Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 29: Yarinuyukis Forderung --------------------------------- Der Diener, der losgeschickt wurde, um den Streuner zu holen, lässt schon eine Weile auf sich warten. Ungeduldig schielt Inu Yasha immer wieder den Weg hinunter. Man hat ihn noch nicht entlassen. Im Moment kniet er neben seinem Bruder auf dem Boden, wenn auch ein Stück hinter ihm. Er kann das Gesicht seines Bruders nicht sehen, doch er zweifelt nicht daran, dass Sesshomaru keine Miene dabei verzieht, während er zuhört, wie die anderen beiden Fürsten sich verbale Spitzen zuwerfen. „Nein, es wird nicht nötig sein, dass Ihr bei der Bestattung meines Vaters dabei seid!“, meint Yarinuyuki gerade zu Arashitsume. „Ich verstehe Euch nicht!“, entgegnet der Ostfürst, „Ich nahm an, Euer Vater hätte eine Trauerfeier mit allen Ehren verdient. Sollten da die anderen Fürsten ihm keine Aufwartung machen?“ „Nicht wenn einer von ihnen der Bruder der Mörderin ist!“, stellt sie bissig klar. „Also wenn Ihr das so seht!“, meint Arashitsume steif, „Muss ich Euch daran erinnern, dass meine Schwester eine Ausgestoßene war? Die gehörte nicht mehr zum Osten!“ „Ach, Papalapap!“, ruft Yarinuyuki, „Familie ist Familie! Und auch der Status ändert nichts daran, wie man ja sieht! Nicht wahr Sesshomaru?“ Mit provozierendem Grinsen schaut sie den Westfürsten an. Inu Yasha bemerkt, dass sein Bruder seine Hand zur Faust ballt. Doch er antwortet nicht. Ein hämisches Lächeln legt sich um Arashitsumes Mundwinkel und er behält den Fürst des Westens, der ihm gegenübersitzt, genau im Auge. „Tja, was schon ein kleiner Moment der Schwäche ausmacht, nicht wahr?“, sagt er mit seidiger Stimme. Inu Yasha kann nur ahnen, wie sein Bruder darauf reagiert, denn Arashitsume redet rasch weiter als er dessen Blick sieht: „Verzeiht, Sesshomaru-sama, ich dachte dabei an den Moment als Euer werter Vater Euren Bruder anerkannte. Hätte er darauf verzichtet, hättet Ihr nun wesentlich weniger Scherereien.“ Noch immer kommt keine Reaktion von Sesshomaru. Dafür aber von Yarinuyuki: „Was blieb ihm auch anderes übrig! Blut ist dicker als Wasser! Sein kleiner Ausrutscher hatte nun mal Folgen und nun musste er eben die Konsequenzen tragen!“ Inu Yasha wirft der Daiyoukai einen vernichtenden Blick zu. Er fühlt sich herabgesetzt und gedemütigt. Sie redet über ihn wie ein Stück Abfall. Ein Versehen, etwas das nie hätte passieren sollen! Sie tut so, als hätte er keine Existenzberechtigung. Warum muss er sich das gefallen lassen? Ärgerlich knirscht er mit den Zähnen. Schlimm genug, dass Hanyous als wertlos gelten, doch es ärgert ihn maßlos, dass sie so abfällig von seinem Vater spricht. Er hat ihn zwar nie kennengelernt, doch er muss seine Mutter geliebt haben, warum sonst, hätte er ihn anerkennen sollen? Ihn anzuerkennen, bedeutet schließlich, der Welt mitzuteilen, dass sie zusammen waren! Und diese Frau zieht das in den Schmutz! Am liebsten würde er ihr dafür eine verpassen! „Yarinuyuki-sama!“, Sesshomarus ruhige, klare Stimme dringt an sein Ohr, „Selbstverständlich hatte mein Vater die Wahl! Ich versichere Euch, dass er niemals etwas Unüberlegtes oder Willkürliches tat. Und hatte er einmal eine Entscheidung getroffen, dann ließ er sich nicht umstimmen. Was ihn dazu bewog, dieser Menschenfrau, seine Aufwartung zu machen, kann ich allenfalls vermuten. Doch was immer es war, er tat es aus Überzeugung.“ Sprachlos starren die beiden Fürsten ihn an. Auch Inu Yasha ist die Kinnlade heruntergefallen. Nicht im Traum hätte er damit gerechnet so etwas von seinem Bruder zu hören. Doch der stolze Daiyoukai redet noch weiter: „Ich billige seine Entscheidung nicht, doch es ist nicht an mir, sie in Frage zu stellen.“ Nun bemerkt Inu Yasha, dass sein Bruder am ganzen Körper bebt vor unterdrückter Wut. Seine nächsten Worte haben eine tödliche Kälte als er sich an die Nordfürstin wendet: „Mein Vater hatte einen unvergleichlichen Willen und er war niemals..., niemals, damit Ihr es versteht, ein Spielball des Schicksals! Wenn Ihr seine Entscheidungen und seine Souveränität anzweifelt, dann dürft Ihr das denken, doch wagt es niemals wieder, das in meiner Gegenwart laut auszusprechen. Wenn Ihr noch einmal das Andenken meines Vaters beleidigt, werde ich Euch spüren lassen, warum ich, und ausschließlich ich, seine Nachfolge angetreten habe! Mit großen Augen hat Inu Yasha die Worte seines Bruders vernommen. Und nun dämmert es ihm. Es ging ihm genauso! Auch er muss sich bei der verächtlichen Rede der Fürstin verachtet und gedemütigt gefühlt haben. Vielleicht nicht, wegen seines Status wohl aber wegen seiner Abstammung. Ihm ist klar, dass Sesshomaru kein abwertendes Wort über seinen Vater dulden wird, auch wenn das bedeutet, dass er sich hinter seinen Bruder stellen muss. Für einen Moment scheint es der Fürstin tatsächlich die Sprache verschlagen zu haben. Doch dann sagt sie grimmig: „Und wollt Ihr auch wissen, weshalb ich die Nachfolge meines Vaters angetreten habe? Glaubt ja nicht, Ihr hättet so leichtes Spiel mit mir!“ „Ich sagte bereits vorhin, Ihr sollt diese Machtspielchen lassen!“, Sesshomarus Stimme bebt vor Zorn. Yarinuyuki fletscht herausfordernd die Zähne. Doch dann werden die beiden von Arashitsumes Stimme unterbrochen: „Zeigt etwas mehr Würde! Der Streuner kommt!