Children of Elements von chaoticgirl (Buch I - Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 7: Angriff ist die beste Verteidigung --------------------------------------------- Jemand kroch durch den Wald. Die Kälte drang dem Jungen durch die Kleider, durch die Haut bis in die Knochen, doch er durfte nicht aufstehen, nicht gesehen werden. Durch die kahlen Bäume drang Licht. Fynn kroch vorsichtig noch ein Stück näher. Grölen und laute Stimmen drangen an sein Ohr. Doch er wusste, dass der Schein trügt. Sicher schlichen hier Wachen herum, auf die musste er aufpassen. Nachdem er mit seinen Freunden, Jani und dem Feuerdrachen, der sich als Nexel vorgestellt hatte, in die Höhle der Drachen zurückgekehrt war, waren sie sofort zu Rynd gegangen, der sie dann über die Situation aufgeklärt hatte. Sie hatten einen Schlachtplan zurechtgelegt. Teil eins dieses Planes besagte, dass Fynn – als der Kleinste und Unauffälligste – sich an das Lager der Menschen anschleichen und herausfinden sollte, mit wie vielen sie ungefähr zu tun hatten. Und so lag Fynn nun auf dem gefrorenen Boden, Nässe und Kälte machten ihm zu schaffen und er schlich sich in stockfinsterer Nacht auf ein Lagerfeuer zu. Es knackste etwa drei Armlängen von ihm entfernt. Fynn drückte sich auf den Boden, hielt den Atem an und versuchte die Finsternis zu durchdringen. Er ahnte mehr, als dass er ihn sah – ein Schatten, hoch aufgerichtet ging vorbei. Die Wache. Der Junge wartete, bis sie verschwunden war und krabbelte dann noch ein Stück näher an das Lager. Er war am Rande einer Lichtung angekommen. In der Mitte brannte ein großes Feuer, darum saßen die Jäger, lachten, aßen geschossenes Wild und tranken aus grob geschnitzten Holzbechern. Der Fürst saß mitten unter ihnen und lachte am Lautesten. Offensichtlich wussten sie nicht, wie nah sie sich am Versteck des Drachenclans befanden, sonst hätten sie nicht so viel Lärm gemacht. Im Moment waren sie keine Gefahr, sollten sie aber in der Richtung weiterziehen, in die sie bisher gegangen waren, kamen sie direkt ins Tal der Drachen und dort gab es genügend Spuren die bewiesen, dass dort Drachen lebten. Sie würden die umliegenden Berge absuchen und wahrscheinlich auch den Höhleneingang finden. Würden hier nur ein paar Drachen wohnen, wäre es kein Problem einfach für einige Zeit zu einem anderen, größeren Drachenclan zu fliehen und abzuwarten, bis die Jäger genug vom Suchen hatten. Doch Rynds Clan bestand aus bis zu fünfzig oder sechzig Drachen, die Kijana nicht eingerechnet. Kein anderer Clan würde Platz genug haben um sie aufnehmen zu können und den Clan aufzuspalten kam nicht in Frage. Also blieb nur die Fluch nach vorne, sie mussten die Jäger vertreiben und Vorkehrungen treffen, dass kein Mensch mehr dieses Tal erreichen könnte, es sei denn, er würde auf einem Drachen über die Berge fliegen. Fynn zählte dreiundzwanzig Männer, samt Fürsten und sicher schlichen hier noch mal drei bis vier Männer herum, die Wache hielten. Der Junge hatte erledigt, was er sollte und wollte sich gerade auf den Weg zurück machen, als es wieder in seiner Nähe knackte. Die Wache kam zurück. Fynn drückte sich an den Boden und wartete darauf, dass die Wache vorbeiging. Doch sie kam näher. Der Junge konnte nur still liegen bleiben und hoffen, dass sie wieder umkehrte. Die Geräusche von Schritten kamen immer näher, Fynn schloss fest die Augen. Dann ging alles sehr schnell. Ein Fuß trat in seine Seite, die Wache fiel über den Jungen, der sprang hoch, hüpfte auf den Rücken der Wache, die einen Schmerzensschrei ausstieß und rannte los, so schnell er konnte. Hinter sich hörte er die Flüche der Wache, die Fragen von dessen Kameraden und die lauten Befehle des Adligen. Doch er achtete nicht darauf sondern rannte weiter. Sein Vorteil war, dass er sich hier besser auskannte als die Jäger, er wusste, in welcher Richtung die Drachen auf ihn warteten. Atemlos kam er am Fluss an. Dort standen Xankir, Rorax, Nexel und Rax bereit, um Fynns Verfolger in Empfang zu nehmen. „Plan B!