Highschool-Blues von cork-tip (Portrait of life) ================================================================================ Kapitel 8: Herzkönigin / 2 -------------------------- Auch wenn vielleicht keiner mehr daran geglaubt hat: Es gibt mich noch! Ich hatte in letzter Zeit nur ein bisschen zu viel um die Ohren, um an dieser FF weiterzuschreiben... Sorry, ne? Dafür heißt es jetzt: The party continues! Seid gespannt, was da noch so alles passiert...^^ Es geschah irgendwann zwischen dem dritten und vierten Glas, dass Kaorus Augen glasig wurden und seine Wahrnehmung begann, sich zu verändern. Er kam sich irgendwie... unbeteiligt vor. Gerade so, als hätte irgendetwas seinen Körper vollständig von seinem Geist getrennt und zwei parallel existierende und handelnde „Welten“ geschaffen, die gänzlich unabhängig voneinander waren. Seine Gedanken schienen kaum mehr Einfluss auf das zu haben, was er tat. Ein seltsames Gefühl... So war es also, wenn man drauf und dran war, betrunken zu werden... Nun, eigentlich hatte er das ja gar nicht vorgehabt, aber Toshiya drückte ihm immer und immer wieder ein neues Glas in die Hand, sobald er das alte geleert hatte, und war nicht willens, irgend eine Form von Widerspruch zu hinzunehmen, geschweigedenn zu respektieren. Und wenn er sich mit dem Austrinken zu viel Zeit ließ, so wurde ihm unbarmherzig nachgeschenkt. Aoi betrachtete das ganze mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen und natürlich... schweigend. Es freute ihn, dass sich seine beiden Freunde so gut verstanden. „... Und dann hab ich auch noch den Bus verpasst! Das war so ‘ne Scheiße, ich musste den ganzen Weg zu Fuß laufen! Und als ich endlich zu Hause war, war es schon nach sechs Uhr morgens, meine Füße haben gebrannt wie Feuer und ich konnte vor Müdigkeit kaum mehr gerade stehen. Aber wenigstens war ich wieder vollständig nüchtern!“, beendete Toshiya seinen mittlerweile schon mindestens zehn Minuten andauernden Monolog mit einem überzeugend gequälten Gesichtsausdruck. Kaoru lachte. Das heißt, er lachte nicht einfach nur, er erstickte beinahe vor lauter lachen und führte sich auf, als hätte er soeben den Witz des Jahrtausends gehört. Infolge dessen konnte sich Aoi ein Grinsen nicht verkneifen. Wer über Toshiyas idiotische Erlebnisse dermaßen lange und ausdauernd lachte, musste schon ziemlich betrunken sein. Er würde Kaoru wohl bald sagen, dass er mit dem Trinken aufhören sollte, schließlich schien er nicht besonders viel zu vertragen. Und er wollte möglichst verhindern, dass er in diesem Zustand irgendeine Dummheit beging, die er später bereute. Ihm als aufmerksamem Beobachter war schon längst aufgefallen, dass Kaoru außergewöhnlich viele Blicke zugeworfen wurden. Ja, er wurde fast so exzessiv angestarrt wie Sakito gewöhnlicherweise. Und verdenken konnte man es den Leuten Aois Meinung nach nicht einmal. Er fürchtete allerdings, dass aus den Blicken Berührungen und aus den Berührungen mehr werden könnte, wenn Kaoru erst einmal betrunken genug war, um so etwas zuzulassen. Und dieser Moment war vermutlich nicht mehr allzu weit entfernt. Zumindest wenn man nach Sakito ging, und Kaoru war eben jenem an diesem Abend leider erschreckend ähnlich. Allerdings befürchtete Aoi nicht, dass Sakito ein dauerhaftes psychisches Problem davontragen würde, wenn er kotzend über dem nächsten Gartenzaun hing. Und er würde auch keinen Herzinfarkt erleiden, wenn er am nächsten morgen nackt in einem fremden Bett erwachte. Kaoru hingegen schien so etwas wie Schamgefühl allerdings tatsächlich noch zu kennen und deshalb sah Aoi es als seine Pflicht an, ihn vor Peinlichkeiten jeglicher Art so gut es ging zu bewahren. Aoi tauchte erst wieder aus seinen tiefgründigen Überlegungen auf, als ihn jemand am Ärmel zupfte. Etwas irritiert drehte er sich um und sah, dass es Shinya war. Natürlich. Wer sonst war kindisch genug, um auf sich aufmerksam zu machen, indem er jemanden am Ärmel zupfte? Sanft lächelnd blickte Aoi in Shinyas tränenglänzende Augen. Moment mal... Tränenglänzend? Erschrocken über diese Erkenntnis wusste Aoi erst einmal nicht so recht, was er sagen sollte. Statt dessen nahm er Shinya etwas genauer in Augenschein: Seine Wangen waren leicht gerötet, die Augen seltsam glasig und vom rechten Augenwinkel bis hinab zum Kinn zeichnete sich eine dünne, feuchte Linie ab. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er mindestens eine Träne vergossen hatte. Zudem wirkte er irgendwie besorgt... „Was ist denn los, Shin-chan?