“ Für einen Moment hält Sesshomaru inne, doch dann strafft er sich und setzt wieder eine gelassene Miene auf. Mit einem wütenden Seitenblick auf Sesshomaru brummt Yarinuyuki: „Verdammt! Ich möchte mal wissen wie er das macht!“ Doch nun gehen sämtliche Blicke hinüber zu dem Weg auf dem der Diener mit Yaeba im Schlepptau aufgetaucht ist. Wie zuvor bei Inu Yasha, nimmt der Bote rasch wieder neben der Treppe Platz. Nun betritt der Befehlshaber der Streuner die Plattform. Diesmal zögert er nicht, sondern sinkt gleich ehrbekundend auf die Knie und senkt den Blick. Trotzdem findet Inu Yasha, dass der Streuner mehr Würde ausstrahlt, als jeder dieser Fürsten hier. Verwundert fragt er sich, woran das wohl liegt. Ein tiefes Grollen dringt aus Yarinuyukis Kehle und sie fletscht die Zähne. Ein ermahnender Blick von Sesshomaru trifft sie und man sieht ihr deutlich an, dass es ihr schwer fällt, sich zu beherrschen. „Nun“, beginnt Arashitsume, „da ist er also! Stellt Eure Fragen, Sesshomaru-sama!“ „Und ich rate dir, dass du besser die Wahrheit sagst, Köter!“, grollt Yarinuyuki gefährlich, „Sonst reiß ich dich gleich hier und jetzt in Fetzen!“ Nun blickt Yaeba auf. Seine Miene wirkt unbeeindruckt. „Nichts anderes habe ich vor, edle Fürstin!“, sagt er ruhig. Nun wendet sich Sesshomaru an ihn. Zunächst mustert er ihn abschätzend, dann fragt er: „Warst du bei dem Kampf zwischen dem Fürsten des Nordens und eurer Anführerin anwesend?“ „Ja, edler Fürst!“, nickt Yaeba. „Schildere dem Rat, wie es zum Tod des Fürsten Inu Taihyouga kam!“ Yaeba atmet einmal durch und dann hebt er das Kinn. Aufmerksam behält er die drei Fürsten im Auge. „Vor etwa 250 Jahren sollte unsere Anführerin, die Daiyoukai Hanaki aus dem Ostreich, mit dem Fürsten des Nordens verheiratet werden, was diese ablehnte.“ „Dieser Teil ist dem Rat bereits bekannt!“, unterbricht ihn Arashitsume missgünstig, „Überspringe das!“ „Ist dem Rat denn auch bekannt, dass es nicht aus der Absicht des Verrates, oder aus Abneigung gegen Inu Taihyouga geschah?“, fährt Yaeba unbeirrt fort, „Sie tat es, weil sie niemandes Werkzeug sein wollte. Es war nicht ihre Schuld, dass Inu Taihyouga kein 'Nein' akzeptieren konnte!“ „Du sollst das überspringen!“, der Blick den Sesshomaru ihm jetzt zuwirft, ist so finster, dass der Streuner unwillkürlich schlucken muss. Schweren Herzens, wie es scheint, fügt er sich. „Vor zehn Tagen war ich mit unserem Chutaisho im nördlichen Teil des Ostreiches unterwegs. Unsere Kameraden hielten sich nicht weit entfernt von uns auf, doch ich war mit Hanaki alleine, als wir spürten, dass Inu Taihyouga auf dem Weg zu uns war. Ich riet ihr zur Flucht, doch sie sagte, sie hätte das schon viel zu lange vor sich hergeschoben. Sie wollte ihm die Stirn bieten. „Als er bei uns eintraf war er sehr wütend. Er hatte zehn seiner Krieger dabei, doch noch ehe er den Befehl geben konnte, uns zu töten, trat Hanaki ihm entgegen. Sie... sank vor ihm auf die Knie und bat ihn um Vergebung“, hier schwankt seine Stimme ein wenig, „Sie war bereit, seine Strafe zu empfangen doch Inu Taihyouga zögerte.“ „Das ist eine dreckige Lüge!“, unterbricht Yarinuyuki ihn aufgebracht, „Mein Vater hätte niemals gezögert, wenn sich ihm sein Ziel schon so bereitwillig anbot! Wahrscheinlich hat sie eher versucht, zu fliehen und ihre schmutzige Haut zu retten!“ „Sprich weiter!“, sagt Sesshomaru und ignoriert dabei konsequent Yarinuyukis letzten Ausbruch. Yaebas Miene ist steinern als er weiter redet. „In diesem Moment kamen auch unsere Kameraden auf der Lichtung an. Sie hatten Inu Taihyougas Aura gespürt und waren uns zur Hilfe geeilt. Zornig wollte Inu Taihyouga seinen Kriegern befehlen, uns alle zu töten, doch Hanaki stand auf und untersagte es ihm. Sie erklärte ihm, dass es ihre Pflicht sei, uns zu beschützen und dass sie mit ihm kämpfen würde, fair und ehrenhaft, wenn er uns dafür verschonte. Er sah darin aber erneut eine List und traute ihr nicht. Er befürchtete, wir könnten Rache üben, wenn sie unterliegen würde. „Doch Hanaki versuchte seine Bedenken zu zerstreuen und verbot uns, sie zu rächen, sollte sie fallen.“ „Und wir wissen ja, wie das geendet hat, nicht wahr?“, Arashitsume lächelt verächtlich, „Eine verlogene, ehrlose Bande, seid ihr allesamt!“ „Ich leugne nicht, dass einige von uns sich ihrem Befehl widersetzten“, sagt Yaeba fest, „Einer von uns... sah sie fallen und in seiner Trauer darüber, stürzte er sich auf ihren Mörder, und einige andere folgten ihm. Gemeinsam rangen sie Inu Taihyouga nieder noch ehe seine Krieger reagieren konnten. Als sie schließlich doch eingriffen, kamen unsere verbliebenen Kameraden den Kämpfenden zu Hilfe, doch Inu Taihyouga, der schon vom Kampf gegen Hanaki schwer angeschlagen war, hatte seinen wütenden Angreifern nichts entgegenzusetzen und wurde von ihnen getötet. „Als seine Krieger merkten was geschehen war, packte sie eine maßlose Wut und sie wollten sich auf uns stürzen. Doch ich war Hanakis erster Befehlshaber. Nach ihrem Tod bin ich nun der rechtmäßige Anführer über ihr Rudel! Die Streuner unterstehen nun meinem Befehl und meiner Verantwortung. Also befahl ich ihnen, zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen, was sie auch taten. Ich floh mit einem meiner Untergebenen in Richtung Westen und uns folgten fünf der Krieger. Mir meiner Verantwortung bewusst, stellte ich mich ihnen zum Kampf, damit mein Untergebener entkommen konnte. Nach einem langen, harten Kampf, gelang es mir, meine Gegner zu töten, doch ich war schwer verwundet. Ich brauchte einige Tage um mich wieder zu erholen und dann machte ich mich auf die Suche nach meinem Rudel. Ich sollte erst später wieder auf einige von ihnen treffen. Wie ich feststellte, war einer von ihnen bereits in die Dienste von Fürst Inu Yasha getreten. Einen weiteren von ihnen traf ich am nächsten Tag, als er vor einigen Nordkriegern flüchtete. Auch er war schwer verletzt und er berichtete mir, dass diese Krieger auch noch einen weiteren von uns getötet hatten. Was aus den anderen geworden ist, kann ich nicht sagen.