Children of Elements von chaoticgirl (Buch I - Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 14: Fehlalarm --------------------- Jemand hetzte durch den Wald. Am ganzen Leib zitternd hielt er auf die Lichtung zu, auf der seine Freunde ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten. Warum bei allen Elementen hatte er nicht gleich daran gedacht? Gleich, als Xankir erzählt hatte, dass der Fürst ihn und damit auch seine Eltern kannte, hätte er daran denken müssen, dass sich Fürst Adui an seinen Eltern vergreifen würde, wenn er ihn, Fynn, nicht erreichen konnte. Er hätte sie niemals anlügen dürfen! Er hätte sie gleich von Anfang an über alles aufklären sollen! Dann wäre das nie passiert! Der Junge schniefte und wischte sich mit seinem Ärmel über die Augen, doch die waren trocken. Zwar brannten sie wie Feuer, doch da waren keine Tränen. Seine Freunde musste ihn schon von weitem gehört haben, denn sie kamen ihm entgegen. „Fynn? Was- was ist los? Was ist passiert?“, fragte Rorax besorgt und trat aus den Büschen. Hinter ihm folgte Nexel dicht auf und blickte ebenso erschrocken drin, wie der Wasserkiuma. Der Mensch blieb stehen und sank in die Knie, während er das Gesicht in den Händen vergrub. „Meine... meine Eltern...“, stotterte er heiser. „Was ist mit ihnen?! Hat dieser widerliche Abschaum von einem Menschen-Fürsten ihnen etwas angetan?!“, knurrte Nexel bedrohlich. Fynn schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Die Drachen mussten sich zu ihm hinunter beugen, um ihn zu verstehen. „Sie... sie sind einfach nicht mehr da...“ „Hast du Spuren eines Kampfes gesehen?“ erkundigte sich Rorax. Kopfschütteln. „Bist du dir sicher, dass sie nicht da sind? Vielleicht sind sie nur bei einem Nachbarn zu Besuch?“ Ein Ruck der Erleichterung ging durch den Körper des Verzweifelten. Ja! Ja, genau! Sie waren bestimmt nur bei einem... aber halt! Sein Pferd und die alte Stute im Stall waren auch verschwunden. Warum hätten seine Eltern die Pferde mitnehmen sollen? Andererseits... warum hätte Adui das tun sollen? Er hatte genug Pferde. Den Apfelschimmel hätte er vielleicht noch aus Gier genommen, doch die alte Stute? Nein, sie hätte er sicherlich nicht gestohlen. „Fynn? Sag doch etwas“, bat der blaue Drache ängstlich. Der Junge hob den Kopf so schnell, dass ein Nackenwirbel leise knackte. „Ich werde ins Dorf zurückgehen! Wenn Adui sie wirklich gefangen genommen hat, muss das einer unserer Nachbarn mitbekommen haben!“ Er sprang auf und lief los. „Hey! Warte!“, rief Nexel verdattert, doch der Junge war schon verschwunden. Wieder im Dorf angekommen rannte er zum nächstgelegenen Haus seines Zuhauses und hämmerte wie von Sinnen auf die Tür ein. Drinnen ertönten ein Poltern und ein lauter Fluch, dann wurde die Tür aufgerissen. „Wer zum Teufel stört mitten in der Nacht!“, schimpfte der Besitzer des Hauses so leise, wie es seine Wut zuließ. Es war der Schmied des Dorfes, der damals, beim ersten Treffen zwischen Fynn und Rorax mit seiner Reiterschar hereinplatzte. „Ich bin's, Fynn!“ Einen Moment herrschte Stille. „Fynn? Was ist los? Ist was passiert?“ „Meine Eltern... sie sind nicht da!“, Fynn konnte nicht verhindern, dass er wie ein verängstigtes Kind klang. Nun wurde die eben noch so raue Stimme mit einem Mal sehr sanft und beruhigend. „Hey, nur keine Panik. Sie sind nicht von Moto gefressen wurden“, ein leises Lachen wurde hörbar. „Sie sind für eine Weile rüber ins Dorf auf der anderen Seite gegangen. Wenn du nicht ständig in der Welt herum geistern und dich öfters mal zu Hause blicken lassen würdest, hätten sie dir das bestimmt gesagt. So haben sie mir aufgetragen, dir diese Nachricht zu überbringen. Treib dich in Zukunft nicht so lange in der Wildnis rum, deine Eltern vermissen dich. Sollte dir noch etwas fehlen, kannst du gerne nochmal zu mir kommen. Ansonsten geh schlafen und mach dich am Besten morgen auf den Weg rüber ins andere Dorf zu deinen Eltern.