Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 40: Offenbarung ----------------------- So schnell sie ihre Beine tragen, spurten Kagome und die anderen durch den Wald. Schmerzlich wird ihnen bewusst wie sehr sie sich bisher auf ihre Youkaifreunde verlassen haben, wenn es darum ging, möglichst schnell von hier nach da zu kommen. Bei dem Tempo, dass sie jetzt an den Tag legen, ist es gut möglich, dass sie erst ankommen, wenn alles schon vorbei ist. Kagome beschleunigt ihren Schritt, obwohl ihr das Luftholen bereits schwerfällt. Nein, sie darf Inu Yasha und Tenmaru nicht ihrem Schicksal überlassen! Sie müssen einfach rechtzeitig da sein! Auf einmal blickt Miroku sich um. „Ich spüre hinter uns drei starke Auren, die sich schnell nähern. Alarmiert bleiben die drei Menschen stehen und sehen sich um. Sango ergreift ihren Bumerang und Mirokus Hand geht an seine Gebetskette. Auch Kagome hat ihren Bogen ergriffen und richtet ihn auf die Richtung aus der sie gekommen sind. Die drückende Stille, lässt ihre Nerven blankliegen. Doch dann plötzlich sehen sie es! Drei Gestalten tauchen nun zwischen den Bäumen auf und mit erstaunten Gesichtern kommen sie nun zum Stehen. Kagome lässt den Bogen sinken. „Yaeba?“, fragt sie ungläubig. Der Streuner und seine Gefährten schauen nicht weniger überrascht. „Kagome-san?“, ist Yaebas Rückfrage, „Was tust du hier? Wo ist Tenmaru?“ „Noch zwei Streuner?“, kommt Sangos misstrauische Frage. „Was dagegen?“, gibt Kegawa patzig zurück. Für einen Moment halten sich die sechs wachsam im Auge. Doch nun kommt wieder Leben in Kagome und sie läuft auf den Anführer der Streuner zu: „Bin ich froh, dass ich euch treffe! Ihr müsst uns sofort zu Inu Yasha bringen!“ „Und warum?“, fragt er zurück, „Ich denke nicht, dass du ihm irgendwie behilflich wärst.“ Sie schüttelt energisch den Kopf: „Darum geht es nicht! Aber wir müssen Sesshomaru warnen, dass Kossoridoku wahrscheinlich ein falsches Spiel mit ihm treibt! Wir müssen verhindern, dass Sesshomaru Inu Yasha umbringt!“ Ernst schaut Yaeba sie an. „Warum glaubst du, dass es etwas ändern würde, wenn Sesshomaru das erfährt?“ „Weil wir glauben, dass Kossoridoku für Arashitsume arbeitet und versucht, ihm eine Falle zu stellen!“, antwortet jetzt Sango an Stelle ihrer Freundin. Sehr langsam geht Yaebas Blick nun zu der Dämonenjägerin hinüber. „Was hast du gesagt?“, fragt er leise und ein gefährliches Drohen liegt nun in seiner Stimme. Auch die beiden Nordyoukais starren sie nun mit tödlichem Ernst an. „Woher wollt ihr das wissen?“, kommt es gefährlich, „Könnt ihr das beweisen?“ Fest erwidert Sango seinen Blick. „Wir wissen es nicht ganz genau, aber wir sind gerade auf eine Schwarze Miko getroffen, die behauptete, für Arashitsume zu arbeiten. Sie behauptete, dass Arashitsume noch einen weiteren Handlanger hätte, der jemanden zu ihr locken soll. Wir gehen davon aus, dass es Kossoridoku ist, den sie meinte und, dass Sesshomaru vermutlich das Ziel sein soll!“ Einen langen Moment sagen die drei Streuner kein Wort, sondern versuchen lediglich das Gehörte zu erfassen. Vor Verblüffung steht Yaeba der Mund offen. Dann wird er wieder ernst. „Wenn das stimmt, dann dürfen wir keine Zeit mehr verlieren!“ Ohne viel weitere Worte zu machen, nickt er seinen Gefährten zu. „Nehmt sie mit! Wir müssen uns beeilen!“ Mit diesen Worten schnappen sich die drei Youkais je einen der Menschen, setzen ihn sich auf den Rücken und in Windeseile setzen sie ihren Dauerlauf durch die Nacht fort. Mit unverkennbarer Entschlossenheit sprintet Tenmaru auf Sesshomaru zu. Seine Schwerter ziehen dabei leuchtende Schlieren hinter sich her und seine purpurfarbenen Augen glimmen gefährlich unter seinen Ponyfransen hervor. Es dauert kaum eine Sekunde und er hat den Daiyoukai erreicht. Mit einem wütenden Schrei lässt er seine Okirufutaba auf den Fürst des Westens niedergehen. Doch mit stählerner Kraft hält Sesshomaru dagegen. „Das reicht nicht!“, grollt er geringschätzig. Wieder schlägt Tenmaru auf ihn ein und wieder fegt der Daiyoukai die Klingen beiseite. „Das auch nicht!“, fügt er eisig hinzu. Wütend sausen Tenmarus Klingen erneut hernieder, doch wieder fängt Sesshomaru den Schlag geschickt ab. „Und das schon gar nicht!