Die schöne alte Zeit von abgemeldet (damals beim Kaiser....) ================================================================================ Kapitel 6: Der Ball ------------------- Die Woche war schnell vergangen. Genevieve hatte tatsächlich nichts aus ihrem Bruder herausbekommen. Sooft sie ihn versuchte auszufragen, sooft sie auch Nikolas bedrängte zu reden-sie fand es nicht heraus. Wer sollte die Glückliche sein, die Andreas ehelichen wollte? War es vielleicht sogar ihre Freundin Johanna von Faber, die ihr ihren Besuch beim Herbstball mitgeteilt hatte? Tausend Namen passender Partien gingen ihr durch den Kopf. Und jedesmal wenn sie Emilies traurige Augen sah oder ihr versuchte klarzumachen, dass ihr Bruder vielleicht doch nicht der Richtige für sie sei und sie sich da in etwas verrannt hatte, bat Emilie sie mit ihrem Blick doch wieder herauszufinden was mit Andreas war. Genevieve brachte es nicht über ihr Herz, Emilie zu sagen, dass es eine Andere gab und was ihr Bruder gesagt hatte als er vor einer Woche abends ihr Ankleidezimmer verlassen hatte. Zum ersten Mal war sie feige. Nun war es also soweit. Noch ein paar Stunden, dann würde sie wissen wer die Auserwählte war. Oh, hoffentlich war sie nett! Ihre Zofe kleidete sie gerade an. Genevieve würde ein wünderschönes dunkelblaues Seidenkleid mit goldumwebten Brüsseler Spitzen tragen. Es passte perfekt zu ihren blauen Augen. Als Schmuck trug sie Saphire und in ihren aufgesteckten Haaren steckten blaue Kornblumen. Sie sah aus wie die Töchter des russischen Zarens, ebenso schön. Das Korsett musste noch enger geschnürt werden, Anna, ihre Zofe gab sich redlich Mühe, Genevieve so gut wie sie konnte die Luft zum Atmen weniger werden zu lassen. Als sie dann endlich bereit war, ging sie die Treppen der Eingangshalle hinunter, wo sie schon von ihrem Verlobten erwartet wurde. Mit strahlenden Augen blickte er seiner außergewöhnlich schönen Frau entgegen. Er sah auch sehr gut und schneidig in seiner Ausgehuniform an. Er bot ihr den Arm und brachte sie zur Kutsche. In Gedanken verloren nahm auch Emilie den Arm von Andreas, der gar nicht bei der Sache war und vor lauter Nervosität zuerst in die Kutsche stieg, anstatt Emilie als Dame den Vortritt zu lassen. Das versetzte der ohnehin schon traurigen Schwester von Nikolas einen weiteren Stich ins Herz. Man schwieg sich an während der Fahrt, die Eltern waren in einem anderen Wagen und alle vier jungen Leute waren viel zu aufgeregt beziehungsweise traurig als das ausgelassene Stimmung aufkommen wollte. Als man das Opernpalais in Insterburg erreichte, besann sich Adreas zwar wieder seiner guten Manieren, aber das half auch keinem. Eine ungeheure Spannung lag in der Luft. Als man den riesigen, von Kronleuchtern und Kandelabern erhellten Saal betrat wurden Genevieve und Nikolas sogleich von einigen ihrer Freundinnen und Kameraden umringt, die alle zur Velobung gratulieren wollten. Denn die Verlobungskarten waren schon zwei Tage später verschickt worden, außerdem war eine Annonce in der "Gartenlaube" erschienen. Somit wussten alle Bescheid. Danach machte man die Runde durch den Saal um restliche Gäste zu begrüßen. Nikolas führte Genevieve sogleich zu Carolina von Teuteburg. Diese stand mit ihrem Bruder Georg und ihrer besten Freundin Bianca von Mecklenburg-Strelitz in einer entlegenen Ecke und unterhielt sich. Auch sie hatte natürlich die Anzeige gelesen und eine