After The Fall von JoeyB (Spencer x Tala) ================================================================================ Prolog: Friends forever ----------------------- Hallo! Danke für's Reinlesen in meine neue FF "After the Fall". Die FF schwebt schon lange in meinem Kopf herum und ich habe sie auch schon mehrmals angefangen, aber den Anfang zu schlecht gefunden und dann wieder verworfen. Aber jetzt habe ich es endlich geschafft, einen Anfang zu finden, mit dem ich selbst zufrieden bin. Die FF ist mein Beitrag für einen FF-WB mit dem Thema "Rare Pairings". Ich hoffe mal, sie kommt gut an ^^" Ich gebe mir jedenfalls größte Mühe und hoffe, dass ich sie bis zum Einsendeschluss fertig habe (das heißt, hier wird niemand lange auf neue Kapitel warten müssen *lol*) Der Prolog spielt in der Kindheit von Spencer und Tala, als die beiden noch in der Abtei gelebt haben und beste Freunde waren. Die restliche FF spielt ein paar Jahre später... Viel Spaß beim Lesen! Tala atmete tief ein und aus. Er lächelte leicht und blickte sich um. Die Abtei hinter ihm lag unter einer in der Sonne funkelnden Schneedecke. Er liebte den Schnee. Den Schnee auf den Dächern Moskaus, den Schnee, in dem er selbst bis zu den Knien versank und den Schnee, der noch immer vom Himmel rieselte. Er bahnte sich ein Weg durch die Schneemasse, bis er auf dem gekehrten Bürgersteig stand. Dort wartete Spencer bereits auf ihn. „Warum benutzt du nicht den freigeschaufelten Weg?“, fragte er. „Wie wir anderen auch?“ Tala zuckte mit den Schultern und sah noch einmal zurück. Warum hätte er über einen normalen, langweiligen Weg gehen sollen, wenn er die Option hatte, sich selbst durch eine dichte Schneemasse hindurchzukämpfen? Das war doch viel schöner. „Du kriegst bestimmt Ärger wegen der nassen Hose“, schimpfte Spencer. „Du holst dir noch eine Erkältung, Tala!“ Obwohl der blonde Junge bloß ein knappes Jahr älter war als Tala selbst, verhielt er sich um Längen vernünftiger. Er ging immer brav über den freien Weg und sprang auch nie in Pfützen. Und trotzdem wartete er jedes Mal auf Tala und blieb an seiner Seite, wenn er sich die regelmäßige Standpauke bei einem der Trainer abholte, die eigentlich auf jeden Sonntagnachmittag, den er draußen verbrachte, folgte. Tala lächelte ihn verlegen an. „Tut mir Leid“, sagte er aus Höflichkeit, obwohl sie beide wussten, dass er es nicht so meinte. Spencer schüttelte leicht den Kopf. „Egal jetzt“, meinte er. „Komm', lass uns gehen.“ Er nahm Talas Hand in seine eigene und zog ihn hinter sich her. „Lass uns in den Park gehen.“ Tala ließ sich mitziehen und zog seine Hand erst zurück, als Spencer und er vor einer roten Ampel standen. „Es kommt doch gerade kein Auto“, meinte er und schielte hoffnungsvoll zu seinem besten Freund hoch, doch der blieb stehen, bis die Ampel ihnen erlaubte, die Straße zu überqueren. So war es immer; es grenzte schon beinahe an einem Wunder, dass die beiden Freunde waren. Zum einen war es nicht leicht, in der Abtei eine Freundschaft aufrecht zu erhalten. Zum anderen waren Tala und Spencer sehr verschieden. Während Spencer stets die Befehle der Trainer befolgte, zweifelte Tala oft an der Autorität der Erwachsenen und fing sich durch sein vorlautes Wesen oft Schläge ein. Trotzdem waren die beiden beinahe unzertrennlich geworden, seit sich in der gleichen Trainingsgruppe waren und in demselben Zimmer schliefen. Der Park lag nicht weit von der Abtei weg, weshalb die beiden oft dorthin gingen. Sie hatten sowieso nur zwei Stunden Ausgang pro Woche, weshalb es sich kaum lohnte, woanders hinzugehen. Spencer ging ordnungsgemäß auf den angelegten Weg, während Tala neben ihm durch den tieferen Schnee stapfte. „Du benimmst dich wie ein Kind“, merkte Spencer nach einer Weile an. „Ich bin ein Kind“, erwiderte Tala gut gelaunt und ließ seine rechte Hand über einen Zaun gleiten. Er patschte den Schnee, den er dabei aufgefangen hatte, zusammen und blickte den kleinen Schneeball im Weitergehen interessiert an. Spencer schüttelte leicht resignierend den Kopf. Eigentlich hatte Tala Recht; er war wirklich noch ein Kind. Doch mit elf Jahren verhielten sich die wenigsten Schüler in der Abtei noch wie gewöhnliche Kinder. Den meisten war die Freude an ihrer Kindheit längst vergangen. Und was Spencer selbst betraf... Er hatte nie wirklich das Gefühl gehabt, ein Kind gewesen zu sein. Schon im Alter von fünf Jahren hatte er keine Probleme damit gehabt, Gehorsam und Disziplin an den Tag zu legen, die Tala noch heute nicht meistern konnte. Plötzlich spürte Spencer einen kalten Schlag in seinem Nacken. Er zuckte zusammen und wischte mit den Händen über die Stelle, an der Talas Schneeball auf seine nackte Haut getroffen war. „Was soll das?“, fragte er unfreundlich. „Warum trägst du keinen Schal?“, fragte Tala. „Dann wäre dir das nicht passiert.“ Spencer seufzte und ließ die Hände sinken. „Du bist echt schrecklich, Kleiner“, sagte er und knuffte Tala in die Seite. Tala lachte und sprang dann direkt vor Spencers Füßen wieder auf den Weg zurück. Er setzte sich auf eine der Parkbänke. „Und jetzt wird auch noch dein Hintern nass“, murmelte Spencer besorgt. „Macht mir nichts.“ Tala lachte wieder. „Setz' dich doch!“ Einen Moment lang blickte Spencer zögerlich die Parkbank an, dann ließ er sich jedoch neben dem Rotschopf nieder. „Das gibt bestimmt Ärger“, prophezeite er. „Ach was.“ Tala winkte ab. „Die wissen doch alle, dass du das nur machst, weil ich dich dazu anstifte, Großer!“ Nun war er es, der den Anderen lachend knuffte. Spencer blickte zu ihm hinunter. Tala musste den Kopf leicht anheben, um ihm ins Gesicht sehen zu können, schließlich war er ein gutes Stück kleiner als Spencer. Die hellblauen Augen des Jüngeren blitzten fröhlich auf. Der blonde Junge musste unwillkürlich lächeln. „Du siehst hübsch aus, wenn du lachst“, sagte er ehrlich. Tala legte den Kopf schief. „Was?“, fragte er verdutzt, noch immer lächelnd. „Ich...“ Spencer lachte ebenfalls leise. „Ich finde es schön, wenn du lachst.“ „Warum?“, fragte Tala. Spencer zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, meinte er. „Aber ich fühle mich richtig wohl, wenn du mich so ansiehst.“ Tala nickte verstehend. „Das ist schön“, sagte er. „Wenn du dich wohlfühlst, fühle ich mich auch wohl.“ Er lächelte seinen Freund treuherzig an. Spencer legte einen Arm um Tala und drückte ihn an sich. „Du, Tala?“, fragte er leise und blickte nachdenklich über den Weg vor ihnen. „Ja?“, fragte Tala und schloss seine hellblauen Augen. „Wir bleiben doch immer Freunde, oder?“ Verwirrt blickte Tala nach oben. „Natürlich“, meinte er. „Versprochen?“, bat Spencer ihn, ohne den Blick von dem Weg abzuwenden. Tala lächelte schief. „Geschworen.“ ---------- Ich hoffe, der Prolog hat euch gefallen! Ich freue mich natürlich wie immer über Kommentare und auch über Kritik! Bye, Nathera Kapitel 1: Mad -------------- Hallo! Danke für eure Kommentare zu dem Prolog! Ich liebe es, Prologe zu schreiben, in denen die Hauptcharas noch Kinder sind. Oder Epiloge, in denen sie schon erwachsen sind. Leider bietet sich das nicht bei jeder Fanfiction an, sonst hätte ich überall süße Prologe xD Ich hoffe mal, die Richtung, in die die Fanfiction geht, gefällt euch, weil es ziemlich.. anstrengend wird. Also nichts sehr fröhliches^^“ Viel Spaß beim Lesen!! „DU MACHST MICH ECHT WAHNSINNIG!“ Spencer zuckte zusammen, als Tala das Glas, das er in der Hand gehalten hatte, gegen die Wand schmiss und es in der entstandenen Stille schmerzhaft laut zersprang. Er blickte auf den Scherbenhaufen auf dem Boden und sah dann zu Tala, der ihn mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. „Ich glaube nicht, dass ich dich wahnsinnig mache“, meinte Spencer nach einer Weile kühl. „Das ist bei dir angeboren.“ Er brüllte nicht, so wie sein Teamleader. Hin und wieder sprach er laut, aber in der Regel hatte er seine Gefühle und auch seine Stimme gut im Griff. „KANNST DU NICHT...“ Tala unterbrach sich selbst und atmete tief ein. Seine Augen huschten kurz in den Flur und fixierten einen Moment lang die Türen von Ians und Bryans Zimmern. Dann sprach er etwas leiser, aber noch immer deutlich erregt: „Kannst du mir nicht einfach sagen, wo du hingehst?“ Spencer ging zu der Flurtür und schloss sie. Er wusste genau, dass Tala sich nicht lange beherrschen konnte und gleich wieder schreien würde. Und es war ihm irgendwie ein wenig peinlich, dass seine beiden Teamkollegen jeden einzelnen Streit, den er und Tala hatten, mitanhören durften. Die beiden hatten zwar nie etwas gesagt, aber Spencer wusste, dass sie alles mitbekamen. „Würdest du bitte antworten?“, fragte Tala versucht gefasst. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, meinte Spencer und ging zum Tisch. Er nahm die beiden Gläser und den Teller, die noch vom Abendessen übrig geblieben waren und stellte sie in die Spüle. „Du bist nicht meine Mutter, Tala.“ „Aber dein Teamleader“, gab Tala gereizt zurück. „Und es geht mich sehr wohl an, wo du hingehst, da du die ganze Nacht über was-weiß-ich-wo sein und morgen zu spät und unausgeschlafen zum Training kommen wirst!“ Seine Stimme wurde wieder etwas lauter. „So wie immer!“ Spencer verdrehte die Augen. „Ich mische mich auch nicht in dein Privatleben ein, Käpt'n.“ Er drehte sich wieder zu Tala um. „Dein Privatleben ist mir scheißegal“, fuhr ihn Tala an. „Es geht um das Team!“ „Das Team?“, wiederholte Spencer spöttisch. „Klar.“ Tala atmete tief ein und aus, als wolle er sich daran hindern, wieder zu brüllen. „Solange du Mitglied in meinem Team bist, bist du mir Rechenschaft schuldig über alle Dinge, die dein Training beeinträchtigen könnten“, sagte er schließlich mit vor Zorn bebender Stimme. „Dein Team“, nickte Spencer gespielt bedächtig. „Ja, es IST mein Team!“, fuhr ihn Tala an. „UND ICH LASSE VERDAMMT NOCHMAL NICHT ZU, DASS DU MEIN TEAM KAPUTT MACHST!“ „ICH mache das Team kaputt?“, fragte Spencer. „Darf ich dich daran erinnern, dass DU mich beim Training ständig blöd anmachst?!“ „Was soll ich denn sonst machen?“, wollte Tala sauer wissen. „Soll ich mich bei dir dafür bedanken, dass du das Bladen nicht mehr ernst nimmst?“ „Wer sagt denn, dass ich das Bladen nicht mehr ernst nehme?“, entrüstete sich der Blondschopf. „Ich.“ Tala verschränkte ernst die Arme vor der Brust. „Du kommst zu spät zum Training, leistest nicht mehr halb so viel wie früher und hörst nicht mehr auf meine Befehle.“ Abermals verdrehte Spencer die Augen. „Dann schmeiß mich doch aus dem Team“, meinte er sarkastisch. „Sollte ich vielleicht tun!“, schoss Tala zurück. „Tu dir bloß keinen Zwang an“, murrte Spencer. „Dann bin ich dich endlich los!“ Er wusste genau, dass Tala das nicht tun würde. So weit würde der Rotschopf nicht gehen. Schon seit über einem Jahr, seit sie nicht mehr der BioVolt unterstanden und in einer eigenen kleinen Wohnung wohnten, hatte Tala alles dafür getan, ihr Team zusammen zu halten. Bisher mit Erfolg. Auch wenn er sich noch so sehr über Spencer ärgerte – er würde ihn nicht aus dem Team werfen. Allein schon weil Spencer in Turnieren noch immer ungeschlagen war. Und weil es Tala schwer fallen würde, einen Spieler zu finden, der den Blondschopf ersetzen würden. Außerdem waren da noch Bryan und Ian, die es mit Sicherheit nicht zulassen würden, dass Spencer das Team verließ. Tala hatte gar keine Chance, Spencer auf diese Art und Weise los zu werden. Und Spencer wusste genau, dass Tala das wusste, Und auch dass Tala wusste, dass er es wusste und sich nur deshalb so weit aus dem Fenster lehnte. „Irgendwann werde ich vergessen haben, dass wir mal Freunde waren“, sagte Tala mit leiser, aber unbestreitbar drohender Stimme. „Und dann hoffe ich für dich, dass du einen guten Schutzengel hast.“ „Schön.“ Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Darf ich jetzt bitte gehen?“ Er ging, ohne eine Antwort abzuwarten, zur Flurtür und öffnete diese. In einer Mischung aus Hilflosigkeit und Wut stand Tala in der Küche und starrte seinem Teamkollegen hinterher. „DANN HAU DOCH AB!“, brüllte er, als Spencer die Wohnungstür geöffnet hatte. Die Tür wurde knallend ins Schloss geschmissen. Stille. So endeten die meisten Streitigkeiten. Spencer verließ die Wohnung. So auch heute. Als Ian die Küche betrat, war Tala, halb auf der Fensterbank sitzend, halb stehend, allein in der Küche. Er blickte schlecht gelaunt die Tür an und schien seinen jüngeren Teamkollegen nicht zu bemerken. Erst als dieser räuspernd auf sich aufmerksam machte, blickte Tala ihn kurz an, sah dann jedoch wieder weg. „Ich wollte mir nur eben ein Glas Wasser holen“, murmelte Ian verlegen und ging an Tala vorbei zum Kühlschrank. Er holte eine Flasche kalten Wassers heraus und goss etwas davon in ein Glas. Während er trank, schwieg Tala. Erst als Ian das Glas auf die Spüle gestellt und sich wieder auf den Weg in sein Zimmer gemacht hatte, regte sich der Rotschopf wieder. „Haben wir dich geweckt?“, fragte er leise. „Nee, ich hab noch gelesen“, log Ian. Er wusste, dass Tala schon genug Probleme hatte, weshalb er seinem Teamleader nicht auch noch ein schlechtes Gewissen bescheren wollte. „Gut“, meinte Tala, noch immer mit schwacher Stimme. Er stieß sich von der Fensterbank ab und setzte sich auf einen der Küchenstühle. Ian stand einen Moment lang unruhig auf der Stelle. Er wollte zurück in sein Bett, um wenigstens ein bisschen Schlaf zu finden. Aber konnte er Tala jetzt hier alleine lassen? Nach ein paar Sekunden seufzte Ian lautlos und ging zum Tisch. Er zog einen der Stühle zurück und kauerte sich darauf. „Was war gerade eben los?“, fragte er vorsichtig. Er hatte seine Beine an den Körper herangezogen und seinen Kopf auf die Knie gelegt. Von dieser Position aus konnte er Tala mit schief gelegtem Kopf ansehen. Tala blickte von der Tischplatte auf. „Nichts“, meinte er schlecht gelaunt. „Eigentlich.“ „Und warum habt ihr euch gestritten?“, versuchte es Ian ein weiteres Mal. Tala zuckte mit den Schultern. „Warum fragst du?“, stellte er matt eine Gegenfrage. Nun war es Ian, der ratlos dreinblickte. „Weiß nicht“, erwiderte er. Er wusste es wirklich nicht. Schließlich hatte er bis vor ein paar Minuten im Bett gelegen und den beiden zugehört. Er hatte jedes einzelne Wort belauscht. Was hätte er denn auch tun sollen? Die beiden waren zu laut, die Wände zu dünn. Trotzdem wollte er von Tala hören, was passiert war. Nur um zu sehen, wie sehr ihm der Ältere vertraute. Ob zumindest er, Ian, noch von Tala gemocht wurde. „Ging insgesamt um's Training“, antwortete Tala nach einer Weile. „Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber Spencer lässt sich momentan ziemlich hängen. Und er will einfach nicht einsehen, dass er sich mehr anstrengen sollte. Stattdessen haut er fast jede Nacht ab und kommt dann auch noch zu spät zum Training.“ Er atmete tief ein und nutzte die Luft, um einen tiefen Seufzer auszustoßen. „Wenn er so weitermacht, ist er bald nicht mehr für's Team tragbar.“ „Ist nicht dein Ernst“, meinte Ian trocken. Natürlich hatte er gemerkt, dass Spencer in den letzten Wochen beim Training nicht viel geleistet und generell auch sehr wenig gesprochen und gegessen hatte. Wie hätte er es denn auch nicht bemerken sollen? Tala hatte Spencer mehr als nur einmal darauf aufmerksam gemacht. Ian wusste nicht, womit es angefangen hatte: Mit Spencers Trägheit oder mit Talas Streitlust. Nur eins war klar: Wenn nicht bald irgendetwas geschah, würden die beiden es bald nicht mehr bei Worten und beim Werfen von Gegenständen belassen, sondern handgreiflich gegeneinander werden. Der Kleinwüchsige hatte schon jetzt Angst vor dem Tag, an dem das passieren würde. Trotzdem schockierte es ihn, dass Tala scheinbar ernsthaft in Erwägung zog, Spencer aus dem Team zu werfen. „Was soll ich denn noch mit ihm machen?“, fragte Tala leicht aufgewühlt. „Ich kann doch nicht zusehen, wie der unser Team systematisch zugrunde richtet!“ „So schlimm ist es auch wieder nicht“, verteidigte Ian den nicht Anwesenden. „Vielleicht macht er momentan nur so 'ne Phase durch. In der Zeit stellst du ihn bei Turnieren eben nicht auf, ganz einfach. Aber ihn gleich aus dem Team schmeißen... Ist das nicht vielleicht ein bisschen übertrieben?“ Tala stand auf. „Keine Ahnung“, murrte er. „Aber wenn er sich nicht bald wieder zusammenreißt, bringt er mich noch in die Klappse. Ich werd' hier echt noch wahnsinnig...“ Er setzte für einen weiteren Satz an, unterbrach sich jedoch selbst mit einem lang gezogenen Gähnen. „Sorry“, nuschelte. „'s ist schon spät, ich bin müde.“ Ian nickte verständnisvoll. „Ich auch“, erwiderte er. Tala ging in den Flur hinaus und öffnete den Schaltkasten. „Was machst du da?“, rief ihm Ian von der Küche aus zu. „Ich stelle die Klingel ab“, antwortete Tala und schlurfte in die Küche zurück. „Falls der Idiot es sich anders überlegt und doch mal mitten in der Nacht rein will. Er hat bestimmt keinen Schlüssel dabei und ich will mich nicht von ihm wecken lassen.“ Er wuschelte ihm Vorbeigehen durch Ians Haare und ging dann zu seinem Zimmer. „Gute Nacht, Ian.