“ Ein heftiger Rundumschlag schleudert den Streuner zurück. Nun geht Sesshomaru zum Angriff über. Doch diesmal gelingt es ihm nicht, den jugendlichen Streuner zurückzudrängen. Tenmaru behauptet mit verbissener Miene seine Position. Immer schneller werden seine Bewegungen und der Daiyoukai findet einfach keine Lücke in seiner Verteidigung. Wieder stoßen sich die beiden voneinander ab und nun springen sie wie auf ein unsichtbares Zeichen in die Luft und lassen in schwindelnder Höhe ihre Klingen aufeinandertreffen. Doch diesmal siegt die Kraft über die Geschwindigkeit und ein wuchtiger Hieb Sesshomarus schleudert den Streuner aus der Bahn. Hart stürzt er zu Boden, doch er rollt sich geschickt ab und kommt rasch wieder auf die Beine. Sein Kampfwille ist ungebrochen und grimmig funkelt er den Daiyoukai an. Langsam sinkt Sesshomaru auf den Boden zurück. „Was soll dir das bringen?“, fragt er verächtlich, „Du wirst mich nicht besiegen! Du bist nur ein Streuner, du stehst unendlich weit unter mir! Dein Tod ist beschlossen! Wofür kämpfst du also noch?“ Tenmaru erwidert seinen Blick, doch er schweigt verbissen. Sesshomarus Blick ist kalt. „Für die Ehre? Oder vielleicht für ihn?“, sein Kopf ruckt einmal kurz in Inu Yashas Richtung, „Du stehst nicht mehr in seinem Dienst! Du schuldest ihm nichts!“ „Das mag stimmen!“, funkelt Tenmaru grimmig, „Aber ich tue es trotzdem! Nicht weil ich es muss, sondern weil ich es will!“ Verächtlich schnauft Sesshomaru auf. „Das ist so unglaublich lächerlich! Was kann er dir schon bedeuten? Du bist von deinem Schwur befreit, also warum hältst du immer noch zu ihm?“ Mit steinerner Miene schaut Tenmaru ihn an: „Aus dem gleichen Grund, weshalb Ihr mich so hasst!“ Nun fliegen Sesshomarus Augen zornig auf und er fletscht die Zähne. „Du maßt dir an, meine Gründe zu kennen? Du wirst keine Zeit mehr haben diese Überheblichkeit zu bereuen! Ich werde dich und deinesgleichen töten, wie ich es Yarinuyuki zugesagt habe!“ Entschlossen ballen sich Tenmarus Hände um seine Schwertgriffe. „Dann werde ich mich weiter wehren!“ Kein weiteres Wort fällt. Im selben Moment stoßen sich die beiden ab und nur Sekundenbruchteile später prallen ihre Waffen aufeinander. Ein hitziger Kampf entbrennt, bei dem keiner dem anderen etwas schenkt. Aus der Entfernung beobachtet Inu Yasha noch immer das Spektakel. Von hier bekommt man den Eindruck, als wären die beiden gleichstark. Er versteht zwar nur ein paar Wortfetzen von dem was die beiden reden, doch es ist deutlich zu erkennen, dass sein Bruder bei jedem Wort des Streuners wütender wird. Erstaunlich, dass Tenmaru sich schon so lange gegen ihn behaupten kann. Nun ja, vermutlich liegt es daran, dass seine Mutter ebenfalls eine Daiyoukai war. Er kann deutlich spüren wie es ihn in den Fingern juckt, in den Kampf einzugreifen, doch irgendwie spürt er instinktiv, dass dies hier etwas ist, was diese beiden selbst klären müssen. Er seufzt. Hoffentlich kriegen die ihre Differenzen nun endlich auf die Reihe. Manchmal ist da ein kleiner Kampf ganz hilfreich. In Gedanken geht er an seinen eigenen Kampf mit seinem Bruder zurück. Es überrascht ihn selbst, doch er schien diesmal zumindest für einen kurzen Moment Zugang zu seinem Bruder gefunden zu haben. Für einen kurzen Moment, schienen die beiden sich zu verstehen. Ein Jammer, dass Tenmaru dazwischen geraten ist! Aufmerksam verfolgt Inu Yasha den Schlagabtausch der beiden. Seltsam, sie scheinen sich wirklich ebenbürtig zu sein. Womöglich mag es auch daran liegen, dass Sesshomaru schon bei dem Kampf gegen ihn viel Energie verbraucht hat. Inu Yashas Stirn legt sich erneut in Falten als er an ihr Gespräch zurückdenkt. Noch nie zuvor hat er seinen Bruder je so erschöpft erlebt. Doch davon ist im Augenblick nichts zu merken. Der stolze Daiyoukai kontert Tenmarus Schläge mit aller Kraft und seine mächtigen Attacken treffen den Streuner so heftig, dass er gelegentlich ins Wanken gerät. Inu Yashas Augen werden schmal. Nein, er täuscht sich nicht. Tenmarus Aura ist stärker geworden und auch seine Aggressivität hat zugenommen, aber der jugendliche Streuner scheint trotzdem noch nicht mit voller Kraft zu kämpfen. Es scheint, als würde er immer nur so viel Kraft aufwenden, wie nötig ist, um Sesshomarus Angriff zu parieren. Er verzieht das Gesicht. Ah, verstehe! Deshalb wird Sesshomaru also mit jedem Schlag wütender. Würde mir sicher auch nicht schmecken, wenn ich das Gefühl hätte, dass sich mein Gegner meinetwegen zurückhält. Ich hoffe nur, dass Tenmaru weiß was er tut. Es ist bestimmt nicht ratsam, Sesshomaru in dieser Verfassung noch zusätzlich zu verärgern! Wieder sprinten die beiden Kämpfer in atemberaubender Geschwindigkeit aufeinander zu. Die Druckwelle, als die Klingen aufeinandertreffen, reißt einen mächtigen Krater in den Boden. Mit gefletschten Zähnen funkeln sich die beiden Youkais an. „Hast du noch immer nicht genug?“, zischt Sesshomaru tödlich. „Nicht bevor Ihr genug hattet!“, kommt es grimmig von Tenmaru zurück. Sesshomarus Augen fliegen zornig auf. „Vorlauter Bengel!