Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 54: Geständnisse ------------------------ Erhobenen Hauptes steht Arashitsume da, den missgünstigen Blick auf Sesshomaru gerichtet. „Wie ich sehe, habt Ihr es doch noch hierher geschafft. Ich habe allerdings nicht dein Eindruck, dass Ihr hier seid, um den Hohen Rat zu Ende zu führen“, sein Blick wandert über den Vorplatz und das zerborstene Tor, „Das ist nun schon das zweite Mal, dass Ihr mein Eingangstor zerstört habt“, hier wird sein Ton schärfer, „Sagte ich nicht, dass ich das nicht noch einmal tolerieren werde?“ Doch Sesshomaru gibt keine Antwort. Er liegt nur da, mit dem Gesicht zum Boden, und rührt sich nicht. Doch dann kommt wieder langsam Bewegung in ihn. Zittrig krallt sich seine Hand in den Schutt des Vorhofes. Mühsam stemmt der zerschundene Daiyoukai sich etwas hoch und hebt langsam den Kopf. Sein schweiß- und blutverschmiertes Gesicht ist eine Fratze des Zorns. Er hat die Zähne gefletscht und in seinen goldglühenden Augen liegt ein solch tödlicher Hass, dass es wahrlich zum Fürchten ist. Arashitsume hebt eine Braue. „Eurem Blick nach zu urteilen, zeigt Ihr keinerlei Reue für Eure Tat. Es scheint, meine Vermutungen bewahrheiten sich und Ihr seid tatsächlich darauf aus, einen Zwischenfall herbeizuführen.“ Kaum sind diese Worte gefallen, quetscht sich ein Wutschrei aus Sesshomarus Kehle. Nur Augenblicke später springt der Daiyoukai auf und will sich mit gezückten Klauen auf den Ostfürst stürzen. Doch in eben dem Moment, reißt ihn jemand unsanft mit aller Kraft zurück auf den Boden, wälzt sich über ihn und hält ihn grimmig fest. Inu Yasha verzieht schmerzerfüllt das Gesicht. Gerade noch rechtzeitig ist er wieder zur Besinnung gekommen, um zu bemerken, was sein Bruder vorhat. Nun mobilisiert er alle seine verbliebenen Kräfte, um ihn von dem Irrsinn abzuhalten. Unter größten Mühen hält er ihn im Schwitzkasten, denn Sesshomaru gebärdet sich wie wild, um ihn abzuschütteln und den Fürsten des Ostens anzufallen. Kagome und die anderen beobachten das Geschehen mit großer Sorge. „Einfach unglaublich, was Sesshomaru noch für eine Kraft hat“, stellt Sango verwundert fest, „Daiyoukais sind wirklich keine spaßigen Gegner.“ „Aber dafür schlägt Inu Yasha sich gar nicht so schlecht“, stellt Miroku fest, „Er hält ihn noch immer in Schach.“ Neben ihnen steht Yaeba und beobachtet den verbissenen Ringkampf der beiden Brüder. „Wirklich erstaunlich!“, murmelt er, „Das hätte ich ihm nicht zugetraut. Er ist ihm wirklich ebenbürtig. Hanaki hätte wahrlich ihre helle Freude an ihm.“ Die beiden Heerführer des Westens betrachten das Geschehen ebenfalls. Chitsurao allerdings nicht ganz so gelassen wie sein Vorgesetzter. Er versteht die Welt nicht mehr. Was geht hier bloß vor? Warum gebärdet sich sein Fürst auf so untypische und würdelose Art und Weise? Kein Wunder, dass Dokutoge wollte, dass nur er ihm hinauf zum Palast folgt. Es ist sicher besser wenn ihre Krieger das nicht zu sehen bekommen. Aber was kann seinen Herrn bloß derartig aus der Fassung gebracht haben? Hoffentlich erhält er bald Antworten darauf. Diese Frage stellt sich auch Itakouri. Zusammen mit seiner Fürstin und den anderen Gefangenen beobachtet er das Treiben der beiden Kämpfenden und er findet keine Erklärung dafür. Beim letzten Mal hatte der Fürst des Westens noch einen völlig anderen Eindruck geboten. Ernst, selbstbeherrscht und würdevoll. Davon ist jetzt nichts mehr zu merken. Was kann bloß der Grund dafür sein und warum reagiert seine Herrin in keinster Weise darauf. Das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich. Sie steht bloß schweigend da und rührt keinen Finger. Worauf wartet sie? Will sie nicht endlich eingreifen? Sie sagte, sie ist hier, um den Hohen Rat weiterzuführen, was an für sich schon eine völlig untypische Verhaltensweise für einen Daiyoukai des Nordens ist. Sie wollte auf Sesshomaru warten und der ist jetzt eingetroffen. Doch so wie er sich verhält, wird er wohl an keinem Rat teilnehmen. Lässt sie das denn völlig kalt? Warum macht sie ihrem Ärger nicht Luft wie gewöhnlich? Fürchtet sie sich? Kriecht sie jetzt vor den anderen Fürsten zu Kreuze? Er kann sich nicht helfen, doch diese Fürstin enttäuscht ihn zutiefst. Von diesen Gedanken bekommt Yarinuyuki jedoch nichts mit. Sie behält die beiden Brüder genau im Auge und sagt kein Wort. Es wird nicht mehr lange dauern. Bald kommt der Moment in dem sich alles klärt, zum Guten oder zum Schlechten. Doch dieses Mal hofft sie tatsächlich, dass es zum Guten ist. Die Frage ist nur, ob der Kerl so viel Mumm besitzt. Währenddessen hat Inu Yasha noch immer schwer zu kämpfen mit seinem Bruder. Verbissen hält er Sesshomaru im Würgegriff, der wiederum mit aller Kraft versucht, ihn abzuschütteln. Dabei knurrt er gefährlich und zwischendurch stößt er zwischen gefletschten Zähnen einen verzweifelten Wutschrei aus. Inu Yasha hat wahrlich alle Hände voll zu tun. Seine Arme halten Sesshomarus Hals umschlungen und mit seinen Beinen versucht er, die seines Bruders zu umklammern, um ihn bewegungsunfähig zu machen. Doch das ist gar nicht so leicht, denn der Daiyoukai bäumt sich immer wieder auf. Verdammt, hat der Kerl noch immer eine Kraft! Dass Arashitsume weiter seinen Senf dazu gibt, macht es nicht gerade leichter. „Was ist denn los, Sesshomaru-sama?