Fremde Welten von kiyahotep (Denn nur wer in der Hölle war, kann den Himmel wirklich sehen.) ================================================================================ # 1 --- Kapitel 1 Schritte waren zu vernehmen, zwar leise, aber Keika konnte sie dennoch hören. Seine Sinne waren schärfer als die der Menschen. Eigentlich konnte es nur einer sein, der sich da anschlich. Teiou ... Der würde was erleben! Seit gestern Abend wartete Keika nun schon auf ihn und er konnte sich durchaus zusammenreimen, wo der jüngste Prinz des Ostens die Nacht verbracht hatte: Im Vergnügungsviertel der Stadt. Manchmal hatte er anscheinend das Bedürfnis nach Abenteuern, in letzter Zeit zwar sehr selten, aber es schmerzte ihn doch zu wissen, was Teiou tat und dementsprechend würde der es auch zu spüren bekommen. Fast lautlos erhob sich Keika vom Sofa und ging zur Tür. Teiou sollte bloß nicht glauben, dass er einfach so wieder auftauchen konnte, wo er ihn vermutlich betrogen hatte. Er legte die Hand auf die Klinke, drückte diese langsam runter und riss mit einem Mal die Tür auf. „Teiou, was ...“ Keika stockte. Das Erste, was ihm auffiel, waren die langen schwarzen Haare. Nein, das war nicht Teiou. Langsam hob er den Kopf ein wenig um das Gesicht seines Gegenübers zu betrachten. Der sah ihn aus seinen braunen Augen zunächst völlig irritiert an, schien sich aber schnell wieder zu fassen. Er hatte die Hand noch gehoben. Anscheinend hatte er gerade anklopfen wollen, als Keika die Tür urplötzlich aufgerissen hatte. „Koo-sama.“ Der Dämon war selbst so erstaunt, dass er nichts mehr hervorbrachte. Er besaß aber noch so viel Anstand sich leicht zu verneigen. „Es tut mir leid, ich dachte ihr währt jemand anderes.“ Der Dunkelhaarige ging nicht weiter darauf ein. „Ich geh mal davon aus, dass Teiou nicht hier anzutreffen ist?“ Die Frage war so überflüssig, dass er Keika nicht mal die Zeit ließ sie zu beantworten, sondern gleich fortfuhr. „Du kannst ihm ausrichten, dass sein unentschuldigtes Fehlen bei der Konferenz gestern nicht angemessen ist. Sollte er hier auftauchen, hat er sich direkt zu melden. Es ist wichtig.“ Keika nickte zunächst nur perplex, aber als Teious Bruder sich abwandte um wieder zu gehen, griff er reflexartig nach dessen Handgelenk, ließ ihn aber sofort wieder los, als er ihn entgeistert ansah. „Teiou war nicht da?“ „Nein, hab ich mich nicht klar ausgedrückt?“ Er warf ihm noch einen ernüchternden Blick zu und ging dann zu den beiden Soldaten, die ihn begleiteten und verschwand mit diesen. Seufzend ließ Keika sich auf der Treppe vor ihrem Häuschen nieder und sah ihnen hinterher. Teiou war nicht bei dieser Versammlung gewesen. So langsam beschlichen ihn doch Sorgen. Seitdem er ihn gestern morgen aus dem Haus geworfen hatte, weil er sauber machen wollte und Teiou dabei keine sonderliche Hilfe, sondern eher ein Hindernis war, hatte er ihn nicht mehr gesehen. Innerlich verfluchte er sich gerade dafür auch nur daran gedacht zu haben, dass Teiou sich mit irgendwelchen Frauen vergnügte. So leichtfertig, wie er auch mit den meisten Dingen umging, sein Amt als Generalfeldmarschall würde er dafür niemals vernachlässigen, das wusste Keika genau. In der Beziehung war Teiou einer der Zuverlässigsten, auch wenn er nicht so wirkte. Er würde ihn suchen gehen. Zuerst in der Stadt, auch wenn Keika sich davon mittlerweile nicht mehr allzu viel erhoffte, und dann, ja dann ... ~*~*~ Er klopfte kurz und trat ziemlich direkt ein, ohne auf eine Aufforderung zu warten, wie es sonst seine Art war. Ohne zu zögern ging er ein paar Schritte in den Raum hinein. „Keika.