Sternennacht von Kaiden (Lass sie dir deinen Weg weisen) ================================================================================ Kapitel 1: Es beginnt --------------------- "Inari-sama, bitte wacht auf. Inari-sama!!" Irgendetwas - nein, irgendJEMAND - schien etwas von ihm zu wollen und versuchte energisch ihn zu wecken. Aber er hatte kein Interesse daran aufzuwachen. Ganz im Gegenteil: Gerade noch hatte er einen wunderbaren Traum gehabt, dass wusste er. Aber mit jeder Sekunde, die verstrich, verlor er sich immer mehr in seinem Kopf. Etwas in seinem Inneren wollte sich aber unbedingt an ihn erinnern, er musste den Traum irgendwie festhalten. Mit aller Kraft versuchte er den Traum präsent zu halten und sich an ihn zu erinnern, aber der Unruhestifter griff nun zu neuen Mitteln. Er wurde wachgerüttelt, der Traum entglitt ihm nun endgültig und er konnte sich nicht an ihn erinnern. Einige weitere Sekunden lag er noch mit geschlossenen Augen da, ließ sich weiter rütteln und trauerte dem Traum nach. Dann öffnete er seine Augen, wobei es eher ein Aufreißen war, da er sich in seiner Trauer um seinen Traum den Luxus des sanften Aufwachens nicht leisten wollte. Nach der ersten Orientierung wurde sein Blickfeld von zwei Augen dominiert, eins davon blau, das andere in einem dunklen Purpurton. Der Anblick schien ein Echo hervorzurufen und es war ihm, als ob diese Augen eben noch in seinem Traum eine sehr wichtige Rolle gespielt hatten. Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und einem Impuls folgend ließ er seine Arme nach oben schießen, ließ sie sich um den Träger dieses seltsamen Augenpaares schließen, der sich gerade zurückziehen wollte, und zog die Person an sich heran. Durch sein plötzliches Aufwachen war die Person erschrocken und konnte sich daher nicht gegen den Angriff wehren. Als sie wieder klar denken konnte, streichelte Inari-sama ihr durchs Haar. Schnell wand sie sich aus seinem Griff und zog sich zurück, blieb schweigend an seinem Nachtlager stehen, einen leichten Rosaton in ihrem Gesicht. Mit einem schmollendem Unterton begann Inari zu sprechen. "Wenn du mich schon so aus meinen Träumen reißt, kannst du mich doch wenigstens ein wenig dafür entschädigen oder nicht, E-" "Der Kommandant der Samurai ist eingetroffen und wünscht sofort mit ihnen zu sprechen." Inari sah sie verwundert an, dann ließ er seinen Blick an ihr vorbei zur Zimmertür schweifen und sah dort einen Samurai unruhig warten, der die dritte Anwesende nun mit einem abwertendem Blick musterte, nachdem sie Inari unterbrochen hatte. Inari, nun aufrecht in seinem Bett sitzend, schloß noch einmal kurz die Augen, fasste strich sich mit der Hand durch sein Haar und sammelte seine Gedanken. Dann sprach er mit allem Einfluss, den er als Prinz und zukünftiger Imperator besaß. "Egal, was sie von mir wollen, es kann mit Sicherheit noch warten. Also lassen sie mich jetzt allein, damit ich richtig wachwerden und mich anziehen kann." Der Angesprochene verneigte sich zackig, ein Zucken umspielte seine Lippen bei dem Wort 'wachwerden' und verließ ohne ein Wort den Raum. In den nächsten Minuten zog sich Inari schweigend an und wusch sich das Gesicht mit dem bereitgestelltem Wasser. Dann wandte er sich wieder seiner Dienerin zu, die ihn geweckt hatte. "Danke, dass du mich unterbrochen hast, Elora. Fast hätte ich deinen Namen vor ihm genannt." Elora verneigte sich. "Es ist meine Pflicht, euch vor Fehlern zu bewahren." Danach wieder Schweigen. Inari stutzte. Normalerweise würde jetzt eine Strafpredigt folgen, aber es kam nichts. Neugierig blickte er Elora an und