“ „Ja... gute Nacht. Danke... und entschuldige bitte die Störung...“, stammelte Fynn, dem vor Glück die Knie zitterten. Er drehte sich um und ging Richtung Zuhause, bis er eine Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Dann änderte er die Richtung und lief zum Waldrand, wo die Drachen warteten, die ihm gefolgt waren. „Alles in Ordnung“, rief er leise. „Sie sind in Sicherheit!“ Die drei kehrten zur Lichtung zurück, da Fynn nicht alleine im Haus schlafen wollte und nach der ganzen Aufregung schliefen sie alle schnell ein. Sie verschliefen den Rest der Nacht und auch den darauf folgenden Tag bis zum Abend. Dann setzten sie sich nochmal zusammen und gingen den Plan durch. Diesmal sollte es eine Nacht-und-Nebel-Aktion werden. Kein Ablenkungsmanöver, kein Feuer am Himmel, niemand sollte merken, dass sie da waren. Wie beim zweiten Eindringen in die Burg sollte nur Rorax mitkommen. Er war kleiner und wendiger. Nexel sollte draußen bleiben und den Geheimgang bewachen. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der Fürst ihn diese Nacht benutzen wollte, würde Nexel das schon zu verhindern wissen. Dann zogen sie los. Fynn ging mit leichtem Schritt voran. Er hatte sich schon Sorgen gemacht, was passieren würde, wenn der Fürst nun auch noch seinen zweiten Drachen verlieren würde. Sicherlich würde er an jemandem seine Wut auslassen und wer wäre da besser geeignet, als die Eltern desjenigen, der ihm seine Drachen stahl. Zwar hätte Fynn bis vor kurzem niemals in Betrachte gezogen, der Fürst könnte seinen Eltern ernsthaft Schaden zufügen, sie gar entführen, doch er hatte befürchtet, er würde seinem Vater vielleicht weniger Geld für seine Holzlieferungen geben oder mehr Steuern von ihm verlangen. Fynn Familie war zwar nicht gerade arm, aber sie konnten es sich dennoch nicht leisten, höhere Steuern zu zahlen, oder weniger Lohn zu erhalten, denn zwei Pferde zu unterhalten war nicht billig. Doch sie waren ja in Sicherheit. Das Dorf auf „der anderen Seite“. Damit war die gegenüberliegende Seite des Waldes gemeint. Sie gehörte einem anderen Fürstentum an, dem Fürsten Jirani. Fynns Eltern hatten dort Freunde und gingen hin und wieder für einige Zeit rüber, um sie zu besuchen. Und so machte er sich beruhigt daran, den weißen Drachen zu retten. Die Burg wurde hell vom Mond, der voll und rund am Himmel stand, beleuchtet. Die Drei näherten sich von hinten. Der Balkon hoch über ihnen, lag ruhig und dunkel da. Nexel blieb im Dickicht auf der Lauer, während Rorax und Fynn aus dem Wald traten und begannen, die Mauer der Burg nach dem Symbol abzusuchen. Doch genau in diesem Moment wurde es dunkel. Eine große Wolke hatte sich vor den Mond geschoben und schluckte das Licht, dass die Beiden so dringend brauchten. Der Mensch wollte schon verzweifelt fluchen, da spürte er mit einem Mal, dass seine Haut anfing zu brennen. Sein Hals und seine rechte Wange begannen sanft zu leuchten. Rorax nickte Fynn begeistert zu. Sanduku war ihre Rettung! Es dauerte zwar noch eine Weile, doch dann schlug Fynn Rorax' Schwanz gegen die Beine und der Kiuma deutete auf einen Stein in der Mauer. Der Junge trat zu ihm hinüber und entdeckte tatsächlich das Zeichen, das Xankir ihnen beschrieben hatte. Ein Halbkreis, ganz oben, rechts in der Ecke des Steines. Fynn zog den Stein, rechts neben dem Markierten heraus und schob dann den Symbolstein in die entstandene Lücke. Leise knirschend schob sich die Geheimtür von der Größe zwei erwachsener Männer nebeneinander in den Boden. Sanduku leuchtete weiterhin auf der Haut des Menschen und so ging Fynn vor und erleuchtete Rorax, der folge, den dunklen Gang. Wie es Xankir beschrieben hatte, dauerte es eine ganze Weile, bis die das Ende der Steintreppe und damit die zweite geheime Tür erreicht hatten. Ihre Tritte waren lautlos, nur ihr Atmen und Rorax leise schleifender Schwanz waren hörbar. Sie hielten einen Augenblick vor der Tür und