“ Ian seufzte leise und sah auf die geschlossene Tür, hinter der Tala verschwunden war. Manchmal hasste er dieses Team. Bryan war ein sehr introvertierter Mensch, der, wenn er mal etwas sagte, zynische Kommentare von sich gab, die niemandem weiterhalfen. Spencer mutierte momentan von einem ruhigen, aber dennoch freundlichen jungen Mann zu einem undefinierbaren Was-auch-immer, das unter starken Stimmungsschwankungen litt und diese durch sein abblockendes Verhalten auch stark zum Ausdruck brachte. Und Tala... Im Grunde genommen war Tala noch immer in Ordnung, aber Ian konnte es nicht leiden, wenn er brüllte. Und da Tala zumindest Spencer gegenüber kaum noch etwas anderes tat, wurde der Kleinwüchsige auch seinem Teamleader gegenüber misstrauisch. Er blieb noch ein paar Minuten lang in der Küche sitzen, bevor er aufstand und zum Schaltkasten ging. Er stellte die Klingel wieder an, bevor er das Licht in der Küche ausmachte und sich durch die Dunkelheit im Flur in sein Zimmer tastete. ----------------------- Ich freue mich (wie immer) über Kommentare, auch über negative Kritik! Bye, Nathera Kapitel 2: Pain --------------- Hallo! Danke für die Kommentare!! Ich muss mich mit der FF mal ein bisschen beeilen, wenn ich die bis Ende nächsten Monat fertig haben will <.< ---------------------- Als wolle er Talas Erwartungen bestätigen, erschien Spencer fünf Minuten zu spät auf dem Trainingsplatz, auf dem Ian und Bryan sich gerade einliefen. Er schlenderte zu Tala, der am Rand saß und ganz offensichtlich auf ihn gewartet hatte. Denn kaum hatte er Spencer erblickt, sprang er auf und ging ihm mit energischen Schritten entgegen. „Guten Morgen“, sagte er kühl, als er dem Blondschopf direkt gegenüber stand. „Morgen“, murmelte Spencer und blickte zu Bryan und Ian. Er hustete zweimal. „Ist ja nett, dich auch mal wieder zu sehen“, meinte Tala spitz. „Und eine hübsche Erkältung hast du auch gleich mitgebracht!“ Spencer verdrehte die Augen. „Willst du mir 'nen Strick daraus drehen, dass ich mich erkältet habe?“, fragte er und hustete abermals. „Ja, will ich“, fauchte Tala. „Würdest du wie jeder normale Mensch die Nächte in deinem Bett verbringen, würdest du nicht nur pünktlich mit uns zum Training gehen, sondern auch noch genauso munter und gesund wie Bryan und Ian hier erscheinen!“ Spencer zog ein Taschentuch aus seiner hinteren Hosentasche. „Tja“, meinte er bloß und putzte sich die Nase. Tala blickte Bryan und Ian entgegen, die sich ihnen näherten. „Die Frage, wo du gewesen bist, wirst du mir nicht beantworten, oder?“, fragte er dann in einer Mischung aus unterdrückter Wut und Resignation. Spencer schüttelte den Kopf. „Hallo“, murmelte er und nickte seinen beiden Teamkollegen zu. „Tach, du Säufer“, grüßte ihn Bryan locker und knuffte ihn in die Seite. „Na, die Nacht durchgezecht?“ „Was?“, fragte Tala verblüfft. „Riechst du das nicht?“, wunderte sich Bryan, der näher an Spencer stand als Tala. „Was soll ich riechen?“ Tala ging einen Schritt auf Spencer zu, der automatisch einen Schritt zurückwich. „Spencers Fahne.“ Bryan grinste schief. Er hatte die Angewohnheit, beim Lächeln stets nur einen Mundwinkel nach oben zu ziehen, weshalb man nie genau wusste, ob sein Lächeln freundlich oder spöttisch gemeint war. Spencer verdrehte leicht die Augen. „Fahne“, murmelte er abwertend. „Von wegen.“ Dennoch ging er einen weiteren Schritt rückwärts, als Tala erneut auf ihn zukam. Er hustete wieder mehrfach und zog ein weiteres Taschentuch heraus. Das benutzte stopfte er in seine Jackentasche. „Bleib' mir bloß vom Leib“, maulte er Tala an und kehrte Tala dann den Rücken zu, um sich in Ruhe die Nase putzen zu können. „Du riechst wirklich nach Alkohol“, stellte Tala fest, als Spencer auch das zweite Taschentuch verstaut hatte. Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Ja, und?“, fragte er unfreundlich und schob Tala von sich weg. „Trotzdem kein Grund, gleich auf Tuchfühlung zu gehen.“ „Wie kannst du es wagen, vor dem Training zu saufen?“, fragte Tala aufgebracht. „Das wird ja immer schlimmer mit dir!“ „Fängt das schon wieder an“, murmelte Ian und ging zu Bryan, der sich ein paar Schritte von den beiden entfernt und sich auf eine Bank am Rand des Sportplatzes gesetzt hatte. Er ließ sich neben seinen Teamkollegen sinken und sah zu Tala und Spencer. Noch immer versuchte Spencer, sich Tala vom Leib zu halten. Und Tala wurde immer lauter. „Was musstest du Tala auch darauf aufmerksam machen, du Idiot?“, fragte Ian Bryan frustriert. Bryan ließ wieder kurz ein schiefes Lächeln durch sein Gesicht zucken. „Warum nicht?“, stellte er eine Gegenfrage. „Kameradenschwein“, meinte Ian düster. „Wer ist hier das Kameradenschwein?“, fragte sich Bryan gespielt unwissend. „Der, der seinen Kollegen verpfeift, oder der, der über seine Probleme einfach hinwegsieht?“ „Welche Probleme?“, murmelte Ian. Bryan zuckte leicht mit den Schultern. „Weiß nicht.“ „Du bist echt krank“, fand Ian. „Spencer hat keine Probleme; du hast bloß keinen Bock auf Training.“ „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ Bryan blickte nun auf wieder zu Tala und Spencer, die sich weiter von ihnen entfernt hatten. Tala redete nicht mehr laut, sondern leise, aber sichtbar erregt. „Außerdem ist das mit den beiden irgendwie amüsant.“ Ian schüttelte resignierend den Kopf. „Wie kannst du es amüsant finden, dass die beiden sich ständig gegenseitig anmachen?“ „Süß, was für Kleinigkeiten die beiden zum Streiten bringt“, grinste Bryan schief. „Lass uns einen Stein zwischen die beiden werfen; dann gehen sie sich gegenseitig an die Gurgel, weil sie beide der festen Überzeugung sind, der jeweils andere hätte auf sie geworfen.“ „Ich finde das nicht lustig“, sagte Ian versucht würdevoll. „Du bist echt armselig.“ „Tala kommt zurück“, wechselte Bryan das Thema. „WAS SITZT IHR FAULEN ARSCHLÖCHER DA NOCH?“, brüllte ihnen Tala zu und joggte nun zu ihnen. Spencer hingegen hatte seine Jacke abgelegt und begonnen um den Sportplatz zu laufen. Anscheinend ließ Tala Spencers Zustand nicht als Entschuldigung durchgehen und zwang ihn dennoch zum Training. „Ich kann mich nicht daran erinnern, euch Idioten eine Pause gegeben zu haben, also bewegt eure fetten Ärsche und lauft eure Runden ab!“, zischte Tala, als er bei ihnen angekommen war und deutete mit ungnädigem Gesichtsausdruck auf die Bahn. „Sehr amüsant, wirklich“, zischte Ian Bryan zu, als er aufstand und an seinen beiden Teamkollegen vorbei zur Bahn zurücklief. Bryan stand etwas langsamer auf, wofür er sich ein „Verfluchter Wichser“ von Tala einfing. Doch obwohl er während der Runden, die sie liefen, immer langsamer wurde und sich schließlich so weit zurückfallen ließ, dass Ian ihn überrunden konnte, war Talas Augenmerk auf Spencer gerichtet, der zwar langsamer als Ian aber eindeutig schneller als Bryan war. Der Rotschopf beschleunigte sein Tempo, bis er Spencer erreicht hatte. „Wirst du wohl heute noch fertig?“, fragte er unfreundlich. „Guck' dir mal Bryan an“, schoss Spencer entnervt zurück. „Der ist nicht erkältet und darf trotzdem schleichen!“ „Scheiße, bist du erbärmlich!“, giftete ihn Tala an. „Wenn du es schon nötig hast, deine Teamkollegen bei mir anzuschwärzen...“ Spencer verdrehte die Augen. „Klar“, murmelte er und schien dann zu beschließen, nichts weiter dazu zu sagen. Er wusste sowieso, dass es sinnlos war. Beim Training war nun einmal eindeutig Tala der Boss, deshalb brachte es ihm überhaupt nichts, sich in einer solchen Situation gegen den Rotschopf zu wehren. Das würde ihm nur Schwierigkeiten während des restlichen Trainings bringen. „Traurig, dass Ian so viel schneller ist als du“, fand Tala, der offensichtlich einen weiteren Streit provozieren wollte. „Du solltest dir wirklich ein Beispiel an ihm nehmen, Lahmarsch.“ „Klar“, sagte Spencer abermals und starrte stur geradeaus. Er spürte er, dass Tala ihn ansah, doch er weigerte sich, diesen Blick zu erwidern. Es hätte ihn bloß unnötig aufgeregt, in Talas vorwurfsvolle Augen zu sehen. „Er ist dir gegenüber körperlich echt benachteiligt“, fuhr Tala fort. „Dass er trotzdem besser ist als du, kann entweder daran liegen, dass er überdurchschnittlich viel aus sich herausholt, oder dass du einfach ein fauler Nichtsnutz bist!“ „Ja“, brummelte Spencer, als Tala eine Pause ließ, um ihm die Möglichkeit zum Antworten gab. „Und da er nicht besonders motiviert wirkt, gehe ich mal davon aus, dass Letzteres der Fall ist“, schloss Tala spitz. „Du musst wohl ein totaler Versager sein, Spencer.“ Er wurde langsamer, bis er stehenblieb und Bryan und Ian zu sich rief. Spencer setzte sich auf die Bank, auf der sie ihre Sachen abgelegt hatten, und wartete geduldig auf Bryan und Ian, die sich damit beeilten, zu ihnen zu stoßen. Tala stand wenige Meter von ihm entfernt und sah den beiden entgegen. Spencer seufzte lautlos. Es tat gut, dass Tala endlich schwieg. Denn auch wenn er nicht auf Talas Provokationen einging, so hörte er doch jedes einzelne Wort, das der Rotschopf sagte. Und niemand, auch nicht der stärkste Mensch der Welt, konnte Tag für Tag solche Dinge hören, ohne davon verletzt zu werden. Denn Tala fand jeden Tag einen Vorwand, ihm solche Vorwürfe an den Kopf zu werfen. Er sei ein Versager, er habe ihn ihrem Team eigentlich nichts verloren, er solle sich ein Beispiel an seinen Teamkollegen nehmen... Es kam Spencer wie purer Sadismus vor, dass Tala ihm ausgerechnet Ian als Trainingspartner zuteilte. Er wusste, dass Tala darauf warten würde, dass Ian ihn besiegte. Und dann würde er erst richtig loslegen und ihn fertig machen. „Ist alles okay?“, fragte Ian, während er sein Beyblade aus der Tasche, die neben Spencer lag, holte. „Ja“, sagte Spencer träge. Ian hatte ihm nie etwas getan, doch momentan hasste Spencer ihn. Er hasste ihn dafür, dass er immer alles richtig machte und ständig von Tala gelobt wurde. Und er hasste ihn dafür, dass er sich auch außerhalb des Training gut mit Tala verstand und sich nie mit ihm streiten musste. Und vor allem hasste er ihn dafür, dass er ihn trotz allem irgendwie mochte. „Dann komm“, forderte ihn Ian auf und wartete auf Spencer, um mit ihm zusammen zum Trainingstableau zu gehen. Er pfiff drei Töne. Vermutlich überlegte er, worüber er sich mit Spencer unterhalten konnte. „Bryan ist heute mal wieder die Motivation in Person“, meinte er schließlich ironisch und blickte zu Bryan, der desinteressiert gen Himmel starrte, während Tala sie mit zusammengekniffenen Augen beobachtete. „Na, und?“, fragte Spencer. „Stört das irgendwen?“ Er blieb an dem Tableau stehen und sah zu Tala, der keinerlei Interesse an Bryan zeigte, sondern ihnen langsam folgte. Ian sah ebenfalls kurz zu Tala. „Er hat andere Probleme, schätze ich“, meinte er versucht lächelnd. „Mich“, gab Spencer kühl zurück und ließ sein Beyblade in den Starter einrasten. Ian atmete langsam aus. „Er hat heute einfach schlechte Laune“, wich er aus und ging ebenfalls in Startposition. Spencer fragte sich, ob Ian mit Tala über ihre Streitigkeiten sprach. Oder ob er mit Bryan darüber redete. Er sah wieder zu Tala, der sich neben dem Tableau auf den Boden setzte und mit berechnendem Blick die beiden Beyblades, die nun abgeschossen wurden und sich gegenseitig angriffen, musterte. Normalerweise ließ Tala jeweils zwei Kämpfe gleichzeitig laufen. Dass er Bryan einfach so stehen gelassen hatte, um ihnen zuzusehen, war höchst ungewöhlnich. Und doch kannte Spencer den Grund: Der Rotschopf wollte mit ansehen, wie er verlor. Spencer hatte in den letzten Wochen bloß ein einziges Mal gegen Ian gewonnen, einfach weil der Kleinwüchsige beim Bladen mehr bei der Sache war. Und weil er einen stärkeren Willen zum Gewinnen zeigte. Spencer hingegen war es momentan gleichgültig, ob er gewann oder verlor. Doch Talas abschätzender Blick und die kühle Vorfreude auf Spencers Niederlage, war mehr als nur ein Stich ins Herz. Es war ein Ansporn. Er würde Tala zeigen, dass er kein Versager war! „Seaborg!“, rief er sein BitBeast hervor. Der Kampf war hart, doch nach etwa zehn Minuten schaffte Spencer es, Wyborg zum stehen zu bringen. Ian fluchte leise und ging dann auf die Knie, um sein Beyblade aufzuheben. „Revanche?“, fragte er Spencer. „Nein“, antwortete Tala kühl und taxierte Ian mit einem bösen Blick. Spencer konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Auch Ian konnte verlieren. Und er selbst konnte gewinnen. Es war eine Genugtuung, dass Tala das einsehen musste. „Du musst ihn nicht schützen, Ian“, sagte Tala dann plötzlich. Das Scharfe war aus seinem Blick verschwunden und er lächelte Ian schwach an. „Du tust ihm keinen Gefallen damit, wenn du absichtlich verlierst.“ „WAS?“, fragte Spencer wütend. Ian hatte nicht absichtlich verloren! Er hatte alles gegeben und trotzdem gegen Spencer verloren. Es war ein ehrlicher Kampf gewesen! „Ich habe ihn nicht absichtlich gewinnen lassen“, verteidigte Ian den Blondschopf. „Deshalb will ich ja eine Revanche.“ Tala schüttelte den Kopf. „Du bist einfach zu lieb, Ian“, fand er. „Gehst du bitte zu Bryan? Es dürfte ihm nicht schaden, auch mal zu bladen.“ Und noch bevor Ian etwas sagen konnte, hatte Tala ihn weggewinkt. Als er sich an Spencer wandte, war sämtliche Milde aus seinem Blick gewichen. „Wie kann man nur so ein Versager sein?“, fauchte er. „Die Hilfsbereitschaft seiner Teamkollegen so auszunutzen!“ „Hast du jetzt einen Vollschaden?“, fragte Spencer sauer. „Ich habe ihn besiegt! Wirklich! Du hast doch gesehen, dass er alles gegeben hat!“ „Nein, habe ich nicht“, gab Tala bitterböse zurück. „Du bist so ein falsches Miststück! Es reicht dir wohl nicht, dass du um Meilen schlechter bist als Ian – jetzt benutzt du ihn auch noch, um besser dazustehen!“ „Tu ich nicht!“ Spencer hob sein Beyblade hoch und drückte die Faust, in der er es hielt, zusammen, bis seine Hand wehtat. Doch sein Griff war nicht stark genug, um es zu zerdrücken. Wäre er es gewesen, hätte Spencer die Überreste vor Talas Füße geworfen. „Warum behauptest du so etwas?“ Er hatte sich nur so angestrengt, um Tala zu beweisen, dass er kein Versager war. Und jetzt kreidete ihm der Rotschopf seinen plötzlich Anflug von Ehrgeiz auch noch an! Was sollte das denn? „Weil es die Wahrheit ist“, erwiderte Tala. „Es ist echt traurig, was aus dir geworden ist.“ Spencer schluckte schwer, dann drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten auf das Tor im Zaun, der den Sportplatz umgab, zu. Er ließ seine Jacke achtlos auf der Bank liegen, denn er wollte Ian, der bei Bryan an der Bank stand, nicht begegnen. Er wollte einfach nur noch hier weg. Weg von diesem beschissenen Sportplatz, weg von seinen Teamkollegen und vor allen Dingen weg von Tala. -------- Ich freue mich natürlich wie immer über Kommentare und auch über Kritk *knuffl* Nathera Kapitel 3: Realization ---------------------- Hallo! Danke für eure Kommentare. Ich denke, nach dem Kapitel hier werdet ihr Tala doch wieder ein bisschen mögen. Hoffe ich zumindest... ^^“ Ich mag ihn jedenfalls *hust* Dass ich hier so schnell wieder hochlade, liegt daran, dass ich mit der FF an einem Wettbewerb teilnehme. Der Einsendeschluss wurde zwar auf den 15. August verschoben, aber ich will mich trotzdem etwas beeilen, weil aus der ursprünglich als recht kurz geplanten Geschichte ein kleines Monster wird. Aber wirklich nur ein kleines Monster. Mehr als zehn Kapitel werden es auf keinen Fall. Vermutlich sieben oder acht. Hab jetzt alles grob geplant und das könnte dann so hinkommen (falls ich nicht mittendrin noch einen Geistesblitz kriege und die Story in eine komplett andere Richtung weiterschreibe...) Viel Spaß beim Lesen!! Rückblick: Im letzten Kapitel ist Spencer angetrunken zum Training erschienen und hatte Streit mit Tala. Später hat er gegen Ian gebladet und ihn besiegt, was Tala als neuen Grund gesehen hat, ihn zu attackieren: Er hat Ian vorgeworfen, Spencer absichtlich gewinnen lassen zu haben und macht Spencer runter, weil dieser die Hilfsbereitschaft seiner Teamkollegen ausnutze, um von seinem eigenen Versagen abzulenken. Spencer ist sauer geworden, doch statt Tala zu kontern, hat er sich umgedreht und den Trainingsplatz verlassen. Tala blickte Spencer schweigend hinterher, als dieser mit schnellen Schritten den Sportplatz verließ. Er verfolgte den Weg des Älteren, bis dieser am Ende der Straße um die Ecke bog und nicht mehr zu sehen war; erst dann drehte er sich zu seinen anderen beiden Teamkollegen, die verwirrt ihren Kampf unterbrochen hatten. Er ging langsam auf sie zu und dachte über einen Grund nach, den er ihnen für Spencers frühzeitiges Verschwinden geben konnte. Den wirklichen Grund konnte er ihnen schließlich nicht sagen. Wie denn auch? Sollte er sagen, dass Spencer beleidigt war und deshalb keine Lust mehr auf das Training hatte? Das klang irgendwie zu harmlos. Und irgendwie konnte Tala den Blondschopf ja auch verstehen. Er wäre in dieser Situation vielleicht auch weggerannt. „Wo is'n Spencer hin?“, fragte Bryan interessiert, als Tala bei ihnen angekommen war. „Ihm geht’s nicht gut“, antwortete Tala, was, zumindest Spencers seelischen Zustand betreffend, auch zutraf. Ian schnalzte missbilligend mit der Zunge, bevor er gespielt falsch lächelte. „Immer noch die Erkältung, hm?