Don't let me fall asleep... von Ikeuchi_Aya (Aku x Roku) ================================================================================ where we stand -------------- Liebe LeserInnen, ich melde mich nun zum letzten Mal. Wieder ist ein Jahr vergangen, diesmal haben wir sogar fast schon Weihnachten und nun ja... Es hat viel, viel länger gedauert, als ich dachte. Viel hat sich in meinem Leben geändert, das meiste ist positiv anzusehen. Der Umschwung vom Praktikum, zu Arbeit und schließlich Studium hat mir alle Lust und Zeit geraubt, aber genau deswegen wollte ich der Geschichte nun endlich ein Ende geben. Bitte seid nicht allzu sehr enttäuscht! Fakt ist leider, dass man nach einiger langer Zeit eher weniger den Durchblick hat, als man haben sollte. Ich kann mich ehrlich nicht mehr an jedes einzelne Stück der Geschichte erinnern, und bin froh, mir für den Fall des Falles damals noch Randnotizen gemacht zu haben, wie es weitergeht... Nun, das Ende ist nun doch weniger spektakulär ausgefallen als gedacht, aber zumindest können mir dann nicht allzu viele Logikfehler unterlaufen oder ich die Geschichte auf gut Deutsch versauen. Dennoch verspreche ich hiermit, dass ich mein Bestes gegeben habe, die Sache noch abzurunden! Dass "KH:358/2 Days" rausgekommen ist, hat mir noch mal auf den letzten Metern einen Motivationskick verpasst! Ach ja: Einen großen Dank an alle bisherigen Leser und Kommentarschreiber, denn das ist etwas, was immer wieder etwas Ansporn zurückbringt!! Ich lese gerne in alte Kommentare hinein und freue mich umso mehr, wenn es nach so langer Zeit noch neue gibt... Danke in der Hinsicht auch nochmal an , die mich vor kurzem persönlich angeschrieben hatte. Ehrlich danke! =) So, und nun genug gelabert! Ich wünsche euch einen schönen dritten Advent!! Chapter IX: where we stand [Axel/Roxas] Nicht nur die Tatsache, dass Roxas wieder vor mir stand oder dass er mir wohl einen Lösungsweg für unser Problem anbot, ließ mich aufatmen. Nein, es war noch eine ganze Menge mehr… Mein Herz fühlte sich zum ersten Mal seit dem Beginn unseres Streits wieder beruhigt. Ich konnte atmen. Atmen, ohne Angst zu haben, im nächsten Moment ersticken zu müssen. In meinem Kopf machte sich nur ein einziger Gedanke breit: Es kann tatsächlich wieder wie früher werden… „Kommst du mit? Auf dem Weg kann ich dir schon ein paar Dinge erklären.“ Fast wie automatisch nickte ich und setzte augenblicklich Fuß, um ihm zu folgen. Den gesamten Weg über sprachen wir kein Wort. Roxas schien auch keine Anstalten zu machen, diese Stille zu brechen. Nein falsch, er versuchte es, allerdings… allerdings konnte er nichts über die Lippen bringen. Ich musste nur einmal in sein Gesicht sehen, um zu erkennen, wie angespannt er über etwas nachdachte, dabei die Lippen etwas einzog und seine Augen streng geradeaus richtete. Für einen kurzen Moment fragte ich mich wirklich, ob das noch der Roxas war, den ich kannte. Mein Roxas… Er wirkte so fremd, wenn auch gleichzeitig bekannt. Immer wieder wollte ich zu einem Satz ansetzen, fragen ob alles mit ihm in Ordnung war oder ob er mir nicht etwas erklären wollte. Schließlich, als wir an einer Kreuzung standen und darauf warteten über diese zu gelangen, setzte er schließlich doch noch zum Sprechen an: „Ich… habe auf interessante Leute getroffen. Dank ihnen ist mir einiges klarer geworden.“ „Ach wirklich… Das… klingt doch prima!“ Meine Unsicherheit mit Übermut bedeckend, rutschte mir für eine Sekunde das Herz in die Hose. Es kam mir einfach seltsam vor, dass Roxas auf einmal neue Bekanntschaften machte, die ihm auch noch zeitgleich aus seiner Lage helfen konnten. Auch wenn es mich freute, dass er nicht mehr einzig und allein von mir ‚abhängig’ war, so blieb mir diese Angelegenheit suspekt. „Ich denke, du wirst dich unter ihnen sehr… heimisch fühlen.“ Wir überquerten die Straße und erreichten ein abgelegeneres Viertel der Stadt. „Was genau… meinst du damit?“ Ich blieb stehen, beäugte ihn skeptisch. Nein, das war keineswegs der Roxas, den ich kannte. Den ich mir gegenüber stehend kannte. Nach einigen Metern bemerkte er, dass ich ihm nicht mehr folgte und er hielt ebenso inne. Seinen Kopf leicht über die Schulter drehend, schwieg er einen Moment. „Das wirst du dann sehen.“ Abgespeist. Mit einem Mal kam mir die Sache auf keinen Fall mehr so erleichternd vor wie vor einigen Minuten. Eher… breitete sich in mir ein deutliches Missfallen aus oder besser das Misstrauen gegenüber Roxas. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn jeweils auf diese Art und Weise misstraut zu haben, aber genau in diesem Augenblick schien das alles nachgeholt zu werden. „Was ist? Ich dachte, du wolltest eine Lösung für unser Problem?“ „Sicher.” „Dann komm mit!” Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, setzte er seinen Weg fort. Er wusste, dass ich ihn nicht aus den Augen lassen würde – und schien sich dies beinahe schon nutze zu machen. Wie ein treudummer Hund trottete ich Roxas hinterher, hatte keine Wahl. Gerade jetzt sollten mir die Gründe für sein Tun egal sein – zählte doch eigentlich nur… der Gedanke, dass es sich zwischen uns klärte!? Er führte mich fast schon aus der Stadt hinaus und mit jedem weiteren Schritt schien sich eine innere Ahnung zu bestätigen, wohin es ging. Die dunklen Gassen, die engen Straßen, kaum Menschen, alles gottverlassen. Wir müssten nur um die nächsten Ecken gehen. Einmal links, dann nach einigen Metern wieder rechts. Schließlich immer geradeaus, bis wir zur Abgrenzung der Stadt kämen. Und dort würde uns schließlich ein kleiner Wald erwarten, durch den ein schmaler Pfad führte. „Roxas… warte mal.“ Ich hielt das Handgelenk des Blonden fest umklammert, so dass er sich nicht losmachen konnte, aber der gedachte Widerstand blieb aus. „Was ist?“, entgegnete er mir nur mit leiser Stimme, behielt es sich vor, sich nicht zu mir umzudrehen. „Ich… kann mir denken, wohin du mich führst.“ Die Worte sollten jetzt klug gewählt werden. Roxas schwankte von sich aus schon genug zwischen Ruhe und Verzweiflung, da musste ich ihn nicht auch noch unnötig provozieren. „Ach tust du das?“ „Ich glaub schon.“ Ich lockerte meinen Griff, wobei Roxas’ Handgelenk fast schon wie von allein aus meiner Hand glitt. „Gratulation. Dann weißt du ja auch, was kommen wird.“ Nun zeigte sich also endlich der Roxas, den ich kannte. Ich konnte spüren, dass es ihm ganz und gar nicht gefiel, mich in die Enge zu treiben. Wieso tat er es dann?? „Roxas, das hier ist nicht nötig!!