Deep blue Sea... von Venka ================================================================================ Kapitel 5: Erwachen... ---------------------- So! Osterzeit, Fanfic-Zeit könnte man bei mir schon fast sagen! Nummer 2 im heutigen Upload-Reigen ist "Deep blue Sea..." aber mindestens eine wird an diesem schönen Freitag noch folgen! Ich wünsch euch viel Spaß und frohe Ostern! Eure Venka ------------------------ 05 – Erwachen... Langsam schlug Kai seine Augen auf und er benötigte einige Sekunden, um sein verschwommenes Sichtfeld wieder klar zu bekommen. Das erste, was er in seiner Umgebung wahrnahm war ein blaugrün schimmerndes Licht, dass von allen Seiten gleichzeitig auf ihn einstrahlte und ihn vollkommen zu umgeben schien. Vorsichtig drehte er seinen Kopf um sich umzusehen, doch alles, was er erblicken konnte, waren vier kahle, ebenfalls blaugrün schimmernde Betonwände. Die hohe Decke des seltsamen Raumes war dunkel und schien merkwürdig unruhig zu sein, fast so, als bestände sie aus keinem festen Material. Wenn man sie lange genug ansah und sich von den Bewegungen ablenken ließ, bekam man das Gefühl, ein oder zwei Gläser zuviel getrunken zu haben, was die Orientierung in dem merkwürdigen Raum nicht gerade erleichterte. Noch dazu kamen diese verfluchten Schmerzen in seinem Körper, die auch, wie es schien, Stunden nach der mörderischen Tortur in dem seltsamen Laborraum nicht aufhören wollten und ihn weiterhin verfolgten, indem sie sich quer durch seinen gesamten Körper zogen. Leise fluchend stützte sich der Grauhaarige auf seinen Arm und atmete dann einmal tief durch. Das durch die Bewegung sofort einsetzende Stechen an seinen Schulterblättern und der oberen Hälfte seiner Wirbelsäule sowie das vollkommen ungewohnte Gefühl an seinem Hals ließen den Jungen stutzen. Sein Blick wanderte noch einmal durch den merkwürdigen Raum; er glitt über die kahlen Wände sowie den ebenso trist wirkenden Fußboden und von da aus über seine Arme und seinen Körper. Von einer Sekunde auf die andere wurden seine Augen weit vor Schreck. Jetzt, da er wieder einigermaßen klar im Kopf war, konnte er das Ergebnis dieser qualvollen Verwandlung seines Körpers sehen: Große Hautflügel, die an seine Schulterblätter anschlossen und die, wie es schien, zusammengefaltet hinter seinem Rücken ruhten, sowie Knochenklingen an seinen Ellbogen und ein kräftiger, etwas mehr als 1,80 m langer Schwanz, der den Platz seiner Beine eingenommen hatte. Dazu kam die Hautverfärbung an seinen Unterarmen, die in ihrer Form verdächtige Ähnlichkeit mit den Armschonern hatte, die er ständig trug. Wie auch die Hautflügel schimmerten der Schwanz und die Haut an seinen Unterarmen in einem kräftigen dunkelblau. Mit Mühe gelang es dem Jungen eine panikartige, rasche Bewegung und damit nachfolgende noch stärkere Schmerzen zu verhindern. Jetzt hieß es erst einmal ruhig bleiben und nachdenken, auch wenn es in anbetracht der Situation mehr als schwer war, sich selbst und seine aufgewühlten Reflexe zu beherrschen. Das Ruhigbleiben gelang ihm zumindest körperlich. Dafür zitterte er heftig und sein Herz schlug so schnell und stark als wollte es ihm die Brust zersprengen. Er war, soweit er es hatte sehen können, zu einer Mischung aus Mensch und Mantarochen mutiert. Das zog nach sich, dass er sich nicht in irgendeinem Raum sondern in einem Wasserbecken befand, was auch die sich bewegende Decke und das grünlich schimmernde