“, fragte er lässig. Als Tala ihn anschaute, war er sich nicht sicher, ob nicht doch noch etwas anderes in seinem Blick lag als Besorgnis. Ian hatte schließlich mitgekriegt, weshalb Tala Spencer dieses Mal kritisiert hatte. Und in welchem Zusammenhang. Und wie grundlos. „Ja, immer noch die Erkältung“, gab Tala scharf zurück und verengte die Augen leicht zu Schlitzen. „Aha“, machte Ian und verschränkte ernst die Arme vor der Brust. „Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sag es ruhig“, forderte ihn Tala kühl auf. Er hasste dieses vorwurfsvolle Funkeln in Ians Augen. Er hasste es, kritisiert zu werden. Doch eine verbale Kritik war ihm lieber als dieser stechende Blick. „Du solltest dich bei ihm entschuldigen“, fand Ian. „Und das ist jetzt kein Scherz, sondern mein Ernst.“ Tala lachte trocken. „Dafür, dass ich ihn nicht mit Samthandschuhen angefasst habe, als er besoffen zum Training erschienen ist?“, fragte er entrüstet. „Du hast ja wohl 'nen Knall!“ „Nein, ihr beide habt einen Knall!“, widersprach ihm Ian heftig. „Was hab' ich dir denn jetzt getan?“, fragte Bryan, der den Streit nur halbherzig verfolgt hatte, verwirrt. „Nicht du; Spencer!“, klärte ihn Ian auf. „Genug geredet“, beschloss Tala. „Macht gefälligst weiter!“ Ian zögerte er einen Moment, dann bückte er sich, um sein Beyblade aufzuheben. „Nee“, sagte er versucht locker, doch seine Augen verrieten Tala, dass er sich nicht wohl fühlte. Dennoch steckte er sein Blade in seine Tasche und zog seine Jacke wieder an. „Mir geht’s nicht gut; ich sollte nach Hause gehen.“ „Wag' das ja nicht“, drohte Tala, doch Ian hatte sich schon umgedreht und schlenderte zum Ausgang des Sportplatzes. Tala ballte die Hände zu Fäusten und presste die Lippen aufeinander, doch er rief Ian nichts nach. Denn eigentlich wusste er, dass Ian Recht hatte. „Willst du ihn nicht zurückholen?“, fragte Bryan fasziniert und bereute es, wieder nur auf halben Ohr zugehört zu haben, weshalb er die Situation nicht ganz verstand. „Soll er doch krepieren“, fauchte Tala gereizt. Als Tala und Bryan zwei Stunden später ihr Training beendet hatten, saßen Ian und Spencer im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Tala lehnte sich gegen die Tür und blickte schweigend seine beiden Teamkollegen an. Während Ian aufmerksam eine Sendung verfolgte, wirkte Spencer eher abwesend. Er hielt den Kopf gesenkt und blickte mit unklarem Blick seine Hände an, die leicht zitterten. Tala runzelte die Stirn und trat in den Raum. „Wir wollen gleich essen“, sagte er. „Was heißt gleich?“, fragte Ian. „Gleich heißt, dass Bryan gerade das Wasser für die Nudeln aufgesetzt hat“, erklärte Tala und setzte sich neben Ian. Er schaute wieder zu Spencer, der nicht einmal aufgeblickt hatte, als er den Raum betreten hatte. Der Blondschopf wirkte fast schon apathisch. „Spencer?“, fragte Tala, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Spencer blickte müde hoch. „Hm?“, fragte er. In diesem Moment fand Tala, dass Spencer unheimlich krank aussah. Er war blass und hatte Ringe unter den Augen. Und seine Hände zitterte noch immer. Als Spencer merkte, dass Tala nichts mehr sagte, schaute er wieder seine Hände an. Dann ging ihm auf, dass auch Tala sie beobachtete. Spencer schluckte leicht und versteckte seine Hände in den Hosentaschen. „Was ist los?“, fragte er dieses Mal in Worten. „Nichts“, sagte Tala leise und drehte sich um, um in die Küche zu gehen. Bryan hockte vor dem Küchenschrank und suchte scheinbar nach etwas, wobei er unaufhörlich fluchte. „Was suchst du?“, fragte Tala. „Tomatensauce“, meinte Bryan grummelnd. „Wir müssten doch noch eine Tüte mit diesem Fertigzeugs haben, aber ich finde sie nicht!“ Er begann nun, den Schrank auszuräumen, wobei er Tala mehrere Tüten mit trockenen Nudeln und Reis in die Hand drückte. Es folgten ein paar Dosen mit Fertiggerichten und Toast. Schließlich stellte Bryan eine halbleere Flasche und ein Tütchen mit Suppennudeln auf den Fußboden neben sich, dem folgten zwei weitere Packungen Nudeln. „Nudeln, Nudeln...“, schimpfte er. „Wir haben kaum etwas anderes, als Nudeln!“ Er drehte sich zu Tala um. „Wer ist diese Woche eigentlich für's Kochen zuständig?“ „Spencer“, sagte Tala und starrte angestrengt den vor ihm ausgebreiteten Inhalt des Schranks an. Irgendetwas stimmte an dem Bild nicht. „Spencer, war ja klar“, grummelte Bryan. „Ich gehe nachher am besten selber los.“ Er räumte die Sachen wieder ein. Erst als er die Falsche in die Hand nahm, hielt er inne. „Tala?“, fragte er und blickte zu seinem Teamleader hoch. „Hm?“, fragte Tala. „Warum lagern wir Alkohol im Küchenschrank?“, wollte der Ältere wissen und stand auf. Er stellte die Flasche auf den Tisch und schaute Tala kritisch an. Tala hingegen starrte die Flasche an. Es war kein gewöhnliches Bier, sondern wirkte wie etwas hochprozentiges. Etwas, das man schon nach zwei-drei Schlucken spürte. Und es war zur Hälfte leer getrunken. Er konnte sich nicht daran erinnern, einen seiner Teamkollegen so etwas schon einmal trinken gesehen zu haben. Wenn sie zusammen tranken, dann war das meistens ein sehr schwacher Wodka mit Orangensaft vermischt. Und er hatte bisher gedacht, dass er es merken würde, wenn seine Teamkollegen etwas anderes tranken. Er hatte außer Bryan keinen seiner Teamkollegen betrunken erlebt, selbst Spencer nicht. Spencer... Er war doch heute Morgen mit einer Fahne zum Training erschienen. Er war in letzter Zeit oft abwesend. Sein Blick wirkte oft verschwommen und dann dieses Händezittern... „Verdammte Scheiße“, fluchte Tala. „SPENCER!“ Bryan zuckte erschrocken zusammen. „Wir sollten vielleicht erst einmal alle in Ruhe darüber reden, bevor du gleich Spencer die Schuld gibst. Schließlich wohnen hier im Haus vier Personen. Wer sagt, dass ausgerechnet er-?“ Spencers Blick, als er die Flasche auf dem Tisch stehen sah, sagte, dass es seine war. Er blickte einen Moment lang verdutzt, dann schaute er zu dem Küchenschrank und dem davor ausgebreiteten Inhalt. Er blickte unbehaglich zur Seite. „Findest du wirklich, dass ein Küchenschrank ein angemessener Platz hierfür ist?“, fragte Tala gereizt und sah aus den Augenwinkeln, wie auch Ian den Raum betrat. Und als Spencer nicht antwortete, stellte er eine andere Frage: „Hast du etwa versucht, die Flasche vor uns zu verstecken?“ „Ist das Alkohol?“, fragte Ian verwirrt und sah zu Bryan, der ebenfalls etwas hilflos wirkte. „Leck mich doch!“, meinte Spencer plötzlich aggressiv und ging mit schnellen Schritten an Tala vorbei und in sein Zimmer. Er knallte die Tür hinter sich zu und schloss von innen ab, noch bevor Tala ihm hinterherbrüllen konnte. „SPENCER!“, fauchte Tala. „KOMM SOFORT DA RAUS!“ Er ballte seine Hände zu Fäusten und starrte die Tür vernichtend an. „ICH SCHLAGE DIE TÜR EIN, WENN DU NICHT...!“ „Tala“, unterbrach ihn Ian zaghaft. „Lass das. Er wird schon irgendwann wieder rauskommen.“ „Drohungen bringen jetzt nichts“, bestätigte Bryan. „Und wenn du ihm jetzt wieder sagst, das du ihn aus dem Team schmeißen willst, rastet er wohl komplett aus“, meinte Ian. „Und was soll ich stattdessen tun?“, fragte Tala und starrte verdrießlich die Flasche an. „Naja...“ Ian druckste etwas unbehaglich herum. „Ich habe neulich beim Staubsaugen eine Flasche unter der Couch gefunden. Die gehört nicht zufällig einem von euch beiden?“ „Unter der Couch?“, wiederholte Bryan fassungslos. „Warum hast du uns das nicht früher gesagt?“ „Ich dachte, sie wäre da versehentlich runtergerollt“, verteidigte sich Ian. „Ich konnte doch nicht wissen, dass Spencer hier Flaschen mit Alkohol versteckt!“ „Moment mal“, unterbrach Tala die beiden. „Eine Flasche. Er hat eine Flasche versteckt. Wir reden noch nicht in der Mehrzahl.“ „Dann komm mal mit!“, meinte Ian aufgebracht und zog ihn am Handgelenk ins Wohnzimmer. Dann ging er auf die Knie und streckte den Arm unter das Sofa. Schließlich zog er eine Flasche hervor, die der auf dem Küchentisch stehenden ähnelte. „Die gehört nicht zufällig einem von euch?“ Er ging an seinen beiden Teamkollegen vorbei und stellte sie neben die andere Flasche auf den Tisch. „Damit hätten wir zwei Flaschen“, stellte Bryan dumpf fest. „Also befinden wir uns tatsächlich in der Mehrzahl.“ Tala holte tief Luft. Alkohol. Spencer war tatsächlich ein Trinker! Wieso hatte er nie etwas gemerkt? Der Blondschopf wirkte doch immer so normal! Klar, er hatte oft schlechte Laune und wirkte apathisch, aber... Er war doch kein Alkoholiker! Er war nie wirklich betrunken gewesen! Zumindest hatte ihn Tala nie betrunken erlebt. Und auch wenn sie zusammen etwas tranken, nahm Spencer nie so viel zu sich wie zum Beispiel Bryan, der sich schon mehrfach übernommen hatte. Doch Bryan wirkte immer etwa einen halben Tag nach seinen Abstürzen wieder normal, während Spencer merkwürdig blieb. „Tala?“, fragte Ian vorsichtig. „Wir sollten vielleicht nach anderen Flaschen suchen.“ Tala nickte leicht, ohne wirklich zu hören, was Ian gesagt hatte. „Ich bleibe in der Küche“, beschloss Bryan. „Gehst du ins Wohnzimmer, Ian? Und Tala könnte im Flur nachsehen.“ Tala verließ mit langsamen Schritten die Küche und schloss die Tür hinter sich. Er sank im Flur auf den Boden und lehnte sich gegen die Wand. Was, wenn Spencer jeden Abend, an dem sie sich gestritten hatten, in eine Kneipe gegangen war und sich betrunken hatte? Dann wäre ja er selbst Schuld daran, dass Spencer trank! Und für so etwas wollte er nicht verantwortlich sein. Er blickte sich im Flur um. Aufstehen wollte er noch nicht, weshalb er sich den einzigen Versteckmöglichkeiten in niedriger Höhe zuwandte: Dem Feuerlöscher und dem Schirmständer (es war ihm irgendwie zu blöd, noch in den Schuhen zu suchen). Hinter dem Feuerlöscher fand er nichts, doch nachdem er die Schirme aus dem Ständer entfernt hatte, konnte er eine weitere Flasche ans Tageslicht bringen. „Scheiße“, murmelte er. Diese Flasche war beinahe leer. Er stellte sie auf die Erde und räumte die Schirme wieder ein. Dann ging er zum Medizinschrank, der an der Wand hing und öffnete ihn. Auf hier fand er hinter zwei größeren Flaschen mit Hustensaft und etwas gegen Halsschmerzen eine Flasche mit Alkohol. Diese war kleiner und, wie er nach einem Blick auf das Etikett feststellen musste, hochprozentiger als die anderen. Auch sie war beinahe leer. Er schloss den Schrank wieder und suchte weiter, doch mehr als zwei Flaschen konnte er im Flur nicht finden, weshalb er in die Kühe zurückging und sie dort auf den Tisch stellte. Dort standen zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Flaschen unterschiedlicher Größe. Und weder Bryan noch Ian war mit der Suche schon fertig. Also ging Tala ins Badezimmer und suchte dort. Natürlich, der Spiegelschrank. Hier gleich zwei Flaschen. Als Spencer etwa eine halbe Stunde später sein Zimmer wieder verließ, wirkte er nicht mehr aufgewühlt, sondern gefasst. Und es schien ihn nicht zu überraschen, dass insgesamt dreizehn Flaschen auf dem Küchentisch standen, an dem Tala, Bryan und Ian saßen und auf ihn warteten. „Hast du uns was zu erzählen?“, fragte Tala streng. ----- Ich freue mich wie immer über Kommentare! Bye, Nathera Kapitel 4: Consequence ---------------------- Hallo! Danke für eure Kommentare! Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist und ich hoffe, dem gerecht zu werden *seufz* ich geb mir echt alle Mühe... Rückblick: Im letzten Kapitel hat Bryan mehr durch Zufall eine halbleere Flasche mit Alkohol im Küchenschrank gefunden. Auf Ian bemerkt, dass einige Zeit zuvor ebenfalls einmal eine Flasche entdeckt habe, fangen Tala, Bryan und Ian an zu suchen und werden auch fündig: 13 Flasche (mehr oder weniger voll) waren im kompletten Haus versteckt und sie sind sich mittlerweile alle sicher: Spencer, der sich während der Suche in seinem Zimmer eingeschlossen hat, hat ein Alkoholproblem... Spencer setzte sich zu ihnen an den Tisch und starrte eine Zeit lang vor sich hin. Er blickte die Flaschen an und schien nach einer Erklärung zu suchen, die er ihnen geben konnte. Doch er fand keine. „Seit wann geht das schon so?“, fragte Tala, als er merkte, dass Spencer von sich aus nichts sagen würde. „Geht dich 'nen Scheißdreck an“, murmelte Spencer. Tala atmete tief ein und versuchte, ruhig zu bleiben. „Wie sollen wir dir helfen, wenn du uns nicht einmal die einfachsten Fragen beantwortest?“ „Ich brauche keine Hilfe“, meinte Spencer und verzog das Gesicht. „Besonders nicht von dir, Ivanov.“ „Spencer“, versuchte es nun auch Ian mit ruhiger Stimme. „Wir haben dreizehn Flaschen hier gefunden. Du hast sie so geschickt in der Wohnung verteilt, dass du nie mehr als drei Schritte gehen musst, um einen Schluck trinken zu können.“ „Ich weiß“, sagte Spencer kühl. „Trotzdem danke für die Information.“ „Ich will dir damit nur sagen, dass Alkoholismus eine Krankheit ist“, meinte Ian vorsichtig. „Ich fühle mich aber gerade verdammt gut“, meinte Spencer. „Wir uns aber nicht“, sagte Ian vorsichtig. „Wenn du irgendwelche Probleme hast, dann kannst du doch mit uns reden. Du musst doch nicht gleich trinken!“ „Mit euch reden?“, wiederholte Spencer amüsiert. „Seit wann redest du von dir selbst in der Mehrzahl? Oder beziehst du Bryan in dein Gelaber mit ein?“ Ian zögerte einen Moment, bevor er leise zu Tala sagte: „Vielleicht ist es besser, wenn du gehst.“ Tala spürte, wie er sich verkrampfte. Er war der Teamleader! Die konnten ihn doch aus so einer Situation nicht einfach so ausschließen? „Vergiss es“, zischte er und blickte dann Spencer an. „Wenn du nicht abhängig bist, wird es dir ja bestimmt nichts ausmachen, nicht mehr zu trinken.“ Er stand auf. „Deshalb wirst du für die nächsten paar Tage die Wohnung nicht mehr verlassen. Dann werden wir ja sehen, wie gut du ohne Alkohol klarkommst.“ Spencer lächelte schief. „Meinetwegen. Ist die Unterhaltung hiermit beendet?“ Er erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl. „Ja.“ Tala verschränkte die Arme vor der Brust. „Du kannst dich jetzt wieder in dein Zimmer zurückziehen.“ Und tatsächlich drehte sich Spencer um und ging in sein Zimmer zurück. Er schloss sich wieder ein. „Super“, meinte Ian gespielt enthusiastisch. „Du hättest ja wenigstens versuchen können, ihm ein bisschen Verständnis entgegen zu bringen!“ „Wieso?“, fragte Tala verständnislos. „Soll ich ihm für den Scheiß auch noch um den Hals fallen? Er ist alt genug, um zu wissen, dass er gerade dabei ist, mächtig Scheiße zu bauen!“ Er nahm zwei der Flaschen und ging zum Waschbecken. Dann begann er, den Alkohol wegzuschütten. „Jetzt wissen wir wenigstens, warum er beim Training in letzter Zeit so versagt.“ Ian seufzte. „Wir sind trotzdem immer noch seine Freunde“, erinnerte er Tala. „Deshalb sind wir verpflichtet, ihm zu helfen.“ „Ich bin sein Teamleader“, korrigierte Tala. „Und ich helfe ihm doch. Sonst würde ich den ganzen Scheiß nicht wegkippen.“ Tatsächlich war er nun schon bei der sechsten Flasche angelangt, die dem restlichen Alkohol ins Waschbecken folgte. „Vielleicht ist der Alkohol selbst nicht das Problem“, meinte Ian vorsichtig und warf Bryan einen hilfesuchenden Blick zu. Doch dieser wurde schlichtweg ignoriert. Also wandte sich Ian wieder an Tala. „Wir sollten ihn fragen, ob er noch andere Probleme hat.“ „Wenn ich ihn das fragen würde, würde er nur behaupten, ich sei schuld daran“, prophezeite Tala schlecht gelaunt. „Und ich habe keine Lust, mich dafür von ihm verantworten zu lassen.“ Er stellte zwei der nun leeren Flaschen laut auf die Spüle und drehte sich dann zu Tür. „Kippst du bitte weiter?“, fragte er Ian und ging in den Hausflur. Er zog seinen Schlüssel hervor und schloss die Haustür von innen ab. Dann ging er zu Spencers Jacken und durchsuchte sie. Als er den Schlüssel des Älteren gefunden hatte, steckte er ihn gemeinsam mit seinem eigenen Schlüssel ein. „Holt ihr eure Haustürschlüssel bitte auch?“, rief er seinen beiden Teamkollegen, die noch in der Küche saßen, zu. „Willst du ihm wirklich Hausarrest verpassen?“, fragte Bryan, als er und auch Ian ihre Schlüssel in die Hosentaschen gesteckt hatten. „Nur so kann ich kontrollieren, dass er nicht mehr trinkt“, beschloss Tala. „Außerdem müssen wir noch in seinem Zimmer nach Alkohol suchen. Bestimmt hat er da auch etwas versteckt.“ Doch Spencers Zimmertür war verschlossen und auf Klopfen reagierte er nicht. „Spencer, jetzt mach' endlich auf!“, rief ihm Tala sauer durch die Tür hinweg zu. „Lass' ihn doch in Ruhe“, bat Ian ihn vorsichtig, woraufhin Tala ihm einen mordlustigen Blick zuwarf. „In zwei Monaten ist der Vorentscheid für die nächste Weltmeisterschaft“, knurrte er gereizt. „Und ich hab' keinen Bock, das Arschloch vor einem wichtigen Spiel besoffen in irgendeiner Ecke vorzufinden! SPENCER!“ Den Namen seines Teamkollegen hatte er ohne Vorwarnung laut gebrüllt, sodass Ian leicht zusammenzuckte. „Du solltest das ganze nicht so kühl betrachten“, sagte er etwas kleinlaut und wich in weiser Voraussicht einen Schritt von Tala zurück. „Machst du dir keine Sorgen um ihn?“ „Nein“, gab Tala schroff zurück. „Ich mache mir Sorgen um mein Team. BRYAN! Hilf' mir, die Tür aus den Angeln zu heben.“ „Wie bitte?