bereiteten sich mental auf alles vor, was kommen konnte. Vielleicht stattete der Fürst gerade seinem Gefangenen einen Besuch ab? Warf ihm etwas vergammeltes Fleisch hin oder so. Dann mussten sie ihn schleunigst überrumpeln und außer Gefecht setzen, sonst würde er die Wachen rufen. Doch eigentlich gingen sie davon aus, dass der Fürst friedlich und nichtsahnend in seinem Bett schlief und sie wirklich ungesehen den weißen Drachen befreien konnten. Fynn atmete schließlich tief ein und öffnete nach einem kurzen Seitenblick auf seinen Begleiter, der zustimmend nickte, die Geheimtüre durch einen Hebel, der in der Wand eingelassen war. Und wie beim ersten Mal glitt die Tür beinahe geräuschlos in den Boden und gab den leeren Gang mit den beiden Hochsicherheitsverliesen frei. Vor der linken der beiden Eisentüren blieb er stehen und Rorax öffnete den Riegel so langsam und leise wir möglich. Mit einem leise scharrenden Geräusch öffnete sich die schwere Tür und Fynn lugte ins Dunkle hinein. Als er und Rorax aus dem finsteren Geheimgang getreten waren, war Sandukus Licht erloschen, doch nun, da er einen Schritt hinein in das lichtlose Verlies tat, entfaltete sich ihr matter Schein erneut. Ein weißer Hügel lag, wie Fynn ihn vor drei Tagen zurückgelassen hatte, inmitten eines Haufens vergammelten Strohs. Das Einzige, das sich verändert hatte war, dass die Schuppen des Drachen matter aussahen und sich eine Menge unangetastetes Fleisch neben der Tür stapelte. Offensichtlich wusste der Fürst nicht, dass kein Drache Fleisch fraß. Und wie schon beim letzten Mal pochte das Herz des Menschen ängstlich härter in seiner Brust, als er die natürliche Maske sah, die Nexel dem Drachen verschafft hatte. Schritt für Schritt, jeden Moment bereit von dem ehemaligen Feind zurück zu weichen, trat er an ihn heran, bis er schließlich die Hand ausstrecken und ihn berühren konnte. Kühl waren seine Schuppen – zu kühl für einen gesunden Drachen. Er wusste nicht, ob er seine Wärme nicht spürte, ob er bei Bewusstsein war, oder nicht, oder ob er nicht reagierte, weil er nach all den Verletzungen, dem Schock und dem Martyrium der letzten Tage zu erschöpft, zu kraftlos war. Nur ganz wenig, kaum spürbar, hob und senkte sich der Berg aus Schuppen. Fynn war besorgt – sehr besorgt. Wie sollten sie den Drachen hier raus schaffen, wenn er nicht aus eigener Kraft gehen, geschweige denn fliegen konnte. Er hätte nicht gedacht, ihn in so schlimmen Zustand zu finden. Plötzlich bewegte sich links von ihm etwas. Er zuckte zusammen, alle Muskeln spannten sich. Doch dann seufzte er erleichtert. Rorax war neben ihn getreten und betrachtete nun seinerseits den geschundenen Körper des Gefangenen. Dann schob er sich vor und beugte sich über das weiß-graue, maskenhafte Gesicht, drückte sanft seine Schnauze an die verformte, geschmolzene Schuppenhaut und Fynn hörte, wie er tief und langsam ausatmete, die warme Atemluft an den Körper blies. Der weiße Drache atmete mit einem Mal tiefer, stärker und begann sich zu rühren. Erleichterung machte sich bei Fynn breit. Der Drache hatte geschlafen! Langsam hob er den Kopf und drehte sein Gesicht zu den beiden Besuchern. Im Lichte Sandukus konnte der Mensch nun zum ersten Mal den ganzen Kopf des Gefangenen sehen und er erkannte, dass sein Gesicht nicht vollständig verschmolzen war. Zwar hatte die gräuliche Maske, die einst seine strahlend weiße Schuppen waren, sein rechtes Auge völlig überdeckt und verschlossen, doch sein linkes Auge war noch durch einen schmalen Schlitz zu erkennen, doch es war nicht mehr eisblau, wie bei allen Luftdrachen, sondern gelb. Dieses eine Auge blinzelte sie nun verwirrt und müde an. Schnell bedeutete Fynn ihm, leise zu sein. Der weiße Drache richtete sich leise ächzend auf und sah sie mit immer größer werdendem Auge an. Langsam schien er zu verstehen und dennoch blieb sein Blick misstrauisch und ungläubig. Er drehte den Kopf zu dem Menschen