“, meint er verächtlich, „Völlig außer Kontrolle, würdelos und von einem Hanyou überwältigt. Wo ist da die vielgerühmte Selbstbeherrschung des Westclans? Müsstet Ihr Euch da nicht in Grund und Boden schämen?“ Wutschnaubend bäumt sich Sesshomaru erneut auf. Mehrere seiner Wunden sind durch die Kraftanstrengung wieder aufgebrochen und das Blut läuft ihm über das Gesicht. „Halt die Klappe!“, stößt Inu Yasha außer Atem hervor, „Wenn ich dich reden höre, kann ich es ihm nicht verübeln, dass er dich lynchen will.“ Dann wendet er sich wieder seinem Bruder zu. Ihm ist schlecht und jeden Moment droht ihn die Kraft völlig zu verlassen. Sein Bein schmerzt höllisch und bei der kleinsten Unachtsamkeit wird es seinem Bruder gelingen, ihn abzuschütteln. Doch dazu darf es einfach nicht kommen, ganz gleich wie zerschunden und zerschlagen er sich gerade fühlt. Er muss ihn unbedingt wieder zur Vernunft bringen. Er ist der Einzige der dazu in der Lage ist und der Einzige der weiß, warum das nötig ist. Mit jedem Ruck, der durch den Körper seines Bruders geht, spürt er die grenzenlose Verzweiflung die dahinter steckt und zu seiner eigenen Überraschung, krampft sich ihm selbst das Herz zusammen dabei. Noch immer versucht der Daiyoukai, völlig außer sich, ihn abzuschütteln. Es hilft alles nichts. Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. Mit dem Ellenbogen holt er aus und rammt ihn Sesshomaru von hinten auf den Kopf. Doch noch immer wehrt sich der verletzte Youkai nach besten Kräften. Wieder und wieder verpasst Inu Yasha seinem Bruder mit dem Ellenbogen eine Kopfnuss nach der anderen. Sesshomaru knurrt gefährlich und gräbt seine Klauen in Inu Yashas Unterarm bei dem Versuch, sich aus seinem Klammergriff zu befreien. Der Hanyou muss stark an sich halten, damit ihm kein Schmerzensschrei entfährt. Noch einmal und noch einmal schlägt er auf seinen Bruder ein. Und schließlich hält Sesshomaru schwer atmend für einen Moment inne. Hier sieht Inu Yasha endlich seine Chance. Er verstärkt den Griff um Sesshomarus Hals und zieht sich ganz nah an sein Ohr heran, damit sein Bruder ihn auch wirklich hört. „Sesshomaru!“, zischt Inu Yasha. Der Daiyoukai beginnt wieder, sich zu wehren. Doch Inu Yasha lässt nicht los. „Sesshomaru! Hör auf damit! Lass es endlich sein!“ Ein grimmiges Knurren ist die Antwort und der Druck der Krallen in Inu Yashas Arm nimmt zu. Der Hanyou verzieht schmerzvoll das Gesicht, doch er lässt kein Stück locker. Wieder geht sein Mund zum Ohr seines Bruders: „Ich weiß, was du vorhast, doch das werde ich nicht zulassen, begreifst du das?“ Ein wütendes Grollen entfährt dem Daiyoukai und er versucht mit aller Kraft dem Griff seines Bruders zu entkommen. Inu Yasha spürt, dass es sich nur noch um Augenblicke handeln kann, bis sein Bruder sich aus seinem schwächer werdenden Griff befreien kann. Er atmet noch einmal tief durch und verstärkt den Druck um Sesshomarus Hals wieder. Er muss alles auf eine Karte setzen. „Sesshomaru“, raunt er ihm zu, „Sesshomaru, ich verstehe dich! Hörst du? Ich weiß genau, was in dir vorgeht.“ Ein wütendes Heulen dringt aus Sesshomarus Kehle. Wieder versucht er sich aus dem Griff zu befreien, doch Inu Yasha hält unerschütterlich aus. Als er jetzt spricht, klingt seine Stimme ein wenig traurig. „Ich weiß, es geht dir nicht um Rache. Aber was du vor hast, wird sie dir nicht wiederbringen.“ Kaum hat er das gesagt, krampft sich der ganze Körper seines Bruders zusammen und er stößt einen gequälten Schmerzensschrei aus. Inu Yasha nutzt die Gelegenheit und umklammert seinen Bruder wieder stärker. „Ich kann dich verstehen“, wiederholt er leise, „Ich weiß wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem alles bedeutet. Vermutlich würde ich das selbe versuchen wie du, wenn ich das Gefühl hätte, daran Schuld zu sein.“ Ein weiterer gequältes Heulen entfährt dem verzweifelten Daiyoukai und seine Klauen lassen von Inu Yashas Arm ab und verkrallen sich krampfartig in den Boden. Wieder packt Inu Yasha seinen Bruder fester und kommt noch dichter an sein Ohr heran: „Aber du darfst dein Leben nicht so wegwerfen. Du hast Verantwortung, verdammt noch mal! Erinnere dich warum wir hierher gekommen sind! Du hast mich beleidigt, bekämpft, rumkommandiert und mich bis hierher mitgeschleift und du hast dich mit diesen unzivilisierten Idioten da abgegeben, nur um den Frieden zu bewahren. Den Frieden den schon unsere Vater vor dir gehütet hat. Du tatest das auch für sein Andenken. Erinnere dich, du wolltest um jeden Preis einen Krieg verhindern. Willst du jetzt so kurz vor dem Ziel aufgeben. Willst du alles zerstören, wofür du bisher so hart gekämpft hast? Bedeuten sie dir wirklich so viel?“ Noch einmal entfährt Sesshomaru ein verzweifeltes, gepresstes Winseln. Sein ganzer Körper ist angespannt und er zittert. „Hör mir zu“, drängt Inu Yasha leise, „Ich weiß es schmerzt, aber ich werde dich von diesem Schmerz bestimmt nicht erlösen und ich lasse auf keinen Fall zu, dass dieser Dreckskerl Arashitsume es tut, also krieg dich wieder ein, verdammt! Tenmaru gab sein Leben um dich zu beschützen und ich bin sicher, er würde nicht wollen, dass du es jetzt seinetwegen wegwirfst.“ Ein letztes Aufbäumen dann langsam löst sich die Spannung in Sesshomarus Gliedmaßen und er lässt erschöpft den Kopf hängen. Sein Körper gibt schließlich den Widerstand auf und unter einem gepressten Schluchzen sinkt er kraftlos zu Boden. Vernehmlich hört man ihn stoßweise ein und ausatmen. Inu Yashas wartet noch einen kurzen Moment, doch dann lockert sich auch sein Griff und er gibt seinen Bruder frei. Und urplötzlich überfällt ihn aller Schmerz und alle Erschöpfung, die er in den vergangenen Minuten verdrängt hat und kraftlos rollt er zu Seite und rührt sich nicht mehr. „Inu Yasha!