“, fragte Bryan leicht amüsiert. „Du willst Spencer seine Tür wegnehmen?“ „Das geht zu weit“, fand Ian. „Dann heul' doch“, fauchte ihn Tala an. „Wenn ich ihm seine Tür wegnehmen will, dann mache ich das auch! Was du darüber denkst, ist mir scheißegal, Gnom!“ Er schob Ian unwirsch beiseite. „Wir können die Tür nicht aus den Angeln heben, wenn sie abgeschlossen ist“, meldete sich Bryan zu Wort. „Dann brichst du sie eben auf“, meinte Tala entnervt. „Seid ihr Beiden eigentlich so blöd oder tut ihr nur so?“ „Spencer?“, fragte Bryan laut und klopfte gegen die Tür. Er schob Tala beiseite und horchte in die Stille. Als sich nichts rührte, sagte er leise zu Tala: „Du solltest vielleicht wirklich gehen.“ „Vergiss' es“, flüsterte Tala abermals. Bryan verdrehte die Augen. „Schön“, meinte er sarkastisch. Dann ging er mit lauten Schritten zu Talas Zimmertür, öffnete sie und knallte sie daraufhin wieder zu. Dann ging er zurück zu Spencers Tür und klopfte erneut. „Er ist jetzt weg“, sagte er und warf Tala einen kühlen Blick zu. „Der Trick ist uralt, Bryan“, erklang plötzlich Spencers Stimme von innen. „Für wie blöd haltet ihr mich eigentlich?“ „Für blöd genug, dich mit Alkohol vollzu-“, begann Tala, wurde jedoch von Ian unterbrochen: „Wir halten dich nicht für blöd, Spencer. Im Gegenteil.“ „Und warum probiert ihr dann solche Steinzeittricks an mir aus?“, wollte Spencer wissen. Seine Stimme wurde nicht lauter, woraus Tala schloss, dass er sich nicht in Richtung Tür bewegte. „Mach diese beschissene Tür auf!“, verlangte er. Spencer antwortete nicht. Doch er kam Talas Bitte auch nicht nach. Er reagierte überhaupt nicht. Tala verdrehte die Augen. Dann trat er fest gegen die Tür. Ian zuckte erschrocken zurück und entfernte sich aus Talas Reichweite. „Mach auf!“, rief Tala sauer, doch abermals reagierte Spencer nicht. Also trat Tala noch einmal zu. Nach zwei weiteren Tritten brach die Mitte der Tür, sodass Tala die Hand in Spencers Zimmer strecken und den Schlüssel im Schloss umdrehen konnte. Er schob die Tür auf. Spencer saß auf seinem Bett und sah ihm interessiert zu. Er wirkte nicht aggressiv, so wie er vorhin geklungen hatte, sondern ganz ruhig. „Und jetzt?“, fragte er, nachdem Tala ihn eine Zeit lang angesehen hatte. „Jetzt nehmen wir dir die Tür weg“, erwiderte Tala kühl und winkte Bryan zu sich, um mit ihm gemeinsam die Tür aus den Angeln zu heben. „Warum?“, fragte Spencer. „Um hier auch nach Alkohol zu suchen“, erklärte Ian, der nun in sein Zimmer gekommen war. „Außerdem machen wir uns Sorgen, dass du dir vielleicht etwas antun könntest oder so...“ Er lächelte etwas verlegen und blickte Bryan und Tala hinterher, die die Tür in den Flur trugen. „Du kriegst sie bald wieder.“ „Sie ist kaputt“, stellte Spencer fest. „Die will ich nicht wiederhaben.“ Er streckte seinen Arm aus und schien etwas hinter seinem Bett zu suchen. Dann zog er eine Flasche hervor. „Hier“, sagte er und hielt sie Ian hin. „Und in meinem Schrank ist noch eine. Rechte Tür.“ Ian nahm ihm die Flasche ab und holte auch die aus dem Schrank ans Tageslicht. „Sonst noch irgendwo?“, fragte er. Spencer überlegte einen Augenblick. Dann seufzte er leicht. „Klar. Zwischen den Comicstapeln.“ Er sah Ian dabei zu, wie dieser den großen Comicstapel anhob. Und tatsächlich hatte Spencer eine kleine Flasche mitten in seiner Comicsammlung versteckt. „Und sonst noch?“, fragte Ian und rückte die Comics wieder zurecht. Spencer schüttelte den Kopf. „Sonst nichts“, antwortete er. „Kriege ich jetzt meine Tür wieder?“ „Nein“, antwortete Tala, der ebenfalls in den Raum getreten war und bloß Spencers letzte Frage gehört hatte. Ian gab ihm die drei Flaschen. „Mehr ist hier nicht“, sagte er. Tala hielt die drei Flaschen in der Hand und nickte dann leicht. „Prima“, sagte er und wandte sich dann an Spencer. „Du behauptest vermutlich immer noch, nicht abhängig zu sein?“, vermutete er und drückte dem vorbeikommenden Bryan die Flaschen in die Hand. „Auskippen“, wies er ihn an, bevor er sich wieder an Spencer wandte. „Ja, vermutlich schon“, antwortete Spencer provozierend. „Schön“, meinte Tala gereizt. „Du wirst diese Wohnung in der nächsten Woche nicht verlassen. Und du kriegst auch deine Tür erst in einer Woche wieder. Falls es dir dann noch gut geht, ist alles prima und ich werde mich vielleicht sogar bei dir entschuldigen, mal sehen.“ Er holte tief Luft. „Wenn du allerdings irgendwelche Entzugserscheinungen kriegst, dann gnade dir Gott!“ Spencer stand von seinem Bett auf. „Okay“, sagte er lässig und ging an Tala vorbei aus seinem Zimmer und ins Bad. „Warum bist du so -?“, begann Ian, wurde jedoch von Spencer unterbrochen: „Hast du etwa den badezimmerschlüssel einkassiert?“, fragte er gereizt. „Klar“, antwortete Tala. „Ich besorge uns morgen ein Besetzt-Schild. Solange können wir ja außen an die Klinke ein Kleidungsstück hängen, wenn wir im Badezimmer sind.“ Er ging in Spencers Zimmer, holte ein T-Shirt heraus und hängte es über die Türklinke. „Zufrieden?“ Spencer seufzte schwer. „Na prima“, murmelte er. Tala ging mit Ian und Bryan in die Küche, wo Bryan erneut Wasser für Nudeln aufgesetzt hatte. „Du solltest vielleicht an deinem Tonfall üben“, schlug Ian Tala vorsichtig vor. „Ein bisschen Nettigkeit würde ihm bestimmt nicht schaden.“ „Ich habe aber keinen Bock, nett zu ihm zu sein“, fauchte Tala. „Weshalb sollte ich?“ „Weil er offensichtlich ein Problem hat“, versuchte es Ian wieder einmal. „Ich tue doch etwas gegen sein Problem!“, regte sich Tala auf. „Ich gebe mir doch wirklich Mühe, ihm beim Entzug zu helfen!“ „Indem du ihn einsperrst und jegliche Chance auf Privatsphäre nimmst?“, brummelte Bryan sarkastisch. „Du bist super. Schon mal an eine Karriere als Psychiater gedacht?“ „Hört gefälligst auf, mich zu kritisieren“, fauchte Tala. „Ihr beide habt ja wohl überhaupt noch nichts gemacht!“ „Oh doch“, sagte Ian. „Ich habe schon mehrfach versucht, mit ihm zu reden, aber du hast uns immer wieder unterbrochen!“ „Es bringt nichts, mit ihm zu reden!“, bestimmte Tala. „Er hat mir die Flaschen aus seinem Zimmer freiwillig gegeben!“, empörte sich Ian. „Das zeigt doch, dass er selbst einsieht, dass er ein Problem hat!“ „Oder dass er die Schnauze von deinem Gelaber voll hat“, entgegnete Tala kühl. „SPENCER!“, brüllte er dann laut und stand auf, um zur Badezimmertür zu gehen. „Wie lange brauchst du?“, fragte er gereizt. Doch er erhielt keine Antwort. Er riss die Badezimmertür auf und erstarrte. Das Fenster stand weit offen und Spencer... war verschwunden. Er hatte in seinen Berechnungen nicht bedacht, dass ihre Wohnung im Erdgeschoss lag. Er ging zum Fenster und blickte die Straße hinunter. Doch von Spencer war keine Spur mehr zu sehen. „Verdammt!“, fluchte er. ----- Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Freu mich wie immer über Kommis *knuffl* Nathera Kapitel 5: Discrepancy ---------------------- Hallo! Danke für eure Kommentare! Tut mir Leid, wenn Tala ein wenig unsympathisch ist, aber ich versuche nun mal, ihn realistisch agieren zu lassen. Und wenn er in der Ausgangssituation der FF sowieso schon ein Problem mit Spencer hat, dann wird er bestimmt nicht dadurch freundlicher, dass Spencer ein Alkoholproblem hat. Naja... ^^ Viel Spaß beim Lesen! Rückblick: Im letzten Kapitel hat Tala Ians Versuche, mit Spencer zu reden, unterbrochen und ihm einfache Konsequenzen aufgezeigt: Der Alkohol wurde weggeschüttet und Spencer (der immer noch abgestritten hat, ein Problem zu haben) kurzerhand unter Hausarrest gestellt. Tala hat die Haustür abgeschlossen und Spencer den Schlüssel abgenommen. Außerdem hat er Spencers Tür aus den Angeln gehoben, um den Blondschopf besser im Auge zu haben. Als Antwort darauf ist Spencer aus dem Badezimmerfenster geklettert und abgehauen. Mit einer Mischung aus Wut und Niedergeschlagenheit verließ Tala die Kneipe und schaute auf seinen Stadtplan. Der nächste Pub war bloß zwei Straßen von hier entfernt. Er faltete die Karte wieder ein, damit sie nicht nass wurde, und ging weiter. Im Gehen zog er seine Kapuze fester zu. Es war eigentlich ein hoffnungsloses Verfangen. In ganz Moskau waren diese schrecklichen Kneipen, Pubs und Biergärten verstreut. Woher sollte er denn wissen, wo Spencer Stammkunde war? Er hatte doch keine Ahnung, wo er suchen musste! Und ihm war klar, dass er Spencer auf diese Art und Weise nicht finden würde. Der Blondschopf war eindeutig im Vorteil. Außerdem würde Tala schon bald nach Hause gehen müssen, schließlich war er mittlerweile klatschnass. Glücklicherweise hatte es schon leicht geregnet, als er das Haus verlassen hatte,weshalb er seine Regenjacke mitgenommen hatte. Aber seine Hose war regendurchlässig und er fror mittlerweile ziemlich. Er betrat den kleinen Pub an der Ecke. Er war komplett leer, bloß ein Mann stand hinter der Theke und schaute auf das verwackelte Bild eines kleinen Fernsehers. „Entschuldigen Sie“, sagte Tala vorsichtig und mit einem Blick auf die Toiletten. Vielleicht war da jemand. Er öffnete seine Regenjacke und holte ein Foto von Spencer aus der Innentasche heraus. „Was willst du?“, fragte der Mann nicht gerade freundlich. Anscheinend ließ sich Tala leicht anmerken, dass er kein potentieller Kunde war. Tala zeigte ihm das Foto. „Haben Sie den Jungen heute gesehen? Oder sonst irgendwann mal?“ „Sonst irgendwann mal“, gab der Mann unbekümmert zurück. „Aber heute nicht.“ Tala steckte das Foto wieder ein und machte seine Jacke zu. „Danke“, sagte er leise und ging dann wieder in den Regen hinaus. Das alles brachte doch nichts. Er würde jetzt nach Hause gehen. Anhand eines Straßenschilds orientierte er sich und schlug dann die entgegengesetzte Richtung von der, aus der er gekommen war, ein. Er schaute sich im Gehen immer wieder mal um. Falls er noch eine Kneipe sehen sollte, wollte er hineingehen. Aber noch weiter würde er sich nicht von ihrer Wohnung entfernen. Der Regen wurde immer stärker und nach ein paar weiteren Minuten stellte sich Tala kurzerhand bei einer Bushaltestellte unter. Er kramte in seinen Taschen und atmete erleichtert auf. Er hatte seine Fahrkarte dabei, also konnte er getrost mit dem Bus zurück nach Hause fahren. Damit würde er sich einen Weg von einer knappen halben Stunde sparen. Vielleicht konnte er eine Erkältung vermeiden, wenn er jetzt ganz schnell duschte. Gerade in dem Moment, in dem er auf dem Schild nachsehen wollte, wann der nächste Bus kommen würde, fuhr dieser auch schon vor. Tala seufzte zufrieden und ging in den trockenen Bus. Es war verhältnismäßig leer hier, aber Tala setzte sich trotzdem nicht hin, schließlich war er klatschnass. Und es wäre unfair anderen Fahrgästen gegenüber gewesen, den Sitz nass zu machen. Nach drei Haltestellen stieg Tala aus und zog seine Jacke wieder zu. Er blickte sich um und überlegte, welchen Weg er nehmen sollte; die Straße entlang oder durch den Park? Der Weg durch den Park war der direkte und deshalb kürzer, allerdings wusste Tala nicht, ob der leider bloß teilweise asphaltierte Weg noch begehbar war. Nach sehr starken Regenfällen konnte man im Park gut im Schlamm versinken. Tala atmete tief durch, dann schlug er den Weg durch den Park ein. Die Wege waren zwar matschig, aber noch begehbar, weshalb Tala es sich erlauben konnte, zumindest auf den asphaltierten Strecken zu joggen. Vielleicht war Spencer ja längst wieder zu Hause! Doch das war er nicht. Er stand auf einer der Holzbrücken, die über den kleinen Fluss im Park führten, und starrte das Wasser an. Tala hatte er noch nicht bemerkt. Der Rotschopf sendete ein leises Stoßgebet gen Himmel. Gottseidank war er mit dem Bus gefahren, zu Fuß hätte er nämlich einen komplett anderen Weg genommen, der ihn am Park vorbeigeführt hätte. Und Gottseidank hatte er sich dann für den risikoreicheren, aber kürzeren Weg nach Hause entschieden. Sonst hätte er Spencer nicht gesehen. Er ging auf seinen Teamkollegen zu und überlegte sich, was er sagen sollte. Ian hätte bestimmt irgendetwas passendes gewusst. Vielleicht sollte er vorher Ian holen? Ach nein! Hinterher verschwand Spencer noch... Außerdem war Tala der Teamleader und nicht Ian. Er wusste auch selbst, was zu tun war! „Hey“, sagte er und stellte sich neben Spencer. Er schaute über die Brüstung der kleinen Brücke in den Fluss, um Spencer nicht direkt ansehen zu müssen. Sonst hätte er sich bloß wieder aufgeregt. Spencer hingegen sah auf und musterte ihn einen Moment lang. „Was willst du?“, fragte er dann vernichtend. „Dass du nach Hause kommst“, erwiderte Tala knapp. „Ian macht sich Sorgen um dich. Er wollte, dass ich dich suche.“ Spencer nickte leicht. „Klar. Ian.“ „Ja, Ian“, bestätigte Tala. „Oder glaubst du ernsthaft, ich würde selbst auf die Idee kommen, in solchen Regen zu laufen, nur um einen Vollidioten wie dich zu suchen?“ Spencer zuckte leicht mit den Schultern. „Hm“, machte er und blickte wieder ins Wasser. Tala holte tief Luft und atmete dann bewusst langsam wieder aus. Er wollte nicht ausrasten. Er würde versuchen, ruhig mit Spencer zu reden... „Kommst du jetzt?“, fragte er schließlich mit angespannter Stimme. „Nein“, sagte Spencer. Tala ballte die Hände zu Fäusten und wandte sich dann von ihm ab. Der Regen ließ langsam ein wenig nach, wie er an dem kleinen Fluss sehen konnte. Immer weniger Wassertropfen kamen auf der Oberfläche auf und die Strömung ließ langsam nach. Tala versuchte, etwas spannendes an diesem Bild zu finden, doch da gab es nichts. Es war bloß ein Fluss. Und es waren bloß Regentropfen. Er konnte nicht verstehen, dass Spencer den Fluss so fasziniert beobachten konnte. Er selbst konnte das nicht. Er interessierte sich nicht für solche... Natursachen. Sonnenauf- und -untergänge, Flüsse, Seen, Wald... Solche Dinge ließen ihn eigentlich kalt. Deshalb wandte er nach einiger Zeit den Blick wieder ab und sprach Spencer erneut an: „Hör mal, ich bin klatschnass! Ich will nach Hause!“ „Dann geh doch“, sagte Spencer ruhig, ohne ihn anzusehen. „Verdammt nochmal!“, fluchte Tala. „Du trägst doch nicht einmal eine Regenjacke! Du holst dir noch eine Erkältung!“ Er musterte Spencer kurz. Sein Teamkollege trug bloß das dünne und nun durchnässte T-Shirt, das er vorhin schon getragen hatte. Durch das viele Wasser klebte es an Spencers Oberkörper, sodass Tala jeden einzelnen Muskel erkennen konnte. Er wandte den Blick schnell ab. Er hatte in seinem ganzen Ärger über Spencers Nachlässigkeit glatt vergessen, wie durchtrainiert dieser eigentlich war. „Jetzt ist es eh zu spät, oder?“, fragte Spencer. Tala stöhnte genervt. „Ich will nach Hause!“, wiederholte er gereizt. „Dann geh doch! Los! Verpiss dich ruhig!“, fuhr ihn Spencer an. „Damit mir Ian den Kopf abreißt?“, ärgerte sich Tala. „Du holst dir hier in der Kälte noch den Tod, du dummes Arschloch!“ Spencer drehte sich halb zu ihm und blickte ihn einen Moment lang ernst an, so als suche er eine Formulierung für das, was er sagen wollte. „Tala“, begann er schließlich. „Bist du wirklich nur wegen Ian hier?“ „Ja“, schnauzte ihn Tala an. „Und jetzt komm endlich!“ Spencer drehte sich wieder weg und schaute erneut den Fluss an. Es hatte aufgehört zu regnen, doch dafür wehte nun ein kalter Wind. „Irgendwie schade“, sagte Spencer leise. „Was denn?“, wollte Tala ungeduldig wissen. „Ach, vergiss' es“, murmelte Spencer und drehte sich von ihm weg. „Was ist denn jetzt wieder los?“, fragte der Rotschopf verwirrt. „Nichts“, winkte Spencer ab. Tala fuhr sich durch die Haare, wobei er die Kapuze seiner Jacke nach hinten strich. „Kommst du jetzt?“, fragte er, weil er nicht wusste, was er sonst hätte sagen sollen. Allmählich kam es ihm zwar sinnlos vor, aber was hätte er sonst tun können? Alleine nach Hause gehen? Er war doch nur wegen Spencer durch die halbe Stadt gerannt! Und jetzt, da er ihn gefunden hatte, würde er nicht ohne ihn nach Hause gehen! Nicht weil er sich Sorgen machte oder so... Nein, einfach nur weil er zu stolz dazu war, ohne Spencer wieder zurück zu gehen. Er machte sich doch keine Sorgen um den Idioten! „Nein“, sagte Spencer erneut. Als Tala in das Gesicht des Älteren sah, meinte er, etwas in dessen Augen aufblitzen zu sehen. Etwas amüsiertes. Machte sich Spencer etwa gerade über ihn lustig? Wollte er austesten, wie weit er gehen konnte, bis Tala die Beherrschung verlor? Er beobachtete den Blondschopf prüfend, doch außer diesem kurzen Aufblitzen war da nichts, was eine Gefühlsregung verriet. Spencer blickte einfach nur stumpf geradeaus. „Komm jetzt mit nach Hause!“, befahl Tala ernst. Er machte sich doch nicht zum Narren! „Nein“, wiederholte Spencer und warf einen kurzen Blick zu Tala. Als er bemerkte, dass Tala ihn anstarrte, wandte er schnell das Gesicht ab, als sei es ihm unangenehm, von Tala angesehen zu werden. „Spencer, wir können über diese Alkoholgeschichte noch mal reden“, versuchte es Tala nur anders. „Ich versuche auch, ruhig zu bleiben, okay?