um und fixierte ihn. „Wir wollen dir helfen. Komm mit“, flüsterte Rorax so leise, wie es nur möglich war. Mühsam rappelte sich der Gefangene vollends hoch und kam schwankend zum Stehen. Rorax entfaltete einen Flügel und legte ihn für einen kurzen Augenblick auf den zitternden Rücken des weißen Drachen. Dieser schleppte sich auf die offene Tür zu, durch die Fynn zuerst trat und sich vergewisserte, dass die Luft rein war. Sie kamen nicht sehr weit. Kaum, dass der weiße Drache aus der Verliestür kam, brach er keuchend zusammen. Fynn eilte zu ihm und legte sanft seine Hand auf die graue Schnauze, blickte ihm ermutigend und fest ins Auge. Doch es half nichts. Der Drache war zu geschwächt. Der Mensch dachte schnell nach. Dann deutete er Rorax, der immer wieder ängstlich die Treppe hinauf, zu den Kerkern des Fürsten sah, bei dem Drachen zu bleiben und eilte die geheime Treppe hinauf, hinaus ins Freie. Die Geheimtüre hatte sich inzwischen wieder geschlossen, doch kaum, dass er sich ihr näherte, versank sie von selbst im Boden und gab den Blick auf den Waldrand frei. Leise pfiff er und der rote Drache löste sich aus den Schatten und kam schnell zu ihm. „Wir brauchen Hilfe. Er ist zu schwach um selbst zu gehen“, wisperte er dem Kiuma zu. Dieser nickte und folgte ihm den Gang hinunter, wo Rorax ungeduldig wartete. Das ging nicht schnell, da er größer war als Rorax und seine Rückenstacheln und seine Flanken an der Decke und den Wänden schabten. Doch er kam ohne stecken zu bleiben am Ende der Treppe an. Als der weiße Drache ihn entdeckte, kam wieder Leben in ihn. Er starrte ihn entsetzt an und zischte verängstigt. Er versuchte vor Nexel zu fliehen, trotz seiner Kraftlosigkeit. Daraufhin schritt Nexel neben ihn, was nicht gerade einfach war, da der Gang nicht für drei große Drachen gebaut war, senkte seinen Kopf hinunter zu dem des Weißen und flüsterte ihm etwas zu. Nun entspannte sich der Erschöpfte wieder und lies es zu, dass Nexel seinen langen Schwanz um seinen Rumpf wickelte. So durch ihn gestützt rappelte er sich ein weiteres Mal auf. Rorax biss in seinen Schwanzansatz, in die dicke schuppige Haut und so stützen, zogen und schleppten sie ihn die geheime Treppe rauf. Nexel voraus, danach der weiße Drache und schlussendlich Rorax. Fynn kam hinterher. Wäre das nicht so furchtbar ernst und gefährlich gewesen, hätte er bei dem Anblick der Drachen lachen müssten. Doch so ging er hinter ihnen her und zog erleichtert an dem Hebel in der Wand, der die Geheimtüre hinter ihnen schloss. Sie seufzten alle froh auf, als sie aus dem dunklen, nur schwach durch Sandukus Licht erhellten Gang an die erfrischend kühle Luft traten. Doch noch waren sie nicht in Sicherheit. Nein, im Gegenteil, der schwierigste Teil der Nacht kam noch. Es war absolut klar, dass sie den weißen Drachen niemals ohne Hilfe bis zum sehr weit entfernten Drachenclan bringen konnten. Doch sie brauchten dringend ein Versteck. Möglichst in der Nähe. „Wohin sollen wir ihn nur bringen?“, fragte Nexel. Betretenes Schweigen. „Lasst ihn uns zu der Lichtung bringen“, schlug Fynn vor. „Sie liegt gut verstecke, aber ist nicht zu weit entfernt.“ „Aber wir können nicht den ganzen Weg dorthin gehen!“, meinte Nexel. „Wahrscheinlich werden wir es nicht schaffen, aber hier bleiben können wir nicht, also, hören wir auf zu reden und gehen wir los. Wir müssen so weit wie möglich von der Burg entfernt sein, wenn der Fürst merkt, dass nun auch noch sein zweiter Drache verschwunden ist.“ Sie setzten sich in Bewegung und Fynn ging vor, um ihnen einen Weg durch das Gestrüpp zu bahnen. Sie zwängten sich durch Unterholz, stolperten durch Wasserlöcher und Bäche, fielen über Bodenerhebungen und hatte das Gefühl, einfach nicht vom Fleck gekommen zu sein, als sich der Himmel über ihnen schon wieder erhellte. „Es nützt alles nicht, wir sind zu nah an der Burg. Wie müssen fliegen! Egal, wie weit wir kommen, egal, ob uns diese Anstrengung schier die Flügel abreißen wird“, ächzte Nexel schließlich schweißüberströmt. Zweifelnd sah Fynn den weißen Drachen an. Sie hatten auf einer kleinen Lichtung angehalten und kaum, dass sie stehen geblieben waren, war er zusammengeklappt und lag mit geschlossenem Auge zitternd auf der Erde. Der Junge kniete sich neben ihn. „Hey, glaubst du, du kannst fliegen?