“ Voller Sorge will Kagome zu ihrem besinnungslosen Freund hinüberlaufen, doch einmal mehr hält Yaeba sie zurück. „Warte!“, weist er sie leise an, „Du kannst von Glück reden, dass Arashitsume Menschen für minderwertig hält und sie deshalb nicht näher beachtet. Du solltest ihn nicht daran erinnern, zu fragen, welche Rolle du gerade bei dieser Sache gespielt hast.“ Nur sehr widerstrebend gehorcht sie. Nun tritt der Fürst des Ostens langsam auf Sesshomaru zu. Er klatscht leicht in die Hände. „Eine wirklich interessante Vorstellung, die Ihr da zum Besten gegeben habt, Sesshomaru-sama. Doch wenn Ihr wollt, dass sie glaubwürdig erscheint, hättet Ihr Euch nicht von einen Hanyou besiegen lassen dürfen.“ Dieser elende Mistkerl! Yaeba legt die Stirn in Falten. Er versucht noch immer, ihn in eine Falle zu locken. Leugnet er Inu Yashas Überlegenheit, macht er sich des Betrugs schuldig. Gibt er es zu, bedeutet das Gesichts- und Autoritätsverlust, und der Rat könnte ihm den Respekt verwehren. Eine gemeine Zwickmühle. Und wenn Sesshomaru auf die Provokation eingeht und Arashitsume doch noch anfällt, gibt es Krieg. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Arashitsume es tatsächlich soweit kommen lassen will. Es sei denn...! Urplötzlich fliegen seine Augen auf. Oh, verdammt! Dieser miese, skrupellose Bastard! Zunächst reagiert der regungslose Fürsten des Westens nicht. Doch dann kommt langsam wieder Bewegung in ihn. Langsam stützt er den Arm auf und stemmt sich dann mühsam hoch. Es ist ihm deutlich anzusehen, wie viel Kraft ihn das kostet. Schließlich steht er leicht schwankend wieder auf beiden Beinen. Er ist über und über mit Blessuren und Schnitten überzogen und sein Obergewand ist blutverschmiert und hängt in Fetzen an ihm herunter. Sein Kopf ist gesenkt und die zerzausten und blutverkrusteten Ponyfransen hängen ihm tief ins Gesicht. Kein Wort kommt über seine Lippen. Als keine Reaktion von ihm kommt, redet Arashitsume schonungslos weiter. „Versucht Ihr noch immer diese lächerliche Scharade weiterzuführen? Eure Machenschaften sind längst aufgeflogen.“ Er zeigt verächtlich auf den am Boden liegenden Kossoridoku. „Euer Spion, im Rudel meiner Schwester, ist in Gewahrsam genommen worden. Und wie ich sehe“, mit diesen Worten geht ein schneidender Blick hinüber zu Kagome und den anderen, dass ihnen ganz mulmig wird, „ist es Euch noch nicht gelungen, Eure Miko-Komplizin loszuwerden. Es war sicher nicht Eure beste Idee, sie hierher zu bringen.“ Ein süffisantes Lächeln zieht auf sein Gesicht. „Ein dummer Fehler!“ Er geht ein paar Schritte vor Sesshomaru auf und ab. „Zumindest wart Ihr klug genug, sie außer Gefecht zu setzen, ebenso wie die anderen, die Euch gefährlich werden können. Den Spion, den Ihr bei den Streunern eingeschleust habt. Euren Bruder, indem Ihr vorgabt, von Ihm besiegt worden zu sein. Nicht sehr glaubhaft, wie ich festhalten muss. Ich bitte Euch, ein Hanyou? Und natürlich nicht zu vergessen diesen Streunerbengel...“, ein boshaftes Funkeln liegt nun in Arashitsumes Augen. Nun kann Kagome nicht mehr an sich halten: „Das ist eine gemeine Lüge! Ihr habt das alles eingefädelt. Sesshomaru trifft keine Schuld!“ Ruckartig, wie der einer Kobra, fliegt Arashitsumes Kopf herum und durchbohrt das Mädchen mit einem derart vernichtenden Blick, dass sie kein weiteres Wort mehr herausbringt. Und nun wird seine Stimme laut. „Was redet dieses Menschenweib unaufgefordert in meiner Gegenwart?“ Hoch aufgerichtet steht er da und jegliche Freundlichkeit ist nun aus seinem Gesicht wie weggeblasen. Sofort rücken die umstehenden Ostkrieger näher an die kleine Menschengruppe heran und Yaeba stellt sich schützend vor Kagome. Doch glücklicherweise gibt der Ostfürst ihnen nicht den Befehl zum Angriff, sondern wendet sich wieder Sesshomaru zu und Kagome zieht es vor, den Ostfürsten fürs Erste nicht noch einmal zu provozieren. „Ich frage Euch noch einmal, Sesshomaru-sama!“, hart fliegen die Worte über den Platz, „Die gänzlich unangebrachte Art Eures Erscheinens, verletzt ohnehin schon die Würde des Hohen Rates. Wollt Ihr nicht endlich diese Farce beenden und zugeben, dass Ihr von vornherein vor hattet, einen Krieg zu beginnen und die Macht über die anderen Reiche an Euch zu reißen? Deshalb gabt Ihr Eurem Bruder den Auftrag, einen Zwischenfall herbeizuführen und deshalb wolltet Ihr keine Entscheidung gegen Euren Bruder treffen. Schon Euer ungebührliches Auftauchen hier beweist, dass Ihr beabsichtigtet, den Hohen Rat zum Scheitern zu bringen und einen Krieg zu provozieren. Was für ein gewissenloses Unterfangen! „Und Ihr wusstet von dem verhängnisvollen Geruch dieses Streuners und wolltet vermeiden, das er auf Fürstin Yarinuyuki trifft, da Ihr befürchtetet, dass daraus ein Bündnis zwischen Norden und Osten entstehen könnte, sollten meine Schwester und ihr Balg jemals wieder in den Clan aufgenommen werden. Und nun wo Euer schöner Plan immer mehr in die Brüche geht, kommt Ihr hierher, spielt uns den Empörten vor und versucht mir Eure Schuld in die Schuhe zu schieben. Doch damit werdet Ihr keinen Erfolg haben. Haltet Ihr uns wirklich für so naiv? Erwartet Ihr wirklich, wir würden Euch diesen armseligen Versuch abkaufen, die Schuld von Euch abzulenken, indem Ihr vorgebt, der Geschädigte zu sein?