The New Shinobi von abgemeldet (Season One) ================================================================================ Kapitel 8: Schlange in der Hand, Katze im Nebel ----------------------------------------------- Als Senshu die kleine Hütte betrat, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, saß Nemaru allein am Tisch und blätterte mit missmutiger Miene in einem alten Buch, das er irgendwo gefunden haben musste. Dabei hielt er ein grünfleckiges Tuch an seine Wange, das offenbar mit einem Kräutersud getränkt war. Als er hörte, wie die Tür sich öffnete, fragte er ohne aufzublicken: „Wo warst du? War was?“ „Nein, nichts. Wo ist Mija?“ „Im Badehaus drüben.“, antwortete er lakonisch, dann wandte er sich wieder schmollend dem Buch zu. „Schon gut, du brauchst es mir ja nicht zu sagen – nett, dass du mich für dämlich hältst.“ „Was?“ Senshu hielt beim Ausziehen ihrer Schuhe inne. Sie war ehrlich verwundert über Nemarus eingeschnappten Tonfall. „Ich bin vielleicht nicht so erfahren wie du, aber ich weiß, wenn dich etwas beunruhigt. Aber schon okay!“ Aufgebracht klappte er das Buch zu, stieß den Stuhl, auf dem er eben noch gesessen hatte, grob zurück, warf das fleckige Tuch in eine Ecke und zog seine Schuhe mit ruckartigen Bewegungen an. „Nemaru...“, begann Senshu mit verbissenem Kopfschütteln. Aber wie sollte sie fortfahren? Der junge Koch öffnete heftig die Tür und rannte fast Mija über den Haufen, die soeben zurückgekehrt war und jetzt erstaunt fragte: „Was ist denn hier los?“ „Nichts.“, fauchte Nemaru und stapfte in die Dunkelheit davon. Mija sah ihm nach und wandte sich dann überrascht und etwas bestürzt Senshu zu: „Hattet ihr Streit?“ „...nein.“ Nach einer gedankenverlorenen Pause fügte Senshu hinzu: „Ich fürchte, an diesem Ausbruch ist mein Verhalten schuld.“ Mija überlegte kurz, ob es nicht besser wäre, Nemaru zu folgen, dann beschloss sie, es zu unterlassen. Für heute hatte er bereits einen Denkzettel verpasst bekommen. Jetzt würde er ausreichend wachsam sein – außerdem war er schon genug gedemütigt worden – sollte sie ihm etwa hinterherlaufen wie eine Glucke? Er war natürlich der Jüngste von ihnen, aber er war alt genug, auf sich selbst aufzupassen. Sie schloss also die Tür und verstaute ihre Badesachen in einem Schrank, dann setzte sie sich neben Senshu, die sich erschöpft auf den Boden gehockt hatte. „Er ist nur ein bisschen durch den Wind und etwas angeheitert... du kennst ihn, er wird sich schnell beruhigen.“, meinte Mija beschwichtigend. Sie mochte derlei Unruhe nicht, aber was sollte man machen? Senshu schüttelte den Kopf, sagte aber: „Ich weiß. Seine Stimmung ist wie ein Jojo... aber er... ihr habt nicht verdient, dass ich in manchen Dingen so streng bin. Und vielleicht bin ich manchmal überheblich. Du weißt hoffentlich, dass ich es nie so meine.“ Mija nickte und lächelte. Sie wusste es natürlich. Wundersamerweise verstanden sie und Senshu sich trotz ihrer Unterschiede vollends. Sie waren wahrhafte Seelenverwandte – mehr als Freundinnen, mehr als Schwestern. Manchmal war es, als teilten sie all ihre Gedanken. Dass es mit Nemaru nicht so einfach war, war verständlich... Mija verschränkte die Arme: „Ich weiß es. Und er nimmt es dir bestimmt nicht so übel, wie es aussieht. Ich weiß, dass du seine Äußerungen ernst nimmst – aber du musst akzeptieren, dass er anders ist. Bei ihm ist vieles, was er sagt, einfach nicht so gemeint. Und vor allem, wie er es sagt.“ Mija grübelte kurz. „In der Hinsicht... seid ihr vielleicht gar nicht so verschieden. Obwohl du geradliniger bist. Nimm es einfach nicht so schwer. Mit der Zeit verstehen die Menschen einander immer besser. Aber er ist eben impulsiv. Er lässt heraus, was er gerade fühlt, und was er fühlt, ist ein ewiges Auf und Ab.“ Die beiden mussten lachen. Mija seufzte schließlich und machte sich daran, das Abendessen zuzubereiten. Dabei sagte sie: „Du nimmst es einfach zu ernst – alles, was diejenigen, die dir nahe stehen, sagen. Aber er ist nicht kompliziert. Diese Sache muss man vielleicht nicht klären. Ich wette, wenn er zurückkommt, lacht er wieder.“ Senshu nickte und hob das Tuch auf, das Nemaru zu Boden geworfen hatte. Während sie ein wenig aufräumte, war ihr Blick gesenkt. Mijas Worte hatten sie erleichtert, aber immer noch nicht wirklich beruhigt. „...er hat bemerkt, dass ich etwas nicht sagen wollte.“ Mija nickte. Ihr war es auch aufgefallen. Und wie hätte sie nicht ahnen sollen, was ihre Freundin beschäftigte? Sie wusste fast immer, worum sich Senshus Gedanken drehten. Die bedeutsamen Ereignisse, die Personen, die sie beeinflusst hatten (und umgekehrt). Sie mochte vielleicht auf alle anderen verschlossen wirken, aber ihren engsten Vertrauten, und vor allem Mija, konnte sie wenig vorenthalten. Mija biss in ein Reisbällchen: „Nenshin Sanguchi ist wieder aufgetaucht, oder?“ Senshu seufzte und nickte langsam: „Ja. Und ich dachte, ich wäre... grausam genug gewesen. Aber jetzt holt mich meine Schwäche erneut ein.“ „Sei nicht so hart zu dir.“, meinte Mija. „Es war damals eine schwere Zeit für dich. Er wusste das, und es ist ja nicht so, als hättest du ihm jemals etwas vorgemacht...“ Senshu schwieg mit zusammengekniffenen Lippen. Von ihrer Warte sah das etwas anders aus. Mit Worten hatte sie vielleicht niemandem etwas vorgemacht, aber ihrer Meinung nach konnte man manchmal auch lügen, indem man gar nichts sagte. Und wenn man gerade schwach oder müde genug war, konnte man sich sogar selbst ganz gut belügen, indem man gar nichts sagte. Indem man Dinge einfach zuließ, die einen seltsamen Beigeschmack hatten. „Diesmal werde ich es bereinigen – ein für allemal.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)