Auf Diät von caladriuss (Setox Joey) ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Ein alter Freund Am Abend hatte Seto mich nach Hause gefahren, weil es doch recht spät geworden war. Und nachts hatte ich kaum geschlafen, denn immer wieder musste ich an seine blauen Augen denken. Sie spukten mir immer wieder durch den Kopf. Irgendwie erinnerten sie mich an einen klaren tiefen Bergsee, der je nach Umstand mal aufgewühlt, mal friedlich war. Ich beschloss am nächsten Morgen direkt zur Schule zu gehen und nicht erst zu Seto. Wieso, wusste ich auch nicht so genau. Am Schuleingang erwartete mich Yugi schon. „Und?“, er sah mich erwartungsvoll an, „Hast du dich aus seinem Bann ziehen können?“ „Nein“, ich seufzte glücklich, „Man kann ihn nicht hassen. Er ist einfach zu liebenswert“ „Früher konntest du ihn hassen“ „Da war ich ja auch noch ein unwissender Idiot“ „Joey“, er sah mich ernst an, „Kann es sein, dass du schon vorher in ihn verknallt warst? Vor diesem Projekt, meine ich“ „Nein Unsinn! Da kannte ich ihn ja noch nicht richtig. Wie kommst du darauf?“ „Nun ja... zum Beispiel, weil mir nie aufgefallen ist, ob seine Augen die Farbe ändern oder nicht. Ich war mir ja nicht einmal richtig im Klaren darüber, dass seine Augen blau sind.“ „Das sieht aber doch jeder!“, meinte ich verärgert. „Nur, wenn man darauf achtet. Außerdem: wieso hat es dich sonst so aufgeregt, als er dich ignoriert hat?“ Ich überlegte „Was willst du mir damit sagen?“ „Nichts. Ich hab nur darüber nachgedacht.“, er winkte lächelnd ab, „Ist doch egal, wann du dich in ihn verliebt hast“ „Genau“ „Wirst du es ihm sagen?“ „Wie denn?“, fragte ich trübsinnig, „Vermutlich wirft er mich dann raus. Ich liebe ihn lieber heimlich.“ „Das ist aber nicht gut für dich“ „Ich mach das schon“ „Was machst du schon?“, fragte Seto neugierig. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören. „Ich... äh...“ „Er meint die Matheklausur heute“, warf Yugi schnell ein. „Matheklausur?!“, ich sah Yugi entsetzt an, „Schreiben wir die etwa heute?“ „So weit ich weiß, schreibt euer Kurs heute“, meinte Yugi verwundert, „Hast du das etwa vergessen?“ „Äh...“ „Das hab ich total verplant“, murmelte Seto nachdenklich, „Egal. Es wird schon nicht so schwer“ „Für dich vielleicht!“ „Wieso?“, er durchbohrte mich mit seinem Blick, „Weil ich ein Genie bin?“ „N-nein. Weil du rechnen kannst. Ich nicht“ „Du bist ja nicht allein bei der Klausur“, meinte er leichtfertig, „Du hast doch deinen Taschenrechner und dein Tafelwerk“ Ich wurde kreidebleich, „I-ich hab keinen Taschenrechner dabei“ „Wie konntest du den nur vergessen, Joey?“, fragte Yugi vorwurfsvoll. „Dann nimmst du halt meinen“, meinte Seto schulterzuckend. „Und was machst du dann?“ „Ich brauche keinen. Ich bin ein Genie, schon vergessen?“, er grinste leicht. Ich sah ihn aus großen Augen an „Du rettest mir das Leben“ „Übertreib nicht! Komm, gehen wir zur Klausur“ Ich folgte ihm fröhlich. Er gab mir seinen Taschenrechner kurz vor der Klausur. Überglücklich darüber vergaß ich sogar, aufgeregt zu sein. Aber als die Arbeit dann vor mir lag, sank ich entgeistert auf den Boden der Tatsachen zurück. So viele verwirrende Zahlen und Gleichungen. Mir schwirrte der Kopf schon beim Hinsehen. Diese Klausur war verflucht schwer! Diese Klausur war ein Kinderspiel! Die Aufgaben hätte sogar ein Dreijähriger schaffen können. Ich brauchte nicht einmal die Hälfte der Zeit, um sie zu lösen. Dass ich Joey meinen Taschenrechner gegeben hatte, stellte kein Problem dar. Gerade als ich aufstehen wollte, spürte ich, wie mein Handy vibrierte. Sicherheitshalber sah ich unterm Tisch nach, von wem die SMS kam. Sie war von Ryo Niamoto. Er saß zwei Reihen hinter mir an derselben Klausur und wollte nun, dass ich ihm bei einigen Aufgaben half. Im Grunde genommen war er nicht blöd, das wusste ich. Ihm fehlte immer nur der Ansatz. Also