Auf Diät von caladriuss (Setox Joey) ================================================================================ Kapitel 14: Die Wahrheit über Riku ---------------------------------- Die Wahrheit über Riku „Riku... er war mein bester Freund“ Überrascht blickte ich wieder zu ihm. Er schien in Gedanken zu sein. „Mit ihm konnte ich über alles reden und er verstand mich immer. Wir kannten uns schon von klein an. Nachdem mein Vater starb und Mokuba und ich zu Gosaburo kamen, da hatte ich schreckliche Angst vor dem, was kommen könnte. Aber Riku hat mir immer Mut gemacht. Ich war damals sehr klein für mein Alter und Riku war zu groß. Er passte auf mich auf und er beschützte mich.“ „Du warst zu klein? Da ist schwer vorstellbar“, meinte ich überrascht. Aber Seto achtete nicht auf mich, sondern erzählte weiter. Es war fast so, als würde er für sich noch einmal alles resümieren und gar nicht mit mir sprechen. „Riku war auch der einzige Freund, den Gosaburo an meiner Seite duldete. Vermutlich, weil er ihn für dumm hielt. Aber das war er nicht. Jedenfalls waren wir oft unterwegs. Bis er starb...“ „Was ist passiert?“ „Eines Nachts waren wir auf dem Weg nach Hause. Wir waren in einer schlecht beleuchteten Gegend. Es war stockdunkel. Und so sahen wir auch nicht die tiefen Schlaglöcher im Asphalt. Ich knickte in einem der Löcher um und konnte nicht mehr aufstehen. Riku wollte mir helfen, aber dabei verfing er sich selbst. Mit seiner Hilfe konnte ich mich trotzdem befreien. Ich wollte ihm auch helfen, als plötzlich ein Auto mit einem wahnsinns Tempo um die Ecke geschossen kam. Verzweifelt versuchte ich Riku zu helfen, aber ich war wie erstarrt. Außerdem hing Riku immer noch in diesem Loch fest. Bevor ich reagieren konnte, stieß er mich zur Seite. Aber er selbst schaffte es nicht mehr, auszuweichen. Das Auto erwischte ihn mit voller Härte. Er war sofort tot.“ Zum Ende hin war Setos Stimme immer leiser geworden. Es schien ihm sehr schwer zu fallen, darüber zu sprechen. Die ganze Zeit hielt er angestrengt die Augen geschlossen, als versuche er, sich die Bilder vor Augen zu führen. Einerseits wollte ich ihn nicht dazu drängen, weiterzumachen. Aber andererseits musste ich wissen, wie es danach weiterging. „Was war dann?“, fragte ich. „Danach... ging es nur noch bergab.“, er öffnete seufzend die Augen und starrte mit leerem Blick zum Himmel, „Ich weiß nicht, was sich Gosaburo davon versprach, aber er nahm mich plötzlich noch härter ran als sowieso schon. Vielleicht wollte er nicht, dass ich zu sehr darüber nachdachte. Vielleicht hat er es ja sogar gut gemeint. Was weiß ich. Jedenfalls hat es nicht funktioniert. Stattdessen wurde alles nur noch schlimmer. Ich konnte mich auf gar nichts konzentrieren und mir gelang überhaupt nichts mehr. Egal, was ich anfing, es ging ohnehin schief. Und je mehr Mist ich baute, desto wütender wurde wiederum Gosaburo. Er schrie nur noch herum, sperrte mich in meinem Zimmer ein und wenn gar nichts mehr half, schlug er zu. In der Zeit bekam ich keinen Bissen runter. Einerseits wegen den blauen Flecken am Bauch von Gosaburos Schlägen, andererseits, war ich viel zu sehr mit den Nerven runter, um überhaupt an Essen zu denken. Allein beim Gedanken daran wurde mir schlecht. Deshalb wurde ich immer dünner und mir passierten auch immer mehr Patzer in der Öffentlichkeit, was der Presse gleich auffiel. Manchmal wurde mir während Veranstaltungen einfach schwarz vor Augen und ich wurde öfters ohnmächtig. Sie nahmen mich gnadenlos in die Mangel. In einer Zeitung stand sogar: >Ist er magersüchtig?