Vermisst von Mono-chan (letztes Kapitel ist hochgeladen :-)) ================================================================================ Kapitel 15: Fragen ------------------ Der Arzt kam wenige Minuten später und verordnete Tsubasa nach einer erneuten kurzen Untersuchung (während der Sanae draußen warten musste) wiederholt strenge Bettruhe. „Wir behalten dich ein paar Tage noch zur Beobachtung hier, bis die Gehirnerschütterung abgeklungen ist. Aber ich denke, Ende der Woche kannst du nach Hause. Deine Eltern werden heute noch verständigt, wir haben ihre Nummer bisher noch nicht. Du weißt sie vermutlich auch nicht auswendig, oder?“ Tsubasa schüttelte vorsichtig den Kopf. Normalerweise hätte er sich gegen die Bettruhe gewehrt, aber heute war ihm das sogar ganz recht. Er fühlte sich zwar bereits wesentlich besser, aber die Baustelle in seinem Schädel war immer noch da und er hatte ein schwaches Gefühl im Körper. Ausruhen war da genau das richtige. Nach der Untersuchung konnte er Sanae mit Mühe und Not überreden, nach Hause zu gehen und sich selber etwas auszuruhen. Es wäre ihm natürlich am liebsten gewesen, wenn sie hier geblieben wäre, aber ihr blasses Gesicht und die Ringe unter den Augen zeigten, dass sie nicht ehrlich gewesen war, was ihre Müdigkeit anging. Sie versicherte, so bald wie möglich zurück zu kommen, und für ein paar Sekunden hatte es den Anschein, als wolle sie ihn umarmen. Aber dann lächelte sie ihn nur aufbauend an, schnappte sich ihren Rucksack und verließ das Zimmer. Mit einem leisen Klicken schloss sich die Tür hinter ihr. Tsubasa starrte ihr noch ein paar Sekunden hinterher. Die Stille schien sich sofort wie ein bedrückendes Tuch über den Raum zu legen. Er schloss die Augen, riß sie aber sofort wieder auf. Das beklemmende Gefühl, dass sich mit der Dunkelheit über ihn gelegt hatte, verschwand nur langsam. In diesem Moment klopfte es laut und vernehmlich an der Zimmertür, und Tsubasa zuckte erschrocken zusammen. Bevor er dazu kam, irgendetwas zu sagen, stand Kojiro auch schon im Raum. „Hi. Sorry, dass ich hier so reinplatze.....habe ich dich geweckt?“ „Äh....“ Tsubasa starrte ihn verblüfft an. „Nein, schon gut.....was machst du hier?“ „Nach was sieht es denn aus, hm? Dich besuchen natürlich!“ Kojiro zog sich den Stuhl heran, auf dem schon Sanae gesessen hatte. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass du ganz alleine bist, aber umso besser – ehrlich gesagt wollte ich dich sehen, bevor deine Freunde hier auftauchen. Wie geht’s dir?“ „Wird schon.“ „Kopfschmerzen?“ „Es ist schon wesentlich besser, keine Sorge.“ Kojiro nickte. „Ne andere Antwort habe ich von dir nicht erwartet.“ Er lächelte flüchtig, wurde aber gleich wieder ernst. „Zuallererst mal: dass du wegen mir in die ganze Sache reingerutscht bist, tut mir leid! Wer hat dich niedergeschlagen? Wenn ich den Typen in die Hände kriege, mache ich ihn fertig, verlass dich drauf!“ Tsubasa zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich habe kaum was von ihm gesehen, weil er mich immer geblendet hat....“ „Und als er dich niedergeschlagen hat, ist dir auch nichts aufgefallen?“ „Ich kann mich nicht mal daran erinnern, wann und wo er mir aufgelauert hat.“ Kojiro wirkte enttäuscht. „Und du hast auch keine Idee, wer...?“ „Nein, ich weiß nicht mal warum. Was hast du damit gemeint, ich bin deinetwegen da reingerutscht?“ Jetzt war Kojiro überrascht. „Wie, du weißt nicht, worum es diesem Irren ging?“ „Nein. Er wollte nur, dass ich den Anderen einen Brief schreibe, damit sie nicht mehr nach mir suchen......“ Der Mannschaftskapitän von Toho zögerte kurz, aber dann berichtete er alles, was er wußte. Tsubasas Augen weiteten sich ungläubig. „Es ging nur um Fußball?! Um dieses Freundschaftsspiel?! Aber.....“ Er brach hilflos ab. Kojiro musterte ihn ernst. „Immer noch keine Idee, wem wir das alles zu verdanken haben?“ Tsubasa schüttelte schwach den Kopf und wandte den Blick ab. Das war jetzt schon die zweite Nachricht, die er erst mal verdauen musste. Nicht nur, dass man ihn in seinem eigenen Zuhause eingesperrt hatte, jetzt stellte sich auch noch heraus, dass das alles nur wegen diesem blöden Freundschaftsspiel passiert war? Was kam als nächstes? Kojiro zögerte. „Hör mal, tut mir leid, dass du das von mir erfahren hast, aber....“ Er brach ab und holte tief Luft. „Wenn dir noch irgendetwas einfällt, dann sag mir bitte sofort Bescheid. Ich schnappe mir den Kerl und glaub mir, der wird noch bereuen, dass er so mit dir umgegangen ist!“ Tsubasa reagierte nicht. Nach ein paar Sekunden stand Kojiro auf. „Ich glaube ich gehe besser, damit du dich weiter ausruhen kannst. Wenn irgendetwas sein sollte, meld dich einfach, in Ordnung?“ Er zögerte kurz. „Und ich meine jetzt nicht nur, wenn dir etwas einfällt.....