Ein Abenteuer von Larian und Lenn von _Ayame_ ================================================================================ Kapitel 2: Hilfsbereitschaft führt in die Falle ----------------------------------------------- Larian und Lenn, die beiden Elfen, dicke Freunde, die wie Brüder füreinander da waren, der etwas kleinere, dunkelhaarige Larian mit den braunen Augen, und Lenn, der größere, hellhaarige. Beide waren sie gute Kämpfer, Larian für sein Alter, obwohl Lenn ihn oftmals aus brenzligen Situationen hat ziehen müssen. Beide folgten zusammen dem Weg, dem sie schon tagelang gefolgt waren. Beide waren langes umherstreifen ohne Ziel, aber mit viel Entbehrung gewohnt. Die Sonne stand schon im Westen, scheinte jedoch noch wie an einem sanften Frühlingstag, an einem friedvollen Tag, an dem die beiden arglos ihres Weges gingen, als... "He, sieh mal, Lenn!", sagte Larian und stieß Lenn an. Ein Stück weiter vor ihnen lag etwas auf dem Weg. Lenn kniff leicht die Augen. Es war ein Bündel. Ein grünes Bündel. Doch auf den zweiten Blick entpuppte es sich ihm als einen Umhang, der über einer ausgemergelten Gestalt lag und so jenes formlose Bündel ergab, das Lenn erkannt hatte. "Auf dem Weg liegt jemand!", sagte Lenn und machte die Augen groß. "Vielleicht braucht er Hilfe!", meinte Larian und war schon losgeeilt, Lenn ihm sofort auf den Fersen. Doch als sie nur noch wenige Schritte von der am Boden liegenden Person entfernt waren sprangen aus guten Verstecken am Wegesrand mehrere wilde Gestalten hervor und stürzten sich mit Kampfschreien auf die beiden Elfen. Es geschah viel zu schnell, als das die beiden eine Chance gehabt hätten: Noch bevor sie ihre Waffen ziehen konnten merkten sie sich von kräftigen Händen gepackt und festgehalten. Sie fingen an sich zu wehren, Larian zappelte wie wild, biss einem der Wegelagerer in den Arm, Lenn trat kräftig und teilte wann immer er einen Arm freigekämpft hatte einen Schlag aus, doch gegen diese Überzahl vermochten sie nicht zu bestehen und sahen sich erschreckend früh am Ende ihrer Kraft gegen mehrere Gegner auf einmal wehren. Von geschickten Händen wurden sie entwaffnet und bekamen die Arme auf den Rücken verbunden, als eine weitere Gestalt aus einem der Verstecke hervortrat. Es war ein großer Kerl, gut genährt mit etlichen Pfunden zu viel auf den Rippen, die ihm abgerutscht waren und somit jenen Bierbauch ergaben, den auch die dicken Riemen nicht zu umspannen vermochten, die sich wie ein Brustgeschirr eines Bären um seinen Oberkörper legten. Mit geruhsamen Schritt und zufriedenem Grinsen, das auf eine unaustehliche Art so dreckig war wie der Rest seines Körpers und seiner dutzend Köpfe umfassenden Meute, schritt er auf die beiden Elfen zu. "Eine Falle.", zischte Larian. Die Räuber lachten auf. Ihr Anführer griff nach dem Bündel am Boden, genau genommen nach einem der Oberarme der am Boden liegenden Person, und zog sie grob hoch. Erst jetzt erkannten Lenn und Larian, dass die Arme der Person ebenfalls auf den Rücken gefesselt waren. "Ein weiterer Gefangener...", stellte Lenn tonlos fest. "Ganz genau", gröhlte der Räuberanführer, "Und mit dem bewährten alten Trick haben wir jetzt drei an der Zahl, gut gemacht, Frischling!" bei diesem Wort gab er der Gestalt in seinem Griff einen scherzhaften Klaps ins Gesicht, welches von einer Kapuze überspannt und von einem tiefen Schatten verorgen wurde, der bis zur Nasenspitze reichte. "Ich mache keine gemeinsame Sache mit euch...", kam die Antwort unter der Kapuze, aus dem Schatten hervor. "Och, das ist aber schaaadö!", sagte der Räuberanführer mit