Schicksalskinder von Schreiberling (Mein erster WB-Beitrag) ================================================================================ Kapitel 5: Das Reich der Schatten --------------------------------- Hi und hier ist Teil 5. ------------------------------------------------------------------------------- Alle Dinge haben eine Schattenseite. Nichts bringt nur Gutes....und jedes Mal, wenn etwas Böses geschieht, wird etwas Gutes es irgendwo wieder aufwiegen. Das ist der Lauf der Dinge........ ......und du mein Schatz, du gehörst auch dazu. Jeder hat eine ganz bestimmte Aufgabe in dieser Welt zu erfüllen. Dein Name ist kein Zufall. Aber sei unbesorgt. Ich weiß, dass du nie jemandem schaden könntest und daher haben die Götter dich sicher ausgewählt, um etwas Böses aufzuwiegen. Da bin ich ganz ganz sicher. „Aber woher weißt du das?“, flüsterte eine zweifelnde Kinderstimme leise. Aber, mein Schatz. Wer soll es denn sonst wissen, wenn nicht ich, als deine Mama? Na? Seth stand mit einem Ruck auf. Doch als er sich umblickte, wurde ihm schnell klar, dass er nur geträumt hatte...und schon in den nächsten Sekunden wäre er am Liebsten in diesen Traum zurückgekehrt. / Wo........ / Tja. Wo genau er sich nun befand, war ihm absolut nicht klar. Das hier war nicht der dunkle Raum, indem er ohnmächtig geworden war. Es war genau genommen gar kein Raum in dem Sinne, sondern ein Nicht-Raum. Es gab keine Wände, keine Grenzen, die man sehen konnte. Es war alles unendlich weit, sowohl um ihn, als auch über und unter ihm. Kein Boden. Keine Decke. Seth sah nach unten, wo er hockte. Er musste den Angstimpuls zu fallen unterdrücken. Das war mehr als unheimlich. Solch ein Ort hätte nicht existieren dürfen und doch tat er es. Er schien den verwirrten Jungen geradezu auszulachen. Seth wusste zwar nicht, wo er war, aber er wusste, dass er besser nicht hier sein sollte. Verzweifelte Kinderschreie drangen von allen Seiten auf ihn ein, mal leise, mal laut erschollen sie aus allen Richtungen. Seth wusste aus irgendeinem Grunde, dass es die Schreie und Hilferufe der Kinder waren, denen Hatshepson die Seele geraubt hatte. Weshalb er das wusste, konnte er echt nicht sagen. Es war ein Gefühl, das ihm sagte, dass es nur so und nicht anders sein konnte. „Hallo? Ist hier jemand?“ Seth stand auf. Er wusste nicht in welche Richtung er gehen sollte. Er musste aber los, denn hinter ihm kam eine graue Nebelwand unaufhaltsam näher. „Hilfe! Kann mich jemand hören?!“ Doch niemand antwortete, nur die Kinderstimmen wurden lauter und plötzlich konnte er sehen, wie sich ihm kleine Hände aus dem Nebel entgegenstreckten. Eine Kinderhand drängte sich ihm ganz besonders auf und dann trat ein kleiner Junge mit hellblauen Augen aus dem Nebel. + + + Gehst du bitte mit mir? + + +, bat der Junge verzweifelt und schob Seth die kleine blasse Hand entgegen. „Wohin denn?“, fragte Seth verwirrt. Der Junge deutete auf einen Punkt irgendwo in der Ferne. „Aber da ist doch nichts.....“ Die Antwort schien den Jungen zu enttäuschen, denn er blickte Seth traurig an und tauchte dann in den Nebel zurück. Dieser kam immer näher Seth überfiel der Drang stehen zu bleiben und den Kindern zu helfen, aber da schob sich eine Stimme in den Fordergrund und verdrängte die Kinderrufe. Lauf los. Schnell Seth. LAUF! „Aber die Kinder.....