Fremde Welten von kiyahotep (Denn nur wer in der Hölle war, kann den Himmel wirklich sehen.) ================================================================================ # 6 --- Vorwort: Es ist ganz anders geworden, als ich es vorhatte, aber es gefällt mir wahnsinnig gut. Vorallem Keika und Lili... das kam so über mich und musste sein :P Es wird also noch interessant, da ich noch einiges an Ideen habe. Und... Ich bekomme Liebeserklärungen xD vielen Dank, da schreibe ich doch gerne weiter. Überhaupt danke für die Kommis. Spornt echt an ~kiya Kapitel 6 Völlig entsetzt starrte Keika einen Moment auf die Gestalt, die hinter den Vorhängen aufgetaucht war und dort auf dem Boden hockte. Es war Teiou, daran bestand kein Zweifel, aber was hatten sie mit ihm gemacht? Sein Hemd war zerissen und seine schwarzen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht. Auf seiner Stirn war die Narbe zu erkennen, die sonst von dem Stirnband verdeckt wurde, welches Teiou eigentlich immer trug. Sein Blick wirkte abwesend und ging ins Leere. Er wirkte sehr blass und eigentlich konnte man sagen, dass diese Gestalt da vorne nur noch ein Schatten des Kronprinzen war. "Lili ..." Keika atmete tief durch. Es kostete ihn sehr viel Mühe seinen Blick von Teiou zu lösen und sich wieder den Dämonen um sich herum zu widmen. "Ah du erkennst mich noch." Sie lächelte und drehte sich dann zu der erhabenen Gestalt auf dem Felsenthron um. "Das ist also der Keika?" Sie nickte bejaend auf die Frage. "Dann habe ich schon viel von Euch gehört." Ausdruckslos sah Keika den Dämon an. Was hatte Lili über ihn erzählt? Sie waren vor langer Zeit getrennt worden. Er war noch beinahe ein Kind gewesen. Was konnte sie also großartiges über ihn erzählt haben? Keika war damals ziemlich ängstlich gewesen und wenn er Pech hatte würden ihm diese Geschichten von Lili jetzt nicht sonderlich viel helfen. "Jetzt schau nicht so, es war nichts Schlimmes, Keika." Sie legte eine Hand an seine Wange, drehte seinen Kopf leicht zu sich und küsste ihn einfach, bevor sie sich lachend zurückzog und sich auf die Armlehne des Throns setzte. Ashray hatte Mühe nicht vor Überraschung, Entsetzen oder einfach nur Verwunderung - er war sich da nicht so sicher - mit offenem Mund dazustehen. War sein Bild, das er all die Jahre von Keika hatte doch richtig gewesen? War der wirklich so falsch? Oder was hatte das jetzt alles zu bedeuten? Eins war sicher: Trauen konnte er ihm ganz sicher nicht mehr - als ob er das vorher je getan hätte, aber in den letzten Tagen war doch eine gewisse Vertrautheit zwischen ihnen entstanden. Keikas Blicke wanderten wieder zu Teiou, der noch immer da saß, ohne sich auch nur gerührt zu haben. "Ihr scheint Euch für unseren Diener zu interessieren." "Hm, er ist ein Himmelsbewohner, nicht wahr?" "Ja. Dies ist doch eine viel angenehmere Form der Rache, als sie nur zu töten, oder?" Der Dämon lachte kurz. "Er wird nicht der Letzte von denen sein, der hier enden wird. Mit Eurem Wissen über die Himmelswelt werden wir es weit bringen." Er grinste, wurde aber beinahe sofort wieder ernst. "Kariko, bring ihn weg. Er stört momentan nur." Einer der beiden schwarz gewandeten Dämonen nickte, verneigte sich kurz, ging auf Teiou zu und zog ihn auf die Beine. Von Teiou kam kein Protest, kein Widerstand, was Keika erschreckte. Was war aus dem sonst so kämpferischen Himmelsprinzen geworden? Er sah, wie Teiou eine Treppe runter stolperte und auf die Knie fiel, fast im selben Moment aber wieder stand. Langsam