Fremde Welten von kiyahotep (Denn nur wer in der Hölle war, kann den Himmel wirklich sehen.) ================================================================================ # 4 --- Kapitel 4 „Ist Ashrao mittlerweile eingetroffen?“ Tia zuckte an seinem Schreibtisch zusammen. Die recht raue Stimme gehörte Soryuou, dem Tenno des Ostens, der auch Teious Vater war, und ihn gerade doch erschreckt hatte. „Es tut mir Leid, noch nicht.“ Mit der Hand deutete er auf einen Sessel, auf den sich der Ältere nieder ließ. „Für wen oder was hält der sich eigentlich?“ Der Shuten merkte, dass Soryuou ziemlich angespannt war. Er hatte ihm auf sein Drängen hin einen Blick in den Spiegel gewährt und kurz den Stand der Dinge erläutert. Allerdings wollte er Ashrays Vater auch gleich mit dabei haben, da er sich so den doppelten Vortrag sparen konnte und außerdem gleich mit den beiden überlegen konnte, was zu tun sei. Sie warteten schon 2 Stunden. Tia hatte nicht erwartet, dass Soryuou so besorgt sein würde. Sein Verhältnis zu Teiou war nicht das allerbeste. Vor allem seit Teiou Keika an seiner Seite hatte war es eher eisig, jedenfalls wenn man Teiou glauben schenken durfte, dessen Position der Shuten nunmal besser kannte als die seines Vaters. Dennoch: Soryuou hing an Teiou, seinem Jüngsten, der alles eher locker sah und immer eine gewisse heitere Stimmung verbreitete, egal wo er auftauchte. „Der Dämon, ich meine Keika ist ...“, er sah Tia an, der nur nickte. „Er ist ebenfalls in der Dämonenwelt und ich denke ...“ „..., dass er keine schlechten Absichten hat“ führte der alte Tenno fort. „Ich weiß, ich weiß. Keika wird Teiou retten. Ich werde ihm vertrauen. Im Gegensatz zu uns tut er immerhin etwas.“ Jetzt war Tiarandear wirklich baff. Allerdings konnte er seine Verwunderung über diese Worte aus dem Mund von Teious Vater nicht mehr zum Ausdruck bringen. Eine rothaarige Schönheit stürzte in das Arbeitszimmer des Blonden und sah sich hektisch um. „Was ist mit meinem Bruder?“ Ein kurzer Blick verriet Tia schon, dass Soryuou gerade ebenso überrascht über diese Erscheinung war, wie er selbst. Der König des Südens hielt es also nicht einmal für angemessen, selbst aufzutauchen. ~*~*~ „Ah, verdammt ...“ Vor sich hin fluchend hüpfte Ashray auf einem Bein rum. Wenig beeindruckt blieb Keika kurz stehen, drehte sich aber nicht zu dem Rotschopf um. Er konnte sich schon denken, was passiert war. Ashray war wohl wieder über einen Felsen gestolpert, die in der Dunkelheit nicht zu erkennen waren, allerdings fast den ganzen Boden überdeckten. Keika hörte einen Klang, wie wenn Stein auf Stein schlägt, begleitet von einer weiteren Verwünschung Ashrays. Ein kurzes Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Auch wenn er und Ashray hier mehr oder weniger Verbündete waren, so war es doch irgendwie eine Genugtuung, dass der sonst ach so starke Generalfeldmarschall hier hilflos über fast jeden noch so kleinen Stein stolperte. „Erklär mir mal bitte, warum immer nur ich über die Dinger falle.“ Schmollend sah der Prinz des Südens Keika an, zu dem er mittlerweile aufgeholt hatte. Im ersten Moment wurde Keika ziemlich geblendet. In Ashrays Hand leuchtete eine kleine Flamme, welche Keika dazu brachte die Augen zu Schlitzen zu verengen, da sie so hell war, dass sie in seinen mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnten Augen brannte. „Kannst du das nicht wieder ausmachen?