“, fragte er ihn besorgt. Anstatt einer Antwort, entfaltete er die Flügel und schlug damit probeweise. Die Bewegung wirkte matt und ungewohnt. Er hatte sie wohl nicht mehr benutzt, seit er vor drei Tagen verletzt von Fürsten eingesperrt worden war. Rorax schlang nun auch seinen Schwanz um die Vorderpfoten des Drachen. „Gemeinsam werden wir es schon schaffen.“ Auch er war müde und erschöpft. Wortlos stieg Fynn auf Nexels Rücken und die drei Drachen begannen mit den Schwingen zu schlagen. Nexel und Rorax erhoben sich in die Lüfte und zogen den weißen Drachen mit sich hoch. „Wenn wir hoch genug kommen, muss er nur noch die Flügel in der Waagerechte halten um zu schweben, wir würden für den Antrieb sorgen“, krächzte der Wasserkiuma vor Anstrengung. Vor Fynns Augen erschien ein kleiner grüner Drache, der sanft, die Flügel weit gestreckt auf die Erde zu schwebte. Er wünschte, er könnte etwas tun. Helfen. Doch im Moment war er nicht weiter als eine weitere Last auf Nexels Rücken. Langsam aber stetig stiegen sie höher. Endlich konnte der Junge über die frühlingsgrünen Wipfel der Bäume sehen. Er blickte in Richtung Burg und erschrak. Sie war noch so nah! Dann wendete er den Blick hinab auf den weißen Drachen. Er flatterte tapfer mit den Flügeln, doch obwohl er durch die natürliche Maske keine Mimik mehr hatte, konnte Fynn deutlich an seinen gefletschten Zähnen und sein fest geschlossenes Auge erkennen, dass er starke Schmerzen hatte. Dann setzte der Schlag der Flügel aus und er hielt sie mit viel Mühe so waagerecht wie nur möglich. Auf diese Weise flogen die drei großen Wesen eine Weile, während es immer heller und damit auch immer gefährlicher für sie wurde. Schon spähte die Sonne über die Baumkronen und sie konnte es nicht länger riskieren, gesehen zu werden, geschweige denn, dass sie überhaupt die Kraft hatten, weiter zu fliegen. Vollkommen erledigt landeten sie auf einer weiteren, jedoch kleinen Lichtung als die, von der sie gestartet waren. Kurz, bevor sie hinter den Bäumen verschwunden war, hatte Fynn noch einen Blick Richtung Burg geworfen und erleichtert festgestellt, dass nur noch die Fahne, die auf dem höchsten Turm befestigt war, von hier aus zu sehen war. Mit lautem Knacken, Knirschen und viel Geächze und Gestöhne, landeten die Drachen im Gehölz. Sofort ließen sie die Köpfe auf die trockene Erde, oder in das grüne Gras fallen, das hier stellenweise wuchs. Augenblicklich war Fynn wieder bei dem weißen Drachen und prüfte mit einer Hand auf dessen Schnauze seinen Atem. Er ging schnell und flach, doch sonst schien es ihm gut zu gehen. Plötzlich hob Nexel entsetzt den Kopf. Auch die Anderen hatten es gehört. Stimmen! Menschliche Stimmen drangen aus dem Wald ringsumher! Von überall her! Sie saßen in der Falle! Sie hatten keine Kraft um zu fliehen! Fynn hob einen morschen, jedoch großen Ast auf und drehte sich in die Richtung der Stimme, die am lautesten klang, also am Nächsten bei ihnen war. Gleichzeitig packte er den Stoff, der Magiza an seinem Arm verhüllte. Doch bevor er noch den Knoten lösen und ihre Kraft freisetzen konnte, trat ein junger Mann durch ein dichtes Gestrüpp auf die Lichtung und starrte sie mit großen Augen an. Dann drehte er sich um, formte die Hände vor dem Mund zu einem Trichter und rief, bevor sich die Drachen oder der Junge von dem Schreck erholen und ihn daran hindern konnten in den Wald: „Fehlalarm, war wohl bloß eine Wildschweinfamilie, die da so einen Lärm gemacht hat, wir treffen uns am vereinbarten Ort!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)