“ In dem Moment, in dem Tala seinem Blick ausgewichen war, hatte er ein mulmiges Gefühl gehabt. Hatte Spencer etwa Angst vor ihm? Tala traute sich nicht, ihn danach zu fragen. Was, wenn es stimmte? Tala hatte immer gedacht, dass sie bei ihrem Streit in etwa auf einer Stufe standen, aber was, wenn Spencer das anders sah? Wenn er wirklich Angst vor ihm hatte? Wenn er nur deshalb angefangen hatte, zu trinken? Ach nein, Unsinn... Tala war nicht schuld daran, dass Spencer sich so idiotisch verhielt! Hätte er wirklich ein Problem mit Tala ,hätte er ihn doch auch einfach darauf ansprechen können. Oder? „Du versuchst es“, wiederholte Spencer dumpf, als habe er nichts anderes erwartet. „Jaah.“ „Okay, ich bleibe ruhig“, verbesserte sich Tala. „Wir bleiben beide ruhig und reden in aller Ruhe darüber, ja?“ „Weißt du was?“ Spencer sah wieder auf und erwiderte Tala Blick beinahe schon herausfordernd. „Du kannst mich mal!“ Und damit drehte er sich um und ließ Tala allein auf der Brücke stehen. Tala seufzte tief und sah ihm nach. Er würde ihm jetzt nicht hinterherrennen. Ganz bestimmt nicht. Ein Regentropfen landete auf Talas Hand, die auf dem Geländer lag. Er zog sie schnell zurück. Es fing wieder an zu regnen. Also setzte er seine Kapuze wieder auf und ging langsam zu ihrer Wohnung zurück. Er schloss die Tür auf und betrat der Flur, wo er seine Schuhe auszog und neben die von Spencer stellte. Er lächelte schwach. Wenigstens war Spencer jetzt im Trockenen. ------- Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen ^-^ Ich freue mich wie immer über Kommentare, Spekulationen und natürlich auch Kritik. Bye, Nathera Kapitel 6: Result ----------------- Hallo! Tut mir Leid, aber das Kapitel hier ist verhältnismäßig schwach ~.~ Es passiert ja kaum was *jammer* ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. Das nächste Kapitel kommt ja schon sehr bald (schließlich muss ich bis zum 1. September fertig sein) ... und im nächsten Kapitel passiert mehr, promised! Viel Spaß beim Lesen! ----------- „Guten Morgen“, grüßte Ian Tala friedlich und goss Milch in seine Tasse. Er saß alleine an einem gedeckten Frühstückstisch – so wie jeden Morgen. Als Frühaufsteher hatte er es sich zur selbstauferlegten Pflicht gemacht, seinen Teamkollegen das schwierige Aufstehen leichter zu machen, indem er stets das Frühstück vorbereitete und dann gute Laune verbreitete. Tala setzte sich ihm gegenüber und gähnte lang gezogen. Dann blickte er sich in der Küche um. „Sonst noch niemand wach?“, fragte er überflüssigerweise. „Ich kann die beiden gerne wecken“, schlug Ian vor und sprang auf. Er nahm seine Milchtasse mit, während er durch den Flur ging. Er klopfte kurz an Bryans Tür und öffnete diese dann. „Aufstehen“, rief er in Bryans Zimmer hinein. Tala erhob sich ebenfalls wieder und folgte Ian durch den Flur. Er hielt vor Spencers Zimmer an und überlegte, ob er einfach reingehen sollte. Nachdem er zur besseren Überwachung seines Teamkollegens die Tür entfernt hatte, hatte er schließlich nichts mehr, wo er hätte anklopfen können. oder sollte er an den Türrahmen klopfen? Nein... „Spencer“, sagte er laut und schaltete das Licht an. „Aufstehen.“ Er erhielt nicht das übliche schlecht gelaunte Murren als Antwort, sondern eine noch viel schlimmere Reaktion: gar keine. „Spencer?“, fragte Tala und ging in den Raum hinein. Der Blondschopf lag langgestreckt in seinem Bett, die Decke über den Kopf gezogen. Tala zog vorsichtig an der Decke, bis er Spencers Blondschopf sehen konnte. Der Ältere lag anscheinend auf dem Bauch, weshalb Tala nicht mehr als seine Haare erkennen konnte. „Spencer!“, sagte er nun etwas lauter und zog die Decke komplett herunter. Spencer regte sich immer noch nicht, doch zu Talas Erleichterung gab er ein leises Seufzen von sich. „Jetzt steh schon auf“, sagte Tala und musterte Spencer einen kurzen Moment lang. Er trug noch immer die Kleidung vom Vortag. Die Kleidung, mit der er stundenlang durch den Regen gelaufen war. Wie dumm konnte ein einzelner Mensch bloß sein? Tala schüttelte entnervt den Kopf. Wenn das so weiterging, würden sie Spencer bald einsargen lassen müssen. „Spencer!“ Allmählich wurde Talas Ton lauter und auch schärfer. Er packte Spencer an der Schulter und schüttelte ihn grob. „Aufstehen!“ „Noch nicht einmal freundlich wecken kannst du ihn“, stellte plötzlich Ian fest. Tala blinzelte ihn überrascht an. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass der Kleinwüchsige neben ihm stand. „Er wacht nicht auf“, beschwerte er sich. „SPENCER!“, brüllte er dann so plötzlich, dass Ian zusammenzuckte. Spencer stöhnte schmerzerfüllt auf. „Nicht“, nuschelte er und drehte sich auf die Seite, um seine Decke zurückziehen zu können. Doch Tala hielt sie beharrlich fest. Zusätzlich legte er eine Hand auf Spencers Schulter und drückte sie nach unten, sodass Spencer endlich auf dem Rücken lag. Und jetzt, da Tala sein Gesicht sah, wusste er, dass es eine unbeschreibliche Dummheit von Spencer gewesen war, seine Kleidung nicht zu wechseln. Spencer graue Augen glänzten fiebrig und sein Gesicht schien zu glühen. Tala schloss einen Moment lang die Augen, um sich sammeln zu können und nicht los zu schreien. Als er sie wieder öffnete, hatte sich Spencer wieder die Decke über den Kopf gezogen. „Na prima“, murmelte Tala. „Soll ich das Fieberthermometer holen?“, fragte Ian. „Hm“, machte Tala, was zwar eine recht unbefriedigende Antwort war, Ian jedoch zum Verschwinden anregte. Tala zog Spencer die Decke wieder vom Kopf. „Was machst du auch für 'ne Scheiße?“, ärgerte er sich. Der Blondschopf blinzelte ihn müde an. „Hä?“ Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen. „Du trägst immer noch die Klamotten von gestern!“, schimpfte Tala. „Die waren doch klatschnass! Wie alt bist du Vollidiot eigentlich? Dr hätte klar sein müssen, dass du krank wirst, wenn du stundenlang im Regen herumläufst und danach nicht einmal die Klamotten wechselst!“ „Musst du so schreien?“, murmelte Spencer schmerzerfüllt. „Ich hab Kopfschmerzen.“ „Das ist deine eigene Schuld“, bestimmte Tala. „Also sehe ich gar nicht ein, darauf Rücksicht zu nehmen!“ Spencer schloss seine Augen wieder und atmete tief ein und aus. „Und das Licht?“, fragte er müde. „Kannst du wenigstens das ausmachen?“ „Nein!“, empörte sich Tala und riss Spencer die Decke nun komplett weg. Er trug sie in eine andere Ecke des Zimmers und legte sie dort auf den Boden, damit Spencer sie nicht zurückziehen konnte. „Und du ziehst dir jetzt erst einmal das Zeug aus!“ „Das ist inzwischen trocken“, murmelte Spencer und drehte sich wieder auf den Bauch. „Na schön“, meinte Tala spitz. „Du willst es ja nicht anders.“ Er ging zum Fußende des Betts und fing an, an Spencers Hose zu zerren. „He!“, protestierte Spencer schwach, wehrte sich aber nicht. Schließlich brachten Talas Versuche gar nichts, da Spencer eine enge Jeans trug, die mit Knopf und Reißverschluss geschlossen war. Also zerrte Tala so lange an Spencers Schulter, bis der Blondschopf wieder auf dem Rücken lag. Er blickte kurz fragend in Spencers Gesicht, doch dessen Augen waren geschlossen und er atmete relativ gleichmäßig durch den Mund ein und wieder aus. Anscheinend war er wieder ausgeschlafen. Vielleicht besser so. Tala beugte sich über ihn und öffnete den Knopf und den Reißverschluss der Jeans. Er schob sie vorsichtig von Spencers Hüften hinunter, wobei er darauf achtete, die Haut des Kranken nicht zu berühren. Schließlich sollte ihn niemand für pervers halten. „Was machst du da?“, fragte Ian interessiert. Tala sah erschrocken auf. „Ich will ihm was anderes anziehen“, sagte er hastig. „Warum?“, fragte Ian und ging mit dem Fieberthermometer an Tala vorbei. Er schaltete es ein und schob es Spencer kurzerhand in den Mund. Dann legte er eine Hand unter Spencers Kinn und drückte den Mund zu. „Er hat das Zeug gestern schon getragen“, murmelte Tala und spürte, wie seine Gesicht warm wurde. Er wandte sich schnell von Ian ab. Er mochte es nicht, rot zu werden. Und noch weniger mochte er es, wenn andere Leute ihn dabei erwischten, rot zu werden. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als den Blick auf Spencers Boxershorts zu richten. „Ach so“, meinte Ian unbekümmert. „Ist Bryan mittlerweile mal aufgekreuzt?“ Tala wandte den Blick von Spencers Boxershorts wieder ab und richtete ihn nun auf die mittlerweile nackten Oberschenkel. Er schluckte leicht. „Bryan?“, wiederholte er, nur um etwas zu sagen. Warum war ihm plötzlich so komisch zumute? Klar, er hatte schon immer ein ausgeprägtes Schamgefühl besessen, aber das hier war schließlich eine Notfallsituation. Und er konnte doch wohl kaum Ian fragen, ob er Spencer nicht umziehen wollte, denn der Kleinwüchsige hätte mit Sicherheit nach einem Grund gefragt. Und was hätte Tala schon antworten können? Dass es ihm unangenehm war, nackte Menschen zu sehen? Er vermied es eigentlich, andere Leute an seinem Schamgefühl teilhaben zu lassen. „Der verstörte Jugendliche, der im Zimmer nebenan wohnt“, erklärte Ian lakonisch und zog das Fieberthermometer wieder aus Spencers Mund. Sofort stellte der Blondschopf seine Atmung wieder von der Nase auf den Mund um. „Hm, 39,1“, las Ian ab und verzog das Gesicht. „Naja, gibt wohl schlimmeres... Ich bring das Ding wieder weg.“ Er verschwand abermals aus dem Zimmer und Tala konnte ihn nach Bryan rufen hören. Tala zog nun die Hose von Spencers Füßen herunter und ging dann zum Schrank, um eine saubere Hose herauszusuchen. Er fand schließlich sogar einen richtigen Schlafanzug, den er schnell auseinanderfaltete. „Zieh' dem armen Kerl doch auch eine frische Boxershorts an“, schlug Ian vor, der wieder geschäftig in das Zimmer gewuselt kam. „Mach' das doch selber!“ Tala spürte, wie ihm erneut das Blut ins Gesicht stieg. Er legte den Schlafanzug auf das Bett und ging zur Tür. „Ich schau mal nach Bryan.“ „Bryan ist im Badezimmer“, klärte Ian ihn auf, doch Tala hörte ihm gar nicht mehr zu, sondern ging schnurstracks in Bryans Zimmer. Wo natürlich niemand war. Tala seufzte und setzte sich auf Bryans Schreibtischstuhl, statt auf Ians Rufen zu achten. Das war doch dumm. Einfach nur dumm! Was für ein lausiger Teamleader war er eigentlich? Er hätte Spencer gestern Abend noch einmal darauf ansprechen sollen. Er hätte mit ihm reden müssen. Dann hätte er wenigstens mitgekriegt, dass Spencer die klatschnassen Klamotten nicht ausgezogen hatte. Und er hätte ihm sagen können, dass er gefälligst etwas anderes anziehen sollte. Aber... hätte Spencer überhaupt auf ihn gehört? Vielleicht hätte er gerade dann aus Protest die Sachen anbehalten. Dann wäre es wieder Talas Schuld gewesen, dass er in nasser Kleidung ins Bett gegangen war. Egal, was er gemacht hätte, Spencer hätte Scheiße gebaut. Wie so oft in letzter Zeit. „Huch?“, machte Bryan verdutzt, als er in sein Zimmer zurückkam und Tala dort vorfand. „Guten Morgen“, sagte er und runzelte fragend die Stirn. „Bin ich eigentlich ein sehr schlimmer Versager?“, fragte Tala deprimiert und mehr an sich selbst gerichtet. „Gibt schlimmere Versager“, erwiderte Bryan und ging zu seinem Kleiderschrank, um sich ein T-Shirt rauszusuchen. Tala seufzte. „Danke für deine Ehrlichkeit“, meinte er zerknirscht und stand auf. „Kein Problem“, sagte Bryan müde und zog das Shirt über. Tala ging an ihm vorbei und zurück in den Flur, wo er Ian begegnete, der gerade den Rollladen des Fensters im Flur herunterzog. „Was soll das?“, fragte Tala, als sie praktisch im Dunkeln standen. „Spencer hat Kopfschmerzen“, sagte Ian leise. „Und da wir seine Tür nicht mehr zumachen können“, sein Tonfall war etwas kühl geworden, „müssen wir den Flur wohl dunkel halten. Er meinte, dass ihm das Licht in den Augen weh tut.“ „Ich habe aber keine Lust darauf, im Dunkeln zu sitzen!“, fauchte Tala und wollte Ian beiseite schieben, um die Rollladen wieder hochzuziehen, doch Ian ließ sich nicht bewegen. Er blickte Tala stur an, während er das abgedunkelte Fenster bewachte. Tala schnaubte. „Na prima“, zischte er, drehte sich auf dem Absatz um und durchquerte den Flur. Er zog sich seine Schuhe an und verließ dann ohne Jacke ihre Wohnung. Er hatte die Schnauze voll von dem ganzen Terz, den Ian wegen Spencer veranstaltete. Und er hatte die Schnauze voll davon, dass niemand Spencer böse war. Und dass er wieder als der Böse dargestellt wurde. Hatte er Spencer dazu gezwungen sich das halbe Hirn wegzusaufen? Und war es seine Idee gewesen, Spencer in klatschnassen Klamotten ins Bett zu schicken? Ian machte ihm sogar Vorwürfe dafür, dass er die Tür vor Spencers Zimmer entfernt hatte. Das machte er doch nicht aus purem Sadismus, sondern um den Blondschopf besser kontrollieren zu können. Denn inzwischen traute er Spencer alles zu. In seiner Fantasie hatten sich schon mehrere Horrorszenarien abgespielt, angefangen bei Spencer, der mit einer Alkoholvergiftung in seinem Zimmer eingeschlossen war und nicht einmal dazu fähig, nach Hilfe zu rufen. Sie würden ihn so doch erst nach ein paar Stunden finden! In dieser Zeit könnte er sterben! Und dann kamen die Szenarien, in denen Spencer auf die verschiedensten Arten Selbstmord begang oder sich sonst irgendwie verletzte. Sollte er als Teamleader so etwas zulassen? Sollte er Spencer wirklich die Chance geben, diese Szenarien geschehen zu lassen? Tala tat das doch für das Team und nicht, um Spencer eins auszuwischen. Warum wollte das bloß niemand verstehen? Kapitel 7: Relief ----------------- Hallo! Danke für die Kommentare. Es freut mich, dass euch allen die Geschichte gefällt, obwohl sie ja irgendwie deprimierend ist... Allmählich geht sie auch auf das Ende zu. Ich versuche, sie diese Wochenende noch zu Ende zu schreiben. Schätzungsweise wird es noch etwa zwei Kapitel geben. Ich bin mir da aber noch nicht ganz sicher, weil ich die Fanfiction zwar ungefähr durchgeplant, aber keine genaue Kapitelübersicht erstellt habe. Deshalb bin ich hier ein bisschen freier. Mal sehen, wie lang es noch wird. Ich wünsche euch jedenfalls für das Kapitel hier viel Spaß beim Lesen! ---------- Talas Schritte führten ihn in den Park, in dem er Spencer am Vortag gefunden hatte. Er lehnte sich gegen das Geländer auf der kleinen Brücke, auf der Spencer seine Zeit verbracht hatte, und schaute in den ruhigen Fluss. Das Wetter war wieder himmlisch, ein blauer Himmel und ein paar weiße Wölkchen. Hätte Spencer nicht einfach heute abhauen können? Dann wäre er jetzt nicht erkältet gewesen! Tala seufzte und blickte das klare Wasser an. Und wie erwartet, war es langweilig. Natur eben. Warum drehte er sich nicht einfach um und ging zurück nach Hause? Vielleicht weil er nicht auf Ian treffen würde, der ihm wieder die Schuld für alles geben würde. Natürlich... Und dann war da noch Bryan, der mit seiner Gleichgültigkeit beinahe schon verletzend war. Und Spencer... Abermals seufzte der Rotschopf und schloss nun seine Augen. Er lehnte noch immer gegen das Geländer und sank nun langsam an diesem hinab, bis er schließlich auf dem Boden saß, die Knie eng an den Körper gezogen. Auch wenn er es ungern zugeben wollte; die Situation mit Spencer machte ihn fertig. Der ganze Streit war schon schlimm gewesen, aber die Erkenntnis, dass Spencer trank – und das vielleicht schon seit Monaten -, hatte ihm schwer auf den Magen geschlagen. Doch noch schlimmer war Spencers Verhalten. Dass er sich nicht helfen lassen wollte, besonders nicht von Tala. Er hatte selbst gesagt, dass er Talas Hilfe nicht wolle. Und das, obwohl Tala sich immer bemüht hatte, ein guter Teamleader zu sein. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er schon vor Monaten aufgehört hatte, seine Teamkollegen gerecht zu behandeln. Wie oft hatte er Spencer für Dinge fertig gemacht, die er gar nicht getan hatte? Und wie viel hatte sein eigenes Verhalten zu Spencers Probleme beigetragen? Hätte er sich fairer verhalten, wäre Spencer vielleicht mit seinen Problemen zu ihm gekommen, statt sie in Alkohol zu ertränken. Und vielleicht hätte Spencer gar keine Probleme gehabt; vielleicht war tatsächlich er, Tala, an allem schuld. Und jetzt, da er versuchte, es irgendwie wieder gut zu machen, wurde er ständig von Ian blöd angemacht. Er wollte Spencer doch nur helfen! Warum wollte das bloß niemand akzeptieren? Nur weil er sich häufig mit Spencer stritt, bedeutete das doch nicht gleich, dass er sich keine Sorgen um ihn machen durfte. Oder? Machte er sich überhaupt Sorgen um ihn? Bisher hatte Tala sein Verhalten damit begründet, dass er nicht wollte, dass sein Team an so einer Sache zerbrach. Aber jetzt, in der schrecklichen Natur sitzend, zog er es zum ersten Mal ernsthaft in Erwägung, dass es ihm nicht bloß um sein Team, sondern auch um Spencer selbst gehen könnte. Vermutlich war es auch tatsächlich so. Er kannte Spencer schließlich seit frühester Kindheit. Sie waren jahrelang beste Freunde gewesen. Klar, diese Freundschaft war irgendwann Gleichgültigkeit und später noch etwas anderem, was Tala nicht erklären konnte, gewichen, aber Spencer war trotzdem etwas besonderes für Tala. Vielleicht weil er für so lange Zeit der wichtigste Mensch in Talas Leben gewesen war. Tala stöhnte leise und blinzelte müde. Er hasste es, sich solche Gedanken machen zu müssen. Spencer war doch nichts weiter als ein dummer Vollidiot, mit dem er früher einmal gut klargekommen war! Warum kamen ihm jetzt Gedanken wie dieser, dass er nicht wollte, dass Spencer etwas zustieß? Und zwar um Spencers willen, nicht wegen des Teams. Tala wusste nicht, wie lange er auf der Brücke saß und seine Gedanken schweifen ließ. Schließlich, als sein Magen knurrte, wurde ihm bewusst, dass er immer noch nicht gefrühstückt hatte, und er stand auf, um sich auf den Heimweg zu machen. Der Flur war noch immer abgedunkelt und der Küchentisch abgeräumt, woraus Tala schloss, dass Ian und Bryan bereits gegessen hatten. Er setzte sich auf einen Stuhl in der Küche und starrte trübsinnig die Tischplatte an. Weder Bryan noch Ian waren zu sehen; vermutlich hatten sie sich in ihre Zimmer zurückgezogen. Tala stand auf und machte sich eine Schüssel Joghurt fertig. Gerade als er anfangen wollte zu essen, hörte er ein leises Stöhnen aus Spencers Zimmer. Er stand von seinem Platz auf und ging in den Raum, der ebenfalls abgedunkelt war. „Spencer?