“ „Nein, so sehe ich wenigstens mal was, anstatt hier blind durch die Gegend zu stolpern“, kam die trotzige Antwort von dem Kleineren. „Außerdem kannst du mir das nicht verbieten.“ Keika sagte dazu nichts mehr. Er wollte die eh schon angespannte Situation zwischen ihnen nicht noch eskalieren lassen. Die letzten zwei Tage waren nicht nur Ashray, sondern auch ihm aufs Gemüt geschlagen. Nie hätte Keika sich träumen lassen, dass diese Dunkelheit ihn so gefangen nehmen würde. Früher war er dieses ständige Schummerlicht gewöhnt gewesen, jetzt musste er feststellen, dass ihn die Jahre in der Menschenwelt und im Himmel doch ziemlich verändert hatten. Er kam zwar noch zurecht und seine Sinne waren noch an die Umstände hier angepasst - weshalb er auch nicht über die Steine stolperte, weil er die im Gegensatz zu Ashray sah - aber irgendwie litt seine Seele hier schon, wenn er als Dämon so etwas überhaupt besaß. Viel schlimmer schien diese ständige Nacht auf den Prinz des Südens zu wirken. Seine sonst schon recht launische Art hatte sich noch gesteigert, was Keika so nie für möglich gehalten hätte. Mal ließ er seine Wut gerade raus und schien kurz davor ihn jeden Moment anzufallen, mal schwieg er stundenlang und wirkte irgendwie bedrückt. Das Schlimmste für sie beide war wohl, dass sie bisher nicht wirklich eine Spur hatten, wo sie Teiou finden konnten. Zwar hatte Keika sich häufig erkundigt, allerdings musste er dabei ja vorsichtig sein, dass sie sich nicht verrieten und raus kam, dass sie nur hier waren um einen Himmelsbewohner zu retten. Eins war Keika allerdings aufgefallen. Hier schien sich einiges verändert zu haben. Auch in den Machtstrukturen. Schon am Eingang die beiden 'Wächter' waren ihm seltsam vorgekommen und dieser Eindruck hatte sich in den letzten zwei Tagen nur noch verstärkt. ~*~*~ Ashray war wieder in seiner Schweigephase angekommen. Er starrte in die kleine Flamme, die in seiner Hand tanzte. Zwei Tage irrten sie hier unten schon umher und das Ganze grenzte so langsam an eine wirklich harte Geduldsprobe. Keika war immer noch so erhaben, wie sonst auch, aber er selbst fühle sich wirklich mies. Er vermisste das Licht der Sonne. Außerdem spukten ihm die Erkenntnisse über seine Mutter schon die ganze Zeit im Kopf herum, die Keika ihm thesenartig dargelegt hatte. Der Silberhaarige hatte ihm erlaubt sich in sichtbarer Gestalt zu bewegen, da er ja so gesehen ein Dämon war, aber so viel besser war das auch nicht. Alle Dämonen starrten ihn an, als hätten sie noch nie solch ein Horn gesehen. Allerdings hatten fast alle Respekt vor ihm und wichen zurück, jedenfalls die schwächeren Arten. Dass es hier eine unzählbare Vielfalt an Dämonen gab, hatte Ashray erst vor kurzem festgestellt. Als er und Keika an eine Art Wirtshaus gekommen waren, wenn man das so nennen konnte. Es war eine kleinere Höhle innerhalb eines riesigen Felsendoms gewesen, die keinerlei Ähnlichkeit mit den Wirtsstuben des Himmels aufwies, aber dennoch den gleichen Zweck zu erfüllen schien. Er selbst war ohne zu zögern dort hineinmarschiert, weil ihn das Licht so angezogen hatte, welches aus dem Eingang flackerte. Keika hatte versucht ihn zurückzuhalten, allerdings war das erfolglos geblieben. Noch jetzt schüttelte es den jungen Prinzen, wenn er an den Anblick dachte. Dämonen, unzählig viele, manche menschlich, manche wie Tiere, manche, die beides oder nichts von beidem waren, sondern eine bunte Mischung aus allen seltsamen, abstrusen Fabelwesen, von denen Ashray je gehört hatte. Ihre Sprache war nicht melodisch oder einheitlich, eher wie Tierlaute, jedenfalls schien es ihm so, aber sie schienen sich zu verstehen. Völlig erschlagen von dem Anblick hatte Ashray am Eingang gestanden und die Menge angestarrt und die Horde hatte es ihm gleich getan. ~*~*~ „Die hat dich sicher belogen, als sie uns in diese Richtung geschickt hat.