Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 25: Hanyou oder Fürstensohn ----------------------------------- „Das ist völlig unmöglich!“, das sonst so ebenmäßige Gesicht Arashitsumes ist nun verzerrt von unterdrückter Wut, „Wie kommt es, dass Ihr hier seid? Diese Fesseln waren unüberwindbar!“ Herausfordernd schaut Inu Yasha ihn an. „Mir scheint, Ihr unterliegt da einer Täuschung, was das angeht, Arashitsume!“ „Sama!“, wispert eine leise Stimme in Inu Yashas Ohr. „Sama!“, fügt Inu Yasha ein wenig widerwillig hinzu. Doch der Ostfürst nimmt von dem Beinah-Ausrutscher keine Notiz, er ist viel zu aufgebracht. „Ihr könnt Euch unmöglich aus eigener Kraft befreit haben!“, ruft er giftig, „Kein Hanyou überwindet meine Raishiba!“ „Ihr meint diese komischen Energiebänder?“, fragt Inu Yasha herablassen, „Als wenn die tatsächlich ein Hindernis für mich darstellen würden. Ich hielt es nur für... taktvoller, Euch nicht direkt vor all Euren Leute darauf hinzuweisen. Ich wollte schließlich nicht, dass Ihr in Eurem eigenen Haus das Gesicht verliert! Ihr seid schließlich der Herr dieses Schlosses und da Ihr mich ja unbedingt festsetzen wolltet, schien es mir angemessener, mich Eurem Wunsch zu fügen!“ Arashitsume macht ein Gesicht als hätte er sich gerade an einer dicken Kröte verschluckt. Sein überirdisches Gesicht ist wild verzerrt und seine Augen leuchten im gefährlichem Violett. Scharfe Reißzähne schieben sich unter seinen Lippen hervor und er presst die Kiefer grimmig aufeinander. Eine bedrohliche Aura hüllt ihn ein. Doch Inu Yasha weicht keinen Schritt zurück. Stattdessen hebt er nun Tessaiga wieder und streckt es unbeeindruckt Arashitsume mit einer Hand entgegen. Entschlossen erhebt er die Stimme: „Es war sicher nicht meine Absicht, Euch zu verärgern, Arashitsume-sama. Ich bin durchaus gewillt, Eure Autorität anzuerkennen, aber...“, und seine Stimme wird kühl, „Wenn Ihr meine Freunde angreift, erwartet nicht, dass ich tatenlos zusehe!“ Völlig ungehalten wendet sich Arashitsume zu Sesshomaru um. „Ihr wart das, gebt es zu! Ihr habt Euren Bruder hinter meinem Rücken befreit!“ Sesshomaru mustert den Ostfürsten mit einem ausdruckslosem Gesicht. „Mäßigt Euch, Arashitsume-sama!“, sagt er ruhig, „Ich habe nichts dergleichen getan. Erspart mir Eure haltlosen Unterstellungen!“ „Hey!“, ertönt es. Wieder fliegt Arashitsumes Gesicht zu Inu Yasha. „Ich erwarte eine Erklärung, was Ihr Euch dabei gedacht habt! Warum haben Eure Soldaten, meine Freunde angegriffen?“ In diesem Augenblick tauchen zwei keuchende Personen am Rande des Platzes auf. Es sind die beiden Youkais die vor Inu Yashas Gefängnis Wache gehalten haben. Sie sehen ziemlich erschöpft aus und als sie die Situation erfassen, werden sie kreidebleich. Wie zur Salzsäule erstarrt stehen sie da und als sich Arashitsume zu ihnen umdreht, beginnen sie am ganzen Körper zu zittern. Hoch aufgerichtet und mit unverkennbar zorniger Miene steht der Fürst des Ostens da und seine Lippen zucken vor unterdrückter Wut als er spricht: „Ihr! Ihr habt ihn entkommen lassen!“ Augenblicklich schmeißen sich die beiden Wachen zu Boden. „Vergebt uns Arashitsume-sama!“, fleht der eine, „Er rannte einfach an uns vorbei. Wie konnten wir denn ahnen, dass er nicht länger gefesselt war?“ „So erfüllt ihr also eure Pflicht? “, die leise Stimme des Ostfürsten bebt vor Anspannung, „Warum habt ihr nicht regelmäßig nachgesehen? Muss man euch denn jede Kleinigkeit erklären?“ „Vergebt uns, mein Fürst!“, jammert jetzt auch der andere, „Wie konnten wir das ahnen? Die Fesseln hätten ihn halten sollen.“ „Das weiß ich auch!“, faucht Arashitsume wütend, „Irgendjemand muss ihm geholfen haben. Habt ihr niemanden bemerkt?“ Zitternd halten die beiden den Blick gesenkt. „Nun... äh...