gespieltem Bedauern, um sich gleich darauf an sein Gefolge zu wenden: "Jetzt haben wir schon drei Gefangene; Jungs das ist doch was!" Und seine Meute lachte wieder auf, antwortete ihm mit keinem frohlockendem Lachen, sondern mit gröhlendem Gelächter voll Spott und Schadenfreude, was so grausam scheußlich klang wie die Zähne eines Skorbutkranken aussahen. Unter eben diesem, abstoßendem Gelächter verschleppten die Räuber die beiden Elfen in ihr Lager. Und sie lachten noch immer, als sie ihre gefangenen Elfen an tief in die Erde gerammte, dicke Pflöcke banden. Den dritten banden sie an einen Baum, nahe den Pflöcken, den sie hatten nur diese beiden aufgestellt. Anscheinend hatten sie nicht oft Gefangene, zumindest lies ihre Bewirtung zu wünschen übrig, die aus Luft und Missachtung bestand. Nicht, dass die beiden Elfen es gebraucht hätten, sie brauchten nur die Luft und das Wasser, aus diesen jenen Elementen nahm ihr Magiekern die Magie aus ihrer Umgebung auf, die sie zum Leben brauchten. Die Räuber veranstalteten ein richtiges Gelage, schichteten viel Holz auf, entzündeten ein Feuer, das bereits vor der Dämmerund wie ein wildes Tier um sich schlug und fauchend und knisternd in die Höhe schlug. Das Gesinde schleppte Fleisch herbei, in Fallen gefangene und grausam gemeuchelte Tiere, um sich ein Essen zu leisten, das ausnahmsweise weit über ihrem Standard lag. Doch von dem Feuer waren die Gefangenen abseits. Nur wenige Schritte vom Zelt des Häuptlings, doch von der Feuerstelle aus gut zu sehen. Das Lager selbst umfasste mehrere Zelte, die sich in einer kleinen Talsenke an die Ausläufe einer Steilwand schmiegte. Eine geeignete Mulde irgendwo in er Welt, wo sie ihr grausames Leben fristeten. Die Meute selbst umfasste jedoch mehr als nur diese dutzend Leute, die Larian und Lenn gefangen hatten. Es mussten mehrere dutzend sein, doch war ihre Anzahl nur grob zu schätzen, da sie oft außer Reichweite des Feuerscheines traten, in den Zelten aus und ein gingen und beschäftigt ihren Arbeiten nachgingen, dabei jedoch nie müde wurden sich Ungeheuerlichkeiten zuzurufen und sich mit gröhlenden Stimmen zu antworten. Lenn beobachtete das Treiben einige Zeit, versuchte die Anzahl der Räuber möglichst genau zu errechnen, doch zu oft verlor er die Übersicht, es waren einfach zu viele Gestalten, die geschäftig durch das Lager eilten, doch nie auch nur in die Nähe der Gefangenen gingen, die sich ja am Rande des Lagers befanden. Schließlich gab Lenn es auf und wandte sich an Larian, um mit ihm einen Plan zu schmieden, sich möglichst schnell aus der Situation zu winden. Doch Larian hatte seine Aufmerksamkeit woanders. Er sah hinüber zu dem Baum, an welchen die Räuber den Fremden gebunden hatten. Schon die ganze Zeit hatte er dort hinübergesehen, unverwandt auf die Gestalt geblickt, die, wie er und Lenn, mit den Händen nach hinten gebunden, auf dem Boden saß, mit halb angewinkelten Füßen. Immer noch konzentriert sah Larian auf den Fremden. Wartete auf eine Bewegung, eine Regung, einen sichtbarer Atemzug. Doch er nahm nichts wahr. Sein Gegenüber schlief aber auch nicht, das verrieten ihm seine Sinne, war auch nicht ohnmächtig, das hätte Larian ebenso bemerkt. Er musterte ihn, zum wiederholten Male, besah die abgenutzte, zerrissene, verschmutzte Kleidung, die eingelaufenen, längst wieder ausgelaufenen, schmutzverkrusteten Schuhe des Fremden, auf einen Anhaltspunkt auf seine Herkunft, musterte auch sein Gesicht, zumindest der Teil, der sichtbar war, bohrte nahezu seine Blicke durch den Schatten, der auf dem Gesicht lag, wanderte mit den Augen den Saum des