Raftel (1) von sakemaki (When Spirits Are Calling My Name ...) ================================================================================ 25 - Das Haus der Stille ------------------------ Der Kanonier und das Rentier konnten nicht sagen, wie lange sie nun schon nebeneinander mit großen Augen auf die junge Frau starrten. Dass Zoro tatsächlich hergefunden hatte, war ein Glücksfall, aber warum war Tashigi hier? Woher kam sie? Die beiden stellten sich diese Fragen aus zwei vollkommen verschiedenen Perspektiven. Chopper war mehr als überrascht und hocherfreut. Er hatte sie so sehr vermisst, aber er hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Mit professionellem Blick hatte er längst erkannt, dass sie verletzt und übel behandelt aussah. Doch er wollte sie zum Verarzten nicht aus ihrem Schlaf reißen. Sie schien diesen bitternötig zu haben, und die Behandlung könnte noch etwas warten. Usopp verstand die Welt nicht mehr. Er hatte zwar in den Zeitungen von der angeblichen Entführung Tashigis durch Zoro gelesen, aber von der Reise über die Redline, ihrer Anwesenheit auf der Sunny und ihrer Hilfe zur Befreiung Luffys wusste er natürlich noch nichts. Und so wunderte er sich um so mehr, dass sich Tashigi und Zoro schlafend in ein und dem selben Raum aufhielten, und dass dieser Umstand nicht zur kriegerischen Eskalation führte. Der Kanonier musste feststellen, dass er eine Menge verpasst hatte und dass ihm obendrein einiges an Informationen fehlte. Doch noch bevor er sich weitere Gedanken machen konnte, begann sich die junge Frau zu regen. Als sie die Augen aufschlug, blickte sie in erstaunte Gesichter, die sie nicht erwartet hatte und erschrak folglich sehr. Der kleine Arzt nahm dieses nicht wahr und umarmte sie vor Freude sehr. Die ehemalige Marinesoldatin fing sich wieder und begrüßte mit einem scheuen Lächeln das Rentier. Dann blickte sie zu Usopp, dem das Fragezeichen im Gesicht stand, und entgegnete ihm ein höfliches „Guten Morgen!“, denn sie konnte noch nicht abschätzen, wie die Langnase reagieren würde. Dieser überhäufte sie nun mit Fragen wie ein Wasserfall, so dass sie zum Selbstschutz vor diesen Wortmassen die Decke bis zur Nasenspitze hochzog und sich rücklings an die Zimmerwand lehnte. Chopper unterbrach umgehen das Verhör, indem er mit ernstem Ton den Kanonier darauf hinwies, dass Tashigi keinen guten körperlichen Gesamteindruck vermitteln würde. Fragen könnte sie später beantworten. Usopp wollte diesen Punkt aber dennoch diskutiert haben, was der energisch Arzt abwimmelte. Die Zwischenzeit hatte Tashigi genutzt und musterte mit den Augen den Raum, der aus nichts anderem bestand als den grauen Wänden, drei Bettenlager, einer Tür und keinem Fenster. Nur eine kleine Öllampe spendete etwas Licht. Der Lärm des Donners ließ den Boden und die Wände vibrieren. Obwohl die Wettererscheinung in dieser Gegend normal war, zuckte sie zusammen. Sie konnte sich nicht mehr recht entsinnen, wie sie hierher gekommen war, geschweige denn, wo sie sich überhaupt befand. Sie erhaschte durch einen Blick an Usopp und Chopper vorbei in einer anderen dunklen Zimmerecke Zoro, der dort an die Wand gelehnt mit seinen drei Schwertern im Arm schlief, als hätte es nie einen anderen Platz für ihn gegeben. Tief kramte sie in ihrem Gedächtnis nach und langsam fiel ihr der Ablauf ihres Treffens wieder ein. Peinlich berührt lief sie rot an, als sie daran dachte, wie sie bei dem Schwertkämpfer heulend in den Armen gelegen hatte. „Hoffentlich ist er nicht sauer...