schritt er durch den Raum und als er an Keika und Ashray vorbei kam, sah er sie an. Sein Blick war leer, dennoch haftete er eine Weile auf Keika, bevor er urplötzlich den Kopf senkte und zum Ausgang ging. Der Blick des obersten Herrn der Dämonen war konzentriert auf Teiou geheftet. Ashray war aufgefallen, dass Teiou erst dann weggesehen hatte, als in dessen Blick ein böses Funkeln aufgetreten war. Das kam ihm doch sehr seltsam vor, vor allem, dass Teiou keine Anstalten machte sich zu widersetzen. Zusammen mit dem Dämon namens Kariko verließ Teiou die große Halle und die Gestalt auf dem Thron wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Gästen zu. ~*~*~ "Keika, was ist mit euerm Begleiter? Möchte er sich uns auch anschließen?" Da, das war die Chance. Ashray sah kurz zu seinem dämonischen Begleiter, der zunächst leicht irritiert aussah, als ob er Ashray schon völlig verdrängt hätte, aber dennoch zu einer Antwort ansetzen wollte. "Mein Begleiter ..." Schnell trat Ashray hinter Keika hervor, verneigte sich und schnitt Keika das Wort ab, bevor der sich darüber überhaupt bewusst wurde. "Mein Name ist Alan." Er hob den Kopf und sah den Dämon vor sich an, der ihn interessiert zu mustern schien. "Ihr gehört augenscheinlich zu den gehörnten Dämonen. Aber ich habe gehört, dass diese von den Himmelssoldaten vernichtet worden wären." Für einen kurzen Moment stockte Ashray. Er hätte doch mit solch einer Antwort rechnen müssen. Keika hatte ihn doch in der Beziehung aufgeklärt. Letztlich nickte er einfach um die Pause zu überbrücken. "Ja, Ihr habt recht. Aber ich bin davon überzeugt, dass es durchaus noch einige hier gibt. Ich war lange im Himmel gefangen und wenn es Euch recht ist, dann würde ich mein Glück gerne versuchen und einige meines Volkes ausfindig machen." Jetzt log er schon wie gedruckt. Spielte das gleiche falsche Spiel wie Keika. Ashray unterdrückte einen leisen Seufzer, als er sich dieses Umstandes bewusst wurde und versuchte so überzeugend und aufrichtig wie nur möglich zu wirken. Keika sah ihn entsetzt an. Wie verdammt kam Ashray auf solch absurde Ideen? Hätte er ihm nie sagen dürfen, dass er ein Halbdämon war? Jetzt war es dafür auch zu spät. Am liebsten hätte er ihm richtig fest gegens Schienbein getreten, damit der Idiot wieder zur Vernunft kam. Aber das wäre wohl zu auffällig gewesen, zumal sie eh schon ein etwas seltsames Paar darstellten. "Ich denke es wäre leicht sie davon zu überzeugen, für Eure Sache einzutreten, nachdem was die Himmelsbewohner uns vor gut 20 Jahren angetan haben. Rache wäre uns sicherlich willkommen, zumal wir geschlossen und unter Eurer Führung gute Chancen haben werden." Der Rotschopf sah ihn aufrichtig an und lächelte. Er konnte nur hoffen, dass sein Gegenüber ihm das abkaufen würde. Dann könnte er sich von Keika abseilen und in Ruhe überlegen, was weiter zu tun wäre. Keika weiterhin zu folgen kam überhaupt nicht in Frage. Selbst als Teiou an ihnen vorüber gegangen war, hatte der nicht einmal mit der Wimper gezuckt, dabei sah Teiou wirklich schlecht aus, wie Ashray zugeben musste. So wie Keika das tat konnte man sich einfach nicht verstellen. Und der behauptete Teiou zu lieben? Nein! Er würde alleine versuchen Teiou zu befreien. Soviel stand für den Prinz des Südens fest. ~*~*~ "Kommst du ab hier alleine klar? Oder soll ich dich noch aus der Stadt bringen?" Sie standen unter dem Steinbogen, den sie bereits einmal passiert hatten, als sie die großen Höhlen betreten hatten. Vor ihnen lag, etwas tiefer, die