr schreckliches geschehen war. Und wie sie sich fühlte. Verzweifelt, unglücklich, schuldig. Als sie aufwachte war es bereits vier Uhr Nachmittags. -Warum habe ich nur solange geschlafen?- Sie lag immer noch eingewickelt in ihre Decke, einen Arm auf das T-Shirt gelegt. Als ob Ihr Freund noch darin stecken und sie ihn zärtlich umarmen würde. Lächelnd schloss sie noch einmal die Augen. Kurz darauf fuhr sie erschreckt hoch. Das Telefon neben ihr begann zu klingeln. Bevor sie jedoch abnahm, räusperte sie sich und versuchte fröhlich zu klingen. „Takenouchi Sora, hallo?“ „Hallo Sora, hier ist Matt.“ Das Mädchen atmete erleichtert auf. Mit jemandem anderen zu reden und ihre Gefühle zu verstellen, war das letzte, was sie im Moment wollte. „Du hörst dich gar nicht gut an. Geht es dir immer noch so schlecht?“ „Es geht schon ein kleines bisschen besser. Aber trotzdem wünschte ich, ich könnte alles rückgängig machen...“ Tränen bildeten sich in ihren traurigen braunen Augen und liefen wie kleine Rinnsale über ihre Wangen. „Nein Sora, so darfst du auf keinen Fall denken.“ Matts Worte klangen beruhigend und doch irgendwie bestimmt. „Ich weiß, es ist schwer der Wahrheit ins Gesicht zu blicken, weil sie grausam und verletzend ist. Aber du musst sie akzeptieren, sie gehört zu dir.“ „Es ist aber verdammt schwer zu akzeptieren, dass ich Tai fast umgebracht hätte...“ Ihre Stimme war leise und wütend. Aber nicht wütend auf Matt, sondern wütend auf sich selbst. „Natürlich ist es schwer. Aber das ist nun mal so, du kannst es nicht ändern, die Wahrheit wird immer die Wahrheit bleiben.“ Sora fühlte sich verunsichert. „Sie bleibt immer die Wahrheit, egal was ich tue?“ „Ja, egal was du tust. Ich weiß, es hört sich hart an, aber ich möchte dich nicht anlügen, weil das würde dir noch mehr schaden...“ Für einen Moment schloss sie ihre Augen und lies die Worte bis in ihr Innerstes vordringen. „Du hast Recht, Matt. Die Wahrheit ist die Wahrheit und im Grunde ist sie gut, nicht?“ Sora wusste nicht richtig, was sie dort eben gesagt hatte und ob es überhaupt irgendeine Logik enthielt, aber tief in ihrem Inneren, gab es doch irgendwie Sinn. Und das machte ihr ein bisschen Mut und sie lächelte etwas. „Danke Matt, ich...“ Wieso fand sie nicht die richtigen Worte, jetzt wo sie so viel sagen wollte? „Ist schon gut, du musst nichts sagen.“ Erleichtert atmete sie auf, biss sich aber dann kurz auf die Lippe. „Matt, vielleicht ist es eine dumme Idee, aber... gehen wir Tai besuchen? Ich möchte ihn so gerne sehen...“ Der Junge klang überrascht. „Bist du sicher? Ich meine, denkst du, dass du das schaffst?“ Mit fester Stimme antwortete sie ihm: „Ja, ganz sicher, und das ist die Wahrheit.“ Sie verabredeten sich in einer Stunde am Krankenhaus. Sora wollte noch duschen und etwas Essen. Das heiße Wasser perlte angenehm über ihren schlanken Körper und sie genoss den ganzen Augenblick. Für kurze Zeit vergaß sie alles um sich herum. Dieser einzige kleine Moment der Geborgenheit breitete ein wärmendes Gefühl in ihr aus. Doch schon nach kürzester Zeit, als das Wasser etwas kälter wurde, holte die Realität sie wieder ein. Aber es schien sie nicht zu stören. Irgendwie hatten diese paar Sekunden gerade ihre Einstellung zum Leben geändert, so verrückt es auch klingen mag. Sora