“ Seth fühlte sich hin und hergerissen. Hilflos musste er mit ansehen, wie das Leiden der Kinder sich vor ihm im Nebel abspielte. Wie der Seelenfresser über ihre Körper herfiel und sie versuchten zu fliehen. Wie er mit ihnen spielte, indem er sie gegen die Steinwände laufen ließ in der Hoffnung einen Ausgang zu finden. Wie er ihnen soviel Kraft raubte, dass er genüsslich jede einzelne Gliedmaße ausreißen und vor ihren blinden Augen verschlingen konnte. Seth presste verzweifelt die Hände auf die Ohren, um die klagenden Schreie nicht hören zu müssen. Er schloss fest die Augen und lief von dem Nebel fort, um die Szenen des Grauens nicht länger zu sehen. Er folgte der sanften Stimme in seinem Kopf, die ihm zuraunte, wo er hinlaufen und was er tun sollte. Hoffentlich brachte sie ihn weg. Nach unendlich langem Lauf durch den Raum ohne jede Grenze, brach er schließlich kraftlos zusammen. Der Nebel hatte sich noch nicht verzogen, aber er war noch weit genug weg, um kurz zu verschnaufen. Seth keuchte vollkommen fertig und versuchte krampfhaft ruhiger Luft zu holen. Du musst aufstehen. „Ich......kann......nicht.......“, gab Seth keuchend zurück. Doch. Du kannst es. Du musst es nur wollen. „Nein. Diesmal nicht......ich.....bin...zu.....schwach.....“ Das bist du nicht. „Ich konnte nicht......ich bin zu schwach.......“ Was konntest du nicht? „Ich konnte.....ich konnte sie nicht retten.......“ Seth liefen Tränen über die Wangen. „...Mama und......Mokeptah auch nicht.......ich bin schwach.....und feige......“ Nein. Das ist in Ordnung. Du bist noch ein Kind. „.......“ Es ist in Ordnung. Seth starrte nach vorne, wo sich plötzlich eine Gestalt bildete. / Aber..... Das ist..... / Dort in einem goldenen Lichtschein stand Sengal, der Hüter des Millenniumsstabes und lächelte ihn an. Es ist gut jetzt. Lass diesen Ort los, Seth. / Loslassen? / Du hältst ihn mit deinen Schuldgefühlen fest. Wenn du dir selbst vergibst, bist du frei. „Das kann ich nicht.“ Seth sah schuldbewusst zu Boden, während der seelenabsorbierende Nebel immer näher kam. Im Grunde weißt du es doch schon. Jetzt musst du deinen Schmerz nur zulassen. „Aber......“ Seth schüttelte den Kopf. „Das ist so schwer.“ Niemand hat je behauptet, dass das Leben leicht ist. Sengal hielt ihm die Hand hin. Komm mit. Zurück ins Leben. Seth zögerte. Der Nebel hatte ihn nun fast erreicht. Bist du es ihnen nicht schuldig zu leben? Seth starrte Sengal verstört an. Bilder von seiner lächelnden Mutter und Mokeptah gingen durch seinen Kopf. / Es stimmt..... / Im letzten Moment nahm er die dargebotene Hand. Als der braunhaarige Junge die Augen wieder aufschlug, war er nicht länger unter der Erde, sondern lag im heißen Wüstensand. Sengal hatte sich über ihn gebeugt und sah ihm prüfend ins Gesicht. „Endlich. Ich dachte schon meine Bemühungen seien völlig umsonst.....“ Erleichtert half der Wächter ihm auf. Seth sah an sich hinunter. Sengal hatte ihm einen blauen Umhang gegeben, der sich nach den vorangegangenen Strapazen wie Seide auf seiner geschundenen Haut anfühlte. Das eklige Zeug hatte rote Spuren auf seinen Beinen hinterlassen, die furchtbar juckten. „Du hattest Glück.“ Sengal reichte ihm einen Wasserbeutel und Seth trank gierig. „Noch einen Tag länger im Reich der Schatten und es wäre für dich zu spät gewesen.“ „Einen Tag länger?“, fragte Seth verwirrt. / Wie lange hab ich denn geschlafen? / „Du warst zehn Tage weg. Ich war froh, dass ich dich überhaupt noch gefunden habe. Normalerweise wird die Seele nach so einer langen Zeitspanne von ihrem Körper völlig getrennt. Aber du scheinst mir glücklicherweise eine Ausnahme zu sein.“ „Ich verstehe nicht. Was bedeutet das alles? Was ist mit mir passiert? Was ist dieses Reich der Schatten und wieso seid ihr hier?“ Sengal lachte über soviel Wissensdurst. Das konnte ja nur heißen, dass es dem Braunhaarigen besser ging. Er hatte sich wirklich schon Sorgen gemacht. „Ich werde dir alles erklären sobald wir die nächste Oase erreicht und ein Nachtlager aufgeschlagen haben.“ Sengal stieg auf sein Pferd und reichte Seth die Hand hinunter. „Einverstanden?