“ „Der Geschädigte?“, nun endlich hebt Sesshomaru leicht den Kopf. Seine Stimme klingt tiefer und rauer als gewöhnlich. Die bitteren Züge in seinem bleichen Gesicht lassen ihn viel älter wirken als er ist. Schwach schüttelt er den Kopf. „Ich bin nicht der Geschädigte. Fürst Taihyouga ist der Geschädigte. Hanaki ist die Geschädigte“, seine Stimme schwankt leicht bei diesem Namen, „Tenmaru... ist der Geschädigte“, wieder bricht ihm beinah die Stimme weg, „Euer Ränkespiel hat schon zu viele Leben gekostet.“ Nun blickt er auf; dem Fürst des Ostens direkt ins Gesicht. „Ich werde dafür sorgen, dass das ein Ende hat.“ Doch Arashitsume verzieht nur verächtlich das Gesicht. „Ich bitte Euch, tut doch nicht so, als ob Ihr Taihyouga auch nur eine Träne nachweinen würdet,“ er wendet sich zur Nordfürstin um, „Nichts für ungut, Yarinuyuki-sama, doch es ist ja kein Geheimnis, dass die Verhältnisse zwischen den Reichen und die Sympathien zwischen den Fürsten nicht die besten waren.“ Dann richtet er wieder das Wort an Sesshomaru: „Und was meine Schwester angeht, sie war schon immer eine Unruhestifterin, und eine Verräterin an ihrem Volk war sie ebenfalls. So viel Gunst verdient sie ganz sicher nicht.“ „Ich habe Hanaki gekannt!“, rau fliegt Sesshomarus Ausruf über den Platz. Der Daiyoukai hat die Hand zur Faust geballt. „Sie besaß Ehre, Mut und Loyalität. Was man von Euch leider nicht behaupten kann, Arashitsume!“ Eine solche Bitterkeit liegt in den Worten, dass der Ostfürst überrascht einen Moment innehält. An dieser Stelle kann Itakouri nicht länger an sich halten. Empört wendet er sich an seine Fürstin: „Er verhöhnt uns! Er beleidigt Inu Taihyouga-samas Andenken indem er für diese miese Verräterin Partei ergreift! Wollt Ihr das wirklich ungestraft lassen? Wollt Ihr gar nichts unternehmen, Yarinuyuki-hime?“ Doch die Nordfürstin wirft ihm einen finsteren Blick zu. „Ich muss mich nicht vor dir rechtfertigen. Also halt gefälligst den Mund, bevor ich ihn dir abreiße!“ Itakouri verstummt, wenn auch widerwillig. Ungläubig und fassungslos, beäugt er die junge Daiyoukai. Wie kann sie nur! Bedeutet ihr die Ehre ihres Vaters gar nichts mehr? Gut er hat auch Samushis Geschichte gehört, aber dennoch...! Währenddessen hat sich Arashitsume wieder gefangen. „Gekannt wollt Ihr sie haben? Ihr habt kaum eine Woche bei ihrem Rudel verbracht. Wie wollt Ihr auch nur irgendetwas über sie wissen?“, sein Gesicht wird düster, „Ich kenne meine Schwester wesentlich länger und Ihr könnt mir glauben, sie war immer schon egoistisch, undankbar und verantwortungslos. Oder könnt Ihr irgendetwas vorbringen, dass das Gegenteil beweist?“ Mir diesen Worten fixiert er scharf den Westfürsten. Doch Sesshomaru antwortet nicht. Schweigend starrt er zu Boden. Arashitsume lächelt hämisch. „Das hätte ich auch nicht anders angenommen. Ich erinnere mich noch sehr genau an Euren letzten Besuch bei mir. Und ich habe noch immer Eure Worte im Ohr. Ihr selbst habt geschworen, dass sie durch Eure Hand sterben würde, sollte sie Euch wieder begegnen. Und nun verteidigt Ihr sie auf einmal. Steht Ihr nun plötzlich nicht mehr zu Euren Worten. Bedeutet Euer Schwur Euch nun nichts mehr, Sesshomaru?“ Zunächst kommt von dem Daiyoukai keine Reaktion und die Umstehenden halten angespannt den Atem an. Doch dann hebt Sesshomaru erneut den Kopf. Seine Kiefer sind fest aufeinandergepresst. Dann jedoch sagt er: „Ich hatte auch noch etwas anderes geschworen.“ Arashitsume legt gespielt überrascht den Kopf in den Nacken: „Ach ja, ich entsinne mich. Da war ja noch was. Seit Ihr sicher, dass Ihr das hier zur Sprache bringen wollt?“ Doch Sesshomaru verzieht keine Miene. „Entsinnt Euch besser richtig! Ich schwor Euch zur Verantwortung zu ziehen, solltet Ihr mich jemals hintergehen. Und diesen Schwur beabsichtige ich zu halten!“ Herablassend hebt Arashitsume die Augenbrauen: „Hintergehen? Ich soll Euch hintergangen haben? Das ist lächerlich!“ Finster blickt Sesshomaru ihn an. „Ihr habt versucht, mich umzubringen.“ Arashitsumes Augen öffnen sich erstaunt: „Und wer hat Euch solche unverschämten Lügengeschichten erzählt.“ Wieder beißt Sesshomaru die Zähne aufeinander. Als er spricht, ist seine Stimme leiser als zuvor. „Tenmaru hat es mir erzählt. Er versuchte mich zu warnen, doch ich wollte ihn nicht hören.“ Verächtlich blickt Arashitsume zu ihm hinüber. „Tenmaru? Dieser dumme, kleine Streuner? Der kleine Bastard von meiner Schwester, dem Flittchen? Seit wann gebt Ihr etwas darauf was solcher Pöbel von sich gibt?“ Sesshomarus Hand ballt sich krampfhaft zur Faust und er senkt den Blick. Zwischen zusammengepressten Zähnen quetscht er hervor: „Die Bestätigung erhielt ich von Kossoridoku. Er gab zu, für Euch zu arbeiten, kurz bevor die Schwarze Miko ihren Anschlag auf mich verübte. Er war sich sicher, dass es keinen Unterschied machen würde, ob ich es erführe oder nicht. Er wusste von dem Attentat.“ Für einen kurzen Moment scheint Arashitsume tatsächlich etwas verwirrt zu sein, doch er überspielt es rasch. „Und Ihr wollt, dass wir Euch das glauben? Habt Ihr irgendeinen Beweis für Eure ungeheuerlichen Anschuldigungen? Ich meine außer den Aussagen der beiden Zeugen, die für Euch arbeiten? Wenn nicht, würde ich doch zu gerne den armseligen Streunerbengel in die Finger bekommen, der solch unverfrorene Lügen über mich verbreitet. Nebenbei bemerkt, wo steckt er eigentlich? Er hing Euch doch sonst immer am Rockzipfel?