“ Mit aller Kraft, die ich gegen ihn aufwenden konnte, nagelte ich ihn gegen die Mauer, kam ihm bis auf wenige Zentimeter ganz nah. „Warum tust du das? Damit ist doch niemanden von uns geholfen!“ „Ach halt doch den Mund!!“, schrie er mich an, konnte aber dennoch nicht seine Augen auf mich verfestigen, „Was weißt du schon?? Hättest du mich nicht die ganze Zeit belogen, würden wir doch gar nicht hier stehen!“ Das hatte gesessen. Sicherlich… „… hast du recht. Hätte ich dir von Anfang an gesagt, was Sache ist, würden wir hier tatsächlich nicht stehen. Verdammt Roxas, was versprichst du dir davon ihnen zu helfen? Sie waren diejenigen, die es überhaupt dazu haben kommen lassen, dass du dein Gedächtnis verloren hast! Und du willst sie auch noch unterstützen?!“ Der entsetzte Ausdruck in seinen Augen machte mir klar, dass er bis eben keine Spur davon gewusst hat. Das konnte doch nicht sein… Roxas konnte mir doch nicht weismachen, dass er nichts von alldem… Doch. In diesem Bezug musste ich einfach meinem Herzen glauben. „Woher… woher willst du das wissen?!“, setzte er mir verzweifelt entgegen, versuchte einfach nur sich irgendwo festzuhalten. Und wenn es auch das falsche Ende war. „Ebenso daher… wie du es in Erfahrung brachtest. Roxas…“ Diesmal bekam ich keine Erwiderung. Trotzig, unwissend, keine Ahnung was er tun sollte, senkte er seinen Kopf, ließ einen minimalen Seufzer über seine Lippen gleiten. Resignation? „Axel… ich… weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Wem ich glauben kann. Ihr alle… belügt mich, redet mit dem reinsten Lächeln auf mich ein und alles sind nur Lügen!! Letzten Endes…“ „Fang jetzt bloß nicht damit an, dass du dich nur auf dich selbst verlassen kannst!“, unterbrach ich ihn mit Elan in der Stimme, so dass er mich verdutzt ansah. Mit leichter Röte im Gesicht legte ich eine Hand in den Nacken und schaute unsicher zur Seite. „Ich meine… dieses Mitleidsgerede passt einfach nicht zu dir, Roxas.“ Nein, das war es auch nicht, was ich sagen wollte. Warum musste ich mich schon wieder so in meinen eigenen Sätzen verfransen? „Axel… sag mir ganz ehrlich…“, schnitt er demnach ein neues Thema an, „War wirklich alles eine Lüge, was du mir erzählt hast?“ „... Nein.“ Wir konnten noch so oft über dieses Thema reden und dennoch drehten wir uns immer wieder und wieder im Kreis. Ich wusste langsam nicht mehr, was ich tun sollte. Was ich tun konnte, damit sich zwischen uns wieder alles halbwegs gerade bog. „Dann konnte ich dir wirklich vertrauen?“ „Ja.“ „Und... es war nicht falsch, mich in dich zu verlieben?“ „...“ Auf diese Frage konnte ich ihm nun keine Antwort geben. Man konnte einem Menschen nicht sagen, ob seine Gefühle richtig oder falsch waren. Letzten Endes musste dies jeder für sich selbst entscheiden und wissen. Meinen Blick gesenkt haltend, wartete ich auf die nächste Frage, doch sie kam nicht. Stattdessen wandte sich Roxas ab und ging ein paar Schritte, beinahe so, um Luft zu holen. „Sie sagten mir, dass sich alles bessern würde, dass sich meine Situation bessern würde, wenn ich ihnen helfe. Ich hätte die optimalen Voraussetzungen und sie... können mich dann auch soweit unterstützen, dass ich den Teil meiner Erinnerungen zurückbekomme, der mir bisweilen fehlt.“ Ja, das alles klang verlockend. Ich konnte ihn verstehen, ich wusste, warum er schwankte. Mir selbst war es damals ähnlich ergangen. Bevor ich Roxas kennen gelernt hatte. Mein Leben befand ich am Abgrund, ich hatte niemanden mehr. Zumindest keinen, für den es sich zu leben lohnte. Zukunft? Ziele? Wünsche? … Von letzteren besaß ich eindeutig zu viele, und als sich nach und nach jeder dieser in Luft auflöste, glitt mir auch der Rest meines Daseins aus den Händen. Über Umwege kam ich zu dieser organisierten Gruppe, die mich augenblicklich für sich gewinnen wollte. „Du hast kein Zuhause? Mach bei uns mit und wir beschaffen dir eins!“ „Dir fehlt es an Geld? Bei uns wirst du keine finanziellen Schwierigkeiten mehr haben!“ Sie versprachen mir alles. Und ich selbst... war so verwirrt und verzweifelt, dass ich zustimmte und Mitglied wurde, ohne zu wissen, was sie eigentlich trieben. Solange sie nur einen kleinen Teil der großen Leere in meinem Herzen füllten. Solange war alles in Ordnung. Ich wurde Teil von organisierten Verbrechen. Raub, Dealing, … was es nicht alles gab. Zwar gehörte ich nicht zu den Haupttätigen, doch Schmiere stehen musste ich alle mal und später dann eben auch etwas verantwortungsbewusstere Aufgaben. Letzten Endes sogar das Auftreiben von Dokumenten, Akten und anderen Papierkram. Dann kam Roxas. Er war genauso verloren wie ich. Kein Zuhause. Keiner, der auf ihn wartete. Nichts. Allerdings mit einem kleinen Unterschied: Er hatte sein Licht im Herzen nicht verloren. Er hatte immer noch Hoffnung. Zunächst hielt ich mein Tun und Machen in der Gruppe vor ihm geheim. Es lief alles bestens, doch irgendwann reichten uns die regelmäßigen Treffen nicht mehr, er übernachtete öfters bei mir in der Wohnung. Später zogen wir zusammen. Dies war dann auch der Zeitpunkt, wo ich es nicht mehr verheimlichen konnte. Meine Abwesenheit am frühen Morgen, in der Nacht... es war zu auffällig und Roxas war keiner von denen, die eine lange Leitung besaßen. Er stellte mich zur Rede. Und als ich ihm alles haarklein erzählte, rastete er zum ersten Mal in meiner Gegenwart aus, schmiss mir die verrücktesten Beschimpfungen an den Kopf und sah mich schließlich – das werde ich nie vergessen – vorwurfsvoll, aber vor allem enttäuscht an. „Warum hast du das getan? Warum hast du mir nichts erzählt?“, schienen seine Augen zu fragen. Ich konnte ihm auch damals keine Antwort geben. Ich kam zu dem Entschluss, dass es ein Ende haben musste, und wollte austreten. Ab da fingen die ganzen Probleme an – Die Organisation hatte eindeutig etwas gegen meine Pläne und sobald sie mitbekamen, was oder besser wer der Grund für meine Wandlung war... geriet auch Roxas ins Kreuzfeuer. Ich konnte nichts tun, ich konnte sie nicht aufhalten und schlimmer: Ich konnte Roxas nicht vor Schaden bewahren. Ausgerechnet derjenige, der die Leere in meinem Herzen komplett füllte, der mir alles bedeutete. Seit dem lief alles schief. Während eines Einsatzes kam es zur Eskalation und... eben zu Roxas' Gedächtnisverlust. … War es das, was er hören wollte? Wären es diese Worte gewesen, die alles so einfach hätten machen können? Wenn ich ihm nur einmal die gesamte Geschichte erzählt hätte? „Axel, ich... möchte mein Leben wieder vervollständigen, ich möchte wissen... was mir fehlt! Dieser vergessene Teil ist das, was mich nicht schlafen lässt, was mich fragen lässt wer ich bin. Verstehst du?