schrieb ich ihm schnell eine Hilfestellung, bevor ich nach draußen ging. Ich setzte mich unter den Baum im Hof und versuchte mich zu erinnern, seit wann Ryo und ich uns kannten. So gesehen hatten wir fast eine gemeinsame Vergangenheit. Er liebte das Surfen, genau wie mein Vater und ich. Als ich kleiner war, gingen mein Vater und ich fast jeden Sommertag an den Strand und irgendwann hatte ich dabei Ryo kennen gelernt. Von da an waren wir oft gemeinsam surfen gegangen. Aber als mein Vater starb und ich zu Gosaburo kam, hatte ich kaum noch Zeit dazu. Nur manchmal, wenn ich abgehauen war, trafen Ryo und ich uns noch. Ich weiß noch, dass seine Schwester damals Krebs hatte und kurz darauf starb. Fast zur gleichen Zeit starb dann auch mein bester Freund und ich wurde aus der Bahn geworfen. Wir wollten beide weg, irgendwohin, wo wir es besser hatten, aber es endete in einem Fiasko. Danach steckte mich Gosaburo ins Internat und Ryo und ich verloren uns aus den Augen. Nachdem ich von Gosaburo die Firma übernommen hatte und wieder auf eine öffentliche Schule ging, traf ich ihn wieder, weil wir einige Kurse gemeinsam hatten. Aber damals war er mir relativ egal. Schließlich wollte ich meine Firma nach vorne bringen und hatte weder Zeit zum Surfen noch für Freundschaften. Erst vor etwa einem Jahr, als ich die Firma mit Mokuba und Noah aufteilte, hatte ich wieder Zeit, um surfen zu gehen. Und am Strand traf ich wieder auf Ryo. Inzwischen waren wir wieder Freunde, nur dass wir nicht oft etwas miteinander unternahmen. Er hatte seinen eigenen Freundeskreis, der meiner Meinung nach fast nur aus Prolls und Idioten bestand. Aber wenn wir etwas gemeinsam unternahmen, dann war es meistens Surfen. Seufzend schloss ich die Augen und wartete darauf, dass die Stunde zu Ende ging. Schließlich hatte ich danach noch Französisch. Als es kingelte kamen auch die anderen Schüler aus meinem Mathekurs auf den Hof. Die meisten wirkten ein wenig verstimmt. Genauso wie Joey. Er steuerte direkt auf mich zu und lehnte sich neben mir gegen den Baum. „Das war ja eine ätzende Arbeit!“, schnaubte er. „Findest du?“ „Allerdings. Ich hoffe, du hattest keine Probleme ohne Taschenrechner. Immerhin kamen Logarithmen dran“ „So simple Logarithmen kann ich auch im Kopf ausrechnen.“ „Ach echt? So was geht?“ „Genie, schon vergessen?“, ich grinste leicht, „Ehrlich gesagt habe ich sie nicht ausgerechnet. Aber es waren diese typischen Logarithmen, die sowieso jeder im Kopf hat“ „Du bist merkwürdig. So einen Scheiß merkt sich doch kein Schwein“ „Ein Schwein nicht, aber ich. Wie liefs denn bei dir so?“, ich war nicht wirklich neugierig, aber ich hatte das Gefühl, dass er genau auf diese Frage wartete. „Es war furchtbar. Allein schon Aufgabe 1...“, er begann bei jeder kleinen Aufgabe zu erzählen, was ihm nicht gepasst hatte. Ich hörte nicht wirklich zu, sondern besah mir den Himmel. Heute war er herrlich blau, keine einzige Wolke. Und es war warm für diese Jahreszeit. Außerdem wehte ein angenehmer Wind. „Ich weiß genau, was du denkst“, meinte plötzlich Ryo. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören. „So?“ Er lehnte sich neben mir gegen den Baumstamm „Weißt du, was für wundervolle Wellen so ein Wind macht? Schön hoch, aber trotzdem gut zu reiten“ „Stimmt“ „Und wer weiß. Vielleicht ist das der letzte Tag in diesem Jahr, an dem es warm genug ist zum surfen...“ „Ich weiß ganz genau, worauf du hinaus willst“, meinte ich ruhig. „Und?“ „Wen interessiert schon Schule“, ich stand auf, „Lass uns gehen“ „Genau die Reaktion hab ich erwartet“, Ryo grinste breit, „Mein Onkel hat am Strand seinen Laden. Da können wir uns Bretter holen“ „Und rein zufällig bin ich mit Auto da“ „Welch Zufall, wie perfekt das alles passt“ „Na das muss wohl Schicksal sein“, ich hatte heute morgen den Wetterbericht gehört und gehofft, dass es so kommen würde. „Ob die Lehrer das Schicksal als Ausrede akzeptieren?