The New Shinobi von abgemeldet (Season One) ================================================================================ Kapitel 20: Shot ---------------- Für Mija war es gar keine Frage, ob sie angegriffen werden würden. Nur, wann. Jemand hatte etwas aus dem Besitz des Fürsten gesucht, es aber nicht im Palast gefunden. Mehr als naheliegend, bei der Leiche und seinen engsten Gefolgsleuten danach zu suchen. Was hatten sie, was für andere von Bedeutung war? Ihre Waffen waren nur ihnen selbst zugänglich, und die wenigen bedeutsamen Gegenstände, die sie bei sich trugen... nun, darüber konnte niemand Bescheid wissen – überdies war deren Wert ohnehin mehr persönlicher Natur. Ja, die Schriften über die Künste des Fürsten... Aber da war der Fürst selbst! Zwar nur noch Asche, aber wer konnte wissen, welche Mächte diese zu Staub zerfallenen Überreste für jemanden bargen, der in der Lage war, sie zu lesen und zu extrahieren? Senshu hingegen, die den Tornister mit der Asche ihres Herren gerade auf der linken Schulter trug, machte sich nur begrenzt Sorgen darum. Sie dachte an ihr nächtliches Gespräch mit Gai. Ein alter Bekannter... Jemand, der auf der Jagd nach dem unbekannten Material war. Der es vielleicht von ihren toten Körpern nehmen würde, sollte es darauf hinauslaufen. „Ob es einer oder mehrere sind, ist schwer zu sagen, aber bevor der- oder diejenigen uns angreifen, wird man uns mit Sicherheit beobachten.“, sagte sie wie zu sich selbst. Es war praktisch unmöglich, irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, ohne seinen Feind zu kennen. Aber wenn es Gais „Bekannter“ war... SSSP! Ein unheilvoller, zischender Laut durchschnitt die Stille des Waldes und endete in einem abrupten, fleischigen Laut. Senshu verfluchte ihre Unachtsamkeit, noch bevor der kurze, harte Bolzen einer Armbrust ihre rechte Schulter streifte. Wäre sie nicht in Gedanken gewesen, hätte sie vielleicht vollständig ausweichen können, aber jetzt zerfetzten Stahl und Holz den Stoff ihres groben Hemdes und das Fleisch darunter. Senshus überraschter Schmerzensschrei ließ ihre Freunde erschrocken herumfahren. Sie starrten in die Richtung, aus der der Bolzen gekommen sein musste. Der Schütze allerdings verschwendete keinen weiteren Versuch – allein aus dem Hinterhalt hatte er eine reelle Chance gehabt, aber das Mädchen war ausgewichen und hatte statt einem Loch im Herzen lediglich eine unbedeutende Schramme davongetragen. „Elend!“, rief eine raue Stimme und eine kurze Einhänderarmbrust kam aus dem Dickicht auf einer Hügelkuppe geflogen. Während die Waffe den mit altem Laub bedeckten Hang herabrutschte, wo sie schließlich am Stamm einer hohen, schlanken Buche liegen blieb, erkannte Mija an Größe und Bauart derselben, was für eine Kraft für ihre Handhabung aufgebracht werden musste, und welch entsprechende Leistung das zeitigte. Der Bolzen hätte das Herz ihrer Freundin nicht nur durchstoßen, sondern es ihr aus der Brust gerissen und an den nächsten Baum getackert. Die drei aus Mokugan scharten sich zusammen, Senshu und Mija mit Blick auf den Hügel vor ihnen, von wo der Schuss gekommen war, Nemaru mit dem Rücken dazu, um die hintere Seite zu sichern. „Rrrah!“ Ein weiterer zorniger Schrei, als der Schütze seine Wut verfluchte (nur, um noch wütender zu werden), weil er jetzt seine Waffe holen musste. Eine schlanke Gestalt sprang aus dem Dickicht, schoss blitzschnell auf die Armbrust zu, nahm sie wieder an sich und verschwand mit der Behändigkeit eines Affen wieder im Gehölz. Nemaru dachte im ersten Moment daran, ihm zu folgen, aber überlegte es sich dann anders. Er hatte sich umgedreht, als der Angreifer sich gezeigt hatte, und nur das gefährliche Leuchten zweier dunkelblauer Augen gesehen. Die Augen eines Mörders, wenn es je welche gegeben hatte. Von Statur her eindeutig ein Mann, aber alles bis auf diese schrecklichen Augen war von dunklem Stoff verhüllt gewesen. Senshus Blut sickerte in den gierigen Waldboden, der alles, was ihm als Nahrung dienen konnte, gierig aufsog. Sie standen gut eine halbe Minute so da, verharrten mit wild pochenden Herzen und warteten ab, was geschehen würde, dann ließ Mija ihren angehaltenen Atem seufzend entweichen und entspannte sich etwas. „Idiot.