“ Er hatte sich immer noch von mir weggedreht, doch kannte ich ihn gut genug um zu wissen, dass er sich gerade innerlich zur Ruhe zwang. „Etwas in meinem Herzen sagt mir, dass es falsch ist, diesen Leuten zu folgen, aber gleichzeitig scheint es mir der einzige Weg, um weiterzukommen“ In jedem anderen Moment hätte ich ihn jetzt einfach nur in meine Arme geschlossen und festgehalten, aber in diesem traute ich mich noch nicht einmal auch nur Ansätze solch einer Umarmung zu wagen. Hörbar die Luft ausatmend, hob er den Kopf zum Himmel und schwieg ein paar Sekunden, biss sich auf die Unterlippe und hielt die Augen geschlossen. „Axel... was... soll ich tun?“, drang es schließlich heiser aus seiner Kehle, „Was... ist der richtige Weg für mich? Für... uns?“ Der richtige Weg... Gab es für uns überhaupt noch so etwas wie einen Weg? Sind wir nicht längst von diesem abgekommen? Ich trat Schritt für Schritt auf ihn zu, streckte vorsichtig meine Hand aus, bis ich seine berühren konnte. Wir blieben einfach so stehen, starrten uns an und hofften die Lösung in den Augen des anderen zu erkennen, doch blieb sie uns verwehrt. „Ich weiß es nicht“, gestand ich flüsternd, „Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist... Ich weiß nur... dass diese Leute dich nicht zu deinem Ziel bringen werden. Nicht auf deine Art. Und... ich weiß, dass ich... zu dir stehe. Dass ich dich nicht verlieren möchte. Dass ich mit dir gehen würde, wenn du es zulässt. Was du allerdings tun sollst, kann ich dir nicht sagen.“ Es war wohl die ehrlichste Antwort, die meine Lippen verlassen konnte. Aus all den Verwirrungen, als den Spinnereien war dies noch das beste, was ich von mir geben konnte. Ich erwartete nicht, dass sich Roxas mir um den Hals warf oder mir dankte – Ich war schon glücklich genug darüber, als er schließlich meine Hand mit seiner umschloss und drückte, mir so ein kleines Zeichen gab, dass er mit dem Gesagten einverstanden war. Vor mir stand immer noch Roxas – und das würde keine Organisation dieser Welt ändern können. „Axel... welch eine Ehre dich wieder zusehen. Es ist doch recht lange her.“ Wie ich es mir bereits hatte denken können, erwartete mich das schmierig breite Grinsen Marluxias, der seine Arme überschwänglich ausgebreitet hatte und ganz besonders freudig tat, mich zu sehen. „Ich hätte ja fast schon nicht mehr daran geglaubt, dass wir uns noch einmal begegnen.“ „Die Freude ist ganz meinerseits.“, konnte ich mir ebenso wenig verkneifen und ließ meine Augen einmal quer die Eingangshalle durchsuchen. „Hübsch hast du's hier. So... geräumig und voller... Erinnerungsbruchstücke. Passt du deinem melancholischen Geschmack.“ Marluxia lachte leise auf und ließ seine Arme sinken. Konnte ein Mensch eigentlich noch schmieriger und niederträchtiger werden, als er es eh schon war? Anscheinend. Die Rosalocke beherrschte diese Disziplin wohl bis ins kleinste Detail. „Roxas, vielen Dank, dass du unseren Gast hierher gebracht hast. Wenn du möchtest, kannst du dich nun erst einmal ausruhen. Das Essen ist bereits serviert.“ Ohne weiterer Worte verließ Roxas die Halle, ging zur nächstbesten Tür und somit in den Speiseraum. Leise das schwere Holz hinter sich schließend, wurde nun auch die Eingangshalle mit Stille und ebenso Kälte gefüllt. Die zunächst auf Fremde so freundlich wirkenden Augen verwandelten sich in denselben blutrünstigen Blick, der mich damals schon auf Alarmbereitschaft gestellt hatte. „Axel, wie wäre es, wenn ich dich ein wenig herum führe? Schließlich wirst du ja fortan nun wieder mit uns zusammen wohnen und leben, nicht?“ Bevor sich auch nur seine Hand fälschlicherweise auf meine Schulter legen konnte, hatte ich diese mit meiner eigenen festgehalten und blickte ihm geradewegs in die Augen. Wie schon zuvor, verbarg Marluxia auch dieses Mal jegliche Gedanken und Pläne, die er zeitgleich im Hinterkopf schmiedete. „Ich warne dich... solltest du Roxas auch nur ein Haar krümmen, dann-“ „Oh-oh-oh“, unterbrach er mich schnell und wackelte mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herum. „Axel, Axel, Axel... wer redet denn davon, dass wir unserem kleinen Roxy Schaden zufügen wollen? Ganz im Gegenteil!“ Er ließ wieder von mir ab und ging ein paar Schritte umher. „Roxy ist der Schlüssel zu unserem Erfolg. Ohne ihn würden wir doch jämmerlich im Boden versinken. Ohne Roxas... könnten wir unsere Ziele nicht erreichen. Ohne zu wissen, was er vorhatte, wusste ich jetzt schon, dass ich ihm am besten den Hals umdrehen sollte, bevor er noch zu Ende gesprochen hatte, doch musste ich mich zur Ruhe zwingen. Keinem von uns beiden wäre geholfen, würde ich jetzt Amok laufen. „Marluxia... noch einmal... was – habt – ihr – vor?“ Ich kam mir vor, als würde ich mit mit einem Kleinkind sprechen und nicht mit einem erwachsenen Mann. Als Antwort erhielt ich nur ein weiteres falsches Grinsen. „Tja... Axel... lass es mich einmal so erklären... Du hast uns damals ganz schönen Schaden zugefügt und hättest uns beinahe auffliegen lassen. Das ist also ein schweres Vergehen, wenn du verstehst, schließlich gehören wir alle einer Familie an. Es ist schade, dass du auch nicht kooperieren wolltest, nach dem ich mich extra bei dir gemeldet habe. Wirklich schade.“ Mit einem Mal drehte sich Marluxia wieder um, hielt wie aus dem Nichts kommend, eine Automatikpistole in den Händen. „Weißt du, ich will wirklich nicht, dass wir über die Grenzen des Friedens hinausgehen müssen, allerdings... lässt du mir langsam keine andere Wahl.“ Ich versuchte zu schlucken, doch bekam ich diesen unaufhörlichen Kloß im Hals einfach nicht zu fassen. In was hatte ich Roxas nur reingeritten? „Es liegt ganz und gar bei dir, ob ich diese süße Kleine hier benutzen muss oder nicht. Und ich weiß nicht, Rot steht Roxas einfach nicht. Es... macht so aggressiv.“ Marluxia ging auf mich zu, blieb dicht bei mir stehen und beugte sich zu meinem Ohr. „Verhalte dich einfach nur so, wie wir es von dir verlangen und dann ist vielleicht sogar die Geschichte von damals vergessen. Mehr hast du eigentlich gar nicht zu tun. Du warst ein sehr fähiges Mitglied und es wäre doch eine Schande, wenn man dein Talent verkommen lassen müsste, nur weil du mal wieder mit deinem Kopf durch die Wand wolltest, Axel.