Because I love you von Karma (Seto x Joey) ================================================================================ Why? ---- Yep, ich hab schon wieder nen Oneshot verfasst. Dieses Mal aber länger als alle davor. Ich hab anfangs gedacht, dass ich wohl kaum zwei Word-Seiten vollkriege, aber es sind knapp 7 1/2 geworden. Das hier ist übrigens nur entstanden, weil ich beim zweiten Ende von 'Summer' einfach nicht aus dem Quark komme. Vielleicht war die 'Alternative Ending'-Idee von mir doch nicht so gut. Nyo, mal sehen, ob ich das noch hinkriege. Will nicht aufgeben. *jammer* Anyway, ich hoffe, es gefällt euch wenigstens einigermassen. Enjoy reading!! Karma ******************************************************************************** "Verdammt, Kaiba, sei nicht immer so ein verfluchter Eisklotz! Immerhin ist es Deine Schuld, das Joey jetzt im Krankenhaus liegt und mit dem Tod kämpft!!! Die Ärzte wissen nicht, ob er überhaupt jemals wieder aufwacht. Und was machst Du? Du besuchst ihn nicht mal!!! Wie kannst Du überhaupt noch in den Spiegel sehen?" Wütend schrie Yugi Muto seinen Klassenkameraden an. Tränen standen in seinen violetten Augen, doch den Jungunternehmer schien all das völlig kalt zu lassen. "Habe ich den Köter vielleicht darum gebeten, sich vor mich zu stellen? Ich kann gut auf mich selbst aufpassen; ich brauche keinen Wachhund. Alles, was passiert ist, hat er sich selbst zuzuschreiben." erwiderte er kalt und sah ungerührt zu, wie dem Anderen zornige Tränen über die Wangen liefen. "Ich hasse Dich, Kaiba!!! Und wenn Joey nicht wieder aufwacht, werde ich dafür sorgen, dass alle Welt erfährt, was wirklich passiert ist. Mich schüchterst Du mit Deinen Anwälten und dem ganzen Schnickschnack nicht ein!! Das ist alles ganz allein Deine Schuld!!" schluchzte der Jüngere, doch der Angesprochene ignorierte ihn bereits und hatte seine Aufmerksamkeit wieder völlig auf seinen Rechner konzentriert. "Wäre das dann alles, Muto? Ich hoffe es. Im Gegensatz zu Dir habe ich meine Zeit nicht gestohlen, also wäre ich Dir sehr verbunden, wenn Du endlich verschwinden würdest. Und sei so gut und nimm Deine kleinen Freunde mit. Solltet ihr nicht bei dem Köter sein und Händchenhalten?" fragte er und seine Stimme hatte etwas derart Abwertendes, dass der Kleinere gleich wieder auffahren wollte, doch Duke, Thea und Tristan hinderten ihn gemeinschaftlich daran. "Lass ihn, Yugi. Er ist es nun wirklich nicht wert. Seto Kaiba hat eben kein Herz." fauchte das Mädchen und öffnete die Tür, damit ihre Freunde den vor Wut zitternden Yugi aus dem Büro des wohl größten Eisklotzes auf diesem Planeten bringen konnten. Mit einem lauten Knall fiel die Bürotür hinter den Vieren zu und der Brünette atmete tief durch, bevor er sich wieder seinen Geschäften widmete. ~~~~~~~ Gemeinsam gingen die vier Freunde in Richtung Krankenhaus, um den Fünften im Bunde zu besuchen. Wie an jedem Tag wurden sie jedoch auch heute nicht zu ihm vorgelassen. "Es tut mir leid, aber Mr. Wheeler liegt noch immer auf der Intensivstation. Ausser seiner Familie darf leider niemand zu ihm." erklärte die Schwester der Gruppe zum wiederholten Male. Dabei sah sie die jungen Leute mitleidig an. Es war nicht zu übersehen, wie sehr sie sich um ihren Freund sorgten, doch die Vorschriften waren eindeutig und sie konnte keine Ausnahme machen, wenn sie nicht ihren Job riskieren wollte. "Gut, wir warten hier. Sagen Sie uns Bescheid, wenn sich sein Zustand ändert oder er aufwacht und wir zu ihm können?" fragte das braunhaarige Mädchen leise, während sich die drei Jungen bereits auf den im Krankenhausflur verteilten Sitzen niederliessen. Die Schwester nickte und lächelte den Vieren zu. "Selbstverständlich. Das habe ich Ihnen doch versprochen." erwiderte sie und widmete sich wieder ihren Pflichten. Dabei schweifte ihr Blick jedoch immer wieder zu der Gruppe, die schon seit der Einlieferung des blonden jungen Mannes vor der Tür der Intensivstation wartete. Wie gerne hätte sie den