Stadt, wenn man das so nennen konnte. Einen Moment betrachtete Ashray die vielen kleinen Lichter in den verzweigten Felswänden, dann sah er den Dämon an. Es war der mit der Bemalung ums Auge, welcher sie auch schon hierher gebracht hatte. "Nein ich komme schon zurecht. Vielen Dank." "Gut", er nickte, "ich wünsche dir viel Erfolg." Noch einmal atmete der junge Prinz tief durch, dann tauchte er in die Schatten der Gassen ein und in das Getümmel der Dämonen. Es war einfach gewesen. Sehr einfach. Es hatte geklappt. Innerlich freute er sich riesig. Er hatte Keika ein Schnippchen geschlagen. Dessen Gesicht würde er nie vergessen. Das blanke Entsetzen hatte in Keikas Blick gelegen, als ihm gestattet wurde seinen Klan zu suchen. Als ob er das je vorgehabt hätte. Zusammenreißen ... er musste sich ehrlich zusammenreißen nicht loszulachen. Er war ein Himmelsbewohner - durch und durch - warum sollte er bitte einen Dämonenstamm suchen, der eh vernichtet war? Auch wenn er zur Hälfte dämonisches Blut in sich trug - laut Keika - würde er niemals auf solch abwegige Ideen kommen. Aber als Tarnung kam ihm dieser Umstand durchaus gelegen. Jetzt musste er sich nur noch darüber klar werden, wie er Teiou befreien wollte und vorallem, wo genau sie ihn eigentlich hingebracht hatten. Sein Blick fiel noch einmal zurück zu dem steinernen Torbogen, wo immer noch der in schwarz gekleidete Dämon stand und ihm nachsah. Langsam bahnte er sich seinen Weg durch die Gassen, vorbei an den seltsamsten dämonischen Geschöpfen, die ihm auf dem Hinweg nicht so sehr aufgefallen waren. Innerlich verspürte er Abneigung gegen sie, dennoch gab es ihm zu denken, dass seine Mutter eine von ihnen gewesen war oder sein könnte. Konnte man Keika noch glauben? Wohl eher nicht... Er bog um eine Ecke, dann um zwei weitere und verschwand in einem verlassenen, unbeleuchteten Hinterhof. ~*~*~ "Vater, du solltest dich schlafen legen." Von hinten legte sich eine Hand auf die Schulter des Tennos. Als er aufsah, blickte er in das leicht besorgt aussehende Gesicht seines zweitältesten Sohnes. "Du hast Recht, ich will nur noch eben das hier zu Ende durchsehen." Seufzend ließ sich Koo auf einem Stuhl neben seinem Vater nieder. Seit dem Bekanntwerden von Teious Verschwinden hatte er so gut wie gar nicht mehr geschlafen und man konnte ihm ansehen, dass er sehr besorgt war. "Du suchst schon seit Tagen und ich glaube kaum, dass du in diesem Buch noch eine Karte finden wirst. Es gibt keine zuverlässigen Karten der Dämonenwelt. Das weißt du so gut wie ich." Er nahm seinem Vater das Buch aus der Hand, in dem der geistesabwesend rumblätterte. "Und wenn dann sicher nicht hier sondern in der Bibliothek des Shuten." Er lächelte leicht. Um sie herum war es dunkel und nur die Lampe, die Koo mitgebracht hatte, spendete noch wirklich Licht und die Kerze, in deren Schein Soryuou gelesen hatte. Durch die großen Fenster fiel nur wenig Mondlicht, welches gespenstische Schatten auf den Regalreihen hervorbrachte. "Komm jetzt." Entschlossen fasste er seinen Vater am Arm und zog ihn hoch. Alle machten sie sich Sorgen um Teiou. Auch wenn das Verhältnis zu seinem kleinen Bruder eher schlecht war, seitdem er mit diesem Dämon zusammen war, gehörte Teiou doch zur Familie. Seufzend erhob sich Soryuou und folgte seinem Sohn durch die Regalreihen. Bisher hatten sie noch keinen Weg gefunden Teiou auch nur irgendwie zu helfen. Beinahe täglich machte sich der Tenno auf in den Himmelsturm, wo ihm der Shuten Tiarandear einen Blick in den