Karte erhalten. Dementsprechend schlecht gelaunt war sie gewesen. Was hatten die Bediensteten heute am Tag des Balls nur leiden müssen. Carolina von Teuteburg war dafür bekannt nicht gerade sanft mit der Dienerschaft umzugehen. Dennoch hatte ihre eingeschüchterte Zofe ganze Arbeit geleistet. Die Schöhheit Carolinas stand der Genevieves nicht im geringsten nach. Sie hatte ihre mahagoniroten Locken aufstecken lassen und ihre grünen Augen standen in wunderbarer Harmonie zu den grünen Smaragden und dem grünen Samtkleid. Sie sah aus wie eine irische Königin. Die beiden feinen Damen spalteten sozusagen das Lager der Männer-welche war nun die Schönere? Carolina war die Rassigere von beiden, doch Genevieve dafür um Einiges anmutiger. Erstere schaute mitunter sehr mißmutig durch den Saal, so daß einige der anderen Damen erschreckt ihren Blick abwandten, denn niemand hat gern das Gefühl hasserfüllt angestarrt zu werden. Nur Genevieve hielt dem Blick stand. Sie hatte nichts für die herrische Carolina übrig und es kümmerte sie auch nicht, dass sie nicht zu deren Freundeskreis gehörte, im Gegensatz zu den meisten anderen Damen ihres Alters im Saal. Carolina musste sich natürlich stark zusammen nehmen um Nikolas und seiner Verlobten ihre Glückwünsche auszusprechen. Als die beiden vorüber gegangen waren seufzte sie entnervt auf und nahm sich sogleich von dem überall angebotenem Champagner. Dann setzte sie sich mit ihrer Freundin Bianca auf ein Sofa und begutachtete ihre Tanzkarte. Auf einmal lachte sie hell auf. "Sie nur Bianca meine Liebe, Andreas von Troßburg muss einen Narren an mir gefressen haben! Gleich 5 Mal hat er sich eintragen lassen, und sogar den Cortillon möchte er mit mir tanzen! Was sagst du dazu? Ob ich ihn etwas quäle und einige Tänze an jemand Anderes vergebe? Soll er doch dafür büßen, dass Nikolas jetzt mit seiner Schwester verlobt ist!" Bianca von Mecklenburg-Strelitz nickte hoheitsvoll zu Carolinas Worten. Man wank ein paar schneidige Offiziere zu sich, die 4 der 5 von Andreas eingetragenen Tänzen kurzerhand übernahmen, ohne gleich Gewissensbisse zu bekommen. Dann ging man einen kleinen Imbiss zu sich nehmen. Etwas später spielte die Kapelle bereits zum Tanz. Ein Walzer. Während sich die anderen Paare schon auf dem Weg zur Tanzfläche machten, ließ Carolina Andreas einfach stehen und ging mit Oberst Sesemann davon um mit ihm ihre Runden zum Takt der Musik zu drehen. Andreas stand da wie vom Donner gerührt! Um sich nicht vollends zum Gespött der Leute zu machen, ging er zu Emilie, mit der niemand hatte tanzen wollen. Sie war eben zu sehr graue Maus. Kaum einer bemerkte ihre Anweseneit. Zwar freute sie sich mit ihrer heimlichen Liebe zu tanzen, aber dennoch spürte Emilie, das er sie nicht von Herzen gern aufgefordert hatte. Nach einem weiteren Tanz, diesmal mit Genevieves Freundin Johanna von Faber, begann das gleiche Spiel von vorn, Andreas stand wieder allein da und tanzte erneut anstatt mit Carolina, mit Emilie. Zweimal wiederholte sich dieses Spiel noch. Das Resultat war, dass Andreas innerlich vor Wut überkochte, während Emilie sich doch wieder etwaige Hoffnungen machte. Dann kam der Cortillon. Und diesmal tanzte Carolina mit ihm. Rote Rosen war der Blumenstrauß ihrer Wahl gewesen. Sie passten vorzüglich zu ihrer Haarfarbe und der ihres Kleides. Nikolas und Genevieve tanzten diesen Liebestanz natürlich auch miteinander. Emilie war ganz