jungen Leuten geholfen, ihnen eine gute Nachricht überbracht, aber der Zustand des Patienten war nach wie vor unverändert kritisch. Er hatte Glück, dass er seine Verletzungen überhaupt bis jetzt überlebt hatte. Die Prognose der Ärzte für ihn sah jedoch nicht sehr rosig aus, denn wenn der junge Mann nicht bald die Kraft zum Aufwachen fand, würde es ihm wahrscheinlich nie mehr gelingen. Unhörbar seufzend wandte die Schwester ihren Blick ab und beschäftigte sich wieder mit ihrer Arbeit. So sehr sie auch hoffte, dass der Patienten sich erholen würde, es war besser, sich auf alles – auch auf den schlimmsten Fall – vorzubereiten. ~~~~~~~ "Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber die Besuchszeit ist schon seit einer halben Stunde vorbei." wandte sich die Schwester an die vier jungen Leute und bedachte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. "Und der Zustand Ihres Freundes hat sich noch immer nicht verändert." fügte sie bedauernd hinzu und in die violetten Augen des Kleinsten in der Runde traten wieder Tränen. "Das ist so unfair! Womit hat Joey das denn bloss verdient? Endlich ist er seinen ewig betrunkenen Vater los, wird nicht mehr verprügelt und hat sein ganzes Leben schon fast im Griff und dann passiert so was!" schniefte er und Duke legte ihm tröstend den Arm um die Schultern. "Der wacht schon wieder auf. Darauf könnt ihr euch verlassen. Wir kennen doch alle unseren Joey. Der hat ne Schwäche für dramatische Auftritte." witzelte Tristan, doch auch seinem Gesicht war anzusehen, wie besorgt er um seinen besten Kumpel war. "Sechs Wochen liegt er da schon. Und niemand besucht ihn, weil niemand zu ihm darf. Seine Mutter will ihn nicht sehen, seine Schwester ist noch zu jung und wir dürfen nicht zu ihm." murmelte Thea leise und senkte den Kopf, damit niemand ihrer Freunde sah, dass auch sie mittlerweile weinte. Tristan, dem die Tränen des Mädchens jedoch keinesfalls entgangen waren, nahm sie behutsam in den Arm. Sofort klammerte sie sich an ihn und presste ihr Gesicht in sein Shirt, um nicht laut zu schluchzen. "Scht. Es wird alles wieder gut. Er wacht ganz bestimmt wieder auf. Er muss einfach wieder aufwachen." murmelte er und es klang, als wollte er seinen Freund beschwören wollen, genau das endlich zu tun. "Verzeihen Sie, wenn ich mich einmische, aber Ihr Freund bekommt sehr wohl Besuch. Das hat mir meine Kollegin von der Nachtschicht erzählt." sagte die Krankenschwester, die noch immer bei der Gruppe stand, und die Vier sahen überrascht auf. "Besuch? Aber von wem denn?" wollte Duke wissen, doch die junge Frau zuckte die Achseln. "Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Aus irgendeinem Grund erscheint dieser Besucher ausserhalb der regulären Besuchszeit. Meine Kollegin hat mir nur erzählt, dass sie einen jungen Mann in das Zimmer Ihres Freundes hat gehen sehen. Sie wollte ihn aufhalten und mit ihm sprechen, aber Dr. Watabe sagte ihr, das ginge schon in Ordnung." erklärte sie den völlig verdutzten jungen Leuten. "Und so leid es mir auch tut, ich muss Sie jetzt bitten zu gehen. Die Besuchszeit ist schon lange vorbei und eigentlich hätte ich Sie schon vor einer halben Stunde nach Hause schicken müssen." sagte sie leise und sah die Vier bittend an. Thea, Yugi, Duke und Tristan nickten und standen auf, um zu gehen. Auf dem Weg nach draussen sah das Mädchen ihre drei Freunde an. "Was meint ihr, wer dieser Besuch ist?" fragte sie, doch die Anderen zuckten nur ratlos die Achseln. Die Beschreibung der Schwester war ja nicht sehr genau gewesen. Ein junger Mann – das konnte nun wirklich beinahe ein Viertel der Bevölkerung von Domino sein. ~~~~~~~ Seto beendete seine Arbeit erst, als es draussen schon stockfinster war. Seufzend schaltete er seinen Rechner aus, stand aus seinem Schreibtischstuhl auf und streckte sich, bevor er seinen Mantel nahm und mit dem Aufzug nach unten fuhr. Ausser dem Nachtportier und seinem Fahrer war schon seit Stunden niemand mehr in der Kaiba Corporation