Licht erklären würde. Ebenso ließ sich durch die sichtbare Mutation das seltsame Gefühl an seinem Hals erklären, dass jedes Mal entstand, wenn er Atem holte. Er war nun gezwungen, durch Kiemen Sauerstoff aus dem ihn umgebenden Wasser zu filtern, um nicht zu ersticken. So weit so gut nun wusste er, wo und was er war. Aber wo waren Tala und Ray? Und womit ließ sich das plötzliche Alarmsignal begründen, dass sein neuer Körper plötzlich ausgelöst hatte? Wasser leitete Bewegungen viel besser weiter als Luft und das Wasser um ihn herum war definitiv in Bewegung. Das konnte nur eines bedeuten: er war nicht allein, aber was sich da genau mit ihm in diesem Becken befand, konnte er nicht feststellen, denn es entzog sich durch rasche Bewegungen immer wieder seinen suchenden Blicken. Nun gab es in einem Meereskundemuseum, so er sich denn noch dort befand, die verschiedensten Möglichkeiten über einen eventuellen Mitbewohner in diesem Becken. Und Kai traute es seinen mehr als irren >Gastgeber< durchaus zu, dass er ihm einen Hai als Gesellschaft ins Becken gesteckt hatte. Der Grauhaarige fror, als er erneut bemerkte, wie sich etwas hinter ihm bewegte, doch als sein Kopf in diese Richtung zuckte um die Ursache herauszufinden, war da längst nichts mehr, das er hätte entdecken können. Was auch immer es war, es war schnell und geschickt genug, sich nicht entdecken zu lassen. Er fühlte sich in der Mitte dieses Beckens wie auf dem Präsentierteller. Und unbewaffnet und vollkommen unerfahren im Umgang mit dem neuen Körper würde er gegen irgendeinen Raubfisch im Falle eines Angriffes nur sehr geringe Chancen haben. Wieder war da diese Bewegung hinter ihm. Diesmal wesentlich näher als die beiden anderen Male. Und genau das gefiel dem jungen Russen ganz und gar nicht. Kai wusste, dass derjenige, der schneller reagierte, in diesem Becken am Leben bleiben würde, falls es zu einem Angriff kommen sollte. Er hatte den Schatten seines Gegners gesehen und diesem Schatten nach zu urteilen handelte es sich tatsächlich um einen Hai oder zumindest irgendetwas in dieser Richtung. Schwimmend zu flüchten konnte er gleich vergessen, dazu taten ihm erstens die Schultern noch zu weh und zweitens hatte er ohnehin keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Da half vom Prinzip her nur noch eines: Das Prinzip der freien Wildbahn, fressen oder gefressen werden! Kaum dass er die Bewegung hinter sich erneut spürte, drückte er sich mit beiden Armen vom Boden ab und ließ seinen mit einer rasiermesserscharfen Spitze versehenen Rochenschwanz wie eine Peitsche auf seinen Gegner zuschnellen. Ein erschrockener Aufschrei war die Antwort auf den plötzlichen Angriff. „Hey sag mal tickst du noch ganz richtig?“, motzte eine Stimme, die Kai nur zu gut kannte. „Ich wollte schließlich nur sehen, ob du noch lebst!“ Überrascht fuhr der Rochenjunge herum. „Tala?“ „Ja...“, war die knurrige Rückantwort. Der Rothaarige lag jetzt, nach seinem überstürzten Ausweichmanöver, gute zwei Meter von Kai entfernt in leicht verdrehter Haltung auf dem Beckenboden. „Das hat man jetzt davon!“, fluchte er ungehalten. „Da macht man sich ein Mal Sorgen um Andere und DAS ist dann der Dank! Mann, du hättest mir gerade fast den Hals aufgeschlitzt!“ „Tut mir leid, ich dachte nur... – Ich meine ich wär nicht scharf drauf gewesen, mich von nem Hai vernaschen zu lassen.