“ Von mir ablassend, drehte er sich auf dem Absatz um und ging die Treppenstufen hoch. Für ihn war das Gespräch erfolgreich beendet, während ich ebenso unwissend wie zuvor auf einer Stelle stand und in meinem Kopf alle strategischen Möglichkeiten durchraste, die mir auf der Schnelle einfielen. Es gab keine. Keine Option, die uns aus dem Schlamassel befreite. Ich blickte zu der großen Eichentür, hinter der Roxas verschwunden war. Etwas Gutes hatte es zumindest... mir wurden keine Einschränkungen geben, wie, wann und vor allem ob ich ihn sehen durfte. Marluxia führte eher das Gastprinzip anstatt das eines Verbrechers. Dennoch bezweifelte ich mehr als nur ein bisschen, dass es bei diesem Palaver bleiben würde. Den Kopf in den Nacken legend, schloss ich meine Augen und versuchte meine innere Ruhe wieder zu finden. Zumindest ein wenig. Zunächst einmal würde ich die trügerische Stille nutzen, auf Roxas aufpassen und selbst Kraft tanken. Dann konnte man weitersehen... Straffen Schrittes begab ich mich zum Speisesaal und öffnete mit Schwung die Tür. Als hätten meine Augen für heute nicht schon genug ertragen, erblickte ich den nächsten Schrecken. Wieso musste von allen Mitgliedern der Organisation ausgerechnet sie hier sein? „Axel... ich habe schon von Roxy erfahren, dass du endlich eingetrudelt bist. Willkommen!“ Larxene stand von ihrem Stuhl auf, der genau neben Roxas' an einem langen Tisch platziert war und ging langsam auf mich zu. „Wirklich lange nicht gesehen.“ Ihre Fingerkuppen strichen meine Wange entlang, als dass ich sogleich meine Kopf von ihr wegdrehte. Allerdings war sie nicht der Typ Frau, die einfach klein beigab, wenn sie mal etwas nicht bekam – Wie die Ruhe selbst, fuhr sie weiterhin eine zarte Spur über meinen Hals nach und blieb schließlich an meiner Brust hängen. Ihre Hand grob festhaltend blickte ich sie kalt an. „Lass die Spielchen!“ „Wieso? Ich hätte nichts dagegen, Axel.“ Ich hasste es, wenn sie meinen Namen ganz besonders lasziv aussprach. Und dann auch noch vor Roxas. Mit einem Seitenblick zu diesem konnte ich ihm die Verwunderung im Gesicht ablesen. „Aber nun gut. Das hatten wir schon einmal.“ Larxene ließ von mir ab und setzte sich wieder auf ihren alten Platz. „Hast du Hunger? Ich habe auch gerade eine gute Flasche Wein aufgemacht?“ Wortkarg setzte mich auf die andere Seite neben Roxas und verschränkte die Arme. „Komm schon, fühl' dich wie zu Hause!“ Hätte ich gekonnt, hätte ich kurzerhand die Teller genommen und sie ihr an den Kopf geworfen. Auch wenn ich nichts bestellte, kam einiges an Geschirr angeflogen und ich sah mich in den Köstlichkeiten wieder, die Roxas und ich wohl schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatten. „Dann iss wenigstens und führ' dich nicht wie ein kleiner bockiger Junge auf. Ich weiß auch, dass du dir die Situation nicht ausgesucht hast, aber Roxy hat sich doch so große Mühe gegeben, dass du hierher kommst. Solltest du da also nicht etwas dankbarer sein?!“ Dankbar? … Natürlich! Dankbar, dass ich wieder zurück in dieser Hölle war? Dankbar, dass ich nicht wusste, wie ich uns beide hier rausholen sollte? Dankbar, dass ich mir dein Gelaber anhören muss? … Am liebsten hätte ich Larxene dies alles ins Gesicht gesagt, doch blieb mir jedes Wort verwehrt. Ich versuchte mich zur Ruhe zu zwingen mit dem Gedanken, dass es nicht gut wäre, hier zu explodieren. Vermutlich legte sie es sogar noch ganz genau darauf an. Ich nahm mit leicht zittriger Hand mein Glas in die Hand und nippte vom Rand ein wenig des wirklich köstlichen Weins. Eins musste man ihnen lassen: Sie wussten, was gut war und was nicht. Das blonde Biest schwieg und stützte ihren Kopf in der Hand ab. Amüsiert zwischen Roxas und mir hin und herblickend, erhob sie sich schließlich von ihrem Platz. „Ich denke, ich kann euch genauso gut allein lassen. Du hast anscheinend nicht unbedingt den Bedarf mit mir zu reden Axel“ Nun hinter mir stehend, beugte sie sich zu mir hinab und lächelte viel versprechend, „Aber nun ja... das kenne ich ja gar nicht anders von dir. Du warst in der Beziehung schon immer etwas eigen und ich konnte dir selten ein Wort hervorlocken.“ Mit schnellen, eleganten Schritten verließ sie den Raum, wünschte Roxas noch einen guten Appetit. Als ich aufsah, konnte ich in seinem Gesicht ablesen, dass ihm dieser gehörig vergangen war. Ich stellte mein Weinglas wieder ab und verschränkte die Arme. Meinen Kopf zur Seite schweifen lassend, wartete ich einen Moment. Doch da von ihm kein Wort kam, begann ich doch zu reden: „Was auch immer dir durch den Kopf schießt – hör nicht auf sie und wenn, frag mich.“ Sich wohl ertappt fühlend, legte auch Roxas sein Besteck nieder und sah etwas beschämt auf die Tischdecke. „Entschuldige...“ Für einen kurzen Moment hatte ich schon lächeln wollen. Diese süße Reaktion ging nun einmal nicht einfach so an mir vorbei. Dafür... war ich dann doch zu eingenommen von den Gefühlen zu ihm. „Ich... habe mich nur gefragt... Sie hat schon, bevor du reinkamst, seltsame Andeutungen gemacht.“ Seufzend setzte ich mich wieder etwas lockerer hin und begann den noch unbenutzten Löffel in meiner Hand zu drehen. „Ich habe nichts anderes erwartet. Das sieht ihr ähnlich.“ Sollte ich Roxas davon erzählen? Sollte ich ihm erzählen, was passiert war, bevor ich ihn kennen lernte? Ich war mir unschlüssig. Auf der einen Seite wollte ich ihm nichts mehr vorenthalten, aber auf der anderen Seite schien es mir so, als würde es die Situation zwischen uns beiden auch nicht besser machen. „Ihr... ward zusammen, oder?“ Zumindest ersparte er mir, den Anfang zu machen. „So... würde ich es nicht nennen.“ „Wie oft?“ „W-Was?“ „Wie oft?“ Wollte Roxas das jetzt wirklich wissen? „Na ja...“ Ich konnte es nicht sagen. Ich wusste es wirklich nicht, wie oft es zwischen mir und ihr passiert war, aber es hatte eindeutig Überhand genommen, als dass ich noch mitgezählt hatte. Letzten Endes... war sie die einzige, die mir damals zumindest ein wenig das Gefühl gab, in dieser Welt für etwas nutze zu sein. So abartig das auch klingen mochte. „Verstehe. Sie... stand an deiner Seite, das war es, oder? Sie ließ dich aufblühen.“ Mit einem leichten Seufzen stimmte ich ihn zu: „Ja...“ „Das kann ich sehr gut nachvollziehen.“ Für eine Sekunde bildete sich auf Roxas' Lippen ein kleines Lächeln. Ich hätte zufrieden sein müssen, es war ehrlicher Natur, doch seine Augen sprachen etwas anderes. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, mir ging es nicht anders. Und so wie es bei dir mit ihr geendet hat, endet es auch mit uns. Ich stützte den Kopf in die Hände, vergrub mein Gesicht. Wieso nahm es immer und immer wieder diesen Verlauf? „Axel?“ „Hm?“ „Das... ist okay.“ Den Rest der Zeit hatten wie geschwiegen, nichts mehr gesagt, einfach nur stumm vor uns hingegessen. Danach verließen wir den Speiseraum wieder und begaben uns beide auf unsere Einzelzimmer. Ich bemerkte, dass sich in diesem Raum nichts geändert hatte. Alles war noch genau so, wie ich es ihnen hinterlassen hatte. Ein merkwürdiges Gefühl kam in mir auf, als ich mich auf das weiche Bett niederließ. Ich schloss die Augen, versuchte für einen Moment an nichts zu denken, doch stattdessen wurde das Gedankenwirrwarr nur noch schlimmer. Zumindest war mir klar, warum sie mich hier haben wollten. Nichts weiter als Rache. Da konnten sie das noch so schön verpacken. Und... Roxas? Er war das Mittel zum Zweck. Das Mittel, was mich hierblieben ließ, damit sie mich foltern konnten. Im besten Fall würden sie ihn noch für ihre miesen Geschäfte missbrauchen. Solange Roxas seinen Gedächtnisverlust beibehielt, würde er ihnen wohl überall hin folgen. Ich konnte reden, wie ich wollte, aber sein Glaube, dass sie ihm vermutlich helfen könnten, wieder zu sich selbst zu finden, war stärker als jener zu mir. Klar... ich hatte auch nichts anderes erwartet. Vermutlich war es für Roxas inzwischen egal wem er folgen würde. Betrogen hatten ihn in seinen Augen alle... Erst nach einigen Sekunden bekam ich mit, dass es an meiner Tür geklopft hatte. Verwundert setzte ich mich auf, blickte interessiert zum nun größer werdenden Türspalt, als nach etlichem Zögern eine mir mehr als bekannte Irokesenfrisur entgegenwinkte. „Demyx?“ Der Angesprochene lächelte überfahren und trat nun vollständig ein. „Sorry, ich wusste nicht, ob ich dich besuchen kommen könnte... mir wurde nur mitgeteilt, dass du wieder da bist und da wollte ich dich begrüßen.“ Verunsichert blieb er am Rand des Zimmers stehen, während ich es immer noch nicht schaffte, meinen überraschten Blick von ihm abzuwenden. Schließlich lächelte ich ein klein wenig zurück und rückte beiseite, bedeutete ihm, dass er sich neben mich setzten könnte. „Lange nicht mehr gesehen.“ Demyx schien erfreut, dass ich doch noch mehr als seinen Namen zustande brachte, und ging leichten Schrittes auf mich zu. Ich musste zu meiner Schande gestehen, dass er der letzte war, an den ich gedacht habe und das, obwohl wir uns damals immer sehr gut verstanden hatten. Demyx war ein aufgeweckter junger Mann, der das Herz auf den rechten Fleck trug, andere mit seinem Humor erheitern konnte und sie einfach mit seiner Wärme aufnahm. Man konnte sich glatt fragen, warum ausgerechnet er ebenso Teil dieser Organisation geworden war... Damals hatte ich ihm genau diese Frage gestellt und erst einmal nur einen verwunderten Blick abbekommen. „Was soll ich sagen... Es... hat sich nun einmal so ergeben.“ „Es hat sich so ergeben? Demyx, das hier ist doch keine Pfadfindergruppe!“ „Ich weiß... aber... dennoch habe ich das Gefühl, dass auch wenn wir viel Unrechtes tun, es nicht ganz falsch ist.“ Bis heute verstand ich seine Worte nicht. Nicht ganz falsch... was konnte noch falscher sein, als Drogen zu verticken, Diebstähle zu begehen und sich in politische Systeme einzuhacken? Dachte er im Ernst, dass eine gewissen Ideologie hinter all dem steckte und nicht nur ein arroganter Schleimbolzen, der eindeutig den Verstand verloren hatte und sich seine Opfer fein zurechtrückte? Larxene, Vexen, Lexaerus, Zexion, Demyx und auch ich... wir alle hatten damals unsere Laster getragen und sind darunter zusammengebrochen. Das war der Grund, warum er uns so leicht hatte überzeugen können. Jeder wollte nur überleben, jeder wollte ein Leben führen, jeder wollte seine Zukunft lebenswert gestalten. Genau dies hatte uns Marluxia ermöglicht. Auf gewisse Weise hatte er sein Versprechen sogar gehalten: Wir hatten stets genug zu essen, eine warme und bequeme Unterkunft, konnten dennoch tun und lassen, was wir wollten, und mussten nur ab und an zur Arbeit ausrücken. Unser eigenes zerbrochenes Dasein hatte uns hierher gebracht. „Du und Roxas seid recht gut befreundet nicht? Es ist schwierig, an ihn ranzukommen!“, wurde ich von Demyx wieder aus meinen fernen Gedankengängen zurückgebracht, „Ich habe zwar versucht hin und wieder ein Gespräch aufzubauen, nachdem ich endlich wieder von einem Auftrag außerhalb zurückkam, aber er wollte partout nicht mit mir reden!“ Ausnahmsweise interessierte mich Roxas in dem Moment eher weniger, als die Tatsache, dass Demyx... „Außerhalb? Was meinst du damit?“ Kurz nachdenkend, strahlten mir die tiefblauen Augen meines Freundes entgegen. „Ja, Marluxia meinte vor ein paar Tagen, dass ich als erster von uns einen Auftrag außerhalb ausführen dürfte! Ich musste in die nächste Stadt, Traverse Town. Du glaubst gar nicht, was mich da erwartet hat!!“ Unruhig auf dem Bett hin und herwippend, fing er nun auch noch an mit den Händen zu gestikulieren und jede seiner Beschreibungen genaustens darzustellen. „Also, zunächst einmal war da diese endloslange Straße, nun gut, eigentlich nur total verwinkelt, aber jedenfalls habe ich mich überhaupt nicht zurecht gefunden! Ich durfte ja auch niemanden fragen, immerhin war ich im Dienst, aber irgendwie schaffte ich es dann den Treffpunkt zu finden und weißt du, was dann kam? Ich traf die anderen von uns!!“ Mir die gesamte Zeit über nur das nötigste aus seinem Erzählschwall herauspickend, brauchte ich eine kurze Zeit, um den Kopf wieder von den unnötigen Worten zu befreien. „Die anderen? Larxene und den Rest? Aber ich dachte-“ „Nein, nein!“, unterbrach mich mein Gegenüber gleich wieder, „die anderen. Unsere Gruppe ist nicht die einzige. Wir sind nur eine von der Organisation. Ich habe dort unseren tatsächlichen Chef kennen gelernt! Xemnas! Und dann auch noch die anderen Mitglieder... aber ich muss ehrlich gestehen, dass die mir alle etwas unheimlich waren!“ Auf Demyx' Gesicht bildeten sich Sorgenfalten, während meines fast entgleiste. „Das ist nicht... dein Ernst?“, konnte ich nur schweratmend über die Lippen bringen und erntete ein energisches Lächeln als Antwort. „Ist doch toll nicht? Du hättest dabei sein müssen, als Xemnas angefangen hat, mir die eigentlichen Pläne der Organisation zu verraten! Das war Wahnsinn!