“, fragte er und tastete sich zu dem Bett des Blondschopfs vor. „Alles in Ordnung?“ Er versuchte Spencers Körper auszumachen, doch alles, was er sah, war Dunkelheit. Abermals gab Spencer einen leisen, gequälten Laut von sich, weshalb Tala nun zum Fenster ging und den Rollladen zur Hälfte hochzog, sodass er Spencer problemlos erkennen konnte. „Bist du wach?“, fragte er und ging wieder auf das Bett zu. Dieses Mal setzte er sich auf den Bettrand und fühlte vorsichtig über Spencers Stirn. Sie war schweißnass. Tala zog seine Hand zurück und wischte den kalten Schweiß an seiner Hose ab. „Spencer?“, fragte er noch einmal vorsichtig und stupste den Älteren am Arm. Spencer rührte sich nicht. Tala spürte, wie sich etwas in ihm zusammen zog. Seine Überlegungen von vorhin ergaben doch Sinn: Natürlich machte er sich Sorgen um Spencer. Was sollte er bitte schön tun, wenn Spencer sterben würde? Okay, das wäre sehr unrealistisch, aber... möglich. Eventuell. Sollte er einen Krankenwagen rufen? Eigentlich war Tala nicht wohl bei dem Gedanken, denn genau wie seine Teamkollegen traute er Ärzten nicht. In der Abtei war ihnen allen zu viel von vermeintlichen Ärzten angetan worden, als dass sich einer von ihnen noch einmal freiwillig in die Hände eines solchen begeben hätte. Er war sich sicher, dass Spencer es ihm nicht verzeihen würde, wenn er einen Krankenwagen rief. Denn die Ärzte hätten bestimmt die Sache mit dem Alkohol bemerkt und ihn länger dabehalten, als es vielleicht notwendig gewesen wäre. Tala wollte nicht, dass dass sein Team wegen einer Alkoholgeschichte schlechte Schlagzeilen machte. Und er wollte nicht, dass Spencer in irgendeiner Suchtklinik untergebracht würde. Nein, solange er nicht alles versucht hatte, würde er Spencer nicht weggeben, soviel war sicher! „Tala?“, fragte Spencer plötzlich leise und mit heiserer Stimme. Tala atmete erleichtert aus. Spencer war also doch wach. Und es ging ihm gut genug, um zu sprechen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Tala. Spencer stöhnte leise. „Nee“, antwortete er und drehte sich auf den Rücken, um Tala schief anlächeln zu können. „Das war 'ne blöde Frage“, murmelte er. „Sorry“, murmelte Tala und stand wieder auf. „Geh nicht“, sagte Spencer leise. Tala blickte ihn überrascht an. „Ich wollte gar nicht gehen“, sagte er und bückte sich, um ein T-Shirt von Spencer vom Boden aufzuheben. Damit setzte er sich wieder an den Bettrand seines Teamkollegen und begann, den Schweiß von seiner Stirn zu tupfen. Spencer schloss die Augen und verzog unbehaglich das Gesicht. Tala ließ die Hand, in der er das Shirt gehalten hatte, wieder sinken, als Spencers Gesicht wieder einigermaßen trocken war. „Ich hole das Fieberthermometer“, sagte er und wollte wieder aufstehen. „Nein“, murmelte Spencer. „Dann hole ich Ian und lasse ihn das Thermometer holen“, schlug Tala vor und blickte ein wenig verlegen zur noch offenen Tür. Er fühlte sich in seiner jetzigen Situation nicht sehr wohl. Denn obwohl er sich Sorgen um den Blondschopf machte, war er noch immer sauer. Und jedes mal, wenn er in Spencers krankes Gesicht sah, brodelte wieder leiser Zorn in ihm hoch. Dabei wollte er sich nicht streiten. Tala kannte dieses Gefühl nur zu gut: Was Spencer tat, war ihm oft ziemlich egal, doch die bloße Anwesenheit und vor allem das Gesicht des Älteren ließen unbestimmte Gefühle in ihm hochkrochen, die ihn provozierten und zum Streiten anregten. Er konnte nichts dagegen tun, Es passierte einfach. Spencer murmelte erneut etwas und Tala musste sich ein wenig zu ihm hinunterbeugen, um wenigstens die Worte „was trinken“ zu verstehen. Er stand auf, dankbar dafür, endlich irgendwohin gehen zu können. „Ich hole was“, sagte er und verließ Spencers Zimmer wieder. Er ließ sich Zeit damit, ein Glas mit Wasser zu füllen und blieb noch einen Moment lang in der Küche stehen, um seine Gefühle ein wenig abkühlen zu lassen. Erst als er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte, kehrte er in Spencers Zimmer zurück. „Kannst du dich setzen?“, fragte er und half Spencer in eine halbwegs aufrechte Position. Dann reichte er ihm das Glas Wasser, von dem Spencer vorsichtig nippte. Er verzog das Gesicht und setzte ab. „Wasser“, stellte er etwas enttäuscht fest. „Was sollte es denn sonst...?“ Tala unterbrach sich selbst, als ihm klar wurde, dass Spencer nicht allein mit dem Fieber zu kämpfen hatte. Wieder spürte er diesen leisen Zorn in sich aufsteigen und er musste zur Seite sehen, um Spencer nicht anzuschreien. „Tala“, sagte Spencer bittend, beinahe schon flehend. „Bitte.“ „Nein“, sagte Tala harsch. „Vergiss' es!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und bemühte sich, Spencer nicht anzusehen. Doch er spürte, dass sein Teamkollege ihn anstarrte. Schließlich gab er nach und drehte den Kopf zu dem Blondschopf, in dessen grauen Augen Tränen standen. Tala schluckte leicht und wollte erneut wegsehen, doch Spencers leidender Blick ließ ihn nicht los. „Sieh' mich nicht so an“, sagte Tala unbehaglich und legte eine Hand auf Spencers Wange, um sein Gesicht wegzudrehen. Spencer ließ es geschehen und sagte eine Zeit lang nichts. Jetzt, da er den Blick abgewandt hatte, fiel es Tala leichter, Spencer zu mustern. Es gefiel ihm nicht, dass es dem Älteren schlecht ging, aber es kam für ihn gar nicht in Frage, ihm Alkohol zu geben. Weshalb sollte er das auch tun? Immerhin hatten sie den ersten Schritt zu einem Entzug gemacht. Eigentlich war es doch positiv, dass es Spencer gerade schlecht ging, denn das bedeutete, dass sein Körper bereits dabei war, sich zu entgiften. Ein plötzliches Klirren ließ den Rothaarigen zusammenfahren. Erschrocken blickte er auf den Boden, wo das Wasserglas, das Spencer gehalten hatte, lag. Zerbrochen. Das restliche Wasser hatte sich über Spencers Schoß und das Bettlaken verteilt. Spencer blickte ebenfalls entsetzt drein. „Sorry“, nuschelte er und blickte auf seine Hand hinunter, die wieder zitterte. Dieses Mal stärker als vor noch einem Tag, als Tala den Tremor zum ersten Mal hatte beobachten können. Tala wusste nicht, was er sagen sollte, also ging er in die Hocke und sammelte die Scherben vom Boden auf. So hatte er wenigstens etwas zu tun. „Sorry“, sagte Spencer abermals, als Tala sich schließlich wieder erhob und die Scherben vorläufig auf dem Schreibtisch ablegte. Er drehte sich zu dem Bett um, um festzustellen, dass Spencer sich wieder hingelegt und die Decke über seinen Körper gezogen hatte. „Zieh' dir das nasse Zeug aus“, wies ihn Tala an und ging zu Spencers Schrank, um einen trockenen Schlafanzug heraus zu holen. „Sonst holst du dir tatsächlich noch den Tod.“ Er warf Spencer den Schlafanzug zu, doch der Blondschopf starrte bloß apathisch die Decke an, statt ihm irgendeine Beachtung zu schenken. Tala seufzte und blickte in den Flur hinaus. Ein weiteres Mal war er versucht, Ian zu holen, aber sein Stolz verbot es ihm. Allein schon Ians wiederholte Aufforderungen, Spencer in Ruhe zu lassen, sorgten dafür, dass er beschloss, sich alleine um seinen Teamkollegen zu kümmern. Denn in den letzten zwanzig Minuten hatte Spencer nicht einmal die Bitte geäußert, dass Tala ihn in Ruhe lassen solle. Okay, vermutlich war er dazu gerade gar nicht in der Lage, aber Tala sagte sich wiederholt, dass er als Teamleader die Verantwortung trug. Außerdem wollte er doch etwas dafür tun, dass es Spencer wieder besser ging. Er ging erneut auf das Bett zu und schüttelte Spencer an der Schulter. „Hey, komm' wieder zu dir“, sagte er und zog die Decke auf den Boden. Er seufzte schwer, als ihm klar wurde, dass er schon zum zweiten Mal an diesem Tag seinen Teamkollegen würde ausziehen müssen, doch nach ein paar Sekunden des inneren Kampfes zog er vorsichtig wieder die Hose des Älteren nach unten, um sie ihm daraufhin komplett auszuziehen. „Scheiße“, murmelte er, als ihm klar wurde, dass auch Spencers Boxershorts nass geworden waren. „Geh' nicht“, bat ihn Spencer plötzlich leise, als Tala wieder in Richtung des Schranks ging. Überrascht drehte sich Tala zu ihm um. Das war nun schon das zweite Mal in wenigen Minuten, dass Spencer ihn gebeten hatte, bei ihm zu bleiben. Dabei hatte er gedacht, dass Spencer ihn hasste. Oder ihm andere negative Gefühle entgegen brachte. Aber vielleicht war er sich gar nicht darüber im Klaren, wer sich gerade um ihn kümmerte. Vielleicht hatte er einfach nur Angst, allein zu sein. „Ich gehe nicht“, sagte Tala beschwichtigend und holte ein Boxershorts aus dem Schrank. „Ich hole nur etwas trockenes zum Anziehen für dich.“ Er ging auf Spencer zu. „Hier.“ Er legte die Unterwäsche in Spencers zitternde Hand. „Kannst du dich alleine umziehen?“, fragte er hoffnungsvoll. Spencer nickte leicht, woraufhin sich Tala umdrehte. „Ich hole eben ein frisches Bettlaken“, sagte er und ging in sein eigenes Zimmer, in dem er die Ersatzbettwäsche aufbewahrte. Er zog ein Laken aus dem Schrank hervor und kehrte in Spencers Schlafzimmer zurück, in dem der Blondschopf vor seinem Bett stand und gerade seine frischen Boxershorts hochzog. Tala spürte, wie er leicht errötete. Er blickte schnell weg. Spencer hatte ihm zwar den Rücken zugewandt, aber er hatte trotzdem das Gefühl, zu viel gesehen zu haben. Es war nicht so, dass ihm Spencers Körper nicht gefiel, im Gegenteil. Er fand den Älteren wirklich gutaussehend, aber... es war ihm unangenehm, ihn beinahe nackt zu sehen. Als er wieder aufsah, hatte sich Spencer wieder auf sein Bett gesetzt. Er trug nun auch die frische Schlafanzughose und kämpfte gerade mit seinem Oberteil. „Soll ich helfen?“, fragte Tala und ging auf ihn zu. Er legte das Laken auf Spencers Schreibtischstuhl ab und half ihm dann dabei, in die Ärmel der Oberteils zu schlüpfen. Als er dabei für einen Moment Spencers Hand streifte, fühlte er sich für einen kleinen Moment wie das Kind, das er einmal gewesen war. Das Kind, das seinen besten Freund angefasst hatte. Es war ein warmes Gefühl. Tala zog seine Hand zurück. „Steh' auf“, sagte er. „Ich muss das Laken wechseln.“ Er zerrte das Laken vom Bett herunter und warf die Bettwäsche kurzerhand auf den Boden, während er das neue Laken auf das Bett spannte. Spencer hatte sich auf den Stuhl gesetzt und beobachtete ihn mit mattem, teilnahmslosen Blick. Tala war sich für einen Moment nicht sicher, ob Spencer wirklich klar im Kopf war. In manchen Momenten wirkte Spencer einfach weggetreten. Abwesend. Zumindest geistig. „Du kannst dich wieder hinlegen“, sagte Tala und als Spencer sich nicht rührte, ging er zu ihm, um ihn hochzuhieven. Von Spencer kam keine Gegenwehr, aber auch keine großartige Hilfe, weshalb Tala ihn die knappen zwei Meter zu seinem Bett tragen musste. Er schob Spencer in eine gerade, liegende Haltung und deckte ihn dann zu. Erschöpft seufzte er auf und ließ sich auf den Stuhl sinken. Er blickte nachdenklich den schlafenden Jungen an, der sich plötzlich krampfhaft auf die Seite drehte. „Spencer?“, fragte Tala vorsichtig und stand auf. Das Gesicht seines Teamkollegens war schmerzerfüllt, die Augen jedoch noch immer geschlossen. „Hey“, sagte Tala und schüttelte ihn leicht am Unterarm. Er erhielt keine Antwort. Doch plötzlich wurde seine Hand von Spencers gefasst. Sie war nass vom Schweiß, der dem Blondschopf plötzlich ausgebrochen war und Tala rutschte fast ab, als er sie beruhigend drückte. Er setzte sich an den Bettrand und hob wieder das Shirt des Älteren vom Boden auf, um vorsichtig den Schweiß aus seinem Gesicht zu tupfen. Er blieb noch lange auf Spencers Bettrand sitzen, seine Hand in der des Älteren, und beobachtete ihn beim Schlafen. Und zum ersten mal seit Wochen hatte er das Gefühl, wirklich etwas richtig zu machen. ----- Ich habe mal eine Frage: Schreibe ich die Namen zu oft? Es kommt mir nämlich irgendwie so vor, als würde ich unheimlich oft Tala und Spencer schreiben. Bilde ich mir das nur ein, weil es schon so spät ist, oder sollte ich daran wirklich mal arbeiten? Ansonsten freue ich mich wie immer über (sowohl positive als auch negative) Kommentare, danke. Bis bald, Nathera Kapitel 8: Recovery ------------------- Hallo! Danke für die Kommentare *knuddel* Und danke auch für eure Antwort auf meine Frage. Wenn ihr nicht findet, dass ich die Namen zu oft schreibe, dann wird es wohl stimmen *erleichtert* Thx. Die FF wird wohl doch noch etwas länger. Ich gehe mal davon aus, dass es jetzt noch zwei Kapitel werden. Naja, das habe ich beim letzten Kapitel auch gedacht. Und eigentlich wollte ich die FF am letzten Wochenende schon zu Ende schreiben. Ich bin so verplant #.# Naja, viel Spaß beim Lesen! -------- Tala war nicht klar, wie lange er an Spencers Bett saß und die Hand des Schlafenden hielt. Er wusste auch nicht, wie oft er vorsichtig den Schweiß aus dem leidenden Gesicht seines Teamkollegen getupft hatte und wie viele beruhigenden Worte er ihm zugeflüstert hatte. Irgendwann jedenfalls war er, noch immer auf dem Bettrand sitzend, in einen leichten Schlaf gefallen, sodass er, als Ian ihn ansprach, erst einmal zusammenzuckte: „Was machst du hier, Tala?“ Der Kleinwüchsige kam ein paar Schritte näher und betrachtete argwöhnisch die merkwürdige Szene, die sich ihm bot: Tala saß an Spencers Bett und hielt seine Hand. Ohne Streit, ohne Hass in seinem Blick... „Er wollte, dass ich bei ihm bleibe“, rechtfertigte sich Tala und zog seine Hand zurück. Er wischte sie an seiner Hose ab, da sie durch den langen Kontakt mit Spencers Hand schweißnass war. „Problem damit?“ Ian hob abwehrend die Hände. „Nee, gar nicht“, meinte er. „Bin nur überrascht.“ Sein Blick fiel auf die Scherben, die auf dem Schreibtisch lagen, weil Tala noch nicht dazu gekommen war, sie wegzubringen, nachdem Spencer durch den Tremor in seiner Hand das Wasserglas entglitten und auf dem Boden zersprungen war. „Habt ihr euch wieder gestritten?“, fragte Ian argwöhnisch, da ihm zerbrochene Gläser im Zusammenhang mit Tala und Spencer sehr bekannt vorkamen. Schließlich schmiss Tala im Affekt oft mit Geschirr um sich. „Es ist ihm hingefallen“, antwortete Tala kühl, als er Ians Blick gefolgt war. „Achja“, murmelte Ian. „Hast du es nicht gehört?“, fragte Tala, der sich ohnehin fragte, weshalb Ian während der letzten Stunden nicht ein einziges Mal hier aufgetaucht war. „Ich habe geschlafen“, erwiderte Ian. „Aber scheinbar hätte ich hier sein sollen.“ Er fixierte noch immer die Scherben. Tala atmete tief ein und wieder aus. „Ian, ich habe mich nicht mit ihm gestritten“, sagte er ein wenig gereizt. „Ich habe ihm ein Glas Wasser geholt, aber das ist auf den Boden gefallen. Hätten wir uns gestritten, wäre ich doch wohl kaum hier geblieben, um auf ihn aufzupassen.“ „Du passt auf Spencer auf?“ Das schiefe Lächeln in Ians Gesicht erinnerte Tala unangenehm an das Lächeln, das Bryan gerne zeigte; er wirkte zwar einerseits freundlich, aber andererseits auch wider spöttisch, sodass eine klare Deutung des Gesichtsausdrucks schwer möglich war. „Ich bin immerhin euer Teamleader“, sagte Tala scharf. „Und wie bereits angekündigt, helfe ich ihm beim Entzug.“ „Indem du ihn einsperrst“, nickte Ian und verschränkte die Arme vor der Brust. „Indem ich auf ihn aufpasse“, sagte Tala laut. Er war kurz davor, die Fassung zu verlieren, „Kannst du nicht einfach akzeptieren, dass ich nett zu ihm bin?“ „Nein, kann ich nicht“, meinte Ian ebenfalls eine Spur lauter. „Ich will gar nicht wissen, was du wieder ausheckst!“ „Ausheckst?“ Tala ballte die Hände zu Fäusten. „Wieso sollte ich etwas aushecken?“ „Weil du noch nie etwas für Spencer getan hast!“, erwiderte Ian heftig. „Du verdammtes, kleines...“ Tala kam nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu sprechen, weil Spencer leise stöhnte. Er drehte sich zu dem Blondschopf um, der ihn von unten anblinzelte. „Alles okay?“, fragte Tala vorsichtig und warf Ian einen kurzen, giftigen Blick zu, der mindestens ebenso gefährlich erwidert wurde. „Müsst ihr so laut streiten?“, fragte Spencer leise und murmelte noch etwas von wegen „Kopfschmerzen“. „Sorry“, sagte Ian und setzte sich neben Tala auf das Bett. „Wie geht es dir?“ „Blöde Frage“, brummelte Spencer und zog die Decke über seinen Kopf. Tala lächelte Ian kühl an. „Er hat keine sehr gute Laune“, erklärte er unnötigerweise. „Hast du heute schon etwas gegessen?