“ Seth sah sich in der verlassenen Wüstenlandschaft um und kam zu dem Schluss, dass er erstens wissen wollte, was ihm da passiert war und zweitens, dass er allein keine Chance hatte zu überleben. Also stieg er zu Sengal auf das Pferd. Da es im Reich der Schatten keinen erholsamen Schlaf gegeben hatte, legte der völlig erschöpfte Junge schon bald seinen Kopf nach hinten auf Sengals Brust und schlief völlig fertig ein. Niemand bemerkte, wie ein schwarzer Vogel in schnellem Flug über sie hinwegzog. In einem weit entfernten Teil der Wüste blitzte ein blaues Licht auf. Ein lautes Kreischen war zu hören und weiße Schwingen hoben sich mit kräftigen Schlägen empor. Ein gewaltiges hell leuchtendes Wesen schoss in den blauen wolkenlosen Himmel und verschwand immer mehr im Licht der Sonne. Eine Gruppe reisender Nomaden stand wie erstarrt vor dem soeben geschehenen Schauspiel. Eine alte blinde Frau mit einem geschnitzten Gehstock sah fasziniert in den Himmel, so als könnte sie genau sehen, was da gerade losgeflogen war. „Rachlata enmakscha es..... drakona lumes......“ „Was hat Großmutter gesagt?“ Ein kleines Mädchen mit zu einem Zopf gebundenem Haar, sah ihren Vater fragend an. „Sie hat gesagt......“ Der Vater zögerte. „Der weiße Drache ist zurück.“ Das Mädchen überlegte kurz und sah ihren Vater dann fragend an. „Wer ist denn der weiße Drache und wieso kommt er zurück? War er denn schon mal da?“ Der Vater der Kleinen wusste nicht, was er antworten sollte. Eigentlich war der weiße Drache nur eine Art Legende. Es hatte ihn vor vielen Jahren schon einmal gegeben, aber seitdem hatte ihn niemand mehr zu Gesicht bekommen. „Komm jetzt. Nimm Oma an der Hand. Wir gehen.“ Das Mädchen gehorchte und führte seine Oma den anderen nach, als sie weiterzogen. Nur schade, dass ihr Vater in die entgegengesetzte Richtung wollte, wie der Drache. Sie hätte ihn so gerne mal gestreichelt und lieb gehalten. Der hatte doch so schön geleuchtet.......und wer so herrlich leuchten konnte, war sicher kein bisschen gefährlich....und wenn was nicht gefährlich war, brauchte man auch keine Angst davor zu haben. Das war doch so leicht zu verstehen. Warum hatten die Erwachsenen denn immer Probleme mit so was. Richtig doof. Seth gähnte herzhaft. So gut hatte er lange nicht mehr geschlafen. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte er keine Angst haben müssen. Er wusste selbst nicht warum, aber er vertraute Sengal. Seth war davon überzeugt, dass jemand, der um ihn zu retten durch die ganze Wüste ritt und sein Leben aufs Spiel setzte.....in gewisser Weise zumindest...sein Vertauen mehr als verdient hatte. Außerdem fühlte der Junge mit den blauen Augen sich sicher bei dem Hüter des Millenniumsstabes. Sengal hatte ihn auch noch schlafen lassen, als sie die nächste Oase erreicht und er das Lager allein aufgeschlagen hatte. Dann hatte er Seth in eine Decke gewickelt und ihn in das provisorische Zelt aus Tüchern gelegt. Seth, der seinen Vater nie kennen gelernt hatte, wusste natürlich nicht, wie sich Väter normalerweise verhielten, aber Sengal schien durch seine Fürsorge nah dran zu kommen. Es konnte auch falsche Freundlichkeit sein. Aber Seth hoffte inständig, dass er nur einmal im Leben Glück hatte. Nur einmal. Das war von den Göttern doch nicht zuviel verlangt, oder? „Guten Morgen.“, meinte Sengal freundlich und kam mit einem Tuch voll Obst zu Seth herüber. „Hier iss erst mal was.“ Der Blauäugige nahm dankend das Obst an und verschlang es gierig. Sengal erkannte sofort, dass Obst allein nicht reichen würde und packte etwas mehr von seinem Proviant aus, den er mitgenommen hatte. Nacheinander reichte er Seth die Sachen und sah lächelnd zu, wie dieser alles ohne Mühe verputzte. Doch dann hielt er beschämt inne und sah Sengal entschuldigend an. „Tut mir leid. Ihr wolltet sicher auch noch etwas essen......