“, war Kais Antwort und für einen kurzen Moment schwang Schuldbewusstsein in seiner Stimme mit. Tala verzog das Gesicht. „Ich hatte nicht vor, dich aufzufressen. Es mag sein, dass ich jetzt ein totaler Freak bin, aber ich weiß schon noch, wer Freund und wer Feind ist!“, belehrte er den Grauhaarigen, auch wenn er vom entschuldigenden Tonfall seines Gegenübers mehr als nur überrascht war. „Das möchte ich mir auch verbeten haben und ich hoffe stark, dass du noch weißt, dass ich nicht dein Gegner bin...“, gab Kai zurück und richtete sich auf, so gut es mit dem neuen Körper eben ging. Dies gestaltete sich etwas problematisch, da er sich nicht wirklich hinknien konnte und mit der Steuerung des Rochenschwanzes in nicht instinktgetriebenen Situationen arge Probleme hatte. Schließlich jedoch schaffte er es in eine halb sitzende Position, auch wenn er sich mit den Armen abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sein Leidensgenosse stieß sich vom Beckenboden ab und begann wieder, ihn zu umkreisen, was diesem einen guten Blick auf Talas neuen Körper ermöglichte. Wie auch bei Kai war bei dem Rothaarigen bis auf den Oberkörper nichts mehr übrig geblieben, was auch nur im Entferntesten an einen Menschen erinnerte. Von den Hüften an abwärts zog sich eine seltsame dunkelgraue Hautveränderung über den Rest des schlanken Körpers, dessen untere Hälfte nun die eines Hais war und die demzufolge in einer großen, senkrechten Flosse endete. Dazu kamen unübersehbar die Kiemenschlitze am Brustkorb und eine dreieckige Flosse in Höhe der Lenden auf dem Rücken. Kai schluckte hart und für einen Moment vergaß er, dass er mit ihm das Schicksal teilte. Was trieb einen Menschen, den sie nicht mal kannten, dazu, Tala das anzutun und ihn zu einer Mischung aus Mensch und Hai mutieren zu lassen? Aber mochte das Wesen vor ihm so grotesk aussehen, wie es wollte, irgendwie passte der neue Körper zu dem rothaarigen Russen; er unterstrich die nahezu unheimliche Ausstrahlung, die der Junge schon immer an sich gehabt hatte. Und wie es schien kam Tala mit der Steuerung der Schwanzflosse ganz gut zurecht. Die Stimme seines ehemaligen Trainingspartners holte Kai aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit zurück. „Dein Rücken... – War es... – ...sehr schmerzhaft...?“ Der junge Halbrusse riss seine rubinroten Augen auf und ein Zittern durchlief seinen Körper, als er die verhältnismäßig kühle Hand es Rothaarigen auf den Flügelansätzen spürte. Wie auf Kommando und ohne dass er es beabsichtigt hatte oder gar noch etwas sagen konnte, öffneten sich die Flügel zu ihrer vollen Spannweite von 4 Metern und eine schnelle Bewegung später befand sich Kai in einer Schwebeposition über Tala, der ihn mit großen Augen anstarrte, als hätte er mit dem Grauhaarigen gerade den Leibhaftigen persönlich gesehen. Das silbergraue, mit verschnörkelten Linien gezeichneten Flammen recht ähnliche Muster auf Kais Brust schillerte, als der Junge ähnlich einem großen Vogel an einer der Lampen vorbeiglitt. Ohne das Licht war das Muster nicht sichtbar und schien der neuen Form des Jungen ein weiteres Stück Menschlichkeit zu rauben. Er konnte Talas Blick auf sich spüren, doch das interessierte ihn nicht wirklich. Vorerst genoss er das Gefühl der Freiheit, dass ihm sein neuer Körper vermittelte, trotz dass er in einem Wasserbecken eingesperrt war. Immerhin war nun für ihn das Gesetz der Schwerkraft bedeutungslos. Er konnte sich frei im Raum bewegen, außer den vier ihn einengenden Wänden gab es keine Hindernisse mehr. Es war purer Instinkt gewesen, dass er vor Tala weggeschwommen war. Immerhin waren Haie Raubfische. Die plötzliche Berührung der ohnehin noch schmerzenden Schultern hatte den Reflex ausgelöst. Und die Angst vor dem nahen potentiellen Feind. ‚Was wenn Tala seine Instinkte auch nicht unter Kontrolle hat? Was, wenn sein neuer Körper genau so automatisch reagiert, wie es meiner tut...