Herr der Diebe von Igirisu_ (Es kann nur Eine(n) geben) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Gut gelaunt bahnte er sich seinen Weg durch die verwinkelten Gassen Venedigs zu seinem Versteck. Dort angekommen, warf er seine alte Umhängetasche in eine Ecke, aus der er vorher die Einkäufe entnahm und in den Vorratsschrank gestellt hatte. Als er sich wieder umdrehte, stand Wespe plötzlich, lautlos wie eine Katze hinter ihm. „Wespe! Du hast mich erschreckt!“, tadelte er sie, doch sie grinste nur und übergab ihm einen seltsamen, mit Wachs versiegelten Brief. Er brach das Siegel und öffnete das Schreiben. Darin stand, dass jemand ihn heute Nacht treffen wollte, für einen neuen Auftrag. Von dem letzten Geld hatten sie sich endlich neu mit allerlei Sachen eingedeckt, es war nicht mehr allzu viel übrig, deshalb beschloss er, hinzugehen. Kurz vor Mitternacht betrat er den Friedhof, der ihnen als Treffpunkt dienen sollte. Er hörte leise Stimmen, auf die er zuging. Es war Sharon. Sharon und ein älterer Mann, anscheinend der Auftraggeber. Er trat zu den beiden, mit argwöhnischem Blick. Nach einer kurzen Stille begann der Mann den Auftrag zu erläutern: „Ich will, dass ihr nach Frankreich reist. In der Nähe von Paris steht ein riesiges Schloss –Versailles-. Ich will, dass ihr euch dort einschleust oder wie auch immer, jedenfalls möchte ich die Krone des Sonnenkönigs, Ludwig XIV.“ Er sah abwartend von Sharon zu mir und wieder zurück. „Keine Sorge, ich wird sie ihnen beschaffen!“, sagte ich mit entschlossener Miene. Gerade wollte Sharon ihrer Empörung freien Lauf lassen, als ihr Auftraggeber beschwichtigend die Hände hob. „Ihr sollt die Krone gemeinsam beschaffen. Alleine würde es selbst der Herr der Diebe nicht schaffen, denn unsere Sharon hat hier ganz besondere Verbindungen.“ Bei diesen Worten wurde Sharon leichenblass. Sie wich den Blicken des Mannes aus. „Nur, wenn ihr mir die Krone zusammen überreicht gibt es das Versprochene Geld.“, erklärte der Auftraggeber weiter. Dann kramte er in seiner Hosentasche und gab jedem der beiden ein paar Münzen. „Anzahlung und Reisekosten“ Der Auftraggeber nickte ihnen zu und erklärte, dass er sie in spätestens drei Wochen hier erwarten würde, oder wenigstens einen Brief erbat. Dann verschwand er und Sharon und Scipio waren alleine. „Ist der vollkommen verrückt? Nach Versailles? Krone stehlen? Wie stellt der sich das vor?“, brauste Sharon plötzlich auf und betrachtete das Geld in ihren Händen. Sie konnte nicht nach Versailles. Niemals! Es war unmöglich! Andererseits hieß das auch ihre Freunde im Stich zu lassen, sie brauchten das Geld dringend. „Kannst ja hier bleiben, wenn du Angst hast“, meinte Scipio. „Du hast ja keine Ahnung! Ohne mich kommst du da niemals rein! Ich gehe mit dir, aber nur wegen des Geldes. Deine Aufgabe ist es, zu überlegen, wie wir da wieder rauskommen!“ Er konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen. Warum sie wohl nicht hinwollte? Er glaubte irgendwie nicht, dass es nur an ihm lag. „Was für Kontakte hast du denn in Versailles?“, fragte er versöhnlich, schließlich waren sie anscheinend die nächsten drei Wochen dazu verdammt, zusammen zu arbeiten. „Das wirst du sehen, wenn wir da sind!“, erwiderte sie schnippisch, stopfte die Anzahlung in ihre Tasche und ging schnellen Schrittes los. „Komm schon, wir müssen uns beeilen und einen Kutscher suchen, der uns nach Frankreich bringt“ Etwas genervt trabte Scipio hinter ihr her und fragte sich insgeheim, wann Sharon sich denn eigentlich zur Anführerin erklärt hatte. „Schön und gut, aber ich würde schon ganz gerne noch Bescheid sagen, wo ich bin“ Ruckartig blieb Sharon stehen, wurde von Scipio umgerannt, drehte sich zu ihm um und wollte ihn von sich wegschubsen. Das Problem dabei war nur, dass der Herr der Diebe über ein Grasbüschel stolperte und, sich an Sharon festkrallend, in ein offenes Grab direkt vor der Friedhofsmauer fiel. Zwei Meter tiefer und einige Schrecksekunden später hörte man Sharon aufschreien: „Du Perverser! Was für eine billige Anmache soll das denn sein?