The New Shinobi von abgemeldet (Season One) ================================================================================ Kapitel 13: Mehr Platz in gebrochenen Herzen -------------------------------------------- “And yes, I know how lonely life can be, the shadows follow me, and the night won’t set me free.” - Don McLean, “And I love you so” Senshu wusste genau, dass Nemaru längst nicht reif genug war, sie ganz zu verstehen – das war sie ja selbst nicht. Und trotz der tiefen Zuneigung, die zwischen ihnen herrschte, waren sie nicht in der Lage, unbefangen miteinander umzugehen. Senshus starre Aufrichtigkeit, ihr vorsichtiges Misstrauen und Nemarus wankelmütige Lebendigkeit vertrugen sich nicht. Sie verstand seine Flatterhaftigkeit nicht, er verstand ihre komplizierte Denkweise nicht. Mija war stets das vermittelnde Glied, denn sie begriff auf ihre großmütige Art beide Seiten. Die Aufträge der drei Bediensteten des Fürsten waren oftmals grundverschieden, und die Art, wie Senshu die ihren erfüllte, war Nemaru manchmal unbegreiflich. Wenn die drei zusammenarbeiteten, war er stets derjenige, der versuchte, die einfachste Lösung zu finden, während sie zeitaufwendig irgendwelchen Details hinterher jagte. Nichtsdestotrotz half er Senshu aus dem Gefühl trauriger Ziellosigkeit, nachdem ihr engster Gefährte aus Kindertagen gestorben war. Eines Tages wurden sie alle drei gemeinsam von ihrer Arbeit weggerufen. Ein Nachbar lief schreiend durch das fürstliche Anwesen und trommelte sie zusammen. Als sie in die Eingangshalle stürmten, trugen zwei junge Männer den Fürsten auf einer Bahre herein. Wortlos eilten sie an seine Seite. Der Nachbar kreischte immer noch: „Der Fürst ist verunglückt!“ Mija packte ihn und sagte: „Wenn das Geschrei so weitergeht, dann machen Sie bitte draußen weiter!“ Daraufhin verstummte er. Einer der jungen Männer, den die drei in diesem Moment gar nicht wirklich wahrgenommen hatten, sagte: „Er kommt darüber hinweg.“ Nemaru starrte ihn an: „Worüber? Was war denn überhaupt!?“ Von ihnen allen war er derjenige, der am meisten Sorge zeigte. „Wir haben ihn zufällig im Wald gefunden. Ich weiß nicht, was er dort gemacht hat...“ „Er hat trainiert.“, sagte Mija barsch, fast vorwurfsvoll. Ihr Meister war schon über sechzig Jahre alt, trainierte aber immer noch täglich. Und sie bewunderte seine Konsequenz. „Dabei muss er einen Anfall gehabt haben, er hat eine...“ Der junge Mann verstummte abrupt, als der Fürst ihn mit halb geöffneten Augen am Arm packte und flüsterte: „Nicht. Ich werde es ihnen später sagen.“ Seine Stimme war kaum hörbar und brach an mehreren Stellen. Die kläglichen Versuche, sich aufzurichten, scheiterten. Senshu spürte herbes Mitleid in sich aufsteigen, als wüsste sie bereits jetzt, welch grausame Krankheit seinen Körper befallen hatte. Der junge Mann riss sie aus ihren Gedanken: „Ein wenig Ruhe, und er wird wieder zu Kräften kommen.“ Senshu sah ihn nicht an, als sie voranging und sagte: „Folgt mir, wir bringen ihn in sein Gemach. Mija?“ „Ja?“ „...nein, warte. Ich brauch zu viel verschiedenes... sprich mit den Männern. Ich will wissen, wer sie sind und was genau war. Ich mache schnell etwas, das ihn stärken wird. Nemaru, was kannst du...?“ „Ich gehe schon. Energiekugeln würden jetzt seinen Kreislauf überlasten, aber ich bringe ihm zu Trinken und koche eine Suppe.“ „Guter Mann.“ Die drei trennten sich in verschiedene Richtungen. Mija sorgte dafür, dass der Fürst auf sein Lager gebettet wurde und sprach mit den Männern, die ihn gefunden hatten. Es waren zwei Sanitätsninja aus einem Nachbardorf, Nenshin und Sajin Sanguchi. [sajin = Sandstaub] Anscheinend hatte der Fürst einen Schwächeanfall erlitten, sie hatten ihn gefunden und hierher gebracht. Mija ließ beiden per Bote vom Schatzmeister des Dorfes eine Belohnung für ihre Hilfe aushändigen und schickte sie nach Hause. Der Nachbar hatte inzwischen einen Arzt gerufen, der den Fürsten eingehend untersuchte. Auch ihn bat der Fürst, nichts weiter zu sagen. Es sei ein Schwächeanfall. Sonst nichts. Nur wenige Stunden später, die seine Bediensteten damit verbracht hatte, ihm Kräutertränke einzuflößen, war der Fürst bereits wieder so weit bei Kräften, dass er an ein Kissen gelehnt dasitzen und fließend sprechen konnte. Am nächsten Tag war er bereits wieder auf den Beinen, hielt sich aber vorwiegend allein in seinem Studierzimmer auf. Schließlich rief er Senshu zu sich. Sie trat ein und stellte sich in üblicher Erwartungshaltung auf, ohne sich nach seinem Befinden zu erkundigen. „Angiri, es ist an der Zeit, dir einige Dinge zu offenbaren, die deinen Aufgabenkreis erweitern.