“, beginnt der eine schwitzend. Unmittelbar darauf ragt Arashitsume direkt vor ihnen auf. Eine purpurne Aura hüllt ihn ein und sein Blick ist tödlich: „Ja?“ Wenn irgend möglich, pressen sich die beiden noch mehr auf die Erde. „Da war... dieser Floh und... das Mädchen da!“ „Was?“, schnappt Arashitsume gefährlich. „Sie haben Fürst Inu Yasha besucht. Fürst Sesshomaru hat sie geschickt, also ließen wir sie passieren.“ Arashitsumes eisiges Schweigen, das auf diese Worte folgt, ist womöglich noch bedrohlicher als seine Worte von eben. Langsam dreht er sich zu Sesshomaru um. „Was führt Ihr im Schilde, Sesshomaru-sama?“, fragt er finster. Doch der weißhaarige Youkaifürst erwidert seinen Blick mit gleichmütiger Miene. „Ihr solltet Euch wirklich gut überlegen, ob Ihr diesen Gedanken weiterdenken wollt, Arashitsume-sama! Wenn ich meinen Bruder befreien wollte, glaubt Ihr, ich hätte ihm einen Floh und ein Menschenmädchen geschickt! Ich hätte Euch für klüger gehalten!“ Grimmig presst Arashitsume seine Lippen aufeinander. Für einen Moment scheint es hinter seiner Stirn zu arbeiten, dann sagt er gepresst: „Ihr habt recht! Offenbar habe ich Euch vorschnell verdächtigt. Was hätte ein Mensch auch gegen meine Raishiba ausrichten können?“ Der Ostfürst ringt mühsam um seine Fassung. Doch letztlich glätten sich die Ärgerfalten auf seinem Gesicht wieder und ein sanftes Lächeln legt sich wieder um seine Lippen. Mit einer eleganten Bewegung wendet er sich wieder zu Inu Yasha um. „Mir scheint, ich habe Euch tatsächlich unterschätzt. Ihr überrascht mich in der Tat, Inu Yasha-sama!“ Erhobenen Hauptes, erwidert der Hanyou seinen Blick: „Das passiert mir öfter.“ „Und mir passiert das kein zweites Mal!“, zischt der Ostfürst gefährlich. Er kommt auf Inu Yasha zu. Um seine erhobene Klaue zucken grelle Blitze. „Offenbar muss ich bei Euch zu härteren Mitteln greifen, um Euch festzusetzen.“ Inu Yasha fletscht die Zähne und packt sein Schwert fester. „Traut Euch! Es wird Euch nichts nützen!“ „Wir werden sehen!“, meint der Fürst des Ostens lächelnd. Besorgt presst Kagome sich nun an ihren Freund. Ihr Herz schlägt bis zum Hals. Nein, Inu Yasha soll nicht noch einmal so leiden wie gestern. Wenn es stimmt, dass ihre Kräfte diese widerlichen Fesseln auflösen können, dann wird sie kein Stück mehr von seiner Seite weichen. „Kagome, geh zur Seite! Der meint es ernst“, zischt Inu Yasha ihr zu. Doch sie rührt sich kein Stück. „Oh, wie niedlich!“, schmunzelt Arashitsume amüsiert, „Das Mädchen ist wohl sogar bereit, ihr Leben für Euch zu opfern. Ich gebe zu, ich finde diese Loyalität faszinierend. Doch leider bringt es Euch überhaupt nichts.“ Gefährlich knistert die elektrische Ladung um seine Hand und in seinen Augen funkelt es unheilsvoll. Inu Yasha ist auf alles gefasst. Er wird seine Freundin beschützen und wenn er diesen Fürsten dafür umlegen muss. Vernehmlich lässt er die Knöchel knacken und dann hebt er Tessaiga. Arashitsume hat die geringfügige Gewichtsverlagerung bemerkt und blitzartig hebt er seine Klaue um nach Inu Yasha zu schlagen. Doch diesen Schlag führt er nie aus. Eiserne Finger haben sich um sein Handgelenk geschlossen und hindern ihn an der Bewegung. Wütend fährt Arashitsume herum und blickt in die eisigen Goldaugen von Sesshomaru. „Untersteht Euch, noch einmal Hand an meinen Bruder zu legen!“, in seinen leisen Worten liegt grimmiger Ernst. „Eure Technik vermag ihn offenbar nicht zu halten, deshalb werde ich jeden weiteren Versuch, als pure Beleidigung ansehen, mit der Ihr versucht eure sadistischen Gelüste zu befriedigen. Das dulde ich nicht!“ Zornesrot starrt Arashitsume den Fürst des Westens an: „Ihr beschützt ihn! Ihr verteidigt diesen Hanyou, diesen Missgriff der Natur?