“ Sesshomaru starrt zu Boden. Hart beißt er die Zähne zusammen und sein Atem entweicht ihm stoßweise. Ein leichtes Zittern läuft über seinen Körper und seine Hand ist zur Faust geballt. „Er... ist tot!“, kommt die schwache Antwort auf die Frage, doch es ist nicht Sesshomaru der spricht. Mühselig hat sich Inu Yasha auf seine Unterarme gestützt und hebt sein bleiches Gesicht. „Aber ich bin sicher... das wusstet Ihr schon längst.“ Überrascht wenden sich alle Umstehenden Inu Yasha zu; auch Sesshomaru. Für einen kurzen Moment treffen sich die Augen der beiden Brüder und zu Inu Yashas Erstaunen liegt diesmal so viel Verwundbarkeit und Trauer in dem blassen Gesicht seines Bruders, dass er schlucken muss. Aber da ist noch etwas, ein Gefühl, dass er noch nie zuvor bei seinem Bruder gesehen hat. Dankbarkeit! Und für nur einen winzigen Augenblick scheint es so als wären die Rollen des jüngeren und älteren Bruders vertauscht worden. Doch dieser Augenblick verschwindet eben so schnell wie er gekommen ist und Sesshomaru wendet den Blick wieder ab. „Er ist tot?“, erstaunt hebt Arashitsume die Brauen, „Tatsächlich? Das war mir nicht bekannt. Woher hätte ich das wissen sollen?“ „Lügner!“, mit einem Stöhnen versucht Inu Yasha sich hochzustemmen, doch es gelingt ihm nicht. Kraftlos bricht er wieder zusammen und hustet heftig. Dann verzieht er erneut das Gesicht vor Schmerzen. Verächtlich mustert Arashitsume ihn. „Du nennst mich einen Lügner, Hanyou? Du bist ja nicht einmal ein richtiger Fürst und wagst es wirklich, so mit mir zu sprechen?“ „Und wie redet Ihr mit meinem Bruder, einem wahren Fürsten?“, obwohl er Schmerzen hat, funkelt Inu Yasha trotzig zu ihm hinüber. Geringschätzig wendet sich Arashitsume von ihm ab: „Das ist eine Angelegenheit, aus der du dich besser raushalten solltest, Hanyou. Schließlich bist du noch immer angeklagt. Das geht dich nichts an!“ „Und ob mich das was angeht!“, schreit InuYasha zornig, „Er ist mein Bruder, verdammt! Natürlich geht mich das was an!“ Dann zieht er scharf die Luft ein, hält sich die Seite und kippt wieder zurück nach hinten. Doch nun weist ihn eine ernste Handbewegung Sesshomarus wortlos an, liegen zu bleiben. Der Daiyoukai hebt den Kopf und schaut dem Fürst des Ostens direkt ins Gesicht. „Es reicht!“, sagt er leise. Noch immer klingt seine Stimme ungewohnt tief. „Niemand beleidigt meine Familie! Keinen von ihnen!“ Arashitsumes Augen werden schmal: „Was wollt Ihr damit sagen?“ Sesshomarus Mund ist dünn wie ein Strich. „Statt Euch ein Wortgefecht mit meinem Bruder zu liefern, sollten wir besser Stellung zu unseren gegenseitigen Anschuldigungen beziehen, damit wir diese Angelegenheit endlich zu Ende bringen können. Sie hat schon zu viele Opfer gefordert und es sollten nicht unnötig mehr werden.“ Das Lächeln auf Arashitsumes Gesicht, dass diesen Worten folgt, verheimlicht nicht ganz die Erleichterung die darin liegt. „Das soll wohl bedeuten, dass Ihr um jeden Preis einen Krieg verhindern wollt, soll ich das so verstehen?“, und nun schleicht sich wieder etwas Boshaftes in sein Lächeln. Ernst blickt Sesshomaru ihn an: „Einen Krieg habe ich nie gewollt. Nur deshalb kam ich her.“ „Die Beweise sprechen bedauerlicher Weise gegen Euch“, Arashitsumes Worte sollen sachlich klingen, doch die Missgunst darin schwingt bei jedem Wort mit, „Schließlich habt Ihr heimlich Euer Heer mitgebracht. Vertraut Ihr dem Rat so wenig? Es hätte keinen Grund für diese Provokation gegeben, wenn Ihr nicht in Wahrheit auf Krieg aus seid.“ Hoch aufgerichtet steht Arashitsume da. „Ihr ließt Fürst Inu Taihyouga und meine Schwester durch diese Miko dort töten und schließlich habt Ihr es auch irgendwie fertig gebracht, Euch ihres Sohnes zu entledigen. Nicht, dass ich das irgendwie bedauern würde, wie ich zugeben will.“ Arashitsume verzieht missmutig das Gesicht. „Er war ein Schwächling! Ein Schwächling und ein Feigling. Wer weiß mit wem meine Schwester da ihr Daiyoukaiblut verwässert hat. Wie auch immer, dass er jetzt tot ist, ist vermutlich das Beste was ihm passieren konnte.“ Auf einmal ist ein tiefes, unheimliches Knurren zu hören und die goldenen Augen in Sesshomarus bleichen Gesicht, durchbohren den Ostfürsten mit einer eisigen Kälte. „Tenmaru war kein Schwächling!“, die Stimme klingt dunkel und kehlig, „Er war stark genug, alles zu erdulden, was ihm angetan wurde. Und ein Feigling war er ebenso wenig, denn er war bereit, das was ihm am meisten bedeutete, zu opfern, um den Frieden zu bewahren.“ „Ach tatsächlich?“, Arashitsume hebt die Augenbrauen, „Ich bitte Euch, Sesshomaru, der Bengel hatte niemals eine eigene Meinung. Und selbst wenn, hatte er niemals den Mumm sie durchzusetzen. Er ließ stets alles mit sich geschehen und das brachte ihm letztlich den Tod ein.“ „Nein!“, energisch schüttelt Sesshomaru den Kopf, „Was ihm den Tod einbrachte, war der Angriff Eurer Verbündeten, der Miko. Er starb bei dem Versuch, mich davor zu bewahren!“ Die Umstehenden beobachten das Geschehen aufmerksam. Besonders Yarinuyukis Augen sind bei diesen Worten schmal geworden. Schweigend verfolgt sie jedes Wort, dass die beiden Fürsten sprechen. Doch schon ergreift Arashitsume wieder das Wort. „Ah ich verstehe, so ist das also. Er starb auch durch die Hand dieser Miko.