grünen Umhanges entlang, der im Verhältnis zum Rest des Erscheinungsbildes sehr sauber war. Doch was auch immer Larian an diesem ihm Fremden suchte; er fand es nicht. "Larian?", Lenn stieß Larian leicht mit einem Bein an. Doch Larian reagierte gar nicht auf Lenn, taxierte stattdessen ihren Mitgefangenen noch immer mit Blicken, lies seinen Blick wieder zu dem Schatten wandern, unter dem er die Augen wusste. "Warum hast du uns verraten?" Seine Frage hing im Raum. Schwebte in der Luft zwischen ihm, seinem Freund Lenn, und dem Fremden. Verklang. Endlich ging eine Regung durch ihn, nur ein langer Atemzug, der aber den Stoff seiner Kleidung wie eine Welle langsam aufbäumen und wieder ruhen lies. "Ich habe euch nicht verraten." Seine Stimme klang brüchig, als sei er schon länger in diesem miserablen Zusand, von dem seine ausgemergelte Gestalt zeugte, und als sei er vielleicht sogar Opfer sadistisch angehauchter Spiele der brutalen Räuber geworden. "Ich habe euch nicht verraten" Die Worte hingen zwischen ihnen, hingen im Raum, verklangen. "Warum hast du dann in ihrer Falle mitgemacht?", wollte Larian wissen. Er sprach kühl, ohne emotionale Regung und der Angesprochene antwortete ihm, brüchig zwar, erschöpft, doch klar und deutlich. "Nicht freiwillig gab ich den Köder für euch, oder andere Reisende, die zur selben Zeit am selben Ort hätten sein können. Sie haben mich gefangen. Und mich niedergeschlagen, um als Köder für Arglose verwenden zu können. Ich kam erst zu mir, als es zu spät war." Larian antwortete nicht sofort. Auch Lenn antwortete nicht. Beide dachten über die Worte des Fremden nach und wägten sehr sorgfältig ab, ob sie ihm ihr Vertrauen schenken konnten, oder nicht. Schon oft waren den beiden vermeintliche Freunde in den Rücken gefallen, darum suchten sie sich Verbündete sehr sorgsam aus, schenkten ihr Vertrauen meist nur sich Gegenseitig und verliesen sich ebenso aufeinander, so wie sie sich auch jetzt aufeinander verliesen, obwohl beide gefangen in einem Räuberlager waren mit einem weiteren, den sie nicht kannten. "Was sie jetzt wohl mit uns vorhaben?", fragte Lenn laut und beobachtete für ein paar Momente die Räuber an der Feuerstelle. Sie aßen und zelebrierten ihren Fang. "Sie werden uns Morgen auf den Sklavenmarkt bringen, um uns dort zu verkaufen." Der Fremde antwortete mit ruhiger, ausdrucksloser Stimme, als sei es nicht sein Schicksal, von dem er da sprach. Weder Verzweiflung noch Hoffnung konnte Larian oder Lenn heraushören, doch Larian war es, der die nächste Frage stellte: "Habt ihr einen Namen?" Der Fremde antwortete nicht gleich. Es sollte das erste und einzige mal sein, dass sie ihn zögern sahen. Doch schließlich antwortete er auch auf diese Frage: "Lacánce" Larian nickte. "Ich heiße Larian.", sagte er und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Lenn, "und er heißt Lenn." Lacánce nickte langsam mit dem Kopf. "Am besten schlaft ihr etwas.", sagte Lenn zu Lacánce, "Wir brauchen das nicht, wir überwachen die Nacht." Lacánce richtete den Kopf etwas auf. Doch es hatte nichts mit Lenns Worten zu tun, sie könnten ebenso gut an ihm vorbeigezogen sein. Er sah in Richtung des Feuers der Räuber. Als Larian und Lenn ebenfalls in diese Richtung sahen, merkten sie, was Lacánce's Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte: Drei der Räuber kamen auf ihre Gefangenen zu. Es waren drei windige Kerle, wie sie beim herranahen der Gestalten sehen konnten, nur leicht bewaffnet, kaum bepanzert, wohl schon sattgegessen an den Speißen, die sich die Räuber aufgetischt hatten, aber keineswegs angetrunken, denn