“ Schnell stellte sie sich hin und kletterte aus dem Grab. „Einbildung ist auch eine Bildung…ich mache keine jähzornigen dummen Ziegen an!“ Er kletterte auch aus dem Loch und klopfte sich die Sachen ab. „Lieber eine jähzornige dumme Ziege, als ein hässlicher Draufgänger! Jetzt komm endlich!“ Mit ihr sollte man also nicht unbedingt streiten, man musste ja Angst haben, sie würde explodieren! Ihr Gesicht war ja jetzt schon feuerrot! Der erste Weg führte zur kleinen Kirche, die Sharon und ihrer Bande als Versteck diente. Als sie eintraten, kam ihnen direkt die kleine Maria entgegengelaufen, die von Sharon herzlich umarmt wurde. „Und? Hast du den Auftrag, Sharon?“, fragte die kleine aufgeregt und Sharon nickte glücklich. „Ja, wenn ich wieder da bin, müssen wir uns erstmal keine Sorgen mehr machen, Mariechen! Ich muss nur leider mit dem bösen Mann zusammen arbeiten…“ Jetzt kamen auch die anderen Bandenmitglieder auf die Anführerin zu. „Wann gehen wir denn? Und wohin geht die Reise?“, fragte einer von ihnen. Sharon sah betreten zu Boden. „Nun ja… wisst ihr…der Auftraggeber hat gesagt, na ja,…nur Scipio und ich werden gehen…ihr dürft leider nicht mit…aber ich bin sicher, es wird nicht lange dauern.“ Eine drückende Stille legte sich über die Gruppe. „Aber Sharon, wir machen doch fast immer alles zusammen…“, warf noch jemand ein, aber Sharon sah nur weiter zu Boden und schwieg. „Das kannst du doch nicht ernst meinen!“, brauste die Person auf. „Wir sind eine Bande! Wir können dich doch nicht einfach im Stich lassen!“ Um sich das nicht länger mit anhören zu müssen, beschloss Scipio, schon mal nach draußen zu gehen und vor der Kirche diese Schmierenkomödie zu verpassen, doch die Diebin nutzte diese Chance nicht, und folgte ihm schon bald. Nachdem Scipio sich auch von seiner Bande verabschiedet hatte, machten sie sich auf durch ein paar Gassen und lösten ein Ruderboot vom Steg, in welches sie sich hineinsetzten. Sharon schien nicht einmal die Idee zu haben, ihm das Lenken und Rudern anzuvertrauen, also setzte der Dieb sich in den vorderen Teil des Bootes und verstaute die Taschen unter den Sitzen. „Keine Sorge, mit meiner Hilfe bist du schneller wieder zurück bei deiner Bande, als dir lieb ist.“ „Ja, in Einzelteilen, und jetzt hör auf, herumzuzappeln!“ Dies waren die einzigen Worte, die sie während der Bootsfahrt über die Wasserstraßen Venedigs wechselten. Es würde bestimmt unendlich unterhaltsam sein, drei Woche mit ihr zu verbringen, aber das großzügige Honorar, das ihm versprochen wurde, war es ihm wert. Nachdem die Bootsfahrt seltsam ruhig und ohne Zwischenfälle verlaufen war, änderte sich alles: Die Suche nach einer Kutsche war erfolglos und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als vor dem Gewitter, das aufzog, in einem alten, verlassenen, und verfallenen Häuschen Schutz zu suchen. Es war klein. Sehr klein. Und nur ein unglaublich kleiner Kellerraum war noch einigermaßen intakt. „ Das sind ja super Aussichten…“, meinte Scipio, was nicht nur auf die Nacht mit Sharon in diesem Kellerchen, sondern auch auf die Diebin selbst, die sich etwa zwei Meter entfernt, am anderen Ende des Raumes, vorbeugte und etwas aus der Tasche holte, zu verstehen war. Letzteres wusste Sharon zum Glück nicht. „Bleib bloß da in der Ecke und achte auf Geräusche, die von einer Kutsche stammen könnten! Scipio breitete seinen Mantel auf dem kalten Boden aus und ließ sich darauf nieder, weil Sharon sich den einzigen Stuhl geschnappt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)