bedrückt das Andreas auf einmal mit einer Anderen tanzte. Sie musste mit Georg, dem Bruder Carolinas vorlieb nehmen. Als dann die Paare über das Parkett schwebten begann man unter sich natürlich während des Tanzes leise zu plaudern. Auch Andreas flüsterte mit Caroline und beide sahen nicht sehr erfreut dabei aus. " Was sollte das vorhin Caroline? Wieso haben Sie mich vor allen anderen Gästen derart in Verlegenheit gebracht? Meinen Sie ich wäre einer ihrer leichtfertigen Verehrer? So irren Sie sich, Sie irren sogar sehr!" Man merkte das Andreas noch immer zutiefst erregt war über die Geschehnisse des Abends. Doch Caroline schien das nicht recht zu interessieren. "Und denken Sie, das ich nachdem mir ihre Schwester in schändlichster Weise meinen Mann weggenommen hat, noch irgendetwas mit der Familie von Troßburg zu tun haben möchte!? Im Gegenteil ich spucke auf Sie und ihre ganze Familie, ich tanze ja überhaupt nur mit Ihnen damit ich Ihnen das auch mitteilen kann!" Da platze Andreas der Kragen. Fest griff er in Carolinas Handgelenke, so dass sie leise aufschrie. Gottlob hörte dies bei der Musik der Kapelle niemand. In seinen Augen funkelte es wutentbrannt. Immer stärker drückte er zu. Dann herrschte er sie mit zusammengebissenen Zähnen an: "Hör mir mal gut zu du verzogenes kleines Biest! Merke dir, niemand, wirklich NIEMAND redet so über meine Familie, meine Schwester oder mich!Hast du das verstanden? Nikolas hat dich nie geliebt, und er hat dir auch nicht den kleinsten Grund zur Annahme gegeben, das du dies denken könntest! Doch du hast ihn dir nun mal in den Kopf gesetzt, und als verwöhntes, herrschsüchtiges Ding, das du leider Gottes nun einmal bist, dachtest du auch, du würdest ihn bekommen. Aber das hat leider nicht geklappt nicht wahr? Du schiebst die Schuld meiner Schwester zu, anstatt den Fehler bei dir selbst zu suchen! Aber gut, du möchtest das du und Nikolas eine Familie seid? Du wirst sehen, dieser eine Wunsch soll dir erfüllt werden, aber nicht in dem Sinne wie du es gern möchtest! ich hätte es gern auf andere Art und Weise getan, aber du zwingst mich zu härteren Maßnahmen!" Erschreckt blickte Carolina ihn an. Ihre Handgelenke schmerzten schrecklich unter seinem harten Griff, und er hatte mit seinen Worten genau ins Schwarze getroffen, dennoch wagte sie angesichts seines Gemütszustandes nicht zu widersprechen. Als der Tanz endete, hoffte sie sich endlich von Andreas entfernen zu können, doch er hielt sie an einer Hand mit eiserner Kraft fest. Als einige Diener wieder Champagner herumreichten, nahm er sich zwei Gläser, reichte ihr eines, nahm sich einen Löffel und ließ den Klang des Glases durch den Tanzsaal klirren. Alles wurde ruhig und blickte in seine Richtung. Dann begann Andreas seine Rede. " Liebe Gäste, meine lieben Freunde und meine liebste Mutter. Ich weiß, dass dies nicht mein Fest ist und ich möchte mich nicht aufdrängen. Doch es gibt noch einen weiteren Grund zum Feiern. Fräulein Carolina von Teuteburg hat soeben darin eingewilligt, meine liebe Frau zu werden. Darauf lasst uns unsere Gläser erheben! Sehr zum Wohl!" Damit hielt er sein Glas in die Höhe und stieß dann gegen das der völlig weiß und starr gewordenen Carolina. In einer Ecke des Saales fiel das Glas von Genevieve aus deren Hand und ging zu Bruch. In der anderen Ecke des Saals fiel Emilie von Livenland in Ohnmacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)