‘, schoss es Kai durch den Kopf, als er den Rothaarigen beobachtete, der mittlerweile, wie es aussah leicht gelangweilt, auf dem Beckenboden lag und desinteressiert an die Wand starrte. Haie griffen Feinde zwar nur an, wenn diese sich ruckartig bewegten und das zu verhindern hatte Tala wohl noch genug Kontrolle über den Hai in sich. Aber, wie er bei der Führung durch das Museum mit einem Ohr mitbekommen hatte, war es eine Eigenart dieser Fische, besonders aggressiv zu werden, wenn sie Blut im Wasser spürten. Noch war diese Gefahr wohl gebannt, da weder Kai noch Tala eine offene Wunde hatten, aber es genügte eine falsche Berührung mit Talas rauer Haihaut und schon war die Katastrophe vorprogrammiert. Denn dann gewann derjenige, der sich schneller bewegte und den anderen durch seine Ausdauer müde machen konnte. „Sag mal hast du eine Ahnung wo Ray ist?“, unterbrach Tala Kais Gedanken. Der Grauhaarige glitt nach unten und blickte den Russen ernst an. „Nein, leider. Als ich ihn das letzte Mal sah, war er in diesem Laborraum an die Wand gefesselt und ich... – Tala, ich mach mir Sorgen um ihn...“ „Ich mir ehrlich gesagt auch...“, gab der Rothaarige zu. „Ich meine... – Sieh uns an. Wer weiß, was sie mit ihm angestellt haben!“ Dann stutzte er und blickte hinauf zur Wasseroberfläche. Diese war in Bewegung geraten, fast so als hätte jemand einen Schwall Wasser ins das Becken gekippt. Kai folgte dem Blick beunruhigt und verdrängte die aufkommende Frage, weswegen sich Tala Sorgen um Ray machen sollte. Seine Augen suchten aufmerksam die Oberfläche ab, konnten aber nichts entdecken, was einen Aufschluss über die Unruhe im Inneren des Beckens geben konnte. Sie waren noch immer allein in ihrem nassen Gefängnis. „Ich werd mal nachsehen, was das war.“, bot sich Tala an und schwamm langsam in Richtung der Oberfläche. Kai ließ ihn gewähren, er hätte ihm ohnehin keine Anweisungen geben können; der Rothaarige hätte um keinen Preis in der Welt auf ihn gehört oder sich von ihm etwas vorschreiben lassen. So beschränkte er sich darauf, ihm nachzusehen und auf die Rückmeldung zu warten. Doch mitten auf dem Weg nach oben hielt Tala plötzlich inne. Sein Körper zitterte und er konnte das neue, plötzlich aufkommende Gefühl, dass seinen Körper zu übermannen drohte, nicht einordnen. Es ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen; unruhig schwamm er in der Höhe, in der er sich jetzt befand, ein paar Mal im Kreis. Er blickte noch einmal unschlüssig zur Wasseroberfläche und dann hinunter zu der Stelle, an der er Kai verlassen hatte und wo dieser noch immer wartete. ‚Was ist das... – ...für ein Gefühl...?‘, war der letzte klare Gedanke, den der rothaarige Junge noch fassen konnte, bevor die automatische Reaktion seines neuen Körpers seinen menschlichen Verstand ausschaltete. Unruhig beobachtete Kai, wie Tala im Wasser stehen blieb und auf einer bestimmten Höhe einige Kreise drehte. ‚Was hat er denn nur? – Da stimmt doch was nicht...