“, dachte sie. Da sie aber hier war und nicht draußen in der Wildnis und dem Unwetter, war es wohl in Ordnung gewesen. Dennoch würde sie sich nochmals für diese Entgleisung bei ihm entschuldigen, wenn es die Gelegenheit böte. „Wo sind denn deine Sache? Hast du nichts dabei?“ riss Chopper die junge Frau aus ihren Gedanken. Sie schüttelte nur betrübt den Kopf und erklärte ihm, dass sie auf ihrer Reise bis hierher alles verloren hätte. Ihre Miene und ihr unruhiger Blick durch das Zimmer ließen aber erahnen, dass „verloren“ ein weitdehnbarer Begriff sein musste. Überhaupt schien sie sehr nervös zu sein. Trotz der Decke konnte man ein Zittern am ganzen Körper erkennen. Ihre Haut war schneeweiß und die Augen leer und ohne freudigem Glanz, wie Chopper es früher von ihr kannte. Er sagte nichts, war aber extrem besorgt, um den Zustand seiner Patientin. Die Lädierungen am Körper und das leichte Untergewicht wären in wenigen Wochen vergessen, aber könnte er diese Seele heilen? Psychologie lag weit außerhalb seines Fachgebietes. Er war damals Arzt geworden, um allen zu helfen, aber seit er in dieser Crew reiste, war er als Allgemeinmediziner schnell an seine Grenzen gestoßen. Eigentlich bräuchte er noch ein Studium in Zahnmedizin, Chirurgie auf allen Ebenen und nun eben Psychologie. Der medizinische Bereich war einfach zu komplex, um jemals alle Geheimnisse zu kennen. Besonders für ein Rentier. Oft hatte er Robin bewundert, dass sie sich soviel in ihrem Gebiet merken konnte. Leider konnte sie ihm nicht erklären, wie sie diese Erinnerungsleistung anstellte. Sie konnte es einfach so. Die Gespräche waren nicht gerade leise, so dass sich nun Zoro im Halbschlaf beschwerte: „Könnt ihr nicht einmal die Klappe halten? Da kann doch echt keiner schlafen!“ Er streckte im Sitzen alle Viere von sich, gähnte und blinzelte verschlafen auf die Krachverursacher. „Wir haben gestern mit dem Wirt über ganz viele Dinge gesprochen. Zum Beispiel befinden wir uns hier an einer Straße zwischen Wanane und dem Haus der Stille. Wir sind also gar nicht mal so falsch hier!“ berichtete Chopper dem Schwertkämpfer stolz. „Ja, das hab ich schon rausbekommen. Und der Typ von dieser dubiosen Hütte hat nämlich auch schon weitertelefoniert, dass wir hier sind. Wir müssen los!“ kam von diesem als trockenen Erkenntnis. „Was? Woher weißt du das? Gedankenlesen gehört doch gar nicht zu deinem Repertoire, oder doch?“ sprang der Arzt erschrocken auf und beobachtete, Zoro mit einem Ruck die Tür aufriss und gleichzeitig dem hereinpurzelnden Wirt sein gezogenes Schwert an den Hals hielt. Dieser hatte von außen an der Tür alles belauscht und winselte nun um Gnade. „Für wen arbeitest du?“ fuhr in Zoro barsch an. Es entging ihm nicht, dass der Wirt etwas in seine rechte Hand verbarg. Mit einer geschickten Bewegung riss er die Hand des Hausbesitzer in die Höhe, so dass dieser nun wegen seiner geringen Körpergröße in der Luft strampelte. Die Faust war leer, jedoch kam auf der inneren Handfläche ein Tattoo ans Licht. Drei gelbe Striche verbanden sich zu einem gleichseitigen Dreieck. Zoro ließ sein Opfer wieder unsanft zu Boden fallen. Er steckte sein Schwert wieder zurück und befahl: „Als Entschädigung für diesen Lauschangriff springt für uns alle was zu Essen raus und ein paar Informationen!