“ Schnell gab er den Rest Brot an seinen edlen Spender zurück. Aber Sengal schüttelte nur den Kopf und meinte schlicht. „Es ist alles für dich. Ich brauche nichts. Iss nur tüchtig auf, damit wir die Reise ohne Schwierigkeiten fortsetzen können.“ Seth zögerte noch einen Moment. „Warum seid ihr so nett zu mir?“, fragte er misstrauisch. Sengal schien bestürzt über diese Frage und sah den Jungen vor ihm traurig an. „Es gibt keinen besonderen Grund. Ich bin es, weil ich es so will. War denn sonst niemand einfach nur so nett zu dir?“ „Ohne etwas zu wollen?“, fragte Seth nach und Sengal nickte. „Nein. Außer meiner Mutter und meinem Bruder.....aber...ansonsten......Nein.“, sagte Seth bestimmt und kaute weiter das letzte Stück Brot. Sengal schwieg betroffen. Er hatte sich eine andere Antwort erhofft. Außerdem schämte er sich etwas. Schließlich entsprach seine eigene Antwort auch nicht ganz der Wahrheit. Er wollte etwas ganz Bestimmtes von dem Jungen, aber trotzdem mochte er Seth sehr. Er erinnerte ihn an sich selbst, als er noch jung gewesen war. „Das tut mir leid für dich.“, sagte er stattdessen und reichte Seth den Wasserbeutel. Der Braunhaarige trank in großen Zügen und wischte sich dann den Mund mit dem Handrücken ab. „Das muss es nicht.“ Seth gab Sengal den Beutel zurück und setzte sich etwas bequemer hin. „Danke noch mal für das Essen. Das hat gut getan.“ „Schon gut. Gern geschehen und nun will ich mein Versprechen halten und dir alle deine Fragen beantworten.“ Seth sah den Hohepriester gespannt an. „Aber ich muss dir gleich sagen, dass ich nicht alle Fragen beantworten werde. Jedenfalls jetzt noch nicht...“ Seth starrte missmutig in den Sand. „War ja klar...“, murmelte er enttäuscht. „Kein Grund gleich den Kopf in den Sand zu stecken, mein Junge. Den Rest erfährst du ja noch. Wenn die Zeit dafür reif ist.“ Sengal räusperte sich kurz und ließ seinen Blick dann nachdenklich über die Wüste streifen. „Also dann...... Als erstes solltest du vielleicht etwas über Hatshepson und die Ereignisse wissen, die sich um ihn ranken. Hatshepson war einst ein Hohepriester genau wie ich einer bin. Er hatte die Macht über die Millenniumswaage und war ein ausgezeichneter Arzt. Er konnte alle Gifte neutralisieren und Wunden heilen, die als unheilbar galten. Die Macht der Waage half ihm dabei.“ „Aber ich dachte, Pharao Aknankanon hätte die Millenniumsgegenstände geschaffen. War Hatshepson dann einer seiner Hohepriester?“, warf Seth schnell ein. Sengal machte dies nichts aus. Er war froh, dass Seth sich einbrachte. Vor allem, da er zuvor kaum gesprochen hatte. „Nein. Hatshepson war viele Jahre zuvor Hohepriester. Du musst wissen, dass die Millenniumsgegenstände schon einmal erschaffen wurden. Damals allerdings verfielen ihre Wächter der Macht der Dunkelheit, der jedem Gegenstand inne wohnt und zerstörten sich selbst und die Gegenstände. Der Platz an den Hatshepson verbannt wurde, ist ein Mahnmal der Götter, das an diese Freveltat erinnern soll.“ „Das verstehe ich nicht. Warum lebt Hatshepson dann noch?“ „Nun. Es lag an seiner Millenniumswaage. Hatshepson fand einen Weg die Macht der Waage langsam in sich aufzunehmen und schließlich ohne ihre Hilfe ins Reich der Schatten zu gelangen und zurück. Du musst wissen. Das Reich der Schatten ist eine Zwischenwelt für verlorene Seelen. /........und was sind verlorene Seelen? / „Verlorene Seelen sind solche Seelen, die im Leben durch böse Taten zu früh aus ihrem Lebenszyklus gerissen wurden. Sie kommen dann, wenn sie verzweifelt und schwach sind ins Schattenreich. Dort warten sie auf Erlösung oder sie werden von den seelenfressenden Schatten vernichtet.“ „Aber der Seelenfresser, dem ich begegnet bin, war sicher kein Schatten.