“ Leicht entnervt klingend durchbrach Ashray die Stille und erreichte damit, dass Keika sich kurz zu ihm umdrehte. „Was weiß ich,“ kam es von dem Dämon, begleitet von einem Schulterzucken. Er war sich anscheinend selbst nicht so ganz sicher. Mit Grauen erinnerte sich Ashray an die Wirtin, wenn man diesen Dämon als solche bezeichnen konnte. Halb Mensch, halb Reptil oder so etwas. Keika hatte mit ihr verhandelt und letztlich eine Richtung zugewiesen bekommen, in der sie suchen konnten. Außerdem hatte er sie breitschlagen können, etwas Proviant zu erübrigen. Als Gegenleistung hatte der Silberhaarige eine grausam aussehende Wunde an ihrem Handgelenk behandelt. „Du hast ja nichtmal nach einem Himmelsbewohner gefragt, wie verdammt sollen wir Teiou dann bitte finden?“ Mittlerweile hörte sich der junge Prinz sehr aufgebracht an. „Ich habe dir schon einmal erklärt, dass ich nicht offen fragen kann. Was glaubst du machen die mit uns, wenn herauskommt, dass wir einen Bewohner des Himmels suchen, noch dazu einen Prinzen und mit dem zurück in die Himmelswelt wollen?“ Er warf Ashray, der gerade etwas darauf erwidern wollte, einen strengen Blick zu, bevor er fortfuhr: „Außerdem, woher willst du wissen, was ich gefragt habe?“ Ein leicht triumphierender Unterton schwang in seiner Stimme mit. „Du dürftest das doch gar nicht verstanden haben.“ Das reichte. „Machst du dich etwa lustig?“. Zischte der Rotschopf und schleuderte die Flamme aus seiner Hand in Keikas Richtung. Der schien davon aber nicht sonderlich beeindruckt, trat einen Schritt zur Seite, sodass er verfehlt wurde und bevor Ashray sich versah, wurde er von ihm fest am Handgelenk gepackt. „Das solltest du lieber lassen.“ Keikas Stimme klang beschwörend und vorallem streng. Auch wenn er diese Worte noch so ruhig von sich gab, so konnte Ashray förmlich spüren, wie wütend der Dämon war. „Noch so eine Aktion und ich lasse dich als Himmelsprinz auffliegen.“ Erschrocken sah Ashray in das Gesicht des Größeren, in dem er lesen konnte, wie ernst der das gerade Gesagte meinte. Er schluckte. Eigentlich war es nicht seine Art klein beizugeben, aber was blieb ihm jetzt gerade übrig. Er nickte leicht, worauf Keika seinen Griff lockerte und ihn letztlich losließ. „Ich habe nach einem Zusammenschluss von menschlichen Dämonen gefragt. Andersartige hätten wohl keine Chance unauffällig in den Himmel einzudringen.“ Er warf Ashray einen flüchtigen Blick zu, der nun schweigend neben ihm herging. „Die Menschenähnlichen leben in den tieferen Gegenden dieser Welt. Von daher denke ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ „Wenn du dir da so sicher bist ...