im Gegensatz zur Gewohnheit der meisten Räuberbanden hatte diese hier ihren Fang nicht mit Alkohol gefeiert, was der Grund für ihre komplette Nüchternheit war. Wären sie betrunken gewesen hätte es die Chance auf Flucht zumindest ein wenig erhöht. Die drei waren schon heran und blieben vor ihren Gefangene stehen, sahen schief grinsend auf sie herab, ein Blitzen von gewaltätig dreckigen Gedanken war in ihren Augen zu sehen. "Der Boss meint, ihr seht noch nicht genug wie Sklaven aus.", höhnte einer und lies auch schon seine Fingerknöchel knacken. "Ts", gab sich Lenn unbeeindruckt, "Wieder mal hirnlose Räuberspielchen, mit denen sie uns beeindrucken wollen. Nicht, Larian?" Larian nickte und gab sich ebenso unbeeindruckt wie Lenn. Der Räuber knurrte und packte Lenn wüst am Kragen. "Wenn wir mit euch fertig sind", knurrte er drohend, "Dann werden euch solche Sätze schon noch vergehen!" Doch Lenn, der nicht einmal zusammengezuckt war, als der Räuber ihn gepackt hatte, setzte ebenso gelassen noch einen drauf: "Pf, die üblichen Drohungen..." Der Räuber stieß ihn von sich und richtete sich auf. Er knurrte leise und verärgert einige Drohungen, während er sich einen glänzenden Gegenstand aus der Tasche zog, ein Gegenstand von einem verbogenen Oval, geformt aus vier Kreisen, jeder sogar mit einem kleinen Stachel bespickt, und sich auf die Finger zog. Er ballte die nun bewaffnete Faust, die kleinen, gemeinen Spitzen des Schlagringes blitzten im Tanz des entfernten Feuers wie die Spieße kleiner Dämonen, und die beiden anderen Räuber zogen ebenfalls je einen Schlagring aus der Tasche und setzten ihn sich auf. "Jetzt werdet ihr lernen, was Schmerzen sind!", sagte der Eine wieder und packte Lenn noch mal am Kragen. Auch die anderen beiden packten sich ein Opfer, einer packte Larian, doch als der andere Lacánce packen wollte sagte dieser, gelassen und ruhig zwar, doch mit unüberhörbar drohendem Unterton: "Wagt es, und ihr seid diejenigen, die Schmerzen erfahren werden!" Der Satz bewirkte bei den drei Widerlingen nur vergnügt grausames Lachen. Der eine, der Lacánce packen wollte, lies sich nicht mehr daran hindern und packte ihn am Kragen des grünen Umhanges. Doch Lacánce machte seine Drohung war und rammte ihm, überraschend gelenkig, seinen Fuß ins Gesicht. Der Räuber taumelte zurück, doch Lacánce setze nach und stieß seinen Fuß hinter das Knie des Räubers, und zog ihn wieder zu sich her, um seinen Gegner zu Fall zu bringen. Er beendete den Angriff mit einem starken Tritt ins Gesicht des nun Liegenden. Für einen Moment waren die Elfen und auch die Räuber überrascht, über die erfoglreiche Gegenwehr, welche nüchtern betrachtet selbstmörderisch war. "Das wirst du bereuen!", knurrte Der Räuber, der Lenn gepackt hatte. Er und der andere ließen von den Elfen ab und gingen nun beide auf Lacánce zu. Der eine am Boden versuchte sich aufzurichten, war aber noch zu benommen von dem Tritt ins Gesicht, und wurde von seinen Miträubern unsanft beiseite gestoßen. Die beiden stellten je einen Fuß auf die Beine von Lacánce. "Du denkst also, das würden wir dir durchgehen lassen, was?", knurrte der eine wieder und holte mit der bewaffneten Faust aus. Doch Lacánce breitete plötzlich die Arme, die Seile hingen lose an seinen Handgelenken, rutschten von seinen Armen und fielen nutzlos zu Boden. Überrascht, das Lacánce sich befreien konnte starrten die Räuber ihn einige Momente an, doch er hielt nicht inne, sondern schnellte wie ein steh-auf-Männchen hoch und verpasste dem Räuber, der ausgeholt hatte, einen Stoß in die Magengegend, um anschlißend, da er den