versuchte einen Grund für ihr Schweigen zu finden. Sie sah aus wie immer. Schlichte Kleidung, die charakteristischen Fesseln an Armen und Beinen, die jeder Sklave trug. Als sein Blick ihren traf, wandte sie sich ab und ihr Gesicht wurde rot. Nun, dieses Verhalten war überhaupt nicht typisch und er konnte es sich beim besten Willen nicht erklären. Dann schien etwas in seinem Kopf einzurasten. "Ich habe wieder im Schlaf gesprochen..." Elora nickte, scheinbar über irgendetwas beschämt. Im Nebel seiner Erinnerung öffnete sich ein Fenster. Eloras Augen waren in seinem Traum vorgekommen. Natürlich, da ja auch der Rest von Elora darin vorgekommen war. Ihr Gesicht, ihre Arme, ihr ganzer Körper... sie hatte genauso ausgesehen, wie jetzt... obwohl... Kleidung war nicht vorgekommen... Nun war es an Inari sich unwohl in seiner Haut zu fühlen. Er wusste aus Eloras früheren Ermahnungen, dass er sehr ausgiebig im Schlaf sprechen konnte und plötzlich war ihm sein Traum wieder sehr präsent, was die Situation nicht besser werden ließ. "Ähm... ja, also..." Was sollte er jetzt sagen? Wäre es eine andere seiner Dienerinnen gewesen, die ihn erwischt hätte, wie er im Schlaf ihre... Besonderheiten und Vorzüge lobte, wäre es ihm egal gewesen, aber Elora? "Geh bitte und bereite ein Frühstück vor. Wir... reden dann nachher, in Ordnung?" Nach einem wortlosen Nicken verließ Elora das Zimmer und ließ Inari allein. Um sich vor seinem Gespräch mit dem Kommandanten zu sammeln, schaute er aus dem Fenster und ließ seine Gedanken die letzten Tage Revue passieren. *** Vor zwei Wochen war ein Bote in die Hauptstadt des Reiches Sho gekommen und hatte Imperator Haran und seinen Militärstrategen sehr interessante Informationen mitgebracht. Über ein entferntes Land, das zwar erst seit Kurzem bestand, sich in dieser kurzen Zeit aber bereits mehrmals Kriegen gestellt und immer wieder stärker aus ihnen hervorgegangen war. Wenn dies nicht schon Grund genug zur Sorge wäre - schließlich könnte das Land auch irgendwann Sho bedrohen und Imperator Haran war dafür bekannt, möglichst früh zu handeln, um unnötigen Verlusten vorzubeugen - war es der Imperator, der den Führern von Sho die meisten Gedanken bescherte. Ein mysteriöser Mann, der nach seinem ersten Erscheinen die Rebellion angeführt hatte, die schließlich in der Gründung von Tusukuru gemündet hatte: Hakuoro. Die Interventionen von Tusukuru hatten bereits die Handelsgeschäfte von Sho beeinträchtigt, indem es dabei geholfen hatte, das Land Na Tunk zu vernichten, mit dem Sho einen regen Sklavenhandel unterhielt. Obwohl es keine echten Beweise für die Hilfe gab, war sich Imperator Haran sicher, im Vorgehen der Rebellen von Na Tunk Hakuoros Handschrift herauslesen zu können. Die nächsten Tage wurde darüber diskutiert, wie man mit der potenzielle Gefahr umgehen sollte, die von Tusukuru ausging. Das Land war zu weit entfernt, um effektiv gegen es vorgehen zu können, ohne Unterstützung von mehreren anderen Ländern zwischen Sho und Tusukuru anfordern zu müssen, denen Haran von Natur aus nur soweit traute, wie er musste. Natürlich galt dies auch umgekehrt, aber Na Tunk hatte bereits bewiesen, dass Hakuoro sich die unzufriedenen Bürgerschichten zunutze machen könnte, um einen Krieg innerhalb von Sho in Gang zu setzen, ohne selbst in Aktion treten zu müssen. Nachdem Inari von einer Grenzinspektion zurückgekehrt war, wurde er ebenfalls in die Debatten mit einbezogen. Schließlich war der Neffe des alten und kinderlosen Haran der beste Kandidat für die Nachfolge des Imperators. Inari studierte die mitgebrachten Informationen sehr genau und