“ Senshus Blick wurde fragend, aber sie schwieg. „Ich habe euch bisher ausgebildet, so gut ich konnte. Maneko ist eine ausgezeichnete Schülerin, und Endan ist ein vielversprechender Junge. Du bist am Längsten bei mir und ich weiß, wie du lernst. Du bist selbstständiger als Endan... und das ist, was er lernen soll.“ Er legte mit der linken Hand ein Buch auf den Tisch. Auf dem Einband zeigte sich das Familiensymbol des Fürsten, der Totenschädel – in Kijukai Symbol für die Demut vor der Sterblichkeit des Menschen. „Eure Künste?“ Ein unsicheres, fast sentimentales Lächeln umspielte den Mund des Fürsten: „Laut einer Prophezeiung ist er „der Schlüssel zum ersten Tsuchikage unseres Reiches“. Eine Priesterin hat kurz vor seiner Geburt vorausgesagt, dass zu seiner Zeit Kijukai zu einer Ninja-Macht werden würde – dem Do-Reich, auf das ich und meine Anhänger stets hingearbeitet haben.“ Senshu fragte sich, woher er all das wusste und warum er Nemaru dann nicht schon früher unter seine Fittiche genommen hatte. Der Fürst senkte lächelnd den Blick, als lese er ihre Gedanken: „Alles hat einen Grund, Angiri.“ „Warum zeigt Ihr dann mir das Buch, und nicht ihm?“, fragte sie schließlich. Das Lächeln des Fürsten erstarb. Er hob ihr die rechte Hand entgegen, die Finger reglos gekrümmt. „Angiri... ich kann sie nicht mehr bewegen. Die Krankheit ist längst in mir, und ich hatte Glück, dass es nicht früher begonnen hat. Aber mit der Zeit kommen mehr solcher Anfälle. Und mit jedem Mal wird ein weiterer Teil von mir gelähmt bleiben. Es ist unheilbar. Und bevor etwas passiert, will ich, dass du deine Pflichten kennst.“ Senshu verneigte sich kurz. Beinahe wurde ihr vor Aufregung schwarz vor Augen. „Du wirst diese Künste lernen. Er lernt nur, was man ihm vormacht, wie du weißt. Du wirst ihn lehren.“ Senshus Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. „Ich weiß, wie ihr zueinander steht.“, meinte der Fürst, und Senshu wandte den Blick zur Seite. „Angiri.“ Sie begegnete seinen durchdringenden Augen. „Angiri, er ist mein Sohn.“ Die Stimme des Fürsten zitterte. „Er war nicht der Einzige, aber der Einzige meiner angetrauten Frau. Sie starb bei seiner Geburt. Um ihn vor den Fallen eines fürstlichen Lebens zu bewahren, habe ich ihn in ein Waisenhaus bringen lassen.“ Senshu verstand den Sinn dieser Handlungsweise natürlich, auch wenn es sicherlich schwer gewesen war, seinen Sohn gleich nach dem Tod seiner Frau ebenfalls zu verlieren – wenn auch, um ihn jetzt wieder zu finden. „Solltet Ihr ihm nicht...“ „Nein, Angiri. Du wirst es ihm sagen, wenn die Zeit gekommen ist. Wenn er stark und erfahren genug ist. Wenn er... keinen Blödsinn macht, nur weil er erfährt, dass er der höchste Fürst in Kijukai ist. Niemand darf etwas davon erfahren.“ Die Augen des Fürsten brannten von unterdrückten Tränen. Senshu ahnte, dass er die verbotene Kunst des Sehens eingesetzt hatte. Er wusste höchstwahrscheinlich, was geschehen würde. „Angiri. Bitte, unterrichte ihn. Und bleib bei ihm, so schwer es dir auch fallen mag.“ Jetzt weinte er, und es war erschütternd, denn so hatte sie ihn noch nie gesehen. „Beschütze ihn, denn ich werde es nicht können. Angiri, versprich mir, dass du meinen Sohn begleitest.“ Senshu war mal wieder erstaunt über das Vertrauen ihres Fürsten – und noch erstaunter über ihre eigenen geringen Erwartungen in ihre Mitmenschen. Er verstand viel zu gut, was sie für ihre Geheimnisse hielt. „Meister...“ „Ich weiß, dass ihr es nicht leicht habt... dass es, er...“ „Meister, ich verspreche es.“ Der Fürst verstummte und wartete darauf, dass sie fortfuhr. „Nicht, weil er ein Fürst ist. Auch nicht, weil er „der Schlüssel zum Tsuchikage“ ist. Wir sind Kameraden, und wir drei werden zusammen unser Schicksal erfüllen. Ich kann das Band nicht erklären, das uns hält, aber ich werde es nicht ignorieren.“ „Obwohl er der einzige Mensch ist, der dich wütend macht...?“ „Meisteeeer...“ „...der Einzige, der dich so dermaßen auf die Palme bringt, dass du...“ „...ich kann mein Schicksal auch einfach vergessen.“ Der Fürst lachte schniefend, schnäuzte sich ausgiebig in ein seidenes Tuch und klopfte Senshu auf die Schulter. „Deine Treue und Aufrichtigkeit werden dich noch mehr als einmal in schwierige Zeiten treiben, aber bleib so. Wer auch immer dir sagt, dass das, was du tust, oder wie du es tust, falsch ist – vergiss es. Du bist ein guter Mensch. Und die einzige, der ich meinen Sohn anvertrauen kann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)