‘, schoss es dem Grauhaarigen durch den Kopf. Und als wollte das Schicksal seinen Worten recht geben, kam Tala in der nächsten Sekunde auch schon einem Torpedo gleich von oben auf ihn zugeschossen. Nur mit Mühe gelang Kai das Ausweichen indem er sich zur Seite abrollte, was Tala aber nicht daran hinderte, sich am Boden abzustoßen und jeder noch so kleinen Ausweichbewegung zu folgen. Und der Rothaarige war im Moment klar im Vorteil. Kai hatte seinen Körper nicht mal ansatzweise unter Kontrolle, was das Ausweichen nicht wirklich leichter für ihn machte, während Tala durch irgendetwas tief in seinem Innersten gesteuert zu werden schien. Jetzt hieß es sehr schnell lernen, oder es war aus mit ihm. „Hör auf! Was ist denn los mit dir!“, blaffte Kai ihn an, nachdem er wieder nur mit Mühe hatte ausweichen können und schon glaubte, die raue Haut vom Fischschwanz seines Gegenübers an seiner Brust spüren zu können. Tala antwortete jedoch nicht; er drehte sich nur um und kam erneut mit einer erschreckenden Geschwindigkeit auf ihn zu. Mit deutlich sichtbarer Furcht in seinen roten Augen erkannte er, dass Talas seltsames Verhalten eigentlich nur mit der Bewegung im Wasser von vor ein paar Minuten zusammenhängen konnte. Womöglich hatten die seltsamen Mantelträger etwas damit zu tun und es war ganz und gar nicht unmöglich, dass dabei irgendwie Blut ins Wasser gekommen war. Nun reagierten Talas neue Haiinstinkte von allein und trieben den Jungen zum unerbittlichen Angriff auf seine vermeintliche Beute. Kai wusste, dass sich dieser Antrieb nicht nur auf die Instinkte des Hais stützte sondern auch auf Talas Hass auf ihn, der tief im Inneren des Rothaarigen ruhte. Vor ein paar Monaten hätte Tala jede Gelegenheit ergriffen um den verhassten Enkel des Biovoltpräsidenten zu töten. Und nun nutzte der Hai in dem Jungen diesen Hass aus um jeden noch so kleinen Funken Gegenwehr seitens seines Wirts zu unterdrücken. Der Grauhaarige keuchte auf, als er mit seinen Schultern erneut unsanft den Boden des Beckens berührte. Lange würde er diese permanenten Ausweichmanöver, welche die Jagd quer durch das Becken nach sich zog, nicht mehr durchhalten, das wusste er mehr als genau. Seine Schultern brannten nicht nur von den ungewohnten Bewegungen sondern auch von den unsanften Bodenkontakten, die gerade erst ausgebildete Muskulatur der Flügel war noch nicht stark genug für eine solche Hetzjagd und außer Atem war er sowieso. Und wie lebensbedrohlich die Situation mittlerweile war, bemerkte er nicht erst als der Rothaarige ihn ein weiteres Mal rücklings zu Boden warf und dann mit Unheil verkündendem Blick auf ihn zu kam. „Also jetzt hört der Spaß auf!“, knurrte Kai mit schmerzverzerrter Stimme. „Such dir einen anderen Fisch den du fressen kannst, ich bin doch nicht dein Frühstück!“ Tala, der da ganz und gar anderer Meinung zu sein schien, kam trotz dieser Warnung näher heran. Seine Augen glitten über den Körper seines Gegenübers. Offenbar suchte er nach einer Stelle, an der er seine Beute am besten packen konnte. Aber Kai dachte nicht ans Aufgeben. Sein Angreifer war unkonzentriert, dass konnte er deutlich sehen. Vielleicht war dies die einzige Chance, sich erfolgreich zu wehren. Mit den Worten: „Na dann komm her, Fischlein!