nahm nur am Rande zur Kenntnis, dass die Mehrheit dazu tendierte, Nachbarländern von Tusukuru im Kriegsfall wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung anzubieten. Es wurde sogar darüber nachgedacht, Ninja nach Tusukuru zu schicken, um an strategisch wichtigen Positionen Unruhe zu stiften und eventuell sogar Mitglieder des Hofes zu töten. Immer und immer wieder las sich Inari die Informationen über eine spezielle Person am Hofe von Tusukuru durch und traf schließlich eine Entscheidung. Er schlug vor, zuerst einmal einen Botschafter nach Tusukuru zu schicken, um die gegenwärtige Lage zu analysieren, genauere Informationen über den Hof zu erhalten und Tusukuru vielleicht in einen Bündnispartner für Sho zu verwandeln, da Hakuoros aufstrebendes Land eine gute strategische Ausgangsposition besaß, um die Expansion von Sho weiter zu unterstützen. Es war ihm klar gewesen, dass die Militärs wie versessen auf den Gedanken reagieren würden, einen solch starken Partner gewinnen zu können. Nach einigen weiteren Gesprächen sah es sehr gut aus mit dem Vorschlag, zuerst einmal Kontakt mit Tusukuru aufnehmen zu wollen, da man sich danach immer noch für eine Auseinandersetzung entscheiden könnte. Dennoch waren die Gespräche an einen toten Punkt angekommen, ohne dass jemand den Grund dafür aussprach. Inari kannte ihn aber: Am nächsten Morgen wurde mit der Ankunft von Vakamori gerechnet, dem berühmtesten Samurai, dessen Rat immer sehr großes Gewicht beigemessen wurde und vor allem Haran verließ sich auf seinen alten Freund. Niemand der Anwesenden wollte es sagen, aber auf seine alten Tage hatte Haran sein militärstrategisches Talent fast vollständig eingebüßt. Inari musste die günstige Chance nutzen und eine Entscheidung erzwingen bevor Vakamori eintraf, da er seine Meinung leicht erraten konnte: Er würde empfehlen vorerst nicht offen zu agieren, da Tusukuru bisher keinerlei Interesse an Sho gezeigt hatte und man im Verborgenen bessere Vorbereitungen für alle möglichen Szenarien treffen könnte. Indem Inari an Harans Stolz appellierte und einige Gefälligkeiten unter den Militärstrategen einforderte, gelang es ihm schließlich doch, dass einer diplomatischen Expedition zugestimmt wurde. Er hatte schon seit längerer Zeit seine Fäden im Hintergrund gesponnen, um seinen Einfluss unauffällig auf andere Gebiete auszuweiten. Er hatte große Pläne für sich und Sho und er war sich sicher, dass Tusukuru ihm nicht nur auf eine Art bei seinen Plänen helfen könnte. Um seinem Onkel keine Zeit zu geben, seine Entscheidung doch noch zu ändern, brach Inari am Nachmittag überstürzt nach Kaara auf, der Hafenstadt von der aus er mit drei Schiffen nach Tusukuru fahren wollte. Als Vakamori am nächsten Nachmittag eintraf - Inari hatte weitere Gefallen eingefordert und es war seinen 'Freunden' gelungen Vakamori etwas aufzuhalten - waren die Vorbereitungen für die Expedition schon so weit fortgeschritten, dass das Absagen einen Gesichtsverlust für den Imperator bedeuten würde. Somit musste sich Vakamori zähneknirschend der Entscheidung beugen. Dies war vor drei Tagen und der Kommandant, der Inari vor wenigen Minuten gestört hatte, war persönlich von Vakamori für diese Mission ausgewählt worden, um Inari zu helfen und vermutlich die Führung zu übernehmen. Es war unter dem Hof von Sho ein offenes Geheimnis, dass Inari lange schlief, generell müde war und eher desinteressiert allen Belangen nachging. Natürlich war ihm das alles bekannt, schließlich arbeitete er schon seit Jahren an seinem Image, dass ihn unscheinbarer gegenüber den rivalisierenden Parteien am Hof