“ Hier endet er. Aufmerksam hat Inu Yasha zugehört. Die Geschichte hört er so zum ersten Mal. Es verwundert ihn nur, wie nüchtern Yaeba das alles vorgebracht hat, fast als hätte er gar keinen Anteil daran sondern würde einfach nur einen Sachverhalt schildern. Wenn es dabei um seine Freunde gegangen wäre, hätte er sicher wesentlich emotionaler reagiert. Ist das vielleicht der Unterschied zwischen einem Hanyou und einem Youkai? Nein, sicher nicht, sonst müsste diese Yarinuyuki sich ja auch beherrschen können. Doch was könnte dann der Grund sein? „War es das, was Ihr hören wolltet, Sesshomaru-sama?“, durchbricht Arashitsume die Stille, „Die Verfolgung der Streuner hatte also seine Berechtigung und nun stehen sie im Schutz Eures Bruders. Ihr erwartet doch nicht wirklich, dass wir es dabei belassen können, oder?“ „Befehlt es ihm!“, ruft Yarinuyuki grimmig, „Befehlt ihm hier und jetzt, dass er die Streuner herausrücken soll! Ich werde es unter keinen Umständen dulden, dass diese Bande sich weiterhin meinem Zugriff entzieht! Wenn Ihr es nicht tut, werde ich so oder so dafür sorgen, dass dieser Hanyou diese Verhandlung nicht lebend verlässt!“ Doch noch ehe Sesshomaru etwas darauf erwidern kann, ergreift Yaeba energisch das Wort: „Das wird Euch gar nichts bringen, edle Fürstin!“ „Was hast du gesagt?“, grollt Yarinuyuki gefährlich. Fest erwidert Yaeba ihren Blick: „Fürst Inu Yasha, trifft bei dieser Sache keine Schuld! Alles was man ihm vorwerfen kann, ist, dass er zu gutmütig war und außerdem nicht über alles informiert! Wenn Ihr ihn tötet, verlieren wir lediglich unseren Schutz, doch damit erreicht Ihr nur, dass wir uns wieder über das ganze Land verteilen. Doch wenn Ihr Eure Rache schon bald wollt, dann bin ich bereit sie Euch zu verschaffen!“ Yarinuyuki kräuselt die Stirn: „Was soll das heißen?“ Yaeba reckt das Kinn: „Ich bin Yaeba, Oberbefehlshaber der Streuner, und nach dem Tod unseres Chutaisho, der neue Anführer des Streunerrudels! Es war allein meine Verantwortung dafür zu sorgen, dass der Befehl unserer Anführerin auch nach ihrem Tod befolgt wird. Dabei habe ich schmählich versagt! Ich bedaure den Tod Eures wehrten Vaters zutiefst und bin bereit, dafür die volle Verantwortung zu übernehmen! Verschont das Leben meiner Leute, dann sollt Ihr Eure Rache bekommen!“ Nach diesen Worten herrscht erst einmal Stille. Groß schaut Inu Yasha den Streuner an. Er macht tatsächlich ernst! Er ist bereit, sich zu opfern um seine Kameraden zu schützen. Vor einiger Zeit noch hätte er es für unsinnig gehalten, sein Leben einfach so wegzuwerfen, doch nun... Ihm wird klar, dass er nicht anders handeln würde, wenn er an seiner Stelle wäre und seine Freunde das Ziel wären. Diese Streuner müssen ihm wirklich viel bedeuten, dass er das auf sich nimmt. Doch nun vernimmt er Yarinuyukis wutgepresste Stimme: „Glaubst du wirklich, das stellt mich zufrieden, Streuner? Ihr... habt... meinen... Vater ermordet!“, bläulichglühende Augen funkeln ihn an und hinter ihren gefletschten Zähne, grollt es bedrohlich. „Ich habe geschworen, dass ich Euch alle einen nach dem anderen zur Strecke bringe! Keiner von euch verlausten Bastarden wird meiner Rache entgehen! Ich werde euch alle kriegen. Keine halben Sachen! Versteck dich nur hinter deinem Hanyou, doch früher oder später gehört ihr alle mir! Drei von euch haben meine Leute schon erledigt und die letzten die noch über sind, sind diese miesen, kleinen Deserteure, die sich bei euch verkrochen haben, du und die beiden anderen Köter, die sich was davon versprechen, dass sie am Rockzipfel dieses Hanyous hängen! Keiner von euch entkommt meiner Rache und wenn ich dazu diesen Hanyou zum Tode verurteilen muss, dann werde ich das mit Freuden tun!“ „Ihr gebt noch immer dem Falschen die Schuld!“, Yaebas Miene zeigt keinerlei Einschüchterung, sondern wirkt vielmehr noch entschlossener, „Euer Vater hat ehrenhaft gekämpft wie es einem Fürsten würdig war! Er achtete die Gesetze des Zweikampfes. Beschmutzt sein Andenken nicht, indem Ihr seine Entscheidung anzweifelt!“ Wild starrt Yarinuyuki ihn an: „Was erlaubst du dir, Köter! Willst du mir unterstellen, ich würde meinen Vater nicht achten?“ „Euer Vater“, gibt Yaeba ohne Zögern zurück, „stimmte dem Zweikampf gegen Hanaki zu, im Austausch für das Leben ihrer Untergebenen. Dafür, dass sie sich ihm stellte, wollte er die anderen gehen lassen! Wollt Ihr seine Entscheidung anzweifeln und mir verwehren, was er unserer Anführerin gestattete; mein Leben zu lassen zum Schutz meiner Leute?