“ Der am Boden Liegende nickte nur wie wild und sprintete nach vorn zur Theke, wo er hastig Küchenutensilien herauskramte. Die Piraten und Tashigi folgten ihm, denn so einen Lauscher sollte man nicht aus den Augen lassen. Sie setzen sich um einen der beiden runden Tisch und beobachteten schweigend den Wirt, der beteuerte, er sollte sofort eine Meldung machen, wenn jemand zum Haus der Stille gehen wollte. Er melde dieses immer an die Zentrale des gelben Primas. Jeder, der dem gelben Prima angehören würde, trüge diese Tattoo an der Hand. Mehr wisse er wirklich nichts, aber bis zum Haus der Stille wären es nur gut zwei Stunden zu Fuß und zu den Grenzen von Wanane mindestens vier Tagesreisen. Die Piraten erkundigten, was so besonderes am Haus der Stille wäre. Der Wirt räusperte sich. Diese Frage war ihm unangenehm, denn nun musste er seinen Tarnung aufgeben. „Sicher könnt ihr euch denken, dass ein Handels- und Gasthaus an dieser Stelle inmitten eines Unwetters nicht lukrativ ist. Hier kommen nur welche vorbei die zum Orakel wollen. Die Heeresleitung des gelben Prismas hat mich hierher abgeordnet schon vor vielen Jahren, um das Geheimnis des Orakels zu lüften. Ich war schon ein paar mal dort, aber ich kann das Türrätsel nicht lösen und hineingelangen. Und die wenigen, die dort drin waren, wollten oder konnten nichts berichten. Hach, meine jahrelange Forschung brachte nichts, denn das Haus zerfällt immer mehr. Geht ruhig, geht ruhig...“, sagte der Wirt. Und das taten sie dann auch, nachdem sie die letzten Essensreste verdrückt hatten, und folgten der aschebedeckten Straße zum Orakel. Sie waren nicht sonderlich viel schlauer als zuvor, doch wusste sie nun, dass ihr Ziel nicht mehr weit war. Usopp kramte in seinem unendlichem Märchenfundus und wusste von Orakeln zu berichten, dass diese stets in Rätseln antworteten. Jedoch fand er nur in Chopper einen aufmerksamen Zuhörer. Die beiden anderen folgten still. Plötzlich blieb Der Scharfschütze stehen. „Warum ist die eigentlich bei uns?“ fragte er auf Tashigi deutend. „Und von dir will ich jetzt auch wissen, was dass hier alles soll!“ Damit meinte er Zoro. „Hey, sprich nicht so zu ihr! Sie hat geholfen, Luffy zu befreien!“ warf das Rentier aufgebracht ein, und der Kanonier staunte nicht schlecht, als der Schwertkämpfer noch hinzufügte, dass ihr Rückkehr zu seiner und Choppers Gruppe nun mal so abgemacht wäre. Und um dem Scharfschützen noch den Rest an unglaublichen Geschichten zu geben, erwähnte Zoro, dass er Geister sehen, Teufelskräfte bei Berührung aufheben und mittlerweile auch Gefühle anderer lesen könnte. Er wisse aber nicht, woher diese Gaben kämen. Usopp war recht durcheinander und hätte Tashigi nun auch noch das ausgesprochen, was ihr gerade auf der Zunge lag, hätten sie wohl noch viel bereden können. Sie behielt jedoch ihr Wissen aus dem Tagebuch des Folkloristen und dem Foto für sich. Die Gruppe nahm ihren Weg wieder auf und schon nach ein paar Minuten sahen sie am Ende der Straße ein großes Tor. Es maß sicher eine staatliche Häöhe von gut vier oder gar fünf Metern. Auf zwei antiken Steinsäulen ruhte ein Querbalken aus dem selben Stein und war zu einem kunstvollen Spitzdach behauen. Sonst sah man nichts weiter. Chopper und Usopp untersuchten das Tor genau, indem sie durchliefen, dagegen traten, hinaufkletterten. Doch nichts geschah. Zoro stand einige Meter mit verschränkten Armen vor dem Türgebilde aus Stein und sah am Stein entlang. Es war nichts auffälliges zu erkennen. Keine Nachricht, kein Hinweis und keine Geheimtür. Er legte den Kopf schief und dachte nach. Das Tor war wirklich seltsam. Und hier sollte ein Orakel sein? Tashigi stand wie bestellt und nicht abgeholt neben ihm, starrte auf den staubigen Boden und schwieg. „Es tut mir leid...