anwesend, aber das war dem Jungunternehmer nur recht. Äusserlich kühl und gelassen wie immer stieg er in seine wartende Limousine und lehnte sich in den Polstern zurück. Er musste dem Fahrer nicht sagen, wohin er wollte; der Mann kannte das allabendliche – eigentlich eher allnächtliche – Ritual seines Chefs inzwischen sehr gut. Langsam fuhr der Wagen durch die stillen nächtlichen Straßen und der Brünette hatte einige Mühe, seine Augen offen zu halten. Einerseits war er furchtbar müde, andererseits wusste er genau, dass er – sollte er jetzt nach Hause fahren und sich in sein Bett legen – doch keinen Schlaf finden würde. Keine fünf Minuten später hielt der Wagen an seinem Ziel. Seto stieg aus, noch bevor der Fahrer ihm die Tür öffnen konnte, und betrat das vor ihm aufragende Gebäude mit einem mulmigen Gefühl. Was würde heute sein? Hatte sich irgendetwas verändert, während er gearbeitet hatte? Kam er vielleicht sogar zu spät? Von diesem Gedanken erschreckt beschleunigte der Jungunternehmer seine Schritte, bis er vor dem Raum stand, zu dem er gleichermassen wollte wie nicht wollte. Mit einer für seine Verhältnisse äusserst vorsichtigen Bewegung öffnete er die Tür und betrat leise das dahinterliegende Zimmer. Hinter der Tür blieb er erst einmal stehen, bis sich seine Augen an die beinahe vollständige Dunkelheit gewöhnt hatten. Erst dann warf er einen Blick zu der Person, die genau vor ihm in einem mit weissen Laken bezogenen Bett lag und noch immer keine Anstalten machte, die Augen zu öffnen und ihn anzusehen. Leise, wie um den Schlafenden nicht zu wecken, trat der Brünette näher an das Bett und liess sich auf dem daneben stehenden Stuhl nieder. Eine ganze Weile betrachtete er die für ihn trotz der Dunkelheit gut erkennbare Gestalt, dann seufzte er leise – ein Geräusch, dass ihm in der Stille des Zimmers unendlich laut vorkam. "Warum? Warum hast Du das getan?" fragte er kaum hörbar, doch er erhielt – wie in jeder Nacht seit diesem Vorfall – keine Antwort von dem sonst so vorlauten Blondschopf. Der Siebzehnjährige lag wie schlafend – oder wie tot – in dem Bett auf der Intensivstation und zeigte mit keiner Regung, ob er etwas von dem mitbekam, was um ihn herum geschah. *******Rückblende******* An diesem Abend war Seto – wie so oft in letzter Zeit – geschäftlich unterwegs gewesen. Er hatte einen Termin gehabt, der allerdings ganz und gar nicht zu seiner Zufriedenheit gelaufen war. In den letzten Wochen hatte er eine Schlappe nach der anderen hinnehmen müssen – etwas, das unglaublich an seinem Ehrgeiz genagt und sich auch merklich in seiner Stimmung niedergeschlagen hatte. Einige der Mitarbeiter, die ihn in dieser Zeit gereizt hatten, hatten dafür postwendend die Quittung in Form ihrer Kündigung bekommen. Und genau einem dieser Subjekte war der Jungunternehmer auf dem Weg zu seinem Wagen begegnet. "Das haben Sie nicht umsonst getan, Kaiba!" hatte der Mann geschrieen und der Brünette hatte einen Moment gebraucht, um in ihm den unfähigen Leiter seiner Forschungsabteilung zu erkennen – ein durch und durch kriecherischer, ausgesprochen unangenehmer Mensch, den er eigentlich schon viel eher hatte entlassen wollen. Nun, das hatte er zwei Tage zuvor endlich getan. Und genau das hatte den Zorn seines ehemaligen Untergebenen erregt. "Mein Wort ist endgültig und mein Entschluss steht unumstösslich fest. Seien Sie froh, dass ich ihre Inkompetenz so lange toleriert habe. Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich habe zu tun." hatte Seto den Mann abgefertigt und versucht, an ihm vorbeizugehen, doch zu seiner Überraschung hatte der Ältere plötzlich eine Waffe aus seiner Jackentasche gezogen. "Dafür bezahlen Sie, Kaiba!" hatte er gezischt und die Waffe auf die Brust seines ehemaligen Arbeitgebers gerichtet – genau auf die Stelle, wo sein Herz schlug. "Wollen doch mal sehen, ob so ein gefühlloser Eisbrocken wie Sie auch so was wie ein Herz hat." hatte er hämisch grinsend hinzugefügt und langsam den Hahn gespannt. Der Jungunternehmer hatte sich später oft darüber gewundert, dass er in diesem Moment nicht einmal einen kleinen Anflug von Angst gespürt hatte. Sein einziger Gedanke war gewesen, dass Mokuba wohl ab jetzt ohne ihn würde auskommen müssen. Die Szene hatte selbstredend einige Passanten und Anwohner angelockt, doch niemand hatte sich getraut, etwas gegen den psychisch labilen und offensichtlich nicht mehr zurechnungsfähigen Mann zu unternehmen. "Wenn Sie glauben, dass Sie dadurch Ihren Job wiederbekommen, haben Sie sich getäuscht. Ich werde meine Entscheidung keinesfalls revidieren." Der Brünette hatte nicht gewusst, wie er es geschafft hatte, so ruhig und gelassen zu klingen. Er hatte nur gewusst nur, dass er wahrscheinlich innerhalb der nächsten Minute sterben würde. Hilfe hatte er keine erwartet, doch er hatte sie erhalten – von dem letzten Menschen, von dem er sie erwartet hätte. Wie aus dem Nichts war plötzlich ausgerechnet sein Erzfeind aufgetaucht und hatte ihn zu Boden gerissen – genau in dem Moment, in dem sein ehemaliger Angestellter die Waffe abgefeuert hatte. Statt ihn zu treffen, war die Kugel mit einem in seinen Ohren überlauten Geräusch in den Rücken des Blonden eingedrungen. Tagelang noch hatte das Knacken, mit dem das Projektil die Rippen des Kleineren gebrochen hatte, den Jungunternehmer bis in seine Träume verfolgt. Der Jüngere war getroffen in Setos Armen zusammengebrochen. Ein feines Blutrinnsal war aus seinem Mundwinkel gelaufen, aber er hatte dennoch gelächelt. "Alles... in... Ord... nung, Se... to?" hatte er keuchend gefragt und trotz der Schmerzen, die er zweifelsohne gehabt haben musste, hatte er nicht aufgehört zu lächeln. Der Angesprochene hatte mühsam genickt und entsetzt auf das viele Blut gestarrt, dass sich um sie herum ausgebreitet hatte. Dass inzwischen irgendjemand die Polizei und einen Krankenwagen gerufen hatte und der Schütze überwältigt worden war, hatte er nicht mitbekommen. Zu sehr hatte ihn die Erkenntnis schockiert, dass ausgerechnet der Mensch, den er von allen auf der Welt immer am meisten getriezt und beleidigt hatte, ihm ohne zu zögern das Leben gerettet hatte. "Warum? Warum?" hatte er gefragt, doch der Jüngere war längst nicht mehr bei Bewusstsein gewesen und hatte ihm keine Antwort mehr geben können. Und der Brünette hatte auf der Straße gehockt, hilflos wie noch nie zuvor in seinem Leben, und er hatte nur zusehen können, wie der Blonde immer mehr Blut verloren hatte. Es war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen, bis endlich der Krankenwagen eingetroffen war. *******Rückblende Ende******* Seit diesem Abend war Seto jede Nacht im Krankenhaus gewesen. Noch immer konnte er sich nicht erklären, warum ausgerechnet Joey ihm geholfen hatte. 'Eigentlich hätte er doch froh sein müssen, wenn dieser Kerl mich umgebracht hätte. Ich hätte ihn nie wieder niedermachen können.' dachte der Jungunternehmer, stand auf und trat ans Fenster, um nach draussen zu sehen. Dass ihm Tränen über das Gesicht liefen, bemerkte er erst, als es feucht auf seine Hände tropfte, die er auf die Fensterbank gestützt hatte. 'Weine ich etwa? Seinetwegen?' fragte sich der Brünette und sah sich wieder um. Der Anblick seines Klassenkameraden, der leblos unter der weissen Decke lag, schnürte ihm die Luft ab. "Warum, Joey?" fragte er, ging wieder zurück ans Bett und setzte sich wieder auf den Stuhl. Ohne es wirklich zu bemerken, nahm er die kalte Hand des Anderen in seine und strich mit dem Daumen sanft über den Handrücken. "Du Idiot!!! Warum hast Du Dich nicht rausgehalten? Das ging Dich doch gar nichts an! Ich gehe Dich doch gar nichts an! Du hättest sterben können!! Yugi hatte Recht, es ist meine Schuld. Wenn Du stirbst, werde ich Dir das nie verzeihen! Du darfst nicht sterben, Joey!! Hörst Du mich? Du darfst nicht sterben!! Du musst aufwachen!! Bitte wach auf!!!" Die Stimme des Brünetten schwankte zwischen Trauer und Wut, zwischen Angst und Vorwurf. Wie verletzlich er klang und dass ihm immer