Zärtlichkeit von SilverMoon21 ================================================================================ Prolog: Ein kleines bisschen Glück ---------------------------------- Sie war müde. Der Tag im Büro war anstrengend gewesen und sie hatte längst die Nase voll von den Menschen, die unermüdlich anriefen und sie mit Fragen quälten, welche keiner Antwort bedurften, würden die Leute ihre Briefe ordentlich lesen. Ebenso wie sie von den ständigen Hilfegesuchen ihrer Arbeitskollegen genervt war, doch sie war einfach der Typ, der nichts sagte, der einfach versuchte Tage für Tag, die gleiche Form der Höfflichkeit zu wahren, auch wenn ihr alles zuviel wurde. Was sie wollte und brauchte war Abwechslung, doch schon in dem Moment, als sie den Briefkasten leerte und die Tür zu ihrer Wohnung aufschloss, wusste sie, dass auch heute wieder nichts weiter als ein gewöhnlicher Tag war. Gänzlich in der Automatik ihres täglichen Handelns gefangen, ging sie durch den Gang direkt in die Küche, legte die Post auf den Tisch, ging weiter durch das Wohnzimmer, wo sie ihre Katze mit einem kurzen, aber sanften streicheln begrüßte und schaltete ihren PC an. Obwohl sie den ganzen Tag nichts getan hatte, als auf die Mattscheibe eines Monitors zu blicken, wollte sie noch kurz ihre Emails kontrollieren, bevor sie letztendlich die Füße hochlegen würde. Zumindest für eine halbe Stunde, denn spätestens danach würde sie sich um ihre Hausarbeit kümmern müssen. Leise seufzte sie auf, doch niemand war da, der ihr Seufzen hören konnte, außer der Katze, die längst daran gewöhnt war und sich nicht einmal die Mühe machte aufzublicken, sondern weiter vor sich hindöste. Kurz warf sie einen Blick auf das getigerte Tier, nur um sich gleich darauf von ihm abzuwenden, ihre Jacke auszuziehen und sie im Gang an die Garderobe zu hängen und dann kam er. Der Gedanke, der Wunsch und die Hoffnung dran, dass heute etwas geschehen würde, das sie aus der Legati ihres Alttags reißen würde. Irgendetwas das ihr zeigen und bedeuten würde, dass sie in ihrem Leben noch etwas erreichen konnte. Doch so schnell der Wunsch gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder, denn sie wusste, nichts dergleichen würde geschehen. Also setzte sie sich an ihren PC und versank für eine halbe Stunde in der Weite des Internets. Erst der Ruf ihres Magens, das laute und leicht schmerzhafte Rumoren, rissen sie von der digitalen Welt fort. In diesem Moment ließ sie ihre Freundinnen und ihre elektronische Post zurück, um sich in der Küche eine Pizza aus der Tiefkühltruhe zu holen und sie sich in den Backofen zu schieben. Nun erst, fiel ihr Blick wieder auf die normale Post, die dort lag. Fast schon gelangweilt, da sie es gewohnt war nur Werbungen und Rechnungen zu erhalten, legte sie zwei Kataloge und drei Werbebriefe zur Seite, doch dann stockte sie. In ihren Händen lag ein Brief, leicht und irritierend schwarz. Hatte sie schon einmal einen schwarzen Briefumschlag gesehen? Sie konnte sich nicht dran erinnern, doch als sie den Brief drehte und sich seine Rückseite besah, da erkannte sie das rote Logo welches dort prangte. Konnte das sein? Sie war irritiert und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, und doch fand sie den Mut mit zitternden Fingern den Umschlag zu öffnen. Ihr Verstand, welcher so gerne analysierte, welcher so gerne vernünftig blieb, suggerierten ihr, dass es sich auch bei diesem Brief nur um Werbung handeln konnte, aber ihr Herz. Ihr verräterisch, hoffendes Herz, dass ihren Verstand zu untergraben schien, betete. Langsam entnahm sie dem Umschlag ein weißes Blatt Papier und sie war so sehr darauf fixiert den Brief zu öffnen, dass sie sich nicht einmal über den starken Kontrast wunderte. Flink, aber gründlich wanderten ihre blauen Augen über das Papier. Überflogen jede Zeile und lasen sie noch ein zweites und ein drittes Mal. Der Inhalt änderte sich jedoch nicht. Mit einem Mal musste sie gegen ihre weichen Knie ankämpfen, welche ihr wegzuknicken drohten. Wacklig tastete sie nach dem einzigen Stuhl in ihrer Küche und setzte sich darauf, den Brief noch immer in ihren Händen. Sie hatte gewonnen! So unglaublich es ihr auch erschien, denn sie hatte noch nie in ihrem Leben etwas gewonnen, außer gelegentlich bei einem Los in der Lotto-Stelle, doch sie hatte das Treffen mit ihrer Lieblingsband gewonnen. Wie viele Wochen war es her, dass sie auf der Homepage der Band ihren Namen und ihre Adresse bei dem Tokio Hotel Ratespiel eingegeben hatte? Waren es vier oder fünf gewesen? Auf jeden Fall war es so lange gewesen, dass sie längst nicht mehr dran gedacht hatte und nun kam diese Überraschung. Sie hatte ein Treffen mit der Band gewonnen. Einen ganzen Tag lang, inklusive Übernachtung durfte sie mit der Band verbringen und sie würde auch endlich Bill treffen. Bill, den sie unglaublich sexy fand, und auf den sie lächerlicherweise, denn immerhin war sie einige Jahre älter als er, stand. Bill, der ihr seit Monaten im Kopf herumspukte und dessen Bild sie beim einschlafen als letztes und beim aufwachen als erst sah. Bill, von dem sie jeden Schnipsel sammelte und wegen dem sie, jetzt im Erwachsenenalter wieder begonnen hatte, Teenangermagazine zu lesen. Sie würde ihn treffen! In ihr wirbelten die Gedanken und Gefühle nur so umher und sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte oder nicht, denn Unsicherheit erfühlte sie im gleichen Maß, wie auch das Glücksgefühl. Würden die Jungs sie leiden können? Würde Bill sie mögen? Oder würde sie belächelt werden, weil sie nicht dem typischen Fanalter der Band entsprach? Weil sie nicht dem hübschen Standart der Tokio Hotel Fans glich? Diese und andere Gedanken huschten durch ihren Kopf und so bemerkte sie auch nicht, dass die Pizza in ihrem Backofen längst verbrannt war und der beißende Gestank selbst die Katze im Wohnzimmer aus ihrem trägen Schlaf gerissen hatte. Sie bemerkte gar nichts mehr, denn die Abwechslung war in ihre Wohnung geflattert. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)