erscheinen ließ. Er wusste, dass er zwar die besten Chancen hatte, Imperator zu werden, aber sobald sein Onkel gestorben war, würde ein Kampf unter seinen ehemals loyalen Untergebenen ausbrechen. Einen dummen Inari würden sie wohl versuchen aus dem Hintergrund zu kontrollieren, während ein intelligenter Inari wohl schon vor längerem an einem 'Unfall' gestorben wäre. Soviel hatte er von seinem Ziehvater gelernt und sich seinen Rat zu Herzen genommen, öffentlich immer ein anderen Gesicht zu zeigen und immer für alles Pläne zu haben. Sein auffälliges Interesse für diese Expedition hatte bereits einige Personen interessiert aufhorchen lassen, aber Inari war sich sicher, dass die Reise nach Tusukuru das Risiko wert war, dass man seine wahren Charakterzüge erkannte. Inari konzentrierte sich, ließ einen freundlichen, leicht gelangweilten Ausdruck auf seinem Gesicht erscheinen und ging den vermutlichen Verlauf des Gesprächs mit dem Kommandanten durch, während er sein Zimmer verließ und sich auf den Weg nach unten in den Hof der Kaserne machte, wo der Kommandant auf ihn wartete. Kapitel 2: Zwischenspiel 01 --------------------------- Es war eine Woche vergangen, seit Inari sich mit seiner Gefolgschaft auf den Weg nach Tusukuru gemacht hatte. Dort jedoch wusste noch niemand etwas von dieser Reise, da man vermeiden wollte, dass sich Hakuoro und seine Berater von langer Hand auf das Treffen mit den Abgesandten vorbereiten konnte. Denn es gab bei den Sho ein Sprichwort: Je länger man Zeit hat, um über seine Worte nachzudenken, umso wahrscheinlicher wird man lügen, um in einem besseren Licht da zu stehen. Um nachzudenken und um seinem Image als Frauenheld treu zu bleiben, was ihm großes Vergnügen bereitete, ließ sich Inari von fünf Sklaven seines Harems in seinem Privatgemach an Bord des Hauptschiffes verwöhnen. Während er in Gedanken versunken war, bat jemand um ein Gespräch. „Bist du das Falve? Komm doch rein.“ „A-Aber es ist untersagt, den Harem zu betreten. So gerne...“ Der Angesprochene unterbrach sich, als Elora die Tür zum Harem öffnete – Inari hatte sie mit einem Wink dazu aufgefordert – und ihn lächelnd in das Allerheiligste zog, während seine Begleiter, der Captain des Schiffs und der Anführer der begleitenden Samurai-Truppen einfach vor verschlossener Tür zurückgelassen wurden. Der Captain hatte so etwas bereits erwartet, schließlich waren sie hier auf Inaris bevorzugtem Schiff und er kannte sein Verhalten. Der Samurai, Aronn, war darüber jedoch sehr verärgert. Wie konnte ein so verwöhnter und arroganter Bengel je Imperator werden? Nicht, dass es soweit kommen sollte, wenn es nach ihm ging. Denn er gehörte der Senatsfraktion an, die sich dafür aussprach, den Nachfolger für den kinderlosen Sho VI. unter den Senatoren zu wählen, wobei sein Onkel dritten Grades große Chancen für einen Sieg hatte. Durch die verschlossene Tür versuchte er auf sich aufmerksam zu machen. „Inari-sama, wir nähern uns der Küste und...“ „Schon in Ordnung, Aronn. Falve wird mir alles erzählen. Und ich bin mir sicher, dass der Captain sowieso am besten wissen wird, was zu tun ist.“ Durch die Unterbrechung war Aronn kurz verwirrt worden. Nachdem er seine Gedanken wieder gesammelt hatte, hörte er aus dem Gemach das Kichern der Sklavinnen und wusste, dass ihm Inari nicht mehr zuhören würde. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und stolzierte davon, der Captain folgte ihm wortlos – mit einem leichten Lächeln. Im Gemach fühlte sich Falve derzeit sehr unwohl. Obwohl er ein außerordentlich talentierter Kämpfer war und zur Elite-Einheit innerhalb des Sho-Militärs gehörte, gab es doch etwas, vor dem er Angst hatte: Frauen. Er wusste nicht, woher diese Angst kam, aber sobald er es mit einer Frau zu tun bekam, blockierte sein Denken und er wusste nicht mehr, was zu tun war. Daher saß er nun auch verkrampft auf einem Seidenkissen Inaris Kissenberg gegenüber, in dem er es sich gemütlich gemacht hatte – umringt von seinen Sklavinnen. Die Tatsache, dass sich zwei der Sklavinnen an Falve schmiegten, machte es für ihn auch nicht einfacher. „Ähm... ihr beiden... ähm... es... bitte... könntet ihr... weggehen?“ Falves gestammelte Bitte fand bei den beiden keine Reaktion, außer dass sie ihn verwundert ansahen. „Wenn du ihnen etwas befehlen willst, musst du schon ihre Namen sagen, Falve.“ Er vergaß für einen Augenblick seine Ängstlichkeit, als Inari das verhasste Thema anschnitt. „Ich würde sie ja gerne bei ihren Namen nennen, aber leider kenne ich sie nicht, weil es für niedere Sklaven verboten ist, Namen zu tragen. Und ich werde nicht diese idiotischen Pseudonamen benutzen, die man ihnen gegeben hat.“ Dies war ein weiterer besonderer Charakterzug, den Inari an seinem Freund mochte: Der Hass auf unnütze Gesetz, vor allem auf dieses. Falve konnte nicht wissen, dass sein Freund seine 'Sklavinnen' weitaus besser behandelte, als er es eigentlich tun sollte. Auch nicht, dass er allen seinen Sklaven ihre Namen hatte behalten lassen oder ihnen erlaubt hatte, für sich eigene Namen zu wählen. Die nächste Stunde genoß es Inari, seinen Freund zu necken und sich zu vergnügen. Sobald sie in Tusukuru ankommen würden, wäre es für ihn an der Zeit, einen weiteren Schritt seines Planes in die Tat umzusetzen. Aber solange es nicht unbedingt nötig war, wollte er Falve aus seiner Verschwörung heraushalten. Die Namen der Sklaven: Echte Namen waren den Sklaven in der Anfangszeit von Sho verboten worden, da diese auf die unterlegenen Familien hindeuteten und Sho I. wollte diese Erinnerungen zum Wohle des Neuanfangs unterbinden. Heuzutage hatte dieses Gesetz keine Grundlage mehr, aber trotzdem gefiel es dem Adel, den Niederen etwas so selbstverständliches wie einen Namen vorenthalten zu können. Natürlich musste man die Sklaven irgendwie anreden und so wurden die Pseudonamen eingeführt: Namen, die sich auf Verhalten oder Aussehen der Person bezogen, um sie identifizieren und ansprechen zu können. Zu einem hatte Inari Elora. Sie hatte diesen Namen bereits getragen, als sie zur Sklavin wurde und hatte ihn lediglich ablegen müssen. In der Öffentlichkeit wurde sie wegen ihres purpurnen Auges einfach 'Purpur' genannt. Dann gab es da Vima. Sie war ein Albino, das bedeutet, dass ihre Haare farblos, ihre Augen rot und ihre Haut elfenbeinweiß waren. Wegen ihrer Andersartigkeit war sie von ihrer Familie in die Sklaverei verkauft worden, als man ihr ein großzügiges Angebot gemacht hatte. Man hatte sie als Exot Inari vor drei Jahren zum Geburtstag geschenkt und 'Weiß' genannt. Asta war seit je her als Konkubine ausgebildet worden und trug den Beinamen 'Schwinge' da sie es liebte, sich in Kleidern aus Federn zu hüllen. Den Namen Asta hatte sie sich selbst gewählt, nachdem Inari sie darum gebeten hatte. Silva, die kaum ein Wort sprach, wurde einfach 'Stille' genannt. Ihren Namen verdankte sie der Tatsache, dass Inari es amüsant fand, dass sie sich immer in seinem Silberbesteck bestaunte. Soyomina, genannt 'Talisman' wegen des Amuletts um ihren Hals, war die einzige Tochter eines ermordeten Sektenanführers, der gegen Sho opponiert hatte. Inari hatte sich ihrer unschuldigen Seele angenommen, um sie so vor dem grauenhaften Schicksal