“ Wütend ballt Sesshomaru die Faust: „Lasst das falsche Geschwätz! Tut nicht so, als wüsstet Ihr das nicht schon längst!“ Arashitsume geht nicht darauf ein: „Ihr habt also auch Ihn durch diese Miko ermorden lassen. Ihr dachtet wohl, dadurch könntet Ihr weitere unliebsame Spuren beseitigen.“ „Hört auf, mir das Wort im Mund herumzudrehen, Arashitsume!“, Sesshomarus Stimme wird lauter und er fletscht die Zähne, „Ihr wart derjenige, der die ganzen Morde geplant hat. Inu Taihyouga, Eure Schwester Hanaki und Tenmaru. Und mich wolltet Ihr ebenfalls ermorden lassen.“ Bedrohlich macht er einen Schritt auf Arashitsume zu. Arashitsumes Blick wird schmal. „Mäßigt Euch! Es steh Euch gar nicht gut zu Gesicht, auf diese Art die Fassung zu verlieren!“ „Achtet lieber darauf, dass Ihr nicht noch etwas ganz anderes verliert!“, grollt Sesshomaru gefährlich. „Nun geht Ihr entschieden zu weit!“, meint Arashitsume scharf, „Ich kann ohnehin nicht verstehen, dass Ihr diesen Bengel derartig verteidigt. Was kann Euch sein Tod schon bedeuten? Anteil am Schicksal eines Streuners, eines minderwertigen Gesetzlosen, zu nehmen, sollte doch wirklich unter Eurer Würde sein.“ Schwer atmet Sesshomaru ein und aus. Man sieht deutlich, wie er mit sich ringt. „Er... er... hat mich gerettet“, presst er schließlich hervor, „Ich bin es ihm schuldig.“ Laut lacht Arashitsume auf: „Das ist lächerlich! Er ist ein Streuner, Ihr schuldet ihm gar nichts! Selbst wenn er Euch tatsächlich gerettet hätte, wofür Ihr uns noch immer keinen Beweis geliefert habt. Mir scheint Euer Versuch, Eure jämmerliche Geschichte zu rechtfertigen, ist kläglich zum Scheitern verurteilt. Warum sollte ausgerechnet ein Streuner Euch beschützen?“ Sesshomaru schweigt. Auf dem ganzen Vorplatz ist kein Laut zu hören. Alle Anwesenden warten auf die Reaktion des Westfürsten, doch dieser steht nur still da und hat den Kopf gesenkt. Nur wage kann man erkennen, wie seine Hand leicht zittert. Hinter ihm liegt Inu Yasha noch immer am Boden. Ihm ist schummerig und ein dumpfer, aber recht intensiver Schmerz zieht sich durch seinen Körper. Dennoch verfolgt er still jedes Wort das gesagt wird. Mit geschlossenen Augen liegt er da. Wenn er diesem elenden Ostfürsten doch nur eine Lektion erteilen könnte. Er beschuldigt und beleidigt Sesshomaru ganz bewusst, weil er weiß, dass er mit dem Rücken zur Wand steht, und dass Sesshomaru einen Krieg unbedingt vermeiden will. Nur deshalb wagt er es, sich so viel herauszunehmen. Würde der Frieden nicht auf dem Spiel stehen, würde Sesshomaru ihn in der Luft zerfetzen dafür. So muss sein Bruder stattdessen eine Beleidigung nach der anderen hinnehmen und das in seiner Verfassung. Inu Yasha kneift die Augen zusammen. Komm schon, Sesshomaru, sag es! Mach endlich den Mund auf und stopf diesem Widerling endlich das verlogene Schandmaul! Ich weiß, wie viel Überwindung dich das kostet, aber spring endlich über deinen Schatten! Bitte! Doch der Daiyoukai schweigt noch immer. Da ergreift Arashitsume wieder das Wort: „Ganz recht, es gibt keinen vernünftigen Grund. Hört also endlich mit den Lügen auf, sonst werde ich...“ Doch in diesem Moment unterbricht ihn die leise, raue Stimme Sesshomarus: „Doch, es gab einen Grund!“ Verstimmt funkelt Arashitsume ihn an: „Welchen?“ Langsam hebt der Daiyoukai aus dem Westen den Kopf. „Er wollte meine Anerkennung erlangen.“ Für einen kurzen Moment zögert Arashitsume. Dann fragt er: „Und warum sollte er die wollen?“ Dabei lässt er den Westfürsten nicht aus den Augen. Er scheint ein kleines bisschen nervös zu sein. Nun richtet sich Sesshomaru auf und in seinem Gesicht mischt sich Traurigkeit mit Resignation. Langsam atmet er aus, dann hebt er den Kopf. „Er begehrte lediglich das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte.“ „Und das ist Eure Anerkennung?“, spöttisch schaut ihn Arashitsume an und der Ärger schwingt nun auch in seiner Stimme mit, „Seit wann kann ein wertloser Streuner, so etwas von einem Fürsten erwarten? Er war ein Niemand! Ein Stück Dreck! Ein elender, kleiner Bastard! Ein wertloser Missgriff der Natur...!“ „Er war mein Sohn!“ Mit voller Inbrunst fliegt der wütende Schrei über den Platz. Und nun steht Sesshomaru heftig atmend da. Hoch aufgerichtet und erhobenen Hauptes steht er mitten auf dem Vorhof und das verzehrende Feuer ist in seine goldenen Augen zurückgekehrt. Sein Gesicht spiegelt eindeutig Wut, aber auch gnadenlose Entschlossenheit wieder und zum ersten Mal seit einer ganzen Weile, ist die vertraute Würde in seine Haltung zurückgekehrt. Nach diesen Worten herrscht Totenstille. Doch sämtliche Augen sind auf den Fürsten des Westens gerichtet. Niemand wagt etwas darauf zu sagen. Die Reaktionen sind jedoch reichlich unterschiedlich. Chitsurao fällt verblüfft die Kinnlade herunter und hinter seiner Stirn scheint sich plötzlich ein kompliziertes Puzzle zusammenzusetzen, wohingegen Dokutoge nur kurz erleichtert ausatmet und die Augen schließt. Die Ostyoukais schauen sich gegenseitig erstaunt an und die Streuner im Gewahrsam der Nordfürstin werfen sich nur kurz vielsagende Blicke zu. „War ja eigentlich klar...