“, murmelte Ashray und schwieg weiter. ~*~*~ Sicher war sich Keika überhaupt nicht. Er hatte zwar diese Vermutung, dass sich hier unten etwas tat, aber von Sicherheit konnte man nicht sprechen. Es schien sich in den letzten Jahren einiges verändert zu haben. Noch nie war es hier so ruhig gewesen. Jedenfalls konnte Keika sich nicht daran erinnern. Eigentlich kam es ständig und überall zu Zwischenfällen unter verfeindeten Clans oder auch einzelnen Dämonen. Ein ruhiges Wort konnte man selten mit ihnen wechseln, wenn sie nicht vom selben Stamm kamen. Die Feindseligkeit und der Konkurrenzkampf waren viel zu groß gewesen, als dass sich jetzt plötzlich alles so friedlich verhalten konnte. Irgendwie wurde Keika diesen Verdacht nicht los, dass irgendein starker Dämon oder Dämonenstamm hier die Macht an sich genommen hatte. Die Wächter am Eingang waren ihm schon verdächtig vorgekommen und diese Friedlichkeit in dem Wirtshaus war auch äußerst verdächtig. Normal lief da ohne eine Schlägerei gar nichts. Dieser Friede, der hier unten herrschte, hatte mit Sicherheit nichts Gutes zu bedeuten. Dämonen schlossen sich nur zusammen, wenn sie ein gemeinsames Ziel verfolgten, welches eigentlich immer das Gleiche war: Die Eroberung des Himmels. War Teious Verschwinden erst der Anfang? Ein harmloser Anfang, der noch um einiges zu steigern war und in der Unterwerfung des Himmelsreiches gipfeln konnte? Und sie hatten keine Ahnung, überhaupt keine. Nicht einmal eine Vermutung, was hier unten ablief. Der Himmel war so gesehen völlig unvorbereitet und schutzlos. Der Shuten hatte nicht einmal etwas über einen solchen, bevorstehenden Angriff anklingen lassen und wenn, dann hätte Teiou es erfahren müssen. Er war immerhin Generalfeldmarschall und dann hätte er Keika das sicher auch gesagt. Was war mit dieser Versammlung, die ohne Teiou stattgefunden hatte? War dies da zur Sprache gekommen? Nein, eigentlich unmöglich. Wenn so ein Verdacht bestand, dann wäre dass nicht nur Sache des Ostens, sondern auch der anderen drei Länder und die Versammlung hätte im Himmelsturm unter dem Vorsitz des Shuten stattgefunden. Und Tia schien nicht so besorgt, als dass er von solch einer bevorstehenden Verschwörung aus der Dämonenwelt etwas wusste. Sie waren also völlig unvorbereitet ... ~*~*~ Ein erschrocken klingender Schrei lies Keika aus seinen Gedanken aufschrecken. Neben ihm zischte es. Schützend hob er die Arme vor sein Gesicht, um die heißen Tropfen abzuwehren, die plötzlich durch die Luft wirbelten. Im ersten Moment konnte er nichts sehen, da eine Wolke aus heißem Wasserdampf ihn einschloss. Ein Geysir war direkt neben ihm und Ashray aus dem Boden geschossen, hatte aber keinen von beiden direkt erwischt. „Ashray?“ Keika trat einen Schritt vor, aber seine Sicht wurde nicht besser und er sah den Rotschopf auch nicht. „Nichts passiert“, drang die Stimme des Prinzen durch den weißen Dunst. Sie klang unglaublich weit weg und irgendwie verzerrt, was aber wahrscheinlich daran lag, dass Keika immer noch das Rauschen des Geysirs im Ohr hatte. Erst als sich der Dampf nach einer Weile gelegt hatte erkannte er, dass er ziemlich direkt an einem Abgrund stand. Ein relativ steil abfallender Abhang befand sich vor ihm, bestehend aus Steinen und von Wasser durchweichter Erde. Hier und da wucherten ein paar Schlingpflanzen und in etwa 5 Metern Tiefe lief der Abhang seicht in einen See aus, in dem sich gerade eine völlig durchnässte Gestalt aufrappelte. Alles lag in einem roten Schein. Erst jetzt fiel Keika auf, dass sie aus dem Felsengang in eine weit auslaufende Ebene gekommen waren, die von steilen Felswänden begrenzt wurde. Dies war einer der wenigen Orte, wo die Dämonenwelt in Berührung mit dem Himmel kam. Es gab keine Felsdecke, wie sonst in den großen Hallen. Nein, hier ging es unendlich weit in die