“, keuchte Fynn schon von weitem. „Sie wissen,… dass mindestens… einer… hier ist! Es sind so um die fünfundzwanzig bis dreißig Männer, sie haben Pfeile, Bogen, Schwerter, Lanzen und Giftflaschen in Massen! Es sollte sich also besser niemand von ihren Waffen verletzen lassen“, besorgt sah Fynn Rorax an, der unbehaglich von einem Bein aufs andere trat, was bei vier Pfoten etwas komisch aussah. Dann stieg er auf Nexels Rücken und sah zu, wie alle ihre Posten einnahmen. Rorax sprang ins Wasser, Xankir verschwand hinter einem Felsen und Rax und Nexel schwangen sich in die Luft. Fynn konnte zwar nichts sehen, aber das machte nichts, denn er hörte sehr gut, was unter ihm vor sich ging. Neben sich hörte er ein leises Rauschen, wenn einer der beiden Drachen mit den Flügeln schlug. Unterdrücktes Fluchen drang von unten herauf, als die Männer aus dem Wald stolperten. Laut Plan müsste jetzt Xankir aus seinem Versteck kommen und durch leise Geräusche wie Schnauben und Tritte die Männer dazu bringen, sich genau unter ihnen zu versammeln und abzuwarten. Es klappte. Fynn hörte ein Rascheln, als würde ein langer Schwanz über gefrorenes Gras schleifen und kurz darauf befahl der Fürst anzuhalten und auf die verbleibenden Männer zu warten, von denen einer nach dem anderen aus dem Wald kam. Das Rauschen von Rax’ Flügeln wurde leiser und verstummte dann. Nach kurzer Zeit kam er wieder zurück. Er fauchte leise, Nexel schnaubte zurück. Zwar konnte Fynn sie nicht verstehen, doch er wusste, was sie sagen wollten. Rax war lautlos verschwunden und hatte sich bei den Kiumas, die im Wald versteckt waren und dafür sorgten, dass kein Jäger in die falsche Richtung lief, erkundigt, ob nun alle Männer am vereinbarten Punkt waren. Da Nexel nickte, war das wohl der Fall. Dann hob er den Kopf in den nachtschwarzen Himmel und blies Flammen aus seiner Nase. Das war das Zeichen für die zehn Feuerdrachen, die etwas entfernt warteten herzukommen. Der Gegenschlag begann. Natürlich hatten auch die Jäger die Flammen bemerkt, die über ihnen die Luft erhitzten. Erschrocken Rufe wurden laut, doch sie wussten nicht, was sie tun sollten. Rax und Nexel landeten, Xankir schnitt den Menschen den Weg nach vorne, flussaufwärts ab, Rax landete hinter der Schar, auch der Weg zurück in den Wald war versperrt, rechts von ihnen lang der breite, tiefe, eiskalte Fluss und links spukte Nexel wieder seine Flammen in die Luft. Die Jäger bewegten sich unruhig, wagten es aber nicht, zu fliehen, wer wusste denn schon, wie viele Drachen noch in der Dunkelheit warteten? Da kamen die anderen Feuerdrachen angeflogen. Sie erhellten die Gegend mit Flammenstößen und umzingelten die Menschen. Fynn, der immer noch auf Nexels Rücken saß, musste grinsen. Da standen sie, eng aneinandergedrängt, den Fürsten in der Mitte eingeschlossen. Selbst das Feuer, das alles in rotes Licht tauchte, konnte nicht vertuschen, dass er schneeweiß geworden war. Die Drachen kamen näher, die Männer wichen zurück. Die ersten Jäger standen schon mit dem Rücken am Ufer, das an dieser Stelle etwa zwei Armlängen tief senkrecht zum Fluss abfiel. Doch die Drachen blieben nicht stehen. Die Männer wurden gnadenlos weiter zurückgedrängt, zwei der Jäger fanden keinen Halt mehr, fielen in den Fluss und rissen ihre Kameraden mit, an denen sie verzweifelt versuchten sich festzuhalten. Die Hälfte der Schar war schon ins Wasser gefallen, da zog der Fürst sein Schwert aus der Scheide und bahnte sich einen Weg durch seine Männer auf Xankir zu. Fynn sah es mit Unbehagen und glitt von Nexels Rücken. Der Adlige stieß mit dem Schwert nach einem Feuerdrachen, der ihn zurückdrängen wollte, nun aber einen Schritt zurück – und den Weg zu Xankir frei machte. „Hilf mir!