“ Yarinuyukis Augen haben einen finsteren Glanz bekommen. „Das war bevor dieses Gezücht den Befehl missachtet hat, der sie zum Nichteingreifen zwang! Sie hatten kein Recht sich einzumischen!“ Nun strafft Yaeba die Schultern und sein Blick wird fest. „Doch, das hatten sie!“ „Was soll das heißen?“, diesmal ist es Sesshomaru der fragt. Kühl liegt sein Blick auf Yaeba. Ungerührt schaut Yaeba ihn an: „Nach dem Gesetz ist es den Kindern eines Fürsten gestattet, ihre Eltern zu rächen!“ Sesshomarus Blick wird schmal. Doch Yaeba redet schon weiter: „Für unser Rudel war Hanaki unsere Fürstin. Daran bestand kein Zweifel! Unser Rudel war nur klein, doch wahrscheinlich war das der Grund, warum wir eine so starke Bindung zueinander fanden. Wir waren aufeinander angewiesen und sie war unser Mittelpunkt!“ Sein Blick geht nun hinüber zu Arashitsume. „Sie wurde von uns respektiert und geachtet. Ihr Verhalten als Fürstin war vorbildlich! Sie hat uns all die Jahre beschützt und uns aufgenommen, ungeachtet unseres Rangs oder Status! Man könnte sagen, dass sie uns adoptiert hat und wir haben sie geliebt wie eine Mutter! Vielleicht haben wir ihren Befehl missachtet, doch wir waren wie Kinder für sie; wir konnten einfach nicht anders, als ihren Tod zu rächen!“ Zunächst herrscht Stille, doch dann spricht Arashitsume und seine Stimme trieft vor Sarkasmus: „Was für eine rührende Geschichte! Doch leider muss ich dich enttäuschen. Dass ihr euch wie ihre Kinder gefühlt habt, ändert nichts an der Tatsache, dass ihr nicht ihre Kinder seid! Und selbst dann hat nur der rechtmäßige Thronerbe das Recht, den Tod seiner Eltern zu rächen und das wärst ja dann wohl du, aber ich kenne dich, Yaeba, und ehrlich gesagt kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du ihren Befehl missachtet haben sollst! Dazu warst du ihr viel zu hörig!“ „Ist das wahr?“, blitzt Yarinuyuki den Streuner an, „Warst du oder warst du nicht an dem Angriff auf meinen Vater beteiligt? Bist du der erste gewesen, der sich auf ihn gestürzt hat?“ Zur allgemeinen Überraschung zögert Yaeba nun zum ersten Mal. Doch dieser kurze Moment reicht der Nordfürstin schon. „Also stimmt es! Du warst gar nicht daran beteiligt! Und warum sollte mir dein Tod dann für alle anderen gelten?“ Ärgerlich setzt sie sich auf und wirft ihm einen verachtenden Blick zu. Dann sagt sie: „Ich will den Köter sehen, der es war! Ich will wissen, wer es als erstes gewagt hat, gegen den Befehl dieser dreckigen Schlampe zu verstoßen! Ich will seinen Namen und ich will ihn hier haben!“ Ihre Stimme hat Grabeskälte. Nun sieht Inu Yasha wie Yaeba unwillkürlich schluckt und zu seiner Überraschung ist auch Sesshomaru bei diesen Worten auf seinem Platz erstarrt. Und langsam bekommt er eine Ahnung, von wem hier die Rede ist. Doch er soll rasch Gewissheit bekommen. „Sein Name!“, wiederholt Yarinuyuki schneidend. Yaeba senkt den Blick. „Es war Tenmaru, der sich als erstes über das Verbot hinwegsetzte“, sagt er leise. Yarinuyuki atmet einmal beherrscht durch. „Ich will ihn sehen! Holt ihn her!“ „Das genügt, Yarinuyuki-sama!“, meldet sich nun Sesshomaru zu Wort, „Es ist nicht nötig, jeden einzelnen Streuner zu befragen.“ „Wer redet denn von befragen?“, gibt sie giftig zurück, „Ich will mir nur sein Gesicht gut einprägen!“ „Missbraucht nicht den Rat für solche Lappalien!“, sagt der Westfürst tadelnd. „Lappalien?“, zischt sie, „Ich entscheide hier was Lappalien sind!“ „Nicht alleine!“, entgegnet Sesshomaru. Sie trotzt seinem Blick: „Ich will ihn sehen!“ „Ich will es nicht!“, antwortet Sesshomarus nicht weniger ernst. „Aber, aber, Sesshomaru-sama!“, meint Arashitsume mit seidigem Lächeln, „Woher der plötzliche Sinneswandel? Vorhin habt Ihr Euch noch klar dafür ausgesprochen, dass die Streuner vor diesem Rat sprechen dürfen.“ Finster blickt der stolze Westfürst ihn an: „Ich habe meine Meinung geändert!“ Arashitsume schüttelt missbilligend den Kopf: „Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr zu solchen Retourkutschen greift. Den Streunern wurde bereits gestattet, vor den Rat zu treten. Ich wüsste keinen Grund, weshalb sich das jetzt plötzlich ändern sollte. Ihr vielleicht?“ Der Blick, den Sesshomaru ihm zuwirft, zeigt tiefste Verachtung, doch er schweigt. Ein wenig irritiert ist Inu Yasha doch. Wenn sein Bruder einen Grund weiß, dann ist er nicht bereit ihn zu verraten. Doch er hat die Vermutung, dass er ihn schon bald erfahren wird. „Dann ist ja wohl alles klar!“, sagt Arashitsume auch schon und an einen der beiden Diener gewandt, „Holt den Streuner Tenmaru!“ „Ich kann es immer noch nicht glauben!“, meint Sango. Gerade hat Kagome ihre Schilderung über die vergangene Nacht beendet. Ungläubig starren nun alle den Streuner an. „Deine Mutter war also eine Daiyoukai“, stellt Miroku fest, „Das erklärt die starke Aura, die ich bei dir spüre. Doch ich verstehe noch nicht, warum Arashitsume es auf dich abgesehen hat. Deine Mutter war schließlich auch stark und sie war eine Ausgestoßene. Warum wollte er dich adoptieren? Weißt du, was er sich davon erhofft?“ Tenmaru senkt den Blick und sagt kein Wort. Kagome beugt sich ein Stückchen auf ihn zu. „Tenmaru, rede mit uns!“, sagt sie eindringlich, „Wir versprechen, dass wir dir helfen, wenn wir können!