“ Nun schließen sich Sesshomarus Finger noch ein wenig fester um Arashitsumes Handgelenk. In seiner Stimme klingt ein leises Grollen mit: „Ihr vergesst Euch! Mein Vater erkannte ihn als seinen Sohn an und Ihr werdet ihm den Respekt entgegenbringen, den Recht und Sitte verlangen!“ Wütend funkelt der Ostfürst ihn an. Dann urplötzlich reißt er sich aus Sesshomarus Griff los. Sein Kimono scheint in der Luft zu schweben als er sich geschmeidig zu seinen beiden Untergebenen umwendet, die noch immer am Boden kauern. und Sekundenbruchteile später ergießt sich ein wahrer Schauer aus züngelnden Blitzen auf die beiden Unglücksraben und prasselt in greller Wut auf sie hernieder. Den beiden bleibt nicht einmal mehr Gelegenheit zu schreien. Unter den knisternden Ladungen vergehen sie zu einem bloßen Häufchen Asche. Geblendet beschirmt Inu Yasha die Augen. Er ist ziemlich aufgewühlt. Er hat nicht damit gerechnet, dass von diesem eingebildeten Schönling eine solche Zerstörungskraft ausgehen könnte. Fast ist er schon ein bisschen froh, dass ihn diese Technik nicht getroffen hat, allein schon um Kagomes Willen, die sich noch immer an ihn klammert. Diese Energiefesseln mag sie vielleicht auflösen können, doch dieses massive Blitzgewitter ist selbst für sie zu viel. Einmal mehr verflucht er seine Position. Myoga hat ihm eingeschärft, dass er den Fürsten auf keinen Fall angreifen darf, selbst wenn ihm danach sein sollte. Es käme einer offenen Herausforderung des Ostens gleich. Sollte er auch nur den Versuch unternehmen, ihn zu attackieren, bekäme er es mit sämtlichen Hundeyoukais des Ostens zu tun und daraufhin wäre Sesshomaru gezwungen, zu reagieren. „Selbst wenn Sesshomaru-sama Euch nicht leiden kann“, hatte der alte Floh erklärt, „So wird er sicher Eure Verurteilung abwarten, ehe er sich gegen Euch stellt. Bis dahin, ist er verpflichtet, Euch als Fürstensohn zu behandeln und dies auch von den anderen Fürsten zu fordern.“ „Und was ist, wenn er sich einfach nicht darum schert?“, hatte Inu Yasha gefragt, „Ich stehe auf seiner Beliebtheitsskala nicht unbedingt ganz oben.“ „Habt Vertrauen in Euren Bruder!“, hatte Myoga ihn beschworen, „Sesshomaru-sama nimmt seine Verantwortung viel zu ernst, als dass er sich von seinen Gefühlen für Euch daran hindern lassen würde.“ „Aber er hat es ohne weiteres zugelassen, dass dieser Bastard Arashitsume mich eingekerkert hat“, hatte er trotzig erwidert. „Das war notwendig, um Arashitsume-samas Gesicht zu wahren. Es ist sein Schloss, sein Reich und sein gutes Recht, Eure Festsetzung bis zur Verhandlung zu fordern. Dabei ist er beinah zu weit gegangen, immerhin hat er einem anderen Fürsten willentlich Schmerzen zugefügt. Glaubt mir, ein weiteres Mal wird Sesshomaru-sama das nicht dulden.“ Offenbar hat der alte Floh recht gehabt, denkt Inu Yasha bei sich. Zwar hat es ihn unheimlich Überwindung gekostet, abzuwarten, ob sein Bruder noch rechtzeitig handeln würde, doch seine Sorge war nicht begründet. Fast muss er schon ein wenig schmunzeln. Sicher hat weder Arashitsume noch Sesshomaru gefallen, wie diese Situation gerade abgelaufen ist. Es verschafft ihm ein kleines bisschen Genugtuung. Doch er traut dieser momentanen Pattsituation nicht. Noch immer stehen jede Menge gut gerüstete Ostkrieger um sie alle herum, wenn auch inzwischen etwas eingeschüchtert wegen der Strafaktion an ihren Kameraden eben. Auch einige einfache Bedienstete stehen herum. Inu Yasha bemerkt, dass fast sämtliche Ostyoukais hier ängstlich zu ihrem Fürsten hinüberspähen. Dieser Kerl ist anscheinend nicht wirklich beliebt bei seinen Leuten. Kein Wunder, so wie es aussieht, hat der Fürst kein wirkliches Interesse am Leben seiner Untergebenen. Inu Yashas Miene verfinstert sich. Es steht außer Frage, dass er den Fürst des Ostens immer weniger leiden kann. In diesem Moment sieht er plötzlich wie Tenmaru neben ihm zusammenzuckt und ein aufgeregtes Gemurmel unter den Youkais um sich greift. Und im selben Moment spürt er es. Eine enorme Aura überschwemmt seine Sinne. Unwillkürlich packt er sein Schwert fester und folgt der Blickrichtung der anderen. „Spürst du das, Kagome?