einen Fuß freihatte, dem anderen Räuber in die Seite zu treten, um auch seinen anderen Fuß wieder freizubekommen. "Na, warte Bürschchen!", sagte der Getretene, sprang auf und schlug mit der bewaffneten Faust nach Lacánce, doch dieser duckte sich und die Spitzen des Schlagringes trafen die Rinde des Baumes, an den Lacánce gefesselt gewesen war, und steckten nun fest. Lacánce nutzte auch dies, erhob sich und gab dem Räuber eine rasche Schlagfolge ins Gesicht. Der andere jedoch, der sich eben erst aufrappelte, füllte die Lungen mit Luft und rief, dass es alle Räuber im Lager hören mussten: "Gefangenenausbruch!!" Lacánce stand sofort neben ihm, drückte ihn, mit einer Hand auf den Schulterblättern, mit der andern an der Seite, zu Boden, um ihm auf halben Weg dorthin sein Knie ins Gesicht zu rammen. Zu mehr fand Lacánce keine Zeit mehr, denn schon rannten die Räuber aus dem Lager auf ihn zu. Er behielt die Zustürmenden im Blick und entfernte sich, langsam und abschätzend, rückwärts, bis ihn der Schatten der Bäume verschluckt hatte. Das Räuberpack war schon herbei, ihr Anführer war auch dabei und gab ihnen den Befehl ihren Gefangenen zurückzuholen. Sofort schwärmten seine Räuber aus. Er selbst warf einen Blick auf die beiden Elfen, würdigte sie danach nicht mehr seiner Aufmerksamkeit und ging zu den beiden niedergeschlagenen Räubern, Um ihnen heftig in die Seite zu treten und sie anzubrüllen, dass sie aufstehen sollen. Danach griff er sich den dritten, der die Gefangenen quälen wollte, packte ihn grob am Kragen und lies seine Wut an ihm aus, schrie ihn an, nach dem Grund, dass ihnen der Gefangene entwischt war, und als die Antworten ihn nicht zufrieden stellten schlug er ihn mehrfach und stieß ihn schließlich zu Boden. Er lies ihn liegen und ging zurück zu der Feuerstelle, wütend brummelnd, wie ein Bär, dem ein Stock Honig durch die Lappen gegangen war. Denn es war, dass die Räuber in der Umgebung keine Schätze, kaum genug Nahrung für sich selbst, auch in den Wäldern nicht, fanden. Und so waren ihre Gefangenen, deren Leben sie auf dem Sklavenmarkt mit Gold aufwiegen konnten, das wertvollste, was sie hatten. Nach diesem Vorfall waren die Räuber eine Spur gereizter. Ständig gingen sie in Zweier- oder Dreiergruppen in den Wald, um Lacánce aufzuspüren und wenn es sein musste mit Gewalt wieder zurückzubringen, oder die ausgeschwärmten Gruppen kamen zurück. Mit leeren Händen. Ohne Nachricht. Und sie verzogen sich rasch zwischen den wenigen Zelten, um nicht den Zorn ihres Anführers zu spüren. Doch bereits wenige Stunden nach Lacánce's Aussbruch geschah etwas beunruhigendes: Ein Geräusch an der etwas höheren Felswand, an welche sich das Räuberlager schmiegte, erregte die Aufmerksamkeit der Räuber und die ihres Anführers. Sie blickten hinauf, von wo das Geräusch kam und eine unheimliche Stille machte sich breit. Selbst das Feuer schien leiser zu prasseln. Auch Larian und Lenn sahen hinauf. Es gab ein zweites Geräusch. Eine lange Pause. Dann wiederholte sich das Geräusch. Die Ursache dafür war ein Gegenstand, der im dunklen der Nacht nicht genau auszumachen war. Doch er schlug gegen die Felswand, prallte von ihr ab, fiel, schlug wieder auf, fiel weiter und bei jedem Aufprall verursachte er dieses Geräusch. An jedem Punkt, an dem er die Felswand berührte hinterlies er dunkle Schatten, so dass es aussah, als springe ein Dämon die Felswand herab und in das Räuberlager. Der vermeintliche Dämon sprang auf das Zelt des Anführers, hinterlies auch dort einen dunklen Schatten und sprang mit einem gedämpften Geräusch wieder herunter. Er landere