“ Nun blickt er auf. Verständnislos schaut er sie an: „Warum? Warum tut ihr das? Warum... seid ihr so nett zu mir? Ihr wisst doch gar nichts von mir.“ „Mag sein“, gibt Kagome zu, „Aber hast schon sooft bewiesen wofür du stehst. Das was du hier bei uns sagst und tust, das zählt für uns, nicht das was du vielleicht bist. Außerdem“, fügt sie hinzu, „wenn man nicht irgendwann beginnt zu vertrauen, findet man niemals Freunde.“ „Freunde?“, haucht Tenmaru tonlos. Völlig verblüfft schaut er die Menschen an. Die Blicke die auf ihm ruhen sind abschätzend aber nicht feindselig. Er spürt wie sein Herz schneller schlägt. 'Freunde' hat sie gesagt. Diesem Mädchen ist nicht zu helfen! Wie kann sie ihn als Freund ansehen? Er ist ein Youkai! Er hat schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt, sie zu töten! Es ist dumm von ihr, ihm zu vertrauen! Und doch... Sie sagte, es spielt keine Rolle, wer er ist sondern nur, wie er sich bewährt. Schon immer haben seine Mutter und Yaeba ihm das eingetrichtert. Aber erst jetzt begreift er, was damit gemeint ist. Und nun weiß er auch, was er tun soll! Ich lag die ganze Zeit über falsch! Es waren die völlig falschen Gründe! Oh Mutter, dass mir das erst ein Menschenmädchen klar machen muss! Was würdest du wohl davon halten? Kann ich es wagen, ihr alles zu erzählen? Wäre das in deinem Sinne? Darf ich meinen Schwur für sie brechen? Darf ich versuchen, ihr zu vertrauen? Sein Herz klopft heftig und seine Hände beginnen zu schwitzen, als er sich innerlich darauf vorbereitet, die stählernen Ketten von dem zu lösen, was schon seit so langer Zeit sein tiefstes Geheimnis ist. Kagome und die anderen beobachten sein reges Mienenspiel aufmerksam. Endlich scheint er sich schwer zu etwas durchgerungen zu haben. Gerade sieht es so aus als wolle er etwas zu sagen, doch genau in diesem Moment öffnet sich hinter ihnen die Schiebetür und ein Ostyoukai steht davor. „Der Streuner Tenmaru ist vor den Rat gerufen worden! Folge mir!“ Verblüfft starren Kagome und die anderen den Diener an. Tenmaru ist weiß wie eine Wand geworden. Nein, unmöglich! Das kann nicht sein! Das darf nicht passieren! Er versucht sich wieder zu fangen. „Man hat mir verboten, mein Quartier zu verlassen!“, bringt er so überzeugt wie möglich hervor. Doch der Diener zeigt sich davon gänzlich unbeeindruckt. „Der Hohe Rat der Youkaifürsten verlangt nach dir. Du wirst mir jetzt folgen, wenn du nicht ihren Zorn auf dich ziehen willst!“ Wie versteinert sitzt Tenmaru da, doch dann kapituliert er. „Es scheint, mir bleibt keine Wahl“, sagt er leise. Mitleidig blicken die anderen ihm hinterher als er aufsteht und dem Diener folgt. Leise schließt sich die Tür hinter ihm. „Was soll das denn?“, fragt Sango verwundert, „Ich dachte Sesshomaru wollte nicht, dass er vor der Nordfürstin auftaucht.“ „Vermutlich ist er überstimmt worden“, überlegt Miroku, „Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass er so plötzlich seine Meinung ändert. Immerhin hat er Tenmaru in seine Dienste genommen, um ihm zu befehlen, fern zu bleiben. Was geht da bloß vor?“ „Er sah richtig verzweifelt aus“, meint Kagome nachdenklich, „Man hätte meinen können, er ginge direkt zu seiner Beerdigung“ „Vielleicht stimmt das sogar“, meint Miroku, „Wollen wir hoffen, dass sich die Nordfürstin zusammenreißen kann!“ Ungeduldig erwartet Inu Yasha das Auftauchen des Streuners. Hinter ihm kniet Yaeba und hat den Blick gesenkt er wirkt irgendwie resigniert und das nach der flammenden Rede die er vorhin noch geschwungen hat. Er ist sich sicher, dass der Streuner alle Register gezogen hat, um ihn aus der Schusslinie zu halten. Er hat wirklich versucht, sein Versprechen zu halten. Ein Jammer nur, dass es nicht geklappt hat! Inu Yasha ballt die Faust. Die beiden anderen Fürsten waren aber auch wirklich unerbittlich. Sie scheinen ihn wirklich tot sehen zu wollen. Warum nur hat er den Eindruck, dass der Fürst des Ostens noch irgendetwas anders im Schilde führt? Vielleicht weil sein Bruder gerade ungewöhnlich nervös wirkt? Wahrscheinlich fällt das nur ihm auf, doch Sesshomaru wirft ungewöhnlich oft einen Blick hinüber zum Weg, so als könnte er nicht abwarten, was passieren wird, wenn der Streuner auftaucht. Wie er jetzt feststellt, scheint das Arashitsume nicht entgangen zu sein, denn der Fürst des Ostens lächelt viel zu zufrieden, wenn er zu Sesshomaru hinübersieht. Dieser miese, arrogante Fatzke! Dieses selbstzufriedene Lächeln ist ihm gehörig ein Dorn im Auge. Die Fürstin des Nordens hingegen, mit ihrer unbeherrschten Art, kann er zumindest ein wenig nachvollziehen. Er hat nie verstanden, wie sein Bruder es fertig bringt, ständig diese enorme Gemütsruhe an den Tag zu legen. Dies war immer ein Punkt in dem sich die beiden Brüder stark unterschieden haben. Es verschafft ihm ein wenig Befriedigung, dass sein Bruder mal nicht die Ruhe selbst ist, doch es macht ihm auch ein wenig Sorge, denn was immer in der Lage ist, die gelassene Fassade seines Bruders aufzubrechen, sollte wirklich Grund zur Beunruhigung geben. Da schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, erkennt man zwei Gestalten auf dem Weg, die sich langsam nähern. „Na endlich!“, brummt Yarinuyuki, „Da ist er ja!“ Langsam wendet Sesshomaru ihr den Kopf zu: „Bedenkt Eure Position! Ihr seid eine Fürstin! Zeigt Würde!“ „Als hätte ich Eure Ratschläge nötig!