“ Völlig erstaunt sah ihn Tia an, der in einem Sessel vor seinem Schreibtisch saß. Auf dem Tisch vor ihm hatte bis vor wenigen Sekunden noch eine rothaarige Gestalt gehockt, die aufgesprungen war, jetzt neben dem Shuten stand und den Dämon giftig ansah. Ashray ... „Entschuldigt, Shuten-sama. Ich wollte euch nicht stören.“ Respektvoll verneigte er sich vor dem Herrn des Himmels. „Bist du sicher, dass du es nicht wolltest?“, kam es leicht zynisch vom Prinz des Südens. „Ashray!“ Tadelnd sah Tia seinen Freund an. Er wusste, wie viel der von Dämonen hielt, aber weil Keika bei Teiou lebte akzeptierte er ihn, wenn auch nur widerwillig, was aber nicht bedeutete, dass er ihn gut leiden konnte. Eigentlich gab es kein Treffen, wo die zwei nicht aneinander gerieten. Lächelnd sah Tiarandear den Dämon an und wies ihm einen Sessel zu, auf den Keika sich nun niederließ. „Ich habe dich nicht erwartet. Schickt Teiou dich zum helfen?“ Keika war eine recht effektive Arbeitskraft und manchmal schickte Teiou ihn in den Himmelsturm, wenn er für Keika keine Beschäftigung fand. „Nein. Ich suche Teiou. Er war gestern nicht zufällig hier oder heute morgen?“ Der Blonde schüttelte den Kopf und sah in die besorgt wirkenden Augen Keikas. „Bei mir war er nicht. Aber findest du nicht, dass du dir zu viele Sorgen machst? Teiou ist schon öfter mal ein paar Tage durch die Gegend gezogen, wenn er alleine sein wollte.“ „Er hat eine Konferenz verpasst ...“ ~*~*~ „... er war nicht da. Sein Bruder hat es mir heute gesagt. Das passt nicht zu Teiou“, schloss Keika seine Schilderung. Tia nickte. Er kannte Teiou seit seiner Kindheit und wusste, dass der ohne einen triftigen Grund keiner Verpflichtung nicht nachkam. Aber vielleicht hatte er es ja auch nur vergessen, das konnte eigentlich jedem mal passieren. „Könnt Ihr ihn nicht mit Eurem Spiegel suchen?“ Wieder nickte Tia. Er konnte eigentlich nicht anders. Keika klang mittlerweile so besorgt, dass er ihn mit seiner Ungewissheit schlecht wieder wegschicken konnte. „Ist gut. Komm ...“ Er machte eine Handbewegung zum Spiegel, der hinter ihm an der Wand hing. Skeptisch sah Ashray zu, wie der Dämon nun aufstand und ebenfalls hinter den Schreibtisch kam. Tia hatte sich auch erhoben und stand vor dem Spiegel, an den er nun eine Hand legte, während er die Augen schloss und etwas vor sich hin murmelte. Schweigend standen die drei nebeneinander und betrachteten, die glatte Spiegelfläche, die nun schwarz geworden war. „Kann das Ding kaputt sein? Ich erkenne da absolut nichts“, durchbrach Ashray die Stille und sah zu Tia auf, der ein ganzes Stück größer war, als der Rotschopf. Nachdenklich wiegte Tia seinen Kopf hin und her, ohne den Blick von dem Dreiweltenspiegel zu lassen. „Ehrlich gesagt versteh ich das jetzt auch nicht. So ein schwarzes Bild hatte ich noch nie.“ Beide sahen zu Keika, der sich nicht äußerte, sondern nur unentwegt auf das dunkle Bild starrte. Seine Gesichtszüge wirkten wie versteinert. „Was hat der denn?“ Der Rothaarige sah verständnislos drein und Tia sah ihn schulterzuckend an, bevor er sich an Keika wendete. „Keika, was ist?“ Der Dämon wandte seinen Blick nicht vom Spiegel ab „Das ist die Welt der Dämonen ...“ Er schluckte und biss sich auf die Unterlippe. Die Reaktion, die darauf von den beiden Himmelsbewohnern kam, konnte nicht eindeutiger sein. „Was?“ Fassungslos sahen sich der Shuten und der Prinz des Südens erst gegenseitig an und dann Keika. ~*~*~ Es war die Dämonenwelt. Daran bestand für Keika kein Zweifel. Auch wenn die beiden anderen nichts erkannt hatten, so sah Keika dennoch alles Trostlose und Verdorbene, was diese Welt zu bieten hatte. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Nein, er hatte keine guten Erinnerungen an diese Welt, seine Welt. Tausendmal lieber war er hier im Himmelreich, auch wenn ihn hier alle noch so sehr hassten, war es viel schöner hier zu leben als dort. Deshalb hatte er sich wohl auch in die Menschenwelt abgesetzt, wo ihn Teiou letztlich aufgegabelt hatte. All diese Erinnerungen kamen plötzlich in ihm hoch. Er, der Dämon, war hier im Himmelreich und Teiou war dort bei den Dämonen. „Ihr müsst etwas tun. Ihr müsst ihn da weg holen.“ Flehend sah Keika den Shuten an, der nachdenklich da stand. „Bist du dir sicher, dass du ihn nicht dahin geschleppt hast?“ Sicher hast du da deine Finger mit im Spiel!“ Ashray funkelte ihn an. „Du hast doch nur auf eine Gelegenheit gewartet und jetzt machst du auf unschuldig, damit wir dich nicht verdächtigen! Wie konntest du das Teiou nur antun?“ „Ashray ...“ Der Blonde klang leicht entnervt. Er hatte Ashray am Kragen gepackt, der gerade dabei gewesen war auf Keika zuzuspringen, und hielt ihn fest, was allerdings nicht protestlos blieb. „Was hätte ich davon denn für einen Nutzen?“ Keika hatte den Kopf leicht schräg gelegt und betrachtete Ashray leicht abfällig. „Du hältst es nicht aus von allen angestarrt zu werden und du brauchst einen Triumph vor deinen Artgenossen. Daher hast du ihnen Teiou ausgeliefert und ihn verraten.“ Der Rotschopf redete sich gerade richtig in Rage. „Ashray! Es reicht jetzt.“ Der Shuten warf ihm einen vernichtenden Blick zu, allerdings zeigte sich der angesprochene nicht sonderlich beeindruckt. „Glaubst du nicht, dass ich das hätte schon viel früher tun können?“ „Keika! Sei du auch ruhig! Wenn ihr beiden euch streiten müsst, dann vor der Tür!“ Demonstrativ zeigte er in Richtung Tür und stieß Ashray leicht in diese Richtung. Dieser funkelte wütend Keika an, der noch keine Anstalten machte ihm zu folgen. „Er darf bleiben, oder wie?“, ließ Ashray seine Entrüstung deutlich vernehmen. Keika warf ihm nur einen leicht triumphierenden Blick zu, woraufhin der Prinz des Südens kurz davor war, vor Wut zu explodieren. Tia sah sich das Spiel nicht länger mit an. Wie in aller Welt sollte er bei dem Gezeter auch nur einen Moment nachdenken können, wie er Teiou da raus holen würde? „Raus, beide! Ich muss nachdenken.“ Er ließ sich auf seinen Sessel sinken und stützte den Kopf in die Hände, während zwei Gestalten den Raum verließen. Nach einer Weile riskierte er noch einen Blick in den Spiegel. So langsam wurde aus der schwarzen Fläche auch für ihn etwas erkennbar. Man musste sich zwar anstrengen, um etwas zu sehen, aber er erkannte nun eine Art Höhle in der sich eine grünliche Struktur befand, in deren Mitte sich ein leblos wirkender Körper erkennen lies. Es musste Teiou sein. Der Spiegel irrte sich niemals ... niemals. ~*~*~ „Wohin willst du?“, schrie Ashray dem Dämon hinterher, der aufgestanden war und den Gang entlang ging. Sie hatten beide schweigend nebeneinander gesessen und gewartet, dass Tiarandear sie wieder rein holte, aber nichts wahr geschehen, seit einer Stunde nicht. Ab und zu hatten sie böse Blicke gewechselt und jetzt wollte dieses silberhaarige Wesen einfach verschwinden? „Ey, antworte gefälligst!“ Keika drehte sich nicht um, sondern ging langsam weiter. „Glaubst du wirklich, dass der Shuten etwas tun kann? Er wird keine Armee dort runter schicken können. Es ist unmöglich. Er kann nichts tun, er wird nichts tun. Ein Leben ist nicht soviel Wert, wie das von unzähligen Soldaten. Auch wenn es das eines Prinzen ist.“ Er lachte, nur um zu überspielen, wie furchtbar es sich eigentlich anfühlte, nichts tun zu können, rein gar nichts ... Er warf Ashray einen kurzen fest entschlossenen Blick über die Schulter zu. „Du willst wissen, was ich mache? Ich geh Teiou retten ...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)