“ Tsubasa nickte, ohne ihn anzusehen. „Danke.“ Kojiro wollte erst noch etwas sagen, ließ es dann aber bleiben. Er drückte kurz aufbauend Tsubasas Schulter, dann wandte er sich um und verließ das Zimmer. Tsubasa war wieder allein. Er starrte weiterhin aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen. Fußball. Es ging nur um Fußball.....die Kopfschmerzen, der Durst, die Finsternis...wie lange überhaupt? Erst jetzt wurde ihm bewußt, dass er keine Ahnung hatte, welcher Wochentag heute war und wie lange er im Keller gesessen hatte. Und Sanae hatte gesagt, dass er lange geschlafen hatte..... Tsubasas Hände ballten sich zu Fäusten. Wut kochte in ihm hoch, während er gegen die erneute Beklemmung ankämpfte, die bei der Erinnerung an das Eingesperrtsein wieder Besitz von seinem Körper ergriff. Gleichzeitig wünschte er sich, Sanae doch nicht nach Hause geschickt zu haben. *** Über Langeweile musste sich Tsubasa nicht beklagen. Nur kurze Zeit nach Kojiros Besuch tauchten seine Mannschaftskameraden auf. Nicht alle auf einmal. Sie schienen sich abgesprochen zu haben, und um ihn nicht gleich zu überlasten, hatten sie sich in zwei Gruppen aufgeteilt von je 5 – 6 Leuten. Die Ersten kamen eine knappe halbe Stunde, nachdem Kojiro gegangen war, und Tsubasa war dankbar dafür, erst recht als er bemerkte, dass sie ihn nicht mit irgendwelchen Fragen bedrängten, die er sowieso nicht beantworten konnte. Sie schienen nur erleichtert zu sein, dass er das alles einigermaßen unbeschadet überstanden hatte. Nach ungefähr einer Stunde tauchte eine Krankenschwester auf und scheuchte alle aus dem Zimmer. Yukari jedoch schlich sich jedoch noch einmal kurz zurück, als die Anderen schon gegangen waren. „Sanae schafft es heute wohl nicht mehr, ihre Mutter hat mir erzählt dass sie schläft wie ein Murmeltier.“, meinte sie mit einem Augenzwinkern. „Aber morgen kommt sie sicher gleich wieder, und es kann auch gut sein, dass sie noch anruft. Ach ja, und Kumi taucht heute nachmittag wahrscheinlich mit den Anderen auf – nur zur Vorwarnung.“ Das waren wunderbare Aussichten..... Tsubasa hatte nichts gegen die jüngste Betreuerin, aber gerade in letzter Zeit ging sie ihm verstärkt auf die Nerven, und gerade heute wäre es ihm lieber gewesen, seine Ruhe vor ihr zu haben. Bevor jedoch die Anderen auftauchten, bekam er Besuch von einem Polizeibeamten, der ihm ungefähr dieselben Fragen stellte, die er von Kojiro bereits gehört hatte. Er gab dieselben Antworten. Zusätzlich wollte der Mann jedoch noch wissen, ob er das Gefühl hatte, in letzter Zeit beobachtet worden zu sein, oder ob ihm generell irgendetwas seltsames aufgefallen war. Tsubasa verneinte. Ihm war absolut gar nichts aufgefallen – er hatte auch nicht auf solche Dinge geachtet. Warum auch?! Nie im Leben wäre er auf so eine Idee gekommen! Die Befragung dauerte zum Glück nicht lange, allmählich bekam er doch wieder Kopfschmerzen. Der Polizist informierte ihn noch darüber, dass seine Eltern mittlerweile informiert waren und sich um einen Flug zurück nach Japan bemühten. Wegen der Urlaubszeit war jedoch alles total überlaufen und es konnte bis nächste Woche dauern, bis sie es zurück schafften. Aber das passte insofern ganz gut, als dass das Haus im Moment sowieso noch versiegelt war wegen der Spurensicherung und man es gar nicht vertreten konnte. Nicht lange nachdem der Polizist gegangen war, erschienen seine restlichen Freunde, so dass er gar keine Möglichkeit hatte, über das Gehörte nachzudenken. Kumi war zu Tsubasas Erleichterung nicht dabei, ihr war etwas wichtiges dazwischen gekommen. Als sich die Anderen nach einer erneuten Stunde ebenfalls verabschiedeten, war er zur Hälfte erleichtert darüber. Sein Kopf dröhnte mittlerweile wieder ziemlich durch den ständigen Lärmpegel und er sehnte sich nach etwas Schlaf. Sobald die Tür jedoch hinter ihnen zugefallen war und sich wieder Stille über das Zimmer senkte, war ihm klar, dass er nicht würde schlafen können. Dazu waren die Erinnerungen an den dunklen Kellerraum viel zu stark. Er lag wach im Bett und starrte an die Zimmerdecke. Die Gedanken drehten sich in seinem Kopf und er versuchte, irgendwie Ordnung in das Chaos zu bringen. Er war über zwei Tage verschwunden gewesen, das wußte er mittlerweile, und der Typ musste ihm auf dem Heimweg irgendwo aufgelauert haben. Er war nicht viel älter wie er, benutzte ein ziemlich übles Rasierwasser und hasste ihn aus irgendwelchen Gründen, was inzwischen auf Gegenseitigkeit beruhte. Hass......eigentlich ein sehr seltsames Gefühl. Tsubasa konnte sich nicht erinnern, in seinem bisherigen Leben irgendjemanden gehasst zu haben, bis zu diesem Zeitpunkt. Und alles nur wegen Fußball...... Es dauerte mehrere Stunden, bis er schließlich doch in einen unruhigen Schlaf fiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)