“, wispert er ihr zu. „Ja!“, sie nickt. Zögerlich lässt sie ihn nun wieder los: „Eine gewaltige dämonische Aura und sie kommt hierher!“ Nun spielt wieder ein amüsiertes, kleines Lächeln um Arashitsumes Lippen. Fast könnte man meinen, sein kleiner Gefühlsausbruch von eben hätte gar nicht stattgefunden. „Ah, da ist Sie ja!“, sagt er, „Sie kommt früher als erwartet.“ Nun wendet auch Sesshomaru den Blick in die entsprechende Richtung. Was er denkt ist ihm nicht anzusehen. Der Ostfürst wendet sich zu ihm: „Da ich ihn nicht festsetzen darf, was soll nun mit ihm geschehen?“ Er nickt in Inu Yashas Richtung. „Er wird bis zur Verhandlung in meinem Quartier bleiben“, sagt Sesshomaru. Ein instinktiver Ruck der Empörung geht durch Inu Yashas Körper, doch er kann sich gerade noch am Riemen reißen. Verbissen ballt er die Hand zur Faust. Das fehlte gerade noch, dass er von seinem Bruder Hausarrest aufgebrummt kriegt und dann noch in seinem Quartier! Na, schönen Dank auch! „Wird er denn auch dort bleiben?“, kommt die Rückfrage. „Natürlich wird er das!“, antwortet Sesshomaru mit einem durchdringenden Blick auf Inu Yasha. Der Hanyou beißt krampfhaft die Zähne aufeinander. „Ihr habt mein Wort!“, souffliert Myoga leise. „Ihr habt... mein Wort!“, wiederholt Inu Yasha doch er muss sich jedes Wort abringen. Ein wenig herablassend mein Arashitsume: „Na ja, wenn Euch das genügt Sesshomaru-sama, dann soll es von mir aus so sein. Doch nun sollten wir die Fürstin des Nordens willkommen heißen. Sie und ihr Gefolge“, fügt er mit einem verächtlichen Tonfall hinzu. Und an Sesshomaru gewandt: „Kommt Ihr?“ „Ich werde Euch in Kürze folgen!“, antwortet der Westfürst. Ohne ein weiteres Wort wendet sich Arashitsume zum Gehen. Mit einer fast beiläufigen Handbewegung winkt er den umstehenden Kriegern, ihm zu folgen. Zurück bleiben Inu Yasha, Kagome Sesshomaru und Tenmaru. Nun endlich wagt es Inu Yasha sich zu seiner Freundin umzudrehen. „Was macht dein Arm?“ „Oh!“, sie errötet ein wenig, „Es ist nicht schlimm!“ „Red keinen Unsinn, zeig her!“, fordert Inu Yasha ungeduldig und schon hat er ihren Arm ergriffen. Als er den dicken Kratzer sieht, muss er schwer schlucken. Die Wunde hat zwar aufgehört zu bluten, doch sie hat eine dicke Schorfkruste gebildet und ihr ganzer Ärmel ist aufgerissen und mit halbgetrocknetem Blut verschmiert. Verdammt, das hätte auch ins Auge gehen können. Er wagt sich gar nicht auszumalen, was ihr dabei sonst noch hätte passieren können. Und alles nur, weil er nicht da war, um sie zu beschützen. „Wer war das?“, grollt er ärgerlich. „Er dort!“, sagt Kagome und deutet auf den toten Youkai ein Stück weiter. „Warum? Wie ist das passiert?“ „Das weißt du nicht?“, Kagome ist verwundert, „Aber warum bist du dann hier? Es war ziemlich riskant, Arashitsume deine Freiheit so beizubringen.“ Inu Yasha lässt behutsam ihren Arm los. Er wirkt etwas verlegen: „Ich hab es gerochen. Den Geruch deines Blutes würde ich überall wiedererkennen. Ich dachte du wärst... in Gefahr.“ Fast hat es den Eindruck als wollte er zunächst etwas anderes sagen. „Ja, und danach gab es kein Halten mehr für ihn!“, meldet sich jetzt auch Myoga empört zu Wort und hüpft von Inu Yashas Ohr auf seine Schulter, „Gerade waren wir noch mit der aktuellen Lektion beschäftigt und auf einmal springt Inu Yasha-sama auf, greift sich Tessaiga, sagt ich soll mitkommen und dann ist er losgerannt. Einfach vorbei an den verblüfften Wachen. Nicht mal zuhören wollte er mir noch.“ Inu Yasha ignoriert die Beschwerde des alten Flohs. Stattdessen wendet er sich jetzt an Tenmaru: „Du hast sie beschützt, nicht wahr?