der Hinrichtung retten zu können. Er hatte ihre Familie ebenfalls während seiner Kindheit gekannt und mit der Anweisung, Soyomina zu seiner Sklavin zu machen, hatte er den letzten Wunsch ihres Vaters erfüllt, sich um sie zu kümmern. Und zuletzt gab es da noch Kaiden, die einzige Sklavin, die nicht mit auf die Reise gegangen war. Sie war weniger eine Sklavin, als Inaris Adjutantin und Beraterin. Sie erfüllte für ihn Missionen, von denen niemand etwas erfahren durfte. Und was das Wichtigste war: Sie gab sich nicht unterwürfig, sondern verteidigte Inari und seine Ehre mit aller Macht – notfalls mit dem Schwert, dass ihr den Namen 'Klinge' eingetragen hatte. Später am Tag in der Hafenstadt von Tusukuru: Als plötzlich die drei großen Kriegsschiffe der Sho am Horizont erschienen waren, hatte man in der Hafenstadt das Wachregiment mobilisiert und Großalarm gegeben. Obwohl die Diplomatenflagge gehisst war, wusste man nie, zu welchen hinterhältigen Tricks ein Feind greifen würde. Aber nachdem Inari alleine von Bord gegangen war und dem Kommandanten die Lage erklärt hatte, verschwand die angepannte Atmosphäre schnell wieder und die Gäste aus dem fremden Land wurden freundlich begrüßt. Inari schlenderte zusammen mit Elora und Stille im Beisein des Regimentskommandanten den Hafen entlang und unterhielten sich über unterschiedliche Themen. Wie sich herausstellte, war der Kommandant früher selbst zu See gefahren und so hatte Inari ihm einen Rundgang auf einem seiner Schiffe angeboten, die der Kommandant aber höflich abgelehnt hatte. Während sie sich unterhielten, ging langsam die Sonne am Horizont unter. „Ich danke euch dafür, dass ihr euren Aufbruch bis übermorgen verschoben habt. Der Berater des Imperators wird morgen eintreffen und euch sicher zum Palast geleiten, Lord Inari.“ Der Kommandant wusste, dass diese Leute keinen zusätzlichen Schutz brauchten. Die Schwarze Garde, so hatte man ihm die Samurai vorgestellt, gehörten zur Elite der Sho und sie machten auch einen sehr professionellen Eindruck. Aber es war besser, wenn diese Gruppe von einem bekannten Berater des Imperators begleitet wurde, damit es nicht unerwünschte Zwischenfälle auf dem Weg gab, wenn diese unbekannte Gruppe Samurai sich auf dem Weg zum Palast befand. Dem Abend verbrachte Inari im Haus des Bürgermeisters und feierte – gegen den ausdrücklichen Rat von Aronn, der ihn vor einem möglichen Attentat gewarnt hatte. Inari jedoch hatte diesen Einwand wohlwissend abgewiesen, dass er keine Informationen bekommen würde, wenn er von griesgrämig dreinschauenden Samurai bewacht worden wäre. Und tatsächlich erfuhr er so einiges über Tusukuru und den Imperator Hakuoro, dass die Spione nicht für nötig gefunden hatten, nach Sho zu senden. So erfuhr er, dass der Imperator als Fremder in dieses Land gekommen war und unter anderem großes Geschick darin besaß, aus seinen Feinden Freunde zu machen. Außerdem waren seine taktischen und strategischen Fähigkeiten scheinbar viel weiter ausgebildet, als man in Sho momentan dachte. Wie es schien, war Tusukuru wirklich der richtige Ort für Inaris Plan. Wieder einmal hatte ihn seine Eingebung den richtigen Weg gewiesen. *** *** *** Anmerkungen: So, das zweite Kapitel ist fertig. Ist zwar sogar noch kürzer als das erste, aber es sollte auch nur eine Überleitung darstellen. Anfangs wollte ich längere Szenen im Gemach und in der Hafenstadt machen, habe mich aber dazu entschieden, die Szenen etwas abgewandelt im Palast abspielen zu lassen, wenn die bekannten Utawarerumono-Charaktere anwesend sind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)