“, fragte Ian den Blondschopf, der murmelnd verneinte. Also wandte sich der Kleinwüchsige an Tala: „Wir sollten ihm nichts allzu schweres geben. Wie wär's mit Joghurt?“ Tala zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung von Entzügen. Wir müssen wohl improvisieren.“ Ian nickte leicht und stand wieder auf. „Kommst du mal bitte?“, fragte er Tala und winkte ihn in die Küche, wo er, während er sprach, Joghurt und einen Löffel heraussuchte. „Wir sollten uns nicht streiten, wenn er dabei ist“, sagte er ernst. Nun war es an Tala, schief zu lächeln. „Dann provozier' mich gefälligst nicht, Zwerg“, entgegnete er. „Nenn' mich nicht Zwerg“, beschwerte sich Ian. „Du verzeihst mir also, dass ich nett zu Spencer war?“, ahnte Tala, da Ian das Gespräch in eine andere Richtung gleiten ließ. Ian zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich verstehe dich einfach nicht!“, entgegnete er etwas hilflos. „Um ehrlich zu sein“, Tala seufzte, „verstehe ich mich auch nicht.“ Die nächsten Tage wurden für das gesamte Team zu einer kleinen Hölle. Spencer blieb die ganze Zeit über im Bett, meist unter Fieber, plötzlichen Schweißausbrüchen und Krämpfen leidend. Ein paar Mal musste er sich sogar übergeben und insgesamt zeigte er andauernde schlechte Laune, die besonders dann zu reinen Aggressionen wurde, wenn Tala und Bryan versuchten, ihn ins Badezimmer zu bringen, damit er wenigstens einmal am Tag die Möglichkeit zu hygienischen Maßnahmen hatte. Generell wechselten sich Tala, Bryan und Ian damit ab, wer auf Spencer aufpasste, damit dieser nie allein war. Und es war eine frustrierende Aufgabe, Spencer Gesellschaft zu leisten, da dieser entweder schlief, wie gelähmt vor sich hinstarrte oder aggressiv wurde. Freundlich reden konnte man mit ihm nur, wenn er gerade aus einem Delirium erwachte oder es ihm zu schlecht zum Schimpfen ging. Nach fünf Tagen, in denen sich keine Besserung einstellen wollte, überlegte Ian in seinem Frust laut, wo er am schnellsten eine Flasche mit hochprozentigem Alkohol herbekam, was von Tala mit schlechter Laune und von Bryan mit dem Namen einer Kneipe, die bloß einen Block von ihrem Haus entfernt war, kommentiert wurde. Nach acht Tagen äußerte Bryan zum Erschrecken aller offen den Wunsch, wieder zu trainieren. Dann, nach zwölf Tagen, verließ Spencer zum ersten Mal ohne fremde Hilfe sein Bett, um zu duschen. Als Tala in den Flur trat, um Bryan von seiner Schicht abzulösen, lehnte dieser gegen den Türrahmen der offenen Badezimmertür und beobachtete den Schatten, der sich hinter dem Duschvorhang bewegte. „Was-?“, fragte Tala verwirrt und blickte in Spencers verdunkeltes Zimmer, das dem Badezimmer gegenüber lag. „Er hat es allein in die Dusche geschafft“, erklärte Bryan. „Also darf er auch alleine duschen.“ Tala nickte leicht und ging in das Zimmer seines Teamkollegen, in dem die Luft etwas dicker war als im Flur. Kein Wunder, sie konnten das Fenster nicht aufmachen, wenn Spencer krank im Bett lag. Also zog er jetzt die Rollläden hoch und öffnete das Fenster weit. Er atmete tief die frische Luft, die ihm entgegen kam, ein und schaute einen Moment lang auf den Fluss, der unter dieser Seite des Hauses entlangfloss. Es regnete wieder und das Gewässer war strömend. Ein paar Tropfen fielen auf Spencers Fensterbank, weshalb Tala sämtliche wasserempfindliche Gegenstände aus der Nähe des Fensters schob und gebrauchte Kleidung von Spencer auf dem Boden auslegte, damit der Teppich nicht nass wurde. Dann erst drehte er sich um und ging zum Badezimmer, wo Bryan Spencer beim Anziehen half. Die Hose hatte Spencer sich schon angezogen, jetzt musste er nur noch in sein T-Shirt schlüpfen. Tala lächelte leicht, während er Bryan dabei zusah, wie er an dem Shirt herumzupfte, um es in die richtige Position zu bringen, sodass Spencer die Arme durch die Ärmel stecken konnte. In den letzten Tagen hatte er selbst auch oft dabei geholfen, Spencer umzuziehen und dabei waren die Oberteile stets ein größeres Problem gewesen als die Hosen. Schließlich ging Bryan einen Schritt nach hinten, um sein Werk zu betrachten. „Du hast es geschafft“, lobte ihn Tala amüsiert. Spencer blickte überrascht zu ihm auf, als er seine Stimme hörte. Anscheinend hatte er nicht mitbekommen, dass Tala in der Tür stand und sie beobachtete. „Guten Morgen“, sagte Tala zu ihm und wollte sich schon umdrehen, um die beiden alleine zu lassen (schließlich war das Bryan Schicht und nicht seine), als Spencer plötzlich mit heiserer Stimme fragte: „Kannst du vielleicht Pizza machen?“ Seine Stimme klang zwar nicht gerade frisch, aber sie war auch nicht so leise wie oft in den letzten Tagen und in ihr lag kein Zittern. Er sah auch, frisch geduscht und mit noch nassen Haaren, munterer aus als in den letzten Tagen. „Sicher, dass du dann nicht wieder kotzen musst?“, fragte Tala, um sicherzugehen. Spencer nickte. „Ich muss jetzt Pizza essen“, sagte er dann eifrig. „Außerdem geht es mir wieder besser.“ „Meinetwegen“, murmelte Tala. „Aber überanstreng' dich bloß nicht.“ Er wollte gerade in die Küche gehen, bevor ihm einfiel, wie gerne gerade Spencer seine Aussagen fehlinterpretierte: „Das heißt, schwing' deinen Arsch ins Bett zurück.“ Er beobachtete, wie Bryan Spencer in dessen Zimmer zurück brachte, bevor er selbst in die Küche ging und in den Schränken nach sah, ob er überhaupt die nötigen Zutaten hatte, um Pizza zu backen. Und selbstverständlich fehlte die Hälfte. Tala seufzte leise und schüttelte verärgert den Kopf. Sollte er die restlichen Zutaten einkaufen oder einfach etwas anderes machen? War ihm Spencer so viel wert, dass er sich für ihn extra eine andere Hose anziehen und den weiten Weg (von beinahe drei Minuten!) zum nächsten Supermarkt unternehmen wollte? Nach ein paar Sekunden des Überlegens beschloss Tala, dass es ihm ohnehin gut tun würde, mal ein paar Minuten nach draußen zu kommen, weshalb er sich tatsächlich umzog und die Wohnung verließ. Im Supermarkt war es erstaunlich leer. Obwohl... So erstaunlich war es nicht, schließlich war es Vormittag und die meisten Leute gingen um diese Uhrzeit arbeiten oder zur Schule. Tala sah bloß ein paar Frauen mittleren Alters, die gemeinsam über den ständigen Schimmelbestand bei dem Obst, das hier angeboten wurde, meckerten (dabei wusste mittlerweile ganz Moskau, dass man in diesem Geschäft kein Obst kaufen durfte, weil es nie frisch war) und ein paar Jugendliche, die vermutlich gerade schwänzten oder eine Freistunde nutzten, um sich mit Knabbereien und Süßigkeiten einzudecken. An der Kasse hatte die Verkäuferin, eine Brünette, die sich etwa im selben Alter wie er befand, also noch genug Zeit, Tala freundlich anzusprechen, nachdem er bezahlt hatte: „Na, nicht beim Training?“ „Nein“, entgegnete Tala bloß und hoffte, dass sie nicht nach dem Grund fragte. „Warum denn nicht?“, fragte sie selbstverständlich. In Gedanken ging er ihr an die Gurgel, in der Realität lächelte er bloß schwach: „Spencer ist krank und hält uns momentan alle auf Trab.“ „Oh, was hat er denn?“, fragte sie etwas bestürzt, schließlich kannte sie Spencer genau wie die anderen Jungen aus Talas Team aus kurzen Plaudereien. „Nicht Ernstes“, entgegnete Tala vorsichtig. „Grippe. Fieber und so. Es geht ihm wieder besser.“ „Er hat in den letzten Wochen so gewirkt, als würde er etwas ausbrüten“, gab sie zu und lachte freundlich. „Du aber auch.“ Tala unterbrach sich selbst dabei, die gekauften Waren einzupacken, und schaute sie verdutzt an. „Echt?“, fragte er und verpasste ihr in Gedanken eine Ohrfeige. Sah er etwa aus wie jemand, der süchtig nach Alkohol war? „Keine Krankheit“, antwortete sie. „Du hast bloß immer so schlecht gelaunt gewirkt. Aber jetzt bist du ja wieder etwas fröhlicher.“ Sie lächelte ihn kokett an und warf einen kurzen Blick in den hinteren Ladenteil: „HE, IHR BLÖDEN WICHSER!“, rief sie dann laut. „Hier wird nicht geklaut!“ Die Jugendlichen blickten sie einen Moment lang empört an, bevor einer von ihnen eine Packung Gummibärchen aus seiner Jackentasche zog und mit verbissenem Gesichtsausdruck zurücklegte. Sie verdrehte die Augen und wandte sich wieder an Tala: „Solche Idioten. Man kann auch böse sein, ohne gleich zu klauen. Nicht wahr?“ Sie grinste schief, bevor sie merkte, dass Tala den Landen verlassen hatte. Verdutzt blickte sie aus dem Schaufenster hinter dem Rotschopf her, der sich entfernte. Na, wenigstens hatte er bezahlt... ---- Ich freue mich wie immer über Kommentare ^-^ Bis bald Nathera Kapitel 9: Confession --------------------- Hallo! Danke für die Kommentare. Schön, dass ihr die Geschichte immer noch mögt. Ungefähr die letzte Hälfte des Kapitels hab ich im Schweiße meines Angesichts am frühen Morgen geschrieben, weil meine Mutter mich zur ersten Stunde geweckt hat, obwohl ich zur dritten habe. Und meine linke Hand ist kaputt, weshalb ich arme Linkshänderin nur mit rechts tippen konnte. Ich hoffe, ihr wisst das zu würdigen *lol* Viel Spaß beim Lesen! Nach einer knappen weiteren Woche verließ Spencer zum ersten Mal wieder ihre Wohnung. Er wirkte äußerlich noch immer etwas kränklich und geschwächt, doch Tala hatte schon erleben dürfen, dass er genau das gar nicht mehr war. Er hatte schon gekocht, fernsehen geschaut, sich mit Ian um die Fernbedienung gestritten und Bryan dabei geholfen, seine Tür zu reparieren und wieder in den Türrahmen einzusetzen. Dennoch wollte Tala noch ein paar Tage mit dem Training warten, damit sich Spencer (und auch Ian, Bryan und er selbst) von der letzten Zeit erholen konnte. Als Spencer trotzdem den Wunsch geäußert hatte, das Haus zu verlassen und ein wenig frische Luft zu schnappen, hatte Tala schließlich nachgegeben und ihn begleitet. Spencers Schritte führten ihn schnurstracks in den kleinen Park in der Nähe ihrer Wohnung, wo Tala ihn schon vor seinem Entzug aufgegriffen hatte. „Bist du oft hier?“, fragte Tala, als sie bereits eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren. „Ja“, antwortete Spencer bloß und sah sich um, bevor er vom Hauptweg abbog und zu der kleinen Brücke ging, auf der er schon damals gestanden hatte. Sie waren alleine hier, schließlich war es früher Morgen. Es war noch nicht einmal richtig hell. „Und warum?“, wollte Tala wissen und lehnte sich gegen das Geländer. Er blickte von der Seite her zu Spencer, der neben ihm stand und in den Fluss hinabsah. Spencers Gesicht zeigte kaum eine Regung, als er antwortete: „Um nachzudenken.“ Tala nickte leicht und sah wieder weg. Er verschränkte die Arme ein wenig gelangweilt vor der Brust und schloss dann die Augen. Er würde hier bleiben und warten, bis Spencer genug vom Nachdenken hatte. Aber selbst konnte er dieser Natur immer noch nichts abgewinnen. Es war eben nur ein Fluss. „Wo denkst du nach?“, fragte Spencer plötzlich. Tala öffnete die Augen wieder und bemerkte einen neugierigen Blick auf sich ruhen. Er zuckte leicht mit den Schultern und runzelte die Stirn. „Eigentlich denke ich überall nach“, antwortete er. „Und immer.“ Spencer verdrehte die Augen. „Ich meine wichtige Dinge“, beharrte er. „Wenn du dir über etwas absolut nicht sicher bist oder...“ „Ich bin mir eigentlich immer absolut sicher“, fiel ihm Tala harsch ins Wort. „Deshalb brauche ich kein stilles Plätzchen zum Nachdenken.“ Spencer sah wieder weg. „Achso“, sagte er leise und ließ seine Blicke wieder zudem kleinen Fluss huschen. „Ich brauche das manchmal schon“, sagte er. „Über manche Dinge kann ich nicht Nachdenken, wenn ich nicht absolut allein bin.“ „Über Alkohol zum Beispiel?“, fragte Tala ein wenig bitter. Er bereute es, Spencer überhaupt angesprochen zu haben. Das Gespräch nervte ihn. Er hasste Gespräche über Gefühle, Gedanken und ähnliches. Und er philosophierte nicht gerne herum. Spencer antwortete nicht, sondern verzog nur leicht das Gesicht. Er starrte noch immer auf das klare Wasser. Die Arme auf dem Geländer liegen lassend, stützte er sich auf diesem ein wenig ab. Tala konnte bloß das Profil seines Gesichtes sehen und selbst davon nicht viel, da ein leichter Wind Spencers Haare hineinwehte. Der Blondschopf hatte sich die Haare schon lange nicht mehr schneiden lassen, was Tala jetzt erst wirklich auffiel. Sie reichten noch nicht zur Schulter, aber in ein paar Wochen würden sie diese Länge vermutlich erreicht haben. Tala lächelte schwach, als er sich eingestand, dass ihm die langen Haare gut gefielen. Ihn überkam wieder dieses merkwürdige Gefühl, das er so oft spürte, wenn er Spencer betrachtete. Doch dieses mal regte es ihn nicht dazu an, seinen Teamkollegen anzuschreien. Nein, dieses Mal brachte es ihn bloß dazu, das blasse Profil seines Gegenübers zu beobachten und den Blick der grauen Augen zu suchen. „Tala, ich glaube, wir sollten uns mal unterhalten“, durchbrach Spencer plötzlich die Stille und riss seinen Blick von dem Fluss los, um in Talas Gesicht zu sehen. Sofort schaute der Rotschopf in eine andere Richtung. „Worüber?“, fragte Tala arglos und strich eine Strähne, die ihm ins Gesicht geweht war, hinter sein Ohr zurück. Spencer atmete tief durch. „Ist ein bisschen komplizierter“, murmelte er und schien gleich darauf wieder den Mut zu verlieren. Tala beschloss, weiterhin das Geländer auf der gegenüberliegenden Seite der kleinen Brücke, anzusehen, um Spencer nicht zu verunsichern. „Geht es um dein Alkoholproblem?“, fragte er vorsichtig. „Der Alkohol ist kein Problem für mich“, widersprach Spencer überraschenderweise. Tala hob eine Augenbraue. „Ach nein? Für mich sah das sehr nach einer Sucht aus“, äußerte er etwas zu streng. Spencer brauchte einen Moment, bevor er antwortete. „Das ist es auch, irgendwie. Aber... das war nie mein eigentliches Problem.“ Er seufzte leise. „Es macht mich eher glücklicher als unglücklicher.“ „Aha“, machte Tala skeptisch und nahm zur Kenntnis, das Spencer über sein Alkoholproblem im Präsens sprach, statt es als Vergangenheit anzusehen. „Ich habe mich auch nur selten wirklich betrunken“, fuhr Spencer fort. „Ich habe nur...“ „Ständig dafür gesorgt, dass du einen gewissen Blutalkoholspiegel aufrecht erhältst“, unterbrach ihn Tala unwirsch. „Ich habe mich im Internet mal darüber kundig gemacht und die Beschreibung eines Spiegeltrinkers passte am besten zu dir.“ „Ich kenne mich mit sowas nicht aus“, meinte Spencer stirnrunzelnd. „Du hast ständig ein bisschen was getrunken“, erklärte Tala. „Deshalb warst du nie wirklich nüchtern. Aber weil du nie viel getrunken hast, warst du auch nie richtig betrunken. Stimmt doch so, oder?“ „Kann sein“, antwortete Spencer. Ein Zeit lang schwiegen sich die beiden wieder an, bis Tala schließlich fragte: „Was ist denn dann dein Problem?“ Statt ihm direkt zu antworten, stellte Spencer eine Gegenfrage: „Was ist dein Problem?“ „Ich habe keine Probleme“, erwiderte Tala prompt. „Und wie kommst du zu der Annahme?“, fragte der Ältere stirnrunzelnd. Tala blickte ihn nun doch etwas verärgert an. „Ich bin Teamleader des besten Beyblade-Teams der Welt“, erwiderte er dann ernst. „Ich bin gesund, meine Teamkollegen sind mittlerweile auch wieder alle gesund, das Training macht mir Spaß, ich... ich wüsste nichts, was mir irgendwie fehlen würde.“ Spencer nickte verstehend. „Ach so“, brummelte er. „Du glaubst also nicht, dass du irgendwelche Probleme hast.“ Tala runzelte die Stirn. „Was willst du eigentlich von mir?“, fragte er verdutzt. „Dass du einsiehst, dass du nicht so perfekt bist, wie du glaubst“, antwortete der Ältere. „Sonst hättest du es nicht nötig, dich so zu verhalten.“ „Wie verhalte ich mich denn?“, wunderte sich Tala. „Scheiße“, kam kaltschnäuzig als Antwort zurück. „Du benimmst dich wie ein beschissenes, kleines Kind!“ Perplex trat Tala einen Schritt von Spencer zurück. „Red' nicht in diesem Tonfall mit mir“, verlangte er streng. Wie hatte er so dumm sein können, davon auszugehen, dass ihre Streitereien beendet waren? Er verfluchte sich selber dafür, dass er beinahe vergessen hatte, mit wem er hier sprach. Spencer holte den Schritt, den sich Tala von ihm entfernt hatte rasch wieder auf. „Du hast es leider nicht verdient, dass man anders mit dir redet“, fuhr er ihn aggressiv an. Tala war sprachlos. Erst als er merkte, dass Spencer nichts mehr sagte, äußerte er ein wenig verwirrt: „Ich hab' dir immerhin beim Entzug geholfen.“ Er wusste nichts anderes zu seiner Verteidigung vorzubringen, immerhin hatte sein Gegenüber nicht einmal klar geäußert, was er plötzlich für ein Problem hatte. „Worum ich dich nicht gebeten habe. Es ging mir gut, so wie es war“, schnauzte ihn Spencer an. „Aber statt mich einfach in Ruhe zu lassen, hast du mich zum kalten Entzug gezwungen – GEZWUNGEN! Du hättest mich, da ich zu diesem Zeitpunkt auch noch krank war, damit umbringen können, Tala! So etwas macht man normalerweise im Krankenhaus, in der Anwesenheit von Leuten, die sich ihr Wissen nicht im Internet angeeignet haben!“ Er holte tief Luft, die Gelegenheit für Tala, sich zu rechtfertigen, doch er schwieg. „Und dein edelmütiges Motiv war auch nicht, mir armen Kerl aus 'ner Sucht raus zu helfen... Nein, du wolltest doch nur, dass dein Team wieder funktioniert. Dass es mir jetzt beschissener geht als vor diesem ominösen Entzugsversuch, ist dir ja scheißegal. Du bist nicht mehr als ein verwöhntes, arrogantes Kind, das in der richtigen Situation zum eiskalten Arschloch mutiert ist!