“, schreit er und für den nächsten Schlag konzentriert er seine gesamte Kraft in seiner Waffe. Begleitet von einem wütenden Schrei fährt die gleißende Klinge auf Tenmaru nieder. Wieder versucht der Streuner dagegen zu halten, doch diesmal ist die Attacke des Daiyoukai zu stark. Mit enormer Wucht schlägt Sesshomaru die Schwerter des Streuners beiseite und gnadenlos schlitzt Tokijins Klinge über Tenmarus Brust. Mit einem kurzen Ächzen presst Tenmaru eine Hand auf die stark blutende Wunde. Doch noch immer steht er auf den Beinen. Er atmet heftig ein und aus und dann plötzlich leuchten seine Augen gefährlich violett auf. Ein tiefes Grollen dringt aus seiner Kehle und steigert sich zu einem verzweifelten Wutschrei. Mit einer blitzschnellen Bewegung steht er nun vor Sesshomaru und noch ehe der Daiyoukai reagieren kann, drischt der wütende Streuner mit all seiner Kraft auf die untere Hälfte von Tokijins Klinge ein. Mit vor Verblüffung geweiteten Augen starrt Sesshomaru auf sein Schwert, dass nun direkt neben ihm im Gras liegt. Noch immer vibriert seine Hand schmerzhaft von der unglaublichen Wucht der entwaffnenden Attacke. Schwer atmend steht Tenmaru vor ihm und seine purpurfarbenen Augen haben einen unerschütterlichen Glanz bekommen. Mit fassungsloser Miene starrt Sesshomaru ihn an doch dann plötzlich verzieht sich sein Gesicht zu einer wutverzerrten Grimasse und seine Augen leuchten gefährlich rot. „Oh nein, so nicht!“, grollt er und dann von einem Moment auf den anderen springt er auf Tenmaru zu, die gespreizten Klauen bedrohlich nach ihm ausgestreckt. Noch ehe der Streuner weiß wie ihm geschieht, ragt der zornige Fürst des Westens direkt vor ihm auf und bevor er es verhindern kann, rammt Sesshomaru ihm heftig seine Hand ins Gesicht und seine scharfen Klauen pressen seine Stirn schmerzhaft zusammen. „Dokkaso!“, sagt Sesshomaru mit eiskalter Berechnung und im selben Moment hüllt der grüne Nebel um seine Hand das Gesicht des Streuners ein und die ätzenden Schwaden entfalten ihre grausame Wirkung. Ein gepresster Schmerzensschrei entfährt Tenmaru und mit verzweifelter Kraftanstrengung reißt er sich aus dem stählernen Griff des Westfürsten los. Kraftlos fallen seine Waffen zu Boden und schmerzgepeinigt kniet er auf der Erde. Mit bebenden Hände bedeckt er sein gemartertes Gesicht. Verzweifelt beißt er die Zähne aufeinander während er sich blind vor Gift und Schmerz auf dem Boden zusammenkrümmt. Er zittert am ganzen Körper doch kein Ton kommt mehr über seine Lippen. Noch immer steigen scheußlich riechende Dämpfe von seinem Gesicht auf und die kläglichen Überreste seines Stirnbandes fallen achtlos zu Boden. Zerzaust und in Mitleidenschaft gezogen, fallen seine langen Ponyfransen nun ungehindert über sein Gesicht. Doch bis auf das dumpfe Pochen einer Klaue die immer wieder heftig auf den Boden schlägt, um damit dem Schmerz Ausdruck zu verleihen, ist kein Geräusch auf der Ebene zu hören. Hoch aufgerichtet steht Sesshomaru neben ihm. Vernehmlich lässt er die Knöchel seiner Hand knacken. Tiefe Verachtung steht in seinem Gesicht geschrieben. „Wie siehe es jetzt aus?“, fragt er ruhig, „Hast du jetzt genug?“ Mit zusammengebissenen Kiefern hebt Tenmaru den Kopf. Zwischen seinen zittrigen Fingern spähen zwei purpurne Augen hervor. „Habt Ihr es denn?“ Sesshomarus Blick gefriert. Noch einmal lässt er seine Knöchel knacken. „Jetzt ist Schluss mit den Unverschämtheiten!“, und dann holt er zum Schlag aus, um dem Streuner vor ihm den Rest zu geben. Doch genau in diesem Moment schiebt sich eine rotgekleidete Gestalt zwischen ihn und den Streuner und mit wütendem Knirschen treffen seine Klauen auf der breiten Klinge Tessaigas auf. „Man schlägt niemanden, der am Boden liegt!“, funkelt Inu Yasha energisch, „Selbst du nicht!“ Wütend fliegen Sesshomarus Augen auf. „Misch dich nicht ein!“, faucht er. „Und was wenn doch?“, trotz Inu Yasha ihm herausfordernd, „Falls du dich erinnerst, unser Kampf war noch nicht vorbei!“ Nun richtet sich Sesshomaru hoch auf und man kann direkt sehen, wie er um seine Beherrschung ringt. „Wenn ich mich korrekt erinnere, warst du mir bereits ausgeliefert!“, sagt er bedrohlich. „Und trotzdem hast du davon abgesehen, mich zu töten!“, hält Inu Yasha dagegen, „Ich frage mich woran das wohl liegt!“ Sesshomaru fletscht die Zähne. „Gib es zu!“, ruft Inu Yasha ärgerlich, „Ich hatte Recht mit dem was ich sagte und du weißt das ganz genau!“ Noch einmal atmet Sesshomaru vernehmlich durch. „Zum letzten Mal! Geh sofort aus dem Weg!“ „Und wenn nicht? Tötest du mich dann? Wolltest du das nicht sowieso? Weißt du überhaupt noch was du willst?