Feinde, oder was? von feuerregen (Seras x Anderson) ================================================================================ Kapitel 34 ---------- Ein Peitschenknall zerriss die nur von unterdrücktem Wimmern erfüllte Stille, gefolgt von einem heiseren Schrei. Schon seit dem ersten Schlag – er hatte vergessen, wie lange dieser her war – keuchte Lupanix leise, versuchte, den Schmerz zu ertragen. Als nun die Tür mit leisem Knarren aufging, blickte er dorthin, auf eine schwarze Silhouette im ihn blendenden Licht. „Herr“, entwich den aufgebissenen, zitternden Lippen, den großen Mannes, der, seit sie zurückgekehrt waren, in der Mitte dieser Kammer kniete, die Handgelenke in Ketten, die von der Decke hingen, und seine Strafe - Schlag um Schlag – mit zusammengebissenen Zähnen und doch nicht erfolgreich, keinen Laut von sich zu geben, erduldete. „Nun, Lupanix?“, erklang die selbstgefällige Stimme Swans. „Wie geht es dir? Du machst fast den Eindruck, als würdest du Gefallen daran finden, bestraft zu werden. Ist das so?“, fragte er, als er vor ihn trat, beugte sich bei der letzten Frage weit nach unten, sodass er fast auf Augenhöhe mit Lupanix war. „Nein, bitte....“ Lupanix Stimme kratzte, als hätte er seit einer Woche nichts mehr getrunken, als er leise um Vergebung bat, dabei mit dem Blick Swans Gesicht folgte, da dieser sich wieder aufrichtete. „Ich könnte dich natürlich auch wieder dorthin zurückbringen, wo ich dich hergeholt habe.“, sinnierte Swan, während er sich nachdenklich das Kinn rieb. Schlangenartig schnellte sein Oberkörper auf einmal erneut nach vorn, sein Gesicht dicht vor dem Lupanix‘ bewegte sich langsam, wiegend, hin und her, nach links und rechts. „Willst du das? Soll ich dich zurück in die Dunkelheit schicken? Willst du wieder allein sein mit deinen Träumen?“ Erschrocken riss Lupanix die Augen auf. „Nein! Nicht zurück! Nicht! Nicht dorthin, nicht zurück in diesen Raum!“ Panisch warf er sich in den Ketten nach vorne, sodass diese laut klirrten, und Swan unwillkürlich einen Schritt zurück tat. Jedoch warf er, sobald er seine Fassung wieder hatte und die Verzweiflung des Mannes zu seinen Füßen sah, den Kopf in den Nacken und blickte kalt – und doch mit einem höhnischen Grinsen - auf den Anderen hinab. „Du bist gescheitert.“ Den gefesselten und blutenden Mann mit seiner Verzweiflung allein lassend wandte er sich an den, der still hinter Lupanix gewartet hatte. „Gib ihm noch zehn und schaff ihn dann weg. Mal sehen, ob er seinen Fehler wieder gutmachen kann.“ Als der Andere knapp nickte, sich wieder hinter Lupanix stellte und die Peitsche zum Schlag hob, drehte Swan sich gelassen um und verließ - mit einem Gesichtsausdruck, der zufriedener nicht sein konnte – den einem Verließ gleichenden Bußraum, hörte das Geräusch, als Leder auf Haut prallte und diese aufriss, und den folgenden, qualvollen Schmerzensschrei, bevor er in aller Seelenruhe die Tür hinter sich zuzog, seinen Ärmel an die Nase führte und angewidert das Gesicht verzog. „Was für ein Gestank... Das ist mein Lieblingsanzug, hoffentlich geht das wieder raus. Ich sollte mir etwas anderes anziehen, das ist ja nicht auszuhalten...“ Allein gelassen und von Fesseln befreit lag Lupanix zusammengekauert in einer Ecke des Bußraumes, sich selbst umarmend und leise schluchzend. Nicht nur die Schmerzen seiner unbehandelten Wunden quälten ihn, auch die Geister seiner Vergangenheit, an die er selbst sich kaum erinnern konnte, suchten ihn heim, quälten ihn, verlangten Wiedergutmachung, Rache, Reue. Doch was hatte er getan? Womit hatte er diese Schmerzen verdient? Ein Bild formte sich vor seinen Augen. Rot. Ein roter Mantel, ein großer, roter Schlapphut, rote Augen. Alucard! Wegen ihm litt er. Weil Alucard ihn besiegt hatte. Wäre dieser Kerl, dieses Wesen – Unwesen – nicht, müsste er all dies hier nicht erdulden. Könnte er jetzt in einem Bett liegen, warm, behütet, ohne Schmerzen und Quälgeister aus