“, gab Seth zu bedenken. „Das lag daran, dass Hatshepson sich einen Seelenfresserschatten gefangen hatte und ihn in ein Lebewesen dieser Erde transferierte. Daher hatte er einen Körper.“ „In was oder.....“ Seth erschauerte. „.....oder in wen hat er den Schatten gesteckt?“ Sengal schwieg kurz und sah Seth dann müde an. „In seinen einzigen Sohn, Sothis.“ Seth schwieg betroffen. Hatshepson hatte seinen eigenen Sohn in ein Monster verwandelt. Aber es ergab Sinn. Hatte das Monster deshalb kurzzeitig von ihm abgelassen, weil es irgendwo noch ein Mensch war? „Das ist furchtbar.... Können wir denn gar nichts tun?“ Seth sah Sengal bitten in die Augen. „Ich befürchte nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht.“ „Und wieso nicht?!“ Seth sprang auf. „Wir können ihn doch nicht einfach im Stich lassen.“ „Seth. Ich verstehe dich ja. Aber wir können im Moment überhaupt nichts dagegen machen. Hatshepson ist sehr mächtig und schon lange kein normaler Mensch mehr. Selbst mit den Millenniumsgegenständen ist ihm nicht beizukommen. Glaub mir bitte. Wir Hohepriester Aknankanons haben bereits alles versucht. Zum Schluss konnten wir ihn nur noch bannen. Er kann den Ort, an dem er lebt nicht verlassen.“ Seth schwieg. „Ich werde es trotzdem versuchen.“ „Also gut. Ich mache dir einen Vorschlag. Ich werde dich in die Lehre nehmen und wenn du dich stark genug fühlst, kannst du es meinetwegen versuchen. Einverstanden?“ Seth stand vor Überraschung der Mund offen. „Ist das wirklich wahr? Ihr nehmt mich in die Lehre?“ „Ja.“ Sengal nickte zustimmend. „Aber zuvor müssen wir den Pharao noch überzeugen.“ Seth machte sogleich ein finsteres Gesicht. „Dem ist doch nicht mehr zu helfen. Der wird nie zustimmen.“ Sengal lachte. „Wart es nur ab. Ich habe auch so meine Methoden...“, meinte er verschmitzt. „Wenn ihr meint.... Aber ich will noch wissen, na ja. Hab ich das richtig verstanden? Hatshepson wäre eigentlich schon tot, wenn er sich nicht durch seinen Monstersohn Seelen holen und sie trinken würde?“ „Ja. So ist es.“ „Und wozu brauch er die Kristalle?“ Sengal überlegte kurz. „Sie sind eine Art Schutz und gleichzeitig sorgen sie dafür, dass die verzweifelten Kinderseelen, die zu ihm kommen, schwächer werden, je mehr Kristalle sie berühren. Irgendwann sind sie dann schwach genug um ihre Seelen zu stehlen.“ Seth begriff. So machte Hatshepson das also.....Nur..... „Wenn er den Ort nicht verlassen darf... Woher bekommt er dann die vielen Kinder?“ Sengal wusste nicht recht, ob er Seth sagen sollte, woher sie kamen. Aber er war es dem Jungen schuldig und so sprach er die bittere Wahrheit aus. „Manche werden von ihren Eltern oder anderen Menschen dorthin gebracht und abgesetzt. Aber die meisten kommen freiwillig dorthin. Dieser Ort ist ein fühlbarerer Durchgang zum Reich der Schatten und ihre Seelen fühlen sich dorthin gezogen. Sie wissen nicht welches schreckliche Schicksal sie erwartet.“ / Dann hat Rabshan doch nicht gelogen...... / „Aber ich dachte, dass es im Reich der Schatten genug solcher Seelen gibt, warum hat er dann seinen Sohn in ein Monster verwandelt, wenn er sich dort welche holen gehen kann?!“, schrie Seth wütend. „Weil die Seelen im Schattenreich bereits tot sind. Hatshepson benötigt noch lebend extrahierte Seelen um selbst leben zu können.“ Seth ließ den Kopf hängen. Warum geschahen solche Dinge nur? Ein dunkler Gedanke schlich sich in sein Herz. Würde sein kleiner Bruder auch dorthin gezogen werden, wenn er nur verzweifelt genug war? „Ich werd es verhindern. Ganz sicher.“ Seth sah Sengal funkelnd an. „Ich schaffe es.“ Sengal konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Wenn du es sagst.“ „Das tue ich.“ „Dann ist es ja geklärt.