Höhe, allerdings war die Sicht von einem Dunstschleier versperrt. In weiter Ferne erkannte Keika eine rote Kugel, deren sanftes Licht den riesigen See und die darum wachsenden Pflanzen mit einem rötlichen Schleier überzog. Es war der Mond, das einzige Himmelsgestirn, welches hier unten immer zu zu sehen war. Dieser Anblick wirkte irgendwie beruhigend auf Keika. Dies war einer der wenigen Orte hier unten, den er als schön empfand. Wahrscheinlich auch, weil es eine offene Verbindung zum Himmel gab und durch das Mondlicht eine friedliche Atmosphäre geschaffen wurde. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ Endlich hatte Keika sich von dem Anblick vor ihm losreißen können und sah zu Ashray runter, der immer noch etwa bis zur Hüfte im Wasser stand und dabei war sich von einigen Wasserpflanzen zu befreien, die in seinen Haaren hingen und über seine Schultern fielen. Der Rothaarige nickte und setzte gerade an etwas zu sagen, als er plötzlich im Wasser verschwand, kurze Zeit später aber ein ganzes Stück weiter vom Ufer entfernt japsend wieder auftauchte und hilfesuchend die Arme ausstreckte, um sich irgendwo festzuhalten. „Keika ... hilf mir ...“, schrie Ashray und sah kurz zu dem Dämon, bevor er wieder unter Wasser gezogen wurde. Irgendetwas hatte ihn in seinen Fängen und zog in mit aller Kraft nach Unten und immer weiter vom Ufer weg. Erschrocken hatte Keika zugesehen und rutschte nun eilig, allerdings recht unbeholfen, den matschigen Abhang runter, während er sich seines Mantels und seiner Tasche entledigte. Er hätte sich denken müssen, dass diese Idylle hier trügerisch war. Die Gefahr lauerte im Wasser ... Er lief einige Schritte ins Wasser, bis dieses ihm ungefähr bis an die Knie ging. Ashray tauchte ab und zu nach Luft schnappend vor ihm auf. Bis dahin war es allerdings noch ein ganzes Stück. Für einen kurzen Augenblick schloss Keika die Augen und konzentrierte sich. Dann hob er den rechten Arm, streckte ihn aus und ein starker Wind kam auf, der zunächst die glatte Oberfläche sich kräuseln lies, aber dann so kräftig war, dass um Keika herum dass Wasser davon wich und eine Schneise bildete. Recht zügig kam er nun bis an Ashray heran. Rechts und links von ihm türmte sich das Wasser auf, schäumte und spritzte. Es war eine Art Schramm, der Ashray in seinen Fängen hatte. Ein verdammt großer, wie Keika erschrocken feststellte. Er bekam Ashrays nasse Hand zu fassen und wurde von der Bewegung des Dämons mitgerissen. Der Dämon war zu stark, als dass er den Rothaarigen einfach hätte aus dessen Griff ziehen können. Über ihnen schloss sich das Wasser zusammen. Für einen kurzen Moment nur, als er von den Beinen gerissen wurde, hatte Keika die Kontrolle über den Wind verloren und nun fand er nicht die nötige Konzentration um ihn wieder für seine Zwecke zu nutzen. Beide wurden sie nun vom Wasser eingeschlossen. Ashray immer noch in den Schlingen des Dämons hängend und Keika, sich an Ashray festhaltend, um ihn irgendwie los zu bekommen. Eilig tastete Keika mit der freien Hand nach seinem Gürtel, an dem er einen Dolch trug, was sich unter Wasser als ziemlich schwierig herausstellte, ihm aber letztlich doch gelang. Mühsam zog er sich durch die Strömung, die der Dämon durch seine Bewegungen verursachte, näher zu Ashray. Er bekam eine der Schlingen zu packen, die fest um dessen Beine gelegt waren. Hastig versuchte Keika die Fesseln zu durchschneiden. Ihm ging die Luft langsam