schloss die Augen und dachte nur noch daran, nach vorne zu blicken, in die Zukunft. In der Vergangenheit zu leben macht einen innerlich kaputt, zerstört alle guten Gefühle. Und das war das letzte was sie wollte. Kurz bevor sie sich auf den Weg zum Krankenhaus machte, ging sie noch einmal in ihr Zimmer. Sie blieb mitten in Türrahmen stehen und ließ sanft den Blick durch den hübsch eingerichteten Raum gleiten. Vor nur ein paar Tagen war Tai auch hier gewesen. Sie waren nebeneinander in ihrem Bett gelegen und hatten Musik gehört, eng aneinander geschmiegt. Sora konnte immer noch die sanften Klavierklänge hören, und als sie die Augen schloss, war es ihr als ob Tai hier wäre. Es war nicht so wie gestern, nein. Diesmal war es viel realer. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn lächeln. Ausgelassen und ehrlich. Sie spürte ihn, als ob er neben ihr stehen und gleich nach ihrer Hand greifen würde, um sie sanft in seine zu legen. „Tai...“ Als sie ihre Augen jedoch wieder aufmachte, war alles wie weggeblasen. Ihr Zimmer war ganz normal, sie spürte nichts mehr. Es kam ihr sogar so vor, als ob es ein bisschen kälter geworden wäre. Kurz atmete das Mädchen noch einmal ein und aus. Dann verließ sie schnell das Zimmer und machte sich auf den Weg zum Krankenhaus. Von weitem sah sie ihn schon. Er stand mit den Händen in den Hosentaschen an eine Mauer gelehnt, den Blick weit in den schon dunkel werdenden Himmel gerichtet. Seine Mine verriet dem Mädchen, dass er über etwas nachdachte, über etwas Wichtiges. Doch als sie näher kam und der Kies unter ihren Füßen knirschte, schreckte er hoch und schaute in ihre Richtung. Immer noch mit dem selben Blick sah er sie an. Irgendwie erstaunt, aber auch freundlich und verstehend. Der Blonde hatte schon den Mund geöffnet, um sie zu begrüßen, als Sora leise sagte: „Entschuldige bitte.“ Matt war verwirrt. „Entschuldige wofür?“ Tief sahen sie sich in die Augen. Die einen fragend und die anderen antwortend. „Entschuldige, dass ich dich beim Nachdenken gestört habe... Ich weiß, es klingt komisch, aber nach so vielen Jahren unserer Freundschaft, sehe ich dir an, wenn du über etwas Wichtiges nachdenkst.“ Er war überrascht, dass sie das alles in seinen Augen sehen konnte. Er hatte in der Tat über etwas wichtiges Nachgedacht, über etwas, was für ihn persönlich, sehr wichtig war. Aber er winkte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ab. „Ist schon in Ordnung, Sora. Darüber kann ich später auch noch Nachdenken. Lass uns rein gehen, es wird etwas kalt hier draußen.“ Sanft schob er sie vor sich in die riesige weiße Krankenhaushalle. An der Rezeption war zum Glück nicht sonderlich viel los, sodass die Beiden gleich drankamen. „Hallo, wie kann ich euch denn helfen?“ Eine freundlich lächelnde junge Frau mit Sommersprossen und roten Kringellocken sah zwischen ihnen hin und her. Sora lächelte schüchtern zurück und trat einen Schritt nach vorne. „Guten Tag, wir möchten gerne zu unserem Freund. Sein Name ist Yagami Taichi, er ist gestern hier eingeliefert worden. Könnten wir ihn vielleicht sehen?“ „Einen Moment bitte.“ Die Frau blätterte in einem dicken Ordner mit vielen verschiedenen Papieren und bunten Plastikhüllen. Als ihr Finger schließlich an einer Stelle stoppte, sagte sie: „Hier haben wir ihn, Yagami Taichi, 17 Jahre, Zustand stabil, liegt aber in einem leichten Koma. Zimmer Nummer ist die 408.