“ „Klar, du musst es nur richtig rüberbringen“ Wir gingen zu meinem Wagen. Aber Joey eilte uns hinterher. „Was ist mit mir?“ „Pack ihn mit ein“, meinte Ryo. „Du kommst einfach mit“, nickte ich. „A-aber ihr könnt doch nicht einfach die Schule schwänzen“ „Tun wir ja nicht“, ich sah ihn gelassen an, „Aber das Schicksal hat gerufen. Und wenn das Schicksal ruft, dann muss man folgen“ „Ich dachte, du glaubst nicht ans Schicksal“ „Doch, solange ich es mir aussuchen kann“ „Schon klar...“ Wir fuhren in Setos Auto zum Strand. Aber ich wusste nicht so recht, ob ich von seinem Fahrstil begeistert sein sollte, denn er schien dabei seiner eigenen Logik zu folgen. War eine Ampel gelb, dann fuhr er weiter und wenn sie rot war, meinte er sie war ja vorher noch gelb und fuhr ebenfalls drüber. Er versicherte mir, dass er das in der Stadt nicht machen würde, aber auf Landstraßen wäre das schon in Ordnung. Außerdem beschimpfte er immer die Autos vor uns, wenn sie seiner Meinung nach zu langsam oder zu schnell fuhren. Als wir am Strand ankamen, war es zu meiner Überraschung erstaunlich voll. Scheinbar machten heute viele Leute blau, um das gute Wetter zu genießen. Wir suchten uns einen Platz nah am Wasser, während Ryo Surfbretter besorgte. „Kannst du überhaupt surfen?“, fragte ich zweifelnd. „Natürlich“, meinte Seto entrüstet, „Das hat mir mein Vater beigebracht“ „Gosaburo konnte surfen?“ „Nicht Gosaburo! Mein Vater“, erwiderte er ungeduldig, während er sich seine Sachen auszog. Praktischerweise hatte er eine Badehose drunter. Ich konnte nur über seinen Körper staunen. Er war tatsächlich gut trainiert. Seine Brust war makellos und sein Bauch schön flach. In der Mitte zierte ihn ein geradezu niedlicher Bauchnabel. Und er hatte wirklich schöne Beine. Man konnte nicht unbedingt sagen, dass er mager oder unterernährt aussah. Eher gertenschlank. Nur wenn er die Arme hob, konnte man seine Rippen deutlich sehen. Ein- zwei Kilo mehr hätten ihm bestimmt nicht geschadet, aber sie waren auch nicht wirklich notwendig, um seinen Anblick perfekt zu machen. Es war nur etwas Schade, dass ich seinen Hintern nicht so genau bewundern konnte, weil seine Badehose fast bis zu den Knien ging. „Willst du dich nicht auch ausziehen?“, fragte er beiläufig. „Ich hab keine Badesachen bei“ „Dann geh halt in deinen Unterhosen“ Ryo kam mit den Brettern zurück und zog sich ebenfalls aus. Ich mochte ihn nicht sonderlich, weil er sozusagen zur High Society der Schule gehörte. Das waren diese Typen, die alles und jeden niedermachten. Ich fragte mich, wieso Seto ausgerechnet mit ihm befreundet war. „Na dann. Gehen wir surfen“, rief Seto motiviert. „Tut das. Ich gehe nur schwimmen. Surfen kann ich sowieso nicht“, meinte ich träge. Seto schnaubte „Du klingst wie ein alter Mann!“ Dann machte er sich mit Ryo und den Brettern davon. Ich setzte mich derweil in den Sand und sah den beiden zu. Seto konnte tatsächlich gut surfen, das musste man ihm lassen. Seine Bewegungen auf dem Brett waren unglaublich sicher und trotzdem elegant. Vielleicht könnte er mir das Surfen ja irgendwann mal beibringen... „Hey Joey“, rief plötzlich jemand hinter mir. Überrascht drehte ich mich um. Es waren Mokuba und Akito. „Was macht ihr denn hier?“, fragte ich verwirrt. „Wir dachten uns schon, dass ihr bei dem Wetter am Strand seid.“, meinte Akito leichthin, „Ist Seto surfen gegangen?“ „Ja, zusammen mit Ryo“ „Ryo also“, er schnalzte mit der Zunge, „Ich mag den Typen nicht sonderlich.“ „Ich auch nicht“ „Ihr kennt ihn nur nicht“, warf Mokuba ein, „Er kann richtig nett sein. Wenn er ein schlechter Kerl wäre, wär mein Bruder doch nicht mit ihm befreundet.“ „Gutes Argument. Aber woher kennt Seto ihn denn?“ „Wir kennen ihn schon ganz lange, schon damals als unser Vater noch gelebt hat, waren wir Freunde.