“, murmelt Samushi kaum hörbar. Itakouri hat die Augen weit aufgerissen und starrt den Westfürsten fassungslos an. Er vermag unmöglich auszudrücken, was nun in ihm vorgeht. Die Nordfürstin hingegen hat da keinerlei Probleme. Sie grinst als hätte man ihr gerade einen riesigen Leckerbissen vor die Nase gesetzt. Dabei entgeht ihr eine schwache Bewegung zu ihren Füßen. Kagome ist aufgewühlt. Er hat es wirklich getan. Er hat es zugegeben. Sie kann nur ahnen, wie schwer das für seinen Stolz gewesen sein muss, und es beschleicht sie die Vermutung, dass da noch mehr als nur Stolz im Spiel war. Nur so würden Arashitsumes Andeutungen, über einen Schwur damals, Sinn machen. Sie empfindet Mitleid für den Daiyoukai. Es muss ein harter Kampf gewesen, seinen Stolz und seine Prinzipien aufzugeben und sich zu seinem Sohn zu bekennen. Und doch scheint er jetzt, da es endlich heraus ist, wesentlich zufriedener zu sein, als sie ihn jemals zuvor erlebt hat. Vermutlich wäre es nie soweit gekommen, wenn er nicht, dank Inu Yasha, so sehr erschöpft an Körper und Seele wäre. Wenn Tenmaru das nur noch hätte erleben können. Der junge Daiyoukai wäre überglücklich gewesen. Bei dem Gedanken bildet sich ihr ein wehmütiger Kloß im Hals. Leider wird er es niemals erfahren, dank diesem elenden Arashitsume! Besagter Ostfürst hat den Ausruf ebenfalls vernommen und zum ersten Mal, seit sie hier angekommen sind, ist die Überraschung auf seinem Gesicht echt. Es ist offensichtlich, dass er mit dieser Wendung nicht gerechnet hat. Doch nur für einen Moment. Nun wird seine Miene hart und seine Stirn legt sich in Falten. „Wisst Ihr auch was Ihr da sagt?“, fragt er und die Verachtung darin ist nun nicht länger verborgen. Sesshomaru begegnet seinem Blick mit der gleichen Ernsthaftigkeit. „Worauf Ihr Euch verlassen könnt!“ Bedrohlich macht Arashitsume einen Schritt auf Ihn zu. „Ihr gebt also zu, Euch mit einer ranglosen Streunerin eingelassen zu haben, einer Frau gänzlich unter Eurer Würde? Wie tief seid Ihr nur gesunken? Nun wundert mich gar nichts mehr. Mit wem ließe sich solch eine Posse besser planen und durchführen, als mit der eigenen Brut?“ Bei diesen Worten stemmt sich Inu Yasha noch einmal schwerfällig hoch. „Tenmaru ist tot!“, ruft er aufgebracht, „Er starb als er den Angriff dieser elenden Miko abfing, der für meinen Bruder gedacht war. Glaubt Ihr, er würde seinen eigenen Sohn umbringen?“ Doch Arashitsume verzieht keine Miene: „Es würde mich keinesfalls wundern. Eigentlich würde es ihm erstaunlich ähnlich sehen, einen weiteren unbrauchbaren Zeugen verschwinden zu lassen.“ Mit diesen Worten wendet er sich an die Nordfürstin: „Sicher seid Ihr meiner Meinung, Yarinuyuki-sama, dass ein solches Verhalten für den Westen durchaus typisch ist. Und es beweist einmal mehr die Skrupellosigkeit mit der hier vorgegangen wurde. Müssen wir da noch mehr Beweise hören? Ich denke nicht!“ Nun gehen sämtliche Blicke hinüber zu der Nordfürstin. Zunächst erwidert sie nur gleichmütig Arashitsumes Blick, doch dann legt sich ein ungewohnt herzliches Lächeln auf ihre Lippen und sie hebt den Kopf. „Das sehe ich genau so, Arashitsume!“, und nun bekommt ihr Lächeln etwas sichtlich Zufriedenes, „Ich habe alles gehört, was ich hören musste.“ Ein wenig skeptisch registriert der Ostfürst, die urplötzliche Freundlichkeit der Daiyoukai. „Dann stimmt Ihr mir also zu, dass Fürst Sesshomaru, des Verrates überführt ist?“, hakt er nach. Doch die Nordfürstin verzieht nur das Gesicht zu einem genüsslichen Grinsen: „Für jemanden der glaubt, die Weisheit für sich gepachtet zu haben, liegt Ihr jetzt aber erschreckend daneben.“ „Was soll das heißen?“, fragt Arashitsume unfreundlich, „Die Sachlage liegt völlig klar. Sesshomaru heuerte die Miko an, die seine Gespielin und Euren Vater getötet hat und führte mit Hilfe seines Sohnes und seines Bruders einen Zwischenfall herbei, der es ihm ermöglichte, einen Krieg vom Zaun zu brechen, um sich das gesamte Reich anzueignen. Das ist nicht nur eines Youkaifürsten gänzlich unwürdig sondern auch rücksichtslos und unverantwortlich!“ „So ist es!“, bestätigt Yarinuyuki mit einem gelassenen Lächeln. Nun blickt Arashitsume doch etwas irritiert drein. „Dann verstehe ich nicht, warum Ihr...“ Doch Yarinuyuki unterbricht ihn schroff: „Nein, wirklich nicht? So ein Jammer!“ Dann wirft sie dem Ostfürsten einen boshaften Blick zu. „Ungeachtet dessen, was Ihr vielleicht glaubt, sollte es Euch klar sein, dass auch ich nicht ganz dumm bin! Und Sesshomaru ist es auch nicht. „Tenmaru war sein Sohn? Das erklärt in der Tat einiges. Ihr behauptetet Sesshomaru wollte einen Zwischenfall herbeiführen, um einen Krieg zu rechtfertigen, der ihm die Macht über das ganze Land einbrächte? Was für ein Unsinn! Er wusste von dem berauschenden Geruch Eurer Schwester und dem Tenmarus. Ich stimme Euch zu, dass das sein Beweggrund war, ihn vom Hohen Rat fernhalten zu wollen. Aber wenn er es auf das ganze Reich abgesehen hätte, hätte er das wesentlich einfacher haben können. Er hätte lediglich Tenmaru anerkennen, und ihn mir vorstellen müssen. Er hätte sicher davon ausgehen können, dass dadurch eine Ehe zustande gekommen wäre. Und hätte er den Norden erst als Verbündeten, wäre die Übernahme des Osten nur noch eine Formalität gewesen.“ Sprachlos bleibt Arashitsume der Mund offen stehen. Doch Yarinuyuki redet schon weiter: „Ihr sagtet es selbst, einen Krieg anzufangen, ist rücksichtslos und unverantwortlich. Selbst Sesshomaru wäre nicht so dumm gewesen, diesen risikoreichen Weg zu gehen, wenn er es so viel einfacher hätte haben können. Außerdem passt so ein raffiniertes Doppelt- und Dreifachspiel weniger zum Stil des Westens, als zu dem des Ostens.