noch Tränen über die Wangen liefen, nahm er nicht wahr. "Lass mich nicht alleine, Joey!! Bitte!! Bitte, Du musst bei mir bleiben! Wach auf!!!" flehte Seto und rutschte mit dem Stuhl näher an das Bett heran, um das Gesicht des Verletzten zu streicheln. Wie lange er so dagesessen hatte, wusste er nicht. Waren es Minuten, Stunden oder sogar Tage gewesen? Sein Zeitgefühl hatte er vollkommen verloren. "Joey? Bitte wach endlich auf." bat er immer wieder. Und als hätte seine Stimme gemeinsam mit der sanften Berührung tatsächlich ein Wunder bewirkt, begannen die Lider des Blonden plötzlich zu flattern und er öffnete langsam die Augen. Es dauerte einen Moment, bis der Jungunternehmer bemerkte, dass der Jüngere ihn ansah. Und erst als er die Stimme seines Klassenkameraden zum ersten Mal seit sechs Wochen hörte, wusste er, dass er nicht träumte oder halluzinierte. "Seto?" krächzte der Kleinere kaum hörbar und der Angesprochene nickte nur. Endlich, endlich hatte sein Hündchen seine schönen braunen Augen wieder geöffnet! "Wie fühlst Du Dich, Joey?" fragte er leise und der Andere versuchte zu lächeln. "Weiss... nicht... so ge... nau..." erwiderte er und schloss müde die Augen wieder. "Sprich besser nicht. Du musst Dich ausruhen. Ich werde dem Arzt Bescheid sagen." murmelte der Ältere und wollte aufstehen, doch der Blonde hielt seine Hand fest. "Bitte... bleib..." bat er kaum hörbar und sah den Brünetten an. Seto liess sich wieder auf den Stuhl sinken und lächelte den Verletzten an. "Endlich bist Du wieder wach. Sechs Wochen, Joey. Deine Freunde machen sich Sorgen um Dich." murmelte er und versuchte, die Tränen wegzublinzeln, die in seine Augen getreten waren. Der Jüngere wollte etwas erwidern, doch der Größere legte ihm einen Finger auf die Lippen. "Pst. Nicht sprechen, Joey. Du brauchst Ruhe. Und ich werde jetzt dem Arzt Bescheid sagen. Keine Widerrede." sagte er leise und stand auf. "Ich komme gleich wieder." informierte er den Liegenden noch, dann verliess er das Zimmer. Draussen vor der Tür wischte er sich erst einmal über die Augen, bevor er sich auf die Suche nach dem behandelnden Arzt machte. Nachdem er diesen über den eben erwachten Patienten informiert hatte, machte er sich auf die Suche nach einem Telefon, rief seinen Fahrer an und gab ihm einige detaillierte Anweisungen. Danach wählte er eine andere Nummer. Da es inzwischen beinahe zwei Uhr nachts war, musste er eine Weile warten, bis sich am anderen Ende der Leitung eine verschlafene Stimme meldete. "Muto?" "Kaiba hier. Zieh Dich an und sag Deinen Freunden Bescheid. Mein Fahrer ist in zehn Minuten bei Dir und holt Dich ab. Zeig ihm, wo die Anderen wohnen, dann nimmt er sie auch mit zum Krankenhaus." sagte der Jungunternehmer knapp und die Stimme des Jüngeren klang sofort alarmiert. "Krankenhaus? Ist etwas mit Joey?" fragte er heiser und der Angesprochene nickte, obwohl der Andere ihn nicht sehen konnte. "Er ist vorhin aufgewacht. Ich dachte, das interessiert Dich vielleicht. Und jetzt beeil Dich." setzte er hinzu und wollte schon auflegen, als ihn die Stimme des Duellanten aufhielt. "Woher weisst Du das, Kaiba?" Der Brünette atmete tief durch. "Woher schon? Ich war dabei. Und jetzt frag nicht so viel, Muto, sondern sag den Anderen Bescheid!" erwiderte er und legte auf, bevor sein Klassenkamerad noch mehr sagen konnte. Nach dem Telefonat lehnte Seto sich mit dem Rücken gegen die Wand im Flur und rutschte zitternd daran herunter. "Endlich!" murmelte er und konnte die Tränen endgültig nicht mehr zurückhalten. Normalerweise wäre er jetzt aufgestanden, um sich wenigstens in der Toilette zu verstecken, damit ihn niemand so sah, doch er spürte, dass das unmöglich war, weil seine Beine ihn nicht tragen würden. So blieb er sitzen, wo er war, schlang die Arme um seine Knie und weinte, wie er seit Jahren nicht mehr geweint hatte. Etwa zehn Minuten später hatte er sich so weit beruhigt, dass er wieder aufstehen konnte. Sofort ging er hinüber in die Toilette, wusch sich