Zeiten, die er vergessen hatte. Jedoch Zeiten, von denen Alucard zu wissen schien. Immer sicherer wurde er sich, dass allein Alucard für all sein Leid verantwortlich war, nur er und kein anderer. Je länger Lupanix allein im Dunklen lag, desto größer wurde sein Hass, desto klarer sein Ziel: Tod dem Vampir! Leise murrend erwachte Seras, kuschelte sich unwillig dichter an Anderson, auf dessen Oberarm sie wie immer ihren Kopf gebettet hatte, doch wollte es ihr nicht gelingen, im Schlaf zu verweilen, weswegen sich nach einer Weile doch aufsetzte und sich noch ein wenig verschlafen die Augen rieb. „Hmm..?“ Die Hände wieder sinken lassend sah sie sich mit noch halb geschlossenen Augen um, bis ihr Blick auf Anderson verweilte, der noch friedlich neben ihr schlief., und ein leises Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie vorsichtig die Hand hob und sanft durch Andersons Haar fuhr. Fasziniert zog sie seine Gesichtszüge mit dem Zeigefinger nach – zumindest die der ihr zugewandte n Gesichtshälfte - , strich ihm über den Wangenknochen zum Mundwinkel, fuhr die schmalen, aber weichen Lippen nach und hauchte einen Kuss darauf, ehe sie sich losriss, aufstand und sich anzog. Ihr Weg führte sie wie selbstverständlich zu Walter, verweilte dort aber nur für eine kurze Unterhaltung, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Meister machte. Ein wenig unsicher betrat sie die dunkle Gruft, schaudere, als sich die Tür leise knirschend öffnete und, sobald sie sie losließ, mit demselben Geräusch wieder zuschwang. Unheimlich war diese dunkle Gruft, in der es nach Moder und Unheil roch, als sie, sich vorsichtig vorwärts wagend, die wenigen Stufen zur Tür hinabstieg. Dumpf hallten ihre Schritte in der vollkommenen Stille – selbst zu atmen hatte sie vergessen – wider. Suchend sah Seras sich um. Ein hochlehniger Stuhl, Alucards Mantel und Hut darauf, ein Stück weiter der Sarg, kaum zu erkennen in der Dunkelheit - für einen Menschen wäre wohl alles schwarz vor Augen. Zögerlich näherte sich die Kleine dem Sarg, dann fasste sie sich ein Herz und schob den Deckel auf, ließ sich neben dem Sarg niedersinken. Mit neugierigen Augen betrachtete sie den schlafenden Schwarzhaarigen - ihre Angst bei diesem vertrauten Anblick komplett verflogen - , setzte verspielt Zeige- und Mittelfinger auf Alucards Brust und ‚wanderte‘ mit ihnen die durch Anzug und Hemd verhüllte Brust hinauf, über Kehle, Kinn und Nase bis zur Stirn, wo sie die Schrittbewegung ihrer Finger stoppte, mit ihnen ein paar Schritte rückwärts vollführte und auf Alucards Nasenspitze erneut stoppte und ihm dann mit dem Zeigefinger in die Wange piekste. „Aufwachen, Meister!“, ließ sie fröhlich verlauten, als der Vampir die Augen leicht öffnete, ohne sich sonst in irgendeiner Weise zu rühren. „Wie immer voller Energie, Seras.“, begrüßte Alucard die Orangeblonde trocken, ehe er sich zu einer sitzenden Position aufrichtete. Seras‘ Augen unterdes wurden immer größer, zu überrascht war sie von dem,. Was sie gerade gehört hatte. „Meister!“, rief sie nach einem Moment des Schweigens plötzlich begeistert aus und warf sich an Alucards Arm, umklammerte ihn fest und sah strahlend zu ihm auf. „Ihr habt mich gerade eben beim Namen genannt, Meister!“, quietschte sie erfreut, was ihr von Alucard allerdings nur einen seltsam fragenden Blick einbrachte, während er sich erhob, ohne sich von ihrem Gewicht, das er auf einer Seite mit hochzog, stören zu lassen. „Natürlich, immerhin bist du jetzt ein vollwertiger Vampir.“, antwortete er schließlich, als wäre das so selbstverständlich gewesen, dass es ihm zu erwähnen völlig überflüssig schien, während er, immer noch mit Seras am Arm, die sich dann jedoch fallen ließ, zum Stuhl schritt, um Hut und Mantel anzuziehen und sich dann darauf niederzulassen. Seras währenddessen stand, unsicher, was sie jetzt tun sollte, daneben und wartete, was ihr Meister als nächstes tun würde. „Komm her.