“ Nein, Wahnsinn war, dass ich bisher nicht einmal auf die Idee gekommen bin, dass das ganze viel weiter verzweigt war als gedacht. Wahnsinn war, dass ich, dass Roxas... dass wir beide nun bedeutend schneller die Schlinge um den Hals gezogen bekamen, als uns lieb war. Marluxia war nur der kleine Bodenkriecher, der auf Boss machte. In Wirklichkeit hatten wir ein ganz anderes Oberhaupt vor uns. „Und danach haben sie mir dann das Hauptquartier gezeigt, Axel, das musst du seh-“ „Demyx!“, fuhr ich ihm nun etwas barscher dazwischen, da er immer noch nicht mit Reden fertig war. Wieder ruhiger und leiser werdend, starrte ich auf meine Hände. „Hast du vergessen, warum ich von hier verschwunden bin? Eben weil ich nichts mehr mit diesem Mist zu tun haben wollte.“ Demyx' Gesichtszüge verhärteten sich, wenn auch gleich seine Augen noch ein warmes Schimmern aufwiesen. „Ich weiß, Axel... aber... ich bin froh, dass ich meinen besten Freund nach langer Zeit des Wartens und Bangens doch noch einmal wiedersehen durfte, und ich habe gehofft, dass du deine Meinung vielleicht noch einmal änderst.“ „Nicht mehr in diesem Leben, tut mir leid.“ Nickend stand er auf und streckte sich ein wenig. Dann ging Demyx langsam zur Tür, drehte sich noch einmal zu mir um. „Pass auf dich auf und mach keinen Blödsinn. Ich kann und werde nicht den Kopf für dich hinhalten.“ Ihm mit einem Nicken antwortend, war er daraufhin auch schon verschwunden und ich konnte meinen Gedanken wieder nachgehen. Damit war die Situation klar... wir mussten hier weg. So schnell wie möglich. Ich wusste zwar noch nicht wie, aber... ich würde Roxas nicht den Tod in die Arme rennen lassen. Das schwor ich mir. [Roxas] Was nun...? Ich hörte, wie es gegenüber in Axels Zimmer etwas lauter wurde. Anscheinend hatte er von Demyx Besuch bekommen. Na ja, sollte er doch... … Was versprach ich mir nun? Ich hatte Axel hierhergebracht, ich hatte meine Aufgabe erfüllt und dennoch schlich sich in mir ein Funken Angst ein. Angst, dass er doch recht hatte und dass diese Geschichte schlimmer ausgehen würde, als ich bisher zu denken wagte. Marluxia und die anderen hatten mir noch nicht gesagt wie es weitergehen würde. Ich wusste nur, dass mich noch ein Treffen mit dem richtigen Chef dieser Organisation erwarten würde. Mehr aber auch nicht. Auf einmal klopfte es auch an meiner Tür. Verwundert setzte ich mich aus, sagte leise und mit fragendem Unterton „Herein“ und wartete darauf, wer wohl der geheimnisvolle Besucher war. „Entschuldige, dass ich störe, Roxas.“ Meine Augen wurden größer, als ich in jene eines blondhaarigen Mädchens schaute, welches mich etwas schüchtern anlächelte. Sie wirkte recht zerbrechlich, trug ein weißes, ärmeloses Kleid und hatte ihre Haare leger über die rechte Schulter zu liegen. Behutsamen Schrittes ging sie auf mich zu, bis sie direkt vor mir stand. Ich konnte mich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben, demnach starrte ich meine Gegenüber nur weiterhin an. „Ich heiße Naminé. Marluxia bat mich, mit dir zu reden.“ Marluxia? Meine reine Verwunderung wandelte sich augenblicklich in Skepsis. „Warum?“ Ich merkte, dass ich sie wohl ein wenig mit meinem schroffen Ton angegriffen hatte, ihr Lächeln erlosch. „Darf ich mich setzen?“ Nickend erlaubte ich es ihr, und beobachtete die Fremde weiterhin, als sie sich niederließ. „Er wollte, dass ich mit dir über Axel und dich spreche.“ Für einen kurzen Moment musste ich aufpassen nicht loszulachen. Es passte nicht zu mir, aber dennoch konnte ich mir einen gewissen Sarkasmus nicht verkneifen. „Verstehe, halten wir jetzt also eine Beziehungstherapiestunde ab, ja?“ Etwas erschrocken und leicht schockiert sah mich Naminé von der Seite an. Das hatte sie jetzt wohl nicht vermutet. Klar, sie selbst schien wohl fast die Unschuld vom Lande zu sein, da passte es nicht ins Weltbild, dass zwei Männer eine Beziehung führten. „Nein, das... ist es nicht“, schüttelte sie den Kopf, legte unruhig ihre Hände in den Schoß, „und eigentlich... habe ich auch nicht vor, über das zu reden, was Marluxia verlangt.“ Klang ja doch ganz vernünftig und nicht nach dem kleinen Schoßhündchen, wie sie auf mich wirkte. „Okay...“ „Eigentlich möchte ich dir erstmal nur eine Frage stellen... Was hast du jetzt vor?“ Etwas unglaubwürdig dreinschauend, brauchte ich allerdings nicht lange nachzudenken, um ihr die Antwort zu geben: „Ich weiß es nicht.“ Zerknirscht guckte ich zur Seite. Würde ich das wissen, müsste ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. „Roxas, ich gebe dir nur den guten Rat... verschwinde von hier!“ „Wieso sagen mir alle das gleiche?“, fuhr ich sauer dazwischen und sprang vom Bett auf, „Axel hat mir auch schon versucht, diesen Stuss einzureden!!“ „Das ist kein Stuss. Er sagt die Wahrheit.“ Schweigend wandte ich meinen Kopf zu Naminé, blickte in ihre ernsten und so traurigen Augen. „W-Wie?“ „Axel sagt dir Wahrheit. Roxas... hör mir jetzt bitte zu.“ Sie hielt mir ihre Hand entgegen, welche ich zögernd ergriff und mich so wieder zurück zum Bett führen ließ, um mich hinzusetzen. „Ich weiß nicht, was zwischen euch passiert ist, Axel hatte mir damals, bevor er die Organisation verlassen wollte, nur gesagt, dass du ein sehr guter Freund von ihm bist und er dich nicht mithineinziehen will. Ich denke, er wollte dich mit dieser Aussagen nur schützen, und nicht zu einer noch größeren Zielscheibe machen, Roxas.“ „Damals? … Das... muss vor meinem Gedächtnisverlust gewesen sein...?!“, schlussfolgerte ich benommen, und erhielt als Antwort ein leichtes Nicken, „Ja. Das war es.“ „Dann... kannst du mir sicher auch sagen, was damals passiert ist, oder?!“ „Sicher, allerdings kann ich dir nichts über dein Leben vor Axel und der Organisation erzählen.“ „D-Das... macht nichts. Dann wäre ich trotzdem schon ein großes Stück weiter, und ich denke, dass ich deinen Worten mehr trauen kann, als von irgendwem sonst!!