“ Nun ist es Tenmaru, der ein wenig verlegen aussieht. Statt zu antworten, nickt er nur kurz. Irgendwie entspannt sich Inu Yasha ein klein wenig. „Ich muss mich wohl bei dir... bedanken!“, sagt er, doch auch ihm merkt man an, dass er sich dabei ein wenig überwinden muss. Tenmaru weicht seinem Blick aus. „Das ist nicht nötig, Inu Yasha-sama!“ Ein wenig verstimmt schnappt der Hanyou wieder ein: „Hmh, wenn du meinst!“ „Inu Yasha!“ Augenblicklich fährt der Angesprochene herum. Für einen langen Moment schaut Sesshomaru ihn an. Fast scheint es, als ob der Westfürst zögert. Dann meint er: „Komm mit!“ Inu Yasha ist sich fast hundertprozentig sicher, dass sein Bruder eigentlich etwas anderes sagen wollte. „Wohin?“, die Frage kommt schneller heraus, als dass er sie sich verkneifen kann. Kühl schaut der Youkai ihn an. „In mein Quartier natürlich.“ Inu Yasha schnaubt genervt auf: „Warum ausgerechnet da?“ „Wäre dir der Felsenkerker lieber?“, der Zynismus ist kaum zu überhören. „Mir wäre es lieber, wenn du mich nicht andauernd herumkommandieren würdest“, brummt Inu Yasha verstimmt, doch er schickt sich an, seinem Bruder zu folgen. „Was geschieht mit meinen Freunden?“, hält er noch einmal inne. Sesshomaru mustert ihn kritisch, dann sagt er: „Du hast dich bereiterklärt, dich bis zur Verhandlung in meinem Quartier aufzuhalten. Die Fürstin des Nordens ist bereits eingetroffen. Es wird also nicht lange dauern. Bis dahin darfst du selbstverständlich über dein Dienstpersonal verfügen wie dir beliebt.“ Inu Yasha entgeht der äußerst geringschätzige Ton dieser Bezeichnung nicht. Schon will er etwas dazu sagen doch ganz unvermittelt wendet sich Sesshomaru an Tenmaru. „Von dir erwarte ich allerdings, dass du dich nicht vor der Fürstin des Nordens blicken lässt, ist dasklar?“ Tenmaru steht da wie zur Salzsäule erstarrt. Keinen Muskel wagt er zu rühren und ein flüchtiger Blick geht zwischen dem Westfürsten und seinem Halbbruder hin und her. „Hey!“, mein Inu Yasha ärgerlich, „Fängst du jetzt auch schon an, meinen Untergebenen Befehle zu erteilen?“ Sesshomaru scheint einmal still durchzuatmen, dann wendet er sich wieder an seinen Bruder. „Dann sag du es ihm!“ „Warum?“, kommt die skeptische Gegenfrage. Für einen Moment zuckt Ärger über Sesshomarus Gesicht, dann sagt er säuerlich: „Weil Fürstin Yarinuyuki nicht gerade bekannt für ihre... Selbstbeherrschung ist!“ Inu Yasha schaltet erfreulich rasch: „Du meinst, sie könnte versuchen ihn zu töten?“ „Ich meine, dass sie sich dazu hinreißen lassen könnte, das Protokoll etwas zu verletzen, wenn sie diesem Streuner begegnet.“ „Nette Umschreibung für einen Mord!“, gibt Inu Yasha sarkastisch zurück. Unergründlich schaut Sesshomaru ihn an. „Es liegt in deiner Macht, das zu verhindern.“ Ein schiefes Grinsen zieht nun über Inu Yashas Gesicht: „Seit wann bist du eigentlich so um Tenmarus Sicherheit besorgt?“ Kaum hat er das gesagt, fliegen Sesshomarus Augen auf und er starrt Inu Yasha an als würde er ihn bei lebendigem Leib verschlingen wollen. Der Hanyou kann sehen wie hart seine Kiefer mahlen, doch kein Wort kommt über seine Lippen. Ein langer Augenblick vergeht, dann hebt Sesshomaru den Kopf und nun ist sein Gesicht wieder eine Maske der Selbstbeherrschung. „Ich möchte lediglich einen Zwischenfall vermeiden“, sagt er gepresst, „Mit Sorge um seine Sicherheit hat das nichts zu tun!