“ begann sie schüchtern ohne aufzusehen. „Dir braucht nichts leid zu tun. Das hatte ich dir gestern schon gesagt“, antwortete ihr Zoro ruhig. „Aber ich habe das Tagebuch und das Foto verloren. Und in dem Dorf war ich auch.“ „Hm?“ Sie gesellten sich beide zu dem Rentier und dem Kanonier, die ihre Untersuchungen am Tor aufgegeben hatten und nun zu Füßen des einen mächtigen Steinpfostens saßen. Es war nun an der jungen Frau eine lange Geschichte zu erzählen. Sie berichtete, in knappen, schnörkellosen Sätzen, wie sie nach dem Gespräch mit ihrem Vorgesetzten Smoker Loguetown verließ, auf der Fähre entdeckt wurde und auf einem Rettungsboot tagelang auf dem East Blue umhertrieb. Doch irgendwann wurde sie nördlich an den Strand der Redline geschwemmt. Sie machte sich auf durchs Gebirge zum Dorf Shimotsuki. Tagsüber schlief sie versteckt zwischen Büschen und nachts marschierte sie. Es blieb dabei nicht aus, dass ihre Tollpatschigkeit sie gelegentlich den ein oder anderen Abhang hinunter purzeln ließ. Auch hatte sie sich gegen Diebe und anderes Gesindel zu verteidigen. Dabei wurde auch ihr Rucksack geklaut, als sie schlief. Irgend so ein Landstreicher hätte sie an den Handgelenken gepackt, sie zu Boden gedrückt. Mit Mühe und Not hatte sie sich befreien können, doch ihr Ganzes hab und Gut war weg, Nur ihre beiden Katana waren ihr geblieben. Einige Tage später erreichte sie tatsächlich das Dorf und das Dojo ihre Vaters. Hier stockte Tashigi in ihrer Erzählung und erinnerte sich im Stillen an die Tage in Shimotsuki. Sie brauchte keine Erklärung abgeben, wer sie war, als sie an der Haustür klopfte. Koushirou wusste es sofort und nahm sie herzlichst auf. Aber es war seltsam, denn obwohl sie blutsverwandt waren, waren sie wie Fremde. Ihr gefiel es sehr in dem Dojo, lernte von ihrem Vater den Offensivtrick für die Verteidigung und nahm die Umgebung in Augenschein. Der Besuch am Grabe ihrer Schwester brachte dann aber die Gewissheit, dass sie noch einmal gehen müsste. Ihr Vater war darüber nicht sonderlich erbaut, denn er hatte gerade eine verlorenen Tochter wiedergefunden, doch Reisende durfte man nicht aufhalten. Sie gab das Versprechen, bald wiederzukehren. Aber nun musste sie gehen. Sie stand auf der Fahndungsliste der Marine und liebte einen Piraten. Wie sollte sie da bleiben? Das Dorf würde sicher bald von der Militärpolizei heimgesucht werden. Ihr Vater verstand dies und mit seinem typischen Lächeln im Gesicht ließ er sie gehen. Er sah ihr noch lange nach, bis sie am Ende des Weges nicht mehr zu sehen war. Sie erzählte nun ihren Zuhörern, dass sie sich dann von dem Dorf weiter kreuz und quer durch das Gebirge und dann durch den Bergwald von Wanane geschlagen hätte. Unterwegs hätte sie viel Leid und Elend gesehen. Auch zögen große Banden von Bergpiraten durch die Wälder und raubten und brandschatzten alles, was ihnen im Wege war. Zudem würde dort eine Epidemie die wenigen Dörfer heimsuchen. Die Menschen bekämen Krämpfe am ganzen Körper und wären schon nach zwei weiteren Tagen