direkt vor dem Anführer der Räuber, zwischen ihm und dem Feuer, und das Feuer entblößte um was es sich in Wahrheit gehandelt hatte: Um den Kopf eines Räubers. Bleich starrte der Anführer und seine Bande auf den Kopf. Blut tropfte noch immerheraus und malte einen dunklen Schatten auf das Gras. Die Räuber sahen ihren Anführer an, dieser verriet keine Gemütsregung, starrte nur auf den Kopf und schließlich hob er denselben auf und hielt ihn hoch, dass ihn alle sahen. "Bringt mir den Bastard, er das getan hat! Schwärmt aus, zu viert und bringt ihn her, ob halbtot oder ganz tot. Wer sich mit uns anlegt hat nicht lange zu leben!" Gröhlend schwangen sich die Räuber auf und sofort liefen zwei Vierergruppen los, um die Befehle ihres Anführers zu befolgen. Dieser schmiss den Kopf einfach ins Gebüsch und setzte sich wieder vor das Feuer. Larian und Lenn nutzten die Zeit Lacánce's Fehlens, um sich zu beratschlagen. Die Räuberwache, die kurz nach Lacánce's Ausbruch auf sie augepasst hatte, war ebenfalls losgerannt und nun waren sie ohne Beobachtung und Zuhörer. Leise, doch rasch unterhielten sie sich über Lacánce, die Räuber, den Sklavenmarkt und das eben passierte. Sie kamen zu dem Schluß keinen Fluchtversuch zu wagen- die Patroulien der Räuber waren zu zahlreich und die Chance von ihnen gleich wieder erwischt zu werden zu groß. Sie beschloßen nichts riskantes zu wagen, doch auch sich nicht auf Lacánce zu verlassen, sondern die nächste Gelegenheit, die ihnen sicher die Flucht bot, beim Schopf zu greifen. Ungefähr eine halbe Stunde, nachdem der Kopf im Lager aufgetaucht war, gab es wieder Geräusche von der Felswand. Wieder blickten die Räuber, auch die Elfen, auf und sahen wieder, wie ein diffuser Schatten die Felswand heruntersprang, zuletzt auf dem Zelt des Anführers landete, wieder herunterrollte, und direkt neben dem Anführer landete. Es war der Kopf eines weiteren Räubers, das meiste Blut war schon herausgelaufen, das Fleisch war blass. Wütend ergriff der Anführer den Kopf, schleuderte ihn aus dem Lager und schrie nach seinen Räubern, sie sollten sofort die Patrouillien zurückpfeifen. Sofort sprangen die Räuber auf, mehrere Gruppen verliesen das Lager, doch blieben genügen zurück, um es nicht schutzlos zu lassen. Es daurte erstaunlich kurz, bis die Räuber wieder mit den Patroullien zurückkamen. Doch aus einzelnen Wort und Satzfetzen, die Larian und Lenn aufschnappten, konnten sie entnehmen, dass sie wohl ein paar Räuber nicht hatten finden können. Sie meldeten es ihrem Anführer, der bei der Nachricht zu einem übellaunigen Krawall ansetzen wollte, als es wieder ein Geräusch auf der Felswand gab. Anstatt zu toben schloß der Anführer wieder den Mund und sah, wie auch seine Räuber, die Felswand hinauf. Doch es hatte schon zwei weitere Geräusche gegeben. Und noch eines. Dann zwei gleichzeitig. Erstaunt sah das Gesindel, wie gleich vier Schatten die Felswand herunterhüpften, zuletzt das Zelt des Anführers striffen, oder daran vorbeikullerten, und vor ihm und seiner Bande liegen blieben. Es waren vier Räuberköpfe. Doch bevor der Anführer auch nur dazu kam Luft zu holen, gab es schon wieder ein Geräusch. Wieder blickten alle hinauf, verfolgten mit den Augen, wie ein weiterer, diesmal einzelner, Gegenstand die Felswand herunterfiel, aufkam, fiel, das Zeltdach des Anführers traf und zwischen ihm und den Flammen landete. Das tote Gesicht deutete nach oben, doch war es nicht zu sehen, denn ein Dolch war in die Stirn getrieben, welcher zeitgleich auch einen Zettel durchstach. Es schien ein Stück Haut zu sein, von was wusste und wollte niemand