“ Wer's glaubt wird selig!, denkt Inu Yasha bei sich. Er tut es schon wieder. Er weigert sich einfach beharrlich, das anzuerkennen, was ihm nicht in den Kram passt. Hat er vielleicht doch Angst, dass diese... Yarinuyuki Tenmaru etwas antun könnte? Aber warum? Bisher war er doch eigentlich nicht besonders gut auf den Streuner zu sprechen gewesen. Zu gerne möchte er wissen, was zwischen Tenmaru und Sesshomaru vorgefallen ist. Irgendeine verzwickte Verbindung muss es doch geben, warum sollte sein Bruder sonst immer so heftig reagieren auf alles was mit diesem Streuner zu tun hat? Er kommt nur einfach nicht dahinter, was es sein könnte. Sesshomaru scheint eine tiefe Abneigung gegen Tenmaru zu haben und wie es aussieht, geht diese Abneigung sogar über das zu erwartende Maß hinaus. Tenmaru seinerseits scheint Sesshomaru irgendwie... zu bewundern. Innerlich seufzt Inu Yasha. Es ist ihm keineswegs entgangen wie ungern Tenmaru im Grunde in seinen Diensten steht, und trotzdem gehorcht er ihm folgsam aufs Wort. Wenn er seinen Herren auch nicht leiden kann, so hat der Streuner trotz allem ein starkes Ehrgefühl Inu Yasha gegenüber und allem was ihm wichtig ist. Kagome! Er hat Kagome beschützt. Es gibt nichts, was ihm einfällt, mit dem er dem Streuner seine Dankbarkeit dafür ausdrücken könnte. Inu Yasha weiß zwar nicht was genau passiert ist, aber er ist sich sicher, dass es Kagome das Leben gekostet hätte, wenn Tenmaru nicht eingegriffen hätte. Es bereitet ihm ein bisschen Magenschmerzen, in der Schuld des Streuners zu stehen. Da plötzlich kommt ihm ein kühner Gedanke. Er wendet sich an Sesshomaru. „Mag ja alles sein, aber ich habe eigentlich nicht vor, meinen Freunden Befehle zu erteilen. Und den Streunern auch nicht! Doch wenn dir das so wichtig ist, kann ich ihn dir ja mal ne Weile ausleihen!“ Fast muss er schmunzeln. Sesshomaru und Tenmaru sind fast gleichzeitig erstarrt. Sesshomaru findet als erster seine Sprache wieder. Er wirkt sehr aufgewühlt: „Was sollte ich mit solch einem Stück Abschaum anfangen?“ Doch Inu Yasha wehrt hastig ab: „Hey, nur keine falschen Schlüsse, bitte! Ich sagte nur leihen. Du kannst ihm von mir aus Befehle erteilen, bis die Sache hier vorbei ist, aber ich will ihn nachher in einem Stück wiederhaben, klar? Er gehört immer noch mir, aber ich übertrage dir die Verfügungsgewalt über ihn. Giftig starrt Sesshomaru ihn an. „Willst du mich verhöhnen? Was bildest du dir ein? Du überträgst mir die Verfügungsgewalt über diesen... diesen...!“ „Ja, so ist es!“, nun trotzt Inu Yasha entschlossen seinem Blick, „Hast du ein Problem damit, dann nur raus damit! Bis dahin, nimm es einfach hin. Aber denk dran, in einem Stück, und bitte möglichst lebend, ja?“ Für ein paar Sekunden hat man den Eindruck, als würde der weißhaarige Fürst des Westens einen heftigen Wutanfall unterdrücken, doch er sagt kein Wort. Sein Schweigen ist schon bedrohlich genug. Doch Inu Yasha lässt sich nicht einschüchtern, stattdessen fordert er sein Glück noch einmal heraus. „Du willst, dass er sich von der Nordfürstin fernhält? Dann sag ihm das selber! Ich werd' ihm gar nichts befehlen!“ Schließlich kommt doch eine Reaktion von dem Youkaifürsten. „Ist dir eigentlich klar, was das bedeuten würde?“ Nun hebt Inu Yasha den Kopf. „Ja, natürlich! Das heißt, er stünde dann offiziell in deinen Diensten und was das heißt, weißt du wahrscheinlich noch besser als ich. Aber um seine Loyalität wirst du dir wahrscheinlich keine Gedanken machen müssen.“ Ein langsamer Blick Sesshomarus geht hinüber zu Tenmaru. „Wahrscheinlich nicht“, sagt er in einem Ton der einem eine Gänsehaut verpassen könnte. Der fassungslose Blick Tenmarus ist noch immer auf ihn geheftet. Nun wendet Sesshomaru sich ab: „Also schön! Ich verbiete dir, in die Nähe der Nordfürstin zu kommen, Streuner! Du wirst in dein Quartier gehen und dort bleiben!“ Im ersten Moment starrt der junge Streuner Sesshomaru an wie vom Donner gerührt. Dann fällt er auf ein Knie herab und senkt den Blick. „Ja, mein Fürst!“, seine Stimme bebt. Dann springt er auf und ohne ein weiteres Wort zu sagen läuft er davon, direkt auf die Gebäude des Palastes zu. Als er Inu Yasha passiert, treffen seine Augen für den Bruchteil einer Sekunde die des Hanyous. Dann ist er auch schon an ihm vorbei und kurz darauf ist er verschwunden. „Und du wirst jetzt auch gehen!