“ „Danke vielmals.“ Sora verbeugte sich kurz und Matt nickte ihr freundlich zu. Danach begaben sie sich auf den Weg zu den Treppen, die zum oberen Geschoss führten. Das Herz des Mädchens war kaum zu überhören. Laut pochte es in ihrer Brust und in ihren Augen konnte man die Freude richtig sehen. „Matt.... es geht ihm besser, er liegt nicht mehr auf der Intensivstation. Ist das nicht toll?“ Ihre Stimme überschlug sich fast, so schnell hatte sie geredet. Auch Matt lächelte, mehr innerlich als äußerlich. „Ja...“ Nach einigen Minuten waren sie da, standen nun zögernd vor Zimmer 408 und waren sich nun doch nicht mehr sicher, ob es gut war hierher zukommen. Doch das Mädchen fasste sich ein Herz, sie war es ja, die gesagt hatte, dass sie zu ihrem Freund wollte. Schnell schluckte sie alle ihre Zweifel herunter und drückte entschlossen die Klinke herunter. Als sie die Tür langsam aufschob, wehte ihr ein kleiner Windhauch mit dem Geruch von Medikamenten entgegen. Jemand hatte das Fenster auf Kipp gestellt. Das ganze Zimmer war, wie der Rest des Krankenhauses, weiß. Weiß, still, emotionslos. Der einzige farbige Akzent in diesem Raum waren die rötlich schimmernden Strahlen der untergehenden Sonne, die blass durch das Fenster schien. Mit vorsichtigen Schritten ging sie langsam auf ihren Freund zu. Regungslos lag er in einem weiß bezogenen Bettgestell. Immer noch steckte eine Infusionsnadel in seinem Arm und auch das leise piepsende EKG-Gerät war an seinen Körper angeschlossen. Schließlich stand sie dicht vor ihm und blickte sorgevoll auf ihn herunter. Matt stand direkt neben ihr. Auch er war es, der als erster etwas sagte. „Tai, ich bin es Matt. Ich weiß, dass du mich hören kannst, mein Freund... wenigstens mit deinem Herzen...“ Sanft streichelte er die blasse Hand des braunhaarigen Jungen. In den Augen des Mädchens bildeten sich kleine salzige Tränen; Freudentränen. Zärtlich lächelte sie Tai an und gab ihm einen liebevollen kleinen Kuss auf die kühle Wange. „Hallo Tai, Ich bins... Sora.“ Eine der Tränen perlte langsam ihre Wange hinunter und landete sanft auf dem mattem Gesicht des Jungen. Und genau in diesem Moment zuckten seine Augen leicht zusammen, bevor er sie einige Sekunden danach vorsichtig öffnete... *************************************************************************** -Das letzte woran ich mich erinnern kann, ist dieses weiße blendende Licht. Und dann nur noch schwarz, schwarz wie ein Sternenloser, dunkler Nachthimmel. Aber was war davor? Und was ist jetzt? Mein Kopf schmerzt und ich fühle jeden einzelnen Knochen in meinem Körper. Liege ich vielleicht zu Hause in meinem Bett und schlafe? Oder bin ich sogar... tot? Alles ist still um mich herum. Doch auf einmal höre ich etwas. Wie von ganz weit weg und in einem seltsamen Echo, dringt eine Stimme an mein Gehör. Es ist ein Mann, ja, seine Stimme klingt tief. Ich kann leider nicht verstehen was er sagt. Redet er zu mir, oder ist da vielleicht noch jemand? Ich kann es nicht zuordnen.... Plötzlich spüre ich etwas warmes auf meiner Hand. Ja, jemand berührt mich. Ob es dieser Mann ist? Und wenn ja, warum tut er das? Mein Kopf tut so fürchterlich weh, ich habe das