“ Energisch fasst Inu Yasha sein Schwert fester. Drohend kommt Sesshomaru einen Schritt auf ihn zu. „Der Streuner muss sterben! Und da du für diese Bande gebürgt hast, kann ich auch dich nicht mehr am Leben lassen! Niemand hat ihnen gesagt, dass sie sich mit den Nordyoukais anlegen sollten. Nun müssen sie die Konsequenzen ihres Handelns tragen.“ Inu Yashas Stirn legt sich in Falten. „Da wir gerade davon sprechen, da gibt es noch etwas was ich vergessen habe zu sagen!“ „Behalte es für dich!“, schnaubt Sesshomaru wütend, „Ich bin nicht interessiert an deinen Ausflüchten! Und nun geh aus dem Weg, damit ich diesen Wurm ins Jenseits befördern kann!“ „Nur über meine Leiche!“, grollt Inu Yasha. Sesshomarus Blick sinkt unter den Gefrierpunkt: „Das lässt sich einrichten!“ Doch genau in diesem Moment hält der aufgebrachte Daiyoukai inne und sein Blick geht hinüber zum Saum der Bäume. Auch Inu Yasha blickt nun in die Richtung; auch er spürt es. Da kommt jemand! „Inu Yasha!“ Selbst aus der Entfernung ist die Stimme unverkennbar. Der Hanyou reißt die Augen auf. „Kagome?“ Schon tauchen zwischen den Bäumen drei Gestalten auf mit jeweils einer etwas eigenwilligen Bürde. Nun haben sie die beiden Brüder erreicht und kommen zum Stehen. „Was zum Teufel tust du hier?“, ruft Inu Yasha aufgebracht. Rasch gleitet das Mädchen von Yaebas Rücken und läuft auf ihn zu. Inu Yasha entgeht nicht der finstere Blick den Sesshomaru den Neuankömmlingen nun zuwirft. „Du solltest dich doch in Sicherheit bringen!“, schimpft er, „Du störst hier nur!“ „Inu Yasha!“, ruft sie besorgt, „Tut mir ja leid, aber diesmal ist es wirklich wichtig!“ „Sehr zuvorkommend, dass ihr mir die Mühe erspart, euch einzeln suchen zu müssen!“, lässt sich jetzt Sesshomaru vernehmen. Er wirft einen unheilverkündenden Blick in die Runde. Doch diesmal lässt sich Kagome nicht einschüchtern. „Sesshomaru!“, ruft sie und blickt den Daiyoukai nun direkt an, „Du musst uns anhören! Man hat dich reingelegt! Man hat uns alle reingelegt!“ Erstaunlicherweise zeichnet sich nun tatsächlich so etwas wie Interesse im Gesicht des Fürsten ab. Fast muss Inu Yasha unwillkürlich schmunzeln, 'Reingelegt' ist ein Wort mit dem sein Bruder nur sehr schwer klarkommt. „Erklär mir das!“, befiehlt der Daiyoukai nun unwirsch. „Jemand hat die Streuner gegen die Nordyoukais aufgewiegelt!“, erklärt Kagome bestimmt, „Und offenbar hat dieser Jemand auch Inu Yasha einen falschen Rat gegeben, wie er sich beim Ungehorsam der Streuner verhalten sollte.“ „Und wer sollte so etwas tun, deiner Meinung nach?“, Worte könnten kaum gefährlicher klingen. Doch Kagome hält seinem vernichtenden Blick stand: „Wir wissen es nicht mit Sicherheit, aber höchstwahrscheinlich derjenige, der auch dich über den Sachverhalt informiert hat, zumindest den Sachverhalt, von dem du dachtest, dass er wahr wäre!“ Für einen kurzen Moment hält Sesshomaru inne, dann wird sein Blick wieder finster. „Kossoridoku!“, quetscht er zwischen seinen Zähnen hervor und seine Augen beginnen erneut in einem wütenden Rot zu leuchten. Kagome nickt eifrig. „Ja, es scheint als würde er ein falsches Spiel mit uns spielen!“ „Es kommt noch mehr!“, meldet sich nun Sango zu Wort. Auch Miroku tritt nun vor: „Wir glauben, dass Kossoridoku für Arashitsume arbeitet.“ Augenblicklich ruckt Sesshomarus Kopf zu ihnen herum. „Was?“, ruft er fassungslos aus. „Wir wissen es nicht genau“, meint Kagome, „Aber wir werden es bestimmt herausbekommen, wenn wir ihn fragen!“ Unwillkürlich fährt Sesshomaru etwas zusammen. Für einen kurzen Moment erstarrt sein Blick und dann ballt er die Faust. „Oh, verdammt!“, stößt er urplötzlich hervor und ohne ein weiteres Wort zu verschwenden, dreht er sich um und dann sprintet er in atemberaubendem Tempo davon; im Vorbeirennen hebt er noch rasch sein Schwert vom Boden auf und dann ist er auch schon ihren Blicken entschwunden. „Warte, Sesshomaru!“, ruft Kagome ihm aufgeregt hinterher, „Das war doch noch nicht alles!“ „Meine Güte! Der hat das ja eilig!“, meint Sango verwundert, „Was kann er nur vorhaben?“ „Vielleicht ist er auf der Suche nach Kossoridoku bevor er sich absetzen kann.“ „Oder bevor ihn jemand anderes findet!“, meldet sich nun Inu Yasha zu Wort und mit sicherem Griff verstaut er Tessaiga wieder in seiner Schwertscheide. „Da könnte was dran sein!“, gibt Miroku zu, „Kossoridoku ist im Moment der einzige Beweis für Arashitsumes Verrat. Wenn ihn jemand vor Sesshomaru findet und tötet, verliert Sesshomaru seinen einzigen Zeugen.“ „Was... meinst du damit!