“, grollt sie verbissen. Arashitsume schmunzelt verstohlen. Schließlich haben die beiden den Pavillon erreicht und der Diener nimmt rasch wieder Platz. Zögernd tritt Tenmaru näher. Inu Yasha bemerkt, dass er flüchtig zu Sesshomaru hinübersieht und seine Miene sieht reumütig aus. Doch das Gesicht seines Bruders ist eine steinerne Maske und alles was er tut, ist dem Neuankömmling starr entgegenzuschauen. Tenmaru atmet einmal tief durch und dann steigt er die Treppe hinauf. Inu Yasha kann sehen, dass der junge Streuner bleich ist und seine Hände leicht zittern. Doch er wirkt gefasst. Scheinbar ist er bereit alles, was kommen wird, zu akzeptieren. Nun steht er vor den drei Fürsten und dann sinkt er rasch auf die Knie und senkt den Kopf. In diesem Moment hört man ein vernehmliches Keuchen. Sämtliche Blicke gehen zu Yarinuyuki hinüber. Die Fürstin des Nordens sitzt mit weitaufgerissenen Augen auf ihrem Platz und presst sich die Hand auf die Brust. Es scheint als ringe sie um Luft und dabei starrt sie den jungen Streuner ungläubig an. Tenmaru schluckt schwer. Kein Wort kommt über Yarinuyukis Lippen doch nun atmet sie heftig ein und aus und ihre bleichen Wangen bekommen eine blassrosa Farbe. Irritiert blickt Inu Yasha von einem zum anderen. Was geht hier vor? Er schaut zu seinem Bruder hinüber und stellt fest, dass sein Bruder den Blick gesenkt und die Kiefer fest aufeinandergepresst hat. Sein Nacken ist angespannt und seine Hand ist heftig zur Faust gepresst. Ganz im Gegensatz zu Arashitsume. Der Ostfürst sitzt völlig entspannt auf seinem Kissen und betrachtet mit einem zufriedenen Lächeln das Schauspiel, das sich ihm hier bietet. Scheinbar ist er kein bisschen überrascht von der Reaktion der Nordfürstin. Noch immer atmet Yarinuyuki fast gierig ein und aus. Ihre Augen sind unverwandt auf Tenmaru gerichtet. Unvermittelt steht sie auf und kommt auf ihn zu. Mit geschmeidigen Schritten umrundet sie ihn und dabei zieht sie weiter die Luft ein. Gelegentlich streift einer ihrer Finger über Tenmarus Rücken. Der junge Streuner sitzt wie erstarrt da und blickt zu Boden. Ungläubig beobachtet Inu Yasha das Geschehen. Was soll das, was tut sie da? Schnüffelt sie etwa an ihm? Was hat das zu bedeuten? Erneut saugt Yarinuyuki wie im Rausch die Luft ein. „Wer bist du?“, flüstert sie fast andächtig, „Was bist du? Dieser Duft... !“ Sie geht vor ihm in die Knie und streicht ihm mit ihren langen, schmalen Fingern über das Gesicht. Ihre Pupillen sind stark geweitet und ihre Brust hebt und senkt sich heftig. Hart fassen ihre Finger sein Kinn und ziehen ihn zu sich hoch auf Augenhöhe. Ihre Lippen beben und noch immer scheint sie wie betrunken von seiner Witterung. Tenmaru versucht ihren Blick zu meiden; er sieht unglücklich aus. Mit beiden Händen streicht sie ihm nun über das Haar und ein behagliches Brummen entfährt ihr. „Was für ein betörender Geruch!“, meint sie sinnlich und wieder umrundet sie ihn genüsslich. „Du wirst mir viele Freunden bereiten!“ Nun hat Inu Yasha genug. Im ersten Moment war er noch völlig perplex von dem Verhalten der Fürstin. Wer hätte denn auch damit rechnen können? Offenbar die anderen beiden Fürsten, denn Arashitsumes Mundwinkel steigen immer höher, je mehr die Nordfürstin Tenmaru umgarnt und ein genüssliches Funkeln schimmert in seinen Augen. Sesshomaru hingegen scheint an Ort und Stelle zur Salzsäule erstarrt zu sein und nun dämmert Inu Yasha, dass sein Bruder wohl geahnt hat, was passieren würde. Deshalb also hat er verboten, dass Tenmaru vor der Nordfürstin auftaucht. Nicht um ihn zu schützen, sondern um Yarinuyuki vor dieser Peinlichkeit zu bewahren. Sagte er nicht, dass die Fürstin des Nordens keine große Selbstbeherrschung besitzt? Er muss zugeben, dass er das von seinem Bruder ziemlich nobel findet, doch das erklärt noch nicht, wie es überhaupt dazu kommen kann. Die Nordfürsten kann ja gar nicht mehr die Finger von Tenmaru lassen. Sie scheint gar nichts anderes mehr wahrzunehmen. Wohin soll das denn führen? So langsam reicht es wirklich! „Hey!“, ruft Inu Yasha empört, „Nun ist mal Schluss! Lasst ihn in Ruhe!“ Wie nach einem tiefen Schlaf wendet Yarinuyuki sich um. Ihre Wangen glühen und in ihrem Gesicht steht unverkennbar Ekstase geschrieben. „Halt dich da raus Hanyou! Das hat dich nicht zu kümmern!“ „Und ob mich das kümmert!“, ruft Inu Yasha ärgerlich, „Ihr könnt doch nicht einfach ungefragt meine Untergebenen anbaggern!“ Ruckartig fliegt ihr Gesicht zu ihm herum. Ein kaltblaues Leuchten schimmert um ihre Augen und ihre Reißzähne schieben sich grimmig unter ihren Lippen hervor. Noch einmal atmet sie tief durch und erneut muss sie keuchen, doch sogleich fixiert sie Inu Yasha wieder mit einem tödlichen Blick. Lange Krallen beginnen an ihren Klauen zu wachsen, ein tiefes Grollen entfährt ihrer Kehle und dann schreit sie: „Schweig, Missgeburt! Ich mach dich kalt!“ Augenblicklich springt sie auf ihn los und nur einen Sekundenbruchteil später steht sie vor ihm. Die Klaue tödlich zum Schlag erhoben. Völlig überrumpelt starrt Inu Yasha zu ihr hoch. Er hätte nicht gedacht, dass sie so dermaßen übertrieben reagieren könnte. Schon greift er nach seinem Schwertgriff um sich zu verteidigen, doch im gleichen Moment schieben sich blitzartig zwei Gestalten vor ihn. Es sind Tenmaru und Yaeba. Reflexartig fängt der junge Streuner den tödlichen Schlag von ihr, mit dem Unterarm ab und auch Yaeba funkelt sie zu allem entschlossen an, während er sich zum Angriff duckt. Doch der Hieb hatte bei weitem nicht so viel Kraft wie erwartet. Unwillkürlich hat die Fürstin abgebremst, als sich das Objekt ihrer Begierde ihr in den Weg stellte. „Lass mich durch!