aus und Ashray wahrscheinlich auch. Trotzdem brauchte er eine ganze Weile, bis er es, trotz der immer heftiger werdenden Bewegungen des Pflanzendämons, schaffte. Bevor Keika sich versah, hatte Ashray ihn am Kragen gepackt und zog ihn mit hoch zur Wasseroberfläche. Keine Sekunde zu früh, denn der Dämon hatte seine Fänge schon wieder in Richtung der beiden schnellen lassen, verfehlte Keika, dank Ashray, aber um Haaresbreite. Alleine währe Keika wohl nie so schnell nach oben gekommen ... ~*~*~ Triefend nass und immer noch mit rasendem Atem stolperten sie beide ans Ufer. Keika hob seine Sachen auf und sie versuchten schnellstens einen möglichst großen Abstand zwischen sich und dem so ruhig wirkenden See zu bringen. Nach gut 100 Schritten hielt Ashray an und ließ sich vor ein paar Felsen auf den sandigen Boden fallen. „Ich kann nicht mehr“, brachte er keuchend hervor. Keika sank ebenfalls erstmal auf die Knie und rang nach Luft. Im Moment war er nur zu einem leichten Nicken im Stande. Das gerade war wirklich knapp gewesen. Hätte Ashray ihn nicht mit nach oben gezogen, wer weiß, ob Keika dann den Fängen des Dämons noch entkommen wäre. Vermutlich eher nicht. „Wir sollten eine Weile hier rasten.“ „Und der Dämon? Wenn der da raus kommt?“ Der Rothaarige starrte auf die, mittlerweile wieder ruhige und glatte Seeoberfläche. „Das ist ein Wasserdämon. Er kann da nicht raus. Wir sind hier sicher.“ Jedenfalls vor ihm ... wollte Keika noch hinzufügen, lies es aber. Er würde heute keinen Schritt mehr gehen können. Vorallem nicht mit seinen nassen Kleidern, die ihm am Körper klebten und bei Ashray sah es sicher nicht viel anders aus. Keika zog sein Hemd aus und breitete es über den Felsen zum Trocknen aus, nachdem er es ausgewrungen hatte. Er schauderte. Ein kalter Wind fegte über diese Ebene hinweg. Hier war es immerhin nicht so feucht wie in den Höhlen, aber durch den Wind trotzdem kalt. Zögernd nahm er seinen Umhang, der noch einigermaßen trocken, wenn auch dreckig, war. Flüchtig sah der Silberhaarige zu Ashray, der sofort verneinend den Kopf schüttelte. „Nimm nur. Ich brauche den nicht.“ Ein wenig verblüfft sah Keika ihn an. Er hatte wirklich fragen wollen, ob Ashray einen Teil des Umhangs haben wollte. Er hätte ihn dann zerteilt, groß genug war er auf jeden Fall. Ashray machte zu Keikas Verwunderung auch keine Anstalten sein nasses Oberteil auszuziehen. Stattdessen starrte er vor sich auf den Sandboden und spielte mit einem Stein in seiner rechten Hand. Kurz darauf leuchtete sein Gesicht in einem orangeroten Schein. Vor ihm tanzte eine Flamme. Zwar eine recht kleine, aber sie brannte ohne dass irgendetwas verbrannte. Skeptisch betrachtete Keika das Feuerchen. „Davon wirst du nie trocken.“ „Du aber auch nicht“, kam es patzig von Ashray zurück, „aber es ist wenigstens warm.“ „Ja, wenn man die Größe eines Gnoms hätte, könnte es einen wärmen.“ Ashray warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Hätten wir was, das ich verbrennen könnte, wäre es größer.“ Er ließ seinen Blick kurz über das Ufer gleiten. „Aber damit sieht es ja mau aus ...“ Seufzend legte sich Keika seinen Umhang um die Schultern und zog ihn fest um seinen Körper. Sie waren beide gereizt und es war besser keine spitzen Bemerkungen mehr zu machen, weil Ashray dann völlig ausflippen würde, auch wenn Keika zu gerne noch das ein oder andere hinzugefügt hätte. Schweigend saßen sie da, bis sich der junge Prinz an Keikas Tasche zu schaffen machte. Keika sah wortlos zu, wie Ashray seine Tasche ausräumte. „Was schleppst du eigentlich alles mit?