“, sagt Sesshomaru ernst an seinen Bruder gewandt. Mit etwas mehr Widerwillen nickt Inu Yasha. Dann wendet sich der stolze Westfürst zum Gehen. „Warte in meinem Quartier auf mich!“, sagt er noch und dann verlässt er den Platz und strebt auf den Palast zu. „Warum hast du das gemacht?“, die Stimme lässt Inu Yasha herumfahren. Kagome schaut ihn ungläubig an. „Was sollte das? Tenmaru hat mich beschützt, warum lieferst du ihn Sesshomaru aus?“ Missmutig blickt Inu Yasha zur Seite. „Das ist meine Sache.“ „Deine Sache, ja?“, die Empörung in ihrer Stimme ist unverkennbar, „Sesshomaru hasst ihn. Wenn er die Gelegenheit bekommt wird er Tenmaru sicher töten!“ „Darum hab ich ja gesagt, ich will ihn in einem Stück wieder“, fügt Inu Yasha verstimmt hinzu. „Na super!“, schimpft Kagome, „Meinst du Sesshomaru kümmert sich darum?“ „Ich will es hoffen!“ „Du willst es hoffen? Was soll das denn? Du spielst hier immerhin mit Tenmarus Leben.“ Ärgerlich schaut Inu Yasha seine Freundin an: „Was soll das schon wieder? Warum regst du dich jetzt wieder so auf?“ Kagome bebt. „Er hat mich beschützt!“, erklärt sie ernst, „Er ist kein so übler Kerl. Er hätte mich auch diesem Youkai ausliefern können, doch das hat er nicht. Er war dir immer loyal gegenüber. Immer!“ Sie zuckt zusammen, als hätte sie zuviel gesagt. Nein, Inu Yasha darf nichts erfahren von den heimlichen Gesprächen die sie belauscht hat. Sie kann sich nicht helfen, aber irgendwie ist ihr der Streuner ans Herz gewachsen. Er hat es nicht leicht. Seit dem die ganze Sache angefangen hat, musste er schon eine Menge mitmachen. Er hat es nicht verdient, dass er jetzt von Sesshomaru getötet wird, weil Inu Yasha der Meinung ist, seinem Bruder mehr Freiheiten über den Streuner einräumen zu müssen. Doch zu ihrer Überraschung schaut Inu Yasha nun ein wenig geknickt zu Boden. „Das weiß ich doch!“, sagt er, „Eigentlich wollte ich dich ja selbst beschützen, doch als es darauf ankam, war er da und ich nicht. Das kann ich mir niemals verzeihen!“ Kagome blickt ihn erstaunt an. „Inu Yasha...!“, sagt sie leise. Doch der Hanyou redet schon weiter: „Ich glaube nicht, dass ihm von Sesshomarus Seite eine Gefahr droht. Wenn Sesshomaru ihn tot sehen wollte, hätte er schon zig Mal die Gelegenheit dazu gehabt und zum Teufel mit dem was ich will!“ „Meinst du nicht, er könnte es dir übelnehmen, dass du ihn so einfach weitergereicht hast?“, gibt Kagome zu bedenken, „Außerdem kann er doch nicht wirklich sicher sein, was Sesshomaru mit ihm machen wird. Bestimmt macht er sich Sorgen darüber.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung steckt Inu Yasha nun Tessaiga zurück in seine Scheide. Dann sagt er: „Das denke ich nicht. Ich glaube eher, dass er sich darüber sogar gefreut hat. Er hat gelächelt!“ Schemenhaftes Licht beleuchtet durch eine trübe Wolkendecke eine triste Gegend. Die gesamte Umgebung erscheint in einem eintönigen Grau. Hier und da stehen ein paar abgestorbene Bäume in der Gegend herum und dichtes, hohes Gras bedeckt den nebelverhangenen Grund der Senke. An manchen Stellen haben sich morastige Tümpel gebildet und warten scheinbar nur auf irgendein Lebewesen, dass sie in ihrem Schlick ertränken können. Doch die Gestalt, die durch diese Sumpflandschaft sprintet, ist geschickt und umgeht jedes Morastloch mit spielerischer Leichtigkeit. Dokuhari kennt den Weg. Er war schon einmal hier und genau aus diesem Grund, möchte er im Augenblick überall sein nur nicht hier. Je näher er seinem Ziel kommt, um so schneller klopft sein Herz. Fast muss er sich zwingen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es ist ein Befehl! Und wer Befehle nicht befolgt, wird schlimm bestraft! Immer wieder redet er sich das ein. Kalter Schweiß läuft ihm über den Rücken. Verdammt, ich bin so gut wie tot! Da auf einmal entdeckt er es. Es ist eine kleine Hütte die an eine Felswand gebaut worden ist. Unwillkürlich verlangsamt er sein Tempo. Jeder weitere Schritt kostet ihn Überwindung. Schließlich hat er die schmale Holztür erreicht, doch er wagt nicht, sie zu öffnen. Stattdessen macht er sich erstmal bemerkbar. „Miko Chihime-sama? Seit Ihr zu hause?