Spiegel gewährte. Bisher lebte Teiou noch und das war wichtig zu wissen. Es war nicht beruhigend, aber es war besser als nichts. Soryuou hatte sich ganz dem Suchen nach irgendwelchen Karten der Dämonenwelt verschrieben. Seine Pflichten als Herr des Ostens übernahm sein ältester Sohn Shoou, der diese auch pflichtbewusst erfüllte. Selbst war er einfach momentan nicht in der Lage sich auch noch darauf zu konzentrieren, wo Teiou ihm schon genug Sorgen machte. Teiou ... eigentlich war der immer der gewesen, um den man sich am meisten Sorgen machen musste. Er hatte immer etwas anzustellen gewusst ... Koo blieb stehen und öffnete die Tür zu den Räumlichkeiten seines Vaters. Er sah ihn ernst an, während Soryuou an ihm vorbei durch die Tür ging. "Mach dir nicht so viele Gedanken. Wir finden sicherlich einen Weg ihn da raus zu holen." Im schwachen Licht konnte er das schwache Lächeln seines Vaters erkennen. "Es gibt ja auch noch die Möglichkeit, dass dieser Dä... dass Keika es schafft ihn zurückzubringen." Sein Vater nickte, warf Koo einen kurzen, sehr verwunderten Blick zu und wünschte ihm eine gute Nacht, bevor er die Tür schloss. Koo wandte sich ab und ging den verlassenen Flur entlang. Es war spät und die meisten Diener bereits in ihren Kammern. Nur ein paar Wächter traf man hier und da. Bisher hatte er es vermieden zu glauben, dass dieser Dämon jemals etwas gutes tun könnte, aber als er ihm eröffnet hatte, dass Teiou nicht bei der Versammlung der Generalfeldmarschälle gewesen war, hatte eine Besorgnis in Keikas Augen gelegen, die er irgendwie nicht vergessen konnte. Vielleicht hatte er als einziger die Chance Teiou zu retten. Schnell schüttelte Koo den Kopf. Keika war ein Dämon. Von denen konnte man soetwas nicht erwarten. Man durfte ihnen nicht vertrauen. Diesen Fehler hatte wohl auch der Prinz des Südens gemacht. Wie konnte der nur mit in die Dämonenwelt gehen? Seufzend betrat Koo seine Gemächer. Morgen würde er sich wieder mit Grindas treffen, Ashrays Schwester ... Er sollte besser auch schlafen. Wer wusste schon, was die wieder alles mit ihm vor hatte ... ~*~*~ "Störe ich dich?" Überrascht sah Keika auf. Er saß, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, auf einem harten Bett in einer kleinen Felskammer, die mit zwei Lampen ausgeleuchtet wurde. Durch die Tür strömte wärmeres Licht herein und eine zierliche schlanke Gestalt war aufgetaucht. Lili ... Eine Weile sah er sie an, dann seufzte er leise und winkte sie herein. Leise schloss sie die schwere Tür hinter sich, kam auf ihn zu und setzte sich ohne zu fragen neben ihn auf das Bett. "Du siehst müde aus." Sie lächelte. "Hat Guru dich so sehr in Anspruch genommen?" "Guru?" Verwirrt sah er sie an. Er war so in Gedanken gewesen, dass er im Moment mit dem Namen nichts verbinden konnte. Gerade als sie ihm lächelnd auf die Sprünge helfen wollte, nickte er. "Ja ... Guru hat viel wissen wollen. Verständlich. Er denkt alles mehrfach durch, bevor er einen Schritt tut." In gewisser Weise hatte dieser charismatische Dämon einen sehr starken Eindruck bei Keika hinterlassen. Sein Gesicht sah er immer noch genau vor sich und seine Art war seltsam beherrschend und zeugte von ungeheurer Autorität. Er war der geborene Anführer und endlich wusste Keika auch, wer hier in der Lage war die verfeindeten Clans zu einigen und für seine Zwecke zu gebrauchen. "Ja, das tut er allerdings." Sie strich sich eine Haarsträhne zurück und sah Keika genaustens an. "Du hast dich sehr verändert, Keika. Du bist nicht