“, meinte Senshu ohne merkliche Wut in der Stimme. „Nah, wer weiß. Er war wütend, diese Überreaktion bedeutet noch nicht, dass er dumm ist.“, meinte Mija und betrachtete ihre Freundin, die endlich nach ihrer Schulter griff, um die Wunde zu inspizieren, behielt danach aber mehr ihre Umgebung im Auge. „Mein Gott, so viel Blut! Geht’s?“, rief Nemaru jetzt aufgebracht und zückte dabei ein Tuch, um zu helfen. Senshu, die wusste, dass sich seine Aufregung schnell legen würde, sagte kalt: „Lass das.“ Die Gutmütigkeit von Vorhin war verschwunden. Auf seinen beleidigten Blick hin lenkte sie ein: „Ich mein’s nicht so. Kommt, wir sollten ohnehin Mittagsrast machen.“ Sie nahm Nemaru das Tuch ab, zog das zerrissene Oberhemd aus und setzte sich ein paar Schritte weiter auf einen Stein, um die Wunde zu versorgen. Nemaru betrachtete sie skeptisch: „Hältst du es für eine gute Idee, hier in aller Seelenruhe sitzen zu bleiben?“ Mija sah sich immer noch um, sagte dann aber: „Er hat sich zurückgezogen...“ Senshu wischte beflissen Blut von ihrer Schulter, während sie sagte: „Er ist unberechenbar. Das kann ich auch.“ Ihre Freundin seufzte laut hörbar: „Toll. Aber zumindest scheint der Wahnsinnige allein zu sein.“ „Wahnsinnig trifft den Nagel vielleicht auf den Kopf. Kann ja sein, dass er’s ist. Macht ihn immer noch gefährlich. Aber Wahnsinnige haben oft große Schwächen.“ „Du redest wie’n Buch.“, meinte Nemaru nicht sonderlich glücklich. Senshu lachte humorlos: „Ich bin ein Buch. Und ist es nicht so?“ Mijas Augen leuchteten, als sie näher trat und flüsterte: „Wut? Die erste Schwäche! Und er hat sie uns so leicht gezeigt!“ Senshu nickte nur, dachte dabei aber, dass sie nur noch herausfinden mussten, warum genau ihr Angreifer so wütend gewesen war. Warum war es so wichtig, sie drei zu überwältigen, dass ein einziger fehlgegangener Schuss ihn so weit trieb, dass er sogar seine Deckung verlassen musste? Auf den ersten Blick konnte man so etwas natürlich schwer einschätzen – aber Senshu witterte Verzweiflung im Verhalten ihres Feindes. Auf jeden Fall. Und Unberechenbarkeit, die fast greifbar war. Eine üble Mischung. Eine interessante Mischung. Mija hatte Angst, ja, aber die hielt sich in Grenzen. Sie war vielmehr fasziniert von diesem Auftritt gewesen. So eine Kraft und Beweglichkeit – unglaublich. Und diese grausam schönen Augen. Es hatte fast weh getan, sie zu sehen. Die Intensität dieses Auftritts beeindruckte sie, auch wenn es ein Gegner gewesen war. Menschen, die so überzeugt auftraten, ob im Guten oder im Bösen, waren einfach bemerkenswert. Und noch etwas. Sie hatte diesen Mann mit Sicherheit noch nie gesehen – sie wäre nie so weit gegangen zu behaupten, sie vergesse nie ein Gesicht (oder nur die Augen), aber diese Person hätte sich ihr eingeprägt. Dennoch hatte sie das starke Gefühl, etwas an diesem Menschen zu erkennen – wiederzuerkennen. Schwer zu verstehen, unmöglich zu beschreiben. Nachdem Senshu ihre Schulter versorgt hatte, aßen die drei ohne großen Appetit. „Du bist kalt wie ’ne Hundeschnauze.“, meinte Nemaru, und es war schwer zu sagen, ob er Senshu damit loben oder tadeln wollte. Sie war die einzige, die sich nicht wenigstens von Zeit zu Zeit umsah, sondern nur betont gleichgültig aß. Sie warf Nemaru einen ernsten und schwer zu deutenden Blick zu, verzog dann mit einem kaum merklichen Kopfschütteln den rechten Mundwinkel und erwiderte nichts. Mija lachte über die beiden, sah sich aber trotzdem nur kurz darauf wieder über die eigenen Schultern. Sie vermutete, dass Senshu sich sehr beherrschen musste, um es ihr nicht gleichzutun. Vielleicht wollte sie ihren Angreifer mit ihrer aufgesetzten Ruhe reizen – oder nur ihre Freunde beruhigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)