< oder >Wird der Druck für ihn zu viel?<. Irgendein Reporter sagte einmal : >Scheinbar ist Gosaburos Goldjunge doch nicht mehr als eine herbe Enttäuschung.< Ich weiß, sowas hätte mir egal sein sollen, aber das war es nicht. Ich wollte nicht vor der ganzen Welt versagen, wo Riku mir so lange geholfen hatte, um mich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Damals dachte ich, wenn ich es nicht mehr schaffe mich zu behaupten, dann wäre es so, als hätte ich ihn verraten.“, er schluckte schwer, „Aber das schlimmste für mich war, dass ich mir die Schuld an Rikus Tod gab. Ich fand gar keine Zeit, um ihn zu trauern oder mich mit seinem Tod auseinander zu setzen. Nicht mal richtig trauern konnte ich... Es machte mich dermaßen fertig, so unfähig zu sein, dass ich versuchte mich umzubringen.“ Mir blieb das Herz fast stehen. „W-was redest du denn da?“, meine Stimme zitterte vor Entsetzen. „Ich nahm eine Überdosis Schlaftabletten. Aber die Bediensteten fanden mich rechtzeitig und brachten mich ins Krankenhaus.“ „I-ich denke, das reicht fürs erste“, flüsterte ich. Ich wollte nicht mehr davon hören, wie sehr er sich gequält haben musste. Allein der Gedanke daran, wie schlecht es ihm gegangen sein musste, um Selbstmord zu versuchen, trieb mir die Tränen in die Augen. Aber er redete trotzdem weiter, als hätte er mich gar nicht gehört. „Gosaburo war richtig sauer deswegen. Von da an war er noch strenger zu mir. Er sorgte dafür, dass ich fast nie Zeit für mich hatte und ahndete Fehler noch härter als zuvor“ War der Typ bescheuert, oder was? Wie konnte Gosaburo nur so kaltherzig sein? Anstatt Seto so zu triezen, hätte er ihn lieber unterstützen sollen. „Ich wusste nicht, was ich noch tun sollte. Ich war total am Ende meiner Kräfte. Immer öfter riss ich von der Villa aus, um wenigstens noch ein bisschen Freiraum zu haben. Wenn ich allein war, konnte ich darüber nachdenken, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, aus dieser Situation auszubrechen. Aber Gosaburo sah das überhaupt nicht gern, wenn ich verschwand. Das ließ er mich auch deutlich spüren. Irgendwann traf ich dann wieder auf Ryo. Seine Schwester war zu der Zeit gerade gestorben und deshalb verstand er auch meinen Schmerz. Wir gaben uns gegenseitig Kraft in dieser schweren Zeit. Aber das reichte nicht aus. Wir wollten vergessen. Irgendwann kam Ryo dann mit einem Joint zu mir“ „D-drogen...?“, fragte ich fassungslos. Das war doch jetzt ein Scherz, oder? „Anfangs waren wir uns beide nicht so sicher. Aber als wir es probierten... da war es ein wahnsinns Gefühl. Es war, als wäre alles Schlechte aus deinen Gedanken verbannt worden. Alles war plötzlich so einfach und unkompliziert.“ „Spinnst du? Du willst mir doch wohl nicht erzählen, es wäre gut Drogen zu nehmen!“, fauchte ich wütend, „Das kann doch nicht dein Ernst sein!“ „Ich erzähle nur, wie es war“, Seto sah mich verärgert an, fuhr aber dann unbeirrt fort, „Natürlich war diese Unbeschwertheit nur eine Illusion, das weiß ich auch!