“, eine schwache Stimme dringt nun an ihr Ohr. Sogleich drehen sich die Umstehenden ihrem Verursacher zu. In einigen Metern Entfernung steht Tenmaru. Er steht auf wackligen Beinen, doch er steht. „Was für eine Rolle spielt Arashitsume dabei?“, wiederholt er. Das glimmen seiner purpurnen Augen im Mondlicht ist alles was man von seinem Gesicht sieht. „Anscheinend hat Arashitsume vor, Sesshomaru zu töten!“, meldet sich jetzt Yaeba an ihrer statt zu Wort. Tenmaru hebt den Kopf. Dann nickt er schwach. „Ich habe es bereits geahnt!“, sagt er leise, „Doch er wird keinen Erfolg haben. Sesshomaru-sama ist einfach zu stark!“ „Nicht wenn es stimmt was wir vermuten und Arashitsume sich die Hilfe einer Schwarzen Miko gesichert hat“, ruft Kagome energisch. Nun fliegt Tenmarus Gesicht zu ihr. „Was...?“, haucht er fast tonlos. „Es stimmt!“, bestätigt Sango, „Wir haben sie selbst gesehen! Wir haben am eigenen Leib gespürt, wozu sie in der Lage ist!“ „Sie bannte uns mit einem Lähmungszauber, dem wahrscheinlich selbst ein Daiyoukai nicht gewachsen wäre“, fügt Miroku hinzu, „Sie ist unglaublich stark! Und skrupellos, wenn man bedenkt, dass sie in Arashitsumes Auftrag handelt. Sie sagte, Arashitsumes Handlanger würde ihre Beute schon in ihre Nähe locken. Wir denken, dass sie mit dem Handlanger Kossoridoku meint und dass ihr Ziel Sesshomaru ist. Und wahrscheinlich läuft ihr Sesshomaru gerade direkt in die Falle!“ Für einen Moment herrscht Schweigen über der Lichtung, dann geht Kagomes Blick wieder zu Tenmaru hinüber. Erstaunt weiten sich ihre Augen. Der jugendliche Streuner ist an Ort und Stelle erstarrt, doch nun bemächtigt sich ein unkontrolliertes Zittern seines Körpers. „Wa... was?“, stammelt er, „Was, sagtest du, hat sie mit euch gemacht?“ „Sie lähmte uns!“, wiederholt Miroku, „Ihr Bann war so stark, wir konnten nichts tun! Wir waren nicht in der Lage auch nur einen Finger zu rühren.“ „Wir konnten nur hilflos mitansehen, wie sie meiner Freundin das Blut aussaugte!“, auch Sangos Stimme zittert leicht bei diesen Worten, „Sie meinte, selbst Daiyoukais, könnten sich ihrer Fessel nicht... erwehren!“, die Dämonenjägerin stutzt. Rasch sucht sie Kagomes Blick und an dem fassungslosen Ausdruck in ihrem Gesicht, erkennt sie, dass ihre Freundin zu der gleichen Schlussfolgerung gelangt ist. „Nein, das darf einfach nicht sein!“, haucht Kagome entsetzt. Sofort fliegt ihr Blick wieder hinüber zu Tenmaru. Der Streuner steht da wie vom Donner gerührt, nur seine Hände zittern unkontrolliert. Mehrmals schnappt er vergeblich nach Luft. Dann flüstert er: „Ich muss ihm nach!“ „Nein, Tenmaru!“, ruft nun Inu Yasha energisch, „Das wäre Selbstmord! Wenn du ihm noch mal unter die Augen trittst, bringt er dich garantiert um!“ „Das spielt keine Rolle!“, sagt Tenmaru tonlos, „Ich muss ihm nach!“ Doch Kagome schüttelt den Kopf: „Inu Yasha hat recht! Es wäre glatter Selbstmord! Du bist verletzt! Du könntest sicher nicht gegen ihn bestehen!“ „Unwichtig!“, sagt Tenmaru hohl und damit wendet er sich zum Gehen. Doch damit gibt sich Kagome nicht zufrieden. Mit zwei Schritten ist sie bei ihm und packt seinen Arm. „Bleib hier! Er wird dich töten! Wir werden ihn schon warnen, aber bring dich nicht schon wieder in Gefahr!“ Sie spürt wie heftig sein Atem nun geht und das Zittern in seinem Körper wird stärker. „Lass... mich los!“, flüstert er. Doch Kagome schüttelt den Kopf. „Nicht bevor du zur Vernunft gekommen bist!“, meint sie entschieden, „Ich kann ja verstehen, dass du dir Sorgen um ihn machst, aber so wütend wie er gerade ist und so verletzt wie du gerade bist, bist du ihm keine Hilfe! Du würdest gar nichts erreichen, höchstens, dass er noch wütender auf dich wird. Wir werden ihm folgen und ihn warnen, aber du solltest besser hier bleiben und warten bis sich die Lage beruhigt hat! Ich begreife einfach nicht, warum du das nicht einsehen willst!“ In diesem Moment dringt ein tiefes Grollen aus Tenmarus Brust, sein ganzer Körper bebt nun und dann quält sich ein verzweifelter Schrei aus seiner Kehle. Erschrocken zuckt Kagome zusammen, doch schon einen Wimpernschlag später hat sich der Streuner ihr zugewandt, packt ihre Schultern mit seinen kräftigen Klauen und starrt sie mit stechendem Blick durchdringend an. „Sieh mich an!“, fordert er drohend. Kagome bekommt eine Gänsehaut. „Kagome!“, ruft Inu Yasha aufgeregt und schon packt er seinen Schwertgriff und will er seiner Freundin zu Hilfe eilen. „Bleibt wo Ihr seid, Inu Yasha-sama!“, ruft Tenmaru entschieden; den Blick unverwandt auf Kagome gerichtet. Das Mädchen erwidert seinen Blick mit banger Miene. „Sieh mich an!“, wiederholt Tenmaru drängend. „Tenmaru, ich...