“, erkundigte sich Aoi, laut genug, dass Shinya ihn trotz des nicht zu verachtenden Lärmpegels um sie herum verstehen konnte, und doch einfühlsam. Gerade Shinya traurig zu sehen, versetzte ihm wie immer einen Stich ins Herz. Er sollte nicht weinen, das hatte er nicht verdient. Schließlich war er einer der niedlichsten und liebenswertesten Menschen in seinem Umfeld... „Ich... Ich...“, jammerte Shinya. „Na los, sag schon!“ „Ich kann Kaoru nicht mehr finden!“, schluchzte er verzweifelt. „Ich hab ihn fast sofort verloren und suche ihn seit Stunden! Aoi, bitte hilf mir! Ich fühl mich irgendwie verantwortlich für ihn...“ „Aber Shin-chan!“ Gerade wollte Aoi ihn fragen, ob er denn blind war, weil er Kaoru nicht einmal sah, wenn er keine vier Meter von ihm entfernt stand, doch dann fiel ihm auf, dass momentan sowohl er selbst, als auch Toshiya den Blick auf den Gesuchten versperrten. Das war einfach zu typisch für Shinya! Um alles und jeden machte er sich Sorgen, wenn sie auch noch so unbegründet waren. Kaoru war schließlich alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Vielleicht... Trotzdem war er einmal mehr gerührt von Shinyas Verhalten. Sanft fuhr er dem Blonden durchs Haar und lächelte beschwichtigend. „Keine Angst!“, meinte er. „Kao ist hier, bei mir, und es geht ihm den Umständen entsprechend gut.“ „D-den Umständen entsprechend?“ Shinya sah ihn aus großen, braunen Augen erschrocken an. „Ja!“ Aoi lachte leise. „Toshiya textet ihn seit mindestens anderthalb Stunden ununterbrochen zu.“ „Toshiya?“, fragte Shinya und ein begeistertes Glänzen trat in seine Augen. „Totchi ist da?“ Aoi nickte sanft. Er hatte schon erwartet, dass Shinya freudig überrascht sein würde, wenn er von dessen Anwesenheit erfuhr. Die beiden verstanden sich wirklich außerordentlich gut und freuten sich über jede einzelne Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, wenn sie sich auch fast täglich in der Schule über den Weg liefen. „Bitte entschuldige mich, Aoi“, meinte Shinya noch, dann schob er ihn auch schon beiseite, trat unbemerkt hinter Toshiya und umarmte ihn von hinten, ein glückliches Grinsen auf dem Gesicht. Überrascht zuckte Toshiya zusammen und unterbrach augenblicklich seinen erneuten Monolog. Bevor er sich allerdings umdrehen konnte, hörte er ein erschrockenes „Shinya!“ von Kaorus Seite, sodass er sich nicht weiter wundern musste, wer ihn da so hinterrücks überfallen hatte. „Guten Abend, Shin-chan!“, lachte er, hatte das bisherige Opfer seines Redeflusses bereits vergessen. So impulsiv heute?“ Shinya ließ Toshiya los, stellte sich demonstrativ vor ihn hin und schmollte, was sein Gegenüber dazu veranlasste, ihm liebevoll lächelnd durchs Haar zu wuscheln. Kaoru wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Wo war die Flutwelle von Worten so plötzlich hingeraten, die bis vor Sekunden noch seine Ohren durchspült hatte? Irgendwie verstand er das alles nicht so recht... Und wieso war Shinya auf einmal wieder da? Er hätte sicherlich jede einzelne dieser Fragen gestellt... Wenn, ja, wenn ihn noch jemand beachtet hätte! Doch irgendwie schien er von einer Sekunde auf die andere vollkommen in Vergessenheit geraten zu sein... Seltsamerweise kümmerte ihn diese Tatsache überhaupt nicht. Ein dumpfes Gefühl der Gleichgültigkeit hatte von ihm Besitz ergriffen, und so entfernte er sich langsam von Shinya und Toshiya und näherte sich langsam aber beständig dem Pool, an dessen Rand er sich schließlich setzte, die Schuhe auszog und seine Füße im Wasser baumeln ließ. Ab und zu nippte er an seinem schon wieder fast leeren Glas. Dabei entgingen ihm Aois beobachtende Blicke völlig... Versunken in die Beobachtung der Tausendfachen Reflexionen des silbernen Mondlichts auf der sanft gekräuselten Wasseroberfläche, bemerkte Kaoru nicht, wie jemand hinter ihn trat. Erst die sanfte Berührung zweier Hände auf seinen Schultern holte ihn teilweise aus seiner Apathie hervor. Die Person hatte setzte sich hinter ihn und umschlang ihn zärtlich mit beiden Armen. Er konnte fremden Atem ganz nahe an seinem Hals spüren; nicht mehr als ein warmer Luftzug und doch so real, dass er beinahe greifbar schien. Kaoru sagte kein Wort. Selbst, als sich eine der Hände in sein Haar verirrte, während die andere vorsichtig über seinen Arm streichelte, blieb er stumm. Er machte sich nicht einmal Gedanken darüber. Diese Leere, diese völlige Gleichgültigkeit, machte es ihm unmöglich... „Bist du einsam, Kao-chan?“ Leise wurden die Worte in sein Ohr gehaucht. Ihn überlief eine leichte Gänsehaut. Im Wasser vor ihm waren nun zwei Spiegelbilder zu erkennen. Genauso surreal wie ihm die ganze Welt im Augenblick erschien... Und plötzlich hatte er die absolute Gewissheit, dass er ihn küssen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)