“, er klang langsam wirklich gereizt, „Aber genau das war es, wonach Ryo und ich uns sehnten. Wir trafen uns immer öfter, um uns diesem Gefühl hinzugeben. Es ist komisch. Wenn man immer tiefer in diesen Drogensumpf rutscht, dann trifft man viele seltsame Leute. Die meisten waren einfältig und dumm. Doch das war egal. High waren wir alle gleich. Wir wollten alle vor unseren Problemen davonlaufen. Und so vegetierten wir gemeinsam im Rausch dahin. Aber irgendwann war das auch nicht mehr genug und wir griffen zu härteren Mitteln. - Sag nichts! Ich weiß ja, dass es falsch war. - Auch ohne dich“ Er hatte Recht. Vorwürfe würden auch nicht helfen. Ich atmete einmal tief durch „Erzähl weiter“ Seto sah mich gedankenverloren an und nickte schwach. Seine Augen hatten jegliche Leuchtkraft verloren, „Aber wir wussten nicht, wie man das ganze Zeug dosieren musste. Ich kann mich noch genau an diesen Tag erinnern. Der Winter war sehr kalt in diesem Jahr und es war frischer Schnee gefallen. An dem Tag nahmen wir zu viel auf einmal. Es fegte uns regelrecht von den Socken. So ganz genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern, aber ich glaube, dass Ryo es sogar noch nach Hause geschafft. Aber mir war schrecklich schwindelig von dem Zeug. Ich konnte mich gar nicht mehr richtig orientieren. Also ließ ich mich irgendwann einfach gegen eine Mauer sinken und schlief ein. Ich war drei Tage lang bewusstlos und musste danach noch einige Wochen lang mit einer Lungenentzündung kämpfen, aber ich überlebte. Nur dummerweise war der Vorfall bei der Presse nicht unbemerkt geblieben und sie beschimpften mich als Junkie und was weiß ich nicht alles. Aber diesmal reagierte Gosaburo darauf. Er schickte mich auf dieses Internat für superschlaue Kinder, weil es dort ein Therapieprogramm für psychisch Gestörte gab. Dadurch bekam ich von dem Medienrummel nichts mit. Dort lernte ich auch Akito und Leo kennen.“ „Tatsächlich?“, fragte ich erschöpft. Setos Geschichte ging mir an die Nerven. Allein das Zuhören belastete meine Psyche ungemein. Er nickte, wobei ein unscheinbares Lächeln auf seinem Gesicht erschien „Leo war einer dieser Motivationstrainer dort. Er sagte immer >halt deinen Körper in Form, dann bleibt es dein Geist auch< Es liegt viel Wahres in diesem Spruch“ „Treibst du deshalb so viel Sport?“ „Auch. Aber hauptsächlich, weil ich es kann. Mir wurde zu der Zeit bewusst, dass ich zweimal schon fast gestorben wäre. Also versuchte ich das Leben so gut es ging zu nutzen. Und durch den Sport fühlte ich mich lebendig.“ „Also half dir Leo deine Psyche zu stabilisieren und wieder Fuß im Leben zu fassen.“, schlussfolgerte ich, „Was war mit Akito?“ Raiko kam zu uns und legte seinen Kopf in Setos Schoß. Sein Herrchen kraulte ihm mit einem liebevollen Blick den Kopf. „Er war auch eines dieser superschlauen Kinder. Genau wie ich. Er war ein Jahr älter, aber das machte nichts. Wir waren die einzigen, die nicht dazugehörten. Wie grenzten uns von den anderen ab, weil wir uns nicht mit diesem Geniegefasel identifizieren konnten. Ich denke, man kann sagen, wir haben den Laden mächtig aufgemischt.“, er grinste schwach, aber es erlosch gleich wieder, „Es war eine sorglose Zeit, auch wenn diese Genies mir auf die Nerven gingen und die Lehrer streng waren. Es wurde strikte Disziplin gefordert und wer sich nicht daran hielt, wurde bestraft. Aber die Lehrer waren gerecht und die Strafen akzeptabel. Nicht wie bei Gosaburo, der nach Lust und Laune zuschlug. Ich brauchte diese Zeit, um mich selbst zu finden und Rikus Tod zu verarbeiten. Aber dann fiel mir wieder Mokuba ein. Ich musste etwas für ihn tun, damit er nicht Gosaburos Launen zum Opfer fiel wie ich. Also übernahm ich seine Firma. Es war eigentlich recht einfach. Gsaburo war erstaunlich zu überwältigen. Aber die Firma zu leiten war entsetzlich schwer. Ich musste mich in der Geschäftswelt erst einmal zurechtfinden und gegen Vorurteile mir gegenüber ankämpfen. Aber es war zu hart. Ich musste mich anpassen, damit ich Erfolg