“, stammelt Kagome verwirrt. „Sieh mich an!“, rau fliegt der verzweifelte Schrei über die Ebene. Ratlos blickt Kagome in das Gesicht des Streuners. Nun erkennt sie die schrecklichen Male der Giftattacke Sesshomarus. Sie ziehen sich wie der Abdruck einer Hand über sein ganzes Gesicht. Eine unendliche Verzweiflung liegt in den glimmenden, purpurnen Augen und seine grauen Ponyfransen hängen wirr und vom Schweiß getränkt über seine geschundene Stirn. Und plötzlich weicht Kagome sämtliche Farbe aus dem Gesicht und ihre Kinnlade sinkt vor grenzenloser Verblüffung herab. Ihre Augen weiten sich fassungslos und sie muss heftig schlucken. „Oh, mein Gott!“, haucht sie, „Ich sehe es!“ Gequält lässt Tenmaru den Kopf hängen. Er atmet schwer. Unwillkürlich entfährt ihm ein kurzer Schluchzer und dann lässt er sie los. Mit unendlicher Traurigkeit in der Miene weicht Kagome ein Stück zurück. „Oh, Tenmaru, warum nur hast du uns das nicht erzählt?“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickt er sie an: „Weil jeder eine Wahl haben sollte!“ Sie schluckt schwer. Tiefe Verzweiflung liegt nun in Tenmarus Blick. „Ich muss gehen!“, wiederholt er leise und diesmal, nach einem langen Zögern, nickt Kagome. Nun atmet der Streuner einmal tief durch: „Kagome, danke für alles!“ Dann dreht er sich mit einer eleganten Bewegung um und läuft los; hinein in die schwarze Nacht, dem Fürst des Westens folgend. Mit sehr gemischten Gesichtsausdrücken blicken die Verbliebenen ihm hinterher. Inu Yasha findet als erstes seine Sprache wieder. „Was sollte das?“, fragt er leicht verärgert, „Warum hast du ihn jetzt gehen lassen? Sesshomaru macht Kleinholz aus ihm.“ Doch Kagome blickt nur bestürzt vor sich zu Boden. „Ja, das kann sein!“, sagt sie leise. Inu Yasha verdreht die Augen: „Meine Güte, würde mich vielleicht auch mal einer aufklären? Habe ich irgendwas verpasst? Warum lässt du ihn jetzt so einfach gehen?“ Doch Kagome schweigt. „Er wäre sowieso gegangen!“, hört man jetzt Yaebas Worte. Nun wendet sich Inu Yasha den verbliebenen Streunern zu. Die drei machen nun ziemlich betrübte Gesichter. Yaeba blickt auf: „Ich glaube, nicht einmal ich hätte ihn aufhalten können.“ Inu Yasha schnaubt verächtlich: „Man, der nimmt seinen Schwur aber wirklich ernst!“ Yaebas Miene ist erstarrt. Sein Gesicht ist bleich und er rührt keinen Muskel. „Ja!“, meint er leise, „Es scheint so!“ „Tenmaru sah irgendwie so erschrocken aus“, meint nun Miroku nachdenklich, „Ich glaube nicht, dass es nur die Sorge um Sesshomarus Sicherheit war.“ „Das denke ich auch nicht!“, sagt Sango ernst und dann blickt sie die Streuner an, „Ich glaube, ihm ist etwas eingefallen, dass die Abgründe von Arashitsumes Verrat nur noch umso bodenloser macht.“ Ein wenig irritiert schauen die Streuner sie an. „Was willst du damit sagen?“, kommt Samushis patzige Frage. Doch es ist Kagome die antwortet: „Dass es womöglich nicht nur einen Daiyoukai gab, den Arashitsume loswerden wollte!“ Wie vom Donner gerührt, reißen die Streuner nun die Augen auf. Für einen langen Moment kann man direkt sehen, wie es hinter ihren Stirnen arbeitet. Und dann ganz allmählich schleicht sich die grausige Erkenntnis auf ihre Gesichter. Samushis Miene verzieht sich nun zu einer wutentbrannten Grimasse. „Kossoridoku!“, brüllt er tödlich, „Ich schwöre dir, das büßt du mir!“ Unheimliche Kälte liegt nun in seinen hellblauglühenden Augen und er hat die Hand so heftig zur Faust geballt, dass das Blut über seine Finger rinnt. „Den Kerl kauf ich mir! Wie konnte er es wagen?“, brüllt nun auch Kegawa wütend. Beunruhigt beobachten Inu Yasha und die anderen wie sich der Ärger der Streuner immer mehr steigert. Die beiden Nordyoukais ergehen sich in wüste Beschimpfungen und Flüche auf ihren Kameraden und nur Yaeba steht schweigend da mit gesenktem Kopf. Doch man kann nun deutlich sehen, wie heftig er ein und ausatmet. Ein grimmiges Knurren schwingt in seiner Brust und dann hebt er den Kopf. Unwillkürlich weicht Kagome ein Stück zurück. „Nie zuvor hat sie den Anführer der Streuner so wütend gesehen. Sein Gesicht ist eine Grimasse des Hasses und sein Auge leuchtet in einem tödlichen Violett. Scharfe Reißzähne haben sich unter seinen Lippen hervorgeschoben und er bleckt die Zähne. Die Klauen an seinen Händen treten nun deutlich hervor und ohne ein weiteres Wort zu sagen, wendet er sich nun um und setzt sich in Bewegung; direkt in die Richtung in der Tenmaru und Sesshomaru verschwunden sind. Augenblicklich folgen die beiden Nordyoukais ihm. „Und wieder sagt mir niemand was hier gespielt wird!“, brummt Inu Yasha verstimmt. „Meine Güte, Inu Yasha!