“, sagte der, als sie sich eine ganze weile nicht rührte und ihn nur unsicher ansah. Langsam und vorsichtig, als hätte sie Angst, etwas falsch verstanden und jeden Moment gescholten zu werden, trat Seras an ihren Meister heran und ließ sich vor dem Stuhl – seitlich neben seinen Beinen – auf den Boden sinken, legte ihre Hände auf seinen Oberschenkel und blickte, nun neugierig, zu ihm auf. „Gut so, Meister?“ erkundigte sie sich und als Alucard nickte und ihr eine Hand auf den Kopf legte, drückte sie sich sogleich dagegen, sodass er begann, ihr sanft durchs Haar zu streichen. „Und, ist das Dasein als vollwertiger Vampir nun so schlimm?“, fragte Alucard neckend und kraulte sie, als sie den Kopf hob, um zu ihm aufzublicken, kurz unterm Kinn, worauf sie wohlig aufschnurrte. „Nein, nicht schlimm.“, antwortete sie schließlich, als Alucard seine Hand wieder auf ihren Kopf legte. „Aber Durst hab ich...“, fügte sie leise flüsternd hinzu. „Hast du heute denn noch nichts getrunken?“, hakte Alucard nach und als die Kleine den Kopf schüttelte, seufzte er tief, griff nach der auf dem Tischchen neben dem Stuhl stehenden Flasche und schenkte deren Inhalt in das daneben stehende Weinglas, das er aufnahm und Seras hinhielt. „Hier, trink.“, forderte er sie kühl auf, und sah zu, wie sie ihm vorsichtig das Glas abnahm und einen kleinen Schluck der Flüssigkeit nahm, bevor sie es ein zweites Mal ansetzte und in einem Zug leerte. „Was ist das?“, erkundigte sie sich irritiert, nachdem sie sich noch einmal über die Lippen geleckt hatte, um nichts von dem seltsamen Trunk zu vergeuden, der ihren Hunger zumindest ein bisschen gestillt hatte. „Wein.“, war die trockene Antwort Alucards, als er ihr ungerührt nachschenkte. „Allerdings mit Blut versetzt.“, was Seras das Getränk, von dem sie gerade einen erneuten Schluck genommen hatte, beinahe wieder ausspucken ließ. „Trink.“, befahl Alucard ihr kalt und Seras schluckte, bemüht, nicht zu husten. „Aber, aber...“, stotterte sie, den Hustenreiz unterdrückend, wurde jedoch von Alucard am Kinn gepackt und ihr Kopf so gedreht, dass sie ihm direkt in die noch nicht von der Sonnenbrille verdeckten, roten Augen sehen musste. „Seras Victoria, weißt du, warum ich dich zu einem vollwertigen Geschöpf der Nacht gemacht habe?“, schnitt Alucards Stimme hart durch die Stille, was Seras nur – so gut es eben ging, da Alucard immer noch ihr Kinn festhielt – mit einem verschüchterten Kopfschütteln verneinte. „In erster Linie, um Integra zu retten, doch ebenso, weil deine Visionen dir in deinem unvollkommenen Zustand sonst den Verstand geraubt hätten. Nur so kannst du sie aushalten, ohne dem Wahnsinn zu verfallen. Doch sie fordern immer noch viel Kraft, Kraft des Herzens. Also sei gewappnet.“ Ernst sagte er dies, sah ihr dabei direkt in die Augen, suchte nach einer Reaktion, die allerdings erst nach einer ganzen Weile folgte, in der nur Rot in Rot verharrte. Ohne Zwinkern, ohne Atem, vollkommene Stimme im Raum, bis Seras klare Stimme sie durchbrach. „Jawohl, Meister!“, antwortete sie in alter Manie, ein herzliches Lächeln auf den Lippen, das auch ihre Augen nicht ausließ. Unterdessen erwachte Anderson in Seras‘ und seinem Zimmer, tastete noch im Halbschlaf suchend die Matratze neben sich ab und schlug, als er das, was er suchte, nicht fand, hellwach die Augen auf. „Seras?“, fragte er in den Raum hinein, auf die Möglichkeit hoffend, dass sie sich lediglich ins Bad begeben hatte. Doch auch nach einer zweiten Nachfrage keine Antwort ertönte, erhob er sich, wusch sich, zog sich an und verließ den Raum, um sich auf die Suche nach seinem Kätzchen zu machen. __________________________________________________________________________ Es tut mir ausgesprochen Leid, dass ich in diesem Kapitel Integra gar nicht habe auftauchen lassen, aber ich fand, ihr war durchaus auch mal Schlaf zu gönnen! ^^" Ich hoffe, es hat gefallen. lg, feuerregen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)