mehr das Kind, welches ich damals getroffen habe." Unweigerlich musste Keika lächeln. Wie kam sie nur darauf? Es waren Jahre vergangen, seitdem er sie das letzte Mal gesehen hatte. "Sogar ich bin erwachsen geworden. Wer hätte das je für möglich gehalten?" Ihr helles Lachen erfüllte den Raum. Langsam rutschte sie näher zu ihm hin, bis nur noch wenige Zentimeter sie voneinander trennten. "Ich wusste, dass du einmal ein starker junger Mann sein würdest und ich habe mich nicht getäuscht." Sie sah ihm direkt in die Augen. "Eigentlich übertriffst du meine Erwartungen sogar noch. Du bist hübsch, klug und sehr zielstrebig. Die letzten Jahre waren sicher nicht leicht für dich. Im Himmel dienen ..." Angewidert verzog sie das Gesicht. "Ist das nicht grausam?" "Grausam ..." Leise wiederholte er es für sich. Konnte er sie anlügen? Es war Lili. Konnte er ihr glaubhaft versichern, dass es grausam war? Es war schwer gewesen, sehr schwer sogar, aber Teiou war bei ihm gewesen und hatte ihm zur Seite gestanden. Immer ... Was war daran grausam? Während seiner Gedanken hatte er den Blick gesenkt gehalten, hob jetzt aber den Kopf wieder um sie direkt anzusehen. "Es war nicht grausam. Es war erniedrigend." Das war die Wahrheit. Zum Teil jedenfalls. Die Dämonen waren stolze Geschöpfe und es war für Keika sehr schwer gewesen sich daran zu gewöhnen wie ein Stück Vieh in einem Zoo behandelt zu werden. Durch sein Aussehen zog er ständig Blicke auf sich. Aber er hatte sich daran gewöhnt und Teious Beteuerungen wie schön er eigentlich wäre, hatten ihn für vieles entschädigt. Teiou ... "Du Armer ..." Mitleid lag in ihrem Blick. Sie hob die Hand und streckte sie vorsichtig nach ihm aus, als wolle sie ihm eine seiner Strähnen zurück streichen, die Keika tief ins Gesicht hingen. Aufmerksam hatte der Silberhaarige jede ihrer Bewegungen beobachtet und als sie ihn fast berührte, fasste er sie mit einer schnellen Bewegung am Handgelenk. Etwas irritiert sah sie ihn an, dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. "Ich tu dir schon nichts. Lass mich nur dein Gesicht mal richtig sehen." Keika hörte ihr gar nicht richtig zu. Er betrachtete ihr Handgelenk, um welches sich fein säuberlich ein Verband wand, der einen Teil ihrer Hand und gut die Hälfte ihres Unterarms verdeckte. "Du gibst ihm deine Kraft?" Verständnislosigkeit lag in seiner Stimme und er sah sie nun ernst an. "Schau nicht so vorwurfsvoll. Was glaubst du, wie es sonst möglich wäre die Dämonen zu einigen, wenn nicht einer besonders stark ist. Außerdem bin ich nicht die Einzige." In ihren Worten schwang eine gewisse Trotzigkeit mit. "Koriko und Noel geben ihm ebenfalls ihre Kraft." Auf seinen fragenden Blick hin fügte sie noch schnell hinzu, dass dies die beiden Dämonen waren, die ihn und 'Alan' hierher gebracht hatten. "Ich weiß, dass du von diesen Praktiken nicht allzuviel hältst, aber es ist nötig und ich verlange auch gar nicht, dass du dich dem anschließt." Sie ließ sich zurückfallen und betrachtete Keika nun wieder mit größerem Abstand. "Du hattest schon immer Angst davor. In der Beziehung bist du also noch immer das Kind." Sein Blick ruhte auf ihr. Sie hatte recht. Er hatte Angst vor dieser Praktik der Dämonen. Die eigenen Kräfte durch die eines anderen stärken. Er schauderte. Aber es war nicht nur Angst, es war auch seine Moral, die sich nicht damit vereinbaren ließ. Es widerstrebte ihm, andere ihrer Kräfte zu berauben. Es widerstrebte ihm einfach. Er selbst gehörte mit zu den stärksten Dämonen. Warum