“ Was Axel miteinschloss. Naminé seufzte leise, schien diesen Hintergrund zu erahnen. „In Ordnung... Bevor du mithineingezogen wurdest... war Axel schon eine ganze Weile Mitglied in dieser Organisation. Mitglied zu sein, bedeutet Aufträge auszuführen. Aufträge ausführen bedeutet, sich in kriminelle Angelegenheiten zu verwickeln. Marluxia erzählte mir einmal, dass er Axel wie fast alle anderen von uns damals auf der Straße angesprochen hatte. Keine Familie, kein Zuhause, kein Geld, keine Perspektive. Er versprach ihm, dass sich das ändern würde, wenn er mitmachte... Axel wurde somit Anhänger der Organisation. Die Zeit verging, die Gruppe wurder immer größer und Marluxia konnte seine Pläne fortsetzen. Ich hatte Axel gleich am Anfang kennen gelernt, nach einiger Zeit habe ich ihn wiedergesehen. Es schien ihm recht gut zu gehen, aber dennoch... lächelte er nie, und wenn, dann war es rein ironisch oder überheblich gestimmt, nie natürlich und aufrichtig. Es verging weitere Zeit, vermutlich ein Jahr... und auf einmal erkannte ich ihn nicht wieder. Er wurde von Tag zu Tag offener, normaler, besser gestimmt. Auch mir gegenüber war er nicht mehr so barsch. Ich fragte Axel nie, woran es lag. Ich traute mich nicht und es ging mich ja auch nichts an. Als er allerdings einmal bemerkte, dass ich ihn beobachtete, wandte er sich mit einem Grinsen zu mir um und streckte beide Daumen nach oben: 'Wären wir hier nicht so was wie Twilight Towns Mafia, würde ich dir Roxas vorstellen.' “ Ich glaubte, auf meinen Wangen hatte sich ein leichter Rotschimmer gebildet. Ich konnte mir Axel genau vorstellen, wie er diesen Satz aussprach und dabei bis über beide Ohren grinste. Es ließ in mir ein warmes Gefühl zurück und ich musste aufpassen, nicht unaufmerksam zu werden. „Das war... auch noch vor meiner Amnesie?“, fragte ich leise und wurde beinahe traurig. Noch vor den Dingen, an die ich mich erinnern konnte, hatte ich bereits eine Beziehung zu Axel geführt. Ob wir damals auch schon solche Nächte miteinander verbracht hatten, wie in jener einen? „Ja... durch unglückliche Zufälle kam es, dass Marluxia euch beide eines Abends in der Stadt ausmachte. Axel hatte immer darauf geachtet, dass keiner etwas mitbekam, dass du nicht mitbekamst, in welcher Lage er sich befand. Denn auch, wenn Marluxia ihm ein weiteres Leben ermöglicht hatte und er dich ohne ihn wohl nie kennen gelernt hätte, war es wie ein Käfig, in dem er sich befand und dem er nicht entfliehen konnte. Marluxia versuchte kurzerhand dich ebenso für uns zu gewinnen. Als Axel mir davon erzählte, war er außer sich vor Wut und verzweifelt darüber, dass er dich nicht hatte beschützen können. Ob du zugestimmt hattest oder nicht, Roxas, du warst ebenso Mitglied bei uns. Allerdings konnte keiner ahnen, warum Marluxia dich bei uns haben wollte. Jedoch... ich saß an diesem einen Tag in meinem Zimmer, fertigte gerade die Statistiken für Xemnas an, als Axel hineingestürmt kam und energisch darum bat, ihm fünf Minuten zu leihen. Ich stimmte zu, war überrascht, was wohl passiert sei. Auf einmal bedeutend ruhiger, hatte er sich mir gegenüber auf einen Stuhl gesetzt und wusste nicht so recht, wo er anfangen sollte. 'Ich werde die Organisation verlassen. Zusammen mit Roxas!' Zunächst wollte ich etwas einwenden, aber als ich seinen entschlossenen Blick sah, ließ ich es. Er hatte lange damit gehadert, war sich der Gefahr bewusst, doch konnte es für ihn nicht so weitergehen. Axel glaubte, nein wusste, dass es sonst ein schlimmes Ende nehmen würde. Hastig erklärte er mir seinen Plan, wollte während eines Auftrages einfach untertauchen und damit allem aus dem Weg gehen. Ich konnte nur hoffen und beten, dass alles gut ging. An jenem Tag nahm mich Marluxia mit. Er brauchte jemanden, der geschäftlich mit anderen reden konnte, und zwar im Bezug auf Spesen. Während der Fahrt erhielt er einen Anruf, den ich mithörte und bei dem es mir durch Mark und Bein schießen ließ. 'Wie? Axel hat vor uns zu verlassen? Nun, das können wir doch nicht so einfach zulassen! Sorgt dafür, dass wir ihm einen würdigen Abschied bereiten.' Als wäre nichts geschehen, legte er auf und wandte sich mir mit einem falschen Lächeln wieder zu. Den Rest... kann dir nur Axel erzählen. Fakt ist, dass du Anschlagsziel warst, dass ihr allerdings beide überlebt habt und seitdem unter ständiger Bewachung standet. Wir wussten immer, wo ihr euch gerade aufgehalten habt.“ Damit endete Naminé zunächst einmal und wartete auf eine Reaktion meinerseits. „Woah.... das... war ziemlich... heftig... und... viel.“ Mehr konnte ich nicht hervorbringen. All diese Informationen... Die gesamte Zeit über hatte ich mich gefragt, was die Vergangenheit barg und nun, ganz plötzlich, kommt dieses zierliche Mädchen daher und schafft es innerhalb von zehn Minuten sämtliche Fakten an den Tag zu legen... Ich fühlte mich ehrlich überfahren, aber dennoch blieb mir keine Zeit, mich auszuruhen und in Ruhe darüber nachzudenken. „Das ist es also, was Axel mir verschwiegen hat...“ Nickend stand Naminé auf. „Ich kann dir nicht sagen, warum er es getan hat, aber vermutlich... wollte er nicht, dass dich diese gesamte Geschichte ein weiteres Mal in ihren Bann zieht und dich wieder in Gefahr bringt. So wie ich Axel kenne... ging es ihm dabei viel mehr um dich als um ihn selbst.“ Was sollte ich davon halten...? Konnte ich ihm deswegen einfach verzeihen? „Roxas, was hast du nun vor, nachdem du dies alles gehört hast?“ Seufzend schloss ich die Augen. „Ich weiß es nicht... Du... hast mir viele Antworten auf das gegeben, was ich wissen wollte. Ohne, dass du irgendwelche Forderungen stellst. Aber... das war nur ein Teil der Wahrheit und nicht die ganze...“ „Wirst du dich dennoch auf die Suche machen?“ In mir schallte ein lautes Ja, doch konnte ich es nicht so einfach aussprechen. Zu vieles hing mit mir zusammen, zu viele Schicksäle waren mit mir verbunden. Wenn ich jetzt den Schritt wagte, alles hinter mir zu lassen... hätte ich denn überhaupt eine Chance? „Ich.... glaube schon. Naminé, ich danke dir, dass du mir das alles erzählt hast, aber... dennoch weiß ich nicht, wer ich davor war. Bevor ich Axel zum ersten Mal getroffen habe. Und ich bin mir sicher, dass auch Axel dies nicht weiß. Es ist eine Sache, die nur ich allein wissen kann, das habe ich im Gefühl.“ Meine Augen wieder öffnend, blickte ich Naminé direkt an. „Dir ist bewusst, dass du... Axel dabei zurücklassen musst?“ „Ja.