“, erklärte Mokuba. „Kommst du mit baden?“ Ich nickte. „Dann werde ich mir auch mal ein Brett schnappen“, meinte Akito knapp. Ich spielte stundenlang mit Mokuba im Wasser, wobei ich versuchte, ihm ein paar Infos über Ryo zu entlocken. Er erzählte mir über Ryos kranke Schwester, dass er und Seto mal versucht hatten gemeinsam abzuhauen,und über ihre Freundschaft. Vielleicht war der Typ ja doch nicht so schlecht. Aber so ganz traute ich ihm trotzdem nicht. Nach einer Weile ließen wir uns erschöpft bei unseren Sachen in den Sand fallen. „Hey Joey. Magst du meinen Bruder?“, fragte Mokuba atemlos. „Ich? Ja, ich mag ihn sehr“, antwortete ich ehrlich, „Was denkt Seto eigentlich über mich?“ „Ich glaube, er findet dich ganz in Ordnung. Er lässt nicht jeden so nah an sich heran wie dich“ „Aber er erzählt mir nicht, was früher passiert ist“, meinte ich missmutig. Mokuba sah mich ernst an „Aber er hat dich auch nicht aus seinem Büro geschmissen. Und das will schon was heißen. Seto lässt viele Leute nur zum Schein an sich heran. Sie dürfen ihn zwar duzen, aber mehr auch nicht. So, wie Dr. Kana. Aber du darfst sogar in sein Büro. Das ist wirklich eine Ehre, die nicht jedem Zuteil wird“ Ich grinste glücklich. Dann mochte er mich ja auch. Zwar nicht so wie ich ihn, aber immerhin. „Warum grinst du so?“, fragte Akito neugierig. Er und Seto standen neben mir und sahen auf mich herab. Verlockend liefen einzelne Wassertropfen von Setos Haut und hinterließen eine im Sonnenlicht glitzernde Spur. „Nur so“, ich setzte mich auf und lächelte ihnen entgegen, „Es ist nur so ein herrlicher Tag.“ „Wenn du meinst“, Seto ließ sich neben mir in den Sand fallen, während Akito und Ryo die Bretter wegbrachten und etwas zu essen besorgten. „Du scheinst ja fast wieder in Form zu sein“, meinte Seto und deutete auf meinen Bauch, „Naja, ein zwei Kilo vielleicht noch“ „Ja schon, aber ich will noch mehr trainieren, um so einen Körper zu kriegen wie du“ „Du meinst, zu dünn?“, er sah mich düster an. „Nein, so schön trainiert und fit“, entgegnete ich hastig. „Wie du meinst“, er ließ sich auf den Rücken fallen und sah zum Himmel. „Weißt du, ich mach mir trotzdem Sorgen wegen der Schule“, meinte ich betrübt, „Immerhin haben wir unsere Leistungskurse geschwänzt“ Seto lächelte leicht „Ich bin vorhin auf dem Wasser fast mit meinem Französischlehrer zusammen gestoßen. Der hat heute wohl auch blau gemacht. Wir sahen uns grinsend an und dann sagte er >Das bleibt unter uns<. Er ist halt ein echter Sunnyboy. Also mein Leistungskurs wäre sowieso ausgefallen“ Ich kannte seinen Lehrer nur vom Sehen, aber er wirkte tatsächlich sehr entspannt und freundlich. Ganz im Gegensatz zu dem Drachen, den ich hatte. „Aber meiner nicht. Ich hätte Politische Weltkunde gehabt“ „Politik, wie öde. Was solls. Sag deinem Lehrer einfach, dass ich dich gezwungen habe, mir in der Firma zu helfen“ „Hast du auch geschwänzt, Mokuba?“ „Nein. Wir hatten Wandertag und der war früher zu Ende.“, der Kleine sprang plötzlich über mich rüber auf Setos Bauch, „Wir waren im Zoo und ich hab sogar Tiger gesehen“, er erzählte fröhlich von seinem Tag, während Seto einfach nur dalag und zuhörte. Es schien ihn nicht zu stören, dass Mokuba auf ihm hockte. Auf einmal waren beide einfach nur noch großer und kleiner Bruder am Strand. Sie sahen wie eine kleine glückliche Familie aus. Vorher hatte Mokuba so etwas Erwachsenes an sich gehabt, aber jetzt war er, wie ein Kind seines Alters sein sollte. Und Seto hatte wieder diesen „großer Bruder Blick“ drauf, den er früher schon immer nur Mokuba geschenkt hatte, während er uns in Grund und Boden gestarrt hatte. Ich beneidete Mokuba um diesen Blick, der zeigte, dass Seto ihn immer beschützen würde. In diesem Moment wünschte ich mir sehnlichst, dass er mich irgendwann auch mal so ansehen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)