Gefühl, dass er gleich platzt... Und jetzt ist da noch eine Stimme, ja, ganz leise. Ich glaube es ist eine Frau. Ihre Stimme ist angenehm... Ich würde zu gerne wissen, wer sie ist. Dann ist da plötzlich noch eine zweite Berührung, ganz zart auf meiner Wange. Ich möchte wissen was los ist... Ich muss aufstehen und sehen wer die Beiden sind... Ich muss wissen, was mit mir ist. Genau in dem Moment, als ich meine schweren Augen öffne, perlt etwas feuchtes meine Wange herab. Als das Bild endlich klarer wird, schaue ich direkt in die verweinten Augen eines rotblonden Mädchens...- *************************************************************************** Starr vor Schreck und immer noch in die ausdruckslosen Augen ihres Freundes blickend, klammerte sie sich in den Arm des Blonden. ~ Ich schau dir in die Augen und ich seh nichts~ Sie hätte nicht damit gerechnet, dass er aufwachen würde. Aber irgendetwas hinderte sie daran sich zu freuen, dass er nun doch die Augen aufgeschlagen hatte. Matt, der als erster wieder zur Besinnung kam, nahm Tais Hand und sah ihm in die leeren braunen Augen. „Tai, wir sind hier, bei dir... wir, deine Freunde...“ Der blasse Junge öffnete leicht den Mund, doch es kam kein Ton heraus. Seine Lippen formten Stumme Worte, die niemals gehört werden konnten. Nun nahm auch Sora, ängstlich zitternd, seine Hand. „Tai...“ Doch dann, ganz plötzlich, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Seine Augen weiteten sich und er würgte vor Schmerz. Dunkles, rotes Blut lief zähflüssig aus seinem Mund. Sein Gesicht verzerrte sich und er wand sich keuchend in seinem Bett. Ein kurzes Zucken durchfuhr seinen gesamten Körper, dann lag er ganz still da. Regungslos und die leblosen Augen halb geöffnet. Mit einem lauten Knall flog die Zimmertür auf. Einige Schwestern und ein Arzt stürmten in hinein, redeten hektisch miteinander. Wortfetzen durchhuschten den Raum. „Erneute innere Blutungen... Herzstillstand... Not-O.P....“ Erst jetzt bemerkte Sora das monotone , laute Piepsen des EKG´s. So schnell sie konnten, schoben die Schwestern Tai aus dem Zimmer. Das Quietschen der Rollen des Bettgestelles klang in den Ohren des Mädchens wie verzweifelte Hilfeschreie... Dann, fing sie selbst an zu schreien, laut und mit Tränen vermischt. Verzweifelt sank sie auf den Boden und hielt sich den Kopf, immer noch hysterisch schreiend, als ob dies alles ändern könnte Matt, stand regungslos da, geschockt, sagte und tat nichts. Er stand einfach nur da, die rechte Hand immer noch leicht geöffnet, so als ob er die seines Freundes immer noch in seiner halten würde. Doch Soras verzweifelter Schrei riss in sofort in die harte Realität zurück. Seine Knie sackten in sich zusammen und nun saß auch er auf dem Boden, direkt neben ihr. Er schloss seine Augen und legte schützend seine Arme um sie. Ganz plötzlich verebbte ihr Schrei. Leise schluchzend legte nun auch sie ihre Hände um den Jungen und schmiegte sich ganz eng an ihn. Zusammen saßen sie da, auf dem blutbefleckten Linoleumboden, hatten die gleichen traurigen Gedanken. Beide, mit dem gleichen schlimmen Schicksal und der Ungewissheit, die sie zu erdrücken drohte... ~ Die Liebe ist tot Das musste ja kommen Die Liebe ist tot Und es war einmal~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)