“, schreit sie drohend. Doch Tenmaru trotzt energisch ihrem Blick. „Nein!“ Blitzartig packt sie ihn und schleudert ihn gewaltsam beiseite. „Ich sagte aus dem Weg!“ Heftig prallt Tenmaru gegen den mittleren Stützpfeiler der Westseite, der unter der Wucht sofort nachgibt. Unsanft purzelt der Streuner in den Garten. Nun steht nur noch Yaeba zwischen Inu Yasha und der Nordfürstin. Grimmig versperrt er ihr den Weg. Inzwischen ist auch Inu Yasha aufgesprungen. Er ist nicht länger gewillt, sich verteidigen zu lassen. Er hat auch seinen Stolz und diese Fürstin bettelt schon eine ganze Weile nach einer Abreibung. Die kann sie gerne von ihm bekommen! Entschlossen zieht er sein Schwert. „Geh aus dem Weg, Yaeba!“, sagt er, „Die übernehme ich!“ „Gar nichts wirst du!“, Sesshomarus Stimme ist klar und deutlich über dem Tumult zu hören. Auch er ist inzwischen aufgesprungen und keine Sekunde später steht er hinter der wutschnaubenden Nordfürstin. Mit einem raschen Griff hat er ihren Oberkörper umschlossen und hält sie mit stählerner Entschlossenheit fest. Yarinuyuki gebärdet sich unter seinem Griff wie wild. „Lass mich los! Dreckiger Hund! Rühr mich nicht an! Ich mach den kleinen Bastard alle! Ich bring diese Missgeburt zum Schweigen! Er wird ihn mir nicht wegnehmen! Er gehört mir! Mir alleine und ich geb ihn nicht mehr her! Lass mich los, verdammt, damit ich ihn in Stücke reißen kann!“ Fassungslos beobachtet Inu Yasha die Daiyoukai die sich wie wahnsinnig aufführt. Was ist nur in sie gefahren? Und warum kann sein Bruder nur so gelassen bleiben? Sesshomaru verzieht keine Miene während Yarinuyuki in seinem Arm kämpft wie eine Furie. Doch bei genauerer Betrachtung bemerkt Inu Yasha in dem starren Blick seines Bruders etwas, das er 'betrübt' nennen würde. Niemandem sonst scheint es in diesem Tumult aufzufallen, doch sein Bruder sieht irgendwie traurig aus und sein Blick scheint in weite Ferne zu gehen. „Arashitsume-sama!“, sagt Sesshomaru nun ruhig, „Sitzt nicht nur so da! Unternehmt etwas!“ Der Ostfürst hat sich bei all dem noch nicht von seinem Platz gerührt. Doch nun steht er mit nachsichtigem Lächeln auf und tritt an die beiden ringenden Daiyoukai heran. „Verzeiht mir, Yarinuyuki-sama“, sagt er mitleidig, „Es ist zu Eurem eigenen Besten!“ Und dann holt er einmal blitzschnell aus und rammt ihr dann mit voller Wucht seine Faust in den Magen. Augenblicklich bleibt der Nordfürstin die Luft weg und durch die Wucht des Schlages werden die beiden Daiyoukai einmal quer durch den Pavillon geschoben. Hart prallt Sesshomaru mit dem Rücken an einem der mächtigen Pfeiler auf. Doch nun hat der heftige Widerstand seiner Gefangenen etwas nachgelassen. Für einen Moment hängt sie erschlafft und benommen in seinem Arm. Nun geht Sesshomarus finstere Miene zu Inu Yasha hinüber. „Schaff diese Streuner hier fort! Auf der Stelle! Ihr habt hier nichts mehr verloren!“ Erst will Inu Yasha etwas erwidern, doch dann nickt er. Er winkt Yaeba, ihm zu folgen und dann springt er über das Geländer des Pavillons hinaus in den Garten zu Tenmaru. Der Streuner scheint unverletzt zu sein, doch er wirkt trotzdem mitgenommen. Auf Inu Yashas Wink hin, macht er sich daran ihm zu folgen. Nur noch einmal kurz dreht er sich zu den Fürsten um und tiefe Qual liegt in seinem Blick. Dann wendet er sich ab und rasch verschwindet er mit Inu Yasha und Yaeba aus ihrem Blickfeld. Kalt schaut Sesshomaru Arashitsume an. „Ihr habt das willentlich in Kauf genommen!“, funkelt er böse. „Was macht das schon?“, zuckt der Ostfürst mit den Achseln, „Ihr ebenso! Ihr hättet sie warnen können!“ Sesshomaru schweigt. Ein verstohlenen Lächeln legt sich auf Arashitsumes Gesicht: „Nun, wenn ihr nicht wollt! Von mir wird sie es nicht erfahren. Vorerst!“ Nun kommt auch wieder Leben in die Nordfürstin. Sesshomaru lässt sie los. Augenblicklich hat sie sich zu ihm umgedreht und verpasst ihm noch aus der Drehung eine heftige Ohrfeige. Der Westfürst nimmt es wortlos hin. „Nehmt Eure Finger von mir!“, zischt sie. „Vielleicht können wir jetzt den Rat ohne Unterbrechungen fortsetzen“, sagt Sesshomaru ruhig. Doch die Fürstin starrt ihn nur durchdringend an. „Nein!“, sagt sie fest. „Wie meint Ihr?“, hebt Sesshomaru die Braue. „Ich sehe keinen Sinn darin, das Urteil weiter hinauszuzögern!“, eiskalte Berechnung liegt in ihren Worten, „Wir haben die Angelegenheit nun von allen Seiten betrachtet und nun gibt es nichts mehr hinzuzufügen!“ „Das sehe ich anders!“, sagt Sesshomaru, „Ich glaube, dass Eure jüngste Gemütsverfassung Eure Urteilskraft beeinflusst.“ „Und wenn schon, was ist daran so schlimm?“, gibt sie unverblümt zurück, „Sagt mir nicht, dass Ihr Eure Entscheidungen nicht auch von Euren Gefühlen abhängig macht!“ „So ist es aber!“, antwortet Sesshomaru, „Ich bin der Fürst meines Reiches und meine Wünsche müssen stets hinter den Interessen meines Clans zurückstehen.