verstorben. Schreckliche Bilder hingen in ihrem Kopf und sie war froh, dass sie hier in der Donnerebene endlich wieder vertraute Personen angetroffen hätte. Chopper schlackerten immer noch die Ohren. Er war sprachlos. Usopp entrutschte ein erstauntes Lob über ihren Mut. Das hätte er vielleicht niemals so ganz allein hinbekommen. Ein Schauder zog übers einen Rücken, als im siedend heiß einfiel, dass der Kerzenmacher ebenfalls aus Wanane stammen sollte und hoffte, dass sie nicht allzu schnell diese Gegend aufsuchen müssten. Zoro erkundigte sich, was sie vorhin noch mit dem Buch angedeutet hätte. Sie atmete durch. Gut musste sie nun überlegen, was sie nun vor allen berichtete, denn von der Villa im Bambushain wussten nur sie und der Schwertkämpfer etwas. Und sie beschrieb es tatsächlich geschickt, wie sie in dem Bambuswald auf ein verlassenes Quartier der Cipherpol gestoßen war und sie dort Unterlagen gelesen hätte. Sie erzählte, dass der Folklorist in dem Tagebuch von den Kinder Kalis berichtete, welche auch als Wächter von Raftel bekannt wären. Doch diese Wächter wurden von der Weltregierung ausgerottet, wofür sich die Kinder böse gerächt hätten. Dann erzählte sie von der Fotokiste und Zoros Foto. Die erstaunten Gesichter in der Runde waren nicht zu übersehen. Nur Zoro blieb wie immer gefasst und überlegte laut: „Das würde manches erklären ...“ „Das würde einiges klären?! Wie kannst du hier so ruhig sitzen? Du bist vielleicht der Schlüssel zum One Piece und dich interessiert das nicht?“ Chopper und Usopp waren ganz aufgebracht, Tashigi sah verstört zu Boden und Zoro sagte nur: „Nö. Mich interessiert das nicht!“ Dabei hatte er ein diabolisches Grinsen im Gesicht, dass hinter diesem Satz sicher noch mehr steckte als nur Egalität. Doch wer wusste schon Zoros waren Gedanken jemals recht zu deuten. Wenn der Kanonier und der Arzt auf einem Stuhl gesessen hätten, wären sie wohl in diesem Moment runtergefallen. Der Kerl war doch unglaublich. Da hatte er das Schicksal der Welt in den Händen und dachte sicher nur an Pennen, Saufen und Trainieren. Ungeheuerlich! Zumindest würde das nicht zu unüberlegten Kurzschlusshandlungen führen. Wenn Luffy davon Wind bekommen würde, wäre er sicher sofort auf der Fährte zu einem neuen Abenteuer. „Ich habe übrigens das Rätsel für das Tor gelöst. Glaube ich“, unterbrach die junge Frau die Runde. „Welches Rätsel?“ kam es aus allen Mündern gleichzeitig. „Das da!“ Sie zeigte mit dem Finger nach oben, wo man über ihnen die Unterseite des Querbalkens sah. Tatsächlich leuchteten dort wie eingebrannt Buchstaben und Wörter auf, die vorher noch nicht dort gestanden hatten: „EIN GAST SEID IHR UND TRETET EIN! SOLL DOCH NUR BEANTWORTET DIESE EINE FRAGE SEIN! WAS HABT IHR VIER GEMEIN?“ „Was soll das denn für eine Frage sein?“ beschwerte sich der Scharfschütze und überlegte laut, was sie alle vier gemeinsam hätten. Doch es wollte ihm nicht einfallen. „Es ist ganz einfach! Wir haben alle noch eine andere Hälfte in uns. Chopper ist ein Rentier, aber durch die Teufelsfrucht auch ein Mensch, du Usopp, trägst noch zum positiven Denken den Sogeking in dir, Zoro haftet die Sache mit den Kali-Kindern an und ich selbst... ich bin nur ein halber Zwilling.“ Bei diesem letzten Teil des Satzes griff sie sich wütend an ihren Hals und den aufmerksamen Beobachtern entging nicht, dass sich ihre Finger vor Wut verkrampften. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Kein Donner, kein Wind, kein Blitz und keine Wolke regten sich. Dann tauchte hinter dem Tor eine breite Wendeltreppe aus Stein auf, die unendlich in den Himmel zu ragen schien. Man konnte nur von einer Seite diese Treppe sehen. Von der anderen Torseite sah man nur die aschgraue, karge Landschaft. Ehrfürchtig und erstaunt zugleich erklommen sie die ersten Stufen und sahen sich um. Der Ascheboden war einem blanken Marmorboden gewichen, der zu allen Seiten bis zum Horizont reichte. Der Himmel war wolkenlos und zeigte einen herrlichen Sternenhimmel. Die Vermutung lag nahe, dass östlich die Dämmerung eines neuen Morgens heran brach. Sie höher sie stiegen, desto höher stieg die aufgehende Sonne am Horizont. Usopp hielt inne und überlegte, dann rannte er plötzlich los und starrte dabei auf gleißende Himmelscheibe, die im selben Tempo am Himmel emporklomm. Dann stoppte er und lief die Stufen wieder bis zu seinen Freunden herab. „Etwas ist merkwürdig!“ überlegte er laut und erklärte dann in die verwunderten Gesichter: „Die Sonne steht für einen Zeitraum. Unten an der Treppe ist der Anfang, denn dort ist morgen. Hier in der Mitte scheint fast Mittag zu sein. Oben am Treppenende ist es sicherlich Abend oder Nacht. Ich bin mir nur nicht sicher, was das zu bedeuten hat. Ist es die Zeit, die wir hier verbringen dürfen? Mit unserer Geschwindigkeit regeln wir es ja selber...“ Mit der Hand am Kinn reibend grübelte er vor sich her. „Keine Ahnung, aber die Treppe ist verdammt anstrengend. Zu Beginn kam es mir doch noch so leicht vor...“ japste Chopper erschöpft und ließ sich in seiner Rentierform auf „Und was redest du da? Die Sonne geht doch fast schon wieder unter“, fügte er hinzu. Nun waren die anderen Drei verblüfft. Sie alle sahen die Sonne zu einer Vormittagszeit. Wie konnte das Rentier von Abendsonne reden? Doch als sie alle den Weg zurückblickten, wo der kleine Arzt auf den Stufen lag, weiteten sich entsetzt ihre Augen. Chopper war um Jahre gealtert. Sein Fell war grau und strubbelig. Seine Blick alt und müde. Erst jetzt begriffen sie den Sinn der Treppe: Es waren ihre Lebensspannen. Der untere Teil entsprach dem Morgen und somit der Geburt. Ganz oben am Ende der Treppe war die Nacht das Ende eines Lebens. Und nun verstanden sie auch, wieso Chopper bereits den Abend sah. Denn Rentiere erreichen nicht das Alter von Menschen. Wohl auch nicht durch eine Mensch-Mensch-Frucht. „Los, wir müssen die Treppe wieder runter oder wir verlieren ihn!“ befahl Zoro. Sie rannten, bis Chopper in ihren Armen wieder sein gewohntes Alter erreicht hatte. Dort setzten sie sich auf die Stufen und dachten nach. Der Kanonier überlegte, ob es wohl jemals jemand fast bis zum Ende geschafft haben möge und wie es wohl im Himmel wäre? Ob es so aussähe wie auf Sky-Island? Zwei süßliche Stimmen wie Glocken drangen aus dem Nirgendwo an ihre Ohren. Es war unmöglich zu sagen, ob sie nun aus dem Treppenhaus oder nur in ihrem eigenen Kopf hörbar waren. WIR SIND DER ANFANG UND DAS ENDE! WIR SIND DER ZEITEN WENDE! DEM GAST REICHEN WIR DIE HÄNDE! „Wer ist WIR?