zu sagen, doch mit Blut waren Buchstaben darauf geschmiert. Wie eine teuflische Drohung schimmerten sie im Tanz der Flammen: "DU BIST DER NÄCHSTE" Diese abartige Drohung hing in der Luft wie ein Donnergrollen. Bleich geworden starrte der Räuberanführer auf die blutigen Buchstaben. Leicht verunsichert sahen seine Räuber von dem Kopf zu ihm. Doch niemand wagte etwas zu sagen, zu fragen, sich zu räuspern, zu flüstern. Sie warteten, was ihr Anführer tun würde. Dieser stand wie versteinert, starrte immer noch und starrte mehrere Minuten auf das, was da vor seinen Füßen lag und ihm mit dem Tod drohte. Schließlich fasste er sich so gut er es konnte und befahl Wachen aufzustellen, niemand sollte mehr aus dem Dorf heraus geschweige denn herein. Sofort teilte er Gruppen ein, gab ihnen Positionen und Zeiten, an denen sie Wache schieben sollten, stellte sogar Wachen vor sein eigenes Zelt, um sich kurz darauf in eben jenem zur Ruhe zu begeben, wie er sagte. Lenn und Larian hatten mehr das Gefühl, dass er sich darin verschanzen würde. Auch auf die Entfernung hatten sie die Nachricht gesehen und zogen daraus ihre eigenen Schlüße. Austauschen konnten sie sich nicht mehr, denn nun waren sie wieder von Wachen umgeben, drei an der Zahl: Zwei auf dieser Seite des Anführerzeltes, ein weiterer Räuber stand etwas abseits, nicht zu nah an der Dunkelheit des Waldes, doch in Sichtweite und nah genug, um Dummheiten der Gefangen zu unterbinden. Darum beschloßen die beiden Elfen, jeder für sich, sich ein wenig Ruhe zu gönnen. Sie schliefen nicht tief, sondern befanden sich höchstens in einem Halbschlaf, doch es reichte um ihr Kräfte zu regenieren. Einige Stunden hatten sie Ruhe, ein fahler Streifen am Horizont deutete bereits das Kommen des nächsten Morgen an, als ein weiteres Ereignis die Räuber aufschreckte: Kein dumpfes Aufschlagen, sondern ein Klappern und Krachen. Dieses Staccato von Blech und Stein riss auch Larian und Lenn aus ihrem Halbschlaf. Als sie an die Steilwand hochsahen fanden sie die Ursache des Kraches: Ein ganzer Körper fiel diesmal herunter. Doch nicht irgendeiner, dem Krach nach zu urteilen musste er in einer Rüstung stecken. Es brauchte nicht lange, als der tote Körper auf dem Boden aufschlug, leider auf der anderen Seite des Zeltes und somit nicht in Sichtweite von Lenn und Larian. Die Räuber liefen heran, besahen sich aufgeregt die Leiche und schließlich rannte einer zum Zelt des Anführers und brüllte: "Chef, Chef; es ist eine Wache!" Der Anführer war sofort auf den Beinen, kam herausgestürmt, folgte seinem Gefolgsmann und wurde blass bei Anblick der Leiche. Lenn und Larian konnten fast hören wie sich sein Puls beschleunigte und sie grinsten sich schadenfroh zu. "Nehmt die Gefangenen!", rief der Anführer, "Wir brechen sofort auf!" Das hatten die beiden Elfen weniger erwartet. Schon kamen die Räuber gelaufen, banden sie von den Pfählen los, liesen die Handgelenke der beiden aber gebunden, und schleiften sie mit. Es waren ein halbes dutzend bewaffnete Räuber, ihr Anführer kam ebenfalls mit. Doch vorsichtshalber befahl er drei weiteren sechs Mann starken Truppen Geleitschutz zu geben. Die Räuber schlugen sich in die Büsche am Wegesrand und liesen sich vor der Truppe zwar nicht mehr blicken, doch es war sicher, dass sie ständig in der Nähe blieben und die Umgebung sicherten. Larian dachte an Lacánce und erwischte sich dabei, dass er den Menschen weit weg wünschte, weg vom bösartigen Einfluss der Räuber. Doch er und Lenn hatten nun andere Probleme, um die sie sich sorgen mussten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)