“ Er schüttelte verständnislos den Kopf, fand dann aber das, wonach er gesucht hatte. Keika saß mit angezogenen Beinen da und betrachtete, wie Ashray etliche Beutel und zwei aus Glas bestehende Fläschchen vor sich ausbreitete. Es waren seine Sachen, die er immer mitnahm. Wenn er mit Teiou unterwegs war konnte man nie wissen, wann der sich wieder die ein oder andere Verletzung zuzog und dafür hatte Keika immer vorgesorgt. Er lächelte leicht, als er an Teiou dachte. „Was hast du denn damit vor?“ Ashray hatte eine Flasche aus der Tasche gezogen und schraubte sie gerade auf, als er Keika antwortete, der ihn irritiert ansah. „Angeblich wärmt so ein Zeug doch und mir ist ziemlich kalt.“ Verständlich bei den nassen Kleidern, die er noch trug. Aber Keika musste gestehen, dass es ihm nicht viel besser ging. Er sagte nichts, sah nur zu, wie Ashray die Flasche, die Keika von der Dämonin bekommen hatte, ansetzte und trank. Schon nach dem ersten Schluck fing er an heftig zu husten. Sein verzogenes Gesicht sagte eigentlich alles über den Inhalt der Flasche. „Ist das immer so stark?“ brachte er krächzend hervor. Keika zuckte mit den Schultern. Er konnte sich denken, dass man hier unten nur starke Sachen trank, aber da er selbst die Finger davon ließ, konnte er es schlecht beurteilen und soweit er wusste war Ashray auch nicht einer von denen, die regelmäßig tranken, wenn überhaupt. Dafür tranken Tia und Teiou für sie beide mit, wenn es mal zu solchen feuchtfröhlichen Treffen kam. Erstaunt sah Keika zu, wie Ashray noch einige Schlucke nahm. „Hilft das?“ Skeptisch musterte er den Kleineren, der immer noch das Gesicht verzogen hatte, nickte und ihm die Flasche hinhielt. Zögernd nahm Keika die Flasche und trank ebenfalls. Schon der Geruch dieses Gebräus hätte ihn zurückschrecken lassen müssen, aber wenn es gegen die zunehmende Kälte half, was hatte er schon zu verlieren ... ~*~*~ „... meine Mutter ist ein Dämon ...“ „... Teiou ist verschwunden ...“ „... ich sitzen in der Dämonenwelt ... zudem noch mit dir ...“ „... ich habe keine Ahnung mehr wo wir sind ...“ Abwechselnd gaben sie die Flasche hin und her und nahmen jeweils einen Schluck. Mittlerweile schmeckte es nichtmal mehr grausam. Erschöpft und müde lehnte Keika an den Felsen und starrte vor sich hin. Ashray saß neben ihm und starrte die Flamme vor sich an. Beide waren sie an ihrem absoluten Tiefpunkt angekommen und zogen sich immer mehr in ihre Hoffnungs- und Trübseligkeit. Der Alkohol den sie hier tranken wärmte zwar, allerdings verbesserte er ihre Stimmung nicht sonderlich. Keika sah sein naives Verhalten ein. Ohne groß nachzudenken war er hier runter, hatte sich sogar noch breitschlagen lassen Ashray mitzunehmen und eigentlich hatte er selbst überhaupt keinen Plan gehabt, wie er es anstellen wollte. Er zog den Umhang enger um sich und strich sich die noch immer nassen Haare aus dem Gesicht. Seufzend und mit geschlossenen Augen lehnte er sich zurück. Sollte ihnen was passieren, so war er verantwortlich. Für Ashray und für Teiou. Ihm war klar, dass er in den Augen der Himmelsbewohner verantwortlich war und es war auch klar, dass die Geschichte hier sicherlich weite Kreise ziehen würde. Immerhin hatte er zwei Königssöhne ins Unglück gestürzt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)