“, stößt Sango hervor, „Stell dich doch nicht immer so begriffsstutzig an! Ist das nicht offensichtlich? So wie es aussieht, soll die Schwarze Miko nicht nur Sesshomaru töten, sondern ist vermutlich auch für den Tod von Tenmarus Mutter verantwortlich, wenn nicht sogar auch für den des Nordfürsten!“ „Was?“, Inu Yasha reißt die Augen auf, „Au, verdammt noch mal! Du meinst an dem ganzen Schlamassel sind vielleicht gar nicht die Streuner schuld, sondern diese Miko?“ „Und damit dann Arashitsume, denn offenbar arbeitet sie ja für ihn!“, nickt Sango ernst. Inu Yasha fletscht die Zähne: „Dieser dreckige Mistkerl! Und das erfahre ich erst jetzt?“ „Wir haben es doch auch gerade erst herausgefunden!“, schimpft Sango zurück. „Inu Yasha?“, meldet sich nun Kagome zu Wort. Der Hanyou dreht sich zu ihr um und stutzt. Die Sorge in ihrem Gesicht ist unverkennbar. „Bitte, können wir ihnen folgen? Wenn die Miko tatsächlich so stark ist, werden sie jede Hilfe brauchen, die sie kriegen können!“ Der Hanyou braucht nicht lange um sich zu entscheiden. „Los, steig auf! Ich habe nämlich mit diesem Kossoridoku auch noch ein Hühnchen zu rupfen! Ich hoffe die Streuner lassen mir noch ein bisschen von ihm über!“ Rasch nimmt er sie auf seinen Rücken. „Tut mir leid, Sango, Miroku!“, meint er mit einem bedauernden Blick, „Ich fürchte ihr müsst selbst hinterher kommen!“ „Das werden wir!“, meint Sango bestimmt, „Lauft los! Wir holen euch schon ein!“ Und dann setzt sich der Hanyou mit Kagome auf dem Rücken in Bewegung und folgt den anderen auf der Suche nach Kossoridoku. Mit lautem Klirren prallen die Klingen der beiden Westyoukais aufeinander. Der verbissene Kampf dauert nun schon einige Minuten an. Die Umgebung wurde bereits gehörig in Mitleidenschaft gezogen, doch bisher konnte noch keiner der Kämpfer dem anderen eine Wunde zufügen. Wieder prallen die beiden Schwerter aufeinander. „Wie es scheint, hast du noch nichts verlernt!“, funkelt Dokutoge seinen Sohn an. Dieser wirft ihm über die Klingen hinweg einen verächtlichen Blick zu. „Wenn man sich permanent auf der Fluch befindet, hat man keine Gelegenheit dazu!“ Energisch stößt Dokutoge ihn von sich. „Du warst ein so ausgezeichneter Kämpfer! Dein Verrat war eine solche Verschwendung!“ Herablassend blickt Kossoridoku ihn an: „Ich bin noch immer ein ausgezeichneter Kämpfer! Nur diene ich nicht länger dieser Schande für unsere Rasse!“ Grimmig starrt Dokutoge ihn an. „Sprich nicht in diesem Ton über sie!“ Kossoridoku schnaubt verächtlich. „Ich spreche über sie, wie ich will! Das wirst du nicht verhindern können!“ Tödlich blickt Dokutoge ihn an: „Das werden wir sehen!“ Wieder stürzt er sich auf den Streuner und ein neuer Hagel an Schlägen geht auf ihn nieder. Doch geschickt pariert Kossoridoku diese Hiebe. „Da gibt es nichts, was du tun kannst!“, meint er amüsiert, „Hast du noch immer nicht eingesehen, dass ich dich längst übertroffen habe? Schon damals war ich dir überlegen und seit dem bin ich nicht müßig gewesen.“ Grimmig knurrt Dokutoge ihn an und wieder schlägt er mit voller Kraft auf seinen Sohn ein. Doch Kossoridoku weicht dem Schlag geschickt aus und mit einer geschmeidigen Bewegung steht er nun hinter ihm. Es ist ein blitzschneller Stoß und dann bohrt sich die schmale Klinge seines Schwertes durch den Oberkörper des kräftigen Westkriegers. Dokutoge erstarrt in der Bewegung. Fassungsloses Erstaunen legt sich auf sein Gesicht. Verblüfft blickt er auf die Schwertspitze, die aus seiner Brust ragt. Ein Schwall Blut läuft nun über seine Brustpanzerung und er keucht vernehmlich. Fast schon gelangweilt zieht Kossoridoku die Klinge wieder aus dem Körper seines Vaters. Der Westyoukai taumelt einen Schritt vorwärts. Sorgfältig wischt der Streuner seine Klinge an seinem Gewand ab. „Glaub mir, ich hätte das gerne vermieden“, meint er beiläufig, „Aber wahrscheinlich ist es besser, wenn ich dich töte, als wenn du dir Zeit deines Lebens die Frage stellst, warum dein Sohn nicht so geraten ist, wie du ihn dir immer gewünscht hast. Ich werde dir die Schande ersparen, in dem Wissen weiterzuleben, dass ich den mächtigsten Daiyoukai, seit Ewigkeiten, mit purer Absicht und Berechnung verraten habe!“ Zunächst starrt der blutende Krieger seinen Sohn nur fassungslos an, doch dann verzerrt sich seine Miene, er hebt sein Schwert und mit einem Wutschrei stürzt er sich auf ihn. Kossoridokus Reflexe lassen ihn den Schlag parieren, doch ein wenig überrascht blickt er trotzdem auf. „Ganz schön zäh bist du ja! Hätte nicht gedacht, dass du das so einfach wegsteckst!“ Wütend funkelt Dokutoge ihn an: „Soweit sind wir noch lange nicht! Ich werde dich für deinen Verrat und deine Überheblichkeit büßen lassen!