haben konnte. Am Ende musste ich das so sehr, um nicht zu zerbrechen, dass ich nicht mehr ich selbst sein konnte. Akito und Leo bemerkten, wie ich immer kälter und verschlossener wurde und versuchten mich zurück auf den Boden der Tatsachen holen. Aber das wollte ich nicht hören. Es erschien mir absolut richtig, die Firma zu leiten, denn dadurch war ich endlich frei und unabhängig. Doch ich war nicht mehr ich selbst, das wusste ich. Trotzdem war ich bereit, diesen Kompromis einzugehen. Ich ging vom Internat ab und auf eine öffentliche Schule. So konnte ich neu anfangen und musste mir nicht ständig die Appelle von Leo und Akito anhören. Ich schätze, den Rest kennst du ja“ Ich nickte „Du kamst auf unsere Schule und hast dich von Anfang an kalt und arrogant gegeben, damit dir keiner auf die Pelle rückt. Du hast niemandem mehr vertraut und auch in der Firma fast die ganze Konstrolle übernommen. Aber das wurde dir zu fiel und du bist vor einem Jahr wegen dem ganzen Druck zusammengebrochen. Und da erst hast du erkannt, dass es so nicht weitergehen kann“ „So ungefähr, ja.“ „Und über dein Gewicht wolltest du nie reden, weil du schon so oft deswegen angegriffen wurdest“, schlussfolgerte ich. „In etwa, ja“ „Was war mit Akito und Leo?“ „Akito und Leo tauchten dann plötzlich vor einem Jahr in Domino auf. Leo hatte seinen Job als Motivationstrainer aufgegeben und eröffnete seine eigene Kampfsporthalle. Und Akito hatte bereits seinen Abschluss in der Tasche. Seit sie hier sind, passen sie ganz genau auf mich auf, damit ich keinen Mist mehr baue. Naja, egal. Ich find es so viel besser, als wenn die ganze Verantwortung auf mir lastet.“, er lächelte mich erleichtert an, „Ich bin froh, dass du jetzt Bescheid weißt. Das macht alles irgendwie einfacher zwischen uns“ „Ich bin heilfroh, dass du mir so vertraust“, antwortete ich ehrlich. Ich verstand ihn jetzt wirklich besser. Und je besser ich ihn verstand, desto mehr liebte ich ihn auch. Aber eines musste ich noch wissen „Bereust du es, die Drogen genommen zu haben?“ „Nein. Nur durch sie konnte ich überleben“ „Du, weißt aber schon, dass das ziemlich dumm war, das Zeug zu nehmen, oder?“ Sein Blick wurde düster „Was verstehst du denn schon davon!“ „Genug, um zu wissen, dass man keine Drogen nehmen sollte, egal, wie schlimm es steht. Und nur, weil ein Freund gestorben ist-“ „Nur, weil...? Du weißt nicht, wie ich mich gefühlt habe, du weißt gar nichts!“, unterbrach er mich. Zornig kam er auf die Beine, sodass Raiko erschrocken zurücksprang, „Du hast nicht das Recht über mich zu urteilen!“ Ich sah irritiert zu Seto auf „Das tue ich doch gar nicht. Es war doch nur ein Hinweis.“ „Schieb dir deine Hinweise sonstwo hin! Ich brauch sie nicht!“, wütend ging er davon. „Warte doch mal“, rief ich verzweifelt, „Es tut mir Leid“ Er drehte sich noch einmal zu mir um „Schön für dich! Lass mich in Ruhe! Ein bisschen mehr Abstand zwischen uns wird sowieso ganz gut tun. Wir sehen uns in der Schule“, dann stapfte er davon. Mehr Abstand? Das fand ich aber gar nicht gut. Ich wollte doch nur sagen, dass das Leben weitergehen muss, auch wenn ein Freund stirbt. Aber er hatte mich nicht mal aussprechen lassen. Vielleicht hatte ich es einfach nur sehr blöd formuliert... Seufzend stand ich auf. Er würde mir schon verzeihen, aber jetzt konnte ich mich bei ihm erst Montag wieder entschuldigen, wenn er mich vorher nicht sehen wollte. Toll gemacht, Joey! So, viele Fragen geklärt... Mal sehen, wie es weitergeht Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)