“ Ich glaubte fast, dass dies die ehrlichste Antwort war, die ich seit langem von mir gegeben hatte. Naminé versuchte aus meinen Gedanken schlau zu werden, aber ich verübelte es ihr nicht, wenn sie es nicht täte. Mir war klar, dass ich die Verbindung zu Axel lösen musste. Sicher... er würde mir helfen wollen, würde mir helfen, mein Gedächtnis wiederzuerlangen, allerdings... Es kam mir nicht richtig vor. Es kam mir ausgesprochen nicht richtig vor, ihn da mit hineinzuziehen. Ich wusste für mich schon nicht, was mich in meiner Vergangenheit erwartete. Und solange diese Tatsache weiter bestand, würde ich Axel auch nicht einweihen wollen. Desweiteren... zweifelte ich, ob es eine Chance hatte... das zwischen uns. Trotz all der Schmerzen, war ich Axel wirklich dankbar für die Zeit, die er mir gegeben hatte. Ich war ihm dankbar für die Momente, die er mir geschenkt hatte. Ich war zu jener Zeit glücklich gewesen. Ich mochte nicht sagen, dass es vielleicht ein Abschied für immer war, dennoch würde auch ich erst einmal Zeit brauchen, um die beste Lösung für uns zu finden. Denn so einfach war es nicht. Einfach sagen „Das war's“ ging nicht. Gefühle konnten nicht so einfach verschwinden. Das hatte ich gelernt. Vieles hatte ich von Axel gelernt. In keinster Weise verspürte ich Reue, mit ihm zusammengewesen zu sein. Es war eine schöne Zeit... die ich vermissen würde. Ihn vermissen würde... „Ich werde gehen. Ohne Axel.“ Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, stand ich auf und ging an ihr vorbei zur Tür. Noch heute Nacht würde ich aufbrechen, und damit Naminé und Axel... für die Zukunft eine Menge Ärger ersparen. Naminé... ich hatte sie nicht gefragt, warum sie hier in der Organisation war und blieb, allerdings war es vermutlich ähnlicher Natur wie Demyx. Und Axel würde das schon schaffen. Er würde ein weiteres Mal untertauchen können. Dieses Mal vielleicht sogar richtig. Weil ich nicht da war. Er packte das schon, da war ich mir sicher... [Axel] Da saß ich nun, wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Ich spürte nur das seltsame Gefühl in mir aufsteigen, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich konnte nicht sagen, was es war. Ich konnte nicht sagen, was es darstellte. Ich wusste nur, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Mir über die Augen reibend, seufzte ich still. Vielleicht... war ich auch einfach nur müde. Müde von all der Anstrengung, all dem Stress. Müde von diesem Alleinsein, Getrenntsein von Roxas. Ich musste an frühere Zeiten denken, wie wir glücklich und lachend nebeneinander in der Stadt einkaufen gingen oder uns des nachts einfach nur aneinandergekuschelt hatten und seelenruhig schliefen. Mit fehlte diese Zeit. Ich gab gewiss nicht auf, aber mitunter... war es einem doch erlaubt melancholsch zu sein, nicht? Mit einem recht schweren Seufzer, schwang ich mich vom Bett wieder hoch, strich mir leicht durch die Haare und starrte für ein paar Augenblicke zum Fenster hinaus. Auf der einen Seite wollte ich im Moment nur zu gerne mit ihm reden, fragen, ob ich ihm irgendwie helfen konnte, ihn in die Arme nehmen... gleichzeitig aber verspürte ich Angst vor Ablehnung. Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen... Ja, ich hatte Angst vor Ablehnung. Ausgerechnet ich. … Oder vielleicht doch gerade ich? „Ach verdammt!“ Mit eiligen Schritt ging ich zur Tür, riss diese auf und stapfte ohne weitere Überlegung zu Roxas' Zimmer. Was ich ihm sagen wollte? Keine Ahnung. Wie ich ihm erklären sollte, dass ich zu so später Stunde noch mit ihm sprechen wollte? Keine Ahnung. Was ich mir erhoffte? Keine Ahnung. Mein Innerstes sagte mir nur, dass ich zu ihm musste. „Roxas?“ Ich hatte zweimal geklopft. „Roxas!“ War er nicht da? „Hey Roxas, mach auf!“ Wieder klopfte ich, kam dabei versehentlich gegen die Klinke und öffnete somit die Tür. Etwas unsicher blickte ich auf den Türgriff, beschloss dann aber doch einzutreten. Keiner da. Alles dunkel. Musste er wieder irgendeinen Auftrag erfüllen? Zumindest konnte ich mir das gut vorstellen, die benutzten ihn ja eh wie sie wollten... Leider... Doch auch das würde bald ein Ende haben, da würde mir schon eine Lösung einfallen. Zumindest hoffte ich das... Langsamen Schrittes ging ich umher. Roxas hatte sich sein Zimmer nicht großartig eingerichtet. Wie erwartet. Der Schreibtisch schien noch wie unbenutzt, nur ein Stift mit herausgestreckter Miene ließ darauf schließen, dass er doch einmal benutzt worden war. Sowohl der Schrank stand offen, leer, als auch die unbenutzten Kleiderbügel. Leer... In mir kam ein beunruhigendes Gefühl auf. Ich sah mich weiter um, konnte anhand der leichten Beulen der Bettdecke erkennen, dass er bis vor kurzem hier draufgelegen hatte. Ich knipste die Nachttischlampe an und setzte mich auf die Matratzte. Dabei entdeckte ich einen Bogen Papier, der auf dem Fensterbrett lag. Instinktiv griff ich danach. Ein Umschlag. Durfte ich ihn öffnen? Mach ihn auf! … Wollte ich ihn öffnen? Mach ihn endlich auf! Mit zitternden Händen holte ich das Briefpapier hervor, ein simpel kariertes Blatt auf dem nur wenige Worte standen. Ich überflog die Anordnung der Worte, konnte ab und an ein paar wahrnehmen. Axel.... wir beide... vorbei... Herz... Suche... Wahrheit... finden. Nun konzentrierte ich mich doch auf den gesamten Text und ich wusste schon beim ersten Wort, meinem Namen, dass mich nichts Gutes erwartete... Dass es mein seltsames Gefühl in diesem Raum bestätigen und begründen würde. Dass ich den Worten nicht glauben würde... Jede Zeile, jeder Satz, jedes Wort, jede Silbe, zergingen auf meiner Zunge... .... .. .... .. .... ... . .. ................. .... ....... . Sie waren wahr. Mein Verstand konnte es mir unwiderruflich beweisen: Roxas Name stand als letztes Wort auf diesem Papier. Ordentlich geschrieben, mit einem leichten Rechtsschwung. Mit einem leicht verzerrten Absatz am Ende des Es'. Er wollte, dass ich diesen Brief fand und las. Meine Hände zerknitterten das simpel karierte Papier, bevor ich es merkte. Hektisch glättete ich es wieder. Dieses simpel karierte Papier, welches mir nun so wertvoll schien. Welches für mich einen Hauch von Roxas bewahrte. Noch einmal suchten meine Augen den Raum ab, doch diesmal erschien mir nichts mehr so natürlich und selbstverständlich. Dieses leere Zimmer, der leere Schrank, die unbenutzten Kleiderbügel, der aufgeräumte Schreibtisch, das unordentlich hinterlassene Bett... Er hatte nie vorgehabt hier zu bleiben. Es war bloß sein Ausweg vor der Enge gewesen, in die er eingepfercht wurde. Die Enge, in die ich ihn getrieben hatte. Ein neutraler Punkt, von dem aus er hatte Abschied nehmen können. Wie gebannt starrte ich auf das Kopfkissen, welches neben mir lag. Das war es? … Nicht einmal die Tränen spürte ich, die über meine Wangen rannen. Erst als sie auf die Decke tropften, fiel es mir auf und riss mich aus meiner Gedankenstarre. Erst dann begriff ich, was geschehen war. Erst dann spürte ich mein Herz wieder schlagen und sich vor Schmerz zusammenziehen. … Das war es. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)