“ „Was erlaubt Ihr Euch!“, entgegnet Arashitsume erbost, doch wieder unterbricht die Nordfürstin ihn schnippisch. „Übrigens, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sesshomaru unzutreffenderweise irgendeinen dahergelaufenen Streuner als Sohn anerkennen würde, nur um den Verdacht von sich abzulenken. Das ist selbst für ihn zu billig. Ich versichere Euch, Tenmaru war sein Sohn und seine Trauer ist echt! Und der einzige der letzten Endes von dieser ganzen Angelegenheit profitiert, seid Ihr, Arashitsume.“ Völlig perplex starrt Arashitsume sie an. Dann plötzlich verfinstert sich sein Gesicht: „Ihr nennt mich einen Verräter?“ „Also das war nun nicht gerade das Wort, das mir auf der Zunge lag“, erwidert Yarinuyuki seelenruhig, „Wenn es nach mir ginge, würde ich Euch noch ganz anders bezeichnen.“ „Aber ich nenne Euch so!“, mit erhobenem Haupt steht Sesshomaru da. Düster blickt er den Ostfürsten an: „Ihr seid ein Verräter und ein Lügner!“ Einen kurzen Moment lang wirkt der Ostfürst etwas verunsichert, doch dann reckt er das Kinn und setzt eine gönnerhafte Miene auf. „Möglicherweise... könnte es sein, dass ich ein wenig vorschnell geurteilt habe. Vielleicht waren meine Anschuldigungen nicht völlig gerechtfertigt. Doch Ihr müsst zugeben, dass vieles für diese Schlussfolgerung sprach. Ich bedaure es, falls ich Euch gekränkt haben sollte. Doch mit den Umständen, die zu Inu Taihyougas Tod führten, habe ich nichts zu tun!“ Unwillkürlich macht Sesshomaru einen Schritt nach vorne und ballt die Faust. Seine Stimme hat Grabeskälte: „Falls Ihr mich gekränkt haben solltet? Verlogener Bastard, was für eine maßlose Untertreibung!“ „Vorsicht, Sesshomaru-sama!“, der Ostfürst hebt warnend den Zeigefinger, „Nur weil ich bereit bin, Euch Euer ungebührliches Eindringen in meinen Palast zu verzeihen und davon Abstand nehme, Euch weiterhin zu den Verantwortlichen dieses Dilemmas zu zählen, bedeutet das nicht, dass ich solche Beleidigungen ohne weiteres tolerieren werde!“ Nun verzerrt sich Sesshomarus Gesicht zu grimmiger Wut. „Ihr habt mich angelogen!“, schreit er. Doch Arashitsume bleibt gelassen: „Angelogen hätte ich Euch, davon ist mir nichts bekannt.“ „Ihr habt mich über Eure Schwester belogen!“, noch immer schnauft der Fürst des Westens vor Wut, „Und Ihr wolltet, dass ich sie für Euch umbringe. Ihr wolltet Euch keine schmutzigen Hände holen. Also habt Ihr mir mit voller Berechnung erzählt, sie hätte mich nur ausnutzen wollen.“ Ungerührt hebt Arashitsume die Brauen: „Etwa nicht?“ Sesshomaru knurrt grimmig. „Das wisst Ihr doch besser! Ihr habt gelogen, als Ihr mir den Grund nanntet, weshalb Ihr sie zu Euch in den Palast bestellt hättet. Ihr wolltet sie nicht aushorchen, sondern ihr eine Kuhhandel vorschlagen. Ihr wolltet sie missbrauchen, um Macht über den Westen zu bekommen, ebenso wie Ihr mich missbrauchen wolltet, um sie loszuwerden, als Ihr erkannt habt, dass Euer Plan nicht aufgehen würde. „Als Ihr erkanntet, dass Hanaki Euer Spiel durchschaut hattet, war sie Euch nicht länger von Nutzen, also versuchtet Ihr mich gegen sie aufzuwiegeln. Ihr nahmt an, ich würde sie dann genug hassen, um sie töten zu wollen. Doch... dem war nicht so.“ Hier stockt er für einen Moment. Etwas leiser fährt er fort: „Sicher nahmt Ihr an, sie hätte mich ohnehin abgewiesen, aber den Grund konntet Ihr nicht wissen. Wie hättet Ihr auch nur glauben können, dass sie Gefühle für mich entwickeln könnte; für einen dummen, unmündigen Knaben! Aber sie tat es und auch sie verließ mich, um mich zu schützen, ebenso wie Tenmaru. Ich kann es nicht länger hinnehmen, dass man mich fortwährend vor meinen eigenen Gefühlen beschützen muss!“ Spöttisch verzieht Arashitsume den Mund: „Ihr meint, sie hätte tatsächlich etwas für Euch empfunden? Das kann in der Tat nur ein dummer, unmündiger Knabe glauben. Bitte, Sesshomaru, Ihr seid doch wohl inzwischen reifer als das!“ In diesem Moment flackert die dämonische Aura Sesshomarus kurz heftig auf. „Sie... war... mein... Leben!“, Schwer atmend steht der verletzte Daiyoukai da. Sein Gesicht ist bleich und seine Faust ist so sehr geballt, dass die Knöchel weiß hervortreten. „Und Eure böswilligen Lügen, um der Macht willen, haben mich davon abgehalten, ihr zu folgen. Ihr habt alles zerstört, was hätte sein können! Und nun sind sie beide tot!“, es ist deutlich so sehen, wie schwer der Daiyoukai um seine Fassung ringt. Er atmet so kontrolliert wie möglich ein und aus, doch seine Anspannung dabei ist unverkennbar. Doch dann richtet er sich wieder auf und sammelt sich. Mit todernster Miene blickt er den Ostfürsten an: „Arashitsume, auch wenn es sie nicht zurück bringt, ich verlange Vergeltung für ihren Tod! Ich schwor damals, dass nur die Wahrheit Eurer Worte Euch vor meinem Zorn bewahren würde. Da sich nun alles, was Ihr damals sagtet, als Lüge herausgestellt hat, fordere ich nun das, wovon ich damals abgesehen habe.“ Er greift nach seinem Schwertgriff und zieht es langsam aus dem Gürtel, dabei lässt er den Ostfürsten nicht aus den Augen. „Ich fordere Euch zum Zweikampf Arashitsume, Sohn des Inu Taiarashi! Stellt Euch!“ Alle Anwesenden halten gebannt den Atem an. Wie wird der Ostfürst darauf reagieren? Zunächst verzieht Arashitsume keine Miene. Eine ganze Weile sagt er kein Wort, doch dann setzt er ein mildes Lächeln auf: „Nein, ich glaube, das werde ich nicht tun!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)