“ „Und wieso bin ich ins Schattenreich gezogen worden. Ich war doch nur erschöpft. Nicht total verzweifelt.“ Sengal schwieg. „Das, mein Junge, ist eine der Dinge, die ich dir später erklären werde....“ Seth versuchte erst gar nicht etwas aus dem Hohepriester zu quetschen. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte. „Und was war das für eine komische Kraft, die ich plötzlich gefühlt habe?“ „Auch das werde ich dir ein andermal berichten.“ Seth verschränkte trotzig die Arme. „Das ist nicht fair.“ „Das ist es nie und nun, lass uns zurück zum Palast reisen.“ Seth zögerte. Zum Palast? Das war keine gute Idee. Er hatte gehofft in einem Tempel lernen zu können. Dem Pharao wollte er nicht wieder begegnen. Außerdem hatte er eine Person während des Gespräches ganz vergessen. „Ich werde wohl doch nicht mitgehen.......“ „Aber wieso denn so plötzlich? Wolltest du nicht was ändern?“ Sengal machte das Pferd zum Aufbruch bereit. „Ja schon. Aber.....mein Bruder.....er...“ Seth konnte nicht weitersprechen. Das war etwas, was er Sengal nicht erzählen konnte. Das ging keinen etwas an. „Wenn es dich beruhigt, werde ich ihn suchen lassen. Du hast mein Wort.“ „Könnt ihr ihn finden? Sicher?“ „Sicher schneller als ein kleiner Junge.“ „Ich bin nicht klein.“, meckerte Seth sofort und stieg zu Sengal auf das Pferd. Gemeinsam ritten sie los und ließen Hatshepson und sein Gefängnis weit hinter sich. „Dann isssst er alsssso entkommen.......“ Der Mann in dem violetten Umhang schlich nachdenklich auf und ab, wobei er immer wieder unerklärliche Kreise zog. Es erinnerte an eine Kobra, die sich durch den heißen Wüstensand schlängelte. Nur hier im kühlen Tempelinneren war kein einziger Fleck Sonne. Trotzdem schien es dem Mann mit der zischelnden Stimme zu hell zu sein, denn er hatte die Kapuze an seinem Mantel weit ins Gesicht gezogen. Das schwarzhaarige Mädchen vor ihm schwieg. Sie kannte die merkwürdigen Angewohnheiten des Mannes vor ihr nur zu gut. Schon so oft hatte ihr Meister sie hierher geschickt um Bericht zu erstatten. Warum er sich mit diesem Schlangenfreund abgab, war ihr ein Rätsel. Doch es war ihr nicht gestattet sich ein Urteil über die Entscheidungen ihres Meisters zu bilden. Schließlich verdankte sie ihm ihre menschliche Erscheinung. Vielleicht lag es auch einfach an ihrem guten Instinkt, dass sie dem Mann vor sich nicht traute. Nicht umsonst waren Schlangen und Vögel Erzfeinde. „Der Hohepriester mit dem Stab hat ihm geholfen.“, warf Rabshan schnell ein. „Dasss wundert misch nischt...“ Der Mann lachte zischelnd. „Gut. Geh zsurück.“ Rabshan gehorchte mit großem Vergnügen. Sie wollte so oder so nicht länger als nötig bleiben. Doch ehe sie ging, holte sie noch schnell eine Karaffe aus der Tasche, die sie um die Schulter trug. „Ehe ich es vergesse.... Der Meister schickt euch dies, wie verlangt.“ Sie stellte die kristallene Karaffe zu Füßen des Mannes und drehte sich dann zum Gehen. Aber sie ging nicht durch die Tür...... Eine schwarze Wolke bildete sich um das Mädchen und im nächsten Moment flog ein ebenso schwarzer Vogel zurück in die Wüste, aus der er gekommen war. Der Mann blieb allein zurück und starrte gedankenverloren zur großen Wüstenlandschaft hinaus. „Du wirssst misch nischt aufhalten.......Ssss......nein.....du bissst machtloss gegen misch......und auch dein Kleiner kann da nichtsss ändern.....“ Der Mann hob die Karaffe auf, in der eine silbrige Flüssigkeit schien. Er setzte den schwarzschimmernden Kristall an den Mund und trank in gierigen Zügen bis nichts mehr von dem Silberschein übrig war. -------------------------------------------------------------------------------- Demnächst geht es ohne viel Warteverzögerung weiter. VLG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)