“ rief Zoro in den Raum hinein. WILLKOMMEN IN UNSEREM HEIM! DEINE WORTE ABER ERSTICKEN IM KEIM! DENN WIR VERSTEHEN NUR DEN REIM! Der Schwertkämpfer hatte das Gefühl, die Stimmen würden durch das Haus der Wendeltreppe tanzen ohne sagen zu können, wo sie sich genau befanden. Das Reimspiel konnte ja nun heiter werden und er forderte Usopp seinem Job als Märchenonkel gerecht zu werden. Der Scharfschütze war zwar über diese Betitelung leicht angesäuert, aber er wollte sein bestes im Erfinden von Reimen geben. Doch was genau sollte er fragen? Sie einigten sich erst mal darauf, die Identität des Orakels zu lösen. Wenn es besonders schlau wäre, dann könne es sich ja mal zum One Piece, Raftel, dem Kerzenmacher und sonstigen persönlichen Problemen äußern. Der Kanonier überschlug beim ersten Zählen, dass er für diese Informationen sehr viele Reime erfinden müsste, aber es half nichts. Er begann holperig, wurde aber immer sicherer: „Wir stehen durch einen einfachen Rat hier, doch bitte erzähl uns erst einmal von dir!“ DEIN REIM IST NICHT FEIN! ER SOLL DENNOCH UNSER SEIN! DARUM GEHEN WIR AUF DEINE FRAGEN EIN! WIR SIND SO ALT WIE DIE ZEIT UNSER RAT UND WISSEN REICHTE WEIT! DOCH NUN IST ES UNSER LEID! UNSERE ZEIT GEHT ZU ENDE! UNSERE SCHICKSAL LENKEN NUN FREMDE! DIESE WELT IST NICHT MEHR UNSER GELÄNDE! Usopp merkte schnell, dass hier tatsächlich geballtest Wissen vorhanden war. Doch bei dieser Reimerei würden sie tatsächlich Tage brauchen, um befriedigende Antworten zu erhalten. Darum beschloss er, die ganze Sache abzukürzen. „Oh Orakel, wir haben viele Dinge auf dem Herzen, doch reicht uns der Weg zum Macher der Kerzen! Seine Gunst solle uns nach Raftel führen und Luffy zum König der Piraten küren! Die Fahrt dorthin ist schwer, deshalb bitten wir dich so sehr: Verrat uns das Geheimnis schnell, und erleuchte unsere Gedanken hell. Erzähle uns ohne Verdrieß: Was ist One Piece?“ Der Kanonier holte die Luft. Wenn das kein Superreim auf die Schnelle war, dann wusste er auch nicht weiter. Seine Freunde nickten ihm aufmunternd zu. Der Reim war wirklich geschickt. Jedoch war die Antwort nicht das, was sie hören wollten. ALTE MÄCHTE SOLLTEN UNS VERBINDEN! DOCH NUN, WO UNSERE KRÄFTE SCHWINDEN! WOLLTE IHR NOCH DAS ONE PIECE FINDEN? VON UNS FÄLLT BALD DES KAMPFES LAST! WIR MACHEN KEINE RAST! DENN IHR WARD UNSER LETZTER GAST! DOCH SEHEN WIR AUCH GROßE NOT! WIE EINST PROPHEZEIT DURCH GELB, BLAU UND ROT! DER KERZENMACHER IST SCHON LANGE TOT! SEINE GEBEINE SIND LANGE VERSCHARRT IM NASSEN SAND! EINE LETZTE KERZE HIELT ER IN SEINER HAND! DOCH DIE MEERE WARFEN SIE AN IHREN STRAND! VON VERRÄTERN GEFUNDEN UND VERSTECKT! WURDE SIE NOCH NIE AM RING ERWECKT! UNS SO SIND ALLE BEI RAFTEL VERRECKT! DEN WEG DER KERZE VON KALIS KINDERN EINST BEWACHT! WÄHLT DIE REISE ABER GANZ BEDACHT! ES GIBT NOCH EINE ROUTE NUMMER ACHT! Die Stimme verschwand und ebenso verblassten die Stufen unter den Füßen. Da sie wegen Chopper schon einige Stufen der Treppe wieder abwärts Richtung Ausgang gelaufen waren, fielen sie nur gute zwei Meter tief auf den staubigen Boden. Die Wendeltreppe war nun vollkommen verschwunden und das Tor bekann vor ihren Augen zu zerbröckeln bis es entgültig zusammen fiel. Das sollte das Ende des Orakels im Haus der Stille sein. Wieder war ein Teil der alten Welt verschwunden und für immer ausgelöscht. Vor der Gruppe tat sich wieder das gewohnte Bild auf: Die Straße, die zum Gasthaus „Am Blitzableiter“ führte, verkohlte Bäume, staubige Asche und Donnergrollen. Ratlos kehrten sie zurück zum Gasthaus, um von dort den Weg zum North Blue zu erfahren und sich kurz zu stärken. Hier hatten sie nichts mehr verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)