“, stieß er sich halb vom Boden ab und wickelte das Ende seines Rochenschwanzes um Talas Hals. Überrascht und vor allem mordlustig funkelte dieser seinen Kontrahenten an. Seine Hände griffen nach dem ihn vom Ziel seiner Begierde weg drückenden Fischschwanz und schon drohte Kai erneut in die Defensive gebracht zu werden. Wenn Tala jetzt aus seiner Umklammerung freikam, brauchte er nur noch zubeißen und hatte sein Ziel erreicht. Doch auch der Halbrusse hatte seine Trickkiste noch nicht ausgeschöpft. Da er mit dem Oberkörper immer noch Bodenkontakt hatte, waren Schwerkraft und Auftrieb auf seiner Seite. Und zwei Meter hinter ihm befand sich die Beckenbegrenzung. Jetzt hieß es nur, schnell genug reagieren. Es war eine einzige, schnelle Rückwärtsrolle, die das Duell für den Rochenjungen entschied. Er schleuderte Tala mit all seiner verbliebenen Kraft an die Beckenbegrenzung und dieser verlor durch den heftigen Aufprall erst einmal das Bewusstsein; er sank auf den Beckenboden und blieb dann regungslos liegen. Schwer atmend ließ auch Kai sich auf den Beckenboden zurücksinken. Niemals hätte er gedacht, dass in Talas schlankem Körper so eine Unmenge von Kraft steckte. Er drehte den Kopf und blickte zu dem hinter ihm liegenden Jungen. Er war sich sicher, dass dieser den Angriff so nicht gewollt hatte und dass er alles nur erdenkliche versucht hatte, sich gegen das Tier in ihm zur Wehr zu setzen. Zwar vergeblich, aber dennoch war alles noch einmal gut gegangen. Seufzend blickte er zur Wasseroberfläche, deren helle Farbe ihm zeigte, dass es inzwischen wohl schon wieder Tag war, oder zumindest, dass der neue Tag gerade anbrach. Das bedeutete, dass nun schon mehr als 12 Stunden seit ihrer Entführung vergangen sein mussten und demzufolge Judy und die anderen ihr Verschwinden längst gemerkt hatten. Womöglich suchten sie bereits nach ihnen, aber würden sie ihn und Tala hier finden? Wenn ja, was würden sie über den Zustand der beiden Jungen sagen? Und was war mit Ray? Wo war der junge Chinese und was hatten diese Verbrecher mit ihm angestellt? Kai wusste nicht, wie lange er bewusstlos gewesen war und es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, seit er in dem Laborraum das Bewusstsein verloren hatte. Alles, an was er sich noch erinnerte, war das Reißen seiner Haut, als sich seine neuen Flügel ihren Weg nach außen gebahnt hatten. Danach wurde alles schwarz und die Erinnerungen versanken in tiefem Nebel. Auch hatte er keine Ahnung, wie lange eine solche qualvolle Metamorphose dauerte. Womöglich war das alles schon mehrere Stunden her und wenn Ray noch immer nicht bei ihnen war, dann konnte dies nur bedeuten... Der Grauhaarige schüttelte den Kopf und versuchte, die aufkommenden Gedanken zu verdrängen. Seine Gedanken kreisten um den Teamkameraden, den er hilflos hatte zurücklassen müssen. Aber all diese Überlegungen halfen nichts. Er schalt sich in Gedanken, dass dies alles niemals passiert wäre, wenn er nur besser aufgepasst hätte. Kai wusste zwar, dass es falsch wahr, sich die Schuld an dem, was passiert war, zu geben und fast schon glaubte er Rays Stimme zu hören, die ihn tadelte, dass er sich nicht immer für alles verantwortlich fühlen sollte. Denn an all dem war nur dieser Wahnsinnige schuld, der ihnen das angetan hatte. Derjenige, der dafür verantwortlich war, dass Tala nun zur Hälfte ein Hai und er zur Hälfte ein Mantarochen war. Und derjenige, der jetzt Ray auf dem Gewissen hatte... --------------------- PS: Auch an die Freischalter viele Ostergrüße! Euch gehts wie mir, ihr "müsst" heute auch arbeiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)