“ Damit endete er. Tala schwieg noch immer. Er verstand Spencer einfach nicht. Er hatte doch in den letzten Tagen gedacht, dass sich ihr Verhältnis zueinander gebessert hatte. Hatte er sich so sehr geirrt? Er lehnte sich mit dem Rücken gegen das Brückengeländer und blickte an Spencer vorbei ins Nichts. Um ganz ehrlich zu sein: Er war enttäuscht. Er hatte gedacht, dass Spencer dankbar für seine Mühen wäre. Und dass er selbst damit seine Schuld irgendwie abgetragen hätte. „Willst du nicht irgendwas zu deiner Verteidigung sagen?“, fragte Spencer nach einer Weile genervt. „Naja...“ Tala verzog nachdenklich das Gesicht. „Das eiskalte Arschloch versteh ich ja noch. Aber ein verwöhntes, arrogantes Kind?“ „Es ist verdammt kindisch“, erklärte Spencer kühl, „Streit zu suchen, nur um sich zu streiten. Eigentlich sollte man in Streits versuchen Probleme zu bewältigen. Aber du hast damit immer mehr geschaffen.“ Seine Stimme war leise geworden. „Und du merkst es nicht einmal.“ „Was für Probleme?“, fragte Tala vorsichtig weiter. „Zum Beispiel, dass dein tolles, perfektes Team langsam auseinander bricht. Und das absolut grundlos.“ Spencer verschränkte ernst die Arme vor der Brust und starrte Tala herausfordernd an. „Oder hast du einen Grund dafür?“ „Wofür?“, fragte Tala bloß, bereit noch mehr Kritik über sich ergehen zu lassen. „Dafür dass du mich ständig blöd angemacht hast“, erwiderte Spencer. „Wenn du mich aus dem Team rausmobben willst, dann sag' mir wenigstens den Grund! Meinetwegen gehe ich und lasse euch in Ruhe, aber ich will wissen, warum!“ „Du willst gehen?“, sprang Tala darauf an. „Jetzt? Jetzt, da wir es gerade im Griff haben?“ „Wir haben überhaupt nichts im Griff“, fauchte ihn Spencer an. „Und glaub' mir eins: Ich habe absolut keinen Bock mehr darauf, mich ständig grundlos von dir herumschubsen zu lassen. Ohne Alkohol halte ich das vermutlich sowieso nicht allzu lange aus!“ Seine Stimme war lauter geworden. Das regte auch Tala an, lauter und aggressiver zu sprechen: „Willst du mir etwa die Schuld dafür geben, dass du Vollidiot dir 'ne Sucht einhandelst?“ „Du BIST schuld!“ Spencer hatte diese drei Worte fast geschrien. Und wenn sie auch nicht sehr nett gewesen waren, so hatten sie doch wenigstens diesen Streit beendet. Spencer ging wieder einen Schritt zurück, um sich Tala gegenüber gegen das Geländer zu lehnen. Er schaute, ein wenig schwerer atmend als sonst, zu Boden. Ein paar Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht, doch das kümmerte ihn nicht. Nach ein paar Sekunden sagte er leise: „Das war vielleicht ein bisschen zu heftig.“ „Wenigstens hast du mir jetzt endlich klar und deutlich gesagt, was du auf dem Herzen hast“, erwiderte Tala träge. „Aus dem ganzen restlichen Zeug bin ich nämlich nicht besonders schlau geworden.“ „Tu' nicht so, als wäre es dir egal“, bat ihn Spencer. „Was soll ich dann tun?“, wollte Tala wissen. Nun stieß sich Spencer doch wieder vom Geländer ab. „Mir zuhören. Bitte.“ Er ging einen Schritt auf Tala zu, sodass sie sich wieder gegenüber standen. „Und unterbrich' mich bitte nicht, auch wenn es dir nicht gefällt, was ich zu sagen habe.“ Er atmete tief ein und wieder aus. Dann wieder ein. „Ich könnte dir jetzt meine ganze Lebensgeschichte erzählen, um es dir begreiflich zu machen. Zumindest von dem Zeitpunkt an, als ich dich kennen gelernt habe. Oder ich könnte dir erzählen, dass ich mir in manchen Sachen auch so sicher bin, dass ich nie darüber nachdenken musste, sondern sie einfach wusste.“ Er lächelte schwach. „Zwischen uns beiden gibt es eh nichts mehr zu retten, Tala. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so. Nach dem ganzen Mist, der zwischen uns gelaufen ist, werden wir vermutlich niemals wieder Freunde sein.“ Er machte eine kurze Pause und als Tala den Mund öffnete, um etwas zu sagen, unterbrach ihn der Ältere: „Ich mache es also am besten knapp und schmerzlos, auch wenn es dich vielleicht endgültig vergessen lässt, dass wir mal Freunde waren. Ich...“ Ihm blieben die Worte im Mund stecken. Er blickte Tala einen Moment lang hilflos, dann plötzlich entschlossen an. Statt noch etwas zu sagen, ging er einen weiteren Schritt vorwärts, legte eine Hand unter Talas Kinn und küsste ihn. Auf die Lippen. Seine andere Hand legte sich in den Nacken des Rotschopfs und verhinderte, dass sich dieser sofort zurückzog. Wohin hätte er sich auch zurückziehen können? Er stand direkt an dem Brückengeländer. Ein Schritt nach hinten hätte er nicht machen können. Ebenso wenig in eine andere Richtung, da Spencer ihn festhielt. Tala dachte in diesem Moment sowieso nicht an eine Flucht, dafür war er zu überrumpelt. Spencer löste sich für einen Augenblick von ihm, blieb seinem Gesicht aber noch nahe. „Ich liebe dich, Tala“, sagte leise. „Ich habe dich schon als Kind geliebt. Und ich werde dich immer lieben.“ Als Tala darauf nicht antwortete, beugte sich Spencer erneut vor, um ihn zärtlich zu küssen. Er schloss die Augen und strich sanft mit der Zunge über Talas Lippen, jeden Augenblick dieses kostbaren Moments voll auskostend. Denn wie erwarten, legte sich plötzlich eine Hand auf seinen Brustkorb und drückte ihn weg. Tala ging einen Schritt zur Seite und drehte sich dann zu Spencer, während er rückwärts langsam die Brücke verließ. Er schluckte leicht, dann drehte er sich um und rannte los. ---- In ein paar Tagen folgt der Epilog. Scheinbar schaffe ich es tatsächlich, die FF bis zum Einsendeschluss des WBs fertig zu kriegen :-) Nathera Kapitel 10: End --------------- Tala brachte eine weite Strecke zwischen Spencer und sich, bevor er endlich anhielt und sich auf eine Treppe sinken ließ. Er befand sich am Rande der Moskauer Innenstadt und saß vor dem Hauseingang einer Arztpraxis. Vor ihm erstreckte sich ein typisches Bild für einen frühen Morgen: Es waren nicht ganz so viele Autos unterwegs wie sonst und auch die Passanten tauchten nur vereinzelt auf. Trotzdem lag eine gewissen Hektik in der Luft. Aber das war wohl etwas, was nie aus einer Großstadt verschwinden würde. Tala rutschte an die Seite der Treppe und lehnte sich gegen das kühle Metallgeländer. Er schloss die Augen und atmete langsam ein und aus, bis sich sein Herzschlag etwas reguliert hatte. Er besaß zwar eine gute Kondition, aber er hatte während des Laufens nicht die Nerven dazu gehabt, auf eine regelmäßige Atmung zu achten. Weshalb hätte er sich diese Mühe auch machen sollen? Er hatte andere Probleme gehabt! Das, was ihn am meisten beschäftigt hatte, war, dass Spencer ihn hätte verfolgen können. Er hatte beinahe damit gerechnet, Schritte hinter sich zu hören, und auch jetzt blickte er sich, nachdem er wieder ruhig atmete und das Pochen in seinem Kopf verschwunden war, aufmerksam in der Straße um. Doch Spencer war nicht hier. Er hatte ihn laufen lassen. Tala nickte sich leicht selber zu. Er war froh darüber, dass er Spencer jetzt nicht auch noch sehen musste. Der Schrecken saß noch zu tief in ihm. Spencer hatte ihn geküsst. Geküsst. Auf den Mund. Und er hatte ihn dabei angefasst. Zärtlich, liebevoll, vorsichtig. Und seine Stimme hatte so weich und verletzlich geklungen. Tala hatte sich einen kurzen Moment lang in seine Kindheit versetzt gefühlt. Der Ton in Spencers Stimme war ihm aus der Ferne noch vertraut vorgekommen. So hatte der Blondschopf früher immer mit ihm geredet. Und jetzt, da Tala Spencers Worte im Sinn hatte, erinnerte er sich daran, dass Spencer ihn früher auch oft angefasst hatte. Er hatte ständig den Arm um Tala gelegt und ihm durch die Haare gewuschelt. Wie oft hatte er Talas Hand in seine eigene genommen und ihn in fröhlichen Momenten einfach an sich gedrückt? Warum war Tala nie aufgefallen, dass Spencer ihn damals beinahe komplett für sich beansprucht hatte? Er war beinahe krankhaft eifersüchtig geworden, als sich Tala mit Ian angefreundet hatte. Doch Tala hatte das immer als eine enge Freundschaft verstanden und nicht als Liebe. Konnten kleine Kinder überhaupt schon lieben? Oder spann sich Spencer bloß etwas zusammen? Doch auch, wenn er sich in Gedanken gegen diese Vorstellung sträubte, wusste Tala, dass Spencer nicht gelogen hatte. Er hatte Tala schon als Kind geliebt. Und er hatte es ihm oft genug zu verstehen gegeben. Tala war bloß zu blind gewesen, um diese Hinweise zu sehen. Und jetzt war irgendwie alles zu spät. Spencer hatte doch selbst gesagt, dass sie vermutlich niemals wieder Freunde sein würden. Und es gab nichts in Tala, das dieser Aussage irgendwie widersprechen wollte. Er seufzte leise und stand wieder auf. Er ging ein paar Schritte in eine zufällige Richtung, ohne sich wirklich umzusehen. Er verstand sich gerade selber nicht. Er wusste einfach nicht, was er fühlen sollte. Sollte er Spencer dafür hassen? Irgendwie war ihm dieser Gedanke zuwider. Außerdem schlich sich immer wieder Spencers trauriger Blick in seinen Geist. Er wollte Spencer gar nicht hassen. Ihn verachten? Nein, das auch nicht. Angst vor ihm haben? Sich vor ihm ekeln? Tala verwarf diese Gedanken. Das war doch alles Schwachsinn. Es fiel ihm schwerer, als er gedacht hatte, negative Gefühle für Spencer zu empfinden. Er hatte sich so oft von dem Älteren provozieren lassen, aber wirklich gehasst hatte er ihn nicht. Er hatte Wut empfunden, Resignation, vielleicht auch Sorge. Aber nie etwas schlimmeres. Und er konnte sich nicht vor Spencer ekeln. Klar, dieser Idiot hatte ihn einfach so geküsst. Zweimal sogar. Und er hatte ihn angefasst. Aber das hatte Tala seelisch nicht aufgewühlt. Kognitiv hatte ihn dieser Moment aufgebracht. Wenn er darüber nachdachte, dass Spencer ihm schon seit Jahren nachstellte und sich vermutlich auch keine sehr sauberen Gedanken machte... Aber emotional war Tala nicht überrascht gewesen. Und das war es, was ihn am meisten verwirrte. Er hatte sich bei dem Kuss nicht geekelt, überhaupt nicht. Kein klitzekleines bisschen. Im Gegenteil. Wenn er ganz ehrlich zu ihm war, dann hatte es ihm... gefallen? Nein, gefallen war zu stark ausgedrückt. Aber er hatte keine negativen Gefühle empfunden. Tala schluckte leicht. Vielleicht hatte es ihm doch gefallen. Sonst hätte er Spencer doch eher weggestoßen. Sonst hätte er sich vielleicht nach dem Kuss über die Lippen gewischt. Sonst hätte er... Hatte es ihm wirklich gefallen? War das die Antwort auf diese Unsicherheit, die er seit Wochen schon verspürte? War die Antwort wirklich, dass er Spencer doch noch mochte? Und dass er ihn mehr mochte als früher? Er hatte sich so oft von Spencer provozieren lassen, weil... Ja, warum eigentlich? Es waren Spencers Augen gewesen,. Und sein Lächeln. Und seine Stimme. Spencer hatte immer wieder Talas Blut zum Kochen gebracht und ihn mit unerschöpflicher Energie gesegnet. Energie, die er dazu verwendet hatte, Spencer zu bestrafen und ihn immer wieder fertig zu machen. „Oh Gott, was rede ich mir das eigentlich ein?“, fragte Tala ernst, woraufhin sich eine ältere Frau fragend nach ihm umdrehte, bevor sie etwas schneller weiterging. „Das ist doch nicht möglich.“ Er lachte kurz auf. „Das ist 'n Scherz!“ Aber ihm war nicht zum Lachen zumute. Sein Verhalten hatte Spencer dazu gebracht, zu trinken. Weil er mit seinen Gefühlen nicht klar gekommen war, hatte er Spencer zum chronischen Trinker gemacht. War das nicht irgendwie total sinnlos? „Ja, es ist sinnlos“, beantwortete Tala die Frage für sich selbst und setzte sich auf eine kleine Mauer, die einen winzigen Vorgarten vom Bürgersteig abgrenzte. Er zog die Beine an seinen Körper heran und legte den Kopf nachdenklich auf seinen Knien ab. War er wirklich so ein Idiot? Er hatte das Gefühl, noch immer Spencers Lippen auf seinen eigenen spüren zu können. Und von ihm sanft über den Nacken gestreichelt zu werden... In seiner Erinnerung war dieser Moment irgendwie magischer, als er tatsächlich gewesen war. Und in seiner Vorstellung waren Spencer Augen noch trauriger und grauer. Und trotzdem regten sie wieder Gefühle in Talas Innerem. Waren das wirklich seine Gefühle? Hatte er Liebe mit Hass verwechselt und Spencer dadurch in den Wahnsinn getrieben? Tala lachte wieder leise auf. „Das ist verrückt“, murmelte er. Dennoch schwand sein Lächeln wieder aus dem blassen Gesicht und er schloss die Augen. Was sollte er denn jetzt tun? Er musste mit Spencer reden, auf jeden Fall. Um ein Gespräch würden sie nicht herum kommen. Und was sollte er ihm sagen? Sollte er ihm sagen, dass er sich vertan hatte? Dass er seine Gefühle einfach umgekehrt und an ihm ausgelassen hatte? Dass er noch einmal von ihm geküsst werden wollte? Das konnte er doch nicht machen! Vielleicht sollte er es langsam angehen und sich entschuldigen. Er stand auf und blickte auf die Uhr. Es war jetzt beinahe eine Dreiviertelstunde her, dass er Spencer alleine im Park zurück gelassen hatte. Vermutlich war Spencer selbst noch ein wenig aufgewühlt. Vielleicht sollte Tala ihm und auch sich selbst einen Moment zum Besinnen geben. Er ging die Straße entlang und beschloss, einen etwas längeren Weg nach Hause zu nehmen. Er würde mit Umweg in etwa einer Stunde dort ankommen. Dann konnte er mit Spencer reden. Wie es weitergehen sollte? Das wusste er nicht. Er ging absichtlich fern ab von Haltestellen. Die Gefahr, dass ein Bus neben ihm halten könne, war ihm zu hoch. Er wollte erst seine Gefühle beruhigen, bevor er Spencer wieder gegenüber trat. Wer wusste denn schon, wie ihr Gespräch aussah? Wie ihre Zukunft aussah? Es gab drei verschiedene Möglichkeiten: Spencer verzieh ihm und sie würden wieder Freunde werden, vielleicht sogar mehr? Oder er verzieh ihm nicht und sie würden sich für immer hassen müssen. Oder sie entschieden sich, die Sache zu vergessen, und sich gegenseitig mit Gleichgültigkeit behandeln. Jetzt, da er sich Gedanken darüber gemacht hatte, musste er zugeben, dass die ersteM öglichkeit gar nicht mal so schlecht klang. Das war doch möglich. Oder nicht? Auf dem Heimweg zwang sich Tala dennoch, über etwas anderes nachzudenken. Er kaufte sich bei einem Kiosk, der gerade, als er ihn passieren wollte, öffnete, ein Teenie-Magazin, in dem der neuste Klatsch und Tratsch stand. Über sein Team wurde berichtet, dass es Gerüchte über einen Streit gab. Natürlich stand da nichts genaueres, nur dass sich die Fans darüber wunderten, dass sie in den letzten Wochen keine Pressetermine wahrgenommen hatten und auch nicht mehr beim Trainieren zu beobachten waren. Aber da stand keine Silbe von Alkohol oder Mobbing oder ähnlichem. So ein Glück. Während des Gehens las Tala halbherzig die eigentlich ziemlich uninteressanten Artikel und auf den letzten Metern zu ihrer Wohnung brütete er über dem Kreuzworträtsel. Als er die Tür aufschloss und sich im Flur seiner Schuhe und der Jacke entledigte, zog sich etwas in ihm zusammen. Der Moment war gekommen. Der Moment, der vielleicht über sein weiteres Leben entscheiden würde. Auf jeden Fall über die Zukunft seines Teams und sein Verhältnis zu Spencer. Er beachtete den Zettel auf der Kommode, auf den Ian geschrieben hatte, dass Bryan und er unterwegs seien, kaum. Er sah nur Spencers Schuhe unordentlich im Flur stehen und lächelte leicht. „Spencer?“, rief er in die Wohnung hinein und ging durch die Küche, wobei er das Magazin auf dem Tisch ablegte. Er hörte laute Musik aus dem Flur, in dem ihre Zimmer lagen. Vermutlich hörte ihn der Blondschopf nicht, weshalb er auch nicht antwortete. „Spencer!“, rief er also etwas lauter und ging durch den Flur. Er klopfte an Spencers verschlossene Tür, doch abermals reagierte Spencer nicht. Also legte Tala die Hand auf die Klinke und atmete tief durch. Womit sollte er anfangen? Sollte er einen Monolog halten, in dem er Spencer klarmachte, dass er sich mit ihm versöhnen wollte? Oder sollte er ruhig und sachlich mit Spencer über den ganzen Mist reden? Tala fuhr sich nervös durch die Haare. Er sollte es auf sich zukommen lassen. Spencer sollte bestimmen, was nun passieren würde. Das war er ihm schuldig. Tala öffnete die Tür und trat einen Schritt in Spencers Zimmer. Die Musik war unerträglich laut und in der Luft schwebte der stechende Geruch von Erbrochenem. Tala spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen, als er Spencer regungslos auf dem Boden liegen sah. An seinem Haaransatz klebte Blut; vermutlich war er gestürzt und mit der Stirn aufgeschlagen. Er lag in seinem eigenen Erbrochenem, um ihn herum leere Flaschen. Und obwohl die Zeit stehen geblieben war, pochte die laute Musik erbarmungslos weiter. --- The End --- Das war dann also das Ende der Geschichte. Es tut mir Leid, wenn ihr keine offenen Enden mögt. Ich mag sie nun einmal sehr gerne und... die Geschichte verlief einfach zu märchenhaft, als dass ich sie hätte gut enden lassen können. Ich möchte mich an dieser Stelle für alle Kommentare bedanken. Es ist schön, dass euch die Geschichte (zumindest bis zu diesem Zeitpunkt) gefallen hat und ich bin ehrlich darauf gespannt, wie ihr das Ende fandet. Wenn ihr enttäuscht darüber seid, könnt ihr es mir ruhig sagen. Ich hoffe, wir lesen uns nochmal ;-) Nathera Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)