“, keuchte der Mensch und griff nach Xankirs Hörnern. Fynn wollte seinem Freund helfen, er wusste ja nicht, wie er reagieren würde, doch die Drachen, die die restlichen Jäger ins Wasser stießen versperrten ihm den Weg. Die Männer, die um Hilfe riefen, das ständige Platschen, wenn wieder einer im Wasser landete und die Drachen, die die Menschen mit begeistertem Schnauben und Fauchen über das Ufer drängten, machten es Fynn unmöglich, sich Gehör zu verschaffen. Der Fürst hatte sich inzwischen an Xankirs Hörnern auf dessen Rücken gezogen. „Xankir, nein!!“, schrie der Junge panisch und kletterte über einen rotschuppigen Schwanz hinweg. Doch es war zu spät. Xankir erhob sich in die Luft und verschwand aus dem Lichtkreis der Flammenstöße. Fynn blickte ihnen mit großen Augen nach. Er konnte nicht glauben, was Xankir da getan hatte. Alle Jäger waren im eiskalten Wasser verschwunden und von den dort versteckten Wasserkiumas in Empfang genommen worden. Sie hatten dafür zu sorgen, dass keiner der Menschen aus dem Fluss kroch, bevor sie nicht an dem Wasserfall waren, an dem Fynn am Nachmittag noch mit Jani, Xankir und Rorax gewesen war. Die Feuerdrachen und die Erddrachen, die inzwischen aus dem Wald gekommen waren, zogen Richtung Drachenclanhöhle ab. Zurück blieben nur Rax und Nexel, die den Jungen verwundert ansahen und leise knurrten. Als Fynn zu sprechen begann, klang seine Stimme rau, als hätte er sie lange Zeit nicht mehr gebraucht. „Er… er ist weg…“ Die beiden Drachen sahen sich ratlos an. „Ich… ich meine Xankir… er… ist weggeflogen.“ Rax schnaubte, doch Fynn achtete nicht auf ihn. Ihm war, als wäre er weit weg. „Er… hat den Fürsten mitgenommen.“ Hinter ihnen platschte es. Rorax trat aus dem Wasser, er war sehr vergnügt. „Da habt ihr vielleicht was verpasst, Leute! Wie die Kerle schreien den Wasserfall runter gefallen sind, das war königlich!“ Er lachte. Dann merkte er, dass etwas nicht stimmte. Er trat neben Fynn und fragte: „Was ist los? Was hast du denn? Und wo ist Xankir, wolltet ihr nicht hier auf mich warten?“ Der Junge fiel Rorax um den Hals und drückte sich an ihn. Was sollte er nur tun? Wo war Xankir hin? Warum hatte er das getan? Hoffentlich hatte der Fürst ihm nicht schon etwas angetan! Fynn fühlte sich so hilflos. Es war fast wie damals, als Rorax in seinen Armen starb und er nichts dagegen tun konnte. Seine Beine gaben nach, er rutschte an Rorax’ Hals entlang bis er auf dem Boden kniete und Rorax’ Vorderpfoten umarmte. Rorax war sehr besorgt. Er spürte, wie der Junge am ganzen Körper zitterte. Er beugte sich zu ihm runter und pustete ihm sanft seinen warmen Atem an den Nacken. Der Griff des Jungen um seine Vorderpfoten verstärkte sich, das Zittern hörte auf. „Rorax“, flüsterte er kaum hörbar. Ja, Rorax war bei ihm, er war nicht allein. Und Xankir war nicht tot. Der Fürst hatte sicher andere Pläne mit ihm. Er glaubte, er könne Xankir befehlen, ihn beherrschen, sicher würde er ihm nichts tun. Zusammen mit Rorax würden sie Xankir aufspüren und ihn befreien! Und… wenn er gar nicht befreit werden wollte? Nein! So etwas durfte er nicht denken! Aber er hatte doch gesehen, dass Xankir ihn zurückgelassen hatte, ohne sich auch nur umzublicken! Nein!! Das hatte sicher nichts zu bedeuten! Das war, weil dieser verfluchte Fürst das Blut von Xankirs Vater getrunken hatte! Dies alles ging durch Fynns Kopf, während er auf dem Boden kniete, Rorax' Vorderpfoten umklammerte und der Wasserdrache ihm immer wieder beruhigend den warmen Atem in den Nacken pustete. Sie würden den Fürsten suchen, ihn stellen, besiegen und Xankir retten, denn: Angriff ist die beste Verteidigung! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)