sollte er dann noch die Kraft eines anderen nehmen? Als Kind hatte Lili ihn unter ihre Fittiche genommen. Sie war keine Mutter für ihn gewesen, eher eine große Schwester, oder vielleicht noch mehr, und er hatte sie bewundert. Sehr sogar. Der Kuss, den sie ihm bei ihrem Wiedersehen gegeben hatte, hatte alles wieder heraufbeschworen, was er je für sie empfunden hatte. Es war lange her und es hatte sich viel verändert, aber jetzt erinnerte sich Keika an den Tag, wo sie ihn hatte mitnehmen wollen. Sie hatte ihm zeigen wollen, wie man seine eigene Kraft stärken konnte ... "Du bist uns auch so dienlich genug. Dein Wissen ist enorm und es wird sich bald herausstellen, dass wir dadurch einen großen Vorteil haben werden. Du bist ein wertvoller Verbündeter. Ein sehr wertvoller ..." Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens durchbrach Lili die Stille. Für einen Moment wirkte sie sehr ernst, dann lächelte sie aber wieder. "Ich bin froh, dass du aufgetaucht bist. Denn eigentlich habe ich dich sehr vermisst, mein kleiner Keika." Wieder rutschte sie näher zu ihm, strich ihm die Haare aus dem Gesicht, legte ihre Arme um ihn, welche sie in seinem Nacken verschränkte, und sah ihn mit leuchtenden Augen an. Keika biss sich leicht auf die Unterlippe. Er saß regungslos da, unschlüssig, was er tun sollte. Er hatte sie auch vermisst, hatte oft an sie gedacht, als er die erste Zeit im Himmel war, aber in den letzten Jahren waren seine Erinnerungen verblasst und er hatte seine Gefühle verdrängt. Teiou war wichtig. Teiou war derjenige, den er jetzt liebte. Teiou war der, den er retten wollte, den er befreien musste und dem er helfen wollte, weil er ihn so sehr liebte. Er liebte Teiou, niemanden anders. Warum verdammt schien das jetzt alles so weit weg? Schon fast automatisch umarmte er sie, zog sie ein Stück näher zu sich. Er schloss die Augen, dann spürte er ihre Lippen auf seinen. Als sie sich voneinander lösten, sah sie ihn liebvoll an. Ihre Hand lag an seiner Wange. Keika versuchte sie kühl und neutral anzusehen, aber er lächelte doch flüchtig. "Du bist müde. Ich lasse dich alleine. Schlaf dich aus. Wir sehen uns morgen." Noch einmal strich sie ihm über die Wange, dann stand sie auf und ging zur Tür. Keika sah ihr nach. Er war wirklich müde. Die letzten zwei Tage waren sehr anstrengend gewesen. Er hatte Guru alles berichten müssen, was er wusste. Dabei hatte er sorgfältig abwägen müssen, was er sagen konnte und was nicht. Außerdem wurde das Lügennetz langsam doch sehr dicht und er musste aufpassen nicht aufzufliegen. Wegen Ashray machte er sich pausenlos Gedanken. Teiou hatte er auch nicht wieder gesehen, geschweige denn Zeit gehabt nach ihm zu suchen. Und jetzt war er auch noch wegen Lili völlig durcheinander. Sie drehte sich nochmal zu ihm um. "Schlaf jetzt. Und denk nicht mehr so viel nach." Leise öffnete sie die Tür, verweilte einen kurzen Augenblick, schenkte ihm noch ein Lächeln und verschwand dann lautlos. Tief durchatmend lehnte sich Keika an die Wand und schloss die Augen. Sie kannte ihn durch und durch. Vielleicht zu gut, vielleicht besser als er sich selbst ... Kurz schreckte er auf, als er das Knarren von Holz vernahm. Er sah zu dem alten Holzstuhl, der sich neben einem Tischchen noch im Raum befand, konnte aber nichts verdächtiges erkennen. Er war alleine. Wahrscheinlich war er einfach zu müde. Er sollte Lilis Rat befolgen und schlafen, auch wenn er bezweifelte das überhaupt zu können ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)