“ Boshaft funkelt sie ihn an: „Das glaube ich Euch nicht! Niemand ist so selbstlos, selbst Ihr nicht!“ „Glaubt es, oder lasst es sein!“ Wütend verschränkt Yarinuyuki die Arme: „Ich hasse den Westclan und sein verdammtes Erbe! Doch lasst Euch eines gesagt sein: Niemand stellt sich zwischen mich und die Dingen die ich begehre! Und ich will diesen Streuner! Darüber gibt es keine Diskussion! Es gibt nichts, was für mich mehr zählt!“ „Nicht einmal Eure Rache an den Streunern?“, fragt Arashitsume leicht erstaunt. Yarinuyuki schnaubt verächtlich. „Diese verlausten Köter sind die Mühe nicht wert! Ich will einzig diesen Kerl, der meinen Vater als erstes angesprungen hat! Die anderen können mir gestohlen bleiben!“ „Inu Yasha-ouji wird seinen Untergebenen aber sicher nicht freiwillig herausgeben“, gibt Arashitsume nun zu bedenken. Fest schaut Yarinuyuki ihn an: „Dann ist der Hanyou so gut wie tot!“ Erneut schaut sie zu Sesshomaru hinüber: „Bringen wir es hinter uns! Ich will eine Entscheidung und ich will sie jetzt!“ Nun tritt Arashitsume an die beiden heran. „Ich bin ihrer Meinung! Wir haben das Unvermeidliche lang genug hinausgezögert. Bringen wir es zuende. So wie es sich gehört!“ Mit diesen Worten nimmt er wieder auf seinem Sitzkissen Platz. Ein wenig missmutig schlendert Yarinuyuki zu ihrem Platz zurück und mit einem geschmeidigem Schwung lässt sie sich darauf nieder. Erwartungsvoll schauen die beiden Sesshomaru an. Was dem Westfürsten durch den Kopf geht ist ihm nicht anzusehen. „Sesshomaru-sama?“, fragt Arashitsume auffordernd. Nun kommt wieder Bewegung in den stolzen Youkaifürsten. Mit steifen Bewegungen geht er zu seinem Platz zurück und kniet sich hin. Sein Blick ruht vor ihm auf dem Boden. „Also schön!“, beginnt Yarinuyuki, „Nach ausreichender Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Inu Yasha, ein Prinz des Westens, absichtlich die Verfolgung dieser kriminellen Köter boykottiert hat und sich offen gegen die anderen Reiche wandte, als er den Streunern Schutz gewährte und einen ihrer Verfolger tötete. Ich sehe das als böswilligen Akt an und für diesen Hochverrat kann es nur eine Strafe geben: Seinen Tod!“ „Auch ich habe mir alle Argumente angehört“, sagt Arashitsume mit einer betont gleichmütigen Miene, „Es steht völlig außer Frage, dass Inu Yasha-ouji keinerlei Reue für seine Tat empfindet. Mehr noch, er sieht es als sein Recht an, die Youkais eines anderen Clans zu töten. Er ist von ihnen auf die Erlaubnis hingewiesen worden; es wäre seine Pflicht gewesen, ihre Aussagen zu überprüfen! Das hat er nicht getan! Scheinbar sieht er seinen älteren Bruder nicht als Autorität an. Angesichts seiner Uneinsicht, seiner Böswilligkeit und seines ungezügelten Benehmens, halte ich ihn für eine Gefahr für unsere Reiche! „Heute ist es vielleicht nur einer meiner Krieger. Wer weiß, was morgen ist. Ich bin nicht bereit, ihm seine Tat zu verzeihen und ich halte es für das Beste, wenn dafür gesorgt wird, dass er nicht noch weiteren Schaden anrichten kann. Ich stimme Yarinuyuki-sama zu. Sein Tod ist die beste Alternative! Wo kämen wir denn hin, wenn wir es ihm ermöglichen, jeden Kriminellen in seine Dienste zu nehmen nur um ihn vor seiner gerechten Strafe zu bewahren. Schon bald würden jegliche Gesetze unserer Vorfahren hinfällig werden, wenn eine Übertretung keine Konsequenzen mehr hätte. Zum Wohl des Friedens, muss er sterben!“ Ein sanftes Lächeln liegt auf seinen Lippen und würdevoll wendet er sich nun an Sesshomaru. „Wie steht es nun mit Euch, Sesshomaru-sama? Sicher müsst auch Ihr einsehen, dass es keine andere Wahl gibt. Verurteilt ihn und wir können uns in Frieden trennen, oder sprecht ihn frei und erklärt damit den Rat als gescheitert! Ihr wollt doch sicher keinen Krieg, nicht wahr?“ Noch immer blickt Sesshomaru schweigend zu Boden. Er rührt keinen Muskel. Eine ganze Weile sitzt er so da, dann hebt er den Kopf. Seine Miene ist gänzlich unberührt als er sagt: „Dies ist eine schwere Entscheidung! Und ich kann und werde sie mir auch nicht leicht machen! Ihr habt die Lage klar erkannt, Arashitsume-sama. Nun gilt es für mich abzuwägen, womit unseren Reichen am meisten gedient ist. Doch da Ihr betont habt, wie viel von meiner Entscheidung abhängt, bitte ich mir bis morgen eine Bedenkzeit aus!“ „Wie könnt Ihr noch zögern?“, ruft Yarinuyuki empört, „Der Hanyou muss sterben, daran führt kein Weg vorbei!“ Ernst blickt Sesshomaru sie an: „Im Augenblick heißt es noch Inu Yasha-ouji für Euch!“ Doch noch ehe Yarinuyuki etwas darauf erwidern kann, richtet Arashitsume das Wort an den Westfürsten: „Was kann Euch dieser eine Tag bringen? Was erhofft Ihr Euch dadurch? Die Fakten werden morgen die selben sein. Trefft Eure Entscheidung jetzt!“ Doch Sesshomaru bleibt ungerührt. „Ihr sagt es! Die Fakten bleiben die selben, also übt Euch in Geduld, oder fürchtet Ihr, dass sich etwas zu seinen Gunsten ergeben könnte? Morgen früh werde ich meine Entscheidung getroffen haben! Bis dahin werde ich mich zurückziehen!“ Er erhebt sich und ohne sich noch einmal umzudrehen, verlässt er würdevoll den Pavillon und schreitet erhobenen Hauptes davon. Mit verstimmter Miene blicken die beiden Fürsten ihm nach. „Also schön!“, sagt Arashitsume leise, „Es hat Zeit!“ Doch in Gedanken fügt er hinzu: Ich werde sie nutzen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)