“ Innerlich hofft er, dass dem nicht so sein möge. „Mein Herr Arashitsume-sama schickt mich. Er erbittet Eure Hilfe!“ Auf einmal ist ein eigenartiges Lachen zu hören. Es klingt wie das Röcheln eines Lungenkranken. „Der dreckige Hund hat wirklich Nerven!“, die Stimme klingt, als wäre sie seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt worden. „Chihime-sama?“, fragt der junge Youkai vorsichtig, „Seid Ihr das?“ „Komm schon rein und sag mir was er will! Na los!“, die seltsame Stimme klingt ziemlich mürrisch. Zögernd öffnet Dokuhari die Tür. Vorsichtig lugt er hinein. Im Inneren befindet sich eine Feuerstelle und jemand sitzt dort zusammengesunken und in dicke Decken gehüllt mit dem Rücken zu ihm. „Chihime-sama?“, er zittert leicht, doch er nimmt all seinen Mut zusammen und tritt ein. „Mein Herr bittet Euch inständigst, Euch mit ihm zu treffen. Er benötigt Eure Hilfe. Er ist bereit... Euch den üblichen Preis dafür zu zahlen.“ „Ach, tatsächlich?“, die Stimme, die vom Feuer her kommt, hat etwas bedrohliches bekommen. Wer immer dort sitzt, klingt als hätte er mit Nägeln gegurgelt. „Dieser elende Bastard! Als ob ich nichts Besseres zu tun habe, als diesem Youkai mal wieder aus der Patsche zu helfen.“ Dokuhari wird es sehr unbehaglich zumute. Das hier läuft nicht so gut wie er erhofft hatte. „Soll das heißen, Ihr seid nicht interessiert? Dann vergebt, dass ich Eure Zeit verschwendet habe.“ Schon will er die Hütte rasch wieder verlassen. Doch nun wendet sich die Gestalt am Feuer langsam herum. „Das kann man so nicht sagen.“ Dokuhari zuckt zusammen. Zwei rotglühende Punkte leuchten an der Stelle wo eigentlich die Augen sein sollten, der Rest des Gesichtes ist durch den Schatten, den das Feuer hinter ihr wirft, nicht zu erkennen. „Dieser dreckige Köter weiß schon womit er mich gewinnen kann. Ich akzeptiere seinen Preis! Allerdings...“, sie kommt einen Schritt näher und mit schreckensgeweiteten Augen weicht Dokuhiri zurück, „Bis er mich ausbezahlt, nehme ich mir schon mal etwas als Anzahlung!“ Dokuhari erbleicht. Ohne noch einen weiteren Gedanken zu verschwenden, macht der junge Youkai auf dem Absatz kehrt und ergreift die Flucht. Doch kaum hat er auch nur einen Fuß aus der Tür hinaus, wird er mit einem heftigen Ruck zurückgerissen. Zwar versucht er noch sich im Türrahmen festzukrallen, doch unerbittlich wird er wieder hineingezerrt und nur wenige Augenblicke später gibt das Holz unter seinen Händen nach. Ein markerschütternder, rauer Schrei ertönt, gefolgt von einem mehrmaligen, vernehmlichen Knacken und dann auf einmal herrscht Stille. Es vergeht eine ganze Weile bis am Eingang der Hütte wieder eine Gestalt zu sehen ist. Sie ist hochgewachsen und schlank. Gekleidet ist sie in einen dunklen Kimono der mit zahlreichen roten Stickereien verziert ist. Langes, weißes Haar hängt ihr über die Schultern herab und sie fährt sich einmal kurz über ihre knallroten Lippen. Dann lächelt sie unheilvoll. Tiefschwarze Augen durchspähen wachsam die Finsternis. „Youkais! Diese Kreaturen sind wirklich nur für eine Sache zu gebrauchen!“ Ihre Stimme klingt melodisch und klar. Nun setzt sie sich in Bewegung. „Bin ja mal gespannt, dass dieser stinkende Köter nun wieder im Schilde führt!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)