“ Wieder schlägt er auf ihn ein und diesmal fällt es dem Streuner schon schwerer, den Attacken seines Vaters zu entgehen. Das heftige Aufeinandertreffen der Klingen hallt laut durch den Wald. Erneut geht Dokutoges Klinge auf Kossoridoku hernieder. Mit aller Kraft fängt der Streuner den Schlag ab und hält dagegen. „Du solltest besser wissen, wann man aufhört“, sagt er ernst, „Du kannst doch kaum noch aufrecht stehen.“ „Ich werde auch noch bis zum letzten Atemzug kämpfen, wenn das nötig sein sollte, um dich zu erledigen!“, grollt Dokutoge tödlich zurück. Wieder prallen die Klingen aufeinender. „Warum diese Aufopferung?“, fragt Kossoridoku verächtlich, „Warum bist du bereit, dein Leben für die nicht länger existente Ehre eines abgehalfterten Fürstensohnes zu opfern?“ Dokutoge knurrt ärgerlich. „Du sollst ihn nicht so nennen!“ Nun glimmen Kossoridokus Augen gefährlich auf und in seiner Stimme liegt blanker Hass als er sagt: „Dann sag mir, wie ich einen Fürstensohn, der einer ausgestoßenen Streunerin schöne Augen macht, sonst nennen soll?“ Dokutoge hält mitten in der Bewegung inne. Fassungslos starrt er seinen Sohn an. „Du lügst! Sesshomaru würde so etwas niemals tun! Nicht nach dem, was sein Vater getan hat!“ Nun verzieht sich Kossoridokus Gesicht zu einem gehässigen Grinsen. „Oh, ich versichere dir, er würde und er hat!“ Dokutoges Gesicht wird bleich und er atmet schwer. „Das ist nicht wahr!“ „Glaub was du willst!“, meint Kossoridoku ernst. Mit einem Wutschrei stürzt sich Dokutoge auf ihn und in diesem verzweifelten Schlag liegt all seine Kraft. Doch es bedarf für Kossoridoku nur eine kleine Kraftanstrengung um den Hieb soweit abzulenken, dass der verletzte Westkrieger ins Leere strauchelt. Ein gut gezielter Tritt bringt ihn aus dem Gleichgewicht und der Youkai fällt vornüber. Mit wackeligen Bewegungen versucht er verbissen, sich wieder hochzustemmen. Doch schon steht Kossoridoku über ihm und einmal mehr versenkt er seine Klinge im Rücken seines Vaters. Der Youkai beißt schmerzhaft die Zähne zusammen und stöhnt. Noch einmal und noch einmal stößt Kossoridoku zu und seine Miene zeigt dabei nicht das leiseste Bedauern. Eiskalt lässt er die Spitze seiner Klinge auf den zunehmend hilflosen Youkai niedergehen. Dann hält er inne und blickt abschätzend auf sein Opfer vor ihm. Mit zittrigen Bewegungen, bemüht sich Dokutoge, sich auf den Rücken zu drehen. Seine Kleidung ist blutverschmiert und auf seinem bleichen Gesicht stehen kalte Schweißtropfen. Das dunkle Gold seiner Augen ist nun einem blassen Gelb gewichen und mit ungläubiger und zugleich zutiefst betrübter Miene blickt er zu seinem Sohn hoch. Kossoridoku verdreht genervt die Augen; sein Schwert ruht auf seiner Schulter gelehnt. „Würdest du bitte den Anstand haben und endlich sterben? Ich habe heute noch was anderes zu tun!“ „Du ehrlose Kreatur!“, keucht Dokutoge, „Ich werde dir nie verzeihen, dass du... deinen Treueschwur gebrochen hast!“ Geringschätzig legt Kossoridoku den Kopf auf die Seite: „Das hatten wir heute schon ein paar Mal. Willst du dir nicht vielleicht ein paar stilvollere Letzte Worte überlegen?“ Nun streckt er sein Schwert aus und lässt es berechnend direkt über dem Hals seines Vaters schweben: „Was ist nun?“ Dokutoges Gesicht ist leichenblass und eine tiefe Traurigkeit liegt nun in seinen beinah farblosen Augen. Als er spricht ist seine Stimme gerade noch ein Flüstern: „Ich bin zwar über alle Maßen enttäuscht von dir, aber ich habe niemals aufgehört, dich zu lieben, mein Sohn!“ Kossorodoku verdreht die Augen: „Oh bitte! Erspar mir das bloß!“ Mit diesen Worten hebt er sein Schwert. Kalte Berechnung liegt in seinem Blick. Doch unmittelbar bevor er dem Leben seines Vaters ein Ende bereiten kann, hält er inne und seine Augen fliegen auf. Ruckartig fährt er herum und in genau diesem Moment sieht er ihn bereits. Mit unglaublicher Geschwindigkeit kommt eine weißhaarige Gestalt auf ihn zu. Ein gefährlich rotes Leuchten liegt in ihren Augen und mit einem einzigen Hieb seiner Hand schleudert Sesshomaru den Streuner einmal quer über die Fläche mit den entwurzelten Bäumen. Mit einem Keuchen will Kossoridoku wieder hochkommen, doch noch ehe er das vermag, ist der Fürst des Westens schon bei ihm, packt mit stählerner Klaue seinen Hals, presst sein Knie schmerzhaft auf seine Brust, dass ihm die Luft wegbleibt und funkelt ihn mit einem gnadenlosen Blick an. „So!“, zischt Sesshomaru mit tödlicher Entschlossenheit, „Jetzt unterhalten wir zwei uns einmal!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)