das Gesicht und beseitigte alle Spuren des demütigenden Geschehens. Schliesslich war er immer noch Seto Kaiba. Und er konnte wunderbar darauf verzichten, dass seine Klassenkameraden, die sicher gleich hier sein würden, ihn so sahen. Als er die Toilette wieder verliess, sah er durch die Tür der Intensivstation, wie Thea, Duke, Tristan und Yugi verzweifelt auf die Nachtschwester einredeten, doch die wollte sie offenbar nicht durchlassen. Kurz entschlossen öffnete der Brünette von innen die Tür und warf den Vieren einen ungeduldigen Blick zu. "Da seid ihr ja endlich. Beeilt euch doch mal ein bisschen." grummelte er ungehalten und die Schwester, die - welch Wunder – sehr wohl wusste, wer er war, erhob keine weiteren Einsprüche mehr gegen die Anwesenheit Fremder auf der Intensivstation. "Danke, Kaiba." murmelte Yugi und drängelte sich an dem Ältesten in der Runde vorbei. "Wo ist er?" wollte Tristan wissen und Duke sah den Größeren neugierig an. "Wie kommt es, dass Du hier bist, Kaiba? Und wieso sagt bei Dir niemand was?" fragte er und der Angesprochene zuckte die Achseln. "Spenden haben durchaus manchmal Vorteile, Devlin." erklärte er und lotste die Anderen zu dem Zimmer ihres verletzten Freundes. Thea, die zu alledem nichts sagte, musterte ihren Klassenkameraden nachdenklich. Hatte die Schwester am Abend nicht erzählt, dass Joey in den letzten sechst Wochen sehr wohl regelmässig nächtlichen Besuch bekommen hatte? Ein junger Mann. Nun, das traf zweifelsohne auf Seto Kaiba zu. 'Er war hier? Jede Nacht? Wann hat er denn dann geschlafen? Und warum hat er uns heute Mittag nichts davon erzählt, als wir bei ihm waren? Er hätte doch nur einen Ton sagen müssen, dann wären wir alle nicht so wütend auf ihn gewesen. Aber er hat geschwiegen. Warum?' fragte sie sich, doch sie fand keine Antwort auf ihre Frage. "Er ist da drin." informierte der Jungunternehmer die Vier knapp und sie betraten so leise wie möglich den Raum. Und zu ihrer grenzenlosen Erleichterung blickte sie ein paar brauner Augen tatsächlich an, kaum dass sie im Zimmer waren. "Mensch, Joey, Du hast uns ganz schön erschreckt." murmelte Tristan und grinste den Liegenden schief an. Duke nickte nur und Yugi sank leise schluchzend auf den Stuhl am Bett und umklammerte lächelnd die Hand des Verletzten. "Alles... okay..." erwiderte der Blonde leise und ein ebenso schiefes Grinsen wie das seines besten Kumpels erschien auf seinem Gesicht. "Bin ja... noch... da..." "Zum Glück, Du Idiot!! Weisst Du eigentlich, wie sehr ich mich erschreckt habe, als Kaiba mich mitten in der Nacht angerufen hat? Ich dachte, Du wärst..." schniefte Yugi, ohne seinen Satz zu beenden. Der Blondschopf wandte den Kopf und lächelte ihn an. "Sorry." murmelte er und liess dann seinen Blick durch das Zimmer schweifen. "Wo... ist er... denn?" fragte er leise und erst jetzt fiel den Anderen auf, dass ihr brünetter Klassenkamerad nicht mehr bei ihnen war. "Ich suche ihn." bot Thea an, drückte dem Liegenden noch einen Kuss auf die Stirn und verliess das Krankenzimmer, um sich auf die Suche nach dem Jungunternehmer zu machen. Eine Weile irrte sie auf der Station hin und her und überlegte sogar, an der Herrentoilette zu klopfen, doch dann entdeckte sie auf einem der Balkone des Krankenhauses eine wohlbekannte Gestalt. So leise wie möglich öffnete das Mädchen die Tür und gesellte sich zu ihrem Klassenkameraden. Der schien sie nicht zu bemerken und zu ihrem nicht geringen Erstaunen sah Thea, dass er eine Zigarette in der Hand hielt – und dass seine Finger zitterten. "Kaiba? Joey möchte Dich gerne sehen." sagte sie leise und sofort versteifte sich der Rücken des Angesprochenen und das Zittern seiner Hand verschwand augenblicklich. 'Er hat sich Sorgen um Joey gemacht.' stellte das Mädchen fest und lächelte den Größeren an. "Komm, lass uns zu ihm gehen, ja?" bot sie ihm an und der Brünette nickte nur. Er drückte die Zigarette aus, stopfte sie in den bereitstehenden Aschenbecher und hielt ihr dann die Tür auf. "Danke, Kaiba." murmelte sie und hakte sich bei dem Älteren ein, der erstaunlicherweise nicht protestierte. So nah an ihrem Klassenkameraden bemerkte Thea, dass er das Zittern seiner Hände zwar hatte unterdrücken können, dass er aber trotzdem noch ziemlich angespannt zu sein schien. 'Er hatte wohl doch Angst um Joey.' sinnierte sie und zog den Jungunternehmer wieder zurück zum Zimmer. Dort angekommen öffnete sie vorsichtig die Tür, schob den Kopf in den Raum und grinste den Verletzten an. "Sieh mal, wen ich gefunden habe!" schmunzelte sie und Joey lächelte leicht. Seto liess sich leise grummelnd in das Zimmer ziehen und nahm auf einem der mittlerweile für die nächtlichen Besucher bereitgestellten Stühlen Platz. "Das hat ja ganz schön lange gedauert, Wheeler." murmelte er und der Angesprochene begann leicht zu grinsen. "Vor... hin... hast Du... mich Joey... ge... nannt." erwiderte er etwas mühsam und der Größere schluckte unmerklich. Sofort wandten die Anderen ihre Aufmerksamkeit ebenfalls ihrem Klassenkameraden zu und sahen ihn interessiert an. "Wirklich?" fragte Thea neugierig, doch sie erhielt keine Antwort. Stattdessen blickte der Brünette genau in die braunen Augen des Verletzten. "Warum? Warum hast Du das getan?" fragte er kaum hörbar und ignorierte dabei vollkommen, dass sie nicht alleine waren. Die Frage brannte ihm seit dem Abend des Vorfalls auf der Seele und er konnte einfach nicht noch länger auf eine Antwort darauf warten. Joey antwortete nicht gleich, sondern sah erst seine Freunde an. "Lasst ihr... uns kurz alleine?" bat er und Thea und Yugi nickten sofort und zogen Duke und Tristan an ihren Ärmeln aus dem Raum, ohne auf die Proteste der Beiden einzugehen. ~~~~~~~ "Was soll das denn werden?" fragte der Braunhaarige leicht ungehalten und sah das vor ihm stehende Mädchen verärgert an. Sie warf einen Blick auf Yugi und Duke, die offenbar ebenso wenig verstanden wie er, und seufzte abgrundtief. Dann winkte sie den Dreien, ihr zu folgen, und liess sich in einem der Aufenthaltsräume auf einen Stuhl fallen. "Seid ihr wirklich so beschränkt? Was glaubt ihr denn, warum Joey das überhaupt gemacht hat, hm?" fragte sie und sah der Reihe nach in ein paar violette, grüne und braune Augen. "Joey mag Kaiba. Mehr als nur ein bisschen. Sagt bloss, ihr habt das noch nicht gemerkt? Dabei ist das doch so offensichtlich, wenn man mal etwas hinter die Fassade kuckt." seufzte sie und winkte ihren drei Freunden zu, endlich Platz zu nehmen. "Und ich glaube, Kaiba mag Joey auch mehr, als er sich eingestehen will. Erinnert ihr euch an das, was die Schwester heute – nein, gestern – Abend gesagt hat? Über den nächtlichen Besucher? Und heute ruft Kaiba bei Yugi an und erzählt ihm, dass er dabei war, als Joey aufgewacht ist. Also bitte, was sagt euch das? Für mich klingt das ziemlich eindeutig." fuhr sie fort, als die Drei sich gesetzt hatten. "Vorhin, als ich Kaiba gesucht habe, habe ich ihn auf dem Balkon gefunden. Er hat geraucht – ausgerechnet er! – und seine Hände haben gezittert. Er hat sich Sorgen um Joey gemacht, versteht ihr? Er muss in den letzten sechs Wochen jede Nacht hier gewesen sein. Begreift ihr, was das bedeutet?" wollte sie wissen und die Jungen sahen sich einen Moment lang gegenseitig ratlos an. "Aber warum hat er, als wir bei ihm waren, so getan, als würde ihn das alles nichts angehen?" fragte Yugi verwirrt und sein Blick wanderte zu Thea. Sie wollte gerade etwas erwidern, doch Duke kam ihr zuvor. "Das hätten wir ihm doch nie geglaubt. Ich zumindest nicht. Er ist in der Schule wie immer, arbeitet wie ein Besessener – ich hätte ihm nicht abgekauft, dass er auch nur ein einziges Mal hier gewesen ist. Aber es erklärt wirklich einiges." sagte er und trommelte nachdenklich seine Fingerspitzen aneinander. "Meint ihr, Joey sagt es ihm jetzt gerade?" wollte er dann wissen und Thea nickte entschieden. "Ganz bestimmt. Deshalb sollten wir die Beiden ja auch alleine lassen. Ich hoffe nur, dass Kaiba auch zu seinen Gefühlen steht. Es war vorhin wirklich nicht zu übersehen, wie fertig er war." "Hoffentlich macht er keinen Fehler – Joey zuliebe." murmelte sie und seufzte erneut. "Geben wir ihnen eine Viertelstunde, dann gehen wir nachsehen, in Ordnung?" schlug sie vor und ihre drei Freunde nickten. Vier Blicke wanderten zu der im Aufenthaltsraum hängenden Uhr und alle drückten ihrem blonden Freund die Daumen. ~~~~~~~ Seto sass noch immer ratlos am Fussende des Bettes und blickte den Liegenden an. Der hatte seine Augen geschlossen und atmete so ruhig, dass der Jungunternehmer glaubte, er wäre wieder eingeschlafen. Dass dem nicht so war, bemerkte er erst, als Joey ihn ansprach. "Komm... her... bitte..." bat er leise und der Größere kam seiner Aufforderung sofort nach und liess sich auf dem Stuhl gleich neben dem Kopfende des Bettes nieder. Ohne sich dessen bewusst zu sein, nahm er wieder die Hand des Verletzten und streichelte sie, wie er es in den letzten sechs Wochen jede Nacht getan hatte. "Warum hast Du das getan, Joey? Warum?" wollte er leise wissen. Der Angesprochene öffnete die Augen und lächelte so, wie er an dem Abend vor sechs Wochen auch gelächelt hatte. Seine braunen Augen suchten die blauen seines Klassenkameraden. "Warum, Joey? Ich verstehe das nicht! Warum?" fragte der Brünette und hielt mit aller Gewalt die Tränen zurück, die schon wieder in seine Augen getreten waren. "Warum? Weisst Du... das wirklich... nicht, Seto?" fragte der Blonde zurück. Der Ältere schüttelte den Kopf und zuckte leicht zusammen, als die warme Hand des Anderen ihm über die Wange streichelte. "Weil... ich Dich... liebe, Seto." murmelte er leise und sein Lächeln wurde noch eine Spur wärmer. "Ich kann doch nicht... zusehen, wie Du... stirbst. Ich... brauche Dich... doch." ~~~~~~~ Seto erwachte, als sich zwei warme Arme von hinten um seinen Hals schlangen. "Du bist schon wieder im Arbeitszimmer eingeschlafen." flüsterte eine leise Stimme an seinem Ohr und der Jungunternehmer lächelte, als er einen Kuss auf den Hals bekam. "Tut mir leid." murmelte er, rutschte mit seinem Stuhl zurück und zog den hinter ihm Stehenden auf seinen Schoss, um ihn umarmen und küssen zu können. "Ich wollte den Vertrag nur noch eben fertigmachen und war wohl doch etwas müder, als ich angenommen hatte." fügte er hinzu und blickte in zwei leuchtende braune Augen. "So was in der Art habe ich mir schon gedacht. Deshalb habe ich ja nach Dir gesehen. Sah aus, als hättest Du einen schönen Traum gehabt; Du hast im Schlaf gelächelt. Muss ich jetzt etwa eifersüchtig werden?" fragte Joey und lächelte den Größeren an. "Höchstens auf Dich selbst." schmunzelte dieser und vergrub seufzend sein Gesicht an dem warmen Hals des Anderen. "Ich habe davon geträumt, was vor zwei Jahren passiert ist." erklärte er dann und spürte, wie der inzwischen neunzehnjährige Blondschopf eine Gänsehaut bekam. "Warum hast Du das damals getan, Joey?" fragte der Brünette und sah auf. Der Kleinere lächelte ihn an – so, wie er es immer tat, wenn der Ältere ihm diese Frage stellte – und strich ihm sanft mit den Fingerspitzen durch das Gesicht. "Das weisst Du doch ganz genau, Seto. Du hast mich das schon so oft gefragt und ich hab Dir jedes Mal die gleiche Antwort gegeben. Ich habe das getan, weil ich nicht zulassen konnte, dass Du stirbst. Ich wollte, dass Du lebst. Weil ich Dich brauche. Weil ich Dich liebe. Und ich würde es immer wieder tun." antwortete Joey und beugte sich nach vorne, um Seto zu küssen – so wie jedes Mal seit mehr als zwei Jahren, wenn dieser ihm diese Frage stellte. ~~~~~~~THE END~~~~~~~ ******************************************************************************** Jahaaaa, das wäre dann auch diese Geschichte. Ich wollte